Fragen Antworten - Kantonsspital Baden

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Fragen Antworten - Kantonsspital Baden
Fragen
aus der Praxis
Antworten
für die Praxis
2. Auflage
Fragen und Antworten
zur Antikoagulation
Liebe Kolleginnen und Kollegen
Die 1. Auflage von «Praktische Fragen – Praktische Antworten» erfreute sich
grosser Beliebtheit. Sie war innert kürzester Zeit vergriffen, und wir haben viele
Anregungen aus dem Leserkreis erhalten. Die «state of the art» der Anti­koagu­
lation entwickelt sich ausserordentlich schnell weiter.
Neue Produkte (Rivaroxaban, Dabigatran etc.), neue Indikationen (Fonda­parinux),
neue Studien und neue Guidelines sind in möglichst konziser Form zu integrieren.
Wir haben dies in der vorliegenden, vollständig überarbeiteten und ergänz­ten
Version versucht. Auf konsequente Kürze, gepaart mit weiterführender und
aktualisierter Literatur für Interessierte wurde weiterhin geachtet.
Wir danken unzähligen Kolleginnen und Kollegen für die konstruktiven Fragen
und Ergänzungen, der Firma GSK/ Frau Dr. Rhême für die gross­zügige Unter­­
stützung im Rahmen eines «unrestricted educational grant».
Prof. Jürg H. Beer
Chefarzt Dept. Innere Medizin
Kantonsspital Baden
Dr. med. Béatrice Gay
PD Dr. med. Marc Righini
Leitende Ärztin Onkologie
Universitätspital Lausanne
Leitender Arzt Angiologie
Universitätspital Genf
Zweite Auflage: Baden, Mai 2010
Adresse für Korrespondenz:
Prof. J. H. Beer, Chefarzt
Department Innere Medizin
Kantonsspital Baden
Phone: 056 486 25 02
Fax: 056 486 25 09
E-mail: [email protected]
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Inhaltsverzeichnis
Epidemiologie
1. Wie hoch ist die Inzidenz einer venösen Thromboembolie (VTE)?
2. Wie gross ist das Rezidiv-Risiko einer VTE nach Absetzen
der oralen Antikoagulation (OAK) (nach 3 Monaten Therapie)?
3. Welche Risikofaktoren erhöhen die Mortalität nach einem TE-Ereignis?
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21. Diagnostik einer Rezidiv-TVT
22. Was sind mögliche Komplikationen einer TVT?
23. Welche Medikamente erhöhen die Thromboseneigung?
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Allgemeines zur Therapie der TVT und LE
Blutungsrisiko
4. Was ist eine schwere Blutung? Eine klinisch relevante Blutung?
5. Blutungsrisiko unter der oralen Antikoagulation?
6. Wie hoch ist das Blutungsrisiko in den ersten drei Monaten nach
dem Start der oralen Antikoagulation? Gibt es ein «Blutungsrisikoscore»?
7. Wie hoch ist das Risiko einer schweren Blutung unter kombinierter
Therapie mit OAK und Thrombozytenhemmern?
8. Gibt es ein Zusammenhang zwischen schwerer Blutung und Mortalität?
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Andere Risikofaktoren und Diagnostik
9. Reisethrombose – Häufigkeit und Empfehlungen?
10. VTE beim Tumorpatienten
11. Welche VTE-Risikofaktoren gibt es bei Patienten mit Malignom?
12. Sollen Patienten mit Malignom eine VTE-Prophylaxe erhalten?
13.Was ist die optimale Antikoagulations-Therapie
für Malignompatienten mit nachgewiesener TVT?
14. Wie ist das Verhältnis von proximalen zu distalen Venenthrombosen?
15. Warum ist die Diagnose einer proximalen TVT besonders wichtig?
16. Was sind die klinischen Zeichen einer TVT?
17. Was sind wichtige Differentialdiagnosen einer TVT?
18.Wie errechnet sich eine klinische Prä-Test-Wahrscheinlichkeit
in der TVT-Diagnostik (vor D-Dimer und Ultraschall)?
19. Welche VTE-Risikofaktoren gibt es?
20. Diagnostik der TVT?
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24. Welches sind die Ziele der Antikoagulation bei TVT?
25. Initiale Therapie der TVT?
26. Therapie der oberflächlichen Venenthrombosen?
27.Kontraindikationen für die Antikoagulation
in therapeutischer Dosierung mit Heparin und Kumarinen?
28.Was unterscheidet Patienten mit einer TVT der unteren
versus der oberen Extremität?
29. Bei welchen Patienten kann man eine TVT ambulant behandeln?
30. Welches sind die klinischen Zeichen einer Lungenembolie?
31. Was sind wichtige Differentialdiagnosen einer Lungenembolie?
32. Diagnostischer Algorithmus einer LE
33.Wann kann erwogen werden, eine Lungenembolie
ambulant zu behandeln?
34. Indikationen zur Thrombolyse?
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Therapie mit Heparin, NMH oder Fondaparinux
sowie neue Antikoagulanzien
35.Soll man eine TVT eher mit unfraktioniertem Heparin (UFH),
mit niedermolekularem Heparin (NMH) oder Fondaparinux behandeln?
36.Wirkungsweise des unfraktionierten Heparin (UFH)
und praktische Hinweise?
37. Wirkungsweise des NMH und praktische Hinweise?
38. Wirkungsweise von Fondaparinux und praktische Hinweise?
39.Welche Dosierungen des NMH/Fondaparinux werden
prophylaktisch und therapeutisch empfohlen?
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Inhaltsverzeichnis
40.Gibt es einen Direktvergleich zwischen den verschiedenen
NMH in der Prophylaxe?
41. Was sind die Nebenwirkungen der Heparine?
42. Kutane Reaktion nach niedermolekularer Heparin (NMH) Therapie?
43.Wieso muss bei einer VTE initial die OAK überlappend
mit UFH bzw. NMH/Fondaparinux durchgeführt werden?
44.Sollen Heparinpräparate eher in den Bauch oder in den
Oberschenkel appliziert werden?
45. Welche neuen Antikoagulantien gibt es? Stand September 2009
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Therapie mit oralen Antikoagulanzien
46. Wie lange sollte die orale Antikoagulation (OAK) durchgeführt werden?
47. Welches ist der Ziel-INR-Wert?
48.Wirkmechanismus der Kumarine?
49.Nebenwirkungen der Kumarine?
50.Wie soll eine orale Antikoagulation mit Phenprocoumon (Tabl. à 3 mg),
resp. mit Acenocoumarol (Tabl. à 1 bzw. 4 mg) begonnen werden?
51.OAK bei bakterieller Endokarditis und abakterieller,
marantischer (thrombotischer) Endokarditis
52.Interaktionen mit Kumarinen: Medikamente und Diät.
Worauf sollte geachtet werden?
53.Wie gross ist das Risiko von schweren Blutungen während gleichzeitiger
Antibiotika- und Kumarintherapie?
54. Wie häufig soll eine INR-Wert Bestimmung mindestens erfolgen?
55.Bei welchen Zusatzerkrankungen sollte die INR-Wert-Bestimmung
häufiger vorgenommen werden?
56.Wie kann eine stark schwankende INR-Einstellung bei sehr geringem
Bedarf von Vitamin-K-Antagonisten verbessert werden?
57.Wie ist bei einer supratherapeutischen oralen
Antikoagulation vorzugehen?
58.Woran ist beim antikoagulierten Patienten mit Rücken-,
Kopfschmerzen oder Sehstörungen zu denken?
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Perinterventionelles Management der Antikoagulation
59. Perinterventionelles Management der OAK/Bridging-Procedere
60. Zahnärztliche Eingriffe beim antikoagulierten Patienten
61. Risikoabwägungen bei der Aufhebung der OAK
62.Wie ist das Thromboembolierisiko bei kurzfristiger
Unterbrechung der Antikoagulationstherapie?
63. Prozedere bei Vitamin K Gabe zur Aufhebung der Antikoagulation?
64.Konkretes Vorgehen bei oral antikoagulierten
Patienten mit Standard VTE-Risiko (INR-Wert: 2.0–3.0)
65.Vorgehen bei oral antikoagulierten Patienten
mit hohem VTE-Risiko (INR-Wert: 2.5–3.5)
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Therapie in Spezialfällen
66.Wann kommt ein Vena cava-Filter in Betracht?
67.Wie behandelt man eine TVT in der Schwangerschaft?
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Thrombophilieabklärung
68.Wie hoch ist das Risiko der ersten VTE während der Schwangerschaft
und im Wochenbett bei Patienten mit thrombophilen Risikofaktoren?
69. Wie hoch ist das Risiko einer TVT bei Patienten mit Risikofaktoren?
70.Empfehlungen für die Thrombophilieabklärung
71.Zu welchem Zeitpunkt ist die Thrombophilieabklärung indiziert?
72.Welche Tests sollte ein Thrombophilieabklärung einschliessen?
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Heparin-induzierte Thrombozytopenie
73.Heparin-induzierte Thrombozytopenie (HIT) –
Wann zu vermuten? (vgl. 4 T, in Frage 74)
74.Wie wird eine HIT diagnostiziert?
75.Wie wird eine Therapie der HIT durchgeführt?
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Inhaltsverzeichnis
Nützliche Informationen
Antikoagulation im Alter
76.VTE im Alter?
77.Welche Risikofaktoren führen zu einem erhöhten
Blutungsrisiko während der Antikoagulation im Alter?
78.Relative Kontraindikationen für die Antikoagulation im Alter?
79.Spezielle Hinweise zur Antikoagulation beim älteren Menschen?
Websites
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112
113
114
•w ww.dvt.org: A center of outcome research mit Links
auf andere Seiten und Verweisen auf Publikationen
•w ww.inate.org: für Ärzte und Patienten
•w ww.uptodate.com
•w ww.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed
•w ww.thrombosisjournal.com
Literatur-Übersicht
Chest-Übersicht 2008, 8th ed. ACCP Guidelines, 133, Suppl 6: 141-886.
Bombeli Th: Management von Thrombosen und Blutungen, ein klinisches
Vademecum. Verlag Hans Huber 2002, 1. Auflage
Erklärungen zu den Empfehlungen
Grad 1:
Experten empfehlen diese Behandlung aufgrund einer positiven Nutzen/Risiko
(Kosten)-Abwägung oder lehnen diese Behandlung aufgrund einer negativen
Nutzen/Risiko (Kosten)-Abwägung ab.
Grad 2:
Nutzen/Risiko halten sich ungefähr die Waage.
A:randomisierte Studien mit konsistenten Ergebnissen liegen vor
B:randomisierte Studien mit konsistenten Ergebnissen mit wesentlichen Ein­
schränkungen oder sehr suggestive Ergebnisse aus Beobachtungsstudien.
C:Nachweis über mindestens ein kritisches Ereignis aus Beobachtungsstudien,
Fallserien oder randomisierten Studien mit Bias
Beispiel: Grad 1A ist laut Experten die Behandlungsoption der Wahl.
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1. Wie hoch ist die Inzidenz
einer venösen Thromboembolie (VTE)?
Generell gilt:
3 Verdachtsfälle pro 1’000 Einwohner pro Jahr, ein Fall pro 1‘000 Einwohner pro
Jahr nachgewiesen.
Inzidenz altersabhängig: Im Kindesalter sehr selten, mit zunehmendem Lebens­­alter
stark steigend (0.01 % bis 18-jährig, 0.1 % bis 60-jährig, 1 % bei > 60-jährig).
1200
Male
Female
800
Gründe:
Hospitalisation: ca. die Hälfte der Patienten war 1 bis 3 Monate vor der VTE
hospitalisiert.
Prophylaxe: In einer internationalen Studie erhielten weniger als die Hälfte
der hospitalisierten Patienten eine VTE-Prophylaxe. In der Schweiz sind die
Zahlen höher (medizi­nische Patienten noch weniger als chirurgische), besonders
nach schweren orthopädischen Eingriffen oder Abdominalchirurgie bei Krebserkrankungen. Die VTE-Inzidenz in der ambu­lanten Phase steigt an, wenn
Patienten während der Hospitalisation keine Prophylaxe erhalten.
Massnahmen:
Im Spital eventuell Frage umkehren: welcher Patient braucht KEINE VTEProphylaxe.
600
400
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0
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35-39
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55-59
65-69
75-79
>85
Age Group, y
Silverstein et al., 2007
Annual Incidence per 100 000
1000
Ca. 75 % aller VTE treten bei ambulanten Patienten auf.
Ambulant: viele Patienten profitieren von einer verlängerten VTE-Prophy­laxe
nach der Spitalentlassung, besonders nach schweren orthopädischen Eingriffen
oder Abdominalchirurgie bei Krebserkrankungen.
• B ates SM, Ginsberg JS: Clinical pratice. Treatment of deep-vein thrombosis. N Engl J Med 2004; 351: 268-77.
• Van Ommen CH, Peters M: Venous Thromboembolic Disease in Childhood.
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• Heit J: The epidemiology of venous thromboembolism in the community.
Arterioscler Thromb Vasc Biol 2008; 28: 370-2.
• Silverstein RL, Bauer KA, Cushman M, Esmon CT, Ershler WB, Tracy RP: Venous thrombosis in the elderly:
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• Goldhaber SZ: Editorial: Outpatient venous thromboembolism.
Arch Intern Med 2007; 167: 1451-2.
• Spencer FA, Lessard D, Emery C, Reed G, Goldberg RJ: venous thromboembolism in the outpatient setting.
Arch Intern Med 2007; 167: 1471-5.
• Cohen AT, Tapson VF, Bergmann JF, Goldhaber SZ, Kakkar AK, Deslandes B, Huang W, Zayaruzny M, Emery
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thromboembolism: American College of Chest Physicians Evidence-Based Clinical Practice Guidelines
(8th Edition). Chest 2008; 133 (6 Suppl.): 381S-453S.
10
11
2. Wie gross ist das Rezidiv-Risiko einer VTE nach Absetzen der oralen Antikoagulation (OAK) (nach 3 Monaten Therapie)?
Generell gilt:
Das Rezidiv-Risiko ist am höchsten unmittelbar nach dem Ereignis und in den
folgenden 3–6 Monaten, ist höher nach idiopathischer Thromboembolie (TE)
(Faustregel: Rezidiv im ersten Jahr 5–10 %, folgende 5 Jahre: 20–30 %) als
nach sekundärer TE (Faustregel: 3 %, bei Rezidiv 5 %/Jahr).
Bemerkung:
Determinierende Risikofaktoren für Rezidiv:
• Steigt mit dem Alter (ca. 15–20 %/Jahrzehnt)
• Patienten mit TVT haben öfter ein Rezidiv der TVT während LE-Patienten
öfter ein Rezidiv in der Form einer erneuten LE erleiden
• Dauer der oralen Antikoagulation: es tritt aber trotz OAK in bis zu 2.7 %
der Fälle im 1. Jahr ein Rezidiv auf. Wenn ein Risikofaktor persistiert
(Malignom, Antiphospholipidantikörper, etc.) ist das Risiko erhöht
• Persistenz eines Restthrombus im venösen Segment oder erhöhte
D-Dimere nach Absetzen der OAK*
• Subtherapeutische INR in den ersten 3 Monaten der OAK
• Patienten mit einer iliofemoralen Thrombose
(2 × erhöhtes Risiko vs. femoro-poplitealen Ereignissen)
• Männer > Frauen (odds ratio 3:1)
• Rezidiv
• Thrombophilie-Parameter im Labor (FVL und PT-Mutation etc…) haben evtl.
be­­­züglich der VTE-Rezidivrate eine geringere Bedeutung als bisher angenommen
Häufigkeit des Thromboembolie-Rezidives mit und ohne
Antikoagulation resp. unter OAK mit verschiedener Intensität:
0.20
Placebo - PREVENT
0.15
0.10
INR 1.5-2.0 - PREVENT
INR 1.5-1.9 - ELATE
INR 2.0-3.0 - ELATE
0.05
0.00
0
1
2
Years
3
4
Ridker et al., 2004
Cumulative Event Rate
0.25
* Die D-Dimere-Messung zwischen 3 Wochen bis 2 Monaten nach Absetzen
der OAK hat einen prädiktiven Wert für ein erstes unprovoziertes thromboembolisches Ereignis:
• beim negativen D-Dimere-Test: 3.5 % Rezidivrate/Jahr
• beim positiven D-Dimere-Test 8.9 % Rezidivrate/Jahr
• Verhovsek
M, Douketis JD, Yi Q, Shrivastava S, Campbell T, Baglin T, Poli D, Lim W: systematic review:
D-dimer to predict recurrent disease after stopping anticoagulant therapy for unprovoket venous
thrombo­embolism. Ann Intern Med 2008; 149: 481-90.
12
13
2. Wie gross ist das Rezidiv-Risiko einer VTE nach Absetzen der oralen Antikoagulation (OAK) (nach 3 Monaten Therapie)?
Thromboembolische Ereignisse pro Jahr unter oraler Antikoagulation:
3. Welche Risikofaktoren erhöhen
die Mortalität nach einem TE-Ereignis?
• Alter
• Malignom
4
• Adipositas
• Herzinsuffizienz
Prozent
3
• Chronische Lungen-, Nieren- und neurologische Krankheiten
2
• Nikotinabusus
0
Schulman
1997
Agnelli
2001
Kearon
1999
INR 2.0-3.0
Kearon
2003
Ridker
2003
Kearon
2003
INR 1.5-2.0
Ridker et al., 2004
1
• H
irsh J, Hoak J: Management of deep vein thrombosis and pulmonary embolism. A statement for healthcare
professionals. Circulation 1996; 93: 2212-45.
• Ridker PM: Long-term low-dose warfarin use is effective in the prevention of recurrent venous thromboem­
bolism: J Thromb Haemost 2004; 2: 1034-7.
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boembolism in men and women. N Engl J Med 2004; 350: 2558-63.
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disease recurrence in patients with proximal deep vein thrombosis? Am J Med 2001; 110: 515-9.
• Palareti G, Legnani C, Cosmi B, Guazzaloca G, Cini M, Mattarozzi S: Poor anticoagulation quality in the first
3 months after unprovoked venous thromboembolism is a risk factor for long-term recurrence. J Thromb
Haemost 2005; 3: 955-61.
• Palareti G, Cosmi B, Legnani C, Tosetto A, Brusi C, Iorio A, Pengo V, Ghirarduzzi A, Pettacini C, Testa S,
Lensing AW, Tripodi A: D-Dimer testing to determine the duration of anticoagulation therapy. N Engl J Med
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• Silverstein RL, Bauer KA, Cushman M, Esmon CT, Ershler WB, Tracy RP: Venous thrombosis in the elderly:
more questions than answers. Blood 2007; 110: 3097-101.
• Baglin T: Unprovoked deep vein thrombosis should be treated with long-term anticoagulation – no. J
Thromb Haemost 2007; 5: 2336-9.
• Kearon C: Indefinite anticoagulation after a first episode of unprovoked venous thromboembolism: yes. J
Thromb Haemost 2007; 5: 2330-5.
• B ates SM, Ginsberg JS: Clinical pratice. Treatment of deep-vein thrombosis. N Engl J Med 2004; 351: 268-77.
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14
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more questions than answers. Blood 2007; 110: 3097-101.
• Rosendaal FR, van Hylckama Vlieg A, Doggen CJ: Venous thrombosis in the elderly. J Thromb Haemost
2007; 5: 310-7.
15
4. Was ist eine schwere Blutung?
Eine klinisch relevante Blutung?
Generell gilt:
Die Klassifikation kann die Inzidenz schwerer Blutungen stark beeinflussen.
Falsch klassifizierte Blutungen können deren Wichtigkeit und assoziierte Risiken
unterschätzen/reduzieren.
Vorhandene Klassifikationen:
Für die thrombolytische Ära:
• TIMI (Thrombolysis In Myocardial Infarction) und GUSTO (Global Use of
Strategies To Open Coronary Arteries) sind typische Klassifikationen für
akute Blutungen mit intravenösen antithrombotischen und fibrinolytischen
Behandlungen.
Für die Dauerantikoagulation:
• ISTH-Scale (International Society on Thrombosis and Haemostasis) bezeichnet
eine schwere Blutung als:
• Fatale Blutung
• Symptomatische Blutung in kritischen Organen (intrakraniell, intraspinal,
intraokulär, retroperitoneal, intraartikulär, perikardial, intramuskulär)
• Hb-Abfall > 20 g/L oder zu > 2 Transfusionen führend
• EMEA-Scale (Dito ISTH + zu Therapie Unterbrechung führend)
• ISCOAT (Italian Study of Complications Of Anticoagulant Therapy)
«The Control of Anticoagulation Subcommittee» empfiehlt die folgenden
Kriterien bei nicht chirurgischen Patienten:
Schwere Blutung:
• Tödliche Blutung
• In ein kritisches Organ: retroperitoneale, intrakranielle, intraspinale,
perikardiale oder intraokuläre Blutung
• Blutung, welche eine Transfusion von ≥ 2 Erythrozytenkonzentraten erfordert
• Blutung mit Hb-Abfall von ≥ 2 g/dl
• Hospitalisationsbedürftige Blutung
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Klinisch relevante Blutung:
• Spontane Hämaturie
• Hämodynamisch wirkende Blutung
• Epistaxis > 5 Minuten, welche eine Intervention erfordert, mehrmals vorkommend
• Spontane Zahnfleischblutung oder > 5 Minuten dauernd
• Gastro-intestinale Blutung
• Subkonjunktivale Blutung
• Hämoptyse oder für den Patienten relevante Blutung
• Subkutanes Hämatom > 25 cm2 oder > 100 cm2 nach Trauma
• The
van Gogh Investigators: Idraparinux vs. standard therapy for venous thromboembolic disease. N Engl J
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Bone Joint Surg Br 2009; 91: 636-644.
