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Weiterbildung in Großbritannien –
Was können wir lernen?
Dr Jens Bolten, DESA, EDIC
Consultant in Cardiothoracic Anaesthesia
St George‘s Healthcare NHS Trust, London, UK
23.02.2013
Weiterbildung in Großbritannien
• Wie ist die Weiterbildung
organisiert?
• Wie ist die Weiterbildung inhaltlich
strukturiert?
• Was können wir für Deutschland
lernen?
Der NHS - Alles so schrecklich?
OECD (2011). Health at at Glance 2011: OECD Indicators. OECD Publishing
Sie wollen Facharzt werden in Großbritannien?
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Medizin studieren (4-5 Jahre), Examen machen
Foundation year (2 Jahre)
Basis Weiterbildung machen (2 Jahre), Examen machen
Spezielle Weiterbildung im Wunschfach (5 Jahre), Examen machen
Als Facharzt registriert werden (CCT, Specialist Register)
Post-CCT Fellowships für zusätzliche Erfahrung/Training
Locum-Consultant werden
Schließlich: Substantive Consultant Appointment
Wahrscheinlich brauchen Sie aber auch extra Zeit für
Auslandsaufenthalte, Extracurriculare Weiterbildung, Zusatzstudium,
Forschung (MD, PHD), Lehre, Management...
10. Alles in allem mindestens 14-15 Jahre Zeit mitbringen!
11. Und dann? Alle 5 Jahre Revalidierung!
Wie ist der Ablauf der Weiterbildung?
Tooke J (2007). Aspiring to Excellence. MMC Inquiry, London
240.000 Ärztinnen und Ärzte in Großbritannien in 2010
Medical(
Students,(
41,405(
Other including
NonConsultant
Career Grades
56,474
Founda5on(Year(
Trainees,(14,534(
Specialty(
Trainees,(31,274(
GPs,(59,738(
Consultants,(
67,843(
GP(Trainees,(
7,648(
General Medical Council (2011). The state of medical education in the UK. London, GMC.
Anzahl aller GMC registrierter Ärzte
General Medical Council. List of registered Medical Practitioners – statistics.
http://www.gmc-uk.org/doctors/register/search_stats.asp (abgerufen 10. Februar 2013)
Anzahl der Fachärzte (ohne GP)
General Medical Council. List of registered Medical Practitioners – statistics.
http://www.gmc-uk.org/doctors/register/search_stats.asp (abgerufen 10. Februar 2013)
Wie kommen Sie an mehr Ärzte? – Rekrutierung Ausland
General Medical Council. List of registered Medical Practitioners – statistics.
http://www.gmc-uk.org/doctors/register/search_stats.asp (abgerufen 10. Februar 2013)
Herausforderung Vielfalt
Ethnische Herkunft
Anzahl
%
Asian or British Asian
48.295
19.1
Black or Black British
7.249
2.8
Mixed
3.974
1.6
Not stated
7.510
3.0
Other ethnic groups
(incl. Chinese)
9.533
3.7
Unspecified
52.883
20.9
White
123.025
48,7
Grand Total
252.469
100
General Medical Council. List of registered Medical Practitioners – statistics.
http://www.gmc-uk.org/doctors/register/search_stats.asp (abgerufen 10. Februar 2013)
Chancen für Frauen
General Medical Council. List of registered Medical Practitioners – statistics.
http://www.gmc-uk.org/doctors/register/search_stats.asp (abgerufen 10. Februar 2013)
Welches Fach?
Jaques H. BMJ Careers 2012. Specialty training competition stabilises as applications and posts rise.
Meine Wahl: Anästhesie – und dann?
Wie ist der Ablauf – Beispiel Anästhesie
The Royal College of Anaesthetists (2012). Anaesthesia Training Programme 2012. London, RCoA
Wo ist der Trainee im System?
Anbieter
•
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•
•
•
•
Aufsicht
•
•
•
Deaneries
Postgraduate
Schools/Academies
Royal Colleges
Medical Schools
NHS Trusts
NHS Foundation
Trusts
•
•
ES = Educational Supervisor
CS = Clinical Supervisor
T = Trainee
Secretary of State
Department of Health
Health Education
England
Local Training and
Education Boards
General Medical
Council
Was erwartet der NHS von mir?
• Good Medical Practice, hohe Qualität der klinischen Arbeit
• The patient is your first concern!
• Wichtigste Ziele:
Patient safety – Patient Outcomes – Patient Experience!
Diese Dinge werden in irgendeiner Form immer in
Bewerbungsgesprächen abgefragt!
• Continous Professional Development (CPD)
• Teamworking
• Clinical Leadership
• Management
Was heißt das für das Curriculum?
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
Ist Outcome basiert
Ist geplant und gemanagt
Gefährdet nicht die Sicherheit der Patienten
Wird von beauftragten und geschulten Ausbildern durchgeführt
Räumt Zeit zum Lernen ein
Vermittelt zentrale Elemente ärztlichen Handelns, die für alle Ärzte
gelten
Ist vereinbar mit den Serviceanforderungen des NHS
Vorschläge von Patientenvertretern werden berücksichtigt
Wird evaluiert
Wird regelmäßig überprüft und aktualisiert
The Royal College of Anaesthetists (2010). Curriculum for a CCT in Anaesthetics. London, RCoA
Wie wird der Lernfortschritt in der Anästhesie dokumentiert?
