Qualität hat ihren Preis
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Qualität hat ihren Preis
«Qualität hat ihren Preis» Hapimag Der Ferienanbieter aus Baar sucht in einer hart umkämpften Branche den Weg aus der Krise. Der langjährige Mobility-Chef Giatgen Fontana will Hapimag mit neuen Angeboten für jüngere Kunden zurück zum Erfolg führen. Interview Ernst Meier [email protected] Hapimag weist 2015 einen Gesamtverlust von 16,9 Millionen Euro aus. Wie schlimm steht es um die Firma? Giatgen Fontana: Sie sprechen vom Konzerngesamtergebnis nach Berücksichtigung der ergebnisneutralen Erträge und Aufwendungen. Diese Währungsumrechnungsdifferenzen sind ausschliesslich auf die Konsolidierungsmethode zurückzuführen und haben nichts mit der eigentlichen Performance der einzelnen Konzerngesellschaften zu tun. Operativ haben wir 2015 die Rückkehr in die Gewinnzone geschafft. Nach einem Verlust von 12 Millionen Euro im Jahr 2014 resultierte ein Betriebsgewinn vor Zinsen und Steuern (Ebit) von 4,3 Millionen Euro und ein Reingewinn von 3,0 Millionen Euro. Wir dürfen stolz sein, dass diese Verbesserung geglückt ist. In beiden Vorjahren schrieben Sie operativ rote Zahlen. Wie konnten Sie die Verbesserung erreichen? Fontana: Dank konsequenten Sparmassnahmen – auch hier in der Zentrale in Baar – haben wir einen positiven Abschluss erreicht. Wir haben den gesamten betrieblichen Aufwand um 8,7 Millionen Euro gesenkt. Gleichzeitig haben wir 2015 mehr Umsatz erzielt; dieser stieg gegenüber dem Vorjahr um 7 Millionen Euro; das ist eine Verbesserung von 4 Prozent. Dies ist beachtlich, wenn man bedenkt, dass durch die Aufhebung des Mindestkurses Ferien in der Schweiz für ausländische Hapimag-Kunden teurer geworden sind. Der Personalbestand nahm 2015 um 6 Stellen auf 1442 zu. Die Leistungen an Verwaltungsrat und Konzernleitung stiegen laut Geschäftsbericht um 2 Prozent. Wo wurde gespart? Fontana: Durch die Aufhebung des Mindestkurs sind die Personalkosten in der Schweiz inklusive Leistungen an Verwaltungsrat und Konzernleitung auf einem Schlag um mehr als 10 Prozent angestiegen. Darauf haben wir umgehend reagiert und in den zentralen Bereichen in Baar durch Rationalisierung Stellen und Personalkosten eingespart. Allgemein haben wir administrative Tätigkeiten eingespart und dafür kundenorientierte Stellen verstärkt. Wir haben auch Saläre reduziert, beim Kader rund 10 Prozent. Die Tourismusbranche ist ein personalintensives Geschäft. Ein rigoroser Abbau von Mitarbeitern ist weder förderlich noch erwünscht, weil es das Dienstleistungsangebot schwächen würde. Zu leiden hätten Service und Qualität. Unsere Kunden in den Resorts wollen aber einen hohen Servicestandard. Deshalb bauen wir hier nicht ab. Hapimag verlor in den letzten beiden Jahren fast 10 000 Mitglieder. Was ist passiert? Fontana: Wir haben 2013 für die Zukunft von Hapimag eine wichtige und konsequente Entscheidung getroffen. Mit einem Optionsprogramm haben wir jenen Mitgliedern, die ihre Aktien zurückgeben wollten, individuelle Lösungen angeboten. Das war ein Kraftakt, den wir unter Berücksichtigung der einst vereinbarten Rechte und Pflichten, die unsere Mitglieder besitzen, realisierten. Die Liste der unzufriedenen Mitglieder, die uns verlassen wollten, haben wir abgearbeitet. Auch darauf sind wir stolz. Warum haben Sie dieses Ausstiegsprogramm durchgeführt? Fontana: Wir wurden immer wieder kritisiert, weil Mitglieder, die ihre Aktien nicht mehr behalten wollten, keine Möglichkeit zum Verkauf hatten. Für uns ist klar: Es macht keinen Sinn, Kunden in unserem System zu behalten, wenn diese nicht mehr mit Hapimag in die Ferien reisen können oder wollen. Darum haben wir unseren Kunden, deren Lebenssituation sich verändert hat, eine Reihe von Varianten angeboten, um auszusteigen. Mit einer Vielzahl von Mitgliedern konnten Lösungen gefunden werden. Ein Teil der Mitgliedschaften wurden für eine bestimmte Zeitdauer sistiert, von andern Mitgliedern wurden Aktien