Lösung zur Übung Nr. 7 , verteilt am Montag, 14. April 2008 Teil A: 1

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Lösung zur Übung Nr. 7 , verteilt am Montag, 14. April 2008 Teil A: 1
Vorlesung Allgemeine Chemie II Teil Organische Chemie
Prof. R. Peters – Frühjahrssemester 2008
Vorlesung Allgemeine Chemie II Teil Organische Chemie
Prof. R. Peters – Sommersemester 2007
Lösung zur Übung Nr. 7 , verteilt am Montag, 14. April 2008
So ist z.B. für eine metallorganische Verbindung wie MeMgBr ein Alkohol eine
„starke“ Säure, die dieses Grignard-Reagenz innert Sekundenbruchteilen protonieren
und damit zerstören würde (wobei Methan und sehr viel Wärme frei würde).
Die Attribute „stark“ oder „schwach“ für eine Säure oder Base sind daher meist nur
relativ zu betrachten.
Teil A:
1. Säurestärke wichtiger Verbindungen
Phenol:
Wasser:
Methanol:
Ethanol:
Isopropanol:
t-Butanol:
Ethin:
10
15,6
15,4
16
16,5
17
24
Keton:
Butan:
H2:
CH3COOH:
PhNH3+:
Pyridin.H+:
NH4+:
~20
40-50
40-50
4,8
4,6
5,2
9,3
2. Faktoren, die die Basenstärke beeinflussen
Ordnen Sie die Verbindungen in einer Gruppe entsprechend ihrer Basizität.
Begründen Sie in Stichworten Ihre Wahl!
O
Cl
F
NH2
NH2
i)
NH2
ii)
O
Geben Sie an, ob die folgenden Basen stark genug sind, um die jeweiligen Säuren
grösstenteils (>90%, d.h. pKA >1) zu deprotonieren, wenn man sie im Molverhältnis
1:1 mischt! Antworten Sie bitte mit „Ja“ oder „Nein“!
Etwaige Verschiebungen des Gleichgewichts durch Weiterreaktion eines Produktes
sollen nicht berücksichtigt werden.
NaO2CCH3 + CH3CH2OH: Nein, Acetat (pKA ~4.75) ist nicht stark genug basisch für
Ethanol (~16).
LiN(iPr)2 + CH3CH2OH: Ja, Lithiumdiisopropylamid (LDA, ~35) ist eindeutig basisch
genug für die Deprotonierung von Ethanol.
NaOH + t-BuOH: Nein, Hydroxid (15.6) ist zu schwach basisch für die
Deprotonierung von t-Butanol (ca. 18).
MeLi + C2H2: Ja, Methyl-Lithium (ca. 50) ist eindeutig basisch genug für die
Deprotonierung von Acetylen (~25).
NaOH + Phenol: Ja, Hydroxid ist basisch genug für die Deprotonierung von Phenol
(~10).
NH3 + CH3CO2H: Ja, Ammoniak (~9) reagiert mit Essigsäure.
Anmerkung: Starke und schwache Säuren in der organischen Chemie
Es mag Sie im Moment vielleicht etwas verwirren, dass einmal z.B. KOt-Bu als starke
Base bezeichnet wird, und im nächsten Satz t-BuOH eine Säure genannt wird;
anschliessend wird Cl- als Base bezeichnet, obwohl HCl eine starke Säure ist.
Die anorganische Chemie wiederum teilt Säuren gemäss ihren pKA-Werten in stark,
mittel und schwach ein, wobei bereits Essigsäure als schwach gilt, und Alkohole
werden überhaupt nicht mehr als Säuren bezeichnet.
Dieses Problem rührt daher, dass die organische Chemie im Gegensatz zur
Säure/Basechemie der AC meist nicht in Wasser abläuft, sondern in organischen
Lösungsmitteln, in denen der gesamte pK-Bereich von negativen Werten bis hoch zu
+ 50 nutzbar ist, während in Wasser nicht mehr als ein Bereich von ca. -1 bis + 15
möglich ist.
