Festivalzeitung - St. Galler Tagblatt

Transcription

Festivalzeitung - St. Galler Tagblatt
Medienpartner:
seite 7:
Felix Grubenmann: der
Mann fürs nahrhafte
seite 9:
Wie ein FestivalMusikprogramm entsteht
Wetterglück
machT Freude!
Petrus muss ein St. Galler sein! Trotz unsicheren
Wetterprognosen und dunklen Wolken konnte die
33. Ausgabe des fast ausverkauften Traditionsfestivals im Sittertobel einen trockenen Auftakt
feiern.
seite 29:
Wir haben Sie die sittertobel-singles
tag
sa
so
nacht
23
15
26
15
von patrick stämpfli
Entsprechend gut war die Stimmung bereits am Donnerstagabend. An die Regenfälle der vergangenen Tage erinnerten nur
noch einige grössere Wasserlachen. Am
frühen Freitagmorgen sorgten allerdings
rebellische Nachtschwärmer für Unruhe,
als sie versuchten, auf das noch nicht geöffnete Festivalgelände zu gelangen.
«Schade, dass ein kleiner Teil der Besucher die Regeln partout nicht einhalten
will», sagte Festivalchef Christof Huber.
Man überlege sich daher für 2010 entsprechende Konsequenzen.
Dunkle Wolken am Himmel
Auch am Freitagnachmittag kam nochmals
kurz Unruhe auf, als dunkle Regenwolken
aufzogen und zu hören war, dass es in der
Umgebung bereits giesse wie aus Kübeln.
Doch die Schlechtwetterfront verzog sich,
und auf der Sitterbühne konnten «Slag In
Cullet» dem Publikum bei Sonnenschein
einheizen. Kurz danach machten auf der
Sternenbühne Selig mit ihren teils melancholischen Lyrics mehr als nur eine Besucherin selig. Und um 20.30 Uhr betrat mit
Peter Fox dann der erste grosse Star des
Abends die Bühne – und für diejenigen,
deren Zelt in der Nähe einer der erwähnten
Wasserlachen stand, wurde sein Hit «Haus
am See» plötzlich zur ganz persönlichen
OpenAir-Hymne.
programm
Samstag,
27.µ.
sitterbühne
12.00 ALL SHIP SHAPE CH
13.15 GIMMA CH
15.00 FARIN URLAUB
RACING TEAM d
16.45 johnossi s
18.30 STRESS CH
20.30 NICK CAVE &
THE BAD SEEDS AUS
22.30 NINE INCH NAILS usa
00.45 JAN DELAY & DISKO NO. 1 d
sternenbühne
12.45 KONRAD STÖCKEL d
14.15 DúNÉ DK
16.00 OLLI SCHULZ d
17.45 NNEKA d /nig
19.30 SOPHIE HUNGER CH
21.30 METRONOMY uK
23.15 PATENT OCHSNER CH
01.15 POLARKREIS 1∂ d
03.00 YUKSEK F
BACARDI DOME
Vom King of Pop, H
und Biedermeierbe
Der Tod von Michael Jackson sorgt in der Musikwelt für viel Gesprächsstoff. Die Reaktionen von Musikexperten im Backstage-Bereich sind so vielfältig wie die Nasen des King of Pop. Vielfältig sind auch die Menuwünsche
der Musiker sowie die Meinungen von Künstlern, wie sie der Wirtschaftskrise
begegnen.
von oLIVER fORRER
Schweizer & Bragatto,
Artist-Köche
Chef de Cuisine Luciano Bragatto und Koch
Thomas Schweizer schmurgeln für die
Stars: «Für Veganer Peter Fox gibts ein lactosefreies Menu.» Mike Skinner mag sein
Essen genauso einfach wie seine «music
from the streets»: Brötchen mit Hüttenkäse. «Für andere Künstler werden Cordon
bleu oder Hackbraten mit Moët Champagner aufgetischt», sagt Bragatto. Proscht
und en Guete!
Thomas & Adrian von Lovebugs
«Als ich 1997 das erste Mal am OpenAir
St.Gallen spielte, habe ich noch im Zelt
übernachtet», erinnert sich Lovebugs-Gitarrist Thomas. Die Liebeskäfer kehrten
gestern zum fünften Mal in ihr Nest im
Sittertobel zurück. «Es ist einfach das beste und schönste Festival in der Schweiz»,
sagt Frontmann Adrian. Den Liebesbeweis
an St.Gallen hat Adrian bereits geliefert:
«Einmal stand ich mit Fieber auf der Büh-
15.00 PADRIGO & KELVIN & LUC G
MC FRAT BOY
F & D-EGO
19.00 O-DEE
21.00 RETO ARDOUR & F SI
23.00 STEVE SUPREME & 01.00 DUNCAN
03.00 PA-TEE
WINSTOn
FREEDOM
09.30 REGGIE'S DOO
10.45 REGGIE'S DOO
16.15 PEGASUS
18.00 PEGASUS
19.45 BIG ZIS
21.45 BIG ZIS
00.00 DJ X-STOMP
02.00 DJ X-STOMP
ne, das war ein beschissenes Konzert.»
Apropos beschissen. Spürt ihr die Wirtschaftskrise? «Wir haben uns bereits an
sie gewöhnt. Die Musikindustrie ist nämlich schon länger in der Krise. Trotzdem
suchen wir immer wieder neue Wege, wie
beispielsweise den EuroVision Song Contest», sagt Thomas. Und wenn alles schieflaufen sollte, bleibt den Lovebugs ja wenigstens noch ihr Zelt.
Frank & Patrik Riklin,
St. Galler Künstler
«Es wäre vielleicht eine Chance, wenn die
Wirtschaftskrise ins Sittertobel käme.