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Thrombolysis in Myocardial infarction (TIMI) trial – phase I: hemorrhagic manifestations and changes in
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Devoto G, Berrattini M, Musolesi S: Bleeding complications of oral anticoagulant treatment: an inceptioncohort, prospective collaborative study. Lancet 1996; 348: 423-8.
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• Serebruany VL, Atar D: Assessment of bleeding events in clinical trials – proposal of a new classification.
Am J Cardiol. 2007; 99: 288-90.
17
5. Blutungsrisiko unter der oralen Antikoagulation?
Bemerkung:
Die Inzidenz einer schweren Blutung liegt im Bereich von 1–4 %/Jahr:
intrazerebrale Blutung (0.4–1.5 % je nach Literatur und Risikopopulation,
z.B. Alter > 75 Jahre). (Siehe Frage 4).
Die Nutzen-Risikoanalyse der Antikoagulation soll nach spätestens 3 Monaten
und in periodischen Abständen erneut evaluiert werden. Kriterien für die
periodische Risikoabwägung:
1) Individuelles Blutungsrisiko
2) VTE-Rezidivrisiko
3) Stabilität der OAK (65 % der INR-Werte sollten
im therapeutischen Bereich zwischen 2–3 liegen)
4) Klinische Situation der Patienten
Erhöhtes Risiko für Blutungen:
1. Alter >75 Jahre, bei Komorbidität, bei Status nach Schlaganfall, bei
Antirheumatika-Einnahme, bei Sturzgefahr etc.
2. Unterscheidet sich nach Indikation (entsprechend gross sind die in
der Literatur angegebenen Bereiche): nach CVI 2–13 % (follow-up von
6–30 Monaten), nach mechanischen Klappenprothesen 1–8.3 %,
bei Patienten mit Vorhofflimmern 0–6.6 %, nach ischämischer Herz­krankheit 0–19.3 %, nach TVT 0–16.7 %
3. B ei Niereninsuffizienz, auch bei nicht dialysepflichtigen Patienten
4. Um 2 × erhöht bei Kumarin-naiven Patienten, d.h. in der ersten Phase
der begonnenen Antikoagulation
5. Mit steigendem CHADS-Score (Herzinsuffizienz, art. Hypertonie, Alter,
Diabetes, CVI). Das Risiko kann bis 10-fach zwischen CHADS 0 bis
CHADS ≥ 4 erhöht sein
6. Deutlich mit INR > 4
7. Komedikation mit Thrombozytenaggregationshemmer und NSAID
18
• Wyse
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• Hylek EM, Evans-Molina C, Shea C, Henault LE, Regan S: Major hemorrhage and tolerability of warfarin in
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• Fox KA, Bassand JP, Mehta AR, Wallentin L, Theroux P, Piegas LS, Valentin V, Moccetti T, Chrolavicius S,
Afzal R, Yusuf S; OASIS 5 Investigators: Influence of renal function on the efficacy and safety of fonda­
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• Falgá C, Capdevila JA, Soler S, Rabuñal R, Sanchez Muñoz-Torrero JF, Gallego P, Monreal M; RIETE
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• Hirsh J, Guyatt G, Albers GW, Harrington R, Schünemann HJ, American College of Chest Physicians: Antithrombotic and Thrombolytic Therapy ACCP Guidelines (8th Edition). Chest 2008; 133 (6 Suppl): 67S-968S.
19
6. Wie hoch ist das Blutungsrisiko in den ersten drei
Monaten nach dem Start der oralen Antikoagulation?
Gibt es einen «Blutungsrisikoscore»?
RIETE Score:
• Unter ASS allein: 3 %/Jahr
• Unter ASS + Clopidogrel: 7 %/Jahr
Basiert auf einem Register von > 19’000 Patienten mit akuter VTE
Schwere kürzliche Blutungen
Creatinin levels > 1.2 mg/dl (leider keine CCreat! gebraucht)
7. Wie hoch ist das Risiko einer schweren Blutung unter
kombinierter Therapie mit OAK und Thrombozytenhemmern?
2 Punkte
1.5 Punkte
Anämie: Hb < 13 g %
1 Punkt
Malignom
1 Punkt
Bestätigte Lungenembolie
1 Punkt
Alter > 75 Jahre
1 Punkt
• Unter ASS + OAK: 8 %/Jahr
• Unter ASS + Clopidogrel + OAK: 9 %/Jahr
Risiko für eine GI-Blutung:
Increased risk of
gastrointestinal bleeding
Clopidogrel + NSAID
Clopidogrel + ASA
Warfarin + NSAID
Warfarin + ASA
NSAID
ASA
Clopidogrel
Warfarin
1
• R uíz-Giménez N, Suárez C, González R, Nieto JA, Todoli JA, Samperiz AL, Monreal M; RIETE Investigators:
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20
Odds ratio (log)
10
Delaney et al., 2007
In den ersten drei Monaten:
0 Punkte = tiefes Risiko: 0.3 % (95 % CI 0.1–0.6) schwere Blutungen
1–4 Punkte = mittleres Risiko: 2.6 % (95 % CI: 2.3–2.9) schwere Blutungen
> 4 Punkte = hohes Risiko: 7.3 % (95 % CI: 5.6–9.3) schwere Blutungen
• S ørensen R, Hansen ML, Abildstrom SZ, Hvelplund A, Andersson C, Jørgensen C, Madsen JK, Hansen PR,
Køber L, Torp-Pedersen C, Gislason GH: Risk of bleeding in patients with acute myocardial infarction
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21
8. Gibt es ein Zusammenhang zwischen schwerer Blutung
und Mortalität?
ACS-Patienten welche eine schwere Blutung erleiden, haben eine bis 5-fach
erhöhte Mortalität.
Neu findet man diesen Zusammenhang auch bei der VTE.
Hypothesen, die dies erklären: Absetzen der antithrombotischen Therapie,
Hypovolämie, Hypoxämie, Hypotonie, Transfusion.
Damit empfehlen die neuen ESC- Guidelines (NSTE-ACS), die Blutungsgefahr
in der Wahl einer Therapie und die Risikoanalyse, höher zu bewerten.
9. Reisethrombose –
Häufigkeit und Empfehlungen?
Das Risiko wird überschätzt:
Ca. 4 TE pro 1 Mio. Reisenden mit Reisedauer > 5 Std. Generell kann
eine Thromboseprophylaxe nur bei erhöhtem Risiko empfohlen werden:
z.B. Status nach idiopathischer VTE, bei ausgeprägtem postthrombotischem
Syndrom oder bei aktivem Malignom.
1. Bei Flügen > 8 Std. gelten die allgemeinen Massnahmen:
• Hydratation
• Muskelpumpe (aktive Bewegung)
• Kompressionsstrümpfen der Klasse 2
• Kein Aspirin
2. Bei hohem Risiko kann als prophylaktische Gabe
ein niedermolekulares Heparin (NMH) empfohlen werden:
• 2 Std. vor der Reise
• Bei längerem Flug > 8 Std.: evtl. eine 2. Dosis NMH oder 1 Dosis
Fondaparinux (HWZ 17 Std. versus HWZ von 6 Std. für die NMH)
• E ikelboom JW, Mehta SR, Anand SS, Xie C, Fox KA, Yusuf S: Adverse impact of bleeding on prognosis
in patients with acute coronary syndromes. Circulation 2006; 114: 774-82.
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the first year of therapy among elderly patients with atrial fibrillation. Circulation 2007; 115: 2689-96.
• Manoukian SV, Feit F, Mehran R, Voeltz MD, Ebrahimi R, Hamon M, Dangas GD, Lincoff AM, White HD,
Mosese JW, King SB 3rd, Ohman ME, Stone GW: impact of major bleeding on 30-day mortality and clinical
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pean Society of Cardiology, Bassand JP, Hamm CW, Ardissino D, Boersma E, Budaj A, Fernándes-Avilés F,
Fox KA, Hasdai D, Ohman EM, Wallentin L, Wijns W: Guidelines for the diagnosis and treatment of non-STsegment elevation acute coronary syndromes. Eur Heart J 2007; 28: 1598-660.
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• Glynn RJ: Methodological issues affecting estimates of bleeding risks and consequences after venous
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22
Eine vor kurzem publizierte Meta-Analyse zeigt:
• Reisen erhöht das VTE-Risiko um 2.8 × vs. nicht Reisenden
• Beim Fliegen ist das VTE-Risiko 60 % höher als beim Reisen zu Land
• Reisedauer erhöht das Risiko, pro 2 zusätzliche Stunden:
+ 18 % bei Reisen zu Land
+ 26 % bei Flügen
• B ounameaux H, Bombeli T, de Moerloose P, Dörffler-Melly J, Fritschy D, Hohlfeld P, Jäger K,
Koppensteiner R, Mahler F, Vogel JJ, Wuillemin WA: Anwendung niedermolekularer Heparine
in vier umstrittenen klinischen Situationen. Swiss Med Forum 2003; 45: 1074-8.
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• Lubetsky A: Prophylaxis for travel-related thrombosis ? No. J Thromb Haemost 2004; 2: 2092-3.
• Bounameaux H, Dörffler-Melly J, Lüscher T: Kommentar der Schweizer Expertengruppe zu den
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• Chandra D, Parisini E, Mozaffarina D: meta-analysis: travel and risk for venous thromboembolism. Ann
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• Geerts WH, Bergqvist D, Pineo GF, Heit JA, Samama CM, Lassen MR, Colwell CW; American College of
Chest Physicians: Prevention of venous thromboembolism: American College of Chest Physicians EvidenceBased Clinical Practice Guidelines (8th Edition). Chest 2008; 133 (6 Suppl): 381S-453S.
23
10.VTE beim Tumorpatienten
Allgemein:
Tumorpatienten haben:
• erhöhtes Risiko einer VTE aufgrund dem Hyperkoagulabilitätszustand
• gesteigerte Blutungskomplikationsrate unter Antikoagulation
• aussergewöhnliche Lokalisationen von TVT in z.B. Vena jugularis,
Vena brachialis, Vena cava, Pfortader
11.Welche VTE-Risikofaktoren
gibt es bei Patienten mit Malignom?
Risikofaktoren:
Mit dem Patienten assoziert
• Alter
• Komorbiditäten (Adipositas, Infekt, Nieren­
krankheit, Lungenkrankheit, arterielle TE)
• V TE in der Anamnese
• Erhöhte Thrombozytenzahl (> 350 000/ul)
vor der Chemotherapie
• Prothrombotische Mutationen
Mit dem Malignom assoziert
• Primärtumor (GI, Hirn, Lunge,
gynäkologisch, Niere, hämatologisch)
• In den ersten 6 Monaten nach der Diagnose
• Metastatische Krankheit
Mit der Behandlung assoziert
• Grosse Operation kürzlich
• Aktuell hospitalisiert
• Aktive Chemotherapie
• Aktive Hormontherapie
• Aktuelle oder aktive Antiangiogenese
Therapie (Thalidomide, Lenalidomide,
Bevacizumab)
• Aktuelle Erythropoesestimulation
• Zentralvenenkatheter
Inzidenz: 2–4/100 Patienten/6 Monate
ca. 20 % der VTE finden sich bei Tumorpatienten
Das Risiko einer VTE oder einem VTE-Rezidiv bei Tumorpatienten ist ~2× erhöht
im Vergleich zu nicht-onkologischen Patienten.
Das Risiko für ein unterliegendes Malignom bei Patienten mit idiopathischer VTE
ist ~4 bis 9× erhöht im Vergleich zu Patienten mit sekundärer VTE.
NMH als Therapie der Wahl, evtl. mit verbesserter Wirkung und Antitumoraktivität.
Kaum Interaktionen mit Chemotherapie. Bessere Bioverfügbarkeit als UFH.
Bei Hirnmetastasen individuelle Abwägung bei einer Therapie mit NMH.
• B lom JW, Vanderschoot JP, Oostindier MJ, Osanto S, van der Meer FJ, Rosendaal FR: Incidence of venous thrombosis in a
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25
12.Sollen Patienten mit Malignom
eine VTE-Prophylaxe erhalten?
A. Hospitalisierte Patienten:
Patienten mit Malignom sollten eine VTE-Prophylaxe erhalten.
Auch mit VTE-Prophylaxe ist das VTE-Risiko doppelt so hoch wie
nicht-onkologischen Patienten.
13.Was ist die optimale Antikoagulations-Therapie
für Malignompatienten mit nachgewiesener TVT?
NMH ist die Therapie der Wahl, für mindestens 6 Monate oder sogar langfristig.
Für Patienten mit ZNS-Malignomen ist die Antikoagulation bei nachgewiesener
TVT empfohlen, soll jedoch individuell besprochen werden.
Bei Tumorpatienten in der Chirurgie ist eine verlängerte VTE-Prophylaxe
mit NMH bis 28 Tagen nach Spitalentlassung empfohlen (Grad 2A).
B. Ambulante Patienten:
Bei Tumorpatienten unter Chemotherapie oder Hormontherapie ist keine Routine
VTE-Prophylaxe empfohlen.
Obwohl viele Hinweise für eine Langzeit VTE-Prophylaxe bei Hochrisikopatienten sprechen, kann eine VTE-Prophylaxe zur Zeit nicht empfohlen werden.
(ASCO und ACCP-Guidelines). Mehrere laufende Studien könnten diese
Empfehlung besonders bei hoch-risiko Patienten bald ändern.
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27
14.Wie ist das Verhältnis von proximalen
zu distalen Venenthrombosen?
Erstaunlicherweise:
80% proximale Thrombosen und 20% distale Thrombosen.
CAVE:
Dunkelziffer für die distalen Thrombosen.
15.Warum ist die Diagnose einer proximalen
TVT besonders wichtig?
• Assoziation mit anderen Erkrankungen (Malignom)
• Gefahr von Progression und symptomatischen/fatalen Lungenembolien
• Eine frühe, konsequente Antikoagulation hat eine bessere Langzeitprognose
• Verhindern/vermindern des postthrombotischen Syndroms
Proximale Venenthrombosen sind viel häufiger symptomatisch und gehen
häufiger mit einer Lungenembolie einher.
Bemerkung:
Die distale TVT-Diagnostik ist stark Untersucher- und Technik-abhängig.
Die Bedeutung der distalen TVT (im Unterschenkel und nicht bis zur Poplitea
reichend) ist umstritten. Das Übergreifen auf die Vena Poplitea ist gefürchtet.
Zwischen Beine einbinden, 10–30 Tage NMH und 3 Monate OAK variieren die
Therapien-Empfehlungen.
Schweizer Experten-Empfehlung bei distaler Thrombose: 1 Monat Antikoagulation (evtl. mit NMH), anschliessend erneute sonographische Kontrolle.
• G
eerts WH, Bergqvist D, Pineo GF, Heit JA, Samama CM, Lassen MR, Colwell CW; American College
of Chest Physicians: Prevention of venous thromboembolism: American College of Chest Physicians
Evidence-Based Clinical Practice Guidelines (8th Edition). Chest 2008; 133 (Suppl 6): 381S-453S.
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• Landaw S, Bauer K:Approach to the diagnosis and therapy of suspected deep vein thrombosis.
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professionals. Council on Thrombosis (in consultation with the council on Cardiovascular Radiology) American
Heart Association. Circulation 1996; 93: 2212-45.
29
16.Was sind die klinischen Zeichen einer TVT?
17.Was sind wichtige Differentialdiagnosen
einer TVT?
• Ödem
• Baker Zyste
• Schmerz
• Muskel- oder Sehnenruptur
• Schwellung (Umfangsdifferenz)
• Thrombophlebitis
• Spannungsgefühl
• Erysipel
• Überwärmung
• Cellulitis/Fascitis
• Livide Verfärbung, vermehrte Venenzeichnung («Warnvenen»)
• Lymphödem
• Vermindertes Ballottement
• Chronische venöse Insuffizienz
• Schmerzen bei Druck oder Zug
• Ödem
• Kutane Vaskulitis
• Einseitige Stauung bei Rechtsherzinsuffizienz
• H
irsh J, Hoak J: Management of deep vein thrombosis and pulmonary embolism. A statement for healthcare
professionals. council on Thrombosis (in consultation with the council on Cardiovascular Radiology) American
Heart Association. Circulation 1996; 93: 2212-45.
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• Landaw S, Bauer K: Approach to the diagnosis and therapy of suspected deep vein thrombosis.
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professionals. council on Thrombosis (in consultation with the Council on Cardiovascular Radiology) American
Heart Association. Circulation 1996; 93: 2212-45.
31
18.Wie errechnet sich eine klinische Prä-Test-Wahrscheinlichkeit
in der TVT-Diagnostik (vor D-Dimer und Ultraschall)?
Schweizer Experten empfehlen:
Bei hoher und mittlerer Wahrscheinlichkeit/klinischem Verdacht auf eine
VTE soll eine Antikoagulation noch vor den Ergebnissen der diagnostischen
Untersuchungen erfolgen (Grad 1 C+).
Die folgenden anamnestischen und klinischen Befunde haben sich
im Wells Score bewährt.
• Hohe Prä-Test-Wahrscheinlichkeit: 3 oder mehr Punkte
• Mässige Prä-Test-Wahrscheinlichkeit: 1 oder 2 Punkte
• Tiefe Prä-Test-Wahrscheinlichkeit: 0 oder weniger Punkte
Bei einer hohen Wahrscheinlichkeit:
Direkt zur Bildgebung ohne D-Dimer-Bestimmung.
Beachte:
Bei Vorliegen einer gültigen Alternative sind zwei Minuspunkte vorgesehen.
Prätest Wahrscheinlichkeit einer TVT (Wells Score):
Klinische Zeichen
Karzinom (Pat.in Behandlung in den letzten 6 Monaten oder unter
palliativer Behandlung)
Lähmung, Parese, Gipsbehandlung der unteren Extremitäten
Bettlägerigkeit für mind. 3 Tage oder grosser chirurgischer Eingriff
mit Voll- oder Regionalanästhesie in den letzten 12 Wochen
Lokalisierte Verhärtung entlang einer Vene
Schwellung der gesamten Extremität
Umfangsdifferenz von mind. 3 cm im Vergleich zur anderen Seite
Einseitiges Oedem im symptomatischen Bein
Oberflächliche kollaterale Venen
Status nach TVT
Andere Diagnose, die auch wahrscheinlich erscheint
Score
1
1
1
1
1
1
1
1
1
-2
• L andaw S, Bauer K: Approach to the diagnosis and therapy of suspected deep vein thrombosis.
www.uptodate.com
• Wells PS, Anderson DR, Rodger M, Forgie M, Kearon C, Dreyer J, Kovacs G, Mitchell M, Lewandowski B, Kovacs
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• A ntithrombotische und thrombolytische Behandlung: Internationale EBM-Guidelines kommentiert von
Schweizer Experten. Swiss Medical Forum Suppl. Nr. 27, 2005.
• Kyrle PA, Eichinger S: New diagnostic strategies for pulmonary embolism. Lancet 2008; 371: 1312-15.
32
33
19.Welche VTE-Risikofaktoren gibt es?
1. Angeborene VTE-Risikofaktoren:
Starkes Risiko
Faktor V Leiden (homozygot)
Antithrombin-Mangel
Protein C-Mangel
Protein S-Mangel
2. Erworbene VTE-Risikofaktoren:
Geschätztes relatives Risiko
50
15–19
Mittleres Risiko
Faktor V Leiden (heterozygot)
Prothrombin 20210A
Erhöhter FXIII
3–5
Tiefes Risiko
Erhöhter FIX
Erhöhter FXI
Erhöhter TAFI*
Hyperhomocysteinämie
* = thrombin activable fibrinolysis inhibitor
Kein unabhängiger Risiko­
faktor, nur im Zusammen­
hang mit erhöhtem Faktor
VIII
Geschätztes relatives Risiko
Grosser chirurgischer Eingriff oder Trauma Status nach TVT
Antiphospholipid-Antikörper Karzinom Medizinische Erkrankung mit Hospitalisation Alter > 50 Jahre Alter > 70 Jahre
Schwangerschaft
Östrogene: Orale Kontrazeptiva (dosisabhängig)
Östrogene: Orale Hormonersatz-Therapie
Gestagene (je nach Generation 1–3)
Adipositas
Oestrogen-Rezeptor-Modulator: Tamoxifen
Oestrogen-Rezeptor-Modulator: Raloxifen
Nephrotisches Syndrom
5–200*
50
2–10
5
5
5
10
7
5
2
3–5
1–3
5
3
6.8
* das Risiko ist abhängig vom chirurgischen Eingriff und von der Art und Dauer der Prophylaxe, etc.
• B ates SM, Ginsberg JS: Clinical practice. Treatment of deep-vein thrombosis. N Engl J Med 2004; 351: 268-77.
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34
35
20.Diagnostik der TVT?
CAVE:
TVT verlaufen häufig asymptomatisch, oft keine klinischen Symptome sichtbar
1.Anamnese und Risikofaktoren
2.Wells-Score (siehe Frage 18):
Bei einer hohen Wahrscheinlichkeit direkt zur Bildgebung ohne
D-Dimer-Bestimmung
3.D-Dimer Test:
Qualität der Ergebnisse zum Teil testabhängig (Goldstandard: ELISA
Generell:
ELISA D-Dimer-Test < 500 μg/L macht eine VTE wenig wahrscheinlich.