zurückgenommen, und neu haben wir ein Kündigungsrecht. Der Verlust von mehreren tausend Kunden schmerzt Sie doch sicherlich? Fontana: Natürlich! Langfristig gesehen wollen wir zufriedene Kunden, die aktiv Ferien machen und damit zu Umsatz und Ertrag führen. Was wir mit dem Ausstiegsprogramm vollzogen haben, ist die Verabschiedung von passiven Kunden. Diese waren oftmals seit Jahren nicht mehr bei uns in den Ferien. Nach der zweijährigen Umstellungsphase können wir sagen, dass wir uns nun wieder voll auf die zufriedenen Kunden und die Entwicklung von neuen Angeboten konzentrieren. Das Ergebnis 2015 zeigt, dass wir den Rückgang der Mitglieder verkraften konnten. Ich bin überzeugt, dass wir den Generationenwechsel so schaffen werden. Das bedingt aber neue Kunden. Fontana: Im letzten Jahr haben über 5000 Mitglieder ihre Ferienrechte auf die nächste Generation überschrieben. Das sind 5000 neue Kunden, die das Angebot fleissig nutzen. Wir setzen nun auch alles daran, Neukunden zu gewinnen, die noch nie etwas von Hapimag gehört haben. Dazu braucht es Kennenlernangebote, sodass Interessierte zuerst Hapimag ausprobieren können, bevor sie sich für eine Hapimag-Mitgliedschaft entscheiden. Verärgern Sie damit nicht langjährige Kunden? Fontana: Ohne Kennenlernangebote und Specials gewinnt man heutzutage keine neuen Kunden. You try it out and you get what you see. So läuft das. Wir wollen uns vermehrt an die Bedürfnisse heutiger Feriengäste anpassen. Die neue Generation will sich weniger festlegen. Sie kann und will nicht immer eine Woche Ferien machen. Junge Leute reisen auch mal nur für ein Wochenende in eine europäische Grossstadt. Für Hapimag ist es sehr wichtig, mit dem Markt zu gehen. Die traditionellen Hapimag-Gäste wollen wir besonders pflegen, indem wir den Service hoch halten. Darin haben wir Erfahrung. An wen richtet sich Hapimag heute? Fontana: Wir haben Kunden aus allen Altersklassen. Junge Familien buchen während der klassischen Ferienwochen. Nebenbei ist die Altersklasse 55 plus am stärksten vertreten. Diese Personen können oftmals drei Wochen und länger am Stück in die Ferien reisen. Zudem buchen sie auch ausserhalb der Hochsaison, was für uns die Schwankungen ausgleicht. Das trifft auch auf die Kunden in meiner Alters- und Gewichtsklasse zu. Diese leisten sich Kulturreisen oder, um dem hiesigen Winter entfliehen zu können, auch mal mehrere Wochen Golfferien. Discount-Angebote und Billigflieger mischen den Markt auf. Das Internet und neue Geschäftsmodelle wie der Privatwohnungsvermittler Airbnb pflügen die Branche um. Auch Kuoni hat das gespürt. Kann Hapimag mit dem neuen Geschäftsmodell bestehen? Fontana: Das wird der Markt zeigen. Wir haben uns auf die veränderten Kundenbedürfnisse eingestellt und werden diesen Weg weiterverfolgen. Neu bieten wir Angebote wie kulturelle Erlebnisse in Städten oder Sport und Wellness in den Bergen an. Ski fahren ist hingegen kein Megatrend mehr bei unseren Kunden. Deshalb verkauften wir das Resort Chamonix in den französischen Alpen. Das Geld investieren wir in einen Neubau in der Nähe von Venedig. Hapimag ist ein Nischenprodukt, das so gesehen einmalig ist und nach wie vor einen besonderen Mehrwert bietet. Mit uns können Sie in ganz Europa Ferien machen, und Sie erhalten überall den bekannten Service zu einem guten Preis. Das kann man nicht mit Airbnb vergleichen. Aktionäre des deutsch-österreichischen Hapimag-Ferienclubs HFA reklamieren, weil Kosten und Jahresgebühren in den letzten Jahren stärker als die Teuerung gestiegen sind. Fontana: Die letzten fünf Jahre hat sich der Jahresbeitrag in Schweizer Franken gerechnet um jährlich lediglich 0,6 Prozent im Schnitt erhöht. Wegen des starken Schweizer Frankens beträgt die Erhöhung in Euro jedoch 3,9 Prozent pro Jahr. Für 2016 haben wir den Jahresbeitrag in Euro nicht erhöht, in Schweizer Franken sinkt er sogar um 7 Prozent. 