Panoramatechnik - Hochschule Bochum

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Panoramatechnik - Hochschule Bochum
Die Faszination der Panoramen
Interaktive Panoramatechnik in Fotografie, CAD und Animation
Abb1. Schnitt historische Rotunde
Vor 200 Jahren, vor der Erfindung der Fotografie, in einer medial unerfahrenen und
noch aufnahmebereiten Gesellschaft, faszinierten gemalte Panorama-Bilder, die
Szenarien ferner Länder oder historischer Begebenheiten wie Schlachten darstellten, bereits das neugierige und Abwechslung suchende Publikum.
Der Franzose Daguerre in Paris und der Großvater von Walter Gropius in Berlin
gehörten zu den Betreibern zunächst temporärer, später ortsfester "Rotunden"
- d.h. speziell errichteter Gebäude, in denen gemalte Panoramen gezeigt wurden
und teilweise durch Beleuchtungseffekte einer zweiseitig bemalten Leinwand
besondere Effekte erlaubten.
Auch in der Theaterwelt bediente man sich der Panorama-Gemälde, allerdings
in einer Art, die heutzutage wieder sehr vertraut ist: die sog. "Moving Panoramas"
erlaubten dem Theaterbesucher immer nur einen Teilblick auf ein "aufgerolltes"
Panorama.
1993 wurde in der Kunst- und Ausstellungshalle der BRD in Bonn eine
vielbeachtete Ausstellung zelebriert unter dem Titel "Sehsucht - das Panorama
als Massenunterhaltung des 19. Jahrhunderts". Wer die Ausstellung nicht
gesehen hat, findet im Ausstellungskatalog eine unglaublich gründlich recherchierte Darstellung aller nur denkbarer Panoramentechniken und -anwendungen.
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Dem Zeitgeist entsprechend ließ die Zeitschrift STERN in Berlin futuristische
Panorama-Ansichten mit Zukunftsvisionen der aufstrebenden Stadt Berlin erschaffen und zeigte sie unter großer Publikumsanteilnahme in verschiedenen
extra hierfür errichteten Rotunden in der Stadt.
Abb 2. Ansichten historischer Rotunden
Abb 3. Historisches Panorama Florenz
Eine Renaissance der Panoramatechnik läßt sich momentan in der Fototechnik
ablesen: die neuen APS-Apparate haben alle eine Panoramafunktion und selbst
die Mittelformat-Firma Hasselblad ließ sich herab, zur Photokina 98 eine
Kleinbild-Panoramakamera namens XPAN herauszubringen und die Digitalkamera PowerShot A5 von Canon beinhaltet schon einen Panorama-Modus, mit
dem Einzelbilder passgenau zu einem Panorama aneinandergesetzt werden
können.
Die Faszination der klassischen Panorama-Darstellungen kann man eigentlich
nur live erleben - sie läßt sich kaum in zweidimensionalen Medienträgern (Fotos,
Zeitschriften, Bücher, Kataloge, Plakate) herüberbringen, da hier nicht der kurze,
alles begreifende Blick gefragt ist, sondern der volle Körper- und Sinneseinsatz
durch drehen, hochschauen, weiterschauen, zurückblicken, an anderen Leuten
vorbeischauen etc. Nicht umsonst bedarf es zur Präsentation der großen
Panoramen eigens errichteter Gebäude, die idealerweise nicht nur den Blick
nach links und rechts, nach oben, sondern auch nach unten ermöglichen.
Abb 5. Berlin-Panorama (Gemälde)
Abb 4. Historisches Panorama Dresden
Abb 6. Berlin-Panorama (Foto)
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Interaktiv: Panoramen auf dem Bildschirm
Abb 7. "Moving Panorama" im Theater
Erst dem Medium Computer gelang es, ein klein wenig der Interaktivität der
Bildbetrachtung wieder aufleben zu lassen mit der Erfindung der Quicktime-VRTechnologie vor wenigen Jahren (von der Firma Apple 1994 auf den Markt
gebracht). Hierbei wurde es ermöglicht, ein Panoramabild (idealerweise ein 360Grad-Vollkreis-Bild, bei Bedarf aber auch nur Teilkreis- bzw. richtiger Teil"Zylinder"-Bilder) in einem zweidimensionalen Bildausschnitt betrachtbar zu
machen (ähnlich wie die historischen "Moving Panorams") und interaktiv zu
bedienen (d.h. im Gegensatz zum linear ablaufenden Film bestimmt der
Betrachter Blickrichtung, Blickwinkel und Verweildauer).