Guter negativer Voraussagewert und gute Sensitivität aber schlechte
Spezifität. Bei einer tiefen Probabilität und negativem D-Dimer Test: keine VTE
Bei einer tiefen Probabilität und positivem D-Dimer Test: Bestätigung mit
Bildgebung notwendig.
21.Diagnostik einer Rezidiv-TVT?
Schwierigkeit:
Alte postthrombotische Syndrome und akute Exazerbation mit frischer
Rezidiv-TVT sind schwer differenzierbar.
Sonographisch oft nur im Direkt­vergleich mit der Voruntersuchung
(z.B. neu nicht komprimierbares Segment).
Phlebographie in Ausnahmefällen.
In Abwesenheit einer gleichzeitigen Antikoagulation kann bei negativem
D-Dimer-Test die Diagnose mit grosser Sicherheit ausgeschlossen werden.
4.Bildgebung:
• Duplex-Sonographie (Kompressionssonographie): Methode der 1. Wahl
für TVT, bei Unsicherheit Wiederholung nach 2 bis 3 Tagen
• Angio-CT oder Angio-MRI bei Verdacht auf Beckenvenenthrombose
und LE
• Phlebographie, Lungenangiographie (invasiv): wird nur selten angewandt
• B ates SM, Ginsberg JS: Clinical practice. Treatment of deep-vein thrombosis. N Engl J Med 2004; 351: 268-77.
• Wells PS, Anderson DR, Rodger M, Forgie M, Kearon C, Dreyer J, Kovacs G, Mitchell M, Lewandowski B,
Kovacs MJ: Evaluation of D-dimer in the diagnosis of suspected deep-vein thrombosis. N Engl J Med 2003;
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• H
irsh J, Lee AYY How we diagnose and treat deep vein thrombosis. Blood 2002; 99: 3102-10.
• Hirsh J, Hoak J: Management of deep vein thrombosis and pulmonary embolism. A statement for healthcare
professionals. Council on Thrombosis (in consultation with the Council on Cardiovascular Radiology) American
Heart Association. Circulation 1996; 93: 2212-45.
37
22.Was sind mögliche Komplikationen einer TVT?
• Lungenembolie
• Grössenzunahme des Thrombus mit proximaler Ausdehnung
• Postthrombotisches Syndrom
• Chronische venöse Insuffizienz
• Rezidiv
• Selten: Bei massiven Thrombosen kann die Durchblutung
kompromitiert sein (Phlegmasia coerulea dolens)
Assoziation mit arteriellen Ereignissen:
Im 1. Jahr nach der TVT-Diagnose:
• RR 1.6 (CI 1.35–1.91)
für einen Myokardinfarkt
• RR 2.19 (CI 1.85–2.6) für einen CVI
Patienten mit LE:
• RR 2.6 (CI 2.14–3.14)
für einen Myokardinfarkt
• RR 2.93 (Cl 2.34–3.66) für einen CVI
Die Risiken sind gleich, unabhänig davon, ob die venöse Thrombose sekundär
oder idiopatisch war.
• L andaw S, Bauer K: Approach to the diagnosis and therapy of suspected deep vein thrombosis.
www.uptodate.com
• Lowe GD: Comment : Is venous thrombosis a risk factor for arterial thrombosis? Lancet 2007; 370: 1742-4.
• S ørense HT, Horvath-Puho E, Pedersen L, Baron JA, Prandoni P: Venous thromboembolism and subsequent
hospitalisation due to acute arterial cardiovascular events: a 20-year cohort study. Lancet 2007; 370: 1773-9.
38
23.Welche Medikamente erhöhen
die Thromboseneigung?
• Östrogenhaltige orale Kontrazeptiva:
• 1. Generation > 2. Generation > 3. Generation
•V
TE-Risiko ist oestrogendosis-abhängig und generationsabhängig bei den
Gestagenen
• Hormonersatztherapie: das Risiko bei einer transdermalen Anwendung
ist weiterhin umstritten, scheint aber tiefer zu sein
CAVE: je höher die Dosis der oralen Kontrazeptiva bzw. der Hormon­ersatz­
therapie, um so höher ist das VTE-Risiko
• P rothrombinkomplex (Beriplex P/N® und Prothromplex®):
• können das Risiko von TVT, LE, Myokardinfarkt, Schlaganfall und DIG erhöhen • sind Notfallmedikamente und müssen in die Nutzen-Risikoabwägung
im Einzelfall einbezogen werden
• Rekombinantes FVIIa (Novoseven®), einzelne Fälle von Myokardinfarkt
• Thalidomid und Lenalidomid, vor allem in Assoziation mit Dexamethason
• Chemotherapeutika: Abfall von Gerinnungsinhibitoren
(Tamoxifen, Asparaginase, Cyclophosphamid, Methotrexat, 5-FU), Endothel­
schädigung (Doxorubicin, Vincristin, Bleomycin, Mitomycin C, Cisplatin)
• Erythropoietin
• Neuroleptika (Clozapin etc.)
• Antiangiogenese Therapie
• B ombeli Th: Management von Thrombosen und Blutungen. Ein klinisches Vademecum. Verlag Hans Huber 2002; 1. Auflage.
• Rexrode KM, Manson JE: Are some types of hormone therapy safer than others? Lessons from the estrogen and Thromboembo­
lism Risk Study. Circulation 2007; 115: 820-2.
• Canonico M, Oger E, Plu-Bureau G, Conard J, Meyer G, Lévesque H, Trillot N, Barrellier MT, Wahl D, Emmerich J, Scarabin PY;
Estrogen and Thromboembolism Risk (ESTHER) Study Group: Hormone therapy and venous thromboembolism among post­
menopausal woman: impact of the route of estrogen administration and
progestogens: the ESTEHER study. Circulation 2007; 115: 840-5.
• Rosendaal FR, van Hylckama Vlieg A, Doggen CJ: Venous thrombosis in the elderly. J Thromb Haemost 2007; 5 (suppl. 1): 310-7.
• Bennett CL, Silver SM, Djulbegovic B, Samaras AT, Blau CA, Gleason KJ, Barnato SE, Elverman KM, Courtney DM, McKoy JM,
Edwards BJ, Tigue CG, Raisch DW, Yarnold PR, Dorr DA, Kuzel TM, Tallman MS, Trifilio SM, West DP, Lai SY, Henke M: Venous
thromboembolism and mortality associated with recombinant erythropoietin and darbepoetin administration for the treatment
of cancer-associated anemia. JAMA 2008; 299: 914-24.
• http:// www.accessdata.fda.gov/drugsatfda_docs/label/2008/o21180s026lbl.pdf.
• Ritzmann P, BrudererS: kombinierte nicht-orale Kontrazeptiva. Pharmakritik 2009; 2: 5-7.
39
24.Welches sind die Ziele der Antikoagulation bei TVT?
25.Initiale Therapie der TVT?
• Vorbeugung der Ausdehnung des Thrombus
• Hochlagerung, je nach Schmerzen/Schwellung
• Verhinderung einer Lungenembolie
• Straffes Einbinden
• Vorbeugung einer Re-Thrombose (Rezidiv)
• Keine Immobilisation
• Vorbeugung von späteren Komplikationen: postthrombotisches Syndrom,
pulmonale Hypertonie
• Antikoagulation:
Gewicht-adaptiertes NMH s.c. 1–2 × täglich und gleichzeitiger Beginn der
oralen Antikoagulation. Behandlungsdauer mit NMH: mindestens 5 Tage.; als
Alternative für die NMH steht Fondaparinux zur Verfügung (mit einfacher
Dosierung: 1× tgl.: 7.5 mg für alle Patienten zwischen 50 und 100 kg, 5 mg bei
< 50 kg und 10 mg bei > 100 kg)
• Förderung der Rekanalisation
• Nach Abschwellung Anpassung von Kompressionsstrümpfen der Klasse II
INR
OAK Beginn1,2
(beispielhafte Dosierung)
Absetzen NMH
(INR > 2,0 an 2 aufeinander
folgenden Tagen)
2,0
1,0
-1
+1
+2
+3
+4
+5
+6
Diagnosesicherung
• B ates SM, Ginsberg JS: Clinical practice. Treatment of deep-vein thrombosis. N Engl J Med 2004; 351:
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• Mannucci PM, Poller L. Venous thrombosis and anticoagulant therapy. Br J Haematol 2001; 114: 258-70.
40
• B ounameaux H, Dörffler-Melly J, Lüscher T: Kommentar der Schweizer Expertengruppe zu den Empfehlungen:
The seventh ACCP conference on antithrombotic therapy of the American College of Chest Physicians; Swiss
Medical Forum; 2005: 27: 1-48.
• Kearon C, Kahn SR, Agnelli G, Goldhaber S, Raskob GE, Comerota AJ; American College of Chest Physicians:
Antithrombotic therapy for venous thromboembolic disease: American College of Chest Physicians EvidenceBased Clinical Practice Guidelines (8th Edition), Chest 2008; 133 (6 Suppl.): 454S-545S.
41
26.Therapie der oberflächlichen Venenthrombosen?
Umstritten! Aber cave: ~3 % erleiden eine symptomatische VTE in den
nächsten drei Monaten.
In der plazebokontrollierten CALISTO-Studie wurde die medikamentöse
Behandlung der oberflächlichen Venenthrombose erstmals randomisiert untersucht. Gemäss einer oralen Präsentation der preliminären Resultate anlässlich
des ASH Kongresses 2009 traten Lungenembolie, tiefe Venenthrombosen und
andere potentiell fatalen Komplikationen bei Patienten, die über 45 Tage mit
Fondaparinux (Arixtra®) 2,5 mg 1 mal täglich behandelt worden waren,
signifikant seltener auf.
Bemerkung:
Mögliches Vorgehen/Varianten:
1. Mindestens 4 Wochen mit NMH in prophylaktischer, sub-therapeutischer
oder therapeutischer Dosierung oder OAK für 4 Wochen
2.Bei genügender Distanz des oberen Thrombus-Endes (> 10 cm) zu der
Saphena-Krosse kann mit einem lokalen Gel und Kompressionsbehandlung
begonnen werden (eventuell in Kombination mit NSAID)
• P randoni P, Tormene D, Pesavento R; Vesalio Investigators Group. High vs. low doses of low-molecularweight heparin for the treatment of superficial vein thrombosis of the legs: a double blind, randomized trial.
J Thromb Haemost 2005; 3: 1149-51.
• Superficial Thrombophlebitis Treatment By Enoxaparin (STENOX) Study Group. A randomized double-blind
comparison of low molecular- weight heparin, a non-steroidal anti-inflammatory agent, and placebo in the
treatment of superficial-vein thrombosis. Arch Intern Med 2003; 163: 1657-63.
• Quenet S, Laporte S, Deconsus H, Leizorovicz A, Epinat M, Mismetti P; STENOX Group: Factors predictive of
venous thrombotic complications in patients with isolated superficial vein thrombosos. J Vasc. Surg. 2003;
38: 944-9.
• Bounameaux H, Dörffler-Melly J, Lüscher T: Kommentar der Schweizer Expertengruppe zu den Empfehlun­
gen: The seventh ACCP conference on antithrombotic therapy of the American College of Chest Physicians.
Swiss Medical Forum; 2005: 27: 1-48.
• Decousus H, Epinat M, Guillot K, Quenet S, Boissier C, Tardy B: Superficial vein thrombosis: risk factors,
diagnosis, and treatment. Curr Opin Pulm Med 2003; 9: 393-7.
• Hirsh J, Guyatt G, Albers GW, Harrington R, Schünemann HJ, American College of Chest Physicians: Antithrombotic and Thrombolytic Therapy ACCP Guidelines (8th Edition). Chest 2008; 133 (6 Suppl): 67S-968S.
• Decousus H, et al «Fondaparinux 2.5mg for the treatment of symptomatic, isolated superficial vein throm­
bosis (SVT): Preliminary data from the randomized placebo-controlled CALISTO Trial (on behalf of the CALI­
STO Investigators)» ASH 2009; Abstract 171.
42
27.Kontraindikationen für die Antikoagulation
in therapeutischer Dosierung mit Heparin und Kumarinen?
Absolut:
• Aktive Blutung
• Hämorrhagische Diathese oder Tc-Zahl zwischen 20’000–50’000/μl
(je nach Risikoabwägung)
• Neurochirurgischer Eingriff, intrazerebrale Blutung in den letzten 10 Tagen
• Heparininduzierte Thrombozytopenie (HIT): Kontraindiziert für Heparine,
nicht für Fondaparinux
Relativ:
• Milde Blutungsdiathese
• Thrombopenie <80’000/μl oder bekannte Thrombopathie
• Hirnmetastasen
• Grosses Trauma vor kurzer Zeit
• Grosser abdominaler Eingriff in den letzten 2 Tagen
• Gastrointestinale oder urogenitale Blutung in den letzten 14 Tagen
• Endocarditis (CAVE Embolisationsgefahr)
• Schwere Hypertonie (syst. > 200 mmHg/diastol. > 120 mmHg)
• Überempfindlichkeit auf Heparin (Alternativ: Fondaparinux)
• Demenz oder schwere kognitive Beeinträchtigung
• Eventuell häufige Stürze
• Behandlungsbedürftige/proliferative Retinopathie
• B ates SM, Ginsberg JS: Clinical pratice. Treatment of deep-vein thrombosis. N Engl J Med 2004; 351: 268-77.
• L andaw S, Bauer K: Approach to the diagnosis and therapy of suspected deep vein thrombosis.
www.uptodate.com
• B auer J, Sieber CC: Antikoagulation bei älteren Menschen. Swiss Medical Forum 2004; 4: 824-31.
• Warkentin TE, Greinacher A, Koster A, Lincoff AM: American College of Chest Physicians: Treatment and
prevention of heparin-induced thrombocytopenia: American College of Chest Physicians Evidence-Based
Clinical Practice Guidelines (8th Edition) Chest 2008; 133: 340S-80S.
43
28.Was unterscheidet Patienten mit einer TVT der
unteren versus der oberen Extremität?
29.Bei welchen Patienten kann man eine
TVT ambulant behandeln?
• Die Behandlung ist identisch
Mindestanforderungen:
• Patient ist in einem klinisch stabilen Zustand
• Vitalzeichen normal (BD, P)
• Geringes Blutungsrisiko
• Möglichkeit der Verabreichung von NMH und oraler Antikoagulation gegeben
• Möglichkeit der Therapieüberwachung gegeben
• LE sind seltener bei Thrombose der oberen Extremitäten
Patienten mit einer Beckenvenenthrombose werden idR hospitalisiert.
• S pencer FA, Emery C, Lessard D, Goldberg RJ: Upper extremity deep vein thrombosis: a community-based
perspective. Am J Med 2007; 120: 678-84.
• Kearon C, Kahn SR, Agnelli G, Goldhaber S, Raskob GE, Comerota AJ; American College of Chest Physicians:
Antithrombotic therapy for venous thromboembolic disease: American College of Chest Physicians EvidenceBased Clinical Practice Guidelines (8th Edition), Chest 2008; 133 (6 Suppl.): 454S-545S.
• Joffe HV, Kucher N, Tapson VG, Goldhaber; Deep Vein Thrombosis (CVT) FREE steering Committee: Upperextremity deep vein thrombosis: a prospective registry of 592 patients. Circulation 2004; 110: 1605-11.
• H
yers TM, Agnelli G, Hull RD, Morris TA, Samama M, Tapson V, Weg JG: Antithrombotic therapy for venous
thromboembolic disease. Chest 2001; 119: 176S-93SS.
• L andaw S, Bauer K: Approach to the diagnosis and therapy of suspected deep vein thrombosis.
www.uptodate.com
• Bis 14 % der TVT finden sich in den oberen Extremitäten
(meist Katheter oder Port à cath bedingt)
• Das Rezidivrisiko ist gleich, in den ersten 6 Monaten
und findet in der gleichen Extremität statt
44
45
30.Welches sind die klinischen Zeichen einer Lungenembolie?
Allgemein:
Oft asymptomatisch, unspezifisch.
Mögliche Zeichen/Symptome:
• Dyspnoe (73 %), Orthopnoe (28 %)
• Tachykardie (90 %)
• Pleuritischer Schmerz (44 %)
• Husten (34 %)
• Oberschenkel- oder Wadenschmerz (44 %)
• Beinschwellung (41 %)
• Hämoptyse (10 %)
• Synkope, Schock (10 %)
• Schwindelanfälle
• Unklares Fieber
31.Was sind wichtige Differentialdiagnosen
einer Lungenembolie?
Bei akut aufgetretener Dyspnoe: Lungenödem, Spontanpneumothorax,
Asthmaanfall, Hyperventilation.
Bei akuten Thoraxschmerzen: Infarkt, Perikarditis, Pleuritis, Aortendissektion.
Bei akuten Oberbauchschmerzen: Gallenkolik, Ulkusperforation, Pankreatitis,
Herzhinterwandinfarkt.
Bei Hämoptyse: Blutung aus dem HNO-Bereich, Lungenkarzinom, Pneumonie.
Diagnostik:
• Blutgase: evtl. p02 und pC02 erniedrigt (isolierte Hypokapnie)
• EKG: Veränderungen nur in 50 %: Sinustachykardie, SI-QIII, inkompletter
Rechtsschenkelblock, präkordiale T-Negativierung (V1–V3), P-Pulmonale,
Rhythmusstörungen (z.B. Extrasystolen, neu aufgetretenes VHFli)
• Röntgen-Thorax: nur in 40 %: gestaute A. pulmonalis, einseitiger Zwerchfell­
hochstand, akute Herzvergrösserung, umschriebene Verschattung, kleiner
Pleuraerguss
• w
ww.uptodateonline.com
• Bombeli Th: Management von Thrombosen und Blutungen. Ein klinisches Vademecum. Verlag Hans Huber
2002, 1. Auflage.
• Herold G: Innere Medizin 2009. Herausgeber G. Herold 2009.
46
• w
ww.uptodateonline.com
• Bombeli Th: Management von Thrombosen und Blutungen. Ein klinisches Vademecum. Verlag Hans Huber
2002, 1. Auflage.
• Herold G: Innere Medizin 2009. Herausgeber G. Herold 2009.
47
32.Diagnostischer Algorithmus einer LE
33.Wann kann erwogen werden, eine
Lungenembolie ambulant zu behandeln?
1. «Geneva prognostic score» bei der Low-Risk-Gruppe:
«Geneva prognostic score» unter 2 würde eine ambulante Behandlung
unterstützen.
klinische Wahrscheinlichkeit
Risikofaktoren
niedrig oder
mittel
hoch
D-Dimere
negativ
positiv
Karzinom Herzinsuffizienz
Status nach TVT
Syst. BD-Wert < 100 mmHg
PaO2 < 60 mmHg
Nachgewiesene TVT in US
Total
Scores in Punkten
2
1
1
2
1
1
0–8
Ein Score = 2 bedeutet, ein geringes Risiko Komplikationen zu erleiden.
Ein Score ≥ 3 bedeutet, ein hohes Risiko Komplikationen zu erleiden.
Multi-Slice CT
negativ
keine Behandlung
Dieser Score eignet sich vor allem für die Identifikation von Patienten mit
geringem Risiko.
positiv
Patienten mit einem Score ≥ 3 mit zentralen und parazentralen LE sollten
hospitalisiert werden, ebenfalls Patienten mit Komorbiditäten.
Behandlung
Adaptiert nach Righini et al.
• British Thoracic Society guidelines for the management of suspected acute pulmonary embolism. Thorax
2003; 58: 470-83.
• Goldhaber
SZ: Pulmonary embolism. Lancet 2004; 363: 1295-305.
• www.uptodate.com
• Kucher N, Goldhaber SZ: Risk stratification of acute pulmonary embolism. SemIN Thromb Hem 2006; 32:
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• Righini M, Perrier A, De Moerloose P, Bounameaux H. D-dimers for venous thromboembolism diagnosis:
twenty years later.J Thromb Haemost. 2008 Jul;6(7):1059-71.
48
• Nendaz
MR, Bandelier P, Aujesky D, Cornuz J, Roy PM, Bounameaux H, Perrier A: Validation of a risk score
identifying patients with acute pulmonary embolism, who are at low risk of clinical adverse outcome.
Thromb Haemost 2004; 91: 1232-6.
• Wicki
J, Perrier A, Perneger TV, Bounameaux H, Junod AF: Predicting adverse outcome in patients with
acute pulmonary embolism: a risk score. Thromb Haemost 2000; 84: 548-52.
• Beer
JH, Burger M, Gretener S, Bernard-Bagattini S, Bounameaux H: Outpatient treatment of pulmonary
embolism is feasible and safe in a substantial proportion of patients. J Thromb Heamost 2003; 1: 186-7.
49
33.Wann kann erwogen werden, eine
Lungenembolie ambulant zu behandeln?
2. PESI (Pulmonary Embolism Severity Index)
Prognostische Faktoren
Alter
Männliches Geschlecht
Komorbiditäten
Krebs in der persönlichen Anamnese
Herzinsuffizienz
Chronische Atemwegserkrankung
Klinische Faktoren
Puls ≥ 110/Min
BD < 100 mmHg
Atemfrequenz ≥ 30/Min
T < 36°C
Bewusstseinstörung
SaO2 < 90 %
Punkte
Alter in Jahren
+10
+30
+10
+10
5 prognostische Klassen (total Punkte):
• Klasse 1: < 65 Punkte = sehr geringes Risiko ➜ ambulante Behandlung
kann erwogen werden
• Klasse 2: 66–85 Punkte = geringes Risiko ➜ ambulante Behandlung
kann erwogen werden
• Klasse 3: 86–105 Punkte = mittleres Risiko
• Klasse 4: 106–125 Punkte = hohes Risiko
• Klasse 5: > 125 Punkte = sehr hohes Risiko
Dieser Score hat den Vorteil, sich nur auf klinische Daten zu stützen.
