MOBILE ETHNOGRAHPIE

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MOBILE ETHNOGRAHPIE
 MOBILE ETHNOGRAHPIE
AM BEISPIEL DES INTERNATIONAL STUDY PROGRAMS IN VANCOUVER Master Program “Entrepreneurship & Tourismus” MCI Innsbruck Martina Gratl Martin Schranz Judith Strobl Christian Thiel Simon Trachsler Jürgen Weiss
TM10
Nov/Dez 2011 1 Einleitung Durch ein verändertes Informations‐ und Kaufverhalten der Kunden entwickelt sich die individuell empfundene Dienstleistungsqualität im Tourismus immer mehr zum entscheidenden Faktor. Eine Optimierung bzw. Neugestaltung der bestehenden Dienstleistungen ist für den langfristigen Erfolg eines Unternehmens daher entscheidend. Eine Qualitätssicherung wird jedoch durch die besonderen Eigenschaften von Dienstleistungen erschwert und macht eine alternative Herangehensweise notwendig. (vgl. Stickdorn et al., 2010, S. 1‐2) 2 Mobile Ethnographie Die Methode des „Customer Journey Mappings“ wird diesen Anforderungen gerecht, da der Reiseprozess aus Sicht des Gastes beschrieben wird und der Schwerpunkt auf der Analyse von „Touchpoints“ (auch Kundenkontaktpunkte oder „Moments of truth“) liegt. Das ermöglicht den Anbietern touristischer Leistungen ihr Portfolio optimal an die Bedürfnisse des Kunden anzupassen und dadurch positive Erfahrungen zu schaffen. (vgl. Zeidler, 2010; vgl. Mager et al.,2009, S. 42) Darüber hinaus erfreut sich die Methode der Ethnographie immer größerer Bedeutung. Hammersley et al. beschreiben Ethnographie als eine Methode der Ethnologie, mittels der verschiedene Eindrücke des Alltags durch teilnehmende Beobachtung, Zuhören etc. in der Feldforschung verschriftlicht oder mit verschiedenen Medien aufgezeichnet werden (vgl. Hammersley et al., 2007, S.3). Ethnographie geht bis in das Jahr 1850 zurück, wo diese Methode erstmals in der anthropologischen Forschung eingesetzt wird. Durch die Entwicklung neuer Informations‐ und Kommunikationstechnologien (Smartphones ‐ die in der Lage sind Apps auszuführen) bietet vor allem „mobile Ethnographie“ ungeahnte Möglichkeiten, da alle Grundprinzipien des Servicedesigns (user‐centered, sequencing and holistic) berücksichtigt werden. Vor allem im Tourismus, wo klassische quantitative oder qualitative Forschungsmethoden aufgrund zeitlicher und räumlicher Komplexität oft scheitern, hat mobile Ethnographie viele Vorteile z.B. geographische Unabhängigkeit, keine Ergebnisverzerrung durch die Anwesenheit der Forscher etc. (vgl. Stickdorn et al.,2010, S. 3‐4) Das MCI Tourismus entwickelte auf Basis mobiler Ethnographie unter dem Titel „myServiceFellow“ eine Applikation für Smartphones zur Erfassung und Bewertung von Kundenkontaktpunkten. 1 | S e i t e 3 Anwendung der App Im Rahmen der Studytour 2011 bestand für die Studenten des Tourismus Master (TM10) eine der Aufgaben darin, diese Reise, unterteilt in verschiedene Abschnitte, mit Hilfe der mobilen Anwendung („myServiceFellow“) so genannte Touchpoints anzulegen, und diese dann auszuwerten. 3.1
