Verde Urbano - an der ZHAW

Transcription

Verde Urbano - an der ZHAW
Kulturtage Turin 2016
Verde urbano
Verde Urbano
Kulturtag 2016 : Turin
Biland David, Brügger Sara, Burch Manuel, Bütler Lukas, Guhl Etienne, Häner Raffaela, Hofmann Svenja, Müller Tamara, Oehrli Stefan, Oros Oliver, Schmid Jennifer, Schwartz
Niklaus, Wehrli Lukas, Weiss Stefanie, Zwyssig Sandra, Simaga Mirela, Humberset Loïc, Christine Bühler
Kulturtage Turin 2016
Verde urbano
Einleitung
Das Ziel der Kulturtage war es, das grüne Gesicht der Stadt Turin zu entdecken. Turin ist vor
allem für seine langjährige Stahl- und Automobilindustrie (FIAT) bekannt. In den letzten
dreissig Jahren wurde diese Industrie delokalisiert oder ins Ausland abgeschoben, weshalb
heute viele unbenutzte Industriestandorte zu finden sind, die der Öffentlichkeit zugänglich
gemacht werden. Beispielsweise entstehen dort riesige Parkanlagen, die eine interessante
Symbiose zwischen Landschaft und industriellen Strukturen eingehen. Dieser Trend zur Begrünung der Stadt kann nicht nur in verlassenen Industrien, sondern auch auf den bis hierhin
ungenutzten Flachdachflächen der Häuser beobachtet werden. Mit Hilfe von Christine Bühler haben wir uns vor den Kulturtagen verschiedene Besuchsmöglichkeiten überlegt, welche
wir in den drei Tagen besuchen könnten. Die gesamt Gruppe „Verde urbano“ wurde in vier
Kleingruppen unterteilt, die selbstständig ein Programm auf die Beine stellen sollte, um einen Einblick in das grüne Herzen der Stadt zu erhalten.
Vor der Reise hat sich jede Gruppe intensiv mit seinem Thema auseinandergesetzt und Recherchen auf dem jeweiligen Gebiet gemacht, um in Turin auch einige Hintergrundinformationen präsent zu haben und eine kurze Präsentation zu halten.
Die vier Kleingruppen waren:
•
•
•
•
Verde 25
Gemeinschaftsgärten
Parco Dora und Parco Arte Vivente
Guerilla Gartening
Kulturtage Turin 2016
Verde urbano
Verde 25
Direkt nach der Ankunft im Sharing Hotel in Turin machten wir uns auf die Suche nach dem
grünsten Gebäude von Turin. Es befindet sich östlich vom Bahnhof Susa, nahe dem Parco del
Valentino. Bekannt unter dem Namen Verde 25, geplant vom Architekten Luciano Pia wurde
das Gebäude im Jahre 2011 fertiggestellt. Angesiedelt in einem früheren Wohnviertel der
Fabrikarbeiter der Firma Fiat, hat es zum Ziel der tristen und industriellen Wohnatmosphäre
entgegenzuwirken. Das Konzept des Gebäudes basiert auf dem Zusammenspiel von diversen
Materialien und Naturalien. Das Hauptaugenmerk liegt dabei auf den 150 Bäumen und zahlreichen Sträuchern, die überall auf den Terrassen verteilt sind. Zudem wurden Materialien,
wie gefärbter Beton (Lehm darstellend), Holz und unbehandelter Baustahl (welcher bewusst
der Witterung ohne Schutz ausgeliefert ist, damit das sich die Brauntöne durch die gesamte
Fassade ziehen) verwendet. Dies erzeugt ein wunderbar harmonierendes Gesamtbild.
Dieses hübsche baumhausartige Design ist sehr
wartungsintensiv und somit auch recht teuer.
Laut einem lokalen Versicherungsmitarbeiter
können sich diese teuren Wohnungen (eine
knappe Million Euro für eine 5 Zimmerwohnung,
180m2) nur VIPs leisten. Nach einigen Versuchen
mit den Anwohnern zu reden, wurden wir vom
Portier mit schlechter, italienischer Schokolade
verscheucht.
Laut Kritikern ist dieses Konzept ein guter Schritt
in Richtung nachhaltiges und naturverbundenes
Bauen. Die Vorteile dieser Bauweise sind: Energieersparnisse durch Temperaturstabilisierung
durch die Pflanzen, Filtern von Feinstaub, Bildung von CO2 durch Aufbau von Biomasse,
Schattenspendung im Sommer und hoher Lichtdurchlässigkeit im Winter. Doch verfehlt ist das
Ziel, ökonomisch erfolgreich zu sein. Der Unterhalt des gesamten Gebäudes gestaltet sich sehr
aufwändig und teuer. Obwohl partiell die Pflanzenpflege von den Bewohnern selbst durchgeführt wird.