Dann könnte etwas Neues entstehen. Ich
sehe die Krise nicht als etwas Negatives,
sondern als natürlichen Verlauf», sinniert
Frank Riklin und zeigt auf die vielen kommerziellen Stände auf dem Gelände. Zwillingsbruder Patrik doppelt nach: «Das
OpenAir hat Pickel und die müsste man
nun wieder ausdrücken. Wenn das Geld zu
fest regiert, geht es kaputt.» Trotz der mittlerweile grossen Bekanntheit der beiden
St.Galler Erfinder des Null-Stern-Hotels
sind sie nicht Backstage mit einem Cüpli
in der Hand anzutreffen. Die Very Inno-
vative Persons philosophieren lieber vor
der Bühne über die Zukunft des OpenAir
St. Gallen. «Schön wäre ein OpenAir mit Biedermeierbetten à la Null-Stern-Hotel…»
Hüttenkäse
etten
programm
Sonntag,
2∂.µ.
Matthias Erb,
Sounds! Moderator
«Was die musikalischen Verdienste von Michael Jackson waren? Weiss ich gar nicht,
da gibt's bessere Musiker», meint Musikexperte Matthias Erb, der auf DRS 3 Sounds!
moderiert. Jackson habe sicher Weiss und
Schwarz und damit Rock und Funk zusammengebracht. «In Erinnerung wird Jackson
auch als der Begründer der Musikvideos
bleiben.» Das Leben vom King of Pop war
allerdings nicht immer königlich. «Sein Vater peitschte ihn schon im Kindesalter zum
Erfolg, und darum konnte er nie ein eigenes
Leben entwickeln.»
«Es ist irre. Ich hab das gar nicht geglaubt.» Jan Plewka kann genau sagen,
wann er von Michael Jacksons Tod erfahren hat. «00.37! Eine Freundin hat mir eine
SMS geschrieben. Es hat mich wirklich berührt.» Zum ersten Mal in Kontakt mit Michaels Musik kam Jan als Teenager: «Kein
Tag verging, an dem ich nicht mit meiner
damaligen Freundin zu Michaels Musik in
der Küche getanzt habe, sie war ein grosser Fan.» Doch die Musik bewegt ihn bis
heute. «Immer wenn eine Party langweilig
wird, gehe ich zum DJ und bitte ihn, Michael Jackson aufzulegen – der hat einfach super tanzbare Musik gemacht.» Sein
überraschender Tod werde ihn jetzt endgültig zur Legende machen, prophezeit
Jan: «Die Plätze eins bis zehn in den Hitparaden werden von seinen Songs besetzt
werden. Ich hoffe, dass seine Familie reich
wird und seine Schulden abbezahlen kann.
Und dass sie sich nicht streiten – das ist
ja manchmal so, wenn der Obermufti
stirbt.»
11.30
13.15
15.00 16.45 «Schön, hat er seinen Frieden gefunden
und musste nicht zu viel Dreck essen»,
sagt Can Isik, Leadsänger von Mizan, zum
Tod von Michael Jackson. Isik, der am
OpenAir auch als Production Manager Assistent tätig ist, hat vorgestern abend nach
seinem Auftritt hinter der Bühne vom Tod
des King of Pop erfahren. «Für mich war
Jackson ein Top-Entertainer, der zum
Freak mutierte. Er war die Stilikone der
80er-Jahre und gehört in die Kategorie von
Musiklegenden wie Johnny Cash, Elvis
Presley oder Frank Sinatra.»
Artist Supporter,
Cypress-Hill-Garderobe
Wer in der Garderobe von Cypress Hill dicke Ledersessel, Designerlampen und einen Mahagonitisch erwartet, liegt falsch.
Die Hip-Hop-Gruppe aus Los Angeles setzt
auf Understatement: Ein Ikea-Teppich und
ein Tisch mit Plastiktischtuch erfüllen die
MELODIA GOLDACH PRESENTS QUEEN CH
10.30 MILOW B
12.15 PHENOMDEN CH
14.00 THE STREETS uk
15.45 EDITORS uk
17.45 MANDO DIAO S
09.00
sternenbühne
Can Isik, Sänger von Mizan
Jan Plewka,
Sänger
von Selig
sitterbühne
Ansprüche der Multimillionäre. Einzig bei
der Menge Bier und Hochprozentigem wird
nicht gespart. Alexandra, Corinne und Thomas (von links), die sich ums Interieur der
Künstlergarderoben kümmern, bestätigen:
«Luxus ist nicht gefragt.»
JUNES CH
THE AGGROLITES USA
THE SOUNDS S
2RAUMWOHNUNG D
BACARDI DOME
13.00
RUMPELSOUND-­
SYSTEM DJ-TEAM
WINSTOn
FREEDOM
09.45
11.30
REGGIE'S DOO
REGGIE'S DOO
ImPressum:
Projektleitung: Thomas Steccanella
(Trimedia Commu­nications Schweiz
AG), Beat Lüscher (Die Gestalter AG),
David Airò (Tagblatt AG).
Redaktionsleitung: Thomas Steccanella, Patrick Stämpfli (Trimedia
Communications Schweiz AG).
Redaktion: Marco Andreu, Aline Anliker, Angelica Baerlocher, Emil Bischofberger, Philippe Fabian, Oliver Forrer,
Markus Garnitschnig, Michaël Jarjour,
Christian Jauslin, Dominic Ledergerber,
Tobias Treichler.
Koordination Fotografie: George
Müller, Michaela Tanner.
Grafik: Tine Fleischer (Die Gestalter AG).
Layout: Mike Gottwald, Manuela
Klingler (Tagblatt AG).