Er wurde in einer prospektiven Studie validiert.
Punkte
+20
+30
+20
+20
+60
+20
• Tapson
VF: Acute pulmonary embolism. N Engl J Med 2008; 358: 1037-52.
• Aujesky
D, Briner V: Home, sweet home – die Betreuung des Patienten mit venöser Thromboembolie zu
Hause. Schweiz Med Forum 2008; 8: 15-6.
• Jiménez D, Yusen RD, Otero R, Uresandi F, Nauffal D, Laserna E, Conget F, Oribe M, Cabezudo MA, Diaz G:
Prognostic models for selecting patients with acute embolism for initial outpatient therapy. Chest 2007;
132: 24-30.
• Almahameed
A, Carman TL: Outpatient management of stable acute pulmonary embolism: proposed
accelerated pathway for risk stratification. Am J Med 2007; 120: S18-25.
• Le
Gal G, Righini M, Roy PM, Sanchez O, Aujesky D, Bounameaux H, Perrier A: Prediciton of pulmonary
embolism in the emergency department: the revised Geneva score. Ann Intern Med 2006; 144, 165-71.
• Aujesky
D, Obrosky DS, Stone RA, Auble TE, Perrier A, Cornuz J, Roy PM, Fine MJ: A prediction rule to
identify low-risk patients with pulmonary embolism. Arch Int Med 2006; 166: 169-75.
• Aujesky
D, Roy PM, Le Manach CP, Verschuren F, Meyer G, Obrosky DS, Stone RA, Cornuz J, Fine MJ: Validation
of a model to predict adverse outcomes in patients with pulmonary embolism. Eur Heart J 2006; 27: 476-81.
• Donzé
J, Le Gal G, Fine MJ, Roy PM, Sanchez O, Verschuren F, Cornuz J, Meyer G, Perrier A, Righini A,
Aujesky D: Prospective validation of the Pulmonary Embolism Severity Index. A clinical prognostic model for
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• Kucher
N, Goldhaber SZ: Risk stratification of acute pulmonary embolism. Sem Thromb Hem 2006; 32: 838-47.
50
51
34.Indikationen zur Thrombolyse?
Generell restriktive Indikationsstellung:
Bei hämodynamisch relevanter Lungenembolie:
• Synkope
• Hypotonie / Schock (BD syst.< 100 mmHg)
• Es bestehen Zweifel an einer günstigen Auswirkung der Lyse bei hämo­
dynamisch stabilen Patienten mit massiver Dilatation des rechten Ventrikels
in der Sonographie.
Phlegmasia coerulea dolens
Evtl. massive proximale TVT (iliakal anhaftend) bei jungen Patienten ohne günsti­
ges Ansprechen auf gut eingestellte Heparintherapie (CAVE: HIT- Ausschluss).
8. ACCP Guidelines empfehlen:
Frühzeitige Evaluation der Risk/Benefit Ratio einer thrombolytischen Therapie
bei haemodynamisch instabilen Patienten.
Bei nicht-massiver LE: keine thrombolytische Therapie
• B ates SM, Ginsberg JS: Treatment of deep-vein thrombosis. N Engl J Med 2004; 351: 268-77.
• Hirsh J Lee AY: How we diagnose and treat deep vein thrombosis. Blood 2002; 99: 3102-10.
• Bombeli Th: Management von Thrombosen und Blutungen. Ein klinisches Vademecum.
Verlag Hans Huber 2002, 1. Auflage.
• Büller HR, Agnelli G, Hull RD, Hyers TM, Prins MH, Raskob GE: Antithrombotic therapy for venous
thromboembolic disease: the seventh ACCP Conference on antithrombotic and Thrombolytic Therapy.
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• Hirsh J, Guyatt G, Albers GW, Harrington R, Schünemann HJ, American College of Chest Physicians: Antithrombotic and Thrombolytic Therapy ACCP Guidelines (8th Edition). Chest 2008; 133 (6 Suppl): 67S-968S.
52
35.Soll man eine TVT eher mit unfraktioniertem Heparin (UFH), mit niedermolekularem Heparin (NMH)
oder Fondaparinux behandeln?
Empfehlung:
NMH oder Fondaparinux > UFH, weil:
• Wirksamkeit mind. gleich gut
• Weniger Nebenwirkungen
• Einfachere Anwendung
• HIT- und Osteoporose-Wahrscheinlichkeit kleiner
• Ambulante Behandlung leichter möglich
• Mortalitätsreduktion
• Risikoreduktion einer schweren Blutung
• Für LE: NMH/Fondaparinux = UFH (Grad 1A)
Vorteile von Fondaparinux > NMH:
• Synthetisches Präparat, nicht tierischer Herkunft
• Kein klinisches HIT-Risiko (kein Bedarf für Thrombozyten-Monitoring)
• Einfache Dosierung und Anwendung
• Offiziell zugelassen für die Behandlung von akuter LE
• L evine M, Gent M, Hirsh J, Leclerc J, Anderson D, Weitz J, Ginsberg J, Turpie AG, Demers C, Kovacs M:
A comparison of low-molecular-weight heparin administered primarily at home with unfractionated
heparin administered in the hospital for proximal deep-vein thrombosis. N Engl J Med 1996; 334: 677-81.
• Gould MK, Dembitzer AD, Doyle RL Hastie TJ, Gaber AM: Low molecular-weight heparins compared with unfractionat­
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• Siragusa S, Cosmi B, Piovella F, Hirsh J, Ginsberg JS: Low-molecular-weight heparins and unfractionated heparin in the
treatment of patients with acute venous thromboembolism: results of a meta-analysis. Am J Med 1996; 100: 269-77.
• Hirsh J, Warkentin TE, Shaughnessy SG, Anand SS, Halperin JL, Raschke R, Granger C, Ohman EM, Dalen JE: Heparin
and low-molecular-weight heparin: mechanisms of action, pharmacokinetics, dosing, monitoring, efficacy, and safety.
Chest 2001; 119: 64S-94S.
• Kearon C, Ginsberg JS, Julian JA, Douketis J, Solymoss S, Ockelford P, Jackson S, Turpie AG, MacKinnon B, Hirsh J, Gent
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• Goldhaber SM, Berkwits M Trials that matter: can patients with venous thromboembolism be treated with fixed-dose
subcutaneous unfractionated heparin? Annals Int Med 2006; 145: 929-31.
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sis/Pulmonary Embolism: Management of venous thromboembolism: a clinical practice guideline from the American
College of Physicians and the American Academy of Family Physicians. Ann Intern Med 2007; 146: 204-10.
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• Kearon C, Kahn SR, Agnelli G, Goldhaber S, Raskob GE, Comerota AJ; American College of Chest Physicians: Anti­
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Practice Guidelines (8th Edition), Chest 2008; 133 (6 Suppl.): 454S-545S.
53
36.Wirkungsweise des unfraktionierten Heparin (UFH)
und praktische Hinweise?
UFH beschleunigt die Inaktivierung von Thrombin/FIIa (somit die Fibrinbildung)
und FXa via Bindung an Antithrombin. Des Weiteren werden FIXa, FXIa und
FXIIa inaktiviert.
UFH zeigt initial eine schnelle Elimination (HWZ 5–10 Minuten), im Gleich­
gewicht folgt eine langsamere Elimination mit einer HWZ von ca. 90 Minuten.
Die Elimination erfolgt durch:
• Die Bindung an Endothel, Makrophagen und diverse Plasmaproteine (CRP)
• Die Enzyme im Plasma und in der Leber
• Die glomeruläre Filtration und tubuläre Sekretion
Kontrolle der Thrombozytenzahl 1–2 ×/Woche aufgrund der Gefahr von HIT
während des ersten Monats, dann 1 ×/Monat
Antagonisierbarkeit: Faustregel 1 mg Protamin antagonisiert ca. 1000 E Heparin
(CAVE zu hoch dosierte Menge an Protamin kann gerinnungshemmend wirken).
UFH und NMH können in der Schwangerschaft verabreicht werden, da diese
nicht plazentagängig sind.
Es gibt gute Hinweise, dass bei der Behandlung von TVT eine gewichtsadaptierte
Fixdosis s.c. UFH genauso sicher und effizient ist, wie s.c. NMH ohne Monitoring.
Erst bei höheren Heparindosen sind die Heparinbindungsstellen gesättigt,
so dass die Dosis-Wirkungsbeziehung besser vorausschaubar verläuft und
der therapeutische Spiegel erreicht ist.
Praktische Hinweise:
Eine sofortige antikoagulatorische Wirkung erfordert die Verabreichung eines
Bolus (z.B. 5000 E i.v.) und einer Dauerinfusion von 400–600 E/kg/24 Std.
Der Beginn einer Behandlung ohne Bolus würde eine verlängerte Dauer zum
Erreichen einer wirksamen Antikoagulation (über 24 Std.) benötigen, was nicht
empfehlenswert ist.
Frühestens 4–6 Std. nach Verabreichung des Bolus sollte das 1. Monitoring
durch die aPTT oder TZ sowie die Anti-Faktor-Xa-Aktivität erfolgen. Kontrolle
des aPTT oder der TZ mindestens alle 24 Std., häufiger bei instabilen und nicht
therapeu­tischen Situationen, Monitoring heute oft auch über Anti-Faktor-Xa
Spiegel.
Ziel-aPTT: idR 1.5–2.5 × verlängert vs. initial aPTT, TZ gemäss laborinternen
Richtlinien.
aPTT Reagenz: Vorteil: Stabilität des Reagenz; Nachteil: viele weitere Einflussfak­
toren des intrinsischen Systems, zum Teil auch Akutphase-Proteine (FVIII etc.)
54
• B ates SM, Ginsberg JS: Clinical pratice. Treatment of deep-vein thrombosis. N Engl J Med 2004; 351: 268-77.
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JAMA 2006; 296: 935-42.
55
37.Wirkungsweise des NMH und praktische Hinweise?
38.Wirkungsweise von Fondaparinux
und praktische Hinweise?
• NMH wirkt ebenfalls indirekt via Antithrombin, aber mit stärkerer Affinität
zu Faktor-Xa als zu Thrombin (anti-IIa) verglichen mit UFH
• Synthetisches Antithrombotikum – Pentasaccharid –
mit definiertem Molekular­gewicht (1.728 Dalton)
• N
MH vs. UFH:
•W
eniger Bindung an Plasmaproteine/Plättchen und Plättchenfaktor IV
• Hohe Bioverfügbarkeit (gegen 100 %)
• Die Wirksamkeit ist Antithrombin-vermittelt über eine selektive
Hemmung des aktivierten Faktors X
• IdR kein Monitoring nötig. Ausnahmen:
• Niereninsuffizienz, Schwangerschaft, Klappenpatienten, Kinder und
Patienten mit einem Körpergewicht von < 50 kg oder > 100 kg, da die
therapeutisch notwendige, individuelle Dosis bei diesen Patienten
schwierig voraussehbar ist
• K eine Bindung an Plasmaproteine, Plättchen oder anderen Gerinnungsfaktoren
• Kein Thrombozyten-Monitoring notwendig, da kein klinisches HIT-Risiko
• 100 % Bioverfügbarkeit
• HWZ ~
= 17 Std.; 1 × tgl. Gabe
• Therapeutischer Zielbereich der Anti-Xa-Aktivität gemäss Angaben des
Herstellers. Es gibt Unterschiede gemäss 1 × oder 2 × täglicher Applikation
• Kein routinemässiges Anti-Xa Monitoring notwendig (Ausnahmefälle identisch
wie bei NMH)
• E s wird typischerweise 4 Std. nach der Injektion gemessen. z.B. für Nadroparin:
• 0 .6 bis 1.0 U/ml bei 2 × tgl. Applikation, Messung 4 Std. nach 3. Injektion
• 0.8 bis 1.6 U/ml bei 1 × tgl. Applikation, Messung 4 Std. nach 2. Injektion
• Elimination renal
Kontraindikation:
• In prophylaktischer Dosierung (2.5 mg): CrCl < 20ml/Min
• In therapeutischer Dosierung (5, 7.5 und 10 mg): CrCl < 30 ml/Min.
Dosis-Anpassung:
• Keine, ausser in der VTE-Prophylaxe bei Patienten mit einer
Kreatinin­-Clearance 20–30 ml/Min.: eine Dosierung von 1.5 mg 1 × tgl.
oder 2.5 mg jeden 2. Tag
• Spezielle Situation bei Klappenprothese in der Schwangerschaft:
•m
anche Experten raten ausschliesslich zu einer 2 × täglichen Applikation
• Renale Elimination:
• B ei Niereninsuffizienz und einer Kreatinin-Clearance von < 30 ml/min.:
Entweder Umstellung auf UFH oder Anti-FXa Monitoring,
dann gegebenenfalls Dosis anpassen
• Kontrolle der Thrombozytenzahl 1–2 ×/Woche aufgrund der Gefahr von HIT
während des ersten Monats, dann 1 ×/Monat
• D
unn AS, Coller B: Outpatient treatment of deep vein thrombosis: translating clinical trials into practice. Am
J Med 1999; 106: 660-9.
• Hirsh J, Warkentin TE, Shaughnessy SG, Anand SS, Halperin JL, Raschke R, Granger C, Ohman EM, Dalen JE:
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efficacy, and safety. Chest 2001; 119: 64S-94S.
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• Wuillemin WA, Wirz P, Welte S, Dörffler-Melly J, Bounameaux H: Prophylaxe venöser Thromboembolien,
SMF 2007; 7: 198-204.
56
* Arzneimittel-Kompendium der Schweiz 2009. www.documed.ch
57
39.Welche Dosierungen des NMH/Fondaparinux werden
prophylaktisch und therapeutisch empfohlen?
VTE-Prophylaxe:
Wirkstoff
Präparat
Nadroparin Calcium
Fraxiparine
Dalteparin Natrium
Fragmin®
Enoxaparin Natrium
Clexane
Sanofi-Aventis
20 mg, 40 mg s.c. 1 ×/T
Fondaparinux Natrium
Arixtra®
GSK
1.5 mg, 2.5 mg*
s.c. 1 ×/T
Hersteller
Physikalische Dosierung (gewicht-adaptiert)
Intervall
®
®
Hersteller
Physikalische Dosierung (Risiko-adaptiert)
Intervall
GSK
0.2 ml, 0.3ml, 0.4 ml, 0.6 ml
s.c. 1 ×/T
Pfizer
2500 IE, 5000 IE s.c. 1 ×/T
VTE-Therapie:
Wirkstoff
Präparat
Nadroparin Calcium
Fraxiparine
GSK
0.1 ml /10 kg ➜ 0.6 ml, 0.8 ml, 1.0 ml
s.c. 2 ×/T
Nadroparin Calcium
Fraxiforte®
GSK
0.1 ml /10 kg ➜ 0.6 ml, 0.8 ml, 1.0 ml
s.c. 1 ×/T
Dalteparin Natrium
Fragmin
®
Pfizer
200 IE /kg ➜ 10000, 12500, 15000, 18000 IE
s.c. 1 ×/T
Enoxaparin Natrium
Clexane
®
Sanofi-Aventis
1 mg / kg ➜ 60 mg, 80 mg, 100 mg
s.c. 2 ×/T
Enoxaparin Natrium
Clexane®
Sanofi-Aventis
1.5 mg / kg ➜ 90 mg, 120 mg, 150 mg
s.c. 1 ×/T**
Fondaparinux Natrium
Arixtra
GSK
5 mg < 50 kg, 7.5 mg, 10 mg >100 kg
s.c. 1 ×/T
®
®
* Die 2.5 mg Dosierung ist auch für die Behandlung des ACS (Angina pectoris,
NSTEMI und STEMI) zugelassen.
** A rzneimittel-Kompendium der Schweiz 2009. www.documed.ch Die 1x tägliche Verabreichung von
Enoxaparin 1,5 mg/kg Körpergewicht steht nur als Alternative zu einer 2x 1 mg/kg Körpergewicht bei
Patienten ohne komplizierte thromboembolische Probleme zur Verfügung. Bei adipösen Patienten und bei
Krebsleiden zeigte sich eine verringerte Wirksamkeit mit Injektion einer einzigen Enoxaparin-Dosis täglich
von 1,5 mg/kg Körpergewicht. Deshalb wird für diese Patienten die Applikation von Enoxaparin als zwei
Injektionen täglich von 1 mg/kg Körpergewicht empfohlen.
58
59
40.Gibt es einen Direktvergleich zwischen
den verschiedenen NMH in der Prophylaxe?
Es liegen nur wenige Direktvergleichsstudien innerhalb der NMH vor.
• Die doppelblinde, «double-dummy» Studie von Simmoneau et al. verglich
4000 IU (Clexane 40 mg) Enoxaparin mit 2850 IU (Fraxiparine 0.3 ml)
Nadroparin in einer Patientengruppe (n =1288) mit Resektion eines
Colon-Ca (Abdominalchirurgie)
• Wirksamkeit-Endpunkte:
kein Unterschied bezüglich asymptomatischen VTE oder proximalen TVT.
Signifikant weniger symptomatische VTE unter Nadroparine (0.2 % vs. 1.4 %).
Tendenz zu weniger distale TVT unter Enoxaparin, obwohl nicht signifikant
• Sicherheit-Endpunkt:
Signifikant weniger schwere Blutungen in der Nadroparin-Gruppe
(7.3 % vs. 11.5 %, RRR -38 %)
41.Was sind die Nebenwirkungen
der Heparine?
• Blutungsrisiko (4–6 % vermehrte Blutungen unter Heparin
in therapeutischer Dosierung nach 8 Tagen, abhängig vom Alter,
Komedikation und Komorbidität)
• Osteoporoserisiko (wahrscheinlich höher bei UFH als bei NMH)
• Heparin-induzierte Thrombozytopenie (HIT)
• Allergische Reaktionen
• Heparin-induzierte Hautnekrose: allergische Reaktion vs HIT
(siehe Fragen 42 + 43)
• Haarausfall
• Tendenz zu Kaliumerhöhung
• Die Resultate sind nicht einfach zu interpretieren. Zusammenfassend kann man
sagen, dass bei dieser Indikation Enoxaparin 40 mg und Nadroparine 0.3 ml
gleich wirksam sind und Nadroparin 0.3 ml sicherer ist.
• T osetto A: Enoxaparin vs. Nadroparin for venous thromboembolism prevention: too close to tell?
J Thromb Haemos 2006; 4: 1691-2.
• Simonneau G, Laporte S, Mismetti P, Derlon A, Samii K, Samama CM, Bergman JF: A randomized study
comparing the efficacy and safety of nadroparin 2850 IU (0.3 ml) vs. enoxaparin 4000 IU (40 mg) in the
prevention of venous thromboembolism after colorectal surgery for cancer. J Thromb Haemos 2006; 4:
1693-1700.
60
• N
iederer A, Wuillemin WA, de Moerloose P: Orale Antikoagulation: Praktisches Vorgehen.
Schweiz Med Forum 2001; 17: 425-3.
• Bombeli Th: Management von Thrombosen und Blutungen. Ein klinisches Vademecum.
Verlag Hans Huber 2002, 1. Auflage.
• Forth W, Henschler D, Rummel W, Förstermann U, Starke K: Allgemeine und spezielle
Pharmakologie und Toxikologie. Urban& Fischer 2001; 8. Auflage.
• A rzneimittelkompendium der Schweiz. www.kompendium.ch
• Warkentin TE, Greinacher A, Koster A, Lincoff AM: American College of Chest Physicians: Treatment and
prevention of heparin-induced thrombocytopenia: American College of Chest Physicians Evidence-Based
Clinical Practice Guidelines (8th Edition) Chest 2008; 133: 340-80.
61
42.Kutane Reaktion nach niedermolekularer
Heparin (NMH)-Therapie?
43.Wieso muss bei einer VTE initial die OAK überlappend mit UFH bzw. NMH/Fondaparinux durchgeführt werden?
Meist Allergietyp IV. Zumeist auch Reaktion auf alle NMH (Enoxaparin
[Clexane®], Dalteparin [Fragmin®], Nadroparin [Fraxiparine®/Fraxiforte®]).
Mit der OAK wird die Produktion normal funktionierender Vitamin K-abhängiger
Faktoren (II, VII, IX, X sowie Protein C und S als Vorstufen) gehemmt.
Möglichkeiten/Alternativen:
1. notfallmässig UFH i.v.
2. Fondaparinux (Arixtra®)
3. Hirudin (Refludan®)/Danaparoid (Orgaran®)
4. Gelegentlich gelingt der Wechsel auf ein anderes NMH
Die volle antikoagulatorische Wirkung von OAK tritt erst nach einigen Tagen ein.
Achtung!!!
Eine Hautläsion an den Injektionsstellen kann auf eine HIT hindeuten!
Die initiale INR-Erhöhung beruht auf einem Mangel an gebildetem FVII
(wegen kurzer HWZ 6 Std.), wobei die anderen Faktoren noch normal vorhanden
sind; Faktor II: (Halbwertszeit 60 Std.). Ebenfalls resultiert ein initial schneller
Abfall in der verminderten Produktion von Protein C, da die HWZ ca. 6 Std.
beträgt.
Bei Mangel an Protein C, welches gerinnungshemmend wirkt, kann es initial
zu einem erhöhten Thromboserisiko kommen, bis hin zur seltenen Kumarininduzierten Hautnekrose (Thrombose in der Mikrozirkulation).
