Taschenatlas Rettungsdienst Basics

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Taschenatlas Rettungsdienst Basics
© Naseweis Verlag, www.naseweis-verlag.de
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Taschenatlas Rettungsdienst Basics
Die Informationen auf den folgenden Seiten
sind bewährte Inhalte aus Vorauflagen unseres
beliebten Buches, die nun als Grundlagen­
wissen für den Rettungs­dienst erstmalig für
jedermann kosten­frei zugänglich sind.
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Kostenfrei zum Download als
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http://basics.naseweis-verlag.de
Taschenatlas
Rettungsdienst
Impressum
Der ständige Begleite
r für den
Rettungs- und Notar
ztdienst
Autoren und Herausgeber
Roman Böhmer
Bleichstraße 35, 55130 Mainz
Dr. med. Thomas H. Schneider, MS (PH)
Facharzt für Anästhesiologie – Notfallmedizin, Stabsstelle Qualitätsmanagement
St. Josefs-Hospital Wiesbaden GmbH, Beethovenstr. 20, 65189 Wiesbaden
10., aktualisierte Au
Dr. med. Benno Wolcke
Facharzt für Anästhesiologie – Notfallmedizin, Klinik für Anästhesiologie
Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität, Langenbeckstr. 1, 55131 Mainz
NASEWEIS VE RLAG
flage
Weitere Autoren des Taschenatlas Rettungsdienst Basics
Sandra Böhmer, Dipl.-Verw.-Betriebswirtin (FH), RS, Bleichstraße 35, 55130 Mainz
Dr. med. Thorsten Hess, Abteilung für Anästhesie, Intensiv- und Rettungsmedizin (AIR), Berufs­
genossenschaftliches Unfallkrankenhaus Hamburg, Bergedorfer Straße 10, 21033 Hamburg
Dr. rer. nat. Vanessa Kaiser, Apothekerin, Apotheke der Universitätsmedizin der
Johannes Gutenberg-Universität, Langenbeckstr. 1, 55131 Mainz
Weitere Autoren in den Vorauflagen des Taschenatlas Rettungsdienst
J. Bengel, M. Böhmer, A. Boos, J. Helmerichs, G. Jäger, H. Loup, C. Reuß, S. Singer,
T. Szabanowski, S. Vettel, St. Vettel
Illustrationen
Boris Sobotta (Zeichnungen nach Vorlagen von R. Böhmer), Thomas Häfner (Schaubilder),
Jens Müller (Bildbearbeitung)
Gestaltung, Satz, Fotografien
Thomas Häfner, Nackenheim, www.fotodesign-mainz.de
Dieses Werk ist – einschließlich aller seiner Teile – urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung
außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtes ist ohne das Einverständnis des Verlages unzulässig und strafbar. Dies betrifft insbesondere die Rechte der Übersetzung, des Nachdruckes, der
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Jedoch darf Taschenatlas Rettungsdienst Basics von Schulungseinrichtungen unverändert und
ohne Berechnung als Ausdruck oder als PDF an Lehrgangsteilnehmer/innen ausgehändigt oder
diesen zugänglich gemacht werden.
Taschenatlas Rettungsdienst Basics
© Naseweis Verlag, Gau-Bischofsheim (Inhaber: Jens Müller)
Naseweis Verlag, Bergstraße 6 b, 55296 Gau-Bischofsheim
www.naseweis-verlag.de
Taschenatlas Rettungsdienst
26,90 EUR
ISBN 978-3-939763-10-9
www.taschenatlas-rettungsdienst.de
© Naseweis Verlag, www.naseweis-verlag.de
Einleitung
Inhaltsverzeichnis
Dieses kostenlos erhältliche E-Booklet enthält wichtige Basisinformationen zum Rettungsdienst in Deutschland und richtet sich als
Einführung an alle, die sich erstmals fundiert mit Rettungsdienst
und Notfallmedizin beschäftigen wollen.
1. Notfallmedizin – Grundbegriffe
In Taschenatlas Rettungsdienst Basics finden Sie wichtige und
grundlegende Themen, die unverzichtbar am Beginn jeder professionellen Notfallausbildung stehen, aber meist innerhalb kürzester
Zeit beherrscht werden und daher im späteren Praxisalltag nur
noch selten nachgeschlagen werden müssen, z. B. Vitalfunktionen, Definition des Notfallpatienten, Rettungskette, Rettungsmittel
(KTW, RTW, NEF, RTH), Organisation des Rettungsdienstes, Funktionen der Rettungsleitstelle.
Taschenatlas Rettungsdienst Basics entstand auf der Grundlage
bewährter Inhalte des Taschenatlas Rettungsdienst (ISBN 9783-939763-10-9), der nun in der 10. Auflage vorliegt. Um neue
wichtige Informationen in den Taschenatlas Rettungsdienst aufnehmen zu können, die für den fortgeschrittenen RS, RA oder NA
relevant sind, haben wir die oben genannten Basisthemen ausgelagert und als „Jubiläumsgeschenk“ zum Taschenatlas Rettungsdienst jedem Interessierten zur persönlichen, nicht kommerziellen
Nutzung kostenfrei zugänglich gemacht.
Die Seitenverweise in diesem Werk beziehen sich immer auf die
aktuelle 10. Auflage des Taschenatlas Rettungsdienst.
1.1 Vitalfunktionen
Verweise
- Details Bewusstsein � Taschenatlas Rettungsdienst, 10. Auflage, S.252
- Details Atmung � Taschenatlas Rettungsdienst, 10. Auflage, S. 280
- Details Kreislauf � Taschenatlas Rettungsdienst, 10. Auflage, S. 300 f.
1.2 Notfallpatient
1.3 Rettungskette
1.4 Notrufzeitpunkt
2. Unterscheidung: Notfall oder Akutfall?
3. Rettungsdienststruktur in Deutschland
3.1 Definition: Rettungsdienst
3.2 Zuständigkeiten, Funktionen der Rettungsleitstelle
3.3 Grundprinzipien der präklinischen Notfallversorgung
3.4 Notfalldiagnostik im RD aus rechtlicher Sicht
3.5 Transport, Übergabe, Einsatzbeendigung
3.6 Transportziel
3.7 Kostenübernahme
4. Einsatzkräfte und Rettungsmittel
Damit eignet sich Taschenatlas Rettungsdienst Basics als begleitendes Einführungsskript für den ersten Tag in Lehrgängen für
Sanitätshelfer, Rettungshelfer, Rettungssanitäter und Rettungs­
assistenten, aber auch für Medizinstudierende und angehende
Notärzte.
4.1 RD-Personal / RD-Fahrzeuge
Wir wünschen viel Freude und Erfolg beim Einstieg in den Rettungsdienst!
4.5 Medizinprodukte im Rettungsdienst
Die Herausgeber im Juni 2013
4.2 Rettungsmittel (KTW, RTW, NEF, RTH)
4.3 Einführung zum neuen Notfallsanitätergesetz
4.4 RTW-Ausstattung
4.6Besetzung der Rettungsmittel nach Landesrecht
4.7 Notarzt – Indikationen
4.8 Notärztliche Maßnahmen
4.9 Rechtshierarchie im Rettungsteam
4.10 Menschenführung im Rettungsdienst
4.11 Zusammenarbeit mit Polizei und Feuerwehr
5. Retten, Heben und Tragen
5.1 Grundlagen
5.2 Spezielle Rettungsgriffe
5.3 Belastbarkeit von Fahrtragen
6. Notfallmedikamente
6.1 Grundlagen
6.2 Notfallmedikamente nach Wirkstoffgruppen
6.3 Sympathikus/Parasympathikus
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1. Notfallmedizin – Grundbegriffe
1.1 Vitalfunktionen
Das Leben (lat. vita) des Menschen ist unmittelbar von drei Funktionssystemen, den Vitalfunktionen, abhängig:
• Hirnfunktion
� Zentralnervensystem = ZNS (Gehirn, Rückenmark).
� ermöglicht Bewusstsein (s. S. 252 ff.); ist verantwortlich für
die Steuerung und Wahrnehmung bewusster und unbewusster
Körperfunktionen (z. B. Atmung, Herz-Kreislauffunktion, Körpertemperatur, Hormonhaushalt).
• Atmung (s. S. 280 f.)
�Respiratorisches System (Atemwege, Lunge, Atemmuskeln)
�Aufnahme von Sauerstoff (chemisches Symbol: O2) in den
Körper und Abgabe von Kohlendioxid (chemisches Symbol:
CO2) in die Umgebung.
• Herz-Kreislauf-Funktion (s. S. 300 f.)
� Kardiozirkulatorisches System (Herz, Blut, Blutgefäße).
� Verteilung des Sauerstoffs im Körper
Eine Einschränkung dieser Funktionen kann sehr rasch zu einer
Lebensbedrohung und zum Tod des Patienten führen!
Die meisten Körpervorgänge benötigen zur einwandfreien Funktion
O2. Die Hirnfunktion ist auf ständige Bereitstellung von O2 angewiesen. O2-Mangel (= Hypoxie) im Gehirn über 10 bis 20 Sekunden
führt zur Bewusstlosigkeit. O2-Mangel über mehr als 4 – 8 Minuten
schädigt das Gehirn dauerhaft. Da Atmung und Herz-KreislaufFunktion teilweise über zentrale Schaltstellen im Zentralnervensystem gesteuert werden, kann eine Störung der Hirnfunktion eine
Fehlsteuerung bis hin zum Funktionsausfall von Atmung und HerzKreislauf-Funktion bewirken.
Für den Menschen können ferner Störungen im Wärme-, WasserElektrolyt-, ­Säure-Basen- und Energie-Haushalt u. a. m. die oben
genannten (primären) Vital­funktionen beeinträchtigen und damit
auch eine Lebensbedrohung nach sich ziehen. Sie werden daher
als sekundäre Vitalfunktionen bezeichnet.
1.2 Notfallpatient
Ein Mensch wird dann als Notfallpatient bezeichnet, wenn durch
Verletzung, Vergiftung oder Erkrankung
•eine oder mehrere seiner Vitalfunktionen akut gestört oder
bedroht sind
•oder die Entwicklung einer solchen Störung oder Bedrohung
zu befürchten oder nicht auszuschließen ist.
Zu Missverständnissen kann es führen, dass in der (klinischen)
Praxis vielfach jeder Patient mit neu bzw. akut aufgetretenen Symptomen als Notfall(-patient) bezeichnet wird, auch wenn keine Vitalbedrohung vorhanden ist. Differenziertere Patienteneinteilung
mit dem NACA-Score (s. S. 679).
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1.3 Rettungskette (nach Ahnefeld et al.)
1. Sofortmaßnahmen
2. Notruf
3. Erste Hilfe
4. Rettungsdienst
5. Krankenhaus
Das Bild der Rettungskette veranschaulicht treffend, dass die einzelnen Funktionsbereiche (Kettenglieder) der Notfallversorgung
nahtlos ineinandergreifen müssen, damit der Notfallpatient die
bestmöglichen Versorgungschancen erhält. Jeder Funktionsbereich baut auf der Leistungsfähigkeit des vorhergehenden auf,
oder: „Jede Kette ist so stark wie ihr schwächstes Glied.“
1.4 Notrufzeitpunkt
Hinweis zum Notrufzeitpunkt (gemäß ERC):
Ist der erste Helfer auf sich alleine gestellt, dann gilt: Bei einem
bewusstlosen Patienten ohne normale Atmung wird zuerst der
Notruf getätigt: „Call first.“ In bestimmten Fällen (O2-Mangel als
wahrscheinliche Ursache eines Herz-Kreislauf-Stillstands: Kinder, Ertrinken) sollen für 1 Minute Lebensrettende Sofortmaßnahmen (CPR!) ausgeführt werden; dann erst ist Hilfe zu holen:
„Call fast.“ Für professionelle Ersthelfer „Call fast“ u. U. auch bei
Trauma u. Vergiftungen.
Aufgaben des Rettungsdienstes
•Wiederherstellung/Aufrechterhaltung der Vitalfunk­
tionen
(� Herstellen der Transportfähigkeit)
• Erstdiagnose, ggf. Einleitung einer kausalen Therapie
• Verhinderung von Komplikationen/Folgeschäden
•Sachgerechter Transport zur Fachbehandlung, Überwachung
•
Weichenstellung für die weitere Versorgung: z. B. gezielte
Klinik­auswahl
Krankenhaus: Fachbehandlung
•Notaufnahme (spezielle Fachrichtung oder zentrale Notaufnahme)
• Intensiv-/Bettenstation (Spezialdisziplinen)
•Einsatz umfangreicher diagnostischer und therapeutischer Möglichkeiten
• Ggf. Einleitung von Rehabilitationsmaßnahmen
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2. Unterscheidung: Notfall oder Akutfall?