Technische Koordination: David
Airò (Tagblatt AG).
Verlag & Druck: Tagblatt AG.
Inserate: Publicitas St. Gallen, Trimedia Communications Schweiz AG
Auflage: 10 500 Expl.
Farin Urlaub
Racing Team ein Orchester
voller Dynamit
Im Jahr 2¥¥2 zog es Farin Urlaub, Sänger und Gitarrist der Ärzte, in neue
Gefilde. Nach der Veröffentlichung seines ersten Soloalbums «Endlich
Urlaub!» suchte er nur für einen einzigen Auftritt eine Begleitband. Weil diese Kombo aber gut beim Publikum ankam und Urlaub gerne Spass hat, über­legte
er es sich noch einmal anders. Das Farin Urlaub Racing Team war geboren.
von Philippe Fabian
Der Mann mit den aschblonden Haaren
und einem Grinsen so breit wie Amy Winehouse morgens um zwei ist bekanntermassen das reinste Energiebündel. Das tut
den Ärzten gut und ebenso dem Farin Urlaub Racing Team, kurz FURT. Die zwölfköpfige Truppe besteht rund zur Hälfte aus
Frauen (7 von 12) und hat schon bei etlichen Konzerten gezeigt, dass sie alles andere als Langeweile verbreiten. Neben
dem üblichen Rock-Instrumentarium tragen vor allem Saxophon, Trompete und Posaune zum Abwechslungsreichtum des
Sounds bei. Urlaub bezeichnet das Racing
Team auch gerne als «Orchester voller Dynamit».
Keine Wurst, kein Bier, keine Zigarre
Wie sein Name unschwer erkennen lässt,
ist Urlaub ein Reise-Freak. Mehr als 100
Länder hat er schon besucht, und eine seine letzten Reisen nach Indien und Bhutan
sind sogar als Bildband erhältlich. Er passt
so gar nicht in das klassische Schema des
Punkrockers: Einen Pescetarier (Verzicht
auf Fleisch, nicht aber auf Fisch), Antialkoholiker und Nichtraucher, der sechs
Sprachen beherrscht, verbindet man nicht
unbedingt mit Punkrock. Und wenn Urlaub
gerade keine Musik macht, engagiert er
sich für Organisationen wie Greenpeace
und Menschen gegen Minen. Aber gerade
das macht ihn so sympathisch und seine
Sprüche und oftmals abgefahrenen Texte
umso unterhaltsamer.
Büffelherde und Ponyhof
Die ersten beiden Alben hat das Arbeitstier
quasi im Alleingang produziert und fast
alle Instrumente selbst eingespielt. Mit
dem Farin Urlaub Racing Team stand er
bislang nur auf der Bühne. Für sein viertes
Soloalbum mit dem sinnigen Titel «Die
Wahrheit übers Lügen» holte Urlaub das
Team erstmals ins Studio. Entstanden sind
zwei Scheiben namens Büffelherde und
Ponyhof. Die Büffel trampeln und schnauben, die Ponys gehen es ein wenig ruhiger
und vielseitiger an. Beide versprühen sie
die Urlaub-typische Ironie und gehen
schnell in die Beine. Aber auch für sozialkritische Töne findet der Chef einmal mehr
Platz. Seine Experimentierfreudigkeit, die
bei den Ärzten weniger zum Zug kommt,
lebt er in den Ska-, Reggae- und Dancehall-Stücken des Albums aus.
Urlaubs aktueller Streich verspricht live
viel Power und gute Unterhaltung. Und wer
Herrn Urlaub kennt, der weiss, dass der
Spass an seinen Konzerten nicht zu kurz
kommt. Er wird die Sitterbühne rocken,
auch ohne Sitzlaola der Ärzte.
#openairsg - OpenAir
auf Twitter und Co.
Spätestens seit sich die iranische Opposition auf
Twitter und Facebook zu organisieren scheint, sind
diese und ähnliche Internet-Portale in aller
Munde. Natürlich aktualisieren auch OpenAirBesucher ihre Stati auf Facebook oder twittern
live vom Gelände. Das OpenAir als
Statusmeldung.
Von Markus Garnitschnig
Internet-Portale wie Facebook oder Twitter
gelten als die schnellsten Newsprovider
überhaupt. Augenzeugen lassen die ganze
Welt unmittelbar wissen, was passiert. Mittels Handy wird blitzschnell der Status aktualisiert. Auch das OpenAir St.Gallen ist in
den Netzwerken und Communities im World
Wide Web natürlich ein Thema. Mit Bekanntgabe des Programms Mitte März
häuften sich wie jedes Jahr die Statements
der Community zum OpenAir. Insbesondere Kommentare zum Programm und zu den
Eintrittspreisen, negativ wie positiv, sind
häufig zu lesen. Die Fieberkurve steigt, je
näher das Festival kommt. Die Vorfreude
steigt auch im Netz und die Beiträge werden enthusiastischer und häufiger. Die
meisten Statements sind geprägt von unbändiger Vorfreude. Die einen zählen die
Tage, andere berichten davon, wie sie fürs
Festival ihre Sachen packen. Anfangs dieser Woche kamen die ersten Meldungen direkt vom OpenAir-Gelände via Facebook
und Twitter aufs Netz: «Achtung, Schlammschlacht» oder «Gummistiefel mitnehmen»
waren die typischen Meldungen. Das Wetter und die Beschaffenheit des Terrains
scheinen die grössten Sorgen zu sein.
Infokanal Web-Community
Neben den unzähligen privaten Usern nehmen sich auch Blogs und Internetseiten
dieses Themas an. Die Blogger von klangschau.com aus St.Gallen gaben sich noch
vor Bekanntgabe des Programms als Propheten des Line-ups aus und kommentierten jede Neuigkeit vom Festival sofort.