Lösung zur Übung 7
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NH2
iii)
N
O
N
O
N
OH
iv)
N
N
H
N
Die erste Verbindung ist jeweils die schwächere/schwächste Base.
i) Halogene ziehen Elektronen (σ-Akzeptoreffekt). Fluor ist elektronegativer als Chlor
und zieht darum stärker. Damit kann eine allfällige positive Ladung schlechter
stabilisiert werden, womit die Protonierung ungünstig wird.
ii) Eine C=O-Gruppe direkt an der NH2-Gruppe macht aus einem Amin ein Amid.
Amide sind kaum noch basisch, da die Carbonylgruppe zu viel Elektronendichte vom
Stickstoff abzieht. Die Grenzstruktur mit einer positiven Ladung auf N hat einiges
Gewicht. Ist die C=O-Gruppe eine Position weiter entfernt, so zieht sie zwar immer
noch Elektronen, aber längst nicht mehr so stark (keine Resonanz mehr möglich, nur
noch σ-Akzeptor).
iii) Gleiche Begründung wie für ii). Eine OH-Gruppe in drei Bindungen Entfernung hat
kaum noch Einfluss.
iv) Ein Imin ist weniger basisch als ein Amin (das nicht in dieser Serie aufgeführt ist),
weil das freie Elektronenpaar in einem sp2-Orbital sitzt, das elektronisch tiefer liegt
als ein sp3-Orbital. Eine Base ist aber umso besser, je höher ihr freies
Elektronenpaar liegt. Ein Amidin hingegen ist deutlich basischer als ein Amin, weil die
Protonierung zu günstigeren Grenzstrukturen führt (verglichen mit der nicht
protonierten Form). Oder anders gesprochen: die positive Ladung eines Protons
kann besser delokalisiert werden als bei einem Amin oder Imin.
Bemerkung: Die gleiche Delokalisierung wäre auch bei einem Amid denkbar – ein
Amidin ist schließlich nichts anderes als ein Amid, in dem formal O durch N-R ersetzt
wurde. Amide sind aber nicht derart basisch, weil die Orbitale von Sauerstoff tiefer
liegen als bei Stickstoff.
3. Donoren und Akzeptoren
Lösung zur Übung 7
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Vorlesung Allgemeine Chemie II Teil Organische Chemie
Prof. R. Peters – Sommersemester 2007
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a) Geben Sie nochmals mit eigenen Worten in ein oder zwei Sätzen den Unterschied
zwischen mesomeren und induktiven Effekten (σ, π) wieder!
c) Geben Sie bei den folgenden Verbindungen an, welche Eigenschaften als
Donor/Akzeptor sie haben. Geben Sie auch an, ob sie schwach (w), mittel (m) oder
stark (s) sind.
Induktive Effekte pflanzen sich über σ-Bindungen oder durch den Raum fort und
haben nur eine geringe Reichweite. Mesomere Effekte pflanzen sich über
Doppelbindungen oder allgemein über konjugierte Systeme fort und reichen so weit
wie das konjugierte System reicht.
X
-NO2
OH
Cl
R+
R
O
+
R+
R
σ-Akzeptor
π-Akzeptor
σ-Akzeptor
π-Donor
Cl
Cl
R
R+
R
-I
-SiMe3
σ-Donor
σ-Akzeptor
π-Donor
π-Akzeptor
s
s
m
s
-
s
s
s
m
m
-
s
-
s
s
m
m
-
s
-
Teil B
σ-Akzeptor
π-Donor
O
Rσ-Akzeptor
π-Akzeptor
O
Verbindung 2 ist viel basischer als Verbindung 1 (pKA 4,9 bzw. 13,3). Sie ist eine so
starke Base, dass sie „Protonenschwamm“ genannt wird. Warum? Es gibt
mindestens zwei Effekte.
R
OH, Cl: Ein freies Elektronenpaar auf O oder Cl wird nach unten (in den Aromaten
und auf R+) verschoben. Die „Kosten“ der positiven Ladung auf O oder Cl werden
dadurch ausgeglichen, dass es eine zusätzliche Bindung gibt (linke Grenzstruktur: 3
Doppelbindungen, rechte Grenzstruktur: 4 Doppelbindungen).
Formyl: Das freie Elektronenpaar auf R wird nach oben auf die Formylgruppe
verschoben. In beiden Grenzstrukturen gibt es gleich viele Bindungen, dafür ist die
negative Ladung nun auf dem elektronegativen Sauerstoff untergebracht.