Abb 8. Panoramafoto
Abb 9. QTVR-Fenster des Panoramafotos
Die Erzeugung fotografischer Panoramen:
von der Spezialkamera zur Näh-Option für Jedermann mit QuicktimeVR
Abb 10. Schwinglinsen-Kameras erzeugen
Teilzylinder-Panorama: Horizont, Noblex
Abb.11 Rotations-Kameras erzeugen Vollzylinder-Panorama: Seitz-Roundshot, Globus
Die Erzeugung der 360-Grad-Panoramafotos war auf konventionell-fotografische
Weise möglich durch Verwendung spezieller Panoramakameras. Für die Benutzung (und damit auch die Herstellung des entsprechenden technischen Equipments) gab es zu allen Zeiten genügend Liebhaber und Interessenten. So gibt es
beispielsweise den Schweizer Kamerahersteller SEITZ, der 360-Grad-Kameras
herstellt und die amerikanische Firma GLOBUS, es gab immer eine russische
Kamera namens Horizont und es gibt seit kurzem die NOBLEX aus Dresden
(letztere allerdings nur mit einem 135-Grad-Teilzylinder).
Zwar waren diese Kameras primär für fotografische Abzüge gedacht (u.a. für die
Mitglieder der International Panorama Photographer Association), doch war es
mit diesen Panorama-Abzügen sehr einfach, das Quicktime-VR-Programm (im
folgenden nur noch QTVR genannt) zu füttern. Der Zusatz "VR" markiert die
besondere Eigenschaft, eine "virtuelle Realität" aufzubauen durch die PanoramaTechnik, die die Eigenschaften herkömmlicher Fotos und Videos erweitert (die
Quicktime-Technologie wird bei Apple sonst für das Abspielen von Video- und
Audiosequenzen benutzt),
Abb 12. Prinzip der Herstellung von
Panoramafotos mit mehreren Kameras
Da jedoch Panorama-Kameras sehr exotisch, teuer und nur von Pedanten und
Fachleuten zu bedienen sind und sicher nie einen Massenmarkt ergeben, haben
die QTVR-Erfinder gleich die zweite geniale Idee dazugeliefert: Sie ermöglichen
es, eine Reihe von Bildern, die von einer auf einem Stativ um jeweils einen
bestimmten Winkel versetzte Kamera aufgenommen wurden, aneinanderzu"nähen" (der Winkel ist abhängig von der Brennweite des Objektives und der
Ausrichtung als Horizontal- oder Vertikalbild, die Drehung erfolgt am besten auf
dem Stativ mit einem Panorama-Drehteller). Die Ernüchterung: das Zusammennähen war zwar softwaremäßig möglich, aber nur von MacIntosh-Besitzern und
nur denjenigen von ihnen, die gewillt waren, alle mac-typischen Tugenden wie
Bedienungsfreundlichkeit, grafische Bedienbarkeit etc. zu vergessen und sich in
die Niederungen der Programmierung über ellenlange Programmzeilen zu
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begeben, die jeden Flüchtigkeitsfehler durch Nicht-Funktionieren straften. (Die
QTVR-Macher bildeten und bilden noch heute eine verschworene Gemeinschaft,
die sich selbst in der IQTVRA (International Quicktime VR Association)
organisiert hat und durch rege Mailbox-Tätigkeit informationsmäßig auf dem
laufenden hält - Hintergrund ist die Eingrenzung des Know-Hows, die es
ermöglicht, die Anfertigung von QTVR-Panoramen als Dienstleistung anzubieten, z.B. für die Sparkasse in Hannover, das Powerhouse-Museum in Sidney
oder den Louvre in Paris).
Abb 13. Die Einzelbilder werden zunächst
eingelesen und per Software zusammengenäht (ergeben dabei das charakteristisch
verzerrte digitale Panoramabild).
Die Betrachtungssoftware ermöglicht immer
nur den unverzerrten, aber interaktiv wählbaren Bildausschnitt
Objektiv Vertikal
(Portrait)
14mm
8 (=45Grad)
24mm
12 (=30Grad)
28mm
14(=25,7Grad)
35mm
16(=22,5Grad)
50mm
24 (=15Grad)
Die Revolution der Massenattraktion und allseitigen Beliebtheit ließ sich nicht
aufhalten. Erst gehörten die QTVR-Panoramen auf CD´s, die mit dem Macromedia-Direktor erstellt wurden, zu den interaktiven "Eye-Candies" ("Bonbons
fürs Auge", wie die Amerikaner sagen). Auch im Internet war schnell das Thema
QTVR auf der Beliebheitsskala ganz oben, weil das notwendige Plugin sehr früh
zur Verfügung stand und schnell eine hohe Verbreitung erzielte, weil dieses
Plugin die QTVR-Panoramen nicht nur auf dem Mac, sondern auch auf dem PC
abspielbar machte - und nicht zuletzt, weil dadurch mit einfachen Mittel (und
bescheidenen Dateigrößen) ein schönes Stück Interaktivität auf die WWWSeiten kam und zeigte, das hier etwas geschaffen war, was mehr war als die reine
Übertragung der aus Büchern bekannten Inhalte und Darstellungsformen.
