die Patrouille Suisse - Neue Zürcher Zeitung

Transcription

die Patrouille Suisse - Neue Zürcher Zeitung
Rettung
3lc«c c3ürdjcr
WOCHENENDE
Samstag/Sonnlag,
8/9 Mal
Nr.
105
Helvetiens Luftballett
-
1982
79
die Patrouille Suisse
Von Heini Hofmann
Bei grossen Flugmeetings kündet sie der Speaker dem Publikum als fulminantes Schlussbouquet an: die Kunstflugstaffel
später
n
der Schweizer Luftwaffe, die Patrouille Suisse. Sekunde
b r a u s e im Tiefflug
erzittert der Himmel. Sechs Hawker Hunter n
vorbei und vollführen im Jettempo und in hautnaher Formation
ein technisches Ballett höchster Präzision. Zehntausende recken
die Köpfe. Selbst Fluglärmmuffel vergessen für einige AugenDann: Rauchzeichen am Himmel. Ein
.
blicke ihr Ohrenweh
Donnerschlag
und schon sind sie wieder weg.
Die Patrouille Suisse. Was ist das eigentlich? Wer sind diese
tollkühnen Münner, die auf ihren fliegenden Feuerstühlen so
haarscharf über unsere Köpfe donnern?
Die Patrouille Suisse (PS) untersteht dem Kommandanten
des Ueberwachungsgeschwaders (UeG) und wird mehrmals
jährlich an öffentlichen Flugveranstaltungen für die Demonstration von Tiefflugakrobatik auf Kampfflugzeugen in enger
Verbandsformation eingesetzt. Die Veranstaltungen werden
vom Waffenchef der Flieger- und Fliegerabwehrtruppen bezeichnet, und die erlaubten Formationen und Evolutionen dürfen nur mit seiner Bewilligung geändert oder erweitert werden.
Der Flugsicherheit kommt dabei erste Priorität zu, sowohl im
Training wie bei den Vorführungen. Sie wird erreicht durch die
Auswahl geeigneter Piloten des UeG und durch regelmässiges,
sukzessive gesteigertes Training. Der Sinn und Zweck der PS
Weisungen), als
besteht darin (so sagen es auch die offiziellen
Repräsentantin der Schweizer Flugwaffe durch Präzision. Eleganz und fliegerisches Können deren Leistungsfähigkeit zu beHptm. Morweisen. Der Kommandant der Patrouille Suisse,
genthaler, seit neun Jahren im Team und seit drei Jahren Leajunge
Auftrag
wichtigen
darin,
der, sieht zudem einen
Burschen
begeistern und
für die Fliegerei und den «schönsten Beruf» zu
Bevölkerung auch
der gezwungenermassen oft lärmgeplagten
einmal die Schönheit rd e Technik vor Augen zu führen.
Ensemble mit Solisten
VergnüDie Fliegerei in der PS ist nicht lediglich Show und
gen und auch nicht bloss «Supplement». Die Aufwendungen
Ueberzeugung
von Cheftrainer
für die PS, dies ist die feste
Major Wicki, zahlen sich in mehrfacher Hinsicht aus. Wie jedes
andere, so bringt auch dieses Training den Piloten Flugerfahg
rung, die sie später, in der Ausbildun
der Jungpiloten, wieder
ausspielen können. Zudem wird das Programm von Jahr zu
langjährigen PS-Mitgestaltet,
so dass es auch an die
Jahr neu
glieder stets neue Anforderungen stellt. Das Training ist jewei-
Flugzeuge sowieso
len auf Montag morgen angesetzt, wenn die
Spezialabkomin rd e Regel in der Wochenkontrolle sind. Ein ermöglicht jeMilitärflugplätze
men mit dem Bundesamt für
Spezialeinsatz
machen
doch, dass man die sechs Hunter diesen
lässt.
Dreidimensionale
Suisse)
Choreographie zwischen Himmel und Erde- Die Patrouille Suisse in den Alpen. (Bilder: Karl Hofer und Patrouille
Das UeG mit Kommandositz in Dübendorf wurde 1941 als
einzige permanente Kampfformation nicht bloss der Luftwaffe,
aufgestellt. Dasondern der gesamten schweizerischen Armee
Fliegerstaffeln mit dreissig Piloten und zehn
mals waren es drei
professionelle Teil der Flugdieser
zählt
Heute
Beobachtern.