3,9 Prozent jährlicher Preisaufschlag liegt über der Nullteuerung im Euroraum. Da über 90 Prozent Ihrer Resorts in Euroländern liegen, fallen Kosten und Ertrag in dieser Währung an. Verständlich, dass Aktionäre rebellieren. Fontana: Qualität und Service haben ihren Preis. Klar gibt es immer Unzufriedene, und wenn man Konsumenten fragt, sagt jeder, dass er lieber weniger zahlen will. Gleichzeitig will auch niemand einen Qualitätsverlust in Kauf nehmen. In diesem Spannungsfeld bewegen wir uns. Unsere Mitglieder haben sich in eine Schweizer Firma eingekauft. Aufgrund von internen Qualitätsmessungen, Kundenbefragungen und Auszeichnungen wissen wir, dass die Schweizer Qualität von der grossen Mehrheit geschätzt wird. Der HFA, der sich als Fanclub bezeichnet, reklamiert seit 40 Jahren immer wieder. Wieso lassen Sie nicht einen Vertreter in den Verwaltungsrat wählen? Fontana: Die grosse Mehrheit unserer Kunden ist zufrieden. Hapimag zählt jährlich 2,8 Millionen Hotelübernachtungen. Der direkte Kontakt zu den Gästen und ihr Feedback zeigen, dass die grosse Mehrheit glücklich ist. Im Übrigen haben wir im letzten Jahr 17 Holiday-Check-Awards gewonnen. Nun zu Ihrer Frage: Hapimag ist eine Aktiengesellschaft, die aber ähnlich ausgestaltet ist wie eine Genossenschaft. Es gibt weder Investoren noch Grossaktionäre. Alle sind Kleinaktionäre mit durchschnittlich etwa 1 bis 3 Aktien. Dass Hapimag-Mitglieder, die Partikularinteressen verfolgen, sich zusammenschliessen, ist ihr gutes Recht, aber das berechtigt nicht zu einem Sitz im Verwaltungsrat. Die Hapimag-Statuten sagen klar, wie man vorgehen muss, wenn eine Interessengruppe einen Vertreter in den Verwaltungsrat wählen will. Es braucht die demokratische Mehrheit. Der HFA wünscht sich vor allem mehr Transparenz von der Führung. Fontana: Selbst wenn der HFA mehr Transparenz wünscht, können wir gewisse Informationen aus dem Verwaltungsrat nicht öffentlich machen – auch aus Schutz vor der Konkurrenz. Wir beantworten täglich Anfragen von Kunden, über Mails, Telefon oder Social Media. Da sind wir sehr empfänglich. Die langjährige Kritik des HFA verstehe ich nicht als Rebellion, sondern als einen demokratisch legitimen Vorgang, und ich schätze konstruktive Kritik, die anspornt. Ist die Aktiengesellschaft noch die richtige Rechtsform für Hapimag? Fontana: Da bei Hapimag die vorteilhafte Nutzung und nicht die Ausschüttung einer Dividende angestrebt wird, finde ich die Genossenschaftsform geeigneter. Doch eine Umwandlung der Gesellschaftsform ist kein Thema. Zudem wäre das Genossenschaftsmodell in der Praxis noch nicht europatauglich. Verstehen Sie die Anliegen des HFA? Fontana: Ich habe verstanden, dass man uns kritisiert hat, weil man die Aktien nicht verkaufen konnte. Dieses Problem haben wir nun mit den Kunden gelöst. Das ist erledigt. Was der HFA für die Zukunft will, das verstehe ich ehrlich gesagt nicht wirklich. Der HFA hat jede zehnte Stimme hinter sich. An der GV vom 20. April in Baar kommt er vermutlich sogar auf gegen 20 Prozent der gültigen Stimmen. Befürchten Sie nicht, dass der kleine HFA eines Tages die Stimmenmehrheit erlangt? Fontana: In der Vergangenheit hat er diese Dimensionen nie erreicht. Ich glaube, die Chance, dass dies eintreten wird, wäre vergleichbar mit den Möglichkeiten, dass neue Parteien in der deutschen Politik die Mehrheit erlangen werden. Es sind ähnliche Zustände, die als störend empfunden werden – und einige Kritikpunkte, die erhoben werden, sind auch verständlich. Der Hapimag drohte vor zwölf Jahren eine feindliche Übernahme durch eine dubiose Investorengruppe. Könnte so etwas wieder passieren? Fontana: Natürlich kann jemand mit demokratischen Mitteln bei uns die Mehrheit erlangen. Diese Gefahr besteht immer. Irgendeinen Schutz mit Vinkulierung oder Stimmrechtsbeschränkung dagegen zu beschliessen, wäre jedoch falsch. Das würden den Kritikern direkt Argumente liefern. Es gibt für uns nur etwas: Wir müssen Qualität bieten, sodass die Mehrheit unserer Kunden zufrieden bleibt und dem Verwaltungsrat Vertrauen schenkt. Die Aktionäre sollen abstimmen.