Fachleute sprechen schon von der ersten wirklichen fotografischen Innovation
des 20. Jahrhunderts.
Horizontal
(Landscape)
6(=60Grad)
8(=45Grad)
8(=45Grad)
12(=30Grad)
16(=22,5Grad)
Abb 14. Die Anzahl der Aufnahmen ist
abhängig von der Brennweite
Abb 16. Die CD von Architectural Record. .
Abb 15. "very sophisticated": Das neue
Programm MEANDER zeigt Grundriß mit Standpunkten und PFEIL, der die Blickrichtung des
Panoramas zeigt (Fuß und Hotspot zeigen
die Verknüpfungen an)
Abb.17 . . .zeigt die Verknüpfung vom Fotostandpunkt im Grundriß und interaktivem Panorama
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Verknüpfung
nd
Abb. 18 Autorenprogramm zur Verknüpfung
der Panos (hier Reality Studio)
Nodester hieß die erste grafisch orientierte Software, die es ermöglichte, die
einzelnen Bilder zusammenzunähen (auf engl. "stitch") und gleichzeitig die
Panoramen zu verknüpfen. Apple zog bald nach und liefert inzwischen auch eine
grafisch unterstützte Software - das QTVR Authoring Tool. Die Technik bei QTVR
ist allerdings sehr proprietär geblieben: die Erzeugung funktioniert nur auf dem
Mac und die Panorama-Fotos werden inklusive aller Knoteninformationen in
einer Binärdatei gespeichert und sind später vom Betrachter nicht mehr
zugänglich oder korrigierbar.
ein
en
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er
en
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ä-
eL-
Die Krönung der QTVR-Technologie erfolgte durch die mögliche Verknüpfung der
einzelnen Panoramen durch "Verknotung". Die Amerikaner sprechen von
"Nodes", mit denen die "Panos" untereinander "vernetzt" sind. Bei der Betrachtung durch Mausklick oder Tastendruck markierte Stellen (die sog. "Hotspots")
verraten, an welcher Stelle des Fotos ein Link eingebaut ist zu einem weiteren
Foto. Bei gut gemachten CD´s wie der von "Architectural Record" erscheint
parallel zum QTVR-Panorama-Viewer ein Grundriß, auf dem der gerade aktivierte Standort markiert ist, um die momentane Betrachtungsposition nachvollziehen zu können. Statt eines Links auf einen anderen Standort ist auch die
Einblendung eines Bildausschnittes oder Details möglich.
Alternativen zu QuicktimeVR
Übersicht der Anbieter/Formate:
A
AUS FOTOS
+ DIGITALFOTOS
Pano-Modus: Zylinder
QuicktimeVR .mov Zylinderbilder
RealVR
.ivr
dto.
mehr Systeme wie Jutvision,NetVR,
PanoramIXSurround Video finden Sie
unter www.tbk.de
Pano-Modus: Kugeln
IPIX
.ipx Bubbles
Smoothmove .pan Kugelbilder
RealVR
.ivr
Kugeln
Pano-Modus: Kubus
RealVR
.ivr
Würfel
Objekt-Modus: Zylinder
QuicktimeVR .mov
Objekt-Modus: Kugeln
QuicktimeVR .mov
B
Videobrush
PER VIDEO
.mov Zylinder
.pan Zylinder
.ivr
Zylinder
C
ArchiCAD
PER CAD
.mov .ivr
.mov .ivr
.mov .ivr
.ivr
.pan
.pan
.mov .ivr .pan
MiniCAD
FormZ
Microstation
3D-MAX
3D-VIZ
Artlantis
...
Abb 19. Übersicht über Verfahren und Anbieter
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Zwar ist QuicktimeVR das erste und immer noch populärste Verfahren der
Darstellung zylindrischer Panoramen, es gibt jedoch einige Firmen und Produkte, die ähnliches anbieten und nach ähnlichem Prinzip vermarkten: die Software
zur Erstellung wird üblicherweise verkauft an diejenigen, die "Panos", wie die
Insider sagen, erstellen und die Abspielsoftware bzw. das zur Betrachtung
notwendige Browser-Plugin wird im Internet oder auf CD´s kostenlos verbreitet.