• Notfallpatienten (z. B. mit Verdacht eines Herzinfarktes) werden
primär durch den Rettungsdienst (Notarzt, Rettungsassistent) am
Notfallort versorgt. Nach der Erstversorgung wird der Notfallpatient
in das nächstgelegene, geeignete Krankenhaus gebracht. Transport unter fachlicher Begleitung und Fortführung der Notfallbehandlung. Rettungsmittel für die Versorgung von Notfallpatienten:
NEF und RTW, NAW oder der RTH. Zur Abrechnung des Notfalltransports mit dem Kostenträger (z. B. Krankenkasse, Berufsgenossenschaft) kann die „Verordnung zur Krankenbeförderung“
(„Transportschein“) durch den Notarzt oder – bei Einsatz ohne
Notarzt – unmittelbar nach dem Einsatz durch den aufnehmenden
Arzt der Zielklinik ausgestellt werden, wobei die nachträgliche
Feststellung der kostenpflichtigen Transportnotwendigkeit immer
wieder Probleme aufwirft, z. B. Transport zur rechtlichen Absicherung des nichtärztlichen RD-Personals bei stark quälenden Symptomen oder Symptomen potenziell gefährlicher Erkrankungen
mit geringer Wahrscheinlichkeit ohne weitere Störung der Vitalfunktionen; z. T. ist aber eine zeitnahe Behandlung solcher Patienten als Akutfall (s. u.) in der Realität nicht gewährleistet. Weitere
Problemfelder sind Transporte aus „sozialer Indikation“ oder aus
der Garantenpflicht zur Unterbringung hilfloser, gefährdeter Personen (mäßig Betrunkene, insbes. bei starker Kälte).
•
Patienten ohne primäre Vitalbedrohung, bei denen es sich
aber um ein „akut entstehendes, lokalisiertes, pathologisches
Geschehen“ mit der Gefahr zusätzlicher Schädigungen (z. B.
Gallenkoliken, neu aufgetretene Infektion) oder um die akute
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Verschlimmerung einer chronischen Erkrankung (z. B. Gicht)
handelt, werden als Akutfälle (früher: Notsituationen) bezeichnet. Sie sollen innerhalb kurzer Zeit von ihrem Hausarzt, seiner
Vertretung oder dem hierfür eingerichteten (­kassen-) ärztlichen
Bereitschaftsdienst (z. B. außerhalb der Sprechzeiten, nachts,
an Feiertagen, mancherorts ständig) ärztlich versorgt werden
(Vorstellung in Arztpraxis oder Hausbesuch – je nach Fall). Nach
Diagnostik und Sofortbehandlung entscheidet der Arzt über eine
ggf. notwendige Klinikeinweisung (dringlich oder disponibel);
der Transport wird – je nach Fall – mit einem öffentlichen Verkehrsmittel, Taxi, KTW oder RTW durchgeführt. Hierfür ist die
vorherige Ausstellung einer „Verordnung zur Krankenbe­
förderung“ („Transportschein“) durch den einweisenden Arzt
erforderlich.
• Andere Krankheitsfälle, die keine akute medizinische Intervention notwendig machen, sollen direkt einem Vertragsarzt zur
Diagnostik bzw. Therapie zugewiesen werden. Hier kommen
zur (i. d. R. zeitunkritischen) Beförderung – je nach Fall – private
oder öffentliche Verkehrsmittel oder der Krankentransport mit
KTW in Betracht, jeweils nach ärztlicher Verordnung.
Die Umsetzung dieser Versorgungsstrategien erfordert, dass jeder
Patient frühzeitig (z. B. bei Anruf in der Rettungsleitstelle) der richtigen Kategorie zugeteilt werden müsste, um die medizinisch und
wirtschaftlich adäquate Hilfe zu erhalten. Die notwendige Infrastruktur ist in Deutschland aber nicht einheitlich etabliert.
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3. Rettungsdienststruktur in Deutschland
3.1 Allgemeines – Definitionen nach DIN 13050
Rettungsdienst = eine öffentliche Aufgabe der Gesundheitsvorsorge und der Gefahrenabwehr, gegliedert in Notfallrettung und
Krankentransport. Notfallrettung ist organisierte Hilfe, die in ärztlicher Verantwortlichkeit erfolgt und die Aufgabe hat, bei Notfallpatienten am Notfallort lebensrettende Maßnahmen oder Maßnahmen
zur Verhinderung schwerer gesundheitlicher Schäden durchzuführen, ggf. Transportfähigkeit herzustellen und diese Pat. ggf. unter
Aufrechterhaltung der Transportfähigkeit und Vermeidung weiterer
Schäden in die [nächste geeignete] Klinik („weiterführende medizin. Versorgungseinrichtung“) zu befördern.
3.2 Zuständigkeiten, Funktionen der Rettungsleitstelle
In Deutschland zählt der Rettungsdienst zu den Obliegenheiten
der Bundesländer. Er ist in den einzelnen Ländern durch die
Landesrettungsdienstgesetze geregelt. Innerhalb der Ländergrenzen wurden Rettungsdienstbereiche festgelegt, deren
Landkreise und kreisfreien Städte den Rettungszweckverband
bilden. Dieser ist i. d. R. kommunalen Behörden zugeordnet. Von
diesen wird die Aufgabe des Rettungsdienstes auf gemeinnützige
Hilfsorganisationen, Feuerwehr u. a. übertragen oder (seltener)
selbst durchgeführt. Unter Beachtung der Wirtschaftlichkeit und
der in den Landesrettungsdienstgesetzen vorgeschriebenen Hilfsfristen werden Rettungswachen eingerichtet. Die Koordination
und Lenkung der Rettungseinsätze in einem Rettungsdienstbereich, auch bei Großschadensereignissen/MANV, ist Aufgabe der
Rettungsleitstelle:
• Annahme von Notrufen und Entsenden von Rettungsmitteln
•Zusammenarbeit mit den Leitstellen von Polizei und Feuerwehr
(zukünftig: vermehrt integrierte Leitstellen: RD + FW)
•Telefonischer Kontakt mit Krankenhäusern (Bettennachweis),
Vergiftungszentralen u. a. Informationszentren
•Dokumentation aller Vorgänge (Datenpflege), Überwachung der
Funkdisziplin
3.3 Grundprinzipien
präklinischer Notfallversorgung
•„Stay and Play“: In Deutschland ist die notärztliche Versorgung
vor Ort ein fester Bestandteil des flächendeckenden Rettungsdienstsystems. Sofern erforderlich, wird der Patient vor dem
Transport stabilisiert.
•„Load and Go“ (= „Scoop and Run“): Im angloamerikanischen Raum weit verbreitetes System der Basisversorgung
durch Rettungsdienstpersonal (mit örtlich unterschiedlichen
Befugnissen) mit zügigem Transport unter Aufrechterhaltung
der Vitalfunktionen (z. B. Beatmung, Thoraxkompressionen) ins
Krankenhaus zur ärztlichen Notfalltherapie (in der Aufnahme).
Diese polarisierende Darstellung wird der Realität nur begrenzt
gerecht. Im Einzelfall muss entschieden werden, ob der Notfall-
patient eher von einer sofort wirksamen Therapie vor Ort profitiert
oder ob eher die schnelle Verfügbarkeit klinischer Diagnostik und
Therapie für die Prognose entscheidend ist.
3.4 N
otfalldiagnostik im RD
aus rechtlicher Sicht
Jeder Transport eines Patienten in eine Klinik verursacht Aufwand
und Kosten. Aber nicht jeder Pat., zu dem der RD alarmiert wird,
ist so schwer erkrankt oder verletzt, dass dieser zwingend in einer
Klinik untersucht oder behandelt werden muss (allerdings ist eine
Leistungsvergütung im RD nach § 60 SGB V (derzeit noch) an eine
weitere Leistung der Krankenkasse bzw. den Transport zur Klinik
geknüpft, auch wenn keine stationäre Behandlung erforderlich ist).
Auch wir, die Autoren dieses Taschenbuchs, haben im RD – als RS,
RA und NA – immer wieder Patienten zu Hause bleiben lassen (z. B.
nach Hilfeleistung oder ambulanter (Initial-) Behandlung) und dabei
z. B. die (Weiter-) Behandlung durch den ärztlichen Notdienst veranlasst oder zum baldigen Besuch des Hausarztes geraten. Aber bei
einem solchen Vorgehen muss man sich des Risikos bewusst sein:
Allein die Alarmierung des RD beinhaltet – auch juristisch –
stets den Anfangsverdacht auf eine Vitalbedrohung, der bis
zum definitiven Ausschluss bestehen bleibt! Ein solcher Ausschluss ist im RD in vielen Fällen nahezu unmöglich (z. B. fehlende
diagnostische Möglichkeiten, fehlender differenzialdiagnostischer
Facharztstandard der jeweiligen Fachdisziplin, zu wenig Zeit, anderer Auftrag – s. u.), allenfalls ausnahmsweise, wenn z. B. ein
offensichtlicher Fehlalarm oder ein Missverständnis vorliegt, das
geklärt werden kann. Wenn der Pat. wegen vermeintlich fehlender
oder harmloser Erkrankung/Verletzung zu Hause bleibt und wider
Erwarten Schaden durch eine unerkannte oder unterschätzte Erkrankung/Verletzung erleidet, trägt der RD die Beweislast dafür,
dass der Schaden bei rechtzeitigem Transport in eine Klinik nicht
eingetreten wäre! Dieser Beweis ist kaum anzutreten. Bei manchen Erkrankungen/Verletzungen ist zwar nicht zwingend eine
Therapie nötig, aber ggf. trotzdem eine adäquate Überwachung/
Beaufsichtigung für eine gewisse Zeit indiziert (z. B. best. Formen
der Synkope, Z. n. Hypoglykämie, Krampfanfall bei bekannter Epilepsie, leichtes SHT, Analgesie/Sedierung).
Der primäre Auftrag des RD (inkl. NA) besteht darin, Notfall­
patienten – falls nötig und möglich – zunächst zu stabilisie­
ren und dann unter fachkundiger Überwachung und Aufrecht­
erhaltung der Vitalfunktionen in die nächstliegende geeignete
Klinik zu befördern. Die Notfalldiagnostik im RD ist nicht auf
das Stellen einer definitiven Diagnose ausgerichtet, sondern
darauf, eine Vitalbedrohung zu erkennen und zu behandeln!
Nur wenige Diagnosen können und sollen bereits im RD mit hoher
Zuverlässigkeit gestellt und gezielt therapiert werden (z. B. STEMI).
In den meisten Fällen muss es aber bei einer offenen Verdachtsdiagnose oder einer beschreibenden symptomalen/syndromalen
Arbeitsdiagnose (und Therapie) bleiben. Wenn aber eine Vitalbedrohung nicht ausgeschlossen werden kann, muss der Pat. zur
weiteren Überwachung/Diagnostik in eine geeignete Klinik gebracht werden, sofern er nicht – nach eindringlicher Aufklärung
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bei gegebener Einsichtsfähigkeit – das Risiko übernimmt und die
Mitfahrt ausdrücklich verweigert (Dokumentation! Vgl. S. 122 ff.).
3.5 Transport, Übergabe, Einsatzbeendigung
Transport
In der Regel wird der Patient unter Ausschöpfung der im Rettungsdienst möglichen und jeweils angezeigten (sinnvollen) therapeutischen Maßnahmen stabilisiert (= Herstellen der Transportfähig­
keit) und dann unter Fortführung dieser Maßnahmen so schonend
wie möglich und so zügig wie nötig in ein geeignetes Kran­
kenhaus verbracht. Ein Transport mit Sondersignal ist sehr selten
indiziert. In bestimmten Fällen ist eine vorherige Anmeldung in der
Zielklinik notwendig, Damit dringend erforderliches Personal und
Gerät bei Eintreffen bereitsteht.
Übergabe (z. B. in der Klinik)
Notarztes (bzw. des Rettungsassistenten, wenn kein Notarzt eingesetzt wird).
Für manche Patienten ist die unmittelbare Verfügbarkeit bestimmter
Ressourcen (z. B. Herzkatheter, Schädel-CT, Stroke-Unit, TraumaZentrum, bestimmte Fachdisziplinen) entscheidend für Überleben
oder spätere Lebensqualität. Die Zuweisung in eine ungeeignete
Klinik kann allein durch Verzögerungen oder Notwendigkeit eines
Sekundärtransportes zu einem „Wartetrauma“ führen.
