Open Source gezielt nutzen

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Open Source gezielt nutzen
Foto: ddp
Business-Praxis: OS für kleine Unternehmen & Freelancer
Open Source
gezielt nutzen
Das Stichwort Open Source taucht bei der
Beschaffung von Software immer wieder auf –
wahlweise als Heilsbringer oder als Fluch. Doch
was ist Open Source überhaupt? Und was bringt
es Ihnen als Unternehmer? (Mirco Lang/sb)
A
Was wir empfehlen, leben
wir auch vor: Der Auftritt
der webselling unter
www.webselling-online.de
ist mit dem Open SourceCMS Joomla umgesetzt und
von der hausinternen IT
angepasst
102
ls Unternehmer benötigen Sie für
viele Bereiche der täglichen Arbeit
Software-Lösungen, angefangen mit
Betriebssystem, Browser, Textverarbeitung und Co. bis hin zu speziellen Applikationen wie Warenwirtschaft, Finanzverwaltung oder – besonders für
Sie als Leser der Webselling relevant –
Web-Content-Management-Systeme
und Onlineshops. Dabei haben Sie
grundsätzlich die Auswahl zwischen
lizenz- bzw. kostenpflichtigen und
kostenlosen Produkten, und bei letzteren geht es meist um Open-SourceProjekte, wie Apache, Firefox, Open-
Office oder Joomla um nur einige der
bekannteren zu nennen. Doch was bedeutet Open Source (OS) überhaupt?
Die Quelle der Freiheit
Open Source (oder freie Software) bedeutet zunächst mal Quelloffenheit, das
heißt, dass die Quelltexte des Programms offen liegen und entsprechend
von jedermann eingesehen und bei Bedarf auch verändert werden können.
Zusätzlich werden Nutzern noch weitere Rechte eingeräumt, etwa die freie
Nutzung und die freie Distribution, die
detailliert in den vielen vorhandenen
Lizenzen geregelt werden. Und genau
hier liegt der Unterschied zur Freeware:
Während Freeware einfach nur gratis
genutzt werden darf, räumt freie Software sehr weitgehende Rechte ein. Der
Standardvergleich ist: „Frei wie Freiheit, nicht wie Freibier“. Nun stellt sich
natürlich die Frage, warum jemand viel
Arbeit in ein Projekt investiert und dieses dann der Öffentlichkeit zur Verfügung stellt. Im Wesentlichen gibt es
hier die zwei Ansatzpunkte Idealismus
und Pragmatismus. Das eine Lager ist
davon überzeugt, Informationen (hier
im Sinne von Software-Codes) müssten
für jeden frei zugänglich sein, das andere Lager sieht im Open-Source-Entwicklungsmodell schlicht einen besseren Ansatz zum Erstellen von Software – für Sie als Endanwender ist diese
Unterscheidung jedoch nicht von Bedeutung. Wichtig ist die Entwicklung
an sich: Während kommerzielle ClosedSource-Produkte (also Nero, Windows,
Quicken, etc.) von außen abgeschirmt
von einer kleinen Gruppe von Entwicklern erstellt werden, wird Open Source
durch eine große, im Prinzip für jeden
zugängliche Gemeinschaft vorangetrieben. Den Hauptvorteil der offenen
Entwicklung hat Eric S. Raymond, einer
der wichtigsten Köpfe der Open-Source-Bewegung, mit „Given enough eyeballs, all bugs are shallow.“ beschrieben; soll heißen: Wenn nur genügend
Menschen Code und Programm kontrollieren, sind alle Fehler halb so wild,
da sie durch die Community aufgespürt
und korrigiert werden können. Soweit
zur Motivation der Beteiligten. Bevor
wir zu den konkreten Vorteilen von OS
kommen, muss aber noch eine Frage
geklärt werden: Wer investiert denn da
soviel Zeit? Die Community hinter einem Programm besteht in der Regel aus
einem Kern-Team, welches das Projektmanagement betreibt, die Grundfunktionen programmiert und festlegt, welche Features wie implementiert werden.