Die Heparinisierung sollte daher weiter durchgeführt werden, bis der INR
an zwei aufeinanderfolgenden Tagen im therapeutischen Bereich liegt
(steady state). Die Heparinisierung darf aber frühestens nach 5 Tagen
abgesetzt werden.
• K löcker M: Subkutane Thromboseprophylaxe. Was tun bei einer Heparine-Allergie? Medical Tribune 2008; 7: 12.
• Bircher AJ, Harr T, Hohenstein L, Tsakiris DA: Hypersensitivity reactions to anticoagulant drugs: diagnosis
and management options. Allergy 2006; 61: 1432-40.
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• N
iederer A, Wuillemin WA, de Moerloose P: Orale Antikoagulation: Praktisches Vorgehen. Schweiz Med
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• Bombeli Th: Management von Thrombosen und Blutungen. Ein klinisches Vademecum. Verlag Hans Huber
2002, 1. Auflage.
• K earon C, Kahn SR, Agnelli G, Goldhaber S, Raskob GE, Comerota AJ; American College of Chest Physicians:
Antithrombotic therapy for venous thromboembolic disease: American College of Chest Physicians EvidenceBased Clinical Practice Guidelines (8th Edition), Chest 2008; 133 (6 Suppl.): 454S-545S.
63
44.Sollen Heparinpräparate eher in den Bauch oder
in den Oberschenkel appliziert werden?
Wichtiger Hinweis zur Injektionstechnik:
Eine langsame, 30-sekündige Injektion führt zu weniger Schmerzen und
Hämatomen am Injektionsort, als eine 10-sekündige Injektion.
Bemerkung:
Bezüglich optimalen Applikationsort von Heparinpräparaten ist sich die
Fachwelt heute nicht einig.
Praxis-Empfehlung:
Obwohl die Datenlage nicht gesichert scheint, wird die subkutane Injektion in
den Oberschenkel bis zum Vorliegen anderslautender Daten empfohlen. Dadurch
werden lebensbedrohliche Bauchdecken-Hämatome verhindert, welche selten
sind, aber falls vorhanden schwerwiegende Folgen haben.
Injektion in den Oberschenkel gilt besonders für Patienten mit folgenden
Prädispositionen: Schwangerschaft, kachektische Patienten, ältere Patienten,
spontane Hustenanfälle, plötzliche Bauchwandkontraktionen, COPD-Patienten
und bei schlechter Injektionstechnik.
Thrombozytenaggregationshemmer können zum Auftreten von Bauchwand­
hämatomen beitragen.
Sämtliche klinische Studien und Pharmakokinetik Untersuchungen wurden
mit subkutaner Injektion in den Bauch durchgeführt und entsprechend sind
die offiziellen Empfehlungen abgefasst. Es gibt Hinweise, dass nach Injektion
in den Oberschenkel die Pharmakokinetik bis 10 % unterschiedlich sein kann
(«Area under the curve»).
45.Welche neuen Antikoagulantien gibt es?
Stand September 2009
1. Schon auf dem Schweizer Markt zugelassen:
Seit 2002: Fondaparinux – ein selektiver, indirekter Faktor-Xa-Inhibitor:
(für Wirkungsweise von Fondaparinux und praktische Hinweise, siehe Frage 38)
Fondaparinux ist zugelassen und mit Grad 1A empfohlen für:
• Die VTE-Prophylaxe nach elektivem Hüft- und Kniegelenksersatz und bei
hüftnahen Frakturen, sowie in der Abdominalchirurgie und in der Inneren
Medizin bei bettlägerigen Patienten
• Die Behandlung von TVT und LE
• Die Behandlung des ACS
In der VTE-Prophlyaxe nach orthopädischen Eingriffen war Fondaparinux
Enoxaparin überlegen mit vergleichbarer Sicherheit. Über allen Indikationen,
erwies sich Fondaparinux als mindestens so oder wirksamer als die NMH,
mit vergleichbarer Sicherheit.
Rivaroxaban – ein selektiver, direkter oraler Faktor-Xa-Inhibitor:
Seit Januar 2009 ist Rivaroxaban in der Schweiz in der VTE-Prophylaxe nach
elektivem Hüft- und Kniegelenkersatz zugelassen. Verglichen mit Enoxaparin,
erwies sich Rivaroxaban als wirksamer nach Knie- und Hüftendoprothetik mit
vergleichbarem Blutungsrisiko. Beweisen muss sich aber Rivaroxaban noch in
anderen Indikationen, in der langfristigen Behandlung sowie im Alltag bei
polymorbiden Patienten mit und ohne Komedikation. Auf Interaktionen mit
dem CYP3A4 muss wegen hepatischem Metabolismus geachtet werden.
Der potentielle Nutzen dieses oralen Antikoagulans besteht darin, dass bei
Behandlung mit therapeutischen Dosen grundsätzlich kein Monitoring nötig ist.
Einige wiesen darauf hin, dass diese Tatsache auch ein Nachteil sein könnte,
da ein regelmässiges Monitoring die Compliance der Patienten unter Dauer­
antikoagulation fördern kann. Das Problem der Compliance unter OAK ist bereits
bekannt, auch wenn eine regelmässige Überwachung sie verbessert.
• S täubli M, Suter J: Die Komplikationsliste der Schweizerischen Gesellschaft für Innere Medizin,
Schweizerische Ärztezeitung 2004; 85: 106-16.
• Bounameaux H; Abdominal wall hematoma in relation with subcutaneous injection of UFH/LMWH, written
statement 2004.
64
65
45.Welche neuen Antikoagulantien gibt es?
Stand September 2009
2. In der klinischen Entwicklung:
Dabigatran – ein oraler direkter Thrombininhibitor:
(zugelassen seit April 2008 in Europa in der VTE-Prophylaxe bei Hüftund Knie-Endoprothesen, aber noch nicht in der Schweiz)
Dieses Präparat wird derzeit in klinischen Studien getestet. Die Studien in
der Prophylaxe nach elektivem Hüft- und Kniegelenkersatz sind bereits
abgeschlossen. Die Studien haben Non-inferiority vs. Enoxaparin 1 × täglich
40 mg perioperativ (europäisches Regime) und Inferiority vs. 2 × täglich 30 mg
postoperativ (amerikanisches Regime) bewiesen. Die Studien zu anderen
Indika­tionen (VTE-Behandlung, Vorhofflimmern und sekundäre Prävention
nach ACS) sind zum Teil noch nicht abgeschlossen. In der kürzlich publizierten
RE-LY-Studie war die Rate von CVI und systemischen Embolien unter Dabigatran
110 mg gleich wie mit Warfarin, mit einer kleineren Rate von schweren
Blutungen. Dabigatran 150 mg vs. Warfarin zeigte eine kleinere Rate von CVI
und systemischen Embolien und eine gleiche Rate an schweren Blutungen.
Idraparinux – ein selektiver, indirekter Faktor-Xa-Inhibitor:
Das methylierte Pentasaccharidmolekül hat eine Halbwertszeit zwischen
80–130 Std., die 1 × pro Woche subkutane Applikation könnte die LangzeitAntikoagulation vereinfachen. Wegen erhöhtem Blutungsrisiko und marginalem
klinischem Nutzen dieser Behandlung in den Phase III-Studien, wird zurzeit ein
biotinyliertes Idraparinux untersucht, dessen Wirkung antagonisiert werden
könnte. (Adaptierte Kurve)
Dabigatran wird zurzeit nicht untersucht in der Prophylaxe bei akut erkrankten
Patienten, noch nach allgemeinchirurgischen Eingriffen oder nach Hüftfraktur.
Rivaroxaban – (siehe auch oben):
Dieses Präparat wird derzeit in weiteren klinischen Studien getestet. Die Studien
zu anderen Indikationen (VTE-Behandlung, Vorhofflimmern und sekundäre
Prävention nach ACS) sind noch nicht abgeschlossen. Rivaroxaban wird zurzeit
nicht in der Prophylaxe nach allgemeinchirurgischen Eingriffen oder nach
Hüftfraktur untersucht.
Für Dabigatran, Rivaroxaban und Fondaparinux sind keine Antidote verfügbar.
Bei diesen Präparaten könnte das rekombinante Faktor VIIa wirken (NovoSeven®).
Bei gesunden Patienten, haben Rivaroxaban, Dabigatran und Fondaparinux eine
HWZ von resp. 9, 13 und 17 Std. Für Dabigatran und Rivaroxaban gibt es noch
keine Monitoring Methode; Fondaparinux lässt sich mit der Anti-Xa Aktivität
kontrollieren.
66
• T urpie AG: Selective factor Xa inhibition with fondaparinux: from concept to clinical benefit. European
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Dabigatran verus warfarin in patients with atrial fibrillation. N Engl J Med 2009; 361: 1139-51.
67
46.Wie lange sollte die orale Antikoagulation (OAK)
durchgeführt werden?
Faktoren, die zur Entscheidung beitragen:
•Sekundäre (provozierte) versus idiopatische (nicht provozierte) Thromboembolie
• Erstereignis versus Rezidiv
• Schweregrad des Ereignisses
• Ungewöhnliche Lokalisation
• Positive Familienanamnese
Gemäss den 8. ACCP Guidelines:
• 3 Monate:
Erste Episode einer sekundären TVT oder LE, d.h. nach transientem,
reversiblem Risikofaktor z.B. Gipsimmobilisation. (Grad 1A)
• Mindestens 3 Monate:
Erste Episode einer idiopathischen TVT oder LE (Grad 1A). Bereits nach diesen
3 Monaten sollte bei geringem Blutungsrisiko und falls vom Patienten
erwünscht die Dauerantikoagulation erwogen werden (Grad 1C).
• Dauerantikoagulation zu erwägen bei:
• Erstem unprovoziertem Ereignis und geringem Blutungsrisiko,
nach Rücksprache mit dem Patient (Grad 1A)
• Patienten mit 2. unprovoziertem Ereignis (Grad 1A)
• Patienten mit aktiver Neoplastie (Grad 1C)
Wenn zusätzliche hereditäre prothrombotische Mutationen (Antithrombin-IIIMangel, Protein S-, Protein C-Mangel, Faktor-V-Leiden, Prothrombin G20210AGen-Mutation, hohe Faktor-VIII Konzentrationen [> 90. Perzentile des Normalen])
vorliegen, ist dies ein zusätzliches Argument für die Dauerantikoagulation, sollte
aber mit dem Fachspezialist besprochen werden.
Risk/Benefit Ratio der Dauerantikoagulation periodisch überprüfen
(z. B. nach 6 Monaten, Grad 1C)
68
Bemerkung:
Die Bestimmung des Plasma-D-Dimers 6 Wochen nach Absetzen und die
Duplexsonographie helfen das Risiko der Rezidivthrombose abzuschätzen
(Rest-Thrombus oder Auflösung?).
Bei erhöhtem Rezidiv-Risiko, gibt es zwei Varianten:
a) Weiterführung der Therapie unter laufender Risikoabwägung
b) Weiterführung mit Bereich INR 1.5–2.0 (Grad 1A).
Das Rezidivrisiko ist im 1. Jahr nach dem Absetzen am höchsten und
nimmt über die folgenden Jahre ab (siehe Frage 2). Der Nutzen der Dauer­anti­ko­agulation bleibt bestehen. Das Blutungsrisiko nimmt nach 3 Monaten
ab (siehe Frage 6).
• Z acharski LR, Prandoni P, Monreal M: Warfarin versus low-molecular-weight heparin therapy in cancer
patients. Oncologist 2005; 10: 72-9.
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69
47.Welches ist der Ziel INR-Wert?
Bemerkung:
Der Quick Wert in % gehört der Vergangenheit an, da die %-Werte von einem
Labor zum anderen variieren, deshalb wurde der INR-Wert in den 80er Jahren
eingeführt (INR = international normalized ratio).
Allgemein gilt:
Der INR-Zielwert liegt in den meisten Indikationen (Ausnahmen z.B.
Herzklappen­prothesen) bei 2.5 (Bereich 2–3), (Grad 1A).
Höhere INR-Zielwerte sind nicht wirksamer und bergen das Risiko einer höheren
Blutungsgefahr z.B. 3.1–4.0 (Grad 1A). Neu in den 8. ACCP Guidelines wird eine
hohe Intensität der OAK-Therapie z.B. INR 3.1–4.0 abgelehnt. Der Bereich
1.5–2.0 kann allenfalls nach 3 bis 12 Monaten klassischer Antikoagulation
erwogen werden, wenn das Blutungsrisiko hoch erscheint, die Fortführung der
Antikoagulation notwendig ist und nach Absprache mit dem Patienten (Grad 2B).
INR 1.7 (1.5–2.0):
• Nach unprovozierter Thrombose und erst nach 3 Monaten OAK-Therapie
(2.0–3.0) braucht eventuell weniger Monitoring, ohne die Therapie abzusetzen
(Grad 1A)
INR 2.5 (2.0–3.0):
•T VT, LE (Grad 1A)
•Vorhofflimmern mit Mitralstenose (Grad 1B)
•Vorhofflimmern, paroxysmales Vorhofflimmern, Vorhofflattern:
• mit Status nach TIA, systemischen Embolien (Grad 1A)
• mit ≥ 2 Risikofaktoren (RF) (Alter > 75 Jahre, art. Hypertonie, Diabetes mellitus, EF 35–45 %, Herzinsuffizienz) (Grad 1A)
• mit nur 1 RF: abwägen ob OAK (Grad 1A) oder Aspirin 75–325 mg/T (Grad 1B)
• Morbus embolicus (Arterielle Embolien)
• Myokardinfarkt und EF < 35–45 % (Grad 2A)
• Herzwandaneurysma oder Thrombus
70
•Rheumatisches Mitralvitium im Sinus mit einem Durchmesser > 55 mm des
linken Vorhofs (Grad 2C) CAVE < 55 mm: keine antithrombotische Therapie,
wenn keine andere Indikation besteht (Grad 2C)
•Rheumatisches Mitralvitium mit Vorhofflimmern oder Status nach systemi­
schen Embolien oder Thrombus im linken Vorhof (Grad 1A)
•Rheumatisches Mitralvitium mit Vorhofflimmern und systemischen Embolien
oder Thrombus im linken Vorhof trotz therapeutischen INR + Aspirin
50–100 mg (CAVE Blutungsrisiko) (Grad 2C). Alternative siehe unter INR 3.0
•Mitralklappenprolaps mit Vorhofflimmern oder nachgewiesenen systemischen
Embolien oder rezidivierenden TIA’s trotz Aspirin (Grad 2C)
• Mechanische aortale Carbo-Medics 2-Flügel-Prothese oder eine aortale
Medtronic Hall Kippscheiben-Prothese im Sinus (Grad 1B)
• Nach mitraler Bioklappeneinlage 3 Monate postoperativ (Grad 1B)
Nach 3 Monaten falls im Sinus Aspirin 50–100 mg (Grad 1B)
• Bioprothese mit Status nach systemischen Embolien für mindestens 3 Monate
postoperativ. Danach neue Evaluation (Grad 1C)
•Bioprothese mit Vorhofthrombus links während der Operation bis zur
Thrombusauflösung (Grad 1C)
•Bioprothese mit RF für Thromboembolien (Vorhofflimmern, Hyperkoagulabilität,
tiefe EF) (Grad 1C)
INR 2.5 (2.0–3.0) + Aspirin 50–100 mg
(CAVE: wesentlich erhöhte Blutungsgefahr):
•Mechanische Klappe mit Embolisation trotz therapeutischen INR und/oder
Ziel-INR auf 3.0 erhöhen (Grad 2C)
•Bioprothese mit RF für Thromboembolien (Vorhofflimmern, Hyperkoagulabilität,
tiefe EF) und Status nach atherosklerotischer arterieller Krankheit (Grad 2C)
INR 3.0 (2.5–3.5):
• N
ach peripherem infringuinalem Prothesenbypass (Grad 2A) oder Venenbypass
(Grad 2B). Gemäss BOA-trial : Aspirin für Prothesenbypass, OAK für Venenbypass
•Schwere arterielle Durchblutungsstörungen (falls kein ASS möglich).
• Nach arterieller Embolectomie (Grad 2C)
71
47.Welches ist der Ziel INR-Wert?
• Rheumatisches Mitralvitium mit Vorhofflimmern und systemischen Embolien
oder Thrombus im linken Vorhof trotz therapeutischen INR (Grad 2C)
• Kugelklappe («caged ball» oder «caged disk valves») (Grad 1B)
• Mechanische aortale oder mitrale Klappe mit RF (Vorhofflimmern, Myokard­
infarkt, dilatierter linker Vorhof, Hyperkoagulabilität, tiefe EF) (Grad 1B)
INR 3.0 (2.5–3.5) + Aspirin 50–100 mg
(CAVE: wesentlich erhöhte Blutungsgefahr):
• Mechanische Klappe mit RF (Vorhofflimmern, Hyperkoagulabilität, tiefe EF,
atherosklerotische arterielle Krankheit) (Grad 1B)
• Mechanische Klappe mit Embolisation trotz therapeutischen INR und/oder
Ziel-INR auf 3.5 erhöhen (Grad 2C)
Keine OAK empfohlen:
• Bioprothese im Sinusrythmus ohne zusätzliche Indikation: Langzeitaspirin (Grad 1B)
• Mitralklappenprolaps ohne RF
• Verkalkung des Mitralanulus ohne thromboembolische Ereignisse (Grad 2C)
• Valvuläre Aortenklappenerkrankung ohne zusätzliche RF oder andere
Indikation für entsprechende Therapie (Grad 2C)
Unterbruch der OAK bei Klappenpatientinnen in der Schwangerschaft:
Über­brückung mit UFH oder NMH, mit Anti-Faktor-Xa-Monitorisierung.
• B ounameaux H, Dörffler-Melly J, Lüscher T: Kommentar der Schweizer Expertengruppe zu den Empfehlungen: The seventh ACCP
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• Sobel M, Verhaeghe R; American College of Chest Physicians: Antithrombotic therapy for peripheral artery occlusive disease.
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• Dutch Bypass Oral anticoagulants or Aspirin (BOA) Study Group: Efficacy of oral anticoagulants compared with asprin after
infringuinal bypass surgery (The Dutch Bypass Oral Anticoagulants or Aspirin Study): a randomized trial. Lancet 2000; 355
(9201):346-51.
72
48.Wirkmechanismus der Kumarine?
Bemerkung:
In der Schweiz stehen 2 Präparate zur Verfügung: Acenocoumarol (Sintrom®)
und Phenprocoumon (Marcoumar®). In der Deutschschweiz wird Phenpro­coumon, in der Romandie eher Acenocoumarol bevorzugt.
Sie wirken als Vitamin K-Antagonisten, dadurch wird die Plasmakonzentration
der funktionstüchtigen Vitamin-K-abhängigen Faktoren II, VII, IX und X, Protein
C und S reduziert.
Inzwischen gibt es die Evidenz, dass mit Phenprocoumon eine etwas stabilere
Einstellung erreicht werden kann.
Die HWZ der Präparate ist sehr unterschiedlich: Phenprocoumon 130–160 Std.,
Acenocoumarol 9 Std., der gewünschte, therapeutische Effekt wird nach
5–8 Tagen erwartet. Protein S hat eine HWZ von ca. 42 Std. und Protein C
hat eine kurze HWZ von ca. 6 Std. Am Anfang sinkt deshalb die Konzentration
von Protein C stark ab.
Bedingt durch den starken Abfall der Inhibitorenrate zu Therapiebeginn,
kann es zu einer erhöhten Thromboseneigung kommen, was die parallele
Gabe von NMH erfordert.
Kumarine sind > 98 % an Plasmaproteine gebunden. Sie werden in der Leber
metabolisiert, die Ausscheidung erfolgt zu ca. 60 % renal und 40 % biliär.
• N
iederer A, Wuillemin WA, de Moerloose P: Orale Antikoagulation: Praktisches Vorgehen. Schweiz Med
Forum 2001; 17: 425-30.
• Forth W, Henschler D, Rummel W, Förstermann U, Starke K: Allgemeine und spezielle Pharmakologie und
Toxikologie. Urban& Fischer 2001; 8. Auflage.
73
49.Nebenwirkungen der Kumarine?
• Blutungen (2–10 % leichte Hämorrhagien, 1–4 % schwere bis bedrohliche
Blutungen im Magen-Darm-Trakt und der Harnwege, 0.5–1.5 % potentiell
tödliche intrakranielle Blutungen pro Jahr).
• Risikofaktoren für Blutungen: Alter, schwankende INR, Blutungen in der
Anamnese, Niereninsuffizienz, Diabetes, Hypertonie
• Allergische Reaktionen (selten)
• Nausea und Erbrechen (selten)
• Haarausfall (selten relevant)
• Vorübergehender Anstieg der Transaminasen (sehr selten: MarcoumarHepatopathie bis schweres Kumarin Leberversagen < 0.01 %)
• Hautnekrose (3–8 Tage nach Behandlungsbeginn. Bei Verdacht: Kumarine
absetzen und auf Heparin umstellen. Lokalisation: Oft an Brust, Gesäss
und Oberschenkeln, Beginn mit Schmerzen und Rötung später Nekrose)
• Embryo- und Fetopathien (siehe Frage 67)
• Blue-Toe-Syndrom (blaurote Verfärbung an den Fusssohlen und den
Zehenseiten, manchmal schmerzhaft, treten einige Wochen nach Therapie­
beginn auf. Diese deuten auf freigesetzte Cholesterinembolien aus throm­
bosierten Plaques der Aorta).