Natürlich sind sie, wie auch beispielsweise
students.ch, live vor Ort und aktualisieren
ihre «Follower» auf Twitter in losen Abständen über die Ereignisse im Sittertobel. Feste Kriterien für den Inhalt gibt es dabei
nicht. Kommentiert wird, was in ihren Augen interessant ist, kurios oder als News
durchgeht.
So berichten sie am frühen Freitagnachmittag, dass die Ballons der Flaming Lips
hinter der Bühne bereitstehen, oder stellen
ein Bild ins Netz, auf welchem sie das Eingangsportal durchschreiten.
Offizielle Informationsquelle
Auch das offizielle St.Galler OpenAir ist
nicht untätig und betreibt neben der stetig
wachsenden eigenen Website auch einen
Facebook-Channel, der bereits über 5500
Fans hat. Darauf werden unter anderem Informationen zum Festival und Videos von
Künstlern veröffentlicht, um damit die Vorfreude auf das OpenAir zu schüren. Es
funktioniert: Das Update vom Donnerstag:
«Sonne im Sittertobel! Wir freuen uns auf
euch!!!» wurde von 53 Fans mit einem Klick
auf den Button «gefällt mir» kommentiert.
Das Internet hat durch die Popularität der
Web-Communities und die grösseren
Möglichkeiten von Blogs sowie die Einbin-
dung von Bildern und Videos für das Festival an Bedeutung enorm zugenommen.
Auch Firmen nutzen die Möglichkeiten von
Twitter und Co. vermehrt. So macht zum
Beispiel ein Skateboard-Hersteller via Twitter auf seinen Stand aufmerksam oder ein
grosser Kommunikationsanbieter macht
via Facebook Werbung für das grosse Karaoke-Spiel an seinem Stand.
Das Festival live auf Twitter und Co. ist
interessant und amüsant. Oft aber auch beliebig und langweilig. Live vor Ort ist es
besser. Definitiv. Äh sorry, #definitiv.
Festivalzeitung
im Internet
Diese Festivalzeitung kannst
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anschauen bzw.
herunterladen: Sie ist unter
www.openairsg.ch
in der News-Rubrik
als PDF verfügbar.
Herr
über
Speis
und
Trank
Festivalleitungsmitglied Felix Grubenmann ist am OpenAir St. Gallen dafür
verantwortlich, dass ∑¥ ¥¥¥ Liter Bier und 5¥¥¥ Bratwürste den Weg zu durstigen Kehlen und hungrigen Mäulern finden.
Von Emil Bischofberger
Ohne Felix wäre der Genuss dieses Artikels
nur halb so gross – nehmen wir jetzt einmal an. Denn die Chancen stehen sehr gut,
dass du, während du diese Zeilen liest,
entweder ein frisch gezapftes Bier in der
linken oder ein noch warmes Gipfeli in der
rechten Hand hältst. Felix sei Dank.
nerhalb von nur drei Tagen», sagt Grubenmann. Ach ja, Mineral wird natürlich auch
verkauft, allerdings nicht ganz so viel – im
Vorjahr waren es knapp 50 000 Liter. Und
beim Essen sind natürlich Bratwürste Spitzenreiter: 6000 bis 8000 Stück werden davon jeweils verkauft.
Er ist ein alter Hase, was das OpenAir
St. Gallen betrifft. Seit 31 Jahren hilft er
mit, das Sittertobel während drei Tagen
zum musikalischen Nabel der Schweiz zu
machen. Zum vierten oder fünften Mal – so
genau zählt man nach 31 Jahren nicht
mehr – ist er nun für den Bereich «Food &
Beverage», zu Deutsch «Essen und Trinken», zuständig.
Drei Telefone klingeln abwechslungsweise
Grubenmanns Büro in der Baracke beim
Bauernhof auf dem Gelände wirkt nicht so,
als ob er hier «nur» während knapp zwei
Wochen hausen würde. Ordner stapeln
sich, zwei Computer laufen parallel, zwei
Festnetzanschlüsse und ein Handy wechseln sich im regelmässigen Klingeln ab,
und alle fünf, nein vielmehr zwei Minuten
klopfts, und es steht ein neuer Kunde mit
einer Anfrage, einer Bitte oder einem Auftrag im Büro. Stress? Alles andere als das.
Der 43-Jährige mit dem Dave-Grohl-Seebären-Schnauz könnte als Beispiel für Gelassenheit durchgehen. «Die Nerven verliere ich selten», bestätigt er denn auch.
«Das ist wohl eine meiner Stärken.»
Gleichmut braucht er vor allem auch im
Umgang mit den vielen freiwilligen Helfern
Was das genau heisst? Verantwortlich zu
sein, dass rund 90 000 Liter Bier an den
Mann (und die Frau) kommen – also ungefähr 1 Liter pro Person und Tag – und das
erst noch wohltemperiert, also gekühlt.
Das «SchüGa» macht denn auch den
Monsteranteil an den Getränken aus, die
während den drei Tagen verkauft werden.
«Von der Brauerei wissen wir, dass wir klar
der grösste Abnehmer sind – vor allem in-
– worin aber auch seine Motivation besteht. «Es sind nicht alles Profis, die dürfen
auch Fehler machen», sagt der Chef über
Speis und Trank.
Zugleich bedeuten Fehler aber auch zusätzlichen Organisationsaufwand und Telefonate. Während des Festivals ist Grubenmann jeweils bis zu 20 Stunden pro
Tag auf Achse. Dazwischen sucht er jeweils ein paar Stunden Schlaf im Wohnwagen gleich nebenan.