Hinzu kommt eine große Gruppe an so
genannten Contributors (Beisteuernden), die mehr oder weniger große
Funktionen, Bugfixes oder Designs
hinzufügen und letztlich eine riesige
Gruppe von Beta-Testern, die als Endnutzer aufgerufen sind, Fehler zu melden. Ansatzpunkte für offene Software
sind privater Bedarf für ein bestimmtes
Tool, universitäre/studentische Projekte und gerade bei den großen Applikationen auch die Bedürfnisse großer Firmen, die die weltweite Gemeinschaft
nutzen möchte, um etwa Produkte im
großen Maßstab zu evaluieren, so ist
OpenOffice eine Art Versuchsballon für
das kommerzielle StarOffice von Sun.
Studien haben gezeigt, dass der größte
Teil freier Codes von professionellen
Programmierern geschrieben wird, teils
als Bestandteil ihres Jobs, teils als Hobby.
Praxisbeispiel
Als Beispiel für ein Geschäftsmodell,
das sich immer häufiger findet, können
Sie sich den OXID E-Shop (näheres im
nebenstehenden Interview) mal genauer ansehen. Den Shop gibt es als herkömmlich kommerziell lizenzierte Variante und als quelloffene Community
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Business-Praxis: OS für kleine Unternehmen & Freelancer
Online-Infos:
www.oxid-esales.com
Ausführliche Infos zum Shop
und zur E-Commerce-Plattform
www.osbf.de
Edition. Natürlich wird teuer erstellter
Code nicht aus reinem Altruismus freigegeben, vielmehr hat der Hersteller einige Vorteile: Das Produkt wird bekannter und wer die OS-Variante in Betrieb hat, möchte vielleicht irgendwann
auf die kostenpflichtige, mandantenfähige Enterprise Edition aufrüsten
oder schlicht ein Support-Paket ordern.
Zusätzlich ist der Shop an die unternehmenseigene
E-Commerce-Plattform
eFire angebunden, die etwa eBay oder
PayPal gegen Gebühr in den Shop integrieren kann. Verdienstmöglichkeiten
gibt es also mit einem OS-Modell und
aus diesem Grund existieren auch so
viele qualitativ hochwertige Codes.
Vorteile freier Software
Der erste Pluspunkt ergibt sich bereits
aus dem Entwicklungsmodell: Es besteht nicht der kommerzielle Druck, an
einem bestimmten, angekündigten Datum zu veröffentlichen; das Problem
fehlerhafter Software der etliche Patches spendiert werden müssen, kennen
Sie vermutlich. Interessanter als die eigentliche Produktqualität sind die Vorteile, die sich Ihrem Unternehmen
durch das Prinzip Open Source ergeben.
Zunächst vermeiden Sie Abhängigkeiten. Wenn Sie proprietäre Produkte einsetzen sind Sie immer der Politik des
Herstellers ausgesetzt; sollte dieser also
beispielsweise die jährlichen Lizenzkosten
erhöhen,
kostenpflichtige
Zwangs-Updates bereitstellen, Sie als
Kleinkunden der ersten Stunde im Rahmen des Wachstums zum B-Kunden
runterstufen oder im drastischsten Fall
einfach Konkurs anmelden, sind Sie
immer in einer schlechten Position, zumal auch der Wechsel auf andere Produkte nicht immer ganz reibungslos
von statten geht. Ein weiterer Vorteil ist
die Anpassbarkeit: Bei einer Lösung,
die nur individuell funktioniert, zum
Beispiel einem Onlineshop oder einer
Kundenmanagement-Applikation, ist
die Relevanz offensichtlich, schließlich
müssen Sie Ihre Geschäftsvorfälle auf
die Software abbilden können. Das soll
nicht heißen, dass Sie dies selbst übernehmen müssen! Entgegen vieler Vorurteile können Sie für OS-Produkte
ebenso kommerziellen Support (Wartung, Hilfe, Anpassungen, etc.) einkaufen, wie für proprietäre – häufig sogar
deutlich besser, da der Markt der Support-Dienstleister nicht auf den Her-
Homepage der Open Source
Business Foundation
www.sourceforge.net
Nummer 1-Download-Quelle für
freie Software
www.adempiere.de
Homepage des ADempiere
Deutschland e. V.