50.Wie soll eine orale Antikoagulation mit
Phenprocoumon (Tabl. à 3 mg), resp. mit Acenocoumarol
(Tabl. à 1 bzw. 4 mg) begonnen werden?
CAVE: Zu hohe Initialdosis!
Bemerkung:
Um den INR-Wert langsam zu erhöhen (bzw. den Quick langsam zu senken),
wurde auf hohe Anfangsdosen verzichtet; somit wird ein gefährlicher Abfall
(Blutung) des FVII-Wertes verhindert.
Bei Patienten ab 65 Jahren mit einem Ausgangs-Quick von 70 - 85%, sollte die
Behandlung mit einer Dosis von 2 mg in den ersten 2 Tagen begonnen werden
(Sintrom®).
Für die anderen Patienten Behandlung mit einer Dosis von 3 mg in den ersten
2 Tagen beginnen.
PHENPROCOUMON (Marcoumar®):
Bei Patienten mit normaler Leber- und Nierenfunktion, normalem INR-Wert
und wenig oder keiner Polymorbidität kann mit dem Schema Phenprocoumon
2-2-1 (erster Tag 2 Tabletten, zweiter Tag 2 Tabletten, dritter Tag 1 Tablette)
oder 2-1-1 (erster Tag 2 Tabletten, zweiter Tag 1 Tablette, dritter Tag 1 Tablette)
begonnen werden.
Bei alten Patienten (> 70 Jahre) mit bereits nicht ganz normalem INR-Wert
(z.B. INR 1.3) und gleichzeitiger Antibiotika-Therapie, Herzinsuffizienz, etc. soll
mit niedrigerer Dosis, resp. direkt mit der Erhaltungsdosis begonnen werden,
z.B. 1-½-½ (erster Tag 1 Tablette, zweiter Tag ½ Tablette, dritter Tag ½ Tablette).
Genetische Teste zum Nachweis einer erhöhten Sensitivität sind verfügbar,
werden jedoch in der Schweiz nicht routinemässig gebraucht. Diese Teste sind
in den USA zugelassen.
• N
iederer A, Wuillemin WA, de Moerloose P: Orale antikoagulation: praktisches Vorgehen. Schweiz Med
Forum 2001; 17: 425-30.
• Forth W, Henschler D, Rummel W, Förstermann U, Starke K: Allgemeine und spezielle Pharmakologie und
Toxikologie. Urban& Fischer 2001; 8. Auflage.
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Clinical Practice Guidelines (8th Edition). Chest 2008; 133: 257S-298S.
74
75
50.Wie soll eine orale Antikoagulation mit
Phenprocoumon (Tabl. à 3 mg), resp. mit Acenocoumarol
(Tabl. à 1 bzw. 4 mg) begonnen werden?
ACENOCOUMAROL (Sintrom®):
Beginn der Therapie:
• Keine Ladedosis
• Patient < 65 Jahre alt mit normalem INR
• Tag 1 (Abend)
3 mg
• Tag 2 (Abend)
3 mg
• Tag 3 (Morgen) INR-Messung
Erhaltungsdosis:
• INR am 3. Tag
• < 1.2
• 1.2–1.8
• 1.8–3.5
• > 3.5
• INR am 4. Tag
• < 2.0
• 2.0–3.0
• > 3.0
Bei Patienten mit bakterieller Endokarditis sollte keine antithrombotische
Therapie durchgeführt werden, ausser bei separaten Indikationen (Grad 1B).
Bei Patienten, welche eine OAK bereits erhalten, sollte diese mit UFH substituiert
werden. Wenn der Patient stabil, ohne Kontraindikation oder neurologische
Komplikationen bleibt, kann die OAK wieder evaluiert werden (Grad 2C).
Bei abakterieller, thrombotischer Endokarditis sollte die Therapie mit UFH oder
NMH-Applikation durchgeführt werden (Grad 1C).
➞ Dosis erhöhen (+1 mg)
➞ Gleiche Dosis wie am Tag 1 und 2
➞ Dosis reduzieren (-1 mg)
➞ Kein Sintrom®
➞ Dosis erhöhen
➞ Gleiche Dosis
➞ Dosis reduzieren
• S chwarz UI, Ritchie MD, Bradford Y, Li C, Dudek SM, Frye-Anderson A, Kim RB, Roden DM, Stein CM:
Genetic determinants of response to warfarin during initial anticoagulation. N Engl J Med 2008; 358:
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• L acut K, Larramendy-Gozalo C, Le Gal G, Duchemin J, Mercier B, Gourhant L, Mottier D, Becquemont L,
Oger E, Verstuyft C: Vitamin K epoxide reductase genetic polymorphism is associated with venous throm­
boembolism: results from the EDITH Study. J Thromb Haemost 2007; 5: 2020-4.
76
51.OAK bei bakterieller Endokarditis und abakterieller,
marantischer (thrombotischer) Endokarditis
• S alem DN, O’Gara PT, Madias C, Pauker SG; American College of Chest Physicians: Valvular and structural
heart disease: American College of Chest Physicians Evidence-Based Clinical Practice Guidelines (8th
Edition) Chest 2008; 133; 593-629.
• Bounameaux H, Dörffler-Melly J, Lüscher T: Kommentar der Schweizer Expertengruppe zu den Empfehlun­
gen: The seventh ACCP conference on antithrombotic therapy of the American College of Chest Physicians;
Swiss Medical Forum 2005; 27: 1-48.
77
52.Interaktionen mit Kumarinen: Medikamente und Diät.
Worauf sollte geachtet werden?
Medikamente, die die Pharmakokinetik beeinflussen:
• Verminderung der Bioverfügbarkeit (z.B. Antacida oder Cholestyramin)
• Steigerung des Abbaus durch Enzyminduktion (z.B. Rifampicin, Barbiturate)
• Hemmung des Metabolismus durch Enzymhemmung (z.B. Cimetidin)
• Verminderte Clearance (z.B. Metronidazol)
Medikamente, die die Pharmakodynamik beeinflussen:
• Verminderung der Vitamin K-Verfügbarkeit resp. Produktion durch Darmflora
(z.B. Antibiotika)
• Synthesesteigerung der Gerinnungsfaktoren (z.B. Corticosteroide)
• Synthesehemmung der Gerinnungsfaktoren (z.B. Anabolika)
• Steigerung des Metabolismus (z.B. Thyroxin)
Allgemein: Bei Veränderung der Medikation, muss immer auf Schwankungen
des INR geachtet werden. Kürzere Intervalle zur Steuerung sind anzustreben.
53.Wie gross ist das Risiko von schweren Blutungen während gleichzeitiger Antibiotika- und Kumarintherapie?
Die Daten sind vor allem für Amoxicillin/Clavulanat und für Doxycyclin
repräsentativ.
Amoxicillin/Clavulanat:
Inzidenzrate von 0.1 Episoden pro 100 Antibiotikazyklen (1:1000).
Relatives Risiko ohne gleichzeitige Einnahme von nicht steroidalen
Antirheumatika 4.4 (95 % CI 2.5–7.8).
Doxycyclin:
Inzidenzrate 0.05 Episoden pro 100 Antibiotikazyklen (1:2000).
Relatives Risiko ohne gleichzeitige Einnahme von nicht steroidalen
Antirheumatika 2.4 (95 % CI 1.2–4.8).
Die schweren Blutungen waren zu 67 % gastrointestinale Blutungen
und zu 27 % zerebrale Blutungen.
Hepatischer Metabolismus: Viele Medikamente können mit Kumarinen
interagieren (s.o.). Phenprocoumon wird hauptsächlich durch die Cytochrome
2C9 und 3A4 metabolisiert (viel weniger relevant für Acenocoumarol).
Substanzen, die durch die gleichen Isoenzyme metabolisiert werden, können
eine Interaktion aufweisen. Eine Verdrängung der Plasmaproteinbindung von
Phenprocoumon kann zur vermehrten antikoagulatorischen Wirkung führen.
Eine wesentliche synergistische Wirkung mit anderen Antikoagulanzien
(Heparin, Acetylsalicylsäure) oder Antirheumatika führt gegebenenfalls zu einer
vermehrten hämorrhagischen Diathese.
Eine Vitamin-K-reiche oder -arme Diät beeinflusst die Antikoagulation.
• A
rzneimittelkompendium der Schweiz. www.kompendium.ch
• Forth W, Henschler D, Rummel W, Förstermann U, Starke K: Allgemeine und spezielle Pharmakologie und
Toxikologie. Urban& Fischer 2001, 8. Auflage.
• Niederer A, Wuillemin WA, de Moerloose P: Orale antikoagulation: praktisches Vorgehen. Schweiz Med
Forum 2001; 17: 425-30.
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warfarin anticoagulation. JAMA 1998; 279: 657-62.
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• P enning-van Beest FJ, Koerselman J, Herings RM: Risk of major bleeding during concomitant use of
antibiotic drugs and coumarin anticoagulants. J Thromb Haemost 2008; 6: 284-90.
79
54.Wie häufig soll eine INR-Wert Bestimmung
mindestens erfolgen?
Allgemein gilt:
Initial alle 2–3 Tage dann wöchentlich. Im steady state mindestens alle vier
Wochen, bei Schwankungen und kritischen Ereignissen häufiger.
55.Bei welchen Zusatzerkrankungen sollte die INR-Wert Bestimmung häufiger vorgenommen werden?
• Herzinsuffizienz
• Lebererkrankungen
• Fieber
• Verminderte Zufuhr von Vitamin-K
• Hyperthyreose
• Malabsorption
• Nephrotisches Syndrom
• Malignome
• Hyperlipidämie
• Chronischer Aethylismus
• Diarrhoe
• Medikamentöse Neu-Einstellung
• K earon C, Kahn SR, Agnelli G, Goldhaber S, Raskob GE, Comerota AJ; American College of Chest Physicians:
Antithrombotic therapy for venous thromboembolic disease: American College of Chest Physicians EvidenceBased Clinical Practice Guidelines (8th Edition), Chest 2008; 133 (6 Suppl.): 454S-545S.
80
• B ombeli Th: Management von Thrombosen und Blutungen. Ein klinisches Vademecum. Verlag Hans Huber
2002, 1. Auflage.
81
56.Wie kann eine stark schwankende INR-Einstellung
bei sehr geringem Bedarf von Vitamin-K-Antagonisten
verbessert werden?
Die Regelmässige Gabe von Vitamin K, z.B. 100–150 ug/Tag Vit K
(in einer speziellen vorbereiteten Lösung oder als Tablette) zusätzlich,
stabilisiert die INR-Einstellung.
57.Wie ist bei einer supratherapeutischen
oralen Antikoagulation vorzugehen?
Generell gilt: für einen INR > 4: (0.5–1 mg) Konakion per os und auslassen
einer Marcoumar- bzw. Sintrom-Dosis. Der Effekt kleiner Mengen von Vitamin K
ist schwer voraussehbar und stark variabel.
Allgemeine Richtlinien:
• INR 4.0–5.0: Ohne Blutung 1–2 mg Konakion p.o. und Kumarinstopp
• INR 5.0–9.0: Ohne Blutung, Kumarinstopp, tägliche INR Kontrolle evtl.
Konakion auf 2–3 mg p.o. erhöhen
• INR > 9.0: Keine oder leichte Blutungen, Kumarinstopp,
5 mg Konakion p.o., resp. i.v.
• INR > 5 mit Blutung: Hospitalisation, Konakion i.v., evtl. FFP oder
Prothromplex-Konzentrat, allenfalls Fibrinolysehemmer gemäss
individueller Risikoabschätzung
Generell: bei Vitamin K-Gabe daran denken, dass die Wirkung frühestens
nach ca. 12 Std. in relevantem Masse eintreten kann. [Die Wirkung besteht in
erster Linie darin, dass der Faktor VII ansteigt. Der hämostatisch relevante
Faktor II steigt jedoch erst nach 2–3 Tagen an].
Ad FFP (Fresh Frozen Plasma):
Ein Beutel enthält 200 ml. Je höher der INR um so schneller kann eine Korrektur
mit einem Beutel erreicht werden, z.B.:
Pre-Transfusions-INR
• S conce E, Avery P, Wynne H, Kamali F: Vitamin K supplementation can improve stability of anticoagulation
for patients with unexplained variability in response to warfarin. Blood 2007; 109: 2419-23.
• Rombouts EK, Rosendaal FR, Van Der Meer FJM: Daily vitamin K supplementation improves anticoagulant
stability. J Thromb Haemost 2007; 4: 2043-8.
• Sconce E, Khan T, Mason J, Noble F, Wynne H, Kamali F: Patients with unstable control have a poorer
dietary intake of vitamin K compared to patients with stable control of anticoagulation. Thromb Haemost
2005; 90: 872-5.
82
INR 1.3–1.7
INR 1.7–2.3
INR 2.4–2.9
INR 3.0–4.3
INR 4.4–20.0
Korrektur/FFP-Beutel
0.1
0.2
0.4
0.7
bis 3.5
Cave: Volumenbelastung!
83
57.Wie ist bei einer supratherapeutischen
oralen Antikoagulation vorzugehen?
Ad Prothromplex-Konzentrat:
Eine Einheit pro kg erhöht den Quick um ca. 0.8 %. Rasche Wirkung, keine
Volumenbelastung, wirkt prothrombogen (Myokardinfarkt, etc. sind beschrie­
ben). Am häufigsten wird die Dosis von 25–30 E/kg gebraucht, z.B. 2000E bei
einem 70 kg schweren Patienten.
58.Woran ist beim antikoagulierten Patienten mit Rücken-, Kopfschmerzen oder Sehstörungen zu denken?
Spontanblutungen bei supratherapeutischer OAK-Behandlung:
• das spinale epidurale Hämatom (auch ohne Ausfälle bei Rückenschmerzen!)
• das subdurale Hämatom
• das retroperitoneale Hämatom (Zusammen mit Hüft- und Beinschmerzen)
• die intraokuläre Blutung
Faustregel für die Initialdosierung:
1 IE PPSB pro kg KG hebt die Aktivitäten der Faktoren VII und IX um 0.5–1 %,
der Faktoren II und X um 1–2 % an. Initiale Bolusgaben von 20–25 IE pro kg KG
werden im Falle schwerer Blutungen empfohlen. Die danach zu applizierenden
Erhaltungsdosen heben die Aktivitäten um 1–2 % respektive 2–4 % an.
Bei leichten Blutungen bzw. kleineren Verletzungen oder Eingriffen genügen
Faktorenaktivitäten von 20–40 % (entspricht einem Quickwert von 30–50 %,
INR ca. 1.6–2.4), bei schweren Verletzungen oder grösseren Operationen
sind Faktorenaktivitäten von 50–60 % (entspricht einem Quickwert von
60–80 %, INR ca. 1.15–1.4) aufrechtzuerhalten.
Einige Autoren empfehlen die folgende Dosisanpassung gemäss INR:
INR 2–4
INR 4–6
INR > 6
25 E/kg
35 E/kg
50 E/kg
• M
arkis M, Watson HG: The management of coumarin-induced overanticoagulation. Annotation. Br J
Haematol 2001; 114: 271-80.
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thrombin complex concentrate (Beriplex): efficacy and safety in 42 patients. Br J Haematol 2002; 116: 619-24.
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• M
arkis M, Watson HG: The management of coumarin-induced overanticoagulation. Annotation. Br J
Haematol 2001; 114: 271-80.
85
59.Perinterventionelles Management
der OAK/Bridging-Procedere
Bemerkung:
Nutzen/Risiko-Abwägung (individualisieren!):
• Thromboembolierisiko vs. Blutungsrisiko im Rahmen eines Eingriffes unter OAK
• Bei vielen kleineren Eingriffen (zahnärztlich, dermatologisch, ophthalmologisch
z.B. Katarakt-OP, ORL, Gelenkspunktion, diagnostische Endoskopie) ist
der Unterbruch nicht nötig und die kleineren Blutungen können mit lokalen
Massnahmen behandelt werden (lokale Koagulation mittels Elektrokauter,
Blutstillende Watte, Tranexamsäure-Ampullen 1:5 verdünnt z.B. Cyklokapron®Ampullen oder Brausetabletten zur Spülung)
60.Zahnärztliche Eingriffe
beim antikoagulierten Patienten
Die allermeisten zahnärztlichen Eingriffe können (gemäss zahnärztlichem
Statement!) bei einem INR von 2–3 durchgeführt werden. Meist ist das Risiko
bezüglich einer INR Absenkung (= Quickanhebung) grösser, als das Blutungs­
risiko während des zahnärztlichen Eingriffes.
Das Risiko eines thromboembolischen Ereignisses ohne Heparinprophylaxe ist
abhängig vom Risikoprofil. In einer Serie von 576 Patienten erlitten (0.95 %)
eine thromboembolische Komplikation.
Bezüglich Ziel-INR konnten Studien zeigen, dass ein INR ≤ 1.5 nicht mit einer
erhöhten Blutungsrate bei grossen Operationen assoziert ist. Ein INR ≤ 1.75 ist
bei kleinen Operationen genügend.
Vor der Aufhebung eine OAK-Therapie müssen die folgenden Punkte in Frage 61
beachtet werden.
• D
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• Greenberg MS, Miller MF, Lynch MA: Partial thromboplastin time as a predictor of blood loss in oral surgery
patients receiving coumarin anticoagulants. J Am Dent Assoc 1972; 84: 583-7.
• Blinder D, Manor Y, Martinowitz U, Taicher S, Hashomer T: Dental extractions in patients maintained on
continued oral anticoagulant: comparison of local hemostatic modalities. Oral Surg Oral Med Oral Pathol
Oral Radiol Endod 1999; 88: 137-40.
• Blinder D, Manor Y, Martinowitz U, Taicher S: Dental extractions in patients maintained on oral anti­
coagulant therapy: comparison of INR value with occurrence of postoperative bleeding. Int J Oral Maxillofac
Surg 2001; 30: 518-21.
87
61.Risikoabwägungen bei der Aufhebung der OAK
Risiko
Bemerkung
TE-Risiko entsprechend
der Grundkrankheit
Patienten, die ohne OAK ein hohes VTE-­
Risiko haben: akute venöse TE im 1. Monat
nach Diagnose, rezidivierende VTE, Vorhof­
flimmern mit TE-Risiko in der Anamnese,
mechanische Herzklappe, akute arterielle
Thrombose oder Embolie < 1 Monat
Konsequenzen einer TE
Arterielle TE sind meistens gravierender als
venöse: ca. 20 % enden tödlich und 40 %
hinterlassen bleibende Schäden. Bei den
venösen TE sind die entsprechenden Zahlen
ca. 6 % resp. 2 %
Individuelle TE-Risikofaktoren Eine venöse TE in den letzen 30 Tagen
geht bei Absetzen mit einem besonders
grossen Rezidivrisiko einher. Bei VHF sollen die
klinischen und echokardiographischen
Risikofaktoren für TE beachtet werden
TE-Risikofaktoren
Die Art (z.B. orthopädisch) und die Dauer
verbunden mit dem Eingriff
des Eingriffes erhöhen das venöse TE-Risiko
Blutungsrisiko verbunden mit Die Gabe von Heparin i.v. über zwei Tage führt
dem Eingriff unter Heparin
bei ca. 3 % der Patienten zu Blutungen, davon
sind wiederum ca. 3 % schwerwiegend
Konsequenzen einer Blutung
z.B. bei neurochirurgischem Eingriff
in kritische Organe
• R ighini M, de Moerloose Ph: Modulation de l’anticoagulation en cas de gestes invasifs. Méd et Hyg 2000;
58: 183-6.
• Meyer B, Jende C, Rikli D, de Moerloose P, Wuillemin WA: Periinterventionelles Management der oralen
Antikoagulation: Fallbeispiele und Empfehlungen. Swiss Med Forum 2003; 9: 213-8.
88
62.Wie ist das Thromboembolierisiko bei kurzfristiger
Unterbrechung der Antikoagulationstherapie?
Von 1293 Antikoagulationsunterbrechungen um ≤ 5 Tage erlitten 0.7 %
(CI 95 %: 0.3–1.4 %) innert 30 Tagen ein thromboembolisches Ereignis.
Keiner dieser Patienten hatte eine Bridging-Therapie mit Heparin bekommen.
1.7 % resp. 0.6 % erlitten eine klinisch signifikante oder schwere Blutung.
14 von diesen 23 Patienten mit Blutungsepisode hatten eine Bridging-Therapie
mit Heparin bekommen.
Eine Bridging-Therapie gemäss Guidelines ist kürzlich in der Alltags-Praxis an
einer grossen Population überprüft worden und hat bezüglich Blutungen und
Thromboembolien sehr gut abgeschnitten (1.2 % schwere Blutungen und 0.4 %
Thromboembolien).
• P engo V, Cucchini U, Denas G, Erba N, Guazzaloca G, La Rosa L, De Micheli V, Testa S, Frontoni R, Prisco D,
Nante G, Iliceto S: Italian Federation of Centers for Diagnosis of Thrombosis and Management of
Antithrombotic Therapies (FCSA). Standardized low-molecular-weight heparin bridging regimen in
outpatients on oral anticoagulants undergoing invasive procedure or surgery: an inception cohort
management study. Circulation 2009; 119: 2920-7.
• Garcia DA, Regan S, Henault LE, Upadhyay A, Baker J, Othman M, Hylek EM: Risk of thromboembolism with
short-term interruption of warfarin therapy. Arch Intern Med 2008; 168: 63-9.
89
63.Prozedere bei Vitamin K Gabe zur
Aufhebung der Antikoagulation?