• Exams
• Primary FRCA à entry ST3, Final FRCA à entry ST5, können zu einem
beliebigen Zeitpunkt abgelegt werden, aber nur mit geht‘s weiter (ENTRY-Exam)
• Workplace-based assessments (WPBAs)
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Anaesthetic Clinical Evaluation Exercise [A-CEX]
Anaesthetic List/Clinic/Ward Management Assessment Tool [ALMAT*]
Acute Care Assessment Tool for ICM [ICM-ACAT]
Direct Observation of Procedural Skills [DOPS]
Case Based Discussion [CBD]
Multi-Source Feedback [MSF]
Clinical Supervisors end of Unit Assessment Form [CSAF]
Simulation assessments
• Logbook, Evidence of attendance of training events
• ARCP
The Royal College of Anaesthetists (2010). Curriculum for a CCT in Anaesthetics. London, RCoA
Annual Review of Competence Progression - Anästhesie
ARCP – Was muss ich mitbringen?
• Ergebnisse der „professional exams“ (FRCA)
• Logbuch der klinischen Tätigkeit
• Logbuch über Selbstreflektion von Lernerlebnissen
• Ergebnisse der Workplace-based Assessments
• Rotationsnachweis des „clincal supervisor“
• Eine Aufstellung von vereinbarten Zielen und Ergebnissen von
Gesprächen mit dem “educational supervisor“
• Multisource Feedback
• Zusätzliche Nachweise wie Forschung, Lehre etc.
• Ggf. „appraisal interview“
The Royal College of Anaesthetists (2010). Curriculum for a CCT in Anaesthetics. London, RCoA
Wie sind die Arbeitsverträge?
• Budget 4.9 Milliarden GBP für Weiterbildung aller Berufsgruppen im
Gesundheitssystem
• Trainees werden zu einem Teil durch aus einem Etat für
Weiterbildung zu einem anderen Teil durch den jeweiligen
Krankenhausträger (Trusts) finanziert
• Anspruch auf Ausbildung, aber auch Bezahlung für Service-Leistung
• 40 Arbeitsstunden pro Woche Regelarbeitszeit, 48 Stunden maximal
mit Diensten entsprechend Europäischer Arbeitszeitrichlinen (EWTD)
à sehr kontrovers! UK fühlt sich als einziges Land in der EU, dass
diese Regelungen umgesetzt hat!, Trainees befürchten weniger
Chancen zur Ausbildung
• 30 Tage Erholungsurlaub (annual leave)
• Bis zu 30 Tage Fortbildungsfrei (study / professional leave),
Nach Genehmigung durch den Arbeitgeber
Wie werde ich bezahlt?
Banding =
Zuschlag für Dienste zu
ungünstigen Zeiten
Ausgewiesen ist das Brutto
Grundgehalt links und rechts
das Brutto Gehalt mit Zuschlag
Typischerweise z.B. 1B
Seit MMC
(Modernising Medical Careers)
im letzten Jahrzehnt, gibt es ein
Durcheinander von alten und
neuen Bezeichnungen in
Großbritannien
PRHO = Pre-registration House
Officer, alte Bezeichnung,
heute Foundation House
Officer (FHO1) oder F1
SHO = Senior House Officer,
alte Bezeichnung, heute aber
synonym für Specialist
Trainees 1./2. Jahr benutzt
SpR = Specialty Registrar
Wie ist die Zufriedenheit?
• 53.674 befragt,
46.668 geantwortet (87%)
• Themen:
•
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•
•
•
•
Zufriedenheit mit der Weiterbildung
Klinische Ausbildung und Supervision
Feedback und Leistungsdokumentation
Foundation Trainees
Arbeitszeitregelungen
Wie gut bin ich auf die unabhängige
Berufsausübung vorbereitet?
• 79% bewerten die Qualität der
Ausbildung in der aktuellen Position als
gut bis sehr gut
Was müssen wir in Deutschland nicht nachmachen?
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•
Nationale, zentrale Platzvergabe (Chaos 2007)
Papierbasierte Workplace-based assessments (lieber gleich online)
Unnötigen Bürokratieebenen aufbauen
Neues System „über Nacht“, sondern auf dem Aufbauen, was bereits
auf dem Papier gefordert wird und nicht umgesetzt wird
Die Last der Veränderung allein den Ärzten in Weiterbildung
überlassen (Neue Examina, Assessments, Evaluation...)
Ungeklärte Finanzierung
Große Spanne von keiner bis zu viel Supervision
Top-Down Konzept ohne breite Konsultation
Zu lange zögern, bis andere für uns entscheiden (Patientenrechte!)
Was wären gute Ideen für Deutschland?
• Ärztekammern sollten proaktiv werden und den Patient in den
Mittelpunkt setzen
• Versorgungsorientierte, outcome- und evidenzbasierte Curricula,
durch breit angelegte Beratung (Fachgesellschaften, Kammern,
Kliniken, Universitäten, Patientenvertreter, Ärzte)
• Richtzahlen abschaffen, kompetenzbasierung einführen
• Systematisch Lernfortschritte erfassen (WPBAs, ARCP)
• Weiterbildung in regionalen Verbünden als Standard etablieren
• Zentrale Weiterbildungskurse und Fortbildung für alle Trainees
• Examina/Prüfungen überdenken
• Moderne internetbasierte Kommunikation, e-Portfolio
• Training systematisch monitoren, sinnvolle Evaluation
• CPD integrieren (e-Portfolio), Revalidierung diskutieren
In Deutschland gibt es derzeit viele gute Ideen, die ärztliche
Weiterbildung weiter zu entwickeln.
Das Beispiel Großbritannien zeigt, daß es sich lohnt,
diese Ideen umzusetzen!