www.opensource.org
Allgemeine Infos zu OS,
speziell zu Lizenzen
http://sourcebiz.berlios.de/
Kontakte zu Open-SourceUnternehmen
Webcode: PCPLBEN
Detaillierter Qualitätsreport
zum OXID-Shop
Webcodes eingeben auf
www.webselling-online.de
Wir sind überzeugt, dass Open Source heute der bessere Weg ist
Softwarequalität, die große Zahl an verfügbaren ZuSie bieten Ihren E-Shop sowohl unter kommerzieller als
auch offener Lizenz an. Wieso haben Sie sich zu diesem
satzmodulen und Templates, die externe Entwickler
Schritt entschlossen? Und welche Vorteile sehen Sie für
bereitstellen, oder die große, lebendige Partnerlanddie Nutzer der Community Edition?
schaft, die rund um OXID entstanden ist.
Roland Fesenmayr Wir sind überzeugt, dass Open
Source heute der bessere Weg ist, Software zu entwikEin Vorurteil, das sich beständig hält ist, dass sich
keln und zu vertreiben. Es macht einen großen UnterNutzer von Open Source mit schlechtem Support beschied, ob Zigtausende von Usern ein Produkt auf
gnügen müssen. Ist das wirklich so?
Herz und Nieren testen, über Bugs berichten, VerbesRoland Fesenmayr Das gilt nicht für Commercial
Open Source Anbieter wie OXID. Wir verantworten
serungsvorschläge machen oder Zusatzmodule und
die Entwicklung der Kernsoftware und den Aufbau
Templates rund um das Produkt entwickeln. Wir haund die Qualifizierung eines Netzwerks von komben hierzu unseren agilen Entwicklungsprozess (mit
petenten Dienstleistungs- und Agenturpartnern. Alumfangreichem Unit-Testing) für Entwickler weltweit
lein in Deutschland gibt es über 50 zertifizierte Partgeöffnet. Davon profitieren auch Kunden, die sich für
ner, die von OXID geschult wurden und Unterstüteine kommerzielle Lizenz entscheiden massiv. AußerRoland Fesenmayr ist Vorstandsvorzung in der Projektumsetzung leisten können. Natürdem ist es für ein Softwareunternehmen sinnvoller in
sitzender der OXID eSales AG
lich bieten wir professionellen Support im Rahmen
die Produktentwicklung und Qualitätssicherung zu ineiner Subscription mit garantierten Reaktions- und Antwortzeiten an.
vestieren, als dieses Geld in teure Marketing- und Vertriebsmaßnahmen zu stecken, die den Kunden mit seinem Geld zu überzeugen verDer Markt offener Shop-Lösungen ist recht klein, bietet mit osComsuchen, dass er das beste Produkt kauft. Eine Commercial Open Sourmerce aber ein etabliertes Produkt. Was sehen Sie als die wichtigsten
ce-Strategie hingegen bietet die Chance, ein gutes Produkt für sich
Vorteile von eSales gegenüber OSC?
selbst sprechen zu lassen und gibt den Usern die Möglichkeit es kosRoland Fesenmayr osCommerce ist ein System, das eine sehr große, aktenfrei ohne Einschränkungen einzusetzen, Erfahrungen zu sammeln
tive Community hat. Da haben wir noch ein gutes Stück Arbeit vor
und mit dem Shop Umsatz zu machen. Sollten anschließend kommeruns. Auf der anderen Seite ist es technisch mittlerweile in die Jahre
zielle Services oder Lizenzen gewünscht werden, steht das Unternehgekommen. OXID eShop 4 wurde vor unserem Open-Source-Gang in
men bereit.
den letzten 2 Jahren mit großem Aufwand auf eine moderne modulaGibt es bestimmte Umstände, etwa zu große/kleine Betriebsgröße oder
re Softwarearchitektur und einen agilen Entwicklungsprozess mit aufehlendes IT-Know-How, aufgrund derer Sie von einer freien Lösung
tomatisierten Unit- und Selenium-Tests gehoben. Das ist im Shopsoftabraten würden?