Bei fehlender Zentraler Notaufnahme ist bereits die Frage der zuständigen Fachabteilung relevant (z. B. Akutes Abdomen: Innere,
Chirurgie, Gynäkologie, Urologie, …?). Andererseits ist bei instabilen Patienten ein längerer Transport in eine Zentrumsversorgung
oft mit einer Erhöhung des Risikos verbunden. Aus diesen Gründen
muss der Notarzt über die möglichen Zielkliniken in seinem RDBereich mit den jeweiligen Notfallressourcen (auch nachts und am
Wochenende) informiert sein.
Wiederherstellen der Einsatzbereitschaft
Der Notarzt sollte bei der Auswahl der Zielklinik zwar die Verfügbarkeit freier (Intensiv-) Betten und anderer Kapazitäten aufnehmender Kliniken berücksichtigen (Abfrage über die Rettungsleitstelle), jedoch kann er die Entscheidung auch unabhängig davon
treffen, da die an der Notfallversorgung beteiligten Kliniken i. d. R.
zur Aufnahme und Erstversorgung von Notfallpatienten verpflichtet sind und den Pat. danach ggf. weiter verlegen können. Der
Notarzt muss ggf. eine initial längere Transportzeit rechtfertigen
können (z.B. stabiler Patient, sofortige Notwendigkeit spezieller
Diagnostik in einer entfernteren Klinik, ausnahmsweise: definitiv
erheblich verzögerte Versorgung in der nächstgelegenen Klinik).
• Reinigen, ggf. Desinfizieren des Fahrzeuges
• Tragenbezüge wechseln, Auffüllen von Verbrauchsmaterial
• Austauschen/Reinigen/Desinfizieren benutzter Gegenstände
3.7 Kostenübernahme
Bei Notfallpatienten ist eine strukturierte Weitergabe von Infor­
mationen an den weiterbehandelnden Arzt Pflicht. Inhalt:
•Symptome, Erkrankung, Verletzung, Verdachtsdiagnose, Vorgeschichte
•ergriffene Maßnahmen
•zeitlicher Ablauf der Ereignisse, Besonderheiten
•Übergabe des Durchschlages vom RD- oder NA-Protokoll
•Übergabe von persönlichen Gegenständen des Patienten
Dokumentation
1. Medizinisch: Mit einer einwandfreien und schlüssigen Dokumentation des Patientenzustandes im Verlauf, sowie der getroffenen Maßnahmen läßt sich der Einsatz zu einem späteren
Zeitpunkt für juristische oder auch wissenschaftliche Zwe­
cke rekonstruieren. Dies dient u. a. der Absicherung der einzelnen Mitarbeiter (Beweismittel). Für die Dokumentation gibt
es Vordrucke, z. B. das bundeseinheitliche DIVI-Protokoll. Einen
Durchschlag erhält der weiterbehandelnde Arzt und einer wird
auf der Wache abgelegt (eine private Archivierung ist rechtlich
nicht zulässig).
2. Verwaltungstechnisch: Zur Abrechnung des Transportes
werden ein Einsatzbericht (Einsatzdaten, Patientendaten und
Kostenträger) und eine vom Arzt ausgestellte Transportnot­
wendigkeitsbescheinigung (Transportschein) benötigt. Die
medizinische Transportindikation kann vom einweisenden Arzt
(vor Transport), vom begleitenden Arzt oder bei Notfällen auch
vom aufnehmenden Arzt (Klinik) festgestellt und bescheinigt
werden.
3.6 Transportziel
Die Auswahl des nächstgelegenen und zugleich geeigneten Zielkrankenhauses auf der Basis einer Verdachtsdiagnose gehört zu
den wichtigsten und verantwortungsvollsten Entscheidungen des
Notfallpatienten (also plötzlich Erkrankte und Verletzte) werden
behandelt und ggf. transportiert, wobei ein vorhandener Kostenträger (z. B. gesetzliche Krankenkasse) grundsätzlich die Kosten
übernimmt (den Patienten nicht mit der Kostenfrage belasten!).
Bei einem Krankentransport („geplant“; kein Notfall) liegt die
Entscheidung der Kostenübernahme immer im Ermessen des
Kostenträgers, auch wenn die Notwendigkeitsbescheinigung eines Arztes vorliegt. Zahlt die Krankenkasse nicht, so muß der
Patient zahlen.
Merke: Im Rettungsdienst wie Krankentransport darf kein
Hilfeersuchen im Rahmen der Landesrettungsdienstgesetze
abgelehnt werden! Ggf. sollte der Patient auf Nachfrage auf ihm
entstehende Kosten aufmerksam gemacht werden (sachlich und
ohne ihn in eine Zwangslage zu bringen � unterlassene Hilfeleistung, Arbeitsverweigerung!), bevor der Transport durchgeführt
wird. Es kann sinnvollerweise überlegt werden, den Patienten
eine Erklärung darüber unterschreiben zu lassen, dass er die
entstehenden Kosten übernimmt, sofern z. B. die Krankenkasse
nicht eintritt (Krankentransport!). Über den anfallenden Tarif (z. B.
Kilometerpauschale) sollte das Rettungsdienstpersonal informiert
sein. Solche Kosten können dem Patienten insbesondere dann
entstehen, wenn
•der behandelnde/aufnehmende Arzt keine Notwendigkeitsbe­
scheinigung ausstellt (aufgrund fehlender Indikation),
•dem Patientenwunsch entsprechend nicht das nächstliegende
Krankenhaus angefahren wird,
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•ein bestellter Krankentransport nicht in Anspruch genom­
men wird.
Beziehung zwischen Patient und RD-Personal:
Zwischen dem RS/RA und dem Patienten bestehen keine
vertraglichen Beziehungen. Bei Patienten, die Mitglieder einer
gesetzlichen Krankenkasse (AOK, IKK, BKK, Ersatzkasse, Knappschaft) sind oder nach Berufsunfällen behandelt werden, kommt
ein Vertrag zwischen dem Versicherungsträger und der Ret­
tungsorganisation zustande. Aus diesem Vertrag ist der Pati­
ent Begünstigter, der RS/RA aufgrund seines Verhältnisses zur
Rettungsorganisation deren Gehilfe bei der Erfüllung ihrer Ver­
tragspflichten.
Wichtige Konsequenzen daraus: RS/RA dürfen nicht entschei­
den, welche vertraglichen Leistungen sie erbringen. Unstimmigkeiten/Probleme müssen direkt zwischen Organisation (z. B.
Dienststellenleiter) und dem Leistungsnehmer (Krankenkasse,
Patient, Arzt) geklärt werden!
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Der Taschenatlas Rettungsdienst ist ein praxisbezogenes und
umfassendes Nachschlagewerk der präklinischen Notfallmedizin.
Er wendet sich an Rettungssanitäter, Rettungsassistenten
und Notärzte als hilfreicher Begleiter durch Ausbildung und Alltag
sowie an jeden notfallmedizinisch Interessierten.
Aus dem Inhalt:
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• Rettungsdienst-Recht
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Zu allen wichtigen Notfällen werden konkrete Handlungsabläufe
entsprechend den aktuellen Therapieleitlinien (z. B. ERC)
formuliert und nach medizinischen Fachgebieten geordnet (z. B.
Kindernotfälle, chirurgische Notfälle, Störungen der Atmung).
Über 80 Notfallmedikamente, die auch über ihre Handelsnamen
aufgefunden werden können, werden in übersichtlichen
ganzseitigen Steckbriefen dargestellt.
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4. Einsatzkräfte und Rettungsmittel
4.1 Rettungdienst-Personal
4.3 Ausblick: Notfallsanitätergesetz (NotSanG)
• Rettungshelfer (RH): Helfer des Rettungssanitäters beim
Krankentransport und bei der Erstversorgung von Notfallpatienten. Ausbildung: Grundlehrgang wie RS (160 h), 2 Wo. Klinikpraktikum, 2 Wo. Rettungswachenpraktikum.
• Rettungssanitäter (RS): Durchführung von Krankentransport,
Erstversorgung von Notfallpatienten und Helfer des Rettungsassistenten bei der Versorgung von Notfallpatienten. 520 Stunden
Ausbildung: Lehrgang (160 h), 4 Wo. Klinikpraktikum, 4 Wo. Rettungswachenpraktikum, Abschlusslehrgang/-prüfung (40 h).
•Rettungsassistent (RA): Assistent des Notarztes (NA); Versorgung von Notfall­pat. bis zum Eintreffen des NA (§ 3 RettAssG). 2
Jahre Regelausbildung: 1. Jahr Lehrgang und Praktika (Klinik +
Rettungswache), staatl. Abschlussprüfung; 2. Jahr: Ausbildung
als RA-Praktikant in einer Lehrrettungswache. Auch alternative
Ausbildungsabläufe mgl. Zukünftig wird das Berufsbild „RA“
durch das Berufsbild „Notfallsanitäter“ ersetzt.
• Notarzt (NA): Anästhesisten, vielerorts auch Unfallchirurgen und
Internisten. Mindestvoraussetzungen: Approbation als Arzt, Fachkundenachweis Rettungsdienst oder Zusatzbezeichnung Notfallmedizin (je nach Regelung der Bundesländer). Der Notarztdienst
sollte dem erfahrenen Arzt vorbehalten bleiben.
Mit dem sog. Notfallsanitätergesetz (NotSanG) soll in
Deutschland zukünftig das Berufsbild „Rettungsassistent/
in“ (RA) durch das Berufsbild „Notfallsanitäter/in“ (NotSan)
ersetzt werden. Das NotSanG wurde am 28. 2. 2013 im Deutschen Bundestag mit den Stimmen der Koalition bei Enthaltung
der Opposition verabschiedet. Nach derzeitiger Fassung (Bundesgesetzblatt, Teil 1, Nr. 25, 27. 5. 2013, S. 1348 ff.) tritt das NotSanG
am 1. 1. 2014 in Kraft (Beginn der ersten Notfallsanitäter-Ausbildungen) und das RettAssG zum 31. 12. 2014 außer Kraft (bis dahin Beginn der letzten RA-Ausbildungen mgl.).
4.2 Rettungsdienst-Fahrzeuge
• KTW – Krankentransportwagen: für den Transport von NichtNotfallpatienten, die aus medizinischen Gründen nicht in der
Lage sind, öffentliche Verkehrsmittel, Taxen oder Mietwagen zu
benutzen, z. B. liegen müssen, an ansteckenden oder Ekel erregenden Krankheiten leiden (auch Verdacht) oder für den Transport fachliche Betreuung benötigen (könnten). Die DIN EN 1789
unterteilt:
- Typ A1:KTW, geeignet für den Transport eines einzelnen Patienten, der voraussehbar kein Notfallpatient ist.
- Typ A2:KTW, geeignet für den Transport eines oder mehrerer
Patienten (auf Krankentrage(n) oder -sessel(n).
- Typ B:KTW als Notfallkrankenwagen, ausgerüstet für Erstversorgung und Überwachung von Patienten.
• RTW – Rettungswagen: Geeignet für Erstversorgung und
Transport von Notfallpatienten, die neben Erste-Hilfe-Maßnahmen zusätzlicher Maßnahmen bedürfen (Wiederherstellung/Aufrechterhaltung der Vitalfunktionen). Der RTW wird in der DIN EN
1789 als Typ C-Krankenkraftwagen beschrieben.
• NAW – Notarztwagen: RTW mit Zusatzausrüstung wie NEF
(s. u.); ständig mit Notarzt besetzt = sog. „stationäres Notarztsystem“. Heutzutage fast überall durch NEF/RTH ersetzt.
• RTH – Rettungshubschrauber: DIN EN 13718; s. S. 91 f.
• NEF – Notarzteinsatzfahrzeug: DIN 75079; Zubringer für den
Notarzt und seine Notfallausrüstung zum RTW im RendezvousSystem (PKW/Kleintransporter).
Mit dem NotSanG werden die Anforderungen an Umfang, Inhalte
und Qualität der Ausbildung im RD deutlich angehoben. Das Aus­
bildungsziel für NotSan umfasst nach § 4 II NotSanG u. a. die
eigenverantwortliche Aufgabenerfüllung beim
•„Beurteilen des Gesundheitszustandes von erkrankten und verletzten Personen, insbesondere Erkennen einer vitalen Bedrohung, Entscheiden über die Notwendigkeit, eine Notärztin
oder einen Notarzt […] oder sonstige ärztliche Hilfe nach­
zufordern“ sowie beim
•
„Durchführen medizinischer Maßnahmen der Erstversorgung
bei Patientinnen und Patienten im Notfalleinsatz und dabei An­
wenden von in der Ausbildung erlernten und beherrschten,
auch invasiven Maßnahmen, um einer Verschlechterung der
Situation der Patientinnen und Patienten bis zum Eintreffen der
Notärztin oder des Notarztes oder dem Beginn einer weiteren
ärztlichen Versorgung vorzubeugen, wenn ein lebensgefähr­
licher Zustand vorliegt oder wesentliche Folgeschäden zu
erwarten sind“.