Dabei gibt es auch Firmen, die nicht nur mit Zylinderbildern arbeiten, sondern
auch mit Kugelbildern, d.h. Rundumblicken nicht nur in der Horizontalen,
sondern auch in der Vertikalen, d.h. 360Grad horizontal und 360Grad vertikal.
Der bekannteste Anbieter der Kugelbildtechnik, die in einem Zeitschriftenbild
noch weniger beschreibbar ist als die Zylindertechnik, hieß ursprünglich Omniview, firmiert jedoch mittlerweile unter IPIX (Interaktive Picture Corporation) und
bietet "Bubble" genannte Rundumblicke. Die Erzeugung erfolgte bis vor kurzem
durch ein ungewöhnliches Marketing-Konzept: die Software wurde nicht verkauft
- man konnte die Kugelbilder nur über Dienstleister anfertigen lassen. Dies
funktionierte im Werbebereich mit namhaften Firmen wie SAAB oder Honda, die
die Innenräume ihrer Limousinen auf diese ungewöhnliche Art präsentierten. Es
gibt auch eine wunderschöne Frank-Lloyd-Wright-CD mit verküpften "Bubbles".
Auch die neue Foster-CD "Thrity Years" nutzt die IPIX-Bubbles. Mittlerweile hat
sich das Marketing-Konzept geändert: man kann die Software kaufen und auch
die zur Erzeugung notwendigen Fisheye-Objektive (entweder als SIGMAObjektiv für konventionelle Kleinbildkameras oder als IPIX-Vorsatzlinse zu
Digitalkameras von Kodak, Nikon, Olympus - auf Wunsch im Bundle mit der Nähund Verknüpfungs-Software - allerdings mit dem Trick, daß für jedes im Internet
veröffentlichtes Bubble ein Password für jeweils $25 erworben werden muß.
Dafür gibt es das Abspielprogramm bzw. Plugin wie üblich gratis.
Noch ein Anbieter von Kugelbildern sollte erwähnt werden: Smoothmove heißt
die Technologie, Infinite Pictures die Firma. Besonderheit: bei der Betrachtung
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stoppt das Bild nicht am Zenit, sondern der Betrachter kann sogar einen
Kopfstand machen auf der gegenüberliegenden Kugelseite.
Gemeinsamkeit sowohl des QTVR-Verfahrens wie auch des IPIX- und Smoothmove-Verfahrens: die einmal erzeigten Panos bzw. Kugelbilder sind als eigenständiges Datenformat abgelegt und nachträglich nicht mehr korrigierbar.
Real VR
Abb 20.
Funktionsweise: aus Einzelbildern wird ein Panorama
Abb 21. Entsprechend funktioniert es auch
mit Fisheye-Bildern
Um dieser geschlossenen Welt zu begegnen, hat Eric Chen, der maßgebliche
Erfinder der QTVR-Technologie die Firma Apple verlassen und mit REALSPACE eine eigene Firma gegründet, die eine ähnliche Technik auf den Markt
brachte namens REAL-VR. Allerdings diente jetzt der PC als Entwicklungs- und
Betrachtungsplattform (kurz darauf war die Betrachtung jedoch auch auf dem
Mac möglich und mittlerweile ermöglicht ein Java-Viewer die völlige Plattformunabhängigkeit). Neben der anderen Entwicklungsplattform gibt es jedoch weitere
entscheidende Vorteile:
- das Panoramafoto bleibt weiterhin als separate Datei verfügbar (und damit
auch austausch-, manipulier- und korrigierbar)
- die Panorama-Einstellungen wie Betrachtungswinkel, Anfangseinstellung,
Node-Information etc. werden in eine separate Datei geschrieben, die zudem
noch VRML-2.0-kompatibel ist und damit jederzeit editierbar
- durch die VRML-Kompatibilität ist es möglich, alle VRML-Funktionalitäten
wie Sound, Einbindung von Videos, Einbau geometrischer Objekte, Touchsensoren, etc. in das Panorama einzubauen und somit den ersten Schritt zur
"Augmented Reality" zu vollziehen
- die Darstellung ist nicht beschränkt auf die Einbindung von Zylinderbildern es ist auch möglich (und das ist ein entscheidender Vorteil), sphärische Bilder
zu erzeugen, d.h. sich im Inneren einer fotografisch (per Fish-Eye) aufgenommenen Kugel zu bewegen. Dies ergibt bei geeigneten Objekten eine erheblich
Steigerung des Raumeindruckes, wie er gerade für Architektur-Zwecke
interessante Perspektiven eröffnet.