Fliegerstaffeln, eine
waffe 125 Berufspiloten, eingeteilt in sechs
(vorläufig noch) auf Hawker Hunter, drei auf Mirage III S bzw.
Mirage III RS sowie zwei auf F-5E Tiger. Aus den Reihen diePS, die u. a.
ser sechs Staffeln rekrutieren sich die Piloten der
Fliegerschulen eingesetzt sind. Als
auch als Fluglehrer in den
UeG-Mitglieder sind sie Bundesbeamte, auch wenn man es ihnen nicht ansieht.
Das PS-Team setzt sich heute aus sechs Piloten, einem Reservepiloten und dem Cheftrainer oder Coach zusammen. Die zwei
Mitglieder der PS
ebenso rd e Ueberletzteren sind ehemalige
wacher, der vom Boden aus die Arbeit seiner Kameraden in der
Positionsbezeichnungen im
Die
beurteilt.
und
Luft beobachtet
Militärpiloten. So
Verband enlstammen dem Bambinicode rd e
Spitzenposition aller Formaheisst der Verbandsführer an der
hochgedient.
Hinter
tionen kurz Uno. Er hat sich zum Leader
(Rera Flügel, due) und der
ihm fliegen der Flügelmann rechts
Neue Zürcher Zeitung vom 08.05.1982
105/8
80
Samitag/Sonntag, 8./9. Mai 1982
Nr.
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WOCHENENDE
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leitung
Der seilliche Abstand im Formalionskunstflug beträgt lediglich 3 bis 4 Meter, die Stufung gar nur I bis 2 Meter. Die Geschwindigkeit variiert zwischen
schwierigsten in der
300 und 800 Kilometern pro Stunde. Die hier gezeigte Linea- Formation ist, obwohl sieför den Laien «leicht» aussieht, eine der
Ausführung und wird, weil sehr trainingsaufwendig, nur selten geflogen.
Box, Schwan, Manta,
,
Das Formationsrepertoire der PS: Diamant, Pfeil
Supercanard, Canard, Delta. Doppelpfeil, Superbox, Colonna, Catena,
Supermanta, Glocke und Pic.
Flügelmann links (Uli Flügel, tre). Der hinterste Pilot in der nur
vier Flugzeuge umfassenden Diamant-Formation ist der Quatro
oder Slot. Punkto Pilotage ist dies von allen die einfachste Position, da sie wenig Wechsel bedingt und gute Referenzen bietet,
weshalb Neulinge im Team zuerst mal hier eingesetzt werden.
Die Flügelmänner im Sechserverband schliesslich sind der Cinque (links) und der Sexy (rechts). Sie sind zugleich die beiden
Solopiloten. Das Auswahlverfahren der Kandidaten ist
für
einmalig, denn es beruht auf demokratimilitärische Begriffe
schem Mitspracherecht. Der Kommandant des UeG kann kein
neues Mitglied der PS ernennen, das nicht von den jeweiligen
Aktivmitgliedern vorgeschlagen worden ist. Das muss so sein,
damit im Zusammenspiel des Teams zweihundertprozentige
Harmonie herrscht; denn die kleinste zwischenmenschliche Unstimmigkeit könnte sich in der Flugsicherheit verheerend auswirken.