•Ferner soll der/die NotSan dazu befähigt werden, „heilkund­
liche Maßnahmen, die vom Ärztlichen Leiter Rettungsdienst
oder entsprechend verantwortlichen Ärztinnen oder Ärzten bei
bestimmten notfallmedizinischen Zustandsbildern und -si­
tuationen standardmäßig vorgegeben, überprüft und ver­
antwortet werden,“ „eigenständig“ durchzuführen.
Die Diskussion um die endgültige Auslegung des NotSanG ist
aber noch nicht abgeschlossen. Viele Details sind unter den beteiligten Institutionen, Organisationen und Verbänden noch heftig
umstritten. Die Ausbildungs- und Prüfungsverordnung nach § 11
NotSanG liegt bei Drucklegung dieses Buches noch nicht vor und
auch die Anpassung der Landesrettungsdienstgesetze steht noch
aus. Das NotSanG soll jedenfalls keinen Weg in ein Notarzt-freies
Rettungssystem in Deutschland bereiten, könnte aber zu gezielteren Notarzteinsätzen führen.
Ein(e) RA kann nach § 32 NotSanG unter bestimmten Bedin­
gungen – bei Bestehen der Staatlichen Ergänzungsprüfung
bis zum 1. 1. 2021 – die Berufsbezeichnung NotSan erwerben
(u. a. gesundheitliche Eignung; ggf. zuvor Lehrgang von 480 oder
960 Stunden, wenn Berufstätigkeit als RA am 1. 1. 2014 weniger
als 5 bzw. weniger als 3 Jahre).
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4.4 RTW-Ausstattung nach DIN EN 1789
Detaillierte Anforderungen an die Ausstattung der Rettungsmittel
werden in Normen des DIN (Deutsches Institut für Normung e. V.,
Berlin) festgelegt, die durch Erwähnung in Gesetzen und Verordnungen (auch Unfallverhütungsvorschriften als autonomes Recht
gemäß § 15 SGB VII, die z. B. zur persönlichen Schützausrüs­tung
Stellung nehmen) rechtsverbindlich werden können. DIN-Normen
können in Gerichts­prozessen (vor allem haftungs-/versicherungsrechtlich) die Rolle vorweggenommener Sachverständigengutachten spielen („Stand der Technik“). Die DIN EN 1789 (aktuelle
Fassung: November 2010) definiert Anforderungen an Krankenkraftwagen (Fahrzeugtechnik, Sicherheitsmerkmale, Ausrüstung).
Im folgenden werden wesentliche Ausrüstungsgegenstände eines
Krankenkraftwagens Typ C (MICU = Mobile Intensive Care Unit =
Rettungswagen) aufgelistet.
Rettungs- und
Schutzausrüstung
• Einmal-Handschuhe (5 Paar steril, 100 unsteril; EN 455-1, -2)
• Reflex-Schutzkleidung (EN 471)***
• Sicherheitsschuhe (EN ISO 20345)***
• Sicherheits-/Schutzhandschuhe (EN 420)***
• Schutzhelm (EN 14052)***
• Persönliche Infektionsschutzausrüstung***
• Satz Rettungswerkzeug*
• Gurtdurchtrenner
• Warndreiecke/-lampen (2)
• Handscheinwerfer
• Feuerlöscher (EN 3-7)
• Funksprechgerät und Handfunksprechgerät
• Tragbares Personenrufgerät (ggf. im Handfunksprechgerät integriert)
• Zugang zum öffentlichen Telefonnetz (z. B. über Funk oder
Mobiltelefon)
Ausrüstung zum
Patiententransport
(Geräte nach EN
1865)
• Trage/Fahrgestell
• Schaufeltrage, Vakuummatratze
• Tragestuhl (sofern die Trage diese Funktion nicht ermöglicht)
• Tragetuch oder Tragematratze
• Wirbelsäulenbrett* (mit Kopf-Ruhigstellung und Sicherheitsgurten)
Primär stationäre
Ausrüstung
• Infusionswärmesystem (37°C ±2°C)
• RR-Messgerät (automatisch nach Doppler-Prinzip, Manschetten 10–66
cm)*
• Sauerstoff-Anlage (stationär, 2000 l)
• Insufflationsmöglichkeit (Regelung bis mind. 15 l/min)
• Absauganlage (stationär, nicht manuell, Sog min. 65 kPa, min. 1l)
Diverse
­Hygiene­artikel
z. B. Brechbeutel, Bettpfanne*, Urinflasche, Reinigungs- und Desinfektionsmaterial, Bettwäsche, Decken, Verbandmaterial für Wunden sowie speziell
für Verbrennungen und Verätzungen, Abfallbehälter.
Erweiterte Wieder­
belebungseinheit
(z. B. Notfallkoffer/-rucksack) mit Komplettzubehör für
• Beatmung
• Atemwegssicherung, insbes. endotracheale Intubation
• Infusionstherapie
• Medikamentenapplikation
Diagnostik
• Stethoskop
• Pulsoxymeter (EN ISO 9919)
• Kapnometer (EN ISO 21647)
• RR-Messgerät (manuell, Manschetten 10–66 cm)
• Diagnostik-Leuchte
• Blutzuckermessgerät
• Thermometer (28 – 42 °C, EN 12470-1)
Ergänzende
Ausstattung AirwayManagement
• Sauerstoff-Gerät (transportabel, 400 l)
• O2-Insufflationsmöglichkeit (Regelung bis mind. 15 l/min)
• Beatmungsbeutel mit Masken und Guedeltuben für jede Altersstufe
• PEEP-Ventil, regulierbar
• Absauggerät (transportabel, manuell, EN ISO 10079-2)
(transportabel)
(transportabel)
(transportabel)
• Defibrillator mit EKG-Aufzeichnung**
Monitoring und
­Geräte nach Anlage 1 • EKG-Überwachungsgerät**
• Herzschrittmacher (extern)**
MPBetreibV
(transportabel)
• Beatmungsgerät (EN 794-3)
• Spritzen- bzw. Infusionspumpe
Medikamente
• Analgetika*
• Infusionslösung (4 l)
• Zubehör für Injektionen und Infusionen, Spitzabwurf
• Druckinfusionsgerät
Ausrüstung
Immobilisation
• Extensionsgerät*
• Immobilisationsset für Frakturen
• HWS-Immobilisationsset
• Gerät zur Ruhigstellung der oberen HWS (z. B. Wirbelsäulenbrett)
Spezielle
Notfalltherapie
• Inhalator (EN 13544-1)
• Thoraxdrainage-Set
• Zentraler Venenkatheter
• Magenspülset*
• Notgeburtenset
• Replantat-Behältnis (4 °C ± 2 °C für mind. 2 h)*
(transportabel)
(transportabel)
* =Auf diesen Gegenstand kann verzichtet werden, wenn aus regionalen Gründen nicht erforderlich (z. B.
wenn auf NEF vorgehalten).
** = Nach IEC 60601-2-4; die genannten Funktionen dürfen in einem Gerät kombiniert werden.
*** = Pro Besatzungsmitglied in ausreichender Anzahl.
Hinweise
•Die hier vorgenommene Gliederung erscheint aus Gründen der
Übersichtlichkeit zweckmäßig; sie entspricht nicht der DIN EN
1789.
•Auf detaillierte Zahlenangaben und Spezifizierung von Eigenschaften sowie Hilfsgeräte (z. B. Gerätekupplungen) wurde verzichtet; solche Informationen sind der DIN EN 1789 zu entnehmen.
4.5 Medizinprodukte im Rettungsdienst
Die Besatzung ist als Anwender im Sinne des Gesetzes (MPG,
MPBetreibV) für Sicherheit, Funktionszustand und Vollständigkeit von Material und Fahrzeug verantwortlich. Daher sind zu
den auf den eigenen Rettungsmitteln vorgehaltenen Geräten
fundierte Kenntnisse erforderlich: Bedienung, Wartung, Pflege
(inkl. sachgerechte Desinfektion).
Für bestimmte Verstöße im Medizinprodukterecht werden Strafen oder Bußgelder angedroht, auch wenn niemand zu Schaden
kommt, z. B.:
•Anwendung von mängelbehafteten Medizinprodukten strafbar
(Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe),
•unbefugter Anwendung, z. B. wegen ungenügender Ausbildung/
Kenntnisse/praktischer Erfahrung ohne Gewähr einer sachgerechten Handhabung (Ordnungswidrigkeit; Geldbuße bis zu
25 000,– EUR).
Einweisung
Jeder Anwender eines Medizinproduktes der Anlage 1 MPBetreibV
(Defibrillatoren, Beatmungsgeräte, Spritzenpumpen) muss nach
§ 5 MPBetreibV durch einen B
­ erechtigten (meist MPG-Beauftragter) eingewiesen sein. Es besteht eine Dokumentationspflicht im
Gerätebuch. Manipulationen an Geräten und Gerätemodellen, für
die keine Einweisung vorliegt, sind im Regelfall verboten (z. B. Inkubatoren, Beatmungsgeräte oder Spritzenpumpen von Kliniken
bei Intensivverlegungen).
Funktionstest
Jedes Medizinprodukt ist vor jeder Anwendung einem Funktionstest zu unterziehen. Hierbei reicht bei Geräten der Anlage 1 meist
der Selbsttest nicht aus (­siehe Bedienungsanleitung). Die Funktionsprüfung ist im Rettungsdienst u. U. nicht möglich – daher: nach
dem Einsatz ist vor dem nächsten Einsatz!
Sicherheits- und messtechnische Kontrollen (STK/MTK): Der Betreiber hat bei Medizinprodukten der Anlage 1 nach den Angaben
des Herstellers – aber mind. alle 2 Jahre – sicherheitstechnische
Kontrollen durchzuführen. Für Medizinprodukte der Anlage 2 gilt
bezüglich der messtechnischen Kontrolle gleiches. (Kontrolle der
Prüfplakette bei Dienstantritt).
Meldung von (Beinahe-) Vorkommen
Der Betreiber und/oder der Anwender ist zur Meldung von sicherheitsrelevanten Vorkommnissen an das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte verpflichtet (MPSV). Das Meldedokument ist unter www.bfarm.de zu erhalten!
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Zugriff auf Bedienungsanleitungen
B. Notfallbezogene Indikationen*
Nach § 9 MPBetreibV muss von jedem Mitarbeiter jederzeit die
Bedienungsanleitung eingesehen werden können. D. h. für Geräte
der Anlage 1 sollte mindestens eine Kurzanleitung (des Herstellers) auf dem Rettungsmittel vorgehalten werden.
* = in Anlehnung an den Indikationskatalog Rheinland-Pfalz (NAIK, MdI, 2011)
4.6 Fahrzeugbesetzung im Rettungsdienst
Bundesland
KTW
RTW
NEF
• Verkehrsunfall, Brand und/oder Rauchgasentwicklung,
Explo­sions- oder Stromunfälle, thermische oder chemische
Unfälle, Vergiftung (jeweils mit Hinweis auf Personenschaden
mit Vitalbedrohung oder mehreren Verletzten)
• Tauchunfälle, Ertrinkungsunfälle, Eiseinbruch
• Einklemmung, Verschüttung, Sturz aus großer Höhe (ab 3 m)
•Schuss-, Stich- und Hiebverletzungen im Kopf-, Hals- oder
Rumpfbereich
• Unmittelbar einsetzende oder stattgefundene Geburt
• Suizidalität (vgl. auch S. 122 ff, 531 f.)
•Verschiedene akute Gefahrenlagen (z. B. Evakuierung, hochansteckende Erkrankung, Strahlenunfall; Amoklage, terroristischer
Anschlag, Geiselnahme)
Fahrer
Beifahrer Fahrer
Beifahrer Fahrer
Baden-Württemberg
geeignet
RS
geeignet
RA
RA
Bayern
geeignet
RS
geeignet
RA
RS
Berlin
SanH (60 h) RS
RS
RA
RA
Brandenburg
RS
RS
RS
RA
RA
Bremen
RH
RS
RS
RA
RA
Hamburg
RS
RS
RS
RA
k. A.
Hessen
SanH
RS
RS
RA
RA [RS*]
Der Leitstellendisponent setzt den NA dann ein, wenn
Mecklenburg-Vorpommern
RS
RS
RS
RA
RA
Niedersachsen
geeignet
RS
geeignet
RA
geeignet
Nordrhein-Westfalen
RH
RS
RS
RA
RA
Rheinland-Pfalz
RH
RS
RS
RA
RS
Saarland
SanH
RS
SanH
RA
RA
Sachsen
RH
RS
RS
RA
RA
Sachsen-Anhalt
RS
RA
RS
RA
RA
Schleswig-Holstein
RS
RA
RS**
RA
k. A.