- als kleiner Service am Rande: es können QTVR-Dateien eingelesen und in ein
Real-VR-Panorama konvertiert werden.
- ein weiterer Service: das Programm, mit dem man die Real-VR-Panoramen
erzeugt (wie bei QTVR aus fertigen Panorama-Fotos oder einzelnen Bildern)
heißt Photovista, kommt inzwischen von der Firma Livepicture (mit der die
Firma Real-Space fusionierte) und liefert nicht nur sphärische oder zylindri-
Abb 22. Eines der besten Beispiele: das
Powerhouse-Museum in Sidney: hier ist besonders der Blick nach oben interessant
Abb 23. Die typische Abwicklung eines "Kugelbildes": 180 Grad Bildwinkel vertikal, 360 Grad
horizontal (Satelitenfotos der Erde haben eine ähnliche Verzerreung der Polargegenden)
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Abb 24. Digitalkamera mit Fisheye-Vorsatz
und Drehvorrichtung (mit Arretierung)
sche Bilder, sondern auch Kubus-Bilder, d.h. auf die sechs Seiten eines
Würfels gerechnete Bilder, die auch in VRML-Dateien als Hintergrund verwendet werden können und den Vorteil haben, gegenüber den Zylinder- bzwKugelbildern besser retuschierbar zu sein (denn meist muß man bei FisheyeBildern das mitaufgenommene Stativ wegretuschieren).
Noch ein Nachsatz zu den Fish-Eye-Bildern: auf diese verblüffend einfache Art
und Weise schlägt man mehrere Fliegen mit einer Klappe: man erzeugt sowohl
den Mehrwert eines vollen Kugelbildes und vereinfacht sich sogar noch die Arbeit,
indem man nur drei Aufnahmen benötigt, während mit Flachbildern mindestens
sechs notwendig sind. Doch der Teufel liegt im Detail: aus bisher unerfindlichen
Gründen werden in Deutschland keine 8-mm-Fisheye-Objektive mehr verkauft
(nur noch 16-mm-Fisheye-Objektive, die ein tonnenförmig verzeichnetes Bild
liefern, aber nur über die Diagonale den vollen 180-Grad-Bildwinkel - vertikal nur
ca. 140 Grad). Wie auf der letzten Photokina zu sehen, muß man ins
benachbarte Ausland fahren, beispielsweise nach Frankreich, wo vom selben
Hersteller (z.B. SIGMA) Fisheye-Objektive im Katalog sind und somit zu
bekommen.
Ein Wermutstropfen: aus lizenzrechtlichen Gründen mußte Livepicture darauf
verzichten, die Umwandlung von 8-mm-Fisheye-Bildern zu unterstützen. Wer
aus einer alten Version die Datei mit den Einstellwerten gerettet hat, kann
allerdings weiterhin sein 8-mm-Fisheye einsetzen! Auch der Fisheye-Vorsatz
der neuen Nikon 900 Digitalkamera ist in Deutschland erhältlich und liefert
brauchbare Ergebnisse.
Über die Weiterbearbeitung der Real-VR-Panoramen zu multimedial angereicherten und mit VRML-Geometrien ergänzten virtuellen Räumen sollte an
anderer Stelle mehr eingegangen werden.
Stativköpfe für die Aufnahme der Bildserien
Abb 25. Stativ-Kopf von Kaidan erlaubt die
exakte Justierung um den optischen Nullpunkt
Für die Aufnahme sowohl der Zylinderbilder nach QTVR als auch der Kugelbilder
gibt es eigens konstruierte Stativköpfe, die es ermöglichen, die Kamera um den
Optischen Idealpunkt rotieren zu lassen: die bekannteste Firma ist KAIDAN in
USA, aber auch der italienische Stativhersteller MANFROTTO hat inzwischen
einen QTVR-Stativkopf im Programm. Die Firma Noblex liefert zu ihren TeilZylinder-Kameras inzwischen auch einen Stativkopf, der es ermöglicht, auch mit
dieser Kamera aneinandernähbare Panoramen zu erzeugen.