Genuss am Samstagabend
am Waldrand
Und wann geniesst er das OpenAir? «Solche
Momente gibt es sehr wenige. Am Samstagabend setze ich mich mit einem Ressortleiter jeweils eine Stunde oben an den
Waldrand, rauche mit ihm zusammen eine
Zigarre und ignoriere den Funk», sagt Felix.
Allerhöchstens, wenn aus irgendeinem
Grund der Biernachschub nicht mehr gesichert wäre, würde er reagieren. «Das wäre
der Super-GAU», so Grubenmann.
Doch so weit wird es nicht kommen, dafür
schaut er und mit ihm 400 bis 500 Helfer
im «Food & Beverage»-Bereich. Wie viel sie
zu tun haben, ist vor allem von der Temperatur abhängig. 24 bis 26 Grad sind laut
Grubenmann ideal. Dann wird zu gleichen
Teilen gegessen und getrunken. «Wenn es
wärmer ist, trinken die Leute zu viel, sind
schneller betrunken und essen nicht mehr.
Ist es kühler, sinkt die Lust auf kalte Getränke deutlich», erklärt Grubenmann die
OpenAir-spezifischen Trink- und Essgewohnheiten der Besucher. Aber das warme
Gipfeli oder das frisch gezapfte «SchüGa»
– sie gehören beim Frühstück auf jeden
Fall dazu.
Wertsachen-Depot
Beim Wertsachen-Depot auf dem
OpenAir-Gelände (vgl. Plan auf
S. 30) kannst du Dinge wie Schlüssel, Portemonnaie, Ausweise usw.
sicher für 5 Franken pro Tag deponieren und so vor dem Verlieren,
Dieben und der mühsamen Wiederbeschaffung zu schützen. Das
Wertsachen-Depot ist 24 Stunden
am Tag bewacht und bedient.
Die hohe Kunst
des Programmierens
Wie kommt es, dass wir dieses Wochenende zu The Streets und Mando Diao abrocken und nicht zu
The Killers oder Kasabian? Was sind die Falltüren und -stricke für einen Booker? Wie stellt man ein
Musikprogramm von knapp 4¥ Bands für ein ganzes Open-Air-Wochenende zusammen? Christof Huber,
Geschäftsführer und Musikchef vom OpenAir St.Gallen, gibt Auskunft.
von Christian Jauslin
Für Christof Huber, hier stellvertretend für
alle Booker dieser Welt, hört das OpenAir
eigentlich nie auf. Denn während die letzten
Vorbereitungen für die Ausgabe 2009 liefen, ratterte es bereits im Oberstübchen,
welche Band denn 2010 angesagt sein
könnte. Wer bringt wohl rechtzeitig eine
Platte raus, wer wird überhaupt auf Tour
sein? Zwischen diesem August und nächstem Juni werden neue Superstars geboren
und Karrieren beendet.
Direkt in London anklopfen
Mit einer Liste von Bands pilgert Christof
im November zu den europäischen Künstleragenturen in London und klopft dort an
zehn Türen. Das ist heute einfacher als
noch vor wenigen Jahren, erklärt er: «Wir
haben uns erst 1997 ganz von der grössten Schweizer Konzertagentur gelöst und
sind direkt auf die Agenturen in England
losgegangen. Da mussten wir dann zuerst
erklären, was das OpenAir St.Gallen ist,
wer unsere Medienpartner sind usw. Das
muss man teils auch heute noch tun,
denn vor allem Indie-Bands wollen wissen, wo und mit wem sie spielen.» Damit
ist allerdings noch nicht klar, wer kommt,
weil die meisten Tournées kurzfristig geplant werden, ausser «die wirklich grossen Produktionen, wie zum Beispiel bei
Muse, die noch vor der Albumveröffentlichung die Tourplanung bereits gemacht
haben».
Dann werden bereits die ersten Offerten
eingereicht. Das heisst, Christof überlegt
sich, wie viel er für die Band bezahlen
kann bzw. er prüft, ob die Forderung der
Band ins Budget passt. Denn die Bands
spielen dort, wo die Kohle stimmt, oder im
wichtigeren Musikmarkt. Nach einer angenommenen Offerte – vielleicht sogar für
ein Exklusivkonzert – kommt das Open­Air
Shantel & Bucovina Club Orkestar
Christof Huber
ins «Routing» , d.h. es wird eine Route für
die Band geplant, wo sie wann spielt. Hier
können neue Probleme auftauchen, zum
Beispiel, dass das Equipment der Band
nicht schnell genug von A nach B transportiert werden kann. Ist diese Hürde auch
noch genommen, kommt dann irgendwann
die definitive Bestätigung. Dann sollte
eigentlich nichts mehr schiefgehen, ausser
der Künstler wird krank, hat Flugangst
oder wird schwanger.
Peter Fox
Kein Wunschkonzert
Von den vierzig Bands, die in St.Gallen
spielen, werden rund 80% von Christof angefragt und nur 20% bieten sich selber an.
Doch wie stellt man sicher, dass nicht alle
Festivals in der Schweiz die gleichen
Bands buchen? «Ich weiss jeweils recht
früh, wer an welchem Festival spielt, aber
eine Koordination gibt es nicht. Die Agenten
reagieren da auch sehr gereizt. Die möchten im Driver Seat sitzen. Und wenn sie
das nicht sind, muss man das ihnen nicht
auf die Nase binden.»