waremarkt einzigartig. OXID eShop ist, was Performance und Ressourcenhunger angeht, auch eher der „Firefox“ oder „Chrome“ unter den
Roland Fesenmayr Eine reine Open-Source-Lösung, in unserem Fall
Shopsystemen: Schlank, schnell, einfachst erweiterbar und perfekt
OXID eShop Community Edition, zielt sicherlich eher auf Anwender ab,
suchmaschinenoptimiert. Ein wichtiger Punkt ist natürlich auch unser
die entweder entsprechendes Know-How selbst aufbauen möchten
großes Partnernetzwerk und die Tatsache, dass Kunden klein einsteioder einen entsprechenden Dienstleister, der ihnen bei der Anpassung
gen können und unsere Lösungen mit wachsendem Geschäftserfolg
behilflich ist und denen im Regelfall der Support durch die Communibis zu unserer großen mandantenfähigen Enterprise Edition nutzen
ty ausreicht ab. Möchte man den Hersteller im Rahmen von Gewährkönnen. Last but not least: OXID eFire ist einzigartig. Für die vielfältileistung, definierten Ansprechpartnern und garantierten Reaktionsgen Services rund um E-Commerce, von Payment, Bonitätsprüfung,
und Antwortzeiten in die Pflicht nehmen, kann eine kommerzielle LiOnsite-Search bis zu Produktsuchmaschinen und Marktplätzen bieten
zenz sinnvoller sein. Wichtig ist allerdings, dass auch Kunden der Prowir über unsere E-Commerce-Intelligence-Plattform OXID eFire einen
fessional und Enterprise Edition im großen Umfang von der Openeinfachten und sehr kostengünstigen Zugang an.
Source-Strategie profitieren. Sei es durch die messbar gestiegene
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tet aber reichlich kostenlose Hilfestellungen über Foren – Sie haben also
Vorteile bei der Produktqualität, der
Anpassbarkeit, der Unabhängigkeit sowie bei verfügbaren Dienstleistungen –
nun vermissen Sie sicherlich den Kostenfaktor! Da dieser Punkt nicht ganz
unstrittig ist, möchten wir ihn lieber separat abhandeln.
Lizenzkosten und TCO
Was Erzengelessenzen sind
können wir Ihnen nicht
sagen – wie ein gut aufgeräumter Shop aussieht
schon: Der Shop wurde mit
der Community Edition von
OXID eSales umgesetzt; eine
Liste der umfangreichen
Funktionen finden Sie unter
www.oxid-esales.de als
PDF-Dokument
steller beschränkt ist. Aber auch bei
Produkten, die Sie nicht anpassen müssen (Gimp, Firefox, OpenOffice, etc.), ist
die Offenheit ein Vorteil, denn andernfalls wäre die gigantische Auswahl an
Plug-ins und Themes kaum denkbar.
Bezüglich des Supports: Anders als
beim kommerziellen Gegenstück werden Sie hier häufig zwar keine (kostenpflichtige) Anwender-Hotline finden,
aber haben Sie denn schon mal bei Nero
angerufen, um zu erfahren, wo Sie
Funktion XY finden?! Open Source bie-
Die Verwendung freier Produkte ist
grundsätzlich kostenlos möglich – allerdings betrifft dies nur die Lizenzkosten, die bei Großprojekten unter
Umständen nur einen kleinen Teil der
Gesamtkosten ausmachen. Hier sind
vor allem die Total Costs of Ownership,
also die Gesamtkosten des Softwareeinsatzes, relevant. Dazu zählen etwa Aufwendungen für Support, Implementierung, (Um-) Schulungen, benötigte
Hardware und so weiter. Studien mit
dem Anspruch auf Allgemeingültigkeit
gibt es zwar, je nach Auftraggeber mit
verschiedenen Ergebnissen, aber letztlich sind die TCO eindeutig unternehmens- und einsatzspezifisch. Klar ist
aber, wenn Sie keinen oder wenig Support benötigen oder gar eine eigene ITAbteilung unterhalten, können Sie in
vielen Bereichen direkt sparen; insbesondere bei Desktop-Anwendungen
wie Bildbearbeitung oder Office, wo
sich durch Einsatz von Gimp und OpenOffice statt Photoshop/MS Office allein
schon knapp 2.000 Euro Einsparung erreichen lassen – pro Arbeitsplatz! Bei
Anwendungen, die regelmäßig angepasst und mit Daten gefüttert werden, z.