FUNKTIONEN DER APP Die Applikation kann kostenlos aus dem itunes‐Store heruntergeladen werden. Für Android User steht bisher leider noch keine Version zur Verfügung. Nach dem Download kann mit der App die zu untersuchende Dienstleistung mit Hilfe so genannter Touchpoints dokumentiert werden und eine Bewertung mit einer vorgegebenen Skala vorgenommen werden. Die Anwendung macht dabei keine Vorgaben, welche Momente zu bewerten sind. Der Benutzer bestimmt selbstständig, welche Momente er für wichtig hält. Dies ist als positiv zu betrachten, da es zu keiner Vorwegnahme kommt. Die Anwendung speichert automatisch Datum und Uhrzeit sowie mit Hilfe der GPS‐Funktion des benutzten Endgerätes den genauen Standort der Eingabe. Außerdem können schriftliche Notizen, Fotos, Videos und Audiodateien zum jeweiligen Touchpoint erstellt und angehängt werden. So entsteht die Möglichkeit frei wählen zu können, in welcher Art und Weise die bewerteten Eindrücke erstellt werden: Visuell, akustisch oder emotional etc. Um die App verwenden zu können, ist ein LogIn nötig, welchen der verantwortliche Projektbetreuer bereitstellt. 3.2
VERWENDUNG IN DER PRAXIS Die App ist grundsätzlich sehr übersichtlich und einfach zu handhaben und stellt keine „Behinderung“ oder gar Unterbrechung des Erlebnisses dar. Eingaben benötigt prinzipiell nur solange, wie man für ein Foto oder eine SMS bräuchte. Eine Weiterentwicklung der App könnte als mobiles Travellog für private User benutzt werden. Ein erster negativer Aspekt ist, dass verschiedene Schritte nicht ganz so intuitiv sind wie bei anderen Apps. Es wäre beispielsweise wünschenswert, die Buttons im oberen Balken auszubauen. Wurde ein Tochpoint fälschlicherweise erstellt, gibt es keinen Button zum umgehenden Abbruch. Man kann ihn nur speichern und danach wieder löschen, was sehr umständlich ist. 2 | S e i t e Deshalb wäre es empfehlenswert, dass oben eine Navigationsleiste inklusive der Menüpunkte „löschen“, „speichern“ und „abbrechen“ erstellt wird. Im unteren Bereich wäre es von Vorteil, wenn immer ein Balken mit den Menüpunkten „Projekte“, „Journey“ „Touchpoints“ angezeigt wird. Dadurch hat der User die Möglichkeit zu jeder Zeit überall hin zu navigieren. Vorbild dazu ist zum Beispiel das „Notizen“ App von Apple. Negativ ist auch, dass die GPS Daten ohne Internetzugang nicht erfasst werden. Wenn der User während der Erfassung eines Touchpoints keinen Internetzugang hat, gehen dadurch wichtige Daten der Journey verloren. Falls der User einen mobilen Internet‐Zugang verwendet, können unter Umständen hohe Daten‐Roaminggebühren anfallen. Schlussendlich muss beachtet werden, dass die Geräte (z.B. iPhone) beim Start der Journey immer vollständig geladen sind. Denn die Akkus einiger Endgeräte halten nicht lange und es ist ärgerlich, wenn die Akkulaufzeit inmitten der Journey zu Ende ist. Ein letzter negativer Punkt ist, dass die Touchpoints auf dem Endgerät nur bearbeitet werden können, solange sie nicht hochgeladen wurden. 3.3
FAZIT Die Anwendung an sich ist einfach, unproblematisch und ermöglicht eine ungestörte Urlaubserfahrung für den Gast. Sie bietet ausreichende Möglichkeiten die relevanten Dimensionen eines Dienstleistungserlebnisses zu erfassen. Die freie Wahlmöglichkeit der Touchpoints, der Momente also, die ein Benutzer als für sein Erlebnis kritisch ansieht, ist grundsätzlich positiv zu bewerten, jedoch kann, je nach Untersuchungsgegenstand, Unsicherheit über die Definition der Bewertungsperspektive entstehen. Im Feldeinsatz wäre dies mit den Probanden zu definieren, um nicht zu kleinteilige Ergebnisse zu erhalten, die eine präzise, zielführende Auswertung erschweren. 4 Anwendung des „Backend“ 4.1