• aus dem Notruf eine der o. g. Indikationen hervorgeht,
•eine Anforderung durch einen Arzt oder Rettungsdienstpersonal
vorliegt, wenn hierfür in der Regel medizinische Gründe maßgeblich sind,
•der Disponent nach eigenem pflichtgemäßen Ermessen eine
akute Gefahr für Leben oder Gesundheit eines Menschen vermutet.
Thüringen
RS
RS
RS
RA
RA
Die Qualifikation zum Notarzt besteht entweder in einem
Nachweis der „Fachkunde Rettungsdienst/Rettungsmedizin“
(FK-RD; Anerkennung nach Notarzt-Kurs sowie Nachweis von
Einsätzen unter Aufsicht eines anderen NA sowie durchgeführte
notfallmedizinische Maßnahmen in der Klinik) oder in einer „Zu­
satzbezeichnung Notfallmedizin“ (ZB-NM; gegenüber FK-RD
umfangreichere Voraussetzungen und Prüfung). In manchen Bundesländern ist die Notarzttätigkeit nur noch mit ZB-NM möglich.
In anderen Bundesländern genügt (noch) die FK-RD. Teilweise
Übergangsregelungen (ggf. bei der zuständigen Ärztekammer informieren).
Ein in seinen Vitalfunktionen bedrohter Pat. benötigt immer
ärztl. Hilfe. Durch Selbstüberschätzung wird nicht nur verantwortungslos der Pat. gefährdet, sondern juristisch auch der RS/RA. Die
Anwendung einer Notkompetenzmaßnahme (s. Kap. 3) entbindet
nicht, sondern verpflichtet i. d. R. zur NA-Nachforderung, da sie
nur bei konkreter Vitalbedrohung angewendet werden darf und nur
die Zeit bis zum Eintreffen des nicht rechtzeitig verfügbaren NA
überbrücken soll (Ausnahme: die Lebensbedrohung wurde bereits
erfolgreich durch RS/RA abgewendet). Bei NA-Nachforderung ist
anzugeben: Art des Notfallgeschehens, Zustand des Pat., Verdachtsdiagnose, bisherige Maßnahmen. Ein alarmierter Notarzt kann nie
ohne Begründung abbestellt werden; nur der Notarzt entscheidet,
ob er durchfährt.
4.7 Indikationen für den Notarzteinsatz
4.8 Invasive Maßnahmen (Notarzt)
A. Patientenzustandsbezogene Indikationen*
In den Fallbeschreibungen werden folgende Maßnahmen der
Übersicht halber ­unter dem Begriff „Standardtherapie des Not­
arztes“ zusammengefasst:
•Anleiten/Fortführen der Basismaßnahmen (nichtärztliches Rettungspersonal)
•Ggf. venöser Zugang. Ggf. endotracheale Intubation und Beatmung.
• Ggf. Reanimation (inkl. erweiterter Maßnahmen).
•Koordinieren der medizinischen Maßnahmen (Zusammenarbeit
RS/RA/NA)
• Entscheidung über Klinikeinweisung.
• Festlegung des Transportmittels und Transportzieles.
* Voraussetzung: 2 Jahre Berufserfahrung in der Notfallrettung
** Voraussetzung: Nachweis von mind. 200 Einsätzen
Stand: 1/ 2013
•Bewusstseinsstörung (Pat. wird auf Ansprache/Schütteln nicht
wach oder kann nicht normal sprechen). Z. B. Schädel-HirnTrauma, Schlaganfall, anhaltender Krampfanfall, Delir
•Atemstörung (ausgeprägte/zunehmende Atemnot oder Atemstillstand). Z. B. Asthmaanfall, Lungenödem, Aspiration, Lungenembolie
•Kreislaufstörung (ausgeprägte/zunehmende Kreislaufinsuffizienz, HKS) z. B. Akutes Koronarsyndrom, Rhythmusstörung, hypertensiver Notfall, Schock
•Schwere Verletzung, schwere Blutung oder starke akute
Schmerzen. Z. B. größere Amputationen, Verbrennungen, stark
dislozierte Frakturen
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Auch RS und RA müssen die folgenden Maßnahmen kennen,
um die Assis­tenzfunktion korrekt und zuverlässig wahrneh­
men zu können:
• Spezielle Diagnostik – s. S. 139 ff.
• Schaffung und Nutzung von Zugangswegen für Medikamente
(periphervenös – s. S. 65 ff./intraossär – s. S. 70 ff./intranasal –
s. S. 671)
• Medikamentenapplikation – s. Kapitel 18
• Anästhesiologische Standardverfahren
- Sedierung, Analgesie – s. S. 86
- Narkoseeinleitung – s. S. 87 ff.
- Atemwegssicherung – s. S. 73 ff.
- Beatmung – s. S. 50 ff.
• Chirurgische Atemwegssicherung – s. S. 84 f.
• Entlastung des Pleuraraums – s. S. 369 ff.
• Perikardpunktion – s. S. 331 und S. 368
• Reponieren von Frakturen und Luxationen – s. S. 43 und 374 f.
• Vagale Manöver – s. S. 197
• Elektrotherapie:
-
Kardioversion (s. S. 202) und externer Herz-Schrittmacher
(s. S. 203 f.)
- Defibrillation – s. S. 238 f.
• Magensonde, z. B. nach längerer Maskenbeatmung
•Primäre Gift-Elimination: Auslösen von Erbrechen, Magenspülung – s. S. 462
• Ösophagustamponade mit Ballon-Sonden
• Nasentamponade vgl. s. 354
• Harnblasenkatheter bei Harnverhalt
• Gynäkologisch-geburtshilfliche Handgriffe – s. S. 418 ff.
•Einsatztaktische und logistische Maßnahmen; z. B. Zielklinikauswahl
ausreichende Qualifikation des Durchführenden (Kenntnisse,
Erfahrung), Überwachung der Durchführung.
• Verantwortung des RS/RA: einwandfreie, sorgfältige Durchführung. Der RS/RA muss den NA ggf. auf seine tatsächliche
Qualifikation/Erfahrung hinweisen; bei Unsicherheiten oder
Zweifeln an der korrekten Ausführbarkeit muss der RS/RA die
Durchführung ablehnen!
Nicht delegationsfähig sind Diagnosefindung und Therapieentscheidung. Um seiner Delegationsverantwortung gerecht werden
zu können, muss der Arzt persönlich anwesend sein! Daher sind
Arbeitsaufträge über Funk höchstproblematisch, insbesondere
weil der NA den Patienten zu diesem Zeitpunkt meist (noch) nicht
kennt.
Folgende Maßnahmen sind in der präklin. Notfallmedizin
i. d. R. nicht mehr indiziert bzw. können nicht mehr empfohlen
werden: Venae-sectio, Notamputation (evtl. verzweifelte Fälle s. S.
395), Tracheotomie (evtl. noch bei Kindern), intrakardiale Injektion,
Setzen von Gefäßklemmen, Bronchiallavage.
4.10 Menschenführung im Rettungsdienst
Weisungsrecht
Der RA ist nach § 3 RettAssG Helfer des Arztes. Grundsätzlich hat
jeder behandelnde Arzt gegenüber dem RS/RA Weisungsrecht,
solange er denselben Patienten behandelt und persönlich anwesend ist – damit also die Verantwortung für die Behandlung des
Patienten trägt. Dem RS/RA steht es frei, Vorschläge/Vorbehalte
zur Behandlung zu äußern (Vorsicht, wenn Patient oder Dritte anwesend!); ärztlichen Anordnungen ist Folge zu leisten. Mögliche,
doch in der Praxis wohl seltene Ausnahmen stellen höchstens
Weisungen zur Durchführung offensichtlicher Straftaten, Begehen
eines Übernahmeverschuldens oder eine Überforderung des RS/
RA dar. Nur dann oder wenn der Patient allein dem RS/RA – z. B.
zum Transport – übergeben worden ist, trägt der RS/RA die alleinige Verantwortung für den Patient. Es muss ggf. den Arzt um
eine Transportbegleitung bitten (NA-Indikation) und kann bei Ablehnung einen anderen Arzt zur Transportbegleitung rufen.
Delegation notärztlicher Aufgaben auf RS/RA
Zweck der Führung in Organisationen ist es, eine koordinierte Leistung durch viele andere zu bewirken, die der Führende alleine
nicht erbringen könnte. Die im RD zu erbringende Leistung hat
mehrere Säulen, wobei den Notarzt vor allem die optimale Notfalltherapie seiner Pat. interessiert. Um dieses Ziel zu erreichen, muss
er nichtärztliche Mitarbeiter führen. Dies umfasst beispielsweise:
• Delegation von Maßnahmen (Kompetenz des Mitarbeiters korrekt einschätzen oder erfragen, klare Handlungsanweisungen,
entsprechenden Zeitbedarf einkalkulieren, einen Auftrag nach
dem anderen)
• Mitarbeiter beteiligen (Handlungsspielräume belassen, jedoch
keine schädlichen Diskussionen)
• Transparenz erzeugen (eigene Zielsetzung mitteilen)
• Rahmenbedingungen für ein gutes Teamklima schaffen (gegenseitiges Kennenlernen außerhalb von Einsätzen, Anerkennung von Leistungen, Ruhe in Notfallsituationen, Übernahme von
Verantwortung, konstruktive Nachbesprechung von Einsätzen)
Der NA kann die Durchführung ärztlicher Leistungen auf Nichtärzte (RS, RA) übertragen. Sowohl Arzt als auch RS/RA übernehmen dabei eine bestimmte Verantwortung und haften für Schäden
in ihrem Verantwortungsbereich:
• Verantwortung des NA: Indikationsstellung der Maßnahme,
Einwilligung des Patienten, Eignung der Maßnahme zur Delegation (Grad der Invasivität, spezielle Ausbildung notwendig),
Der Notarzt als Führender sollte berücksichtigen und respektieren,
dass das nichtärztliche Personal im RD über die medizinische Assistenzfunktion hinaus weitere Pflichten hat, die für eine sichere und
erfolgreiche Einsatzabwicklung unabdingbar sind und manchmal
sogar den medizinischen Aufgaben übergeordnet sein können (z.B.
Eigenschutz, Absicherung der Einsatzstelle, Funkkontakt mit der
4.9 Rechtshierarchie im Rettungsteam
Ärztliche Transportbegleitung
Im Notfall kann jeder (niedergelassene) Arzt einen Transport
(z. B. mit RTW) begleiten und die ärztliche Versorgung sicherstellen. Lehnt ein anwesender Arzt die Begleitung ab, besteht aber auf
einem Transport ohne NA, so ist dem durch das nichtärztliche Personal zunächst Folge zu leisten. Ab Übernahme in den KTW/RTW
ohne Arztbegleitung liegt die Entscheidung der NA-Nachforderung
jedoch wieder beim RS/RA.
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Rettungsleitstelle). Die Weisungsbefugnis des Notarztes endet dort,
wo der Rettungsassistent Maßnahmen alleine verantworten muss
(z. B. Einhaltung straßenverkehrsrechtlicher Bestimmungen beim
Führen von Einsatzfahrzeugen).
4.11.2 Polizei
4.11 Zusammenarbeit
mit Feuerwehr und Polizei
Indikationen für die Anforderung der Polizei
4.11.1 Feuerwehr
Aufgaben:
„Retten, Löschen, Bergen, Schützen“ – Brandschutz, technische
Hilfe und Gefahrenabwehr
Indikationen für die Anforderung der Feuerwehr
• Brände; Brandgefahr (z. B. auslaufendes Benzin)
• Türöffnung (auch Polizei hinzuziehen – juristische Absicherung)
• Rettung eingeklemmter und verschütteter Personen
• Wasserrettung (mancherorts auch DLRG)
•Gefahrenabwehr (z. B. Sprungkissen bei angedrohtem Dachsprung)
•Einsturzgefahr, Absicherung gefährlicher Einsatzstellen, technische Hilfe
• Gasaustritt (Gasgeruch); gasverseuchte Räume
•je nach Qualifikation und Ausrüstung: Strom-, Strahlen, Chemieoder Gefahr- gutunfall (z. B. Auslaufen eines unbekannten, evtl.
gefährlichen Stoffes)
•Rettung (instabiler) Patienten bei gefährlichen, ungünstigen baulichen Gegebenheiten (z. B. Drehleiterrettung durch das Fenster,
wenn ein Transport durch das Treppenhaus nicht möglich ist)
Zusammenarbeit mit der Feuerwehr
•Bei der Nachforderung stets exakt Situation, Grund und Zweck
angeben, damit die Einsatzleitung der Feuerwehr das geeignete
Mittel einsetzen kann.