B. Website oder Faktura, sollten sich
vor allem Kleinst- und Einzelunternehmer ohne wirkliche IT-Kompetenz jedoch fragen, ob eine angemietete Lösung inklusive Backups, Aktualisierung, Wartung, etc. nicht sinnvoller
wäre. Solche häufig unter dem Stichwort SaaS (Software as a Service) vertriebenen Dienste geben Sicherheit und
sparen einiges an Administrationszeit,
Welche Projekte eignen sich für Kleinunternehmer?
Offene Lösungen gibt es für so ziemlich jeden Bereich des digitalen Lebens, doch ob sich der Umstieg lohnt, müssen Sie grundsätzlich individuell klären. Aber insbesondere wenn noch keine etablierte Lösung vorhanden ist, sollten Sie sich die folgenden Open-Source-Programme mal
näher ansehen.
Allround-Genie Joomla, dem anpassbaren und skalierbaren Typo 3 sowie dem etwas veralteten, aber extrem einfach zu erlernenden PHP
Nuke stehen drei ausgereifte Produkte zur Verfügung, für die es reichlich Support und Weiterentwicklungen gibt – sowohl auf freier wie
auf kommerzieller Basis.
Office-Lösung: OpenOffice.org
Kundemanagment: Sugar CRM
Dass OpenOffice.org dem Leistungsspektrum von MS Office kaum
noch nachsteht, ist allgemein bekannt und im Sinne der Unabhängigkeit von Microsoft und dessen Formaten sollten Sie einen Umstieg
ernsthaft in Betracht ziehen. Eine große Umgewöhnung bezüglich der
Nutzung müssen Sie nicht befürchten, wer mit MS Office klar kommt,
kommt auch mit OOo klar!
Für gezieltes Marketing und ordentlich verwaltete Kunden benötigen
Sie eine Customer-Relationship-Management-Lösung. Ein Produkt,
das in den letzten Jahren von sich Reden gemacht hat, ist das freie
Sugar CRM, das alle grundlegenden Funktionen wie Mail-Marketing,
Projektmanagement, Kampagnen oder Account-Verwaltung bietet.
Ressourcenmanagement: ADempiere
Finanzverwaltung: GnuCash
GnuCash bietet kleinen Unternehmen und Privatanwendern Funktionen zum Verwalten und Verbuchen der Finanzen und kann dabei auch
mit Kundendaten (Aufträge, Rechnungen, etc.) und doppelter Buchführung umgehen und stellt sicheres Online-Banking via HBCI (inkl.
QIF/OFX/MT940-Import) zur Verfügung.
Onlineshops: osCommerce, Magento, OXID eSales
Shop-Software gibt es reichlich, der Markt freier Lösungen ist jedoch
recht übersichtlich, insbesondere dadurch, dass mit osCommerce eine
etablierte und weit verbreitete Software zur Verfügung steht, die auch
große Shops mit hohem Kundenaufkommen verarbeiten kann. Zwei
interessante Alternativen aus deutschen Landen sind Magento und
OXID eSales, die beide standardmäßig schickere Online-Läden erstellen
als osCommerce, welches mehr Anpassungsarbeiten erfordert. Der
Vorteil von osCommerce: Eine riesige Nutzerbasis garantiert Nachhaltigkeit, kostenlosen Community-Support und fortwährende Weiterentwicklung. OXID punktet dagegen mit guter Partner-Anbindung.
Webauftritt: Joomla, Typo 3, PHP Nuke & Co.
Den geringsten Grund nicht auf Open Source zu setzen, finden Sie
wohl im Bereich (Web) Content-Management-Systeme, denn mit dem
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Das Enterprise Ressource Planning-System (ERP) ADempiere bietet Ihnen alle Funktionen rund um Materialwirtschaft, Ein- und Verkauf,
Vertrieb, Kostenrechnung und so weiter, deckt also nahezu alle im Unternehmen anfallenden wirtschaftlichen Vorgänge ab – entsprechend
komplex ist auch die Software. ADempiere und ähnliche Systeme lohnen sich für einen Zehn-Personen-Betrieb noch nicht unbedingt, bei
größeren Betrieben oder umfangreichen Ressourcenbewegungen sind
sie hingegen unabdingbar. ADempiere bietet eine große Nutzer-/Entwicklerbasis und professionelle Dienstleister – Sie sollten es auf jeden
Fall in Ihre Evaluationsbemühungen miteinbeziehen.