FUNKTIONEN DES „BACKEND“ Das sog. Backend ist eine Webseite, auf der alle mit dem mobilen Endgerät gesammelten Touchpoints zusammengefasst werden. Alle dem Projekt zugeordneten Uploads (Audio, Video, Text, Bild) werden in einer Zeitschiene angezeigt und können dort nachträglich bearbeitet und gruppiert werden. Da mehrere User einem Projekt zugeordnet sein können, 3 | S e i t e wird jedem Benutzer eine Zeile zugeordnet in welcher seine Touchpoints angezeigt werden. Mit Hilfe des Backends sollen die einzelnen Uploads zu einer stimmigen Customer Journey zusammengefasst werden. An Hand dieser wird der Aufenthalt des Gastes visualisiert und Begeisterungsfaktoren aber auch negative Erlebnisse werden sichtbar. 4.2
VERWENDUNG IN DER PRAXIS Die Verwendung in der Praxis gestaltet sich schwierig, da die Webseite nur teilweise selbsterklärend ist. Durch eine unkonventionelle Menüführung wirkt das Programm innovativ und modern, um damit umzugehen wäre aber zumindest eine kurze Einführung nötig. Ein Beispiel dafür sind die „Drag and Drop“ Funktionen, mit der man verschiedene Inhalte (User bei Projekten, Touchpoints, etc.) per „Drag and Drop“ verschieben kann. Der Content‐Bereich, in dem die Touchpoints dargestellt werden, ist hingegen sehr übersichtlich. Unklar ist jedoch das Menü über diesem Bereich (siehe Screenshot). Abbildung 1: Menü über dem Contentbereich im Backend Quelle: Eigene Dartsellung per Screenshot Mit so genannten Mouseover‐Erklärungen über Buttons und über einzelnen Menüpunkten könnten auf simple Art und Weise die Funktionen der jeweiligen Bereiche erklärt werden. Neben der unkonventionellen Menüführung und der fehlenden Einführung gab es im Anwendungsfall der MCI Studytour wenige Bugs und technische Probleme. Die hochgeladenen Videos konnten im Backend nicht wiedergegeben werden und teilweise gab es Darstellungsprobleme bei Verwendung mit Firefox (siehe Screenshots im Anhang). 4.3
FAZIT Das Backend ist sehr gut geeignet, um die gesammelten Touchpoints von Benutzern (Gästen) auszuwerten. Da das Backend in der Regel nur von den Projektbetreuern verwendet wird, die sich bestens damit auskennen, muss die Webseite nicht unbedingt selbsterklärend sein. Trotzdem wäre eine kurze Einführung der Teilnehmer der Studytour sinnvoll gewesen, da die Gruppen das Backend gerne verwendet hätte, um daraus die Customer Journey zu erstellen. 4 | S e i t e 5 Literatur Hammersley, M. & Atkinson, P. (2007): Ethnography: principles in practice. London: Taylor & Francis Verlag. Mager, B. & Gais, M. (2009): Service Design. Stuttgart: UTB. Stickdorn, M., Grabmüller, A., Zehrer, A., & Siller, H. (2010): Service Design im Tourismus – Die Erfassung der touristischen Kontaktpunktkette durch mobile Ethnographie. In: Tagungsband zum Forschungsforum der österreichischen Fachhochschulen 2010. Pinkafeld: FH Burgenland. Zeidler, S. (2010): Mit Customer Journey Mapping die Kundenzufriedenheit steigern. Verfügbar unter: http://www.gruenderszene.de/operations/mit‐customer‐journey‐mapping‐
die‐kundenzufriedenheit‐steigern; Abfragedatum: 10.11.2011 5 | S e i t e 6 Anhang Abbildung 2: Darstellungsfehler nach "Drag and Drop" im Firefox Quelle: Eigene Darstellung per Screenshot Abbildung 3: Videos konnten nicht wiedergegeben werden nach Upload Quelle: Eigene Darstellung per Screenshot Abbildung 4: Leerzeile in der dritten Zeil, Sinn? Quelle: Eigene Darstellung per Screenshot 6 | S e i t e Abbildung 5: Anlegen von neuen Nutzern ist teilweise unverständlich. Felder wie "E‐Mail" oder "Passwort " sind bereits vorausgefüllt, das irritiert. Quelle: Eigene Darstellung per Screenshot 7 | S e i t e