Ein Musikprogramm an einem Open Air
ist also kein reines Wunschkonzert des Bookers. Er kann nicht hinstehen und proklamieren: Ich möchte dich, an dem Tag, zu
dem Preis. Und wenn Christof festhält, dass
in St.Gallen auch 2009 keine Band spielt,
die ihm nicht gefällt, so ist dies das Ergebnis
seiner Professionalität und Erfahrung als
Booker und keinesfalls der Beleg dafür, dass
er tatsächlich jede Band bekommen hat, die
auf der ersten Liste vom vergangenen
Herbst aufgeschrieben war.
Quiz:
Richard Stark, 4µ
Richard ist schon seit einer gefühlten
Ewigkeit am OpenAir St. Gallen dabei. Er
hat miterlebt, wie Glas auf dem Gelände
verboten wurde, Pavillons in Mode kamen
und die Zelte immer grösser wurden. Als
Nachtschwärmer ist er aber zum ersten
Mal unterwegs. Ausser seiner Arbeit, bei
der er sich seit 20 Jahren schmutzig
macht, liebt er Bikes und Motorräder und
freut sich auf seine erste Tochter.
Was machst
du sonst so?
Wenn sich Banker und Juristen als Hippies kleiden, dann ist OpenAir-Zeit. Wir
wollten von ein paar Besuchern wissen, was sie im normalen Leben, weitab
von Musik, Spass und Chaos machen. Errätst du ihre hauptberuflichen TätigVon Philippe Fabian
keiten und Ausbildungen?
Reto Cajochen, 45-4µ
Er wisse nicht genau, wie alt er sei, dafür
habe er gewisse Parallelen zu Gölä (nicht
äusserlich und nicht musikalisch). Reto
und sein Neffe Ralf gehen immer zusammen ans OpenAir St. Gallen. «Die Familie
muss doch zusammenhalten», findet Reto
und freut sich schon wieder auf seine beiden Töchter zu Hause. Der ehemalige Pöstler verkauft nebenberuflich Brauseköpfe,
die in sieben Farben leuchten. Die einzigen
in der Schweiz!
Auflösung: Maler auf dem Bau
Jens A., 3¥
Magnus Meister, 21
Im Moment hat er eigentlich Ferien. Ab
August legt er dann im Betrieb seiner Eltern los. Wenn er nicht gerade arbeitet,
verbringt er seine Zeit mit Musik. DJ ist der
Wald-und Wiesenrave-Anhänger schon,
Produzent möchte er noch werden. «Die
fette Anlage dazu habe ich mir gerade erst
gekauft.» Na dann viel Glück!
Seine Hauptbeschäftigung «fäget», wie er
selbst sagt. Daneben ist er auch in der
Unia gewerkschaftlich aktiv. Schliesslich
sei es bei den aktuellen Umwälzungen in
der Arbeitswelt wichtiger denn je, die Interessen der Arbeitgeber genügend zu vertreten.
Auflösung: Ennio: Pizzaiolo. Magnus: Student der
Wirtschafts- und Sozialgeschichte in Genf
Raffael Paul Pochanke, 2¥
Sein Name stammt aus Polen und seine
Haare sind echt. Raffael sieht zwar aus wie
das fünfte Bandmitglied von Led Zeppelin,
schlägt beruflich aber ruhigere Töne an.
Für ein bisschen Geld tue er das quasi
überall. Gestern morgen erst hat er sich
spontan dazu entschieden, ans OpenAir
St.Gallen zu gehen. Gute Wahl, sagen wir
da nur.
Auflösung: Wissenschaftlicher Mitarbeiter
in Geschichte, ETH
Julia Schweizer, 2∑
Was könnte Julia wohl machen? Richtig: Sie
setzt sich für Aids-Prävention ein. «Das Thema interessiert mich schon brutal, seit ich
klein war», meint sie dazu. Ausserdem sei
ihre Arbeit in der heutigen Zeit wichtiger denn
je. Den Medien sei Dank. Sie besucht ca. 8
Stunden pro Woche Schulklassen und berät
und informiert sie über HIV und Sex. Sexualpädagogin ist aber nicht ihr Hauptberuf.
Manuela Koller, 27
Liliana Koller, 21
Manuelas zweiter Beruf ist Mami ihrer 9jährigen Tochter Vanessa Mara, die gestern
mit ihr ans Konzert von Peter Fox kam. Manuela ist bereits zum 14. Mal am OpenAir
St.Gallen und hat kein einziges Jahr verpasst. Deshalb ist sie mit ihren vier
Schwestern auch festivalbekannt. Manuela wohnt mit ihrer Tochter in Davos.
Lilianas Programmplan für das nächste
Jahr ist vollgestopft: Zuerst arbeitet sie
drei Monate in einer Bergwirtschaft in
Gonten, anschliessend geht sie drei Monate mit Camper und Freund nach Australien und danach fünf Monate in ein Waisenhaus nach Namibia. Und wie wenn das
nicht schon genug wäre, lässt «Idefix» in
der Pfadi die Sau raus. Und dann gibt es
da noch ihre Pläne für die Zeit nach Namibia…
Auflösung: Manuela arbeitet im Behindertenheim,
Liliana studiert Allgemeine Sozialarbeit
Wenn er nicht gerade «die Indie- und Alternativeszene in der Schweiz abklopft»,
hält er sich in Zürich auf. Bei 25 bis 30
Konzerten pro Jahr sollte man eigentlich
meinen, er sei nicht besonders oft in Zürich. Aber weit gefehlt. Weshalb er bereits
zum achtenmal am OpenAir sei? «Es ist
einfach jedesmal wieder lustig.»
Ennio Cartolano, 2¥
Auflösung: Deckenmonteur
10
Auflösung: Jazzstudent und -musiker
Auflösung: Primarlehrerin
Grosse
Ohren
gefällig?