Sonstige (Desktop-) Tools
Auch viele weitere Bereiche der täglichen Arbeit lassen sich mit freien
Programmen abdecken und soweit Sie keinen oder selten Support benötigen (etwa bei Bildbearbeitung o. ä.), sparen Sie direkt bares Geld.
Hier einige Beispiele, die Sie sich statt der kommerziellen „Standard“-Tools mal anschauen sollten: The Gimp statt Photoshop (Bildbearbeitung), Thunderbird statt Outlook (E-Mail-Client), Infrarecorder
statt Nero (CD-Brenner), 7Zip statt Winzip (Archivierung), Clonezilla
statt TrueImage (Image-Backups). Der Leistungsumfang entspricht dabei nicht immer 1:1 dem proprietären Pendant, meistens betreffen etwaige Nachteile aber nicht die Kernfunktionen.
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die Sie womöglich gewinnbringender
in Ihr eigentliches Geschäft investieren
könnten.
Nachteile von Open Source
Der größte Nachteil ist, dass die oben
genannten Vorteile teils nur für große
Projekte gelten, etwa was den Support
lichen. Weitere ähnliche Detailregelungen finden Sie in den meisten
Lizenzen. Andererseits kann Sie aber
auch niemand daran hindern, beispielsweise eine Sammlung von Open
Source-Programmen zu bündeln, mit
Anleitungen zu versehen und diese
dann zu verkaufen; ein Beispiel für
„Open Source ist nicht mehr die Spielwiese
technologieverliebter Software-Anarchisten,
sondern das zentrale Zukunftsfeld des IT-Business. Aktuellen Studien zufolge werden schon
2010 weltweit mehr als 50 Prozent aller IT-Systeme auf Open Source basieren“
Richard Seibt, Vorsitzender der Open Source Business Foundation
betrifft. Je kleiner eine freie Software ist
(im Sinne von Community, Einsatz,
Produktkomplexität), desto geringer
kann der Support ausfallen (z. B. rein
englischsprachige Foren mit wenig
professionellen Nutzern, die kein Interesse haben, Laien Standardfragen zum
x-ten Mal zu beantworten) und desto
schwieriger wird es die Nachhaltigkeit
zu beurteilen. Mehr eigenes IT-KnowHow ist dann von Nöten. Nicht einmal
der Aspekt der Unabhängigkeit kann
noch als Vorteil gesehen werden, wenn
das Projekt nicht eine kritische Größe
erreicht hat, die einen Fortbestand
selbst dann gewährleisten würde, wenn
sich die Community zerstreitet und aufteilt oder das initiierende und wortführende Unternehmen aussteigt. Andere
üblicherweise genannte Nachteile lassen sich eher der Mythologie zuordnen:
Schlechte Usability, mieser Support,
nicht marktreife Produktversionen, unsichere Software, „Nur was für Frickler“
und so weiter gelten lediglich produktspezifisch und in gleichem Maße für
kommerzielle Tools!
Was dürfen Sie, was nicht?
Erst die Lizenz macht aus einem Produkt eine Open Source Software. Zwar
gibt es etliche verschiedene Lizenzen,
den mit Abstand größten Anteil macht
aber die GPL aus. Generell gewähren
die meisten Lizenzen das Recht, den
Quelltext einzusehen, zu verändern,
zu verteilen, zu nutzen und in geänderter Form wieder zu veröffentlichen.