Wird ein neues Teammitglied eingeführt, was auch dieses
Jahr der Fall war (Quatro), so absolviert dieses ein auf Präzision
abgestimmtes Spezialprogramm. Das beginnt bei der Angewöhnung an das Einhalten kleinster Distanzen zwischen «Sohn»
und «Führer», wie die Flugzeuge in der Zweierpatrouille genannt werden. Nach eng aufgeschlossenem Geradeausflug steigert sich der Schwierigkeitsgrad mit vertikalen Manövern und
Rollen. Dann stossen weitere Verbandsmitglieder dazu, bis dass
das Greenhorn, «eingeklemmt» ins Sandwich des Verbandes,
das vollständige Programm, vorerst im Training hoch oben,
mitabsolvieren kann. Kunstflugmanöver in grosser Höhe sind
zwar weniger gefährlich, jedoch eigentlich anspruchsvoller, weil
hier die Luft weniger dicht und die Fehlermöglichkeiten grösser
sind. Bis der Neuling in der Staffel bei einer öffentlichen Vorführung mitfliegen kann, muss er rund 35 Trainingsflüge nachFlugdienst,
weisen. Hier ist doch einiges anders als im normalen
vor allem, weil man auf Dinge achten muss, die man vom
Boden aus nicht sehen darf. Wenn bei einem normalen Flug
einer Zweierpatrouille sich der Sohn zu weit weg vom Führer
,
befindet
dann befiehlt dieser «näher heran», worauf der Sohn
Querlage gibt, das heisst, er korrigiert mit einer Drehung um die
Längsachse des Flugzeuges. Das aber sieht man von unten. Deshalb wird eine solche Korrektur in der PS mit dem Seitensteuer
ausgeführt, was keine Bewegung um die Längsachse zur Folge
hat, sondern einem Heranschiefern gleichkommt mit lediglich
Doppellooping fand nun EinIen Rauchanlage statt. Auch der
gang ins Programm.
gerischen Leistungen der jungen Formation entzückt, dass er
ausrief: «Sie fliegen wie die Patrouille de France». Was lag da
näher, als sie fortan Patrouille Suisse zu nennen?
Der Begeisterung der Piloten und ihrer geschickten Salamitaktik ist es zu verdanken, dass die Kunstflugstaffel der Schweizer Luftwaffe Schritt für Schritt ausgebaut wurde. 1966, anlässlich eines Meetings in Basel, durfte erstmals der Schweizer Luftraum in Richtung Frankreich verlassen werden. Auch wurden
hier als grosse Novität Rollen im Verband geflogen. 1970 dann
brachte nicht bloss ein neues Programm, sondern die Erweiterung vom Vierer- auf einen Fünferverband. Das wiederum ermöglichte neue Figuren wie Pfeil und Supercanard. Auch die
Darbietung cines Solopiloten hatte hier Premiere. 1972 begannen die Filmaufnahmen für eine spektakuläre Zelluloid-Selbst-
darstellung unter dem Titel «Supercanard», gefilmt von Oblt.
Clausen aus einer DH-115 (Vampire-Doppelsitzer), pilotiert
von Major Böhm. 1975 wurde der erste Looping in Linea gezeigt, und 1976 brachte als Neuerung die Kreuzung zweier Solitypischerweise
inofsten sowie die Formation Box. Nach
fiziellen Versuchen bereits 1975 durch die technischen Experten
(damaliger
Leader)
und Oblt. Beck (immer noch
Oblt. Hochuli
Reservepilot der PS) mit einer selbst konstruierten und aus dem
e i g e n e Sack bezahlten Rauchanlage, ohne die eine Konkurn
renz mit ausländischen Teams nicht mehr möglich war, fand
dann 1977 die Premiere mit der mittlerweile bewilligten offiziel-
France.
Showprogramm entworfen
Wenn vor Saisonbeginn das
wird, sitzen zuerst der Teamführer und die beiden Solisten zuChoreographie
selsammen, wobei die letzteren ihre Ideen zur
versammelt, und
ber anbringen können. Dann wird das Team
(liegenzu
die
werden
in Zusammenarbeit mit dem Cheftrainer
bereinigt, aufgezeichnet und auf dem Tarmac
den Figuren
abgelaufen, analog wie im Falldraussen zu Fuss in Formation
schirmsport die Relativspringer ihre Figuren zuerst am Boden
Vorführprogramm
im Theoriesaal und
«trocken» üben. Ist das
bereinigt, wird es zuerst hoch geflogen, um
beim Bodentraining
Flugpraxis zu prüfen. Dies tut der Leaseine Tauglichkeit in der
Papierentder probeweise solo, denn er muss wissen, ob rd e
fliegbar ist, ob «Ecken» drin sind, ob stellenschluss überhaupt
gefordert wird und ob das ganze
Beschleunigung
weise zuviel
Programm in der vorgeschriebenen Zeit von rund fünfzehn Mi-
einer minimalen Bewegung um die Hochachse, was vom Betrachter am Boden kaum realisiert wird. Der Führer selbst hilft
bei der Korrektur nicht; denn einer muss ja die Referenz spielen, da sonst ein Handorgeleffekt entsteht.