•Um einen geordneten Einsatzablauf zu gewährleisten, ist d.
Kontaktaufnahme zum Einsatzleiter der Feuerwehr vor Ort erforderlich. Mit diesem ist das weitere Vorgehen abzusprechen.
Führungspersonen der Feuerwehr sind an einer Kennzeichnung
des Helmes mit roten Balken erkennbar (je zahlreicher/dicker/
länger die Balken sind, desto höher ist der Führungsrang im Einsatz).
•Die Feuerwehr hat im Rahmen ihrer Hoheitsrechte als Aufga­
be der Kommunen (vgl. z. B. FSHG NW) besondere rechtliche
Befugnisse, z. B. (Straßen-) Absperrung in Absprache mit der
Polizei, Räumung von Gebäuden und Gelände, unbeaufsichtigtes
Betreten von Gebäuden.
•Auch bei Einsätzen der Feuerwehr wird der Rettungsdienst hinzugerufen und dient dabei nicht nur dem Schutz und der Rettung
von Zivilisten, sondern auch der Absicherung des Feuerwehr­
personals. Dabei ist der Rettungsdienst u. U. Bestandteil des
Feuerwehrzuges (wenn kein eigener Zug-RTW vorhanden ist).
Aus diesen Gründen ist ein Entfernen von der Einsatzstelle nur
nach Rücksprache mit dem Einsatzleiter der Feuerwehr zu­lässig.
Aufgaben
Strafverfolgung, Auffangbehörde für andere Behörden in Eilfällen
rund um die Uhr, präventive Maßnahmen der Gefahrenabwehr.
•Absicherung von Unfallstellen (Absperrung, Räumung, Evakuierung)
• Platzverweis von Störern bei Einsätzen
• Unfallaufnahme (wenn von Beteiligten gewünscht)
•Unfall mit Personenschaden (Verletzung/Todesfolge), Verkehrsregelung
• Warnung der Bevölkerung
•Einweisung weiterer Hilfskräfte, Schutz des Einsatzpersonals
(z. B. Schlägerei)
•(Verdacht auf) kriminelles Delikt (Beachte: RD als „Anwalt“ des
Patienten!)
•Unklare Todesursache, Überbringen der Todesnachricht; unbekannte Leiche
• Wohnungseröffnung, Wohnungsversiegelung
• Missbrauch von Notrufeinrichtungen
•Zwangseinweisung (Abwesenheit der spez. Ordnungsbehörden),
vgl. S. 122 ff.
Zusammenarbeit mit der Polizei
Es existiert keine hierarchische Verbindung (und somit keine
Weisungsbefugnis) zwischen RD-Personal und Polizeibeamten.
Jedoch sind in beide Richtungen Kommunikation und Kooperation
möglich und sinnvoll. Die Rettung von Menschenleben geht der
Beweissicherung vor. In dieser Hinsicht arbeiten alle Behörden
und Fachdienste zusammen. Jedoch sollte beachtet werden, dass
z. B. die Polizei diesem Ziel i. d. R. nicht durch Hilfeleistungen an
Patienten nachkommt, sondern z. B. durch Schaffung der Arbeitsbedingungen durch Absicherung (Verkehr, Schaulustige, gewaltbereite Personen). Gemeinsame Fortbildungen sollten dazu beitragen, sich gegenseitig besser kennenzulernen und damit im Sinne
der Aufgabenbewältigung zielgerichteter zusammenzuarbeiten.
In Einsatzsituationen sollten eventuelle Unstimmigkeiten frühestmöglich durch ein offenes Wort geklärt werden.
Spezielle Fälle
• Zwangseinweisung/Zwangsbehandlung s. S. 122 ff.
•Grundsätzlich kann der NA beauftragt werden, Blutabnahmen
bei Patienten für die Polizei als zeitnahe Beweissicherung durchzuführen – sofern es nicht die medizinische Versorgung des Patienten gefährdet (§ 81 a StPO).
•Der RD darf grundsätzlich keine ihm vom Pat. anvertrauten oder
durch Untersuchung gewonnenen Informationen an die Polizei
weitergeben, sofern der Pat. das Personal nicht von der Schwei­
gepflicht entbindet (z. B. Angaben über Drogenkonsum, aber
auch nicht-medizinische persönliche Geheimnisse).
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5. Retten, Heben und Tragen
5.1 Grundlagen
Die Wirbelsäule des RD-Personals ist im Rahmen des täglichen
Hebens und Tragens von Patienten schwer belastet. Richtiges
Heben senkt das Risiko chronischer und akuter Wirbelsäulen­
schäden (z. B. Bandscheibenvorfall):
• Oberkörper aufrecht und Rücken gerade halten,
• die Kraft soll aus der Beinarbeit kommen,
• keine ruckartigen Bewegungen,
• keine Drehbewegungen der Wirbelsäule unter Last,
•sofern vorhanden, sollten Lagerungshilfen genutzt werden,
z. B. höhenverstellbare Betten auf Tragenhöhe einrichten
(nicht Trage ablassen); Umlagerungsrutsche (Rollboard).
Zur Prophylaxe ist eine Rückenschule zu empfehlen, z. B. als Fortbildung. Beachte: Der akute Bandscheibenvorfall, den sich ein
Beschäftigter beim Anheben eines Patienten zuzieht, ist ein Arbeitsunfall � Durchgangsarzt. Dies gilt aber nicht für chronische
Rückenbeschwerden.
Aus Sicherheits- und Haftungsgründen (Pat. und Personal) sind möglichst geprüfte und zugelassene Lagerungs- und Transporthilfs­
mittel nach DIN EN 1865 einzusetzen, z. B. Krankentrage, Stuhltrage, Tragesessel (klappbar/nicht klappbar), Tragetuch, Tragematratze,
Schaufeltrage, Vakuummatratze, Wirbelsäulenbrett = Spineboard
(lang). Ggf. auch Schleifkorb (DIN 23400). Entspr. Kenntnisse und
Übung sind bei allen RD-Mitarbeitern vorauszusetzen.
Der Einsatz improvisierter Hilfsmittel und Methoden (z. B. Tragering aus Dreiecktuch, Rettungsgriffe, z. B. nach Rautek) ist auf Situationen zu beschränken, in denen zugelassene Hilfsmittel nicht
vorhanden oder nicht bestimmungsgemäß einsetzbar oder definitiv gefahrenträchtiger sind.
Vorsicht bei Verdacht auf (Hals-) Wirbelsäulenverletzung
(größte Schonung � vgl. S. 36 f., 38, 44 f. und 362 f.). Wenn möglich Vitalstabilisierung, Frakturruhigstellung und ausreichende
Schmerzbekämpfung vor Rettung oder Umlagerung. Sofortige
Rettung nur bei Lebensgefahr (vgl. S. 394 f.).
13
chen, müssen berücksichtigt werden (vgl. z. B. Urteil „Haftung bei
Treppensturz“, LG Hannover, 29.10.2004, 9 O 133/04 T) � RDPersonal muss beim Tragen über Treppen so vorsichtig und
vorausschauend vorgehen, dass ein Ausrutschen/Sturz aus­
geschlossen ist; kommt ein Pat. durch einen solchen Sturz zu
Schaden, hat der Pat. Anspruch auf Schmerzensgeld.
5.2 Spezielle Rettungsgriffe
Rautek-Rettungsgriff
Zur Rettung Erkrankter und Verletzter in der Ebene und aus Kraftfahrzeugen.
Schulter-Tragegriff/Gemsenträger-Griff
Zur Rettung Erkrankter und Verletzter aus erhöht sitzender Position.
Rückenschleif-Technik nach Rautek
Zur Rettung Erkrankter und Verletzter bei niedriger Deckenhöhe.
Bei Bedarf Tragehilfe anfordern!
(zusätzliches Personal; ggf. spezielles Fahrzeug/Gerät � Feuerwehr)
Dies erfordert einen erhöhten Personaleinsatz, der trotz der Kosten bei der einsatztaktischen Entscheidungsfindung rechtzeitig zu erwägen ist. Auch mögliche rechtliche Konsequenzen bei
Materialversagen, die bei Überbeanspruchung auftreten können,
oder Sturz von RD-Mitarbeitern, die unter der Last zusammenbre-
Beachte: Rettungsgriffe dienen bestimmungsgemäß der Rettung
von Patienten aus akuten Gefahrensituationen, sind aber im
Krankentransport zu vermeiden (schonendere Alternativen).
Zur Haftung bei Schädigung des Patienten durch Rautek-Rettungsgriff vgl. AZ 1058/91, LG Duisburg, 9. 2.1993.
Der Naseweis Verlag empfiehlt:
© Naseweis Verlag, www.naseweis-verlag.de
5.3 Belastbarkeit von Fahrtragen
Notfallmedikamente
kompakt
2. Auflage
Notfallmedikamente kompakt ist ein praktischer
Helfer für Notärzte, Rettungsassistenten und
Rettungs­sanitäter. Die häufigsten Notfallmedikamente
untergliedern sich nach Therapieziel. Übersichtliche
Registerstanzungen mit selbst erklärenden Piktogrammen ermöglichen den direkten und schnellen
Zugriff auf die gewünschten Informationen.
Jedes Medikament wird mit einer eigenen Übersichtsseite dargestellt, auf der sich sofort die wichtigsten
präklinischen Informationen sowie vorberechnete Dosierungen für Erwachsene und Kinder ablesen lassen.
Die jeweilig gegenüber liegende Seite stellt detaillierte
Informationen zur Verfügung.
flage
Die Neuau
t
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Ende des OLAF POHLMANN
2014
1. Quartals
Notfallmedikamente
kompakt
Im Einsatz schnell und
zielsicher zur richtigen Dosis
NASEWEIS VERLAG
Notfallmedikamente kompakt
ISBN 978-3-939763-12-3
Schnell und
zielsicher
zur richtigen Dosis
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Das durchschnittliche Körpergewicht der Menschen in Deutschland
nimmt zu (derzeit bereits > 50 % der Bevölkerung übergewichtig;
nach Schätzungen wiegen ca. 250 000 Deutsche mehr als 200 kg,
d. h. etwa eine auf ca. 300 Personen).
Daher trifft das RD-Personal zunehmend häufig auf schwere Patienten, bei denen Mensch und Material an ihre Grenzen stoßen.
Jeder RD-Mitarbeiter muss sich der Grenzen seiner Trage und
Transporthilfsmittel bewusst sein. Übersicht der Belastbarkeit
häufig genutzter Tragen (nach Angaben/Produktinformationen der
Hersteller):
Hersteller
Ferno
Produkt
Eigengewicht
max. Tragkraft 1
Fahrgestell x2+
28, 5 kg
180 kg
Krankentrage x2+
21,5 kg
180 kg
Stryker
Fahrgestell Stryker M-1
24,0 kg
228 kg
Krankentrage Stryker M-1
22,8 kg
228 kg
Fahrgestell 2870
28,4 kg
k. A.
Fahrgestell 4002/4003
27,0 kg
k. A.
Krankentrage 3002
18,5 kg
k. A.
Krankentrage 3003
21,5 kg
k. A.
Krankentrage 3006
21,0 kg
k. A.
Krankentrage 950
22,0 kg
k. A.
Fahrgestell 330
23,2 kg
180 kg
Fahrtrage 240 CF
35,0 kg
180 kg
Krankentrage MTR116
21,0 kg
k. A.
Fahrgestell TG860
30,0 kg
190 kg
Fahrtrage TGR400
44,5 kg
190 kg
Stollenwerk
RTS Chapuis
Kartsana
1 A lle Tragen erfüllen laut jeweiligem Hersteller die DIN EN 1865 (darin u. a. enthalten: Belast­
barkeit mind. 150 kg; Prüfung erfolgt mit 250 kg Belastung). Dennoch geben die Hersteller
sicherheitshalber eine Belastungsgrenze deutlich unter 250 kg an. Eine Überschreitung dieser
Grenze verantwortet der Benutzer. Auch Belastbarkeit der Tragenhalterung im RTW/KTW
beachten!