Gesamthaft überzeugt das Gebäude als Pilotprojekt und Kunstobjekt. Aber als Baustil für ein
nachhaltiges und naturnahes Wohnen ist es kaum geeignet.
Kulturtage Turin 2016
Verde urbano
Gemeinschaftsgärten Turin
Das aktuelle Projekt Ortialti der beiden Landschaftsarchitektinnen (Elena Carmagnani und
Emanuela Saporito) hat uns den Weg auf eine eindrückliche Weise gezeigt. Durch einen ausführlichen Vortrag wurde uns präsentiert, wie einerseits technisch das Dachgärtnern aufgebaut ist und andererseits welche zahlreichen sozialen Interaktionen dadurch stattfinden.
Kooperativen wie auch Nachbarschaftseinbezug sind sehr wichtige Mitspieler in der Pflege
der Rooftops. Der interessante Gartennachbau auf dem Dach einer Kooperative (eine Art
geschützte Werkstätte mit Restaurant) enthält Erde die speziell für die „Dachbegärtnerung“
ausgewählt ist, bestehend aus Vulkangestein und beigemischten Mineralien. Ebenso ist Wissensweitergabe im Bildungsfeld für Studierende bis hin zu den Jüngsten in der Stadt, die in
der Regel nicht in der Erde wühlen können, eine weitere Ausdehnung des Rooftop gardening.
Bemerkt wurden auch positive „Nebenwirkungen“, wie die Reduktion der Erwärmung der
Stadt bis hin zur Verstärkung des sozialen Lebens in der Metropole. Zudem zeigten Analysen
der Ernte an einem doch ziemlich feinstoffbelasteten Ort ein einwandfreies Ergebnis der
angebauten Produkte. Aber auch wenn das Projekt sehr willkommen geheissen wird, mangelt es an finanzieller Kraft diese dann auch richtig umzusetzen. Obgleich die beiden sehr
engagierten Projektbegründerinnen an der EXPO in Mailand einen bedeutenden Preis gewonnen haben und ihr Vorzeige-Dachgarten dadurch selbst finanzierten, sind finanzielle
Ressourcen knapp. Das Einkaufscenter Carrefour macht sich jedoch in Zusammenarbeit mit
diesem Projekt einen Eigennutzen, um Kundschaft auf ihre Dächer zu locken und für Öko zu
werben. Das Projekt ersetzt keinesfalls die Agronomie auf dem Land, was teilweise jedoch
als Konkurrenz in der Gemeinde wahrgenommen wird.
Kulturtage Turin 2016
Verde urbano
Parco Dora und Parco Arte Vivente
Nach einem spannenden Morgen über den Dächern von Turin besichtigten wir den Parco
Dora. Beeindruckt von der Grösse des Parkes spazierten wir zum vereinbarten Treffpunkt
beim Skater Park am Rande des Parkes, wo wir mit Tourguides für eine geführte Velotour
verabredet waren.
Der Park ist flächenmässig so gross, dass die Besichtigung mit dem Fahrrad nötig war, um an
einem Nachmittag einen Bruchteil des Parks besichtigen zu können. Die zwei Tourguides
haben uns durch den Park geführt und bei den wichtigen Stellen einen Halt gemacht, um uns
interessante Informationen zu übermitteln.
Später verliessen wir mit den Fahrrädern den Park und besichtigten die Stadt Turin. Die Guides haben sich eine schöne Route ausgesucht, welche meistens am Fluss Dora entlang führte. Unterwegs haben wir kurze Pausen gemacht, um die schönen Parkanlagen und die architektonisch wertvollen Gebäude Turins zu betrachten. Beispielsweise sind wir bei der Universität in Turin durch den Innenhof gefahren und konnten so die moderne Architektur bestaunen. Ein für Turin geschichtlich wichtiges Gebäude haben wir auch betreten dürfen und zwar
eine offene Rennbahn, welche gerade erst wieder nach Renovierungsarbeiten geöffnet wurde. Am Rande des Stadtzentrums bei dem Parco del Valentino beendeten wir unsere Fahrradtour durch Turin.