Am Anfang waren's vier
Hunter Mk 58 erstmals an einem Meeting im
Formationsflug vorgeführt. Nur gerade vier Formatione
waren
n
erlaubt: Diamant, Catena, Linea und Colonna. Doch die Verwagten
den entscheidenden weiterführenden
antwortlichen
begannen
Schritt nicht, es blieb beim ersten Anlauf. Inoffiziell
jedoch in den darauffolgenden Jahren (so erzählt es das
Suisse»)
Piloten
klammheimvier
Patrouille
der
«Goldene Buch
Formationsfluges. Sie talich mit einem gezielten Training des
Verbandsangriffe, über den Wolken,
ten das im Anschluss an
Ueberwachungsge«on top». Als dann der Kommandant des
schwaders im Expo-Jahr 1964 den Befehl erliess, es sei ein HunFlugzeugen,
ter-Formationsteam zu gründen, bestehend aus vier
nachträgliche Sanktionierung einer risiso war das lediglich die
kofreudigen Pionierleistung. Trotzdem gilt der 22. August 1964
allerdings wurde vom
als Gründungstag der PS. Der Name
Zufall aus der Taufe gehoben. Anlässlich eines der ersten Meefingr im Berner Oberland war der damalige Kommandant der
Flieger- und Fliegerabwehrtruppen dermassen ob der guten flie-
Und dann, 1978, war's endlich soweit: Die Patrouille Suisse
Figuwurde auf sechs Hunter aufgestockt, was wiederum neue
ren wie Doppelpfeil, Delta, Supermanta sowie die verschiedenbeispielsweise zwischen der Vie,
ermöglichte
sten Kreuzungen
rerformation und der Solistenpatrouille. Mehr noch: Wenn die
Figur in der
Viererformation sich nach der Präsentation einer
arrangierte, konnten die SoUmkehrkurve befand und sich neu
Spiegelflug
bieten,
oder Kreisz. B.
listen in der Leerzeit mehr
kreuzung. Unsere militärische Kunstflugstaffel war nun manegereif, auch im internationalen Vergleich. Das bewies sie noch
Europas
im gleichen Jahr mit ihrem ersten Auslandeinsatz an
grösstem Flugmeeting in Salon-de-Provence im Wettstreit mit
der hier beheimateten Patrouille de France, den Red Arrows der
Royal Air Force, den italienischen Frecce tricolori und der portugiesischen Kunstflugstaffel ASAS. Das war der erste Auslandstreich, doch der zweite folgte gleich: 1979 errang die PS in
England am International Air Tattoo von Greenham Common
vor über 150 000 Zuschauern die begehrte Shell Trophy für die
englischen Blue Herons,
beste Vorführung des Tages, vor den
Portugal. Das
den österreichischen Karo As und den ASAS aus
verpflichtete sozusagen zur Teilnahme im darauffolgenden Jahr
am Treffen der europäischen Teams im italienischen Rivolto,
dem «4° Raduno Piloti Pattuglie Acrobatiche», zusammen mit
den Frecce tricolori des Gastgeberlandes, mit Karo As, ASAS
und Les Swallows aus Belgien. Die Patrouille de France sowie
Gegenbedie Frecce tricolori kamen noch im selben Jahr zum
galt es beim Air Tattoo
such nach Colombier. 1981 schliesslich
verteidigen.
Trophy
Zwar
zu
in Greenham Common die Shell
Rang unter den überwar das Resultat der PS mit dem zweiten
jedoch
Wanderpreis
gut,
wechselte
der
seeischen Teilnehmern
in die Hände der niederländischen Grasshoppers, einer Helikopter-Formation auf SA Alouette III.