Die DIN EN 1865-3 (2012) definiert eine sog. Schwerlastkrankentrage mit einer Belastbarkeit von mind. 250 kg (Prüfung mit 400
kg) und einer Verbreiterungsmöglichkeit auf mind. 75 cm. Manche
Hersteller bieten bereits hoch belastbare Tragen an, die aber nicht
(alle) nach DIN 1865-3 zertifiziert sind (z. B. Stryker Power-Pro™ XT,
belastbar bis 318 kg; Ferno Schwerlast-Krankentrage belastbar bis
350 kg; Kartsana powerBRAVA, belastbar bis 300 kg). In manchen
RD-Bereichen werden Spezialfahrzeuge wie Betten­transportwagen
(BTW) vorgehalten. Bei Notfalltransporten geeignete Zielklinik auswählen und vorinformieren, da häufig weder Betten noch OP-Tische
oder geeignete Diagnosemöglichkeiten (z. B. CT) für Pat. > 175 – 200
kg vorhanden sind.
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6.0 Notfallmedikamente
6.1 Grundlagen
Applikation und Resorption
In der Notfallmedizin wird am häufigsten der Zugang über das venöse System gewählt. Andere Applikationswege sind meist auf spezielle
Situationen beschränkt und gelten in vielen anderen Fällen wiederum als kontraindiziert.
ENTERAL
(über den Magen-Darm-Kanal, i. d. R. in den Pfortaderkreislauf; Leber!)
• per os [p. o.] („oral“)über den Mund (z. B. Medizinische Kohle, ASS)
PARENTERAL
(unter Umgehung des Magen-Darm-Kanals bzw. des Pfortaderkreislaufes)
a) resorptionsunabhängig
• intravenös [i. v.]in die Vene, i. d. R. periphervenös;
bei Neugeborenen auch in die Nabelvene mgl.
• intraossär [i. o.]in das rote Knochenmark (wenn periphervenöser Zugang bei vitaler Indikation nicht schnell genug mgl.)
b) resorptionsabhängig
• endobronchial [e. b.]in das Bronchialgewebe (z. B. Salbutamol bei Asthma)
• intramuskulär [i. m.]in den Muskel (z. B. Ketamin, bei schweren Verbrennungen, Adrenalin bei Anaphylaxie), sonst in der Notfallmedizin obsolet!
• subcutan [s. c.]
in das Unterhautgewebe (z. B. Terbutalin)
• sublingual [s. l.]auf die Unterzungenschleimhaut (z. B. Glyceroltrinitrat)
• rektalauf die Enddarmschleimhaut (bei Kindern)
(z. B. Diazepam, Paracetamol, Prednison)
• (intra-)nasal [i. n.] auf die Nasenschleimhaut (s. S. 671)
Sicherheitsregeln für die Vorbereitung von Medikamenten
1.Kontrolle beim Bereitlegen!
2.Kontrolle vor dem Aufziehen!
3.Kontrolle vor der Verabreichung!
Dabei werden überprüft (soweit für die jeweilige Substanz relevant):
• Verpackung unbeschädigt?
• Haltbarkeitsdatum?
•Lösung klar, unverfärbt u. frei von Ausflockungen?
•Richtiges Medikament? (Namensähnlichkeiten! Etikettlesbarkeit!)
• Richtiger Patient? (Indikationen und Kontraindikationen!)
• Richtige Dosierung? (Körpergewicht!)
•Richtige Konzentration und Menge? (Ampulleninhalt und Maßeinheit!)
• Richtige Vorbereitung? (Lösung und Mischung!)
6.2 Übersicht Notfallmedikamente nach Wirkstoff­gruppen
In der folgenden Übersicht finden Sie häufig im Rettungsdienst bevorratete Notfallmedikamente (Wirkstoffe) nach Wirkstoffgruppen geordnet. Auf notarztbesetzten Rettungsmitteln sollte i. d. R. zumindest ein Präparat aus den Wirkstoffhauptgruppen vorgehalten werden. Bei
speziellen Gruppen wie Antidota (Gegengifte) hängt die Notwendigkeit der Bevorratung von weiteren Faktoren ab (z. B. regionale Gefahrenschwerpunkte, Bevorratung in den nächstliegenden erreichbaren Kliniken). Jeder Notarzt sollte sich genauer mit diesen Medikamenten
auskennen.
Die Seitenverweise in diesem Abschnitt beziehen sich auf ausführlichere Beschreibungen im Taschenatlas Rettungsdienst, 10. Auflage
(ISBN 978-3-939763-10-9).
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6.2.1
Analgetika (Schmerz stillende Mittel)
(rW = Relative Wirkung bezogen auf Morphin)
6.2.1.1
Opiatagonisten (Opiate/Opioide)
Alfentanil....................................................(BtM)......rW 30 x����������������������������������������������������� Kurze Erwähnung auf S. 554
Fentanyl.................................................... (BtM)......rW 100 x����������������������������������������������������������������������������������������� 603
Morphin..................................................... (BtM)......rW 1 x��������������������������������������������������������������������������������������������� 631
Pethidin..................................................... (BtM)......rW 0,1 x������������������������������������������������������������������������������������������ 638
Piritramid.................................................. (BtM)......rW 0,7 x������������������������������������������������������������������������������������������ 641
Sufentanil.................................................. (BtM)......rW 800 x��������������������������������������������������� Kurze Erwähnung auf S. 567
Tramadol.......................................... (kein BtM!)......rW 0,1 x���������������������������������������������������� Kurze Erwähnung auf S. 568
6.2.1.2
Partielle Opiatagonisten
Buprenorphin............................................ (BtM)......rW 25 – 50 x���������������������������������������������� Kurze Erwähnung auf S. 555
6.2.1.3
Gemischte Opiatagonisten/-antagonisten
Nalbuphin...................................................(BtM)......rW 0,5 – 0,7 x�������������������������������������������� Kurze Erwähnung auf S. 562
6.2.1.4
Sonstige
Ketamin/Esketamin (jeweils niedrig dosiert)���������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 617 f.
6.2.1.5
Lokalanästhetika
Wenn auch selten, kommt in der Notfallmedizin letztlich nur die Infiltrations- bzw. Oberflächenanästhesie in Betracht, da die
übrigen Regionalanästhesieverfahren trotz ihrer Vorteile in der Regel zu zeitaufwendig sind, zusätzliche Risiken aufwerfen
und klinische Bedingungen (Asepsis, Lagerung) voraussetzen.
Lidocain (beachte: unterschiedlich zugelassene Präparate für Lokalanästhesie und
als Antiarrhythmikum) �������������������������������������������������������������������������������������������������������� Kurze Erwähnung auf S. 561
Mepivacain ������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� Kurze Erwähnung auf S. 561
Oxybuprocain (Auge������������������������������������������������������������������������������������������������������������������ Kurze Erwähnung auf S. 564
6.2.1.6Antipyretische Analgetika (Fieber senkende und Schmerz stillende Mittel)
Acetylsalicylsäure (ASS) �������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 572 f.
Metamizol ���������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 627
Paracetamol (PCM) �������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 637
6.2.1.7
Spasmolytika
Butylscopolaminiumbromid (peripher wirksames Parasympatholytikum������������������������������������������������������������������������ 586
Glyceroltrinitrat (bestimmte Präparate können bei Koliken eingesetzt werden)������������������������������������������������������������� 608 f.
6.2.2Hypnotika/Narkotika (Schlafmittel/Mittel zur Narkoseeinleitung)
6.2.2.1
Barbiturate
Thiopental����������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 656
6.2.2.2
Andere Hypnotika
Etomidat�������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 601
Midazolam (hoch dosiert) ���������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 630
Propofol�������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 643
6.2.2.3Narkoanalgetikum (bewirkt dissoziative Anästhesie und Analgesie)
Ketamin/Esketamin (jeweils hoch dosiert)������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 617 f.
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6.2.3Muskelrelaxanzien (Medikamente zur Muskellähmung)
6.2.3.1
depolarisierend
Suxamethoniumchlorid (Succinylcholin)������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 651
6.2.3.2
nicht depolarisierend
Rocuronium�������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 646
Vecuroniumbromid��������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 659
6.2.4Sedativa und Tranquilizer (Beruhigungsmittel, vgl. S. 86)
6.2.4.1
Benzodiazepine
Clonazepam�������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 590
Diazepam��������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 592 f.
Lorazepam���������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 624
Midazolam���������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 630
6.2.4.2
Andere
Chloralhydrat���������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� Kurze Erwähnung auf S. 556
Promethazin�������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 642
Propofol��������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 643
6.2.5Antikonvulsiva (Mittel bei hirnbedingten Krampfanfällen)
6.2.5.1
Benzodiazepine (s. a. S. 135, 271 und 449)
Clonazepam�������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 590
Diazepam��������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 592 f.
Lorazepam���������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 624
Midazolam���������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 630
6.2.5.2
Andere
Chloralhydrat���������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� Kurze Erwähnung auf S. 556
Phenytoin������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������ 639
(Valproinsäure)
(Levetiracetam)
6.2.6Hypnotika (als letztes Mittel zur Krampfdurchbrechung mittels Narkose)
Propofol������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 643
Thiopental���������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 656
6.2.7Neuroleptika (hypnotikafreie Sedativa mit antipsychotischer Wirkung)
Haloperidol�������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 610
Promethazin������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������ 642
6.2.8Antiemetika (Mittel gegen Übelkeit/Erbrechen)
Dimenhydrinat (Antihistaminikum, das als Antiemetikum verwendet wird)��������������������������������������������������������������������������������������� 596
Haloperidol (Neuroleptikum, das in niedriger Dosierung als Antiemetikum verwendet werden kann, aber nur als letztes Mittel,
wenn andere Mittel versagt haben)�������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 610
Metoclopramid (Neuroleptikum, das als Antiemetikum verwendet wird)������������������������������������������������������������������������������������������� 628
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6.2.9Antihistaminika (Mittel gegen allergische/pseudoallergische Reaktionen, die mit einer Histaminfreisetzung einhergehen)
6.2.9.1
H1-Blocker
Dimenhydrinat (Verwendung als Antiemetikum��������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 596
Clemastin������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������ 589
Dimetinden���������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 597
6.2.9.2
H2-Blocker
Cimetidin������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 588
Ranitidin�������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 644
6.2.10 (Gluko-) Kortikoide s. S. 620 ff.
Beclometason�����������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������
Dexamethason����������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������
Kortisol����������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������
Methylprednisolon����������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������
Prednisolon���������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������
Prednison������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������
Triamcinolon�������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������
6.2.11 Sympathomimetika (Erläuterungen siehe Sympathikus/Parasympathikus im Abschnitt 6.3)
6.2.11.1 Katecholamine
Adrenalin���������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 575 f.
Dobutamin���������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 598
(Dopamin�������������������������������������������� in der Notfallmedizin praktisch nicht mehr verwendet – kurze Bemerkung auf S. 557)
Noradrenalin������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 635
6.2.11.2 β2-Mimetika
Fenoterol inhalativ������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������ 581 ff.
Fenoterol i. v. (zur Tokolyse = Wehenhemmung)��������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 602
Orciprenalin�����������������������������������������������������������������������������������������������������������������Kurze Erwähnung auf S. 564 und 582
Reproterol������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 581 ff.
Salbutamol������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������ 581 ff.
Terbutalin�������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 581 ff.
6.2.11.3 Sonstige
Theodrenalin/Cafedrin���������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 587
6.2.12 β-Sympatholytika (β-Blocker = Betablocker) (Erläuterungen siehe Sympathikus/Parasympathikus im Abschnitt 6.3)
Esmolol���������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 599
Metoprolol����������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 629
6.2.13 Parasympathomimetika
(Erläuterungen siehe Sympathikus/Parasympathikus im Abschnitt 6.3)
Pilocarpin (lokale Anwendung als Augentropfen)���������������������������������������������������������������������������������������� Kurze Erwähnung auf S. 565
Physostigmin����������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 640
6.2.14 Parasympatholytika
(Erläuterungen siehe Sympathikus/Parasympathikus im Abschnitt 6.3)
Atropin��������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 580
Ipratropiumbromid�������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 616
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6.2.15 Antihypertonika (Blutdruck senkende Mittel)
Betablocker.�������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� s. Abschnitt 6.2.12
Clonidin���������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������Kurze Beschreibung auf S. 556
Dihydralazin������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������ 595
Glyceroltrinitrat���������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 608 f.
Nifedipin�������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������Kurze Beschreibung auf S. 563
Nitrendipin��������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 634
Urapidil�������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 658
6.2.16 Antiarrhythmika (Mittel gegen Herzrhythmusstörungen)
6.2.16.1 Klasse I = Natriumkanalblocker
I A Verlängerung des Aktionspotentials
Ajmalin���������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 577
I B Verkürzung des Aktionspotentials
Lidocain������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������ Kurze Erwähnung auf S. 561
Phenytoin������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������ 639
I C Keine signifikante Wirkung auf die Aktionspotentialdauer
Propafenon������������������������������������������������������������������������������������������������������������������Im Rettungsdienst kaum gebräuchlich
6.2.16.2Klasse II = Betablocker;
siehe unter Punkt 6.2.12 (Sympatholytika)
6.2.16.3Klasse III = Kaliumkanalblocker; � Verlängerung der Repolarisation
Amiodaron���������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 579
6.2.16.4 Klasse IV = Kalziumantagonisten
Verapamil������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������ 660
6.2.16.5 Sonstige
Adenosin������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 574
Digoxin���������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 594
6.2.17Thrombozytenaggregationshemmer
(Mittel zur Hemmung der Blutgerinnselbildung durch Störung der Funktion der Blutplättchen)
Acetylsalicylsäure (ASS���������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 572 f.