Dabei ist eine kommerzielle Nutzung
in den meisten Fällen, auch bei der
GPL, durchaus zugelassen. Diese Freiheit bedeutet aber nicht, dass es keine
Regeln gibt, so muss etwa bei allen Lizenzen der Hinweis auf den / die Urheber bestehen bleiben, selbst wenn Sie
ein völlig umgewandeltes Projekt unter einem neuen Namen veröffent-
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diese Strategie finden Sie unter www.
opensourcefactory.de. Ein wichtiger
Punkt sind noch etwaige in einem
Produkt befindliche Bilder und Logos,
da diese meist unter separatem Copryright stehen und ihre Nutzung demnach nicht frei ist. Zu guter Letzt muss
hier noch mit einem Vorurteil aufgeräumt werden: Die GPL wurde von
Steve Ballmer vor Jahren mal als
„Krebsgeschwür“ beschimpft. Hintergrund ist das Copyleft-Prinzip der
GPL: Software, die unter der GPL stehenden Code verwendet, muss wiederum unter der GPL stehen – so wird gewährleistet, dass freie Programme und
freier Code auch frei bleiben. Aber nur
weil Sie etwa ein proprietäres und ein
GPL-Programm gemeinsam vertreiben oder nutzen, springt die Lizenz
noch lange nicht einfach über. Sie
müssen sich also keinerlei Sorgen machen, dass die Verwendung von Open
Source Sie in den Abgrund reißt, wie
es Kritiker immer wieder propagiert
haben.
Mehr Infos, Tools und Tipps rund
um die Open-Source-Szene gibt
es regelmäßig im OpenSourceMagazin – ab sofort
im Zeitschriftenhandel oder
unter www.pcpraxis.de/shop.
Zusammenfassend lässt sich also sagen, Open Source ist eine ernstzunehmende Alternative zu herkömmlicher
proprietärer Software, bietet bei einer
kritischen Projektgröße, Vorteile bezüglich der Fehlerfreiheit, der Unabhängigkeit, der Nachhaltigkeit und natürlich ein gewaltiges Sparpotenzial.
Gerade im Bereich der Business-Software sind zudem die Anpassungsmög-
Was sollten Sie beim Einsatz von Open Source beachten?
Nicht jedes Open Source-Projekt eignet sich für jede Firma, einige unternehmens- und einige programmspezifische Punkte sollten Sie beachten:
❑ Support
Sofern die Software angepasst bzw. gewartet werden muss, sollten Sie prüfen, ob Sie das entsprechende
Wissen In-House finden oder über Dienstleister einkaufen können.
❑
Nachhaltigkeit
Besitzt das Projekt eine genügend große Nutzerschaft und Verbreitung, um den für einen professionellen Einsatz notwendigen dauerhaften Bestand zu gewährleisten? (Eine große Nutzerschaft ist auch für
gutes Qualitätsmanagement, verfügbare Erweiterungen, etc. nötig.)
❑ Anbindungsmöglichkeiten
Gibt es implementierte Schnittstellen (APIs) zu Standardprogrammen/-formaten, um vorhandene Daten
importieren beziehungsweise in der Zukunft eine Migration auf andere Produkte durchführen zu können? Und sollten lediglich API-Dokumentationen zur Verfügung stehen: Gibt es intern entsprechende
Programmierfähigkeiten bzw. lassen sich diese einkaufen?
❑
Projekte im Praxiseinsatz
Bei größeren Projekten (z.B. Onlineshop, ERP-Einführung) ist es sinnvoll, zu schauen, ob bereits ähnliche
Vorhaben mit der anvisierten Software von anderen Firmen durchgeführt wurden. So können Sie
Dienstleister ausfindig machen (da diese in der Regel in der Form von „Shop wurde umgesetzt von ABC“
erwähnt werden), häufig gängige Probleme recherchieren (z.B. in den meist angebotenen Nutzerforen,
wo technische Probleme in der Regel schnell zu Tage treten) und sich nicht zuletzt ein Bild von einem
Endergebnis machen.
❑
Lizenzierung und Rechte
Nicht jede Open-Source-Lizenz erlaubt alles! Daher muss geklärt werden, ob irgendwelche Beschränkungen gegen den Einsatz sprechen und ob ggf. aus einem verwendeten Standard-Design der Lösung
Grafiken/Logos entfernt werden müssen, denn Open-Source-Lizenzen gelten nicht zwangsläufig auch
für Bildmaterial wie Unternehmenskennzeichen. Speziell bei Vorlagen/Themes/Skins sollten Sie dieses
Thema im Auge behalten, da sich hier die (Content-Lizenz) Creative Commons mit dem Zusatz „non
commercial“ häufig wiederfindet, die eben eine kommerzielle Nutzung untersagt.
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