In diesem Jahr steht wieder eine Teilnahme im Ausland auf
dem Programm, diesmal in Dijon als Gast der Patrouille de
1960 wurde der
nuten erfiogen werden kann.
«Grandeee toc!»
Die Hodenüberwachung in Wangen-Lachen: am Funk der Trainer-Stellvertreter. Major Böhm.
Jetzt folgt der Test im kleinen Verband, zuerst nur zu dritt
fliegt der ganze Verband,
und immer noch hoch. Dann erst
fortgeschrittenen Phase schliesslich
zuerst auch hoch, in einer
«Training tief», so wie bei den Demonstrationen geflogen wird,
(die beiden Solisten dürfen
nämlich bis 100 Meter über Grund
gar bis auf zwanzig Meter hinunter). Jede Bewegung in der Luft
analysiert und später
Boden
am
wird von den Ueberwachem
ausgewertet. Die Vorführgeanhand von Videoaufnahmen
schwindigkeiten betragen 300 bis 800 Kilometer pro Stunde.
Beschleunigung erreicht im Verband (vo: allem
Die maximale
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beim Looping) bis 4,5 g, kann bei den Solisten jedoch bis auf
6 g klettern. Und das bei seitlichen Abständen von nur drei bis
vier Metern (je nach Böigkeit) und einer Stufung von lediglich
ein bis zwei Metern. Die Separation nach Ebenen, d. h. die Stufung, variiert von Figur zu Figur. Beide Flügel eines Flugzeugs,
das hinter anderen herfliegt, müssen zu diesen so versetzt sein,
dass sie nicht in deren Verwirbelung geraten. So gibt es Formationen mit mehreren Ebenen, als Extrembeispiel die Colonna,
wo sich jedes Flugzeug auf einer anderen Höhe befindet, oder
umgekehrt die Linea, die überhaupt keine Stufung aufweist.
Der Funkverkehr ist kurz und prägnant. Bei diesen Tempi
bleibt keine Zeit für Geplauder; zudem kennt jeder den Ablauf
haargenau. Jede Figur wird
vom Leaals Gedankenstütze
der kurz angekündigt, z. B. «Looping im Supercanard». Anfolgt
Plätze,
für
die
Einnahme
der
das Kommando
schliessend
d.h. den Formationswechsel: «Supercanard, libero!» Quittiert
klappt.
solange
nicht,
Nur zwischen Commander und
alles
wird
n
ein kurzer Dialog statt, um die KoordinaSolist findet jeweile
tion der Figurenabläufe zwischen Patrouillen- und Solistenprogramm sicherzustellen und um die Solisten gezielt wieder in
Frage:
den Verband zu integrieren. Auch das geht kurz und sec.
«Wo bisch?» Antwort: «I dr Achs.» Wenn es darauf ankommt,
dass bei einer «explodierenden» Figur wie zum Beispiel dem
Schlussbouquet, dem Grande Finale, alle sechs Piloten haarge-
Sanjter Touch-down nach anstrengendem Training.
symmetrisch reagieren, dann heisst das
nau zeitgleich und
Grandeeeeeee toc!» Während
Kommando: «ds Grande gilt
«wings
level» beibehält und geradeaus übers
der Leader nun
Publikum donnert, drehen auf «toc» die übrigen, den Horizont
synchron und mit gleicher Beals Referenzlinie verwendend,
schleunigung weg, die Flügelmänner in 45 bzw. 90 Grad und
der Slot senkrecht nach oben. So zeichnen sie, Rauchfahnen
nach sich ziehend, über den Köpfen der staunenden Zuschauer
ein Riesenbouquet in die Tiefe des Luftraumes.