Ob Henna-Tattoos aus Israel, Sonnenbrillen aus
Malaga oder Hüte aus Luzern: Auf dem OpenAirBasar sind alle möglichen Accessoires und
Nationalitäten zu finden. Auf Tuchfühlung mit den
Marktleuten.
Von Marco Andreu
Aus allen Himmelsrichtungen kommen sie
angereist: die Standbetreiber am Basar des
OpenAir. Ein Henna-Tattoo-Kollektiv ist extra
aus einem israelischen Kibbuz angereist,
sieht das Festival zum ersten Mal und lobt
den alternativen «Vibe». Die jungen Israeli
starten ihre Tour zu verschiedenen Festivals
in St. Gallen. Deborah aus Malaga arbeitet
zusammen mit ihrer Cousine, die das ganze
Jahr über Brillen und T-Shirts auf Messen
und Festivals verkauft, an einem Stand neben den Tätowierern. Im Gegensatz zu den
Israeli betreibt sie das «Business» nicht professionell. Sie hat ihren Job als Journalistin
in Spanien aufgrund der Wirtschaftskrise
verloren und verkauft jetzt Sonnenbrillen,
«um den Sommer zu überbrücken».
Halsketten mit Hornzähnen
Eloïse aus Fribourg möchte unbedingt Nine
Inch Nails sehen. «Die sind gut, auch fürs
Geschäft», meint sie lachend. An ihrem Stand
sind viele Metal-T-Shirts zu finden, und es
scharen sich bereits interessierte Anhänger
11
des Schwermetalls um ihre Auslagen. Eloïse
preist das Festival als «Paléo der Deutschschweiz». Direkt hinter dem Fribourger Stand
verkaufen Rahel und Munz «Naturschmuck»
mit alternativem Touch. «Unsere Ohrvergrösserungen und Halsketten laufen super»,
meint Rahel. Bereits am frühen Freitagnachmittag werden die Halsketten mit Hornzähnen interessiert beäugt. Es kommen auch
Leute, die in den vergangenen Jahren bereits
Schmuck bei den beiden gekauft haben, und
erkundigen sich nach Neuem.
ihren Stand in St. Gallen zu finden – sie hat
es per E-Mail als «das angenehme OpenAir» angepriesen, da es «fröhlich und heiter» sei. Die Anmeldungen liessen nicht auf
sich warten. Anders als am Gampel, wo die
Leute «zu besoffen» seien, gefalle ihr die
alternative Atmosphäre hier, die das Festival trotz der grossen Namen noch habe.
Seit Smita aus Nepal zurückgekommen ist,
verkauft sie T-Shirts, Hippie-Schmuck und
Gegenstände, die sie als «Rauchutensilien»
bezeichnet. Zeit, sich Konzerte anzusehen,
habe sie nicht: Die Arbeit ruft.
Die Arbeit ruft
Smita, die lange in Nepal als Landwirtin gelebt hat, hatte es nicht schwer, Helfer für
...warten wir. Nix beansprucht unsere Geduld an
OpenAirs so sehr wie die WC-Wagen-Warteschlange
und Umbaupausen. Während Stress gestresst hinter
der Bühne rumzappelt, stehen wir gelangweilt vor
der Bühne und fragen: «Was machen wir, bis es
weitergeht?»
Von Christian Jauslin
«Zurück ins Zelt und ficken.» Das sagt keiner mit Hosen in den Socken, sondern ein
Mädel mit Zöpfen und Sommersprossen.
Während mindestens die Hälfte von uns
ungefragt mit ihr mitgehen würde, blickt
der Rest auf die Uhr und die Männer auf
der Bühne und stämpfelt ungeduldig auf
den Boden. Frisbee und Hackysack hat die
Sitter bereits weggeschluckt. Da bleibt uns
nichts anderes übrig, als übers Wetter zu
diskutieren, oder, oder eben.
Während der
Umbaupausen...
«Jassen», sagt ein anderer. Wir haben
eine Alternativstrategie für die TV-Werbeunterbrechungen ausgeheckt, verharren
aber ideenlos vor der leeren Bühne. Die
wirklichen Fans nutzen die Umbaupause
dazu, sich strategisch zu positionieren, um
den Schlagzeugstengel ihres Lieblingsdrummers aus der Luft zu fischen. Diese
Anhänger sind zwar auch gelangweilt, aber
die Verteidigung ihres Stehplatzes verlangt
gleich viel Konzentration wie ein Sudoku
mittelschwierig.
Doch warum warten wir? Weil Frau Hunger nicht auf der gleichen Trompete wie
Herr Delay blasen kann und darum ein ganzer Sattelschlepper an Gitarren, Tröten und
Trommeln auf die Bühne geschleppt wird.
Die Frotteetücher sollen neben der organischen Wasserflasche liegen, und das alles dauert seine Zeit.
Darum sind Umbaupausen ein notwendiges Übel. Aber bei den vorhandenen Sinnesstimulationen – Männern mit Jasskarten und Frauen mit Sommersprossen –
ist jeder Gelangweilte eigentlich selber
schuld.
13
Ein Festival
für alle Sinne
Gourmetexperten verteilen Gourmetpunkte, Kunstexperten verteilen Kunstpunkte. Inkognito,
scharfsichtig und unberechenbar. Ich bin die inoffizielle Kunstabgeordnete des OpenAir St.Gallen.
Also mache ich mich auf die Suche nach der Kunst im Sittertobel und vergebe kritisch Meine Punkte.
Von Andrea Thoma
Es ist 10 Uhr am Freitagmorgen. Ich betrete das erste Mal das OpenAir-Gelände
durch den Eingang Ost St. Gallen. Ich bin
überwältigt. Die Kunst schlägt mir entgegen. Wo ich nur hinsehe, hinhöre oder hinlaufe, alles ist voll von Kunstwerken – verschiedenster Art, versteht sich. Das Festival
der Künste kann beginnen.