Präoperativ:
Patienten unter Acenocoumarol:
• Vit. K-Gabe meist nicht nötig
• Für Interventionen mit niedrigem oder mittlerem Blutungsrisiko:
2 Tage vor dem Eingriff absetzen.
• Für Interventionen mit hohem Blutungsrisiko:
3 Tage vor dem Eingriff absetzen.
Patienten unter Phenprocoumon:
• 5 –7 Tage vor dem Eingriff absetzen
• Vit. K-Gabe je nach INR (siehe unten)
Postoperativ:
Ab 6 Stunden (oder 24 bis 36 Std. später, Risikoabwägung mit Operateur zu
diskutieren) kann das NMH mit 50–100 E/kg KG begonnen werden. Heparin i.v.
kann als Alternative gebraucht werden.
Variante bei kleinen Eingriffen und niedrigem VTE-Risiko:
Die Dosierung des oralen Antikoagulans wird in der üblichen Weise postoperativ
fortgesetzt. 24 Std. vor dem Eingriff nimmt der Patient (je nach Eingriff)
5–10 mg Konakion per os ein. INR-Kontrolle am Operationstag. Einige Tage
postoperativ pendeln sich die INR-Werte im therapeutischen Bereich wieder ein.
Somit entfallen die Wiedereinstellung und die Heparin/NMH-Bridging-Therapie
(Dr. Matthias Koller, Privatklinik Bethanien, Zürich, mündliche Kommunikation).
Orale Vit. K-Gabe bei Phenprocoumon:
INR 24 Std.
vor Eingriff
< 1.5
1.5–2
2–3
> 3
Vitamin K-Dosis in mg
21 Std. vor dem Eingriff
0
3 mg
5 mg
10 mg
Abend-Dosen von Phenprocoumon (mit Operateur besprechen):
Tag vor Eingriff
Eingriffstag
Folgende Tage
Gemäss Verordnung
Doppelte gewöhnliche
Tagesdosis (der vor­her­gehen­den Woche)
Gemäss
Verordnung
90
• v an Geest-Daalderop JH, Hutten BA, Péquériaux NC, de Vries-Goldschmeding HJ, Räkers E, Levi M: Invasive
procedures in the outpatient setting: managing the short-acting acenocoumarol and the long-acting
phenprocoumon. Thromb Haemost 2007; 98: 747-55.
• Ulrich S, Debrunner J, Stoll S, Rentsch K, Bachli EB: A single dose of oral vitamin K effectively reverses oral
anticoagulation with phenprocoumon during heart catheterisation. Swiss Med Wkly 2006; 136: 691-5.
• Garcia DA, Regan S, Henault LE, Upadhyay A, Baker J, Othman M, Hylek EM: Risk of thromboembolism with
short-term interruption of warfarin therapy. Arch Intern Med 2008; 168: 63-9.
• A nsell J, Hirsh J, Hylek E, Jacobson A, Crowther M, Palareti G; American College of Chest Physician:
Pharmacology and management of the vitamin K antagonist. American College of Chest Physicians
Evidence-Based Clinical Practice Guidelines (8th Edition) Chest 2008; 133 (6 Suppl.): 166S-198S.
• Niederer A, Wuillemin WA, de Moerloose P: Orale Antikoagulation: praktisches Vorgehen. Schweiz Med
Forum 2001; 17: 425-30.
91
64.Konkretes Vorgehen bei oral antikoagulierten
Patienten mit Standard VTE-Risiko (INR-Wert: 2.0–3.0)
Häufige Indikationen:
• Vorhofflimmern
• Sekundärprophylaxe nach VTE (VTE > 1 Monat)
• Andere (dilatative Kardiomyopathie, Status nach anteriorem Myokardinfarkt
mit linksventrikulärer Dysfunktion, kongestive Herzinsuffizienz)
Bei Anwendung von rückenmarksnahen Anästhesien sollte ein Abstand von
24 Stunden eingehalten werden.
*
In Abhängigkeit vom operationsbedingten und/oder Patienten bedingten
(z.B. Alter, Niereninsuffizienz oder Adipositas) Blutungsrisiko können die Dosen einen
Tag vor dem Eingriff und in den ersten 3 Tagen nach dem Eingriff je nach Blutungsrisiko
geringer gewählt werden. Bei Verdacht: Anti-Xa bestimmen.
Bei Patienten < 50 kg oder mit Niereninsuffizienz bitte Rücksprache mit Spital nehmen.
** Absetzen OAK
( )( )( ) ( )
Beginn OAK
( )
( )
INR
Bei INR <2,
Beginn NMH
3.0
Es gibt Hinweise, dass eine elektive Operation sich mit tiefem VTE-Risiko,
bei ambulanten Patienten mit tiefem oder mittlerem VTE-Risiko, mit kurzem
Unterbruch der OAK ≤ 5 Tagen ohne Heparin-Bridging durchführen lässt.
2.0
*
Bei INR >2 an 2
aufeinanderfolgenden Tagen,
Absetzen NMH
1.0
-10 -9 -8 -7 -6 -5 -4 -3 -2 -1
+1 +2 +3 +4 +5 +6 +7 +8 +9
Operation
Tage
z.B. Nadroparin 100 IE/kg KG 1x pro Tag am Abend**
o
1× pr
.c
Tag s
.
Körpergewicht
**
50–69 kg
0.6 ml (5700 IE Anti-Xa)
70–89 kg
0.8 ml (7600 IE Anti-Xa)
≥90 kg
92
Alternative Antikoagulation wie z.B. mit Nadroparin
1 ml
(9500 IE Anti-Xa)
• M
eyer B, Jende C, Rikli D, de Moerloose P, Wuillemin WA: Periinterventionelles Management der oralen
Antikoagulation: Fallbeispiele und Empfehlungen. Swiss Med Forum 2003; 9: 213-8.
• Kearon C: Perioperative management of long-term anticoagulation. Sem Thromb Hemost 1998; 24: 77-83.
• Righini M, de Moerloose Ph: Modulation de l’anticoagulation en cas de gestes invasifs. Méd et Hyg 2000;
58: 183-6.
• Spyropoulos AC, Jenkins P, Bornikova L: A disease management protocol for outpatient perioperative bridge
therapy with enoxaparin in patients requiring temporary interruption of long-term oral anticoagulation.
Pharmacotherapy 2004; 24: 649-58.
• H
albritter KM, Wawer A, Beyer J, Oettler W, Schellong SM: Bridging anticoagulation for patients on long-term
vitamin-K-antagonists. A prospective 1 year registry of 311 episodes. J Thromb Haemost 2005; 3: 2823-5.
• Spyropoulos AC, Turpie AG: Perioperative bridging interruption with heparin for the patient receiving longterm anticoagulation. Curr Opin Pulm Med 2005; 11: 373-9.
93
65.Vorgehen bei oral antikoagulierten Patienten
mit hohem VTE-Risiko (INR-Wert: 2.5–3.5)
Häufige Indikationen:
• V TE vor <1 Monat (Falls das thromboembolische Ereignis innerhalb von
15 Tagen aufgetreten ist und eine Kontraindikation für Heparin besteht,
sollte ein Cavafilter als Alternative diskutiert werden)
• Vorhofflimmern mit Risikofaktoren
• Mechanischer Herzklappenersatz
• Antiphospholipid-Antikörpersyndrom
Absetzen OAK
( )( )( ) ( )
Bei Anwendung von rückenmarksnahen Anästhesien sollte ein Abstand von
24 Stunden eingehalten werden.
*
In Abhängigkeit vom operationsbedingten und/oder Patienten bedingten
(z.B. Alter, Niereninsuffizienz oder Adipositas) Blutungsrisiko können die Dosen einen
Tag vor dem Eingriff und in den ersten 3 Tagen nach dem Eingriff je nach Blutungsrisiko
geringer gewählt werden. Bei Verdacht: Anti-Xa bestimmen.
Bei Patienten < 50 kg oder mit Niereninsuffizienz bitte Rücksprache mit Spital nehmen.
** Beginn OAK
( )
INR
Bei INR <2.5,
Beginn NMH
3.0
*
Bei INR >2.5 an 2
aufeinanderfolgenden Tagen,
Absetzen NMH
2.0
1.0
-10 -9 -8 -7 -6 -5 -4 -3 -2 -1
+1 +2 +3 +4 +5 +6 +7 +8 +9
Operation
Tage
z.B. Nadroparin 200 IE/kg KG 1x pro Tag**
o
1× pr
.c
Tag s
.
Körpergewicht
**
50–69 kg
0.6 ml (11400 IE Anti-Xa)
70–89 kg
0.8 ml (15200 IE Anti-Xa)
≥90 kg
94
Alternative Antikoagulation wie z.B. mit Nadroparin
1 ml
(19000 IE Anti-Xa)
• M
eyer B, Jende C, Rikli D, de Moerloose P, Wuillemin WA: Periinterventionelles Management der oralen
Antikoagulation: Fallbeispiele und Empfehlungen. Swiss Med Forum 2003; 9: 213-8.
• Kearon C: Perioperative management of long-term anticoagulation. Sem Thromb Hemost 1998; 24: 77-83.
• Righini M, de Moerloose Ph: Modulation de l’anticoagulation en cas de gestes invasifs. Méd et Hyg 2000;
58: 183-6.
• Spyropoulos AC, Jenkins P, Bornikova L: A disease management protocol for outpatient perioperative bridge
therapy with enoxaparin in patients requiring temporary interruption of long-term oral anticoagulation.
Pharmacotherapy 2004; 24: 649-58.
• H
albritter KM, Wawer A, Beyer J, Oettler W, Schellong SM: Bridging anticoagulation for patients on long-term
vitamin-K-antagonists. A prospective 1 year registry of 311 episodes. J Thromb Haemost 2005; 3: 2823-5.
• Spyropoulos AC, Turpie AG: Perioperative bridging interruption with heparin for the patient receiving
long-term anticoagulation. Curr Opin Pulm Med 2005; 11: 373-9.
95
66.Wann kommt ein Vena cava-Filter in Betracht?
Indikation:
• Rezidivierende Thromboembolien trotz «adäquater» Antikoagulation
• Patienten mit nachgewiesener VTE und Kontraindikationen für OAK
(Thrombopenie, Blutungen etc.)
• Komplikation einer Antikoagulantien-Therapie
Nutzen, Abwägung von Vena cava-Filter über 8 Jahre:
• Reduktion der symptomatischen Lungenembolien von 15 % (ohne Filter) auf
6 % (mit Filter) mit gleichzeitiger Erhöhung der tiefen venen Thrombose (TVT)
(36 % vs. 28 %). Bei Filter vs. kein Filter ergab sich kein Unterschied betreffend
schwerer Blutungen und Mortalität
Komplikationen mit Filter (bis 20 %):
• Thrombose des Filters
• Filtermigration
• Perforation der Vena cava oder von benachbarten Organen
Zu beachten:
sogenannte optionale Filter, die entweder langfristig implantiert oder bis zu
4–6 Wochen nach ihrer Einlage entfernt werden können, sind oft eine elegante
Lösung bei absoluten Kontraindikationen für die Antikoagulation und bei akuter
kürzlich erlittener VTE.
• P REPIC Study Group: Eight-year follow-up of patients with permanent vena cava filters in the prevention of
pulmonary embolism; the PREPIC (Prévention du Risque d’Embolie Pumonaire par Interruption Cave)
randomized study. Circulation 2005; 112: 416-22.
• Streiff MB: Vena cava filters: a comprehensive review. Blood 2000; 95: 3669-77.
• Crowther MA: Inferior vena cava filters in the management of venous thromboembolism. Am J Med 2007;
120: 13-17.
96
67.Wie behandelt man eine TVT
in der Schwangerschaft?
Das VTE-Risiko ist erhöht in der Schwangerschaft, vor allem postpartal.
In westlichen Ländern bleibt die peripartale Lungenembolie die Hauptursache
der mütterlichen Mortalität. Die TVT hat ebenfalls eine bedeutsame mütterliche
Morbidität zur Folge. (siehe Frage 68)
Bemerkung:
• Behandlung mit Heparin (UFH oder NMH), wobei auch in der Schwanger­schaft NMH das UFH ersetzt hat (weniger Osteoporose und andere
Neben­wirkungen)
• Kumarine, welche Plazenta gängig sind, sollten im 1. Trimenon und am
Ende der Schwangerschaft nicht angewendet werden. Sie beeinflussen
die Teratogenese und können zu grösseren Blutungen beim Fetus führen.
Bei Anwendung, sorgfältige Risikoabwägung im mittleren Trimenon der
Schwangerschaft
• Oft wird NMH durch die ganze Schwangerschaft angewandt. Etwa 2 Wochen
vor dem Geburtstermin sollte eher auf UFH oder auf NMH 2 × tgl., anstatt
einmal täglich, gewechselt werden (zwecks besserer Steuerbarkeit)
• Nach der Geburt kann auf Kumarine gewechselt werden, da sie nicht milch­gängig sind. Als Vorsichtsmassnahme sollte dem Säugling 1–2 mg Vitamin
K 2–3 × pro Woche verabreicht werden
• Greer IA, Nelson-Piercy C: Low-molecular-weight heparins for thromboprophylaxis and treatment of venous
thromboembolism in pregnancy: a systematic review of safety and efficacy. Blood 2005; 106: 401-7.
• G
reer IA: Thrombosis in pregnancy: maternal and fetal issues. Lancet 1999; 353:1258-65.
• A rzneimittelkompendium der Schweiz, www.kompendium.ch
• James AH: Prevention and management of venous thromboembolism in pregnancy. Am J Med 2007; 120:
26-34.
97
68.Wie hoch ist das Risiko der ersten VTE während
der Schwangerschaft und im Wochenbett
bei Patienten mit thrombophilen Risikofaktoren?
Studie mit insgesamt 260 Patienten: 104 mit Faktor V Leiden (heterozygot),
104 mit Prothrombin G20210A Mutation, 52 doppelt-heterozygote Carriers.
69.Wie hoch ist das Risiko einer TVT bei Patienten
mit Risikofaktoren?
Starkes Risiko
VTE-Risiko bei nicht-Carriers: 0.4 %
AntithrombinMangel
VTE-Risiko bei Carriers: 1.0 bis 1.8 %
Protein C-Mangel
Jährliches Risiko Geschätztes
Risiko eines
einer ersten TVT relatives Risiko Rezidives
1.52–1.9%
15–19
nach 5 Jahren -40%
nach 10 Jahren -55%
0.34–0.49%
3–5
nach 5 Jahren -11%
nach 10 Jahren -25%
Protein S-Mangel
Details:
• doppelter heterozygoter Faktor V Leiden und Prothrombin G20210A-Mutation:
1.8 % der Schwangerschaften: 1.8 % (95 % CI 0.5–6.3)
• Faktor V Leiden: 1.5 % (95 % CI 0.5–6.3)
• Prothombin G20210A Mutation: 1% (95 % CI 0.2–3.6)
• Nicht-Carriers: 0.4 % (95 % CI 0–2.5)
Kommentar:
Die Zahlen sind klein (1–3 Thromboembolien). Doppelte Mutationen sind nicht
deutlich gefährlicher als einfache Mutationen.
Interessanterweise passierten sämtliche Thromboembolien im Wochenbett,
keine während der Schwangerschaft.
Mittleres Risiko
Faktor V Leiden
(heterozygot)
Prothrombin 20210A
Erhöhter FXIII
Tiefes Risiko
Erhöhter FIX
Erhöhter FXI
Erhöhter TAFI*
Kein unabhängiger Risikofaktor,
nur im Zusammenhang mit erhöhtem Faktor VIII
Hyperhomo­cysteinämie
* = thrombin activable fibrinolysis inhibitor
•Martinelli I, Battaglioli T, De Stefano V, Tormene D, Valdrè L, Grandone E, Tosetto A, Mannucci PM; GIT
(Gruppo Italiano Trombofilia): on the behalf of the GIT (Gruppo itliano). The risk of first venous
thromboembolism during pregnancy and puerperium in double heterozygotes for factor V Leiden and
prothrombin G20210A. J Thromb Haemost 2008; 6: 494-8.
98
• L ijfering WM, Brouwer JL, Veeger NJ, Bank I, Coppens M, Middeldorp S, Hamulyák K, Prins MH, Büller HR,
van der Meer J: Selective testing for thrombophilia in patients with first venous thrombosis: results from a
retrospective family cohort study on absolute thrombotic risk for currently known thrombophilic defects in
2479 relatives. Blood 2009 ; 113: 5314-5322.
• Makris M : Thrombophilia : grading the risk. Blood 2009 ; 113: 5038-9.
99
70.Empfehlungen
für die Thrombophilieabklärung
Bei belasteter persönlicher Anamnese:
• Bei Thromboembolien, vor allem idiopatisch in jüngeren
Jahren (Alter < 50)
• Bei rezidivierenden Thromboembolien
• Bei aussergewöhnlicher Lokalisation
(z.B. Nierenvenenthrombose ohne Neoplasie)
• Bei lebensbedrohlichen Thromboembolien
Bei positiver Familienanamnese (erstgradiger Verwandter):
• Bei positiver Familienanamnese und erwünschter Schwangerschaft
• B ei bekannter prothrombotischer Mutation in der Familie
mit Thromboembolien
• Bei gehäuften Spontanaborten mit der Frage nach PhospholipidAntikörpersyndrom
• Bei kumarin-induzierten Hautnekrosen (Protein S/C-Mangel)
71.Zu welchem Zeitpunkt ist
die Thrombophilieabklärung indiziert?
Eine Spiegelbestimmung von Protein C und S soll bei Patienten unter einer
wirksamen Kumarintherapie nicht durchgeführt werden, da deren Konzentrationen im Fall einer Behandlung mit Vit K-Antagonisten stark erniedrigt und
daher nicht interpretierbar sind. Ebenso kann die Antikoagulation mit intravenös
verabreichtem Heparin die Antithrombinspiegel verfälschen.
Bemerkung:
Bei Bedarf können in der Akutphase die genetischen Faktoren Faktor-V-Leiden
Mutation, Prothrombinmutation G20210A und die Phospholipid-Antikörper
(Kontrolle nach sechs Monaten!) sowie das Homozystein bestimmt werden.
• B auer KA: The Thrombophilias: well-defined risk factors with uncertain therapeutic implications. Ann Intern
Med 2001; 135: 367-73.
• Bezemer ID, van der Meer FJ, Eikenboom JC, Rosendaal FR, Doggen CJ: The value of family history as a risk
indicator for venous thrombosis. Arch Int Med 2009; 169: 610-5.
• Dalen JE: Should patients with venous thromboembolism be screened for thrombophilia ? Am J Med 2008;
121: 458-63.
• Warkentin TE: Heparin-induced thrombocytopenia. Hematol Oncol Clin North Am 2007; 21: 589-607.
100
101
72.Welche Tests sollte ein
Thrombophilieabklärung einschliessen?
• Faktor-V-Leiden Mutation
• Prothrombinmutation G20210A
73.Heparin-induzierte Thrombozytopenie (HIT) –
Wann zu vermuten ? (vgl. 4 T, in Frage 74)
Bei jedem Abfall der Plättchenzahl um 30–50 % des Ausgangswertes, mit und
ohne arterielle/venöse TE oder klinische Verschlechterung der Thrombose,
unter Heparintherapie.
• Protein S
• Protein C
• Antithrombin
• Erhöhter Faktor VIII
• «Anti-Phospholipid-Antikörper» Test:
a) Anti-Cardiolipin-Antikörper (IgG, IgM)
b) Anti-B2 Glykoprotein (IgG, IgM)
c) Lupus-Antikoagulans-aPTT
• Homocystein (letztlich wieder in Frage gestellt)
• Routine-Gerinnung und Hämatologie
• Vitamin B12 bei hohem Homocystein
NB:
Schlüsse können von Methylentetrahydrofolsäure-Reduktase (MTHFR)Polymorphismen oder vom Polymorphismus PAI-I (G4/5) nicht gezogen
werden; deren Bestimmung wird nicht empfohlen.
Definition:
HIT Typ I ist eine durch Heparin ausgelöste, leichte Verminderung der Thrombo­
zytenzahl (um 20–30 % des Ausgangswertes, selten unter 100’000/µl), die meist
1 bis 5 Tage nach der Heparingabe auftritt. HIT Typ I tritt zwar häufig auf, ist aber
ungefährlich.Thrombosen werden durch diese Erscheinung nicht ausgelöst. Es ist
auch nicht notwendig mit der Heparingabe aufzuhören.
HIT Typ II ist ein seltenes, aber ernsthaftes klinisches Ereignis mit schlechter
Prognose
HIT Typ II ist eine Immun-vermittelte Reaktion, die auftritt, nach Kontakt mit UFH
oder NMH. Die Bindung von HIT-Antikörpern an einem Komplex von Heparin
und Plättchenfaktor 4 (PF4) produziert eine Aktivierung und Aggregation von
Thrombozyten, was zur Bildung von Thromben entweder im venösen oder
arte­riellem System führen kann.
Spezifische Antikörper wie beim HIT Typ II lassen sich beim Typ I im Blut nicht finden.
Auftreten erst nach 5 bis 14 Tagen der Heparintherapie.
CAVE: Early-onset HIT: Bei Patienten die schon vor mehreren Tagen (< 100 Tagen)
Heparinkontakt hatten: schlagartiger Abfall des Thrombozytenzahl schon nach 30
Minuten möglich.
Bei Verdacht auf HIT Typ II: Unmittelbares Absetzen der Heparingabe
(UFH oder NMH) und Ersatzantikoagulation beginnen (siehe Frage 75).