Bei jeder Witterung
Trainiert werden drei verschiedene Programme, von denen
dasjenige auswählt,
der Verbandsführer an der Demonstration
gerecht wird. So
das der jeweiligen Wettersituation am besten
ausgewählt, wenn am
wird das Schlechtwetterprogramm dann
Vorführungstag der Wolkenplafond 300 Meter über Grund oder
betragen.
tiefer hängt. Die Sicht muss minimal zwei Kilometer
Das war in den letzten neun Jahren bloss drei- oder viermal der
Figuren (keine Walzen
Programm
«flachen»
der
Fall. Dieses
jedem
und Loopings) ist relativ unattraktiv. Dafür werden bei
Vorbeiflug neue Formationen gebildet, und die Umkehrkurven
geflogen.
werden möglichst eng
Befindet sich die Wolkenuntergrenze auf mindestens 700 bis
gelangt das Mittelwetterprogramm zur
Grund,
über
800 Metern
Austragung. Dieses umfasst z. B. auch Walzen, und zwei Soligut, aber der Plasten sind in Aktion. Ist die Sicht untendurch
Zwitterding zwischen Schlechtfond zu niedrig, kann auch ein
Anwendung finden.
Mittelwetterprogramm
und
Paradepferd ist natürlich das Schönwetterprogramm. Hier
Steigerung der Effekte. Walzen
trachtet man ganz speziell nach
prägen das
und Loopings bis hoch in den azurblauen Aether
Figuren brauchen länger für den
Schönwetterballett. Gewisse
Figur
schwierige
Pic,
weshalb dieser
Aufbau, so z. B. die sehr
anspruchsvolle Wechsel weit weg vom Publikum vollzogen
wird. Deshalb auch muss der Solist diese Pause mit einer zeitinbeispielsweise mit einem Rollenkreis,
tensiven Figur ausfüllen,
damit der Verband sich in der Zwischenzeit sauber formieren
Figuren
sind fliegerisch sehr schwierig, aber fürs
kann. Gewisse
Durchschnittspublikum unattraktiv, z. B. das scheinbar simple
Nebeneinanderfliegen, die höchst anspruchsvolle Linea. Umgekehrt gibt es Formationen, die fürs Publikum sehr attraktiv wirken, fliegerisch aber extrem einfach sind (Beispiel: Delta). Da
Demonstrationsgelände lokal rasch
die Witterung über einem
Beurteilung
wechseln kann, trifft der Leader auf Grund seiner
Anflug
und der Information der Bodenhilfe die Probeim
grammwahl oft ganz kurzfristig, zehn bis fünfzehn Kilometer
vor Einflug auf den Platz, d. h. rund zwei Minuten vor Showbeginn. Dank dieser Ad-hoc-Anpassung konnte beispielsweise
Platzregen vor- und nachher in einer
einmal in Locarno trotz
Schönwetterglocke das volle Programm gezeigt werden.
Mirage und Tiger bleibt die Paeinig:
Trotz
Man ist sich
guten Gründe.
trouille Suisse beim Hunter. Und das hat seine
Mirage III S Versuche im
Zwar hat man schon 1968 mit der
Verbandskunstflug gemacht und hat es auch mit dem Tiger proabgesehen
biert. Trotzdem blieb man dem Hunter treu, denn
Pilotage muss eine Kunstflugvon der Eignung in bezug auf die
Beziehung
präoptisch
beeindrucken. In dieser
maschine auch
bullige Hunter,
sentiert der schlanke Tiger schlechter als der
spritziger
wendiger und
wäre. Bei der Miobschon er an sich
rage haben Vergleiche gezeigt, dass für die Zwecke des Kunstfluges der Hunter besser geeignet ist. Das bestätigt sich weltweit,
praktisch niraus strömungstechnischen Gründen
indem
gends eine Formation mit Deltaflugzeugen operiert. Der Hunter
Piloten,
ein extrem gutmütiges
ist, so beschreiben es die
«Schlachtross», der Tiger dagegen ein nervöser Vollblüter.
Flugzeugen der PS
Nicht zu vergessen ist, dass es sich bei den
Kampfflugzeuge handelt, an denen nichts veränum normale
dert werden darf und die stets einsatzbereit bleiben müssen.
Debrießng zwischen zwei mittäglichen Trainingsflügen: Anhören der Kritik des Ueberwachers und Auswertung der
Videoaufnahmen.