Eliminierung der Zeitdifferenzen
Abb 26. Beispiel 220-Grad-Fisheye-Kamera
Nachteil der Aufnahme von Bildserien per Stativ ist der hohe Zeitaufwand und der
Zeitversatz, der es verhindert, bewegte Objekte aufzunehmen (Panos von
belebten Plätzen wie dem Picadilly Square zeigen oft halbe Autos oder
Menschen). Der Australier Dan Slater hat es geschafft, dieses Problem zu
umgehen, indem er, ähnlich wie IPIX, mit nur zwei Fisheye-Bildern auskommt:
er verwendet das 6mm-Objektiv aus dem Hause Nikon, das über einen Blickwinkel von sage und schreibe 220 Grad verfügt! Durch die Verwendung zweier
Gehäuse, die simultan auslösen, erhält er zeitgleiche Aufnahmen. Auch in
Bochum wird daran experimentiert: mit zwei Nikon-Digitalkameras, deren
Fisheye-Vorsätze mit 183 Grad arbeiten und auf diese Weise auch eine
Überlappung der Bilder ermöglichen.
Abb 27 . . . und Bildergebnis
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Video
Abb 28. Videobrush erspart die Anschaffung einer Spezialkamera: die vorhandene
Video-Kamera tuts auch (erstaunlich gut)
Eine technisch einfache, sehr preiswerte und selbst von Unerfahrenen sehr
schnell erlernbare Technik soll hier nicht unerwähnt bleiben: die Firma Videobrush liefert eine Software (für $60, d.h. DM 100,- per Credit-Karte ausdem Netz
zu ziehen), die es erlaubt, eine per Videokamera aufgenommene und als AVI
konvertierten Kameraschwenk als Panorama (wahlweise QVTR, Real-VR,
Smoothmove) abzuspeichern.
Man sollte ein Stativ verwenden, aber selbst ein Handschwenk führt zu brauchbaren Ergebnissen. Man kann die Video-Kamera sogar senkrecht halten, um den
Blickwinkel zu erhöhen.
Panos aus CAD-Programmen
Das erste mir bekannte CAD-Programm, das sich die aus der Fotografie
entwickelte Aufnahme- und Verarbeitungstechnik zunutze machte und "synthetische" QTVR-Panoramen erzeugte, war ArchiCAD (in der Mac-Version).Für
Windows-Kunden wurde bald darauf die im Ergebnis vergleichbare Real-VRTechnik angeboten.
Andere zogen nach und so bieten inzwischen die vom MAC bekannten CADProgramme MiniCAD und Form-Z QTVR- und Real-VR-Panos an.
Auch der sowohl als Add-On zu MiniCAD und ArchiCAD wie auch als Standalone-Programm angebotene französische Renderer Artlantis bietet dieses
Feature. Hier ist der Königsweg gelungen: über den Import neutraler Formate wie
3D-DXF, 3DS, VRML ist der Import von 3D-CAD-Modellen verschiedenster
Programme möglich und der Export als QTVR- bzw. Real-VR-Panorama.
Abb 29.
Aufnahme eines rechteckigen
Raumes . . .
. . . und typische CAD-Darstellung
Beispiel: Falling Water
Ein Beispiel: aus dem Netz holten wir uns das Modell des bekannten FallingWater-Hauses von Frank Lloyd Wright (www.greatbuildings.com), importierten
die Daten in Artlantis, erzeugten drei verknüpfte Panoramen und hatten plötzlich
eine Raumvorstellung, die man in noch so vielen Semestern Architekturgeschichte nicht vermittelt bekommt, da die Information für Generationen von
Architekturstudenten immer nur aus den gleichen fünf zweidimensionalen InnenSeite 7
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und Außenaufnahmen besteht nebst Plänen, aber abgesehen von den wenigen
Erlauchten, die das Vergnügen haben, Fallingwater live zu erleben, nie der
Raumeindruck herüberkommt. Hier bietet die Panorama-Technik ein echtes
AHA-Erlebnis. Zum Nulltarif kann man sich auf diese Weise durch Architekturklassiker bewegen vom griechischen Tempel bis zu Fosters Hongkong-Bank
oder Richard Meiers Michigan House.
Beispiel: Immobilien
Abb 30. www.dreamhouses.com zeigt
Panos von Immobilien
Es muß nicht immer Weltklasse-Architektur sein. Die Panoramatechnik eignet
sich vorzüglich, Immobilien darzustellen durch die Erzeugung und Verknüpfung
von Panos. Im Internet finden sich genügend, meist amerikanische Beispiele.
Aber auch hierzulande gibt es bereits einige Dienstleister, die Panos erstellen,
u.a. für Bungalows in Freizeitparks. Ein neues Anwendungsgebiet ist das
Facility Management, wo Objekte per Pano dokumentiert und illustriert werden.
Als Beispiel sei die Galerie für Architektur und Arbeit in Gelsenkirchen genannt,
die schon seit 1997 auf diese Weise im Netz dargestellt wird.