Clopidogrel�������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 591
Prasugrel������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������Kurze Beschreibung auf S. 565
Ticagrelor�����������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������Kurze Beschreibung auf S. 567
6.2.18 Antikoagulanzien (Mittel zur Hemmung der Blutgerinnung)
Bivalirudin����������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������Kurze Beschreibung auf S. 555
Enoxaparin���������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������Kurze Beschreibung auf S. 558
Fondaparinux�����������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������Kurze Beschreibung auf S. 558
Heparin (unfraktioniert)��������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 611
6.2.19 Thrombolytika/Fibrinolytika (Mittel zum Auflösen von Blutgerinnseln)
Alteplase..... ������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 578
Reteplase����������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 645
Tenecteplase����������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 652
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6.2.20 Antifibrinolytikum (Mittel zur Hemmung der Auflösung von Blutgerinnseln)
Tranexamsäure�������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 657
6.2.21 Infusionen
6.2.21.1 Kristalloide Infusionslösungen
Vollelektrolytlösung (VEL)����������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 661
6.2.21.2 Kolloidale Infusionslösungen (Volumenersatz)
Hydroxyethylstärke (HES)�������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 613 f.
Gelatine�������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������Kurze Bemerkung auf S. 559
6.2.21.3Hyperosmolare Infusionslösungen (Small-Volume-Resuscitation)
NaCl 7,2 % + Hydroxyethylstärke (HES)������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 662
6.2.22 Antidota (Gegenmittel bei Vergiftungen; vgl. Tabelle auf S. 464 ff.)
6.2.22.1 Universalmittel zur Giftbindung
Kohle, medizinische�������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 619
6.2.22.2Emetikum (Mittel zum Auslösen von Erbrechen, um Gift aus dem Körper zu entfernen)
Ipecacuanha-Sirup��������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 615
6.2.22.3Andere Mittel zur Giftentfernung (z. B. Abwaschen/Abspülen)
Augenspüllösungen��������������������������������������������������������������������������������������������������� Kurze Bemerkungen auf S. 523 u. 562
Paraffinöl (nur ausnahmsweise)��������������������������������������������������������������������������������������������� Kurze Bemerkungen auf S. 564
Macrogol (PEG 400)��������������������������������������������������������������������������������������������������������������� Kurze Bemerkungen auf S. 565
6.2.22.4Mittel zur beschleunigten Ausscheidung über Urin oder Stuhl
Furosemid����������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 605
Verschiedene Abführmittel (Einsatz i. d. R. erst in der Klinik, z. B. in Kombination mit Kohle), z. B. Glaubersalz, Mannitol
6.2.22.5Gegenspieler des Giftstoffes/Aufhebung der Giftwirkung
Atropin � z. B. bei Organophosphatvergiftung������������������������������������������������������������������������������������������������������������������ 580
Naloxon � z. B. bei Vergiftung mit Opiaten/Opioiden�������������������������������������������������������������������������������������������������������� 632
Physostigmin � z. B. bei Atropinvergiftung���������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 640
Flumazenil � z. B. bei Benzodiazepin-Vergiftung (zurückhaltender Einsatz!!)�������������������������������������������������������������������� 604
Simeticon � z. B. bei Spülmittelvergiftung����������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 650
Sauerstoff � z. B. bei Kohlenmonoxidvergiftung����������������������������������������������������������������������������������������������������������� 647 ff.
6.2.22.6Andere Hemmung der Giftwirkung
Acetylcystein (hoch dosiert i. v.) � z. B. bei Paracetamol-Vergiftung�������������������������������������������������������������������������������� 571
Beclomethason � z. B. bei Reizgasinhalation mit Gefahr eines toxischen Lungenödems (umstritten)��������������������������� 620 ff.
Biperiden � z. B. bei Nikotinvergiftung, Überdosierung/Nebenwirkungen von Neuroleptika���������������������������������������������� 585
Calciumgluconat � z. B. bei Flußsäure-Verätzung, Vergiftung mit Kalziumantagonisten und bei Hyperkaliämie��������������� 464
Diazepam � z. B. bei Resochin-Vergiftung�������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 592 f.
4-DMAP (4-Dimethylaminophenol) � z. B. bei Zyanidvergiftung�����������������������������������������������Kurze Beschreibung auf S. 557
Dimercaptopropansulfonsäure (DMPS) � z. B. bei Schwermetallvergiftung���������������������������Kurze Beschreibung auf S. 557
Ethanol � z. B. bei Methanolvergiftung����������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 600
Fomepizol � z. B. bei Methanolvergiftung�������������������������������������������������������������������������������Kurze Beschreibung auf S. 465
Glukagon � z. B. bei Betablockervergiftung��������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 606
Hydroxocobalamin � z. B. bei Zyanidvergiftung�������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 612
Natriumhydrogencarbonat � z. B. bei Vergiftung mit Klasse-I-Antiarrhythmika��������������������������������������������������������������� 633
Natriumthiosulfat � z. B. bei Zyanidvergiftung�����������������������������������������������������������������������Kurze Beschreibung auf S. 562
Obidoximchlorid � z. B. bei Organophosphatvergiftung����������������������������������������������������������Kurze Beschreibung auf S. 563
Toloniumchlorid � z. B. Methämoglobinämie nach verschiedenen Vergiftungen���������������������Kurze Beschreibung auf S. 568
20
© Naseweis Verlag, www.naseweis-verlag.de
6.2.23 Sonstige Notfallmedikamente
21
Acetazolamid (z. B. bei Glaukomanfall)��������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 570
Chlorethan (zur lokalen Kühlung)������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������ 556
Furosemid (z. B. bei kardiogenem Lungenödem)������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 605
Glucose 40 % (z. B. bei Hypoglykämie)���������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 607
Glukagon (z. B. bei Hypoglykämie)���������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 606
Magnesiumsulfat (z. B. bei Torsade de pointes oder Eklampsie)������������������������������������������������������������������������������������������������������� 625
Mannitol (z. B. bei akutem Hirndruckanstieg)������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������ 626
Natriumhydrogencarbonat (z. B. bei Hyperkaliämie)������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������ 633
Notfallantibiotika (z. B. Ceftriaxon)����������������������������������������������������������������������������������������������������������������Erwähnung z. B. auf S. 273
Oxymetazolin oder Xylometazolin (z. B. geschwollene Nasenschleimhaut bei Säuglingen)�����������Kurze Erwähnung auf S. 564 und 569
Oxytocin (z. B. bei Uterusatonie nach Geburt)������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������ 636
Pilocarpin (Augentropfen z. B. bei Glaukomanfall)���������������������������������������������������������������������������������������Kurze Bemerkung auf S. 565
Terlipressin (z. B. bei Ösophagusvarizinblutung)������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 653
Theophyllin (z. B. bei Asthmaanfall)�������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 654
Thiamin (z. B. bei Hypoglykämie mit V. a. Thiaminmangel)����������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 655
6.3 Sympathikus/Parasympathikus
Ein wichtiger Teil unseres Nervensystems ist das vegetative oder
autonome Nervensystem. Es dient der weitgehend unwillkür­
lichen Aufrechterhaltung unseres inneren Milieus. Im wesentlichen steuern die zum vegetativen Nervensystem gehörenden
Nerven glatte Muskulatur an, deren Kontraktion – je nach Lokalisation – Drüsensekretion, Gefäßengstellung (Vasokonstriktion)
oder Kontraktion von Hohlorganen bewirkt. Ferner wird das Herz
von vegetativen Nervenfasern erreicht, die für den Herzschlag an
sich nicht notwendig sind, aber verschiedene Modulationen bewirken können. Das vegetative Nervensystem kann in zwei meist gegensätzlich arbeitende Systeme aufgeteilt werden; Schaltschema:
Sympathikus
1
präganglionär
2
Parasympathikus
Zentrales
Nervensystem
1
präganglionär
Überträgerstoff: Acetylcholin
Rezeptorbezeichnung: nikotinartig
Überträger: Noradrenalin
Rezeptorbez.: α/β
Zielorgan
Pharmakologische Wirkungen
Sympathikus
Parasympathikus
Rezeptoren
α1-, α2-, β1- und β2-Rezeptoren
Nikotinische/muskarinische Rezep­toren
Überträger­
stoffe
präganglionär Acetylcholin, postganglionär Noradrenalin (außer Schweißdrüsen,
einige Muskelgefäße)
prä- und postganglionär: Acetylcholin
Auge
Pupillenerweiterung [α1] (Mydriasis)
Pupillenverengung (Miosis),
Tränendrüsensekretion �
—
Speicheldrüsensekretion �
(i. A. adrenerg)
Drüsen
Herz
Überträgerstoff: Acetylcholin
Rezeptorbezeichnung: nikotinartig
postganglionär
durch unterschiedliche Botenstoffe (Neurotransmitter) an entsprechenden Rezeptoren bewerkstelligt. Die Wirkung, die ein Überträgerstoff, erzielt ist davon abhängig, an welchen Rezeptoren der
Überträgerstoff wirkt, ob er hemmend (blockierend) oder erregend
(aktivierend) wirkt und wohin die betroffene Nervenfaser zieht.
Die natürlichen Überträgerstoffe sind im Schaubild genannt. Die
Wirkungen der in der Notfallmedizin wichtigen (weil durch Gifte/
Medikamente beeinfluss­baren) Rezeptoren sind in der Tabelle auf
der folgenden Seite genannt.
2
postganglionär
Überträgerstoff: Acetylcholin
Rezeptorbezeichnung: muskarinartig
Gefäße
Zielorgan
Schema nach: Jänig in Schmidt/Thews (Hg.): Physiologie des Menschen, 27. Aufl., Springer
Die efferenten Nervenbahnen beider Teile setzen sich stets aus
zwei hintereinandergeschalteten Nervenzellen zusammen. Die jeweils erste Nervenzelle (präganglionär) beginnt im ZNS (Sympathikus: Brust- und Lendenmark/Parasympathikus: Hirnstamm und
Sakralmark). Die ersten Nervenzellen des Sympathikus schalten
wirbelsäulennah (im sog. Grenzstrang oder in anderen Ganglien)
auf die zweiten Nervenzellen um, die zum Zielorgan ziehen. Der
Parasympathikus schaltet nahe dem Zielorgan um. An den Umschaltstellen zwischen den Nervenzellen und von den zweiten
Nervenzellen zum Zielorgan (Synapsen) wird die Reizweiterleitung
Bronchien
Magen-DarmTrakt
Uterus
(cholinerg)
Schweißdrüsensekretion �
—
Herzfrequenz � [β1]
(positiv chronotrop)
Herzfrequenz (Sinusknoten) �
(negativ chronotrop)
Herzkraft � [β1] (positiv inotrop)
—
AV-Überleitungsgeschwindigkeit � [β1]
(positiv dromotrop)
AV-Überleitungsgeschwindigkeit �
(negativ dromotrop)
Erregbarkeit des Herzmuskels � [β1]
(positiv bathmotrop)
—
Arterien und Venen (gesamt):
Gefäßverengung [α1]
(Vasokonstriktion)
—
Arterien (Skelettmuskulatur/Haut): Gefäßerweiterung [β2] (Vasodilatation)
—
Erweiterung [β2] (Bronchodilatation)
Verengung (Bronchokonstriktion)
—
Schleimsekretion �
Muskulatur: Erschlaffung [α2, β2]
Muskulatur: Aktivierung
Schließmuskel (Anus): Kontraktion [α1]
Schließmuskel (Anus): Erschlaffung
—
Sekretion �
Uteruskontraktion [α1]
—
Uteruserschlaffung [β2]
—
Zur Wirkung auf den Stoffwechsel s. S. 258 (Insulinwirkung usw.).
Zur Wirkung auf das Herz s. S.154
Eine Substanz, welche die Wirkung von Sympathikus bzw. Parasympathikus nachahmt, wird als Sympathomimetikum bzw. Parasympathomimetikum bezeichnet. Eine Substanz, welche die Wirkung von Sympathikus bzw. Parasympathikus aufhebt, wird als Sympatholytikum bzw. Parasympatholytikum bezeichnet.