Fluglärmproblematik hin oder her, die PS ist das liebe Kind
der Nation. Sie ist institutionalisiert und wird akzeptiert, und
das selbst dort, wo sie im Frühjahr Montag für Montag zweimal
hintereinander tief trainiert, nämlich rund um den Flugplatz
Wangen-Lachen. Der Luftraum über dem Zürcher Obersee in
einer Ausdehnung von rund zehn Kilometern Länge, fünf Kilometern Breite und zwei Kilometern Höhe ist seit Jahren die
Turnhalle der PS. Das Verhältnis zur dortigen Bevölkerung ist
ausnehmend gut. Noch kaum je ist eine Reklamation eingetroffen. Und wenn, dann betraf sie nicht die Kunstflugstaffel, sondern lustigerweise den brummigen Porter, mit welchem sich die
Bodenbeobachter jeweilen von Dübendorf nach Wangen-Lachen verschieben. Die Gründe für die Wahl des Trainingsraumes liegen auf der Hand: Die Anflugstrecke ab Dübendorf ist
kurz, es besteht totale Hindernisfreiheit, ein Grossteil des Geländes (See) ist nicht bewohnt, die betroffenen Gemeindebehörr i n g um den Obersee, die übrigens jedes Jahr mit einem
den s
Rundschreiben (analog einer Schiesspublikation) begrüsst werden, sind wohlgesinnt, und auch Wangen-Lachen hat sich zur
Zusammenarbeit bereit erklärt. Zudem können die Bodenbeobachter direkt an Ort landen. Sonst wäre an sich das Vorhandensein eines Flugplatzes nicht Bedingung, wenngleich auch die
Piste von den Piloten als Fixpunkt verwendet werden kann. In
der Region kennt man den Uebungsplan, und so finden sich
fast jeden Montag ab Anfang März Schaulustige zu einer Gratis-Flugdemonstration ein, oft sogar ganze Schulen und organisierte Reisen, denen auf Anfrage sogar ein Jungpilot für Erklä-
rungen zugeteilt wird. Man hat alles Interesse, mit der Bevölkerung ein gutes Verhältnis zu pflegen.
Kunstflieger, zumal auf rasenden Jets, leben nicht ganz ungefährlich. Die Thunderbirds (USAF Acrobatic Team) verloren
seit ihrem Gründungsjahr 1953 achtzehn Piloten, und die waghalsigen Red Arrows deren sieben seit 1965. Allein am 18.
Januar dieses Jahres starben in der Wüste von Nevada vier Piloten der Thunderbirds beim Training, und gleichentags verlor
ein Mitglied der Patrouille de France bei einem Crash mit seinem Alpha Jet das Leben.
Die Patrouille Suisse ist bisher von Unheil verschont geblieben. Sie hat das Risiko aber auch nicht bewusst gesucht; die
Piloten der PS sind keine verwegenen Showstars und Abenteurer, und zudem sind ihre Programme so ausgelegt, dass der
Sicherheit absolute Priorität zukommt. Nicht alles, was andere
wagen, wird kopiert. Die Choreographie der Figuren wird so
zusammengestellt, dass das Programm fliegerisch möglichst einfach ist, optisch jedoch optimal und anspruchsvoll wirkt
Der
.
tragische Unfall der Saison 1968, als der damalige PS-Kommandant Hptm. Birrer bei einem Photoflug auf der Axalp zusammen mit dem bekannten Photographen Ernst Saxer tödlich
verunfallte, hat insofern nichts mit der PS zu tun, als dieser Flug
als Zusatzauftrag nach abgeschlossenem Training erfolgte. Ein
leichtfertig herbeigeführter Unfall, dessen ist man sich klar,
könnte das Ende der PS bedeuten. Und wer möchte das
schon.
Hptm. Beck (Resent pilot), Oblt. Kühne (Leftwing). Hptm. Gygax (Leadsolo). Hptm. Morgenthaler
Die sieben Piloten der Patrouille Suisse: von links
(Leader), Oblt. Wyler (Rightwing), Oblt. Wallinger (Slot), Oblt. am Rhyn (Secondsolo). Zum Team gehören ausserdem Cheftrainer Major Wicki und
Major
Böhm sowie die Hebedächer Oberst i.Gsl. Bolli und Major Bezzola.
Stellvertreter
sein
Neue Zürcher Zeitung vom 08.05.1982