Objekt-Modus
Abb 31. Ebenfalls auf der Architectural
Record CD: das CAD-Gebäudemodell als
QTVR-Objekt (es läßt sich interaktiv drehen
und von allen Seiten betrachten).
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Eine gelungene Anwendung von Panos vorhandener Gebäude nebst eingeblendetem Grundriß stellt die CD "Record Houses" dar, die von der amerikanischen
Zeitschrift Architectural Record 1996 und 1997 herausgegeben wurde und die
jeweils die acht besten Wohnhäuser des Jahres in Nordamerika dokumentiert.
Zusätzlich zu den Quicktime-VR-Panoramen der fertigen Häuser finden sich
noch CAD-Modelle der Häuser, die mit einer anderen Technologie dargestellt
sind, die ebenfalls mit Quicktime VR möglich ist: das Drehen eines Objektes (bei
QTVR spricht man denn auch vom Panorama-Modus und vom Objekt-Modus während beim ersten die Kamera gedreht wird und nach außen gerichtet ist,
bleibt sie beim Objekt-Modus arretiert, ist nach innen zum sich drehenden
Objekt gerichtet). Ursprünglich als fotografische Technik entwickelt, wobei die
Kamera feststeht, sich das Objekt auf einem Drehteller dreht und alle 10 Grad
fotografiert wird. Diese Aufnahmen können mit dem Quicktime-VR-AuthoringTool zusammengesetzt werden und der Betrachter im Netz kann das fotografierte Objekt dann interaktiv betrachten. Ein hervorragendes Beispiel für eine
derartige Anwendung findet sich online in San Francisco: die Skulpturen im De
Young Museum können auf diese Weise interaktiv betrachtet werden (der
Betrachter kann dabei durch das Museum wandern, sich die Bilder an der Wand
heranzoomen, die Skulpturen von allen Seiten betrachten und gleich die
Beschreibungen lesen).
Im Architekturbereich kann der Objekt-Modus benutzt werden, um reale Architekturmodelle interaktiv zu drehen oder aber (in ArchiCAD), CAD-Modelle
drehbar darzustellen.
Hier allerdings ist der nächste Schritt nicht weit und vielleicht vielversprechender:
die interaktive Begehung des CAD-Modelles mit Hilfe der VRML-Technik (ohne
an bestimmte Standpunkte gebunden zu sein). Hierauf soll im nächsten Heft
eingegangen werden. VRML bietet zwar mehr Interaktivität, erfordert vom
Betrachter aber auch mehr Vorerfahrung und Navigierkunst und zudem schnellere Rechner und die entsprechende Softwareausstattung. Insofern wird Quicktime-VR im Panorama- wie im Objektmodus auch für CAD-Modelle seine
Bedeutung behalten.
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Wer mehr wissen möchte zu Anwendungsbeispielen, Techniken der Erzeugung,
technische Möglichkeiten und technische Grenzen, kann eine erweiterte Version dieses Artikels im Internet finden unter: http://www.fh-bochum.de/fb1/pano
(dort werden auch die Termine von Pano-Workshops angegeben, wo Interessierte sich die Techniken selbst erarbeiten können).
CAD-Alternativen zu QTVR und RealVR
Leider ist die Pano-Szene auch auf dem CAD-Sektor nicht einheitlich: während
ArchiCAD, MiniCAD und FormZ QuicktimeVR- bzw. RealVR-Zylinder-Panos
benutzen, arbeitet 3D-Studio-VIZ (der sehr empfehlenswerte Architektur-Ableger
des mächtigen 3D-Studio-MAX) mit dem Smoothmove-Verfahren und liefert
Smoothmove-Kugel-Bilder. Bentley´s Microstation liefert ebenfalls Kugel-Bilder,
allerdings im RealVR-Format.