Guerilla Gartening
Die Geschichte
Guerilla Gardening hat sich, von Großbritannien ausgehend, seit einigen Jahren insbesondere in den Metropolen der westlichen Welt verbreitet. In seinen Anfängen war es Protest gegen die zunehmende Versiegelung von Städten, wird aber seit jeher auch als politisches Aktionsfeld genutzt. So werden zum Beispiel Reis oder Getreide in öffentlichen Grünanlagen
(Hinweis auf Nahrungsmittelknappheit und Monokulturen) oder Dornbüsche auf Golfplätzen
gepflanzt. Bekanntheit erlangte die Form urbanen Gärtnerns, als sich am 1. Mai 2000 in London mit Gartenwerkzeugen und Setzlingen bewaffnete Globalisierungskritiker, Anarchisten
und Umweltaktivisten eine Rasenfläche des verkehrsreichen Parliament Square umgruben
und bepflanzten. In der heutigen aktuellen Form hat sich Guerilla-Gardening zum urbanen
Gärtnern oder zu urbaner Landwirtschaft (jedoch vielmehr als Erweiterung als Konkurrenz
zur Landwirtschaft) weiterentwickelt und verbindet mit dem Protest den Nutzen einer Ernte
beziehungsweise einer optischen Aufwertung durch Begrünung brachliegender Flächen.
Kulturtage Turin 2016
Verde urbano
Die Grauzone
Um eine Bepflanzung vorzunehmen ist die Zustimmung des Grundstückseigentümers notwendig. In den häufigsten Fällen wird aber gar nicht gefragt, also stellt Guerilla Gardening
dann eine Straftat dar und kann als Sachbeschädigung verfolgt werden. Dies ist sicher auch
ein Grund, dass keine Turiner Guerilla-Gärtner (der Organisation "Badili Badola" angehörend) für eine Führung oder ein Interview aufgeboten werden konnten. In der Regel sehen
die Gemeinden (für den öffentlichen Raum zuständige Behörde) von Anzeigen ab. Manche
begrüssen sogar (aufgrund des geringen Budgets für Stadtbegrünung) die spontanen Pflanzaktionen.
Wer macht`s? Wie wird`s gemacht?
Guerilla Gardening wird von manchen als eine Art neue Hippie-Bewegung angeschaut. Während die Hippie-Generation der 1960er- & 70er Jahre von autarken Landkommunen träumte,
sehen Guerilla Gärtner ihren ureigenen Lebensraum in den Hochhausschluchten oder Industriegebieten der Metropolen. Auf Grünstreifen zwischen mehrspurigen Strassen pflanzen
sie Kohlköpfe und Möhren an. Auf Abrissgrundstücken lassen sie in alten Autoreifen Kartoffeln und Tomaten gedeihen. Beim vorbereitenden Recherchieren für die Projektwoche war
auffallend, dass Guerilla Gardening vor allem von Personen zwischen 20 und 40 Jahren praktiziert wird. Guerilla-Gärtner vermeiden die offene Konfrontation und bevorzugen abgelegene und unzugängliche Standorte oder führen heimlich „Überraschungspflanzungen“ durch.
Grob gesagt kann zwischen zwei Formen des Guerilla Gardenings unterschieden werden. Es
gibt die softe Variante: Für die heimliche Aussaat auf belebten Plätzen werden Samenbomben genutzt. Dies sind Kugeln aus Erde, Ton und Samen. Sie können beim Spazieren oder
Velofahren unauffällig fallengelassen werden. Der Pflegeaufwand hält sich stark in Grenzen.
Diese Variante ist ein guter Einstieg ins Guerilla Gärtnern. Dann gibt es die etwas hartgesotteneren Guerilla Gärtner, die Bäume Pflanzen oder ganze Verkehrsinseln umgestalten. Pothole Gardening ist ebenfalls eine Kunstform, die Städte optisch aufwertet und manchem
Passanten ein entzücktes Lächeln auf die Lippen zaubert. Hierbei werden Schlaglöcher und
Mauerritzen bepflanzt und gestaltet.
Kulturtage Turin 2016
Verde urbano
Was wir gemacht haben?
Am Mittwochmorgen machten wir uns von unserem Hotel aus auf den Weg Richtung Environment Park. Die Absicht war, auf dem Weg einige unserer Sattbomben und Saatgranten
für eine Verschönerung der Stadt einzusetzen. Die zurückgelegte Strecke wurde mit Google
Maps festgehalten, um bei einem späteren Besuch Turins mögliche erfolgreiche Pflanzungen
zu sehen. Leider hatten wir die Strecke zum Environment Park etwas unterschätzt, weshalb
wir die Tour vorzeitig abbrechen mussten, um die Rückfahrt in die Schweiz nicht zu verpassen. Trotzdem war die Saataktion ein Erfolg und wir hoffen, dass im Sommer einige Ecken
von Turin durch unsere Blumen aufgewertet werden.