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N
4. Basenstärke
O
σ-Akzeptor
π-Donor
Me
Bemerkung: Die Einteilung in stark/mittel/schwach ist nur eine ungefähre Einteilung,
die Ihnen eine Idee über die Grössenordnung geben soll. In manchen Fällen könnte
man sich streiten.
-
Mesomere (π) Effekte:
OH
-CF3
O2 S
Induktive (σ) Effekte: alle drei Substituenten ziehen Elektronen aus dem Aromaten
über die σ-Bindung.
H
-t-Bu
N
b) σ/π-Eigenschaften
σ-Akzeptor
π-Donor
-CO2Me
-OEt
NH2 NH2
1
NMe2NMe2
2
N
H
N
2
1. Effekt: Methylgruppen sind σ-Donoren und schieben Elektronendichte zum
Stickstoff. 2. Effekt: Die Methylgruppen sind so gross, dass sich beide NMe2Gruppen aus der Ebene des Aromaten herausdrehen müssen. Damit gibt es keine
Konjugation und Delokalisierung der freien Elektronenpaare mehr mit dem
aromatischen System, so dass die freien Elektronenpaare wieder einzig auf den
Stickstoffatomen lokalisiert sind. 3. Effekt: Die freien Elektronenpaare der beiden
Aminogruppen stossen sich gegenseitig ab. Kommt ein Proton dazwischen, so wird
es von beiden freien Elektronenpaaren gemeinsam gehalten und nicht mehr
losgelassen.
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Vorlesung Allgemeine Chemie II Teil Organische Chemie
Prof. R. Peters – Sommersemester 2007
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5. Hammett-Beziehung
Die Position von NHAc (para) und CH3 (meta) lässt sich allerdings nur genau
bestimmen, wenn man mit σ + - Werten für p-OMe und p-NHAc arbeitet (siehe
Zusatzblatt zu Nr. 7). In der oben aufgeführten Reihenfolge wurde dies
berücksichtigt. Vergleicht man nur σ-Werte, dann tauschen B und C die Plätze.
a) pKA-Werte: Berechnen Sie die ungefähren pKA-Werte der folgenden
Benzoesäuren.
pKA (Benzoesäure) = 4,20
pKx = pKH - ρ σ, wobei ρ per Definition hier 1 ist.
σ-Werte stammen aus der Tabelle im Skript auf S. 188
H para: 0,00
pKa = 4,20 – 1,00 x 00
NHAc para: -0,01
= 4,20 – 1,00 x (-) 0,01
Ph para: -0,01
= 4,20 – 1,00 x (-) 0,01
OH meta: 0,12
= 4,20 – 1,00 x 0,12
CO2H
CO2H
CO2H
H
NHAc
Ph
Nachtrag:
Die Hammet-Gleichung ist kein Naturgesetz, sondern eine empirische Regel, die nur
in manchen Fällen gilt. Damit man sie anwenden darf, müssen gewisse
Voraussetzungen hinsichtlich Aktivierungsenergie der Reaktionen erfüllt sein. Dann
darf man auch Geschwindigkeitskonstanten k und Gleichgewichtskonstanten K =
khin/krück gegeneinander austauschen. In allen je besprochenen Fällen werden diese
Voraussetzungen aber erfüllt sein.
= 4,20
= 4,21
= 4,21
= 4,08
CO2H
HO
b) Stabilität Carbokationen
Ordnen Sie die folgenden Carbokationen gemäss ihrer Stabilität!
OMe
A
stabil
NHAc
B
OMe
C
D
SO2Me
E
instabil
Eine ungefähre Ordnung ist schon möglich, wenn man sich einfach überlegt, dass
die positive Ladung von Donoren stabilisiert und von Akzeptoren destabilisiert wird.
OMe und NHAc in p-Position sind π-Donoren, in m-Position nur σ-Akzeptoren.
Für die exakte Reihenfolge vergleicht man die σ-Werte der verschiedenen
Substituenten. Je negativer, umso besser kann der Substituent Elektronen zur
Stabilisierung liefern, je positiver, umso ungünstiger ist er.
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