Immerhin hat man, alternativ zu VRML, auf das ich später eingehen möchte, ein
interaktives, plattformunabhägiges CAD-Betrachtungsformat, das selbst ungeübten Nutzern sofort einleuchtet, ungewohnte, aber sehr brauchbare Raumeindrücke schafft und gegenüber der festgelegten, linearen Kameraführung in
Filmen oder Animationssequenzen den Schuß Interaktivität liefern. Leider eignet
sich ein Zeitschriftenartikel nicht sehr gut, um die Panoramatechnik interaktiv zu
zeigen - hierzu müssen Sie schon ins Netz schauen unter www.archinet.de/pano
Qualitätssprung
Abb 31. Die Digitale Panorama-Kamera liefert
die Daten direkt an den Laptop
Wer bisher QTVR-Panos immer nur in Briefmarkengröße gesehen hat (im
Internet wegen der Datenmenge, auf CD wegen der Rücksichtnahme auf den
kleinstmöglichen Bildschirm auf Betrachterseite und leistungsschwache Grafikkarten), sollte sich einmal den Luxus gönnen, ein Pano in voller Bildschirmgröße
zu betrachten (möglich noch auf Doppelmonitor oder Doppelprojektor an die
Wand projekziert). Erst damit entsteht ein vernünftiger Raumeindruck. Das
Archimedia-Institut der FH Bochum hat bereits seit 1996 derartige GroßformatPanos im Netz (www.fh-bochum.de/fb1/ivr) und hat im Rahmen eines Forschungsprojektes zum Thema "Immersive VR-Darstellungstechniken im Bauwesen" zusammen mit der FH Lippe soeben die erste Farb-Digital-PanoramaKamera PanoCam DPC-10 in Betrieb genommen. Die Gemeinschaftsentwicklung mit der Fa. Spheron (www.spheron.com) trägt die Seriennummer 1, verfügt
über ein Fisheye-Objektiv und kann Panos von 4500x9000 Pixel erstellen
(120MB). Wer noch größere Detailqualität benötigt, sollte den amerikanischen
Fotografen Stephen Johnson im Netz besuchen, der sich rühmt, schon 1995 ein
222MB großes Digitalpanorama erzeugt zu haben oder die Fertigstellung der
Noblex-Rotascan aus Dresden (www.kamera-werk-dresden.de) abzuwarten, die
8600x42370 Pixel liefert (1,1GB) und für photogrammetrische Zwecke ausgelegt
ist, aber auch 10 Minuten für den Scan eines 360 Grad Panorama benötigt.
Noch mehr Interaktivität
Wer statt mehr Detailqualität eher eine höhere Interaktivität verlangt, ist selbst
bei Cityscope Berlin nicht gut aufgehoben. Dort werden zwar tagesaktuelle
Panos ins Internet eingespeist, aber nicht online: die Aufnahmen der CityscopeKamera müssen erst per Software zusammengenäht werden. Schneller, wenngleich auch datenaufwendiger geht es mit rotierenden Videokameras, die im
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Idealfall vom Betrachter über das Internet gesteuert werden können. Die Bundesgartenschau 1997 in Gelsenkirchen bot diesen Luxus und auf der ACS 98 wurden
bereits Online-Kameras zur Baustellen-Dokumentation gezeigt.
Wenn Sie allerdings nur die Baustellenkamera für Bürozwecke benötigen,
müssen Sie noch nicht einmal das Internet bemühen - die ISDN-Technik macht
das auch schon möglich.
Abb 32. Interaktiv steuerbare ISDN- oder
Web-Kamera für die Baustelle
ca. 3200 Worte, ca. 21200 Zeichen (24350 mit Leerzeichen)
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LITERATUR:
Plessen, Marie-Louise [Hrsg.]
"Sehsucht - das Panorama als Massenunterhaltung des 19. Jahrhunderts"
Basel, Frankfurt/Main 1993
ISBN-Nr. 3-87877-408-7
Screen-Multimedia 06-07/98, S. 56-60
W orkshop: Technologien für Panoramen
Screen-Multimedia 02/98, S.44
Quicktime VR mit Authoring Studio
Screen-Multimedia 10/97
Photovista
c´t 13/1998 S. 106-113
Martin Frech
Rundblicke - Panoramabilder im Computer
PixelGuide 9/98 S. 66-70
Digitale Panoramafotografie - Runde Sache
http://www.pixelgui.de
3D-Live 6/98 S. 66
"Nützliche Helfer" (Innotech Scanner Sasta-metric)
Dieser Artikel ist der erste Teil einer
Trilogie zum Thema VR
Teil 2 "Virtuelle Welten - VRML als neues 3D-Datenaustauschformat und Einstieg in die Welt der globalen Planungskommunikation
wird im Frühsommer erscheinen
Teil 3 "Augmented Reality" wird im Herbst
erscheinen
archinet.de 18.2.97
Fallingwater (Omniview)
archinet.de 4.4.97
Die Renaissance der Panoramen
Karl-Ludwig Spengemann
Architektur wahrnehmen
Bielefeld 1993
LINKS:
Alle Links zum Thema unter www.archinet.de/pano99 (noch nicht freigeschaltet!)
Zum Schluß: die gleiche Technik, die zum Erzeugen von Sphären-Bilder des Innenraumes benutzt wird, nutzen die Meteorologen
auch zur Darstellung der Erde: ein per Zeilenkamera erzeugtes Satellitenbild wird auf eine Kugel "gemapt" (livingearth.com)
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stand 15.1.99
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