•Bombeli Th: Thrombosen und Blutungen. Ein klinisches Vademecum. Verlag Hans Huber 2002.
•Landaw S, Bauer K: Approach to the diagnosis and therapy of suspected deep vein thrombosis. www.uptodate.com
•Arzneimittelkompendium der Schweiz. www.kompendium.ch
•Warkentin TE, Greinacher A, Koster A, Lincoff AM; American College of Chest Physicians: Treatment and Prevention of
heparin-induced thrombocytopenia: American College of Chest Physicians Evidence-Based Clinical Practice Guidelines
(8th Edition) Chest 2008; 133 (6 Suppl.): 340S-380S.
•Hassell K: Heparin-induced thrombocytopenia: diagnosis and management. Thromb Res 2008; 123: 16-21.
102
103
74.Wie wird eine HIT diagnostiziert?
Die Anwesenheit von HIT-Antikörpern ist für eine HIT-Diagnostik zwingend,
aber nicht genügend.
HIT Typ II wird diagnostiziert wenn:
• n achweisbare HIT-Antikörper +Thrombozytopenie 30–50 % des Ausgangswertes
• nachweisbare HIT-Antikörper + venöse od. arterielle Thrombose unter
Heparintherapie
• nachweisbare HIT-Antikörper + Thrombozytopenie 30–50 % des
Ausgangswertes + venöse od. arterielle Thrombose unter Heparintherapie
Bei Verdacht auf HIT ist die «Prä-Test Wahrscheinlichkeit mit den 4 T’s»
nützlich.
Punkte
Thrombozytopenie
2
> 50 % Abfall
oder Nadir bei
20–100 Tsd/μl
Timing des
Beginn ca. 5–10 Tage
Tc-Abfalls
nach Heparinbeginn
oder innerhalb ≤ 1. Tag
(wenn vorherige
Heparin­exposition in
den letzten 100 Tagen)
Thrombose
Nachgewiesene TVT,
oder andere Hautnekrose oder
Manifes­tation akute systemische
Reaktion nach
Heparin
AlTernative
Keine andere
Ursache
Ursache für eine
die Tc-penie Tc-penie
104
1
0
30–50 % Abfall
oder Nadir
bei 10–19 Tsd/μl
> 10 Tage oder
unklar aber
konsistent mit HIT
< 30 % Abfall
oder Nadir
< 10 Tsd/μl
≤ 1. Tag
(ohne vorherige Heparin
Exposition)
Zunehmende oder
wiederkehrende TVT,
erythematöse Läsionen,
vermutete TVT (noch
nicht nachgewiesen)
Mögliche andere
Ursache für eine
Tc-penie
Keine
Sichere andere
Ursache für
eine Tc-penie
Punktezahl und Wahrscheinlichkeit:
6–8 = Hoch Stop Heparin, Alternativbehandlung
4–5 = Mittel Entscheidung durch den Arzt
≤ 3 = Tief
Weiter mit Heparin
Labor-Monitoring für HIT-Antikörper:
Antigen-Tests zum Nachweis von HIT-Antikörpern im Blut
Zwei Solid-Phasen Immunoassays stehen zur Verfügung:
1.Schnelltest (sog. ID-PaGIA Heparin/PF4 Antikörpertest, Fa. Diamed):
Test ist notfallmässig durchführbar, braucht wenig Vorbereitung,
hat aber eine etwas eingeschränkte Sensitivität. Spezifität ist gut.
2.HPIA-ELISA der Asserachrom-Linie von STAGO: generell Standardtest;
ein ELISA dauert länger, hat wahrscheinlich eine etwas bessere Sensitivität
als PaGIA.
Plättchenaktivierungs-Tests
SRA: Serotonine Release Assay ist der Gold Standard, ist aber selten verfügbar
und sehr aufwändig.
Wichtig ist der prinzipielle Unterschied zwischen diesen Tests: mit dem
Antigen-Test weist man das Vorhandensein der HIT-Antikörper nach,
mit den Plättchenaktivierungs-Tests weist man funktionelle Parameter nach.
•Martel N, Lee J, Wells PS: Risk of heparin-induced thrombocytopenie with unfractionated and
low-molecular-weight heparin thromboprophylaxis: a meta-analysis. Blood 2005; 106: 2710-15.
•Bounameaux H, Dörffler-Melly J, Lüscher T: Kommentar der Schweizer Expertengruppe zu den Empfehlun­
gen: The seventh ACCP conference on antithrombotic therapy of the American College of Chest Physicians;
Swiss Medical Forum 2005; 28: 1-48.
•Hassell K: Heparin-induced thrombocytopenia: diagnosis and management. Thromb Res 2008; 123: 6-21.
105
75.Wie wird eine Therapie
der HIT durchgeführt?
In der Schweiz sind zwei Medikamente für die Behandlung der HIT offiziell
registriert: Lepirudin und Danaparoid.
Lepirudin (Refludan®) (Grad 1C):
Problematisch bei Niereninsuffizienz wegen Kumulationsrisiko bei renaler Aus­
scheidung. HWZ 80 Minuten. Selten Anaphylaxie bei Re-exposition. Therapie­
empfehlung: Dosis siehe Tabelle. Kontrolle durch aPTT oder TZ oder chromogene
Anti-IIa Aktivität. Engmaschige Kontrolle, gehört in die Hände des Spezialisten.
Empfohlene aPTT: 1.5–2–(3). CAVE: bei > 60–70 sec. gibt die aPTT ein
Plateau aber der Hirudin-Effekt kann noch zunehmen, deshalb Empfehlung:
funktioneller Hirudintest (Ecarin-clotting-time) gebrauchen oder die Dosis
gemäss Konzentration anpassen: angestrebte Konzentration zwischen
0.15–1.5 μg/ml.
Es mehren sich die Hinweise, dass die offiziellen im Kompendium vorhandenen
Dosierungsempfehlungen etwas zu hoch liegen. Die tägliche Erfahrung konnte
zeigen, dass die Diagnose einer HIT früher im Verlauf gestellt wird, häufig vor
dem Auftreten einer Thrombose. In den ACCP Guidelines empfiehlt Greinacher
et al. – ausser bei lebensbedrohlichen Thrombosen – den Bolus wegzulassen.
Es konnte festgestellt werden, dass bei ähnlicher Wirksamkeit das hämorrha­
gische Risiko gesenkt werden konnte. Inzwischen bestätigen Studien, dass
deutlich niedrigere Dosen genügen, um eine therapeutische Antikoagulation
mit Lepirudin zu erzielen.
Dosierung für die Behandlung mit Refludan (zusammengefasst aus Greinacher et
al., JTH 2005; Warkentin et al., Chest 2008; Tschudi et al., Blood 2009)
Indikation
HIT mit Thrombose
• Kreat-clearance > 60 ml/min
• Kreat-clearance 30–60 ml/min
• Kreat-clearance < 30 ml/min
HIT mit lebensbedrohlicher
Thrombose
Dialyse alle 2 Tage
Continuous veno-venous
hemofiltration
TVT-Prophylaxe bei
Patienten mit früherer HIT
Kontinuierliche
Infusion
Bolus/andere
Hinweise
0.08 mg/kg/h
0.04/kg/h
0.01–0.02 mg/kg/h
wie oben
Kein Bolus
Kein Bolus
Kein Bolus
evtl. Bolus 0.2 mg/kg
0.1 mg/kg i.v.
vor der Dialyse
0.005 mg/kg/h
15 mg s.c. 2 × tgl.
oder ein nichtHeparin Präparat
CAVE: Die Zubereitung von Lepidurin ist etwas aufwendig, die speziellen
Anweisungen des Herstellers sind zu beachten.
Fondaparinux (Arixtra®) (Grad 2C) ist ein synthetisches Pentasaccharid, das
selektiv Faktor-Xa hemmt. Es ist nicht offiziell für diese Indikation zugelassen,
jedoch stellt es eine attraktive Behandlungsalternative dar. Es liegen zahlreiche
Case Reports in der Literatur zu den erfolgreichen Einsatz von Arixtra bei
HIT-Patienten vor. Es gibt auch 2 Case Reports von Patienten die eine
HIT-­ähnliche Krankheit unter Arixtra entwickelt haben. In beiden Fällen konnte
keine Kausalität bestätigt werden. Arixtra wird in der Schweiz in vielen Spitälern
in dieser Indikation eingesetzt.
106
107
75.Wie wird eine Therapie
der HIT durchgeführt?
Danaparoid (Orgaran®) (Grad 1B): in ca. 10–20 % kann eine Kreuzreaktivität
auftreten. HWZ: 24 Std., wird renal ausgeschieden. Therapie: Bolus 2500 E i.v.
(1250 E wenn < 55 kg; 3750 E wenn > 90 kg), dann 400 E/Std. für 4 Stunden,
dann 300 E/Std. für 4 weitere Stunden, dann auf 200 E/Std reduzieren. Kontrolle
durch Anti-Xa-Aktivität. (Orgaran spezifischer Anti-Faktor-Xa-Aktivitätstest).
Fortsetzung der Therapie einer HIT:
OAK sollten erst eingesetzt werden, wenn sich die Tc-Zahl wieder weitgehend im
Norm­bereich z.B >100–150’000 /μl befindet. OAK können nach Stabilisierung
der akuten Phase mit Lepirudin, Fondaparinux oder Danaparoid als Langzeitthe­
rapie eingesetzt werden.
75.VTE im Alter?
1. Epidemiologie:
Mortalitätsrate 30 Tage nach TVT: 5–10 %
Mortalitätsrate 30 Tage nach LE: bis 30 %
LE präsentiert sich in 25 % der Patienten als plötzlicher Tod
In Autopsiegruppen bis 50 % der Todesfälle präsentieren eine TVT oder LE
(CAVE: selektioniertes Patientengut)
Bei den überlebenden Patienten:
• 30 % kommt es zu einem Rezidiv innerhalb 10 Jahren
• 30–50 % leiden an einem postthrombotischen Syndrom innerhalb 10 Jahren
Nach einer HIT ist eine therapeutische Antikoagulation während 3 Monaten
empfohlen (auch wenn keine VTE vorlag).
Daran denken:
Bei Austritt des Patienten Allergiepass aushändigen!
•Warkentin TE, Greinacher A, Koster A, Lincoff AM; American College of Chest Physicians: Treatment and
Prevention of heparin-induced thrombocytopenia: American College of Chest Physicians Evidence-Based
Clinical Practice Guidelines (8th Edition). Chest 2008; 133 (6 Suppl.): 340S-380S.
•Bounameaux H, Dörffler-Melly J, Lüscher RF: Kommentar der Schweizer Expertengruppe zu den Empfehlun­
gen: The seventh ACCP conference on antithrombotic therapy of the American College of Chest Physicians;
Swiss Medical Forum 2005; 28: 1-48.
•Kovacs MJ: Successful treatment of heparin induced thrombocytopenie (HIT)with fondaparinux. Thromb
Haemost 2005; 93: 999-1000.
•Harenberg J, Jörg I, Fenyvesi T. Treatment of heparin-induced thrombocytopenia with fondaparinux.
Haematologica 2004; 89: 1017-8.
•Lobo B, Finch C, Howard A, Minhas S: Fondaparinux for the treatment of patients with acute heparin-in­
duced thrombocytopenia. Thromb Haemos 2008; 99: 208-14.
•Warktentin TE, Maurer BT, Aster RH: Heparin-induced thrombocytopenia associated with fondaparinux.
N Engl J Med 2007; 356: 2653-5.
•Lubenow N, Eichler P, Lietz T, Greinacher A, Hit Investigators Group: Lepirudin in patients with heparin-in­
duced thrombocytopenia - results of the third prospective study (HAT-3) and a combined analysis of HAT-1,
HAT-2, and HAT-3. J Thromb Haemost 2005; 3: 2428-36.
•Tschudi M, Lämmle B, Alberio L. Dosing lepirudin in patients with heparin-induced thrombocytopenia and
normal or impaired renal function: a single-center experience with 68 patients. Blood 2009; 113: 2402-9.
108
•Silverstein RL, Bauer KA, Cushman M, Esmon CT, Ershler WB, Tracy RP: Venous thrombosis in the elderly:
more questions than answers. Blood 2007; 110: 3097-101.
•Rosendaal FR, van Hylckama Vlieg A, Doggen CJ: Venous thrombosis in the elderly. J Thromb Haemost
2007; 5: 310-7.
•Segal JB, Streiff MB, Hofman LV, Thornton K, Bass EB: Management of venous thromboembolism:
a systematic review for a practice guideline. Ann Intern Med 2007; 146: 211-22.
109
76.VTE im Alter?
2. Indikation für OAK:
Anzahl Patienten steigt mit zunehmendem Alter (EF < 30 %, Vorhofflimmern, TVT
und/oder LE in der Vorgeschichte, etc.). Zunehmender physiologischer prothrombo­
tischer Zustand, welcher mit gleichzeitig vorkommenden anderen Risikofaktoren
zu einer TE führen kann. Parallel dazu steigt auch das Blutungsrisiko. Vor allem
bei INR ≥ 3.5 und im 1. Jahr nach Beginn der OAK.
0.10
0.08
0.06
0.04
0.02
0.00
0
100
153
319
117
277
200
Days on Warfarin
102
240
300
96
223
400
92
214
Age ≥80
Age <80
Hylek et al., 2007.
Cumulative Proportion with Major Hemorrhage
Age <80
Age ≥80
•Hylek EM, Evans-Molina C, Shea C, Henault LE, Regan S: Major hemorrhage and tolerability of warfarin in
the first year of therapy among elderly patients with atrial fibrillation. Circulation 2007; 115: 2689-96.
•Bauer J, Sieber CC: Antikoagulation bei älteren Menschen. Swiss Med Forum 2004; 4: 824-31.
•Di Minno G, Tufano A: Challenges in the prevention of venous thromboembolism in the elderly. J Thromb
Haemost 2004; 2: 1292-8.
•Wyse DG: Bleeding while starting anticoagulation for thromboembolism prophylaxis in elderly patients with
atrial fibrillation. Circulation 2007; 115: 2684-6.
•Baglin T: Unprovoked deep vein thrombosis should be treated with long-term anticoagulation –
no. J Thromb Haemost 2007; 5: 2336-9.
•Kearon C: Indefinite anticoagulation after a first episode of unprovoked venous thromboembolism: yes.
J Thromb Haemost 2007; 5: 2330-5.
110
3. Häufige Risikofaktoren:
• Herzinsuffizienz in den letzten 6 Monaten
• COPD
• Hospitalisation im letzten Monat
• Chirurgischer Eingriff während der Hospitalisation
• Krebserkrankung in den letzten 6 Monaten
• Immobilisation
• Cerebrovaskulärer Insult in den letzten 6 Monaten
• Paresen
• Myokardinfarkt in den letzten 6 Monaten
• Hüft-OP in den letzten 3 Monaten
• B auer J, Sieber CC: Antikoagulation bei älteren Menschen. Swiss Med Forum 2004; 4: 824-31.
• Di Minno G, Tufano A: Challenges in the prevention of venous thromboembolism in the elderly. J Thromb
Haemost 2004; 2: 1292-8.
• Torn M, Bollen WL, van der Meer FJM, van der Wall EE, Rosendaal FR: Risks of oral anticoagulant therapy
with increasing age. Arch Intern Med 2005; 165: 1527-32.
• Silverstein RL, Bauer KA, Cushman M, Esmon CT, Ershler WB, Tracy RP: Venous thrombosis in the elderly:
more questions than answers. Blood 2007; 110: 3097-101.
111
77.Welche Risikofaktoren führen zu einem erhöhten
Blutungsrisiko während der Antikoagulation im Alter?
Allgemein:
Bei guter Indikation im Alter, wird die Antikoagulation zu selten verabreicht
(z.B. Vorhoffflimmern).
Risikofaktoren:
• Alter > 75 Jahre
• Anämie
• Malignom
• Diabetes mellitus
• Wiederholte Stürze
• Noncompliance (unregelmässige Einnahme von Vitamin K
mit darauffolgend fluktuierenden INR)
• Niereninsuffizienz
• Lebererkrankung
• Komorbidität z.B. Herzinsuffizienz (Leberstauung, Darmwandödem)
• Andere zerebrale Erkrankungen können die Blutung begünstigen,
z. B. cerebrale Amyloidose
• Arterielle Hypertonie
• Vorausgegangener zerebro-vaskulärer Insult
• Komedikation:
• z.B. häufig verordnete Medikamente im Alter können das Blutungsrisiko
erhöhen (NSAR, Amiodarone und Antibiotika [Metronidazol, INH,
Cotrimoxazol, Makrolide, usw.], Aspirin/Clopidogrel) und können mit
dem Kumarinmetabolismus interferieren.
• Poly-Medikation auch ohne Interaktion mit OAK
• Unregelmässige Ernährung
•Bauer J, Sieber CC: Antikoagulation bei älteren Menschen. Swiss Med Forum 2004; 4: 824-31.
• Di Minno G, Tufano A: Challenges in the prevention of venous thromboembolism in the elderly. J Thromb
Haemost 2004; 2: 1292-8.
• Silverstein RL, Bauer KA, Cushman M, Esmon CT, Ershler WB, Tracy RP: Venous thrombosis in the elderly:
more questions than answers. Blood 2007; 110: 3097-101.
• Rosendaal FR, van Hylckama Vlieg A, Doggen CJ: Venous thrombosis in the elderly. J Thromb Haemost
2007; 5: 310-7.
112
78.Relative Kontraindikationen
für die Antikoagulation im Alter?
Siehe auch Frage 27
Spezielle Gewichtung der folgenden Punkte:
• Soziale oder psychologische Instabilität
• Demenz oder schwere kognitive Beeinträchtigungen
• Häufige Stürze (> 3 im zurückliegenden Jahr, zu relativieren je nach
Thromboembolie-Risiko. Der Sturz wird gelegentlich als zu hohe Gefahr
eingestuft im Vergleich zur Thromboemboliekomplikation)
• Behandlungsbedürftige proliferative Retinopathie
• Relativ: Regelmässige Einnahme von Corticosteroiden oder NSAR
(ACHTUNG: nur in Kombination mit Protonenpumpenhemmern)
• Bauer
J, Sieber CC: Antikoagulation bei älteren Menschen. Swiss Medical Forum 2004; 4: 824-31.
• Bates
SM, Ginsberg JS: Clinical practice. Treatment of deep-vein thrombosis. N Engl J Med 2004; 351: 268-77.
• Landaw S, Bauer K: Approach to the diagnosis and therapy of suspected deep vein thrombosis.
www.uptodate.com
113
79.Spezielle Hinweise zur Antikoagulation
beim älteren Menschen?
Generell benötigen ältere Patienten kleinere Dosen an Kumarinen. Bei alten
Patienten mit bereits reduziertem Ausgangsquick (z.B. INR 1.3) und gleich­zeitiger Antibiotika-Therapie, Herzinsuffizienz, etc. soll mit niedriger Dosis,
respektiv direkt mit der Erhaltungsdosis Phenprocoumon begonnen werden,
z.B. 1-½-½ (erster Tag 1 Tablette à 3 mg, zweiter Tag ½ Tablette, dritter Tag ½
Tablette) mit Phenprocoumon. Mit Acenocoumarol: 2 mg-2 mg. CAVE: Tabletten
à 1 bzw. 4 mg beachten!
Ältere Patienten brauchen verhältnismässig mehr INR-Kontrollen,
um Schwankungen vorzubeugen.
Erklärung des Sponsors
Die beiliegende Broschüre «Fragen aus der Praxis – Antworten für die Praxis» wurde durch die Autoren Beer, Gay
und Righini völlig unabhängig erarbeitet. GlaxoSmithKline
hat keinerlei Einfluss auf den Inhalt genommen.
Die Empfehlungen können inhaltlich von den Informationen
in den behördlich genehmigten Fachinformationen der er­
wähnten Arzneimittel abweichen. GlaxoSmithKline empfiehlt
keine Anwendung ihrer Arzneimittel ausserhalb der zugelas­
senen Indikationen und Dosierungen.
Die Broschüre wird den Ärzten und weiteren interessierten
Eine Langzeitantikoagulaiton mit NMH kann erwogen werden, wenn Kontra­
indikationen für Kumarine oder wenn ernsthafte Interaktionen mit wichtigen
anderen Medikamenten bestehen (allenfalls auch Phasen mit unregelmässiger
Nahrungszufuhr).
Fachpersonen auf spezifischen Wunsch und zur eigenverant­
wortlichen Verwendung überlassen. Die Abgabe wurde von
GlaxoSmithKline nicht mit promotionellen Aussagen zu nicht
zugelassenen Indikationen und Dosierungen verbunden.
Unter Langzeit-Heparin-Therapie besteht das Risiko der Osteopenie und der
Wirbelköperfraktur (Osteoporose-Risiko unter UFH > NMH > Fondaparinux).
• Bauer
J, Sieber CC: Antikoagulation bei älteren Menschen. Swiss Med Forum 2004; 4: 824-31.
• Di Minno G, Tufano A: Challenges in the prevention of venous thromboembolism in the elderly. J Thromb
Haemost 2004; 2: 1292-8.
• Torn M, Bollen WL, van der Meer FJM, van der Wall EE, Rosendaal FR: Risks of oral anticoagulant therapy
with increasing age. Arch Intern Med 2005; 165: 1527-32.
• van Walraven C, Oake N, Wells PS, Forster AJ: Burden of potentially avoidabel anticoagulant-associated
hemorrhagic and thromboembolic events in the elderly. Chest 2007; 131: 1508-15.
114
115