Logistische Kunst
Kaum stehe ich auf der Strasse, die das Gelände in zwei Teile gliedert, fahre ich vor
Schreck zusammen. Hinter mir ein Auto, beladen mit vollen Bierfässern. Der Fahrer
bahnt sich ganz konzentriert einen Weg durch
die zahlreichen Besucher. Schweissperlen
auf der Stirn. Beim Rennen um den schnellsten Weg durch die Menschen gewinnt nicht
das stärkste Auto, sondern der cleverste Fahrer. Und der geduldigste. Das Ende der Strasse ist erreicht. Ich atme an seiner Stelle auf
und vergebe die volle Punktzahl. Erste Stichprobe mit Bravour gemeistert.
Ich begebe mich in den Strom der Besucher.
Mich umgeben die unglaublichsten Kunstwerke der Transportmittel. Eine Tragbahre links
von mir gerät in eine Schieflage. Eine Rikscha
überholt mich auf der rechten Seite. Von links
braust ein veloähnliches Gefährt an mir vorbei:
der vorderste Teil eines Velorahmens, Holz als
Gepäckablage und mit einer alten Mülltonne
verbunden. Sie fährt. Jedoch nur, solange die
Strecke nicht ansteigt. Der hinterste Mann verliert die Kraft, der vorderste das Gleichgewicht
und beide das Gepäck. All dies in zwei Minuten. Mein Mund bleibt offen vor staunen: Ich
vergebe die maximale Punktzahl für unsere
logistischen Künstler.
Architektonische Kunst
Sie ist hoch. Sie ist farbig. Sie ist andersartig. Die orange strahlende, aus der grünen Wiese hervorstechende Migros Lounge. Phantastisch. Ich betrachte sie näher.
Sie spendet Schatten. Gehört zwar nicht
zur Kunst als solche, jedoch ein unverzichtbarer Nebeneffekt für heisse OpenAir-Tage.
Ich verteile die Note genügend.
Schräg neben der Migros Lounge die Posttribüne. Gelb. Etwas weiter oben die Jack Daniels Bar. Schwarz. Bei den Foodständen die
Box von Winston. Blau. Beim Eingang beende
ich meinen Rundgang vor dem roten Bacardi
Dome. Die Farbenvielfalt ist gewaltig – im
Gegensatz zu den Formen. Quadratische Flächen verschiedenster Höhen. Künstlerisch
ein Durchfallen, hingegen durchaus platzsparend und praktisch. Die Note genügend muss
ausreichen. Nur in bezug auf den künstlerischen Anspruch, versteht sich.
Und die Besucher?
Einfallsreicher zeigen sich die Besucher,
könnte man denken. Ich erklimme den
höchstgelegenen Punkt. Unter einem Baum
vor dem «Stars and Stripes» überblicke ich
das Gelände. Was vor einer Woche grün
war, ist jetzt weiss. Ich traue meinen Augen
kaum! Ein weisses Pavillon-Meer, so weit
das Auge reicht. Ab und zu sticht eine
grüne oder graue Blache hervor, einige
Fahnen, einige Bäume, aber eine echte
Farbenpracht ist nicht zu finden. Liebe Besucher, wo bleibt euer Erfindergeist? Ich
bin enttäuscht. Weisse Pavillons über dem
Kopf, Stroh unter den Füssen und grünes
PET-Bier in der Hand. Keine Regel ohne
Ausnahme. Aber leider herzlich wenig Ausnahmen. Die Note ungenügend trage ich
mit Bedauern in mein Notizheft ein.
Festival-TV:
Schneller als die Stars
14
Als Stimmungsanreger überträgt Tele Ostschweiz Statements verschiedener
Acts bereits vor deren Auftritten. Über die Screens sehen die Konzertbesucher Interviewausschnitte, noch bevor sie die Stars selbst zu Gesicht bekommen. Das ist Festival-TV.
Von Dominic Ledergerber
Knappe vier Stunden vor ihrem gestrigen
Auftritt gaben die Lovebugs dem Lokalfernsehen Tele Ostschweiz ein Interview. Das
Spezielle daran: Auszüge davon sahen die
Besucherinnen und Besucher des Festivals
bereits zu dem Zeitpunkt, als sich die
Baselbieter noch im Backstage-Bereich
vorbereiteten. Währenddessen flackerten
die Statements der Liebeskäfer über die
Screens neben der Hauptbühne und stimmten die Konzertbesucher auf deren Auftritt
ein.
Zwei Neuheiten
Festival-TV feiert 2009 Premiere. Tele Ostschweiz interviewt dabei möglichst viele
Cypress Hill ganz entspannt.
Acts und überträgt die Statements der
Stars noch vor deren Auftritten – exklusiv
für die Fans vor der Sitterbühne.
den OpenAir-Sonntag noch auf dem Festivalgelände verbringen», sagt Programmkoordinator Daniel Sager.
Neu ist auch die Berichterstattung am
Sender. Bis anhin beschränkte sich Tele
Ostschweiz auf eine Spezialsendung am
Sonntagabend nach dem OpenAir. Dabei
ruhte der Schwerpunkt jeweils auf dem
Ambiente im Sittertobel. Neben der direkten Ausstrahlung vor Ort wird das zusätzliche Bild- und Tonmaterial nun auch
noch für ein zweites, ausführlicheres OpenAir-Special verwendet (vgl. Kasten). Dieses
geht eine Woche später über den Sender.
«So verpassen auch diejenigen nichts, die
Projekt mit Zukunft
Ob Aufwand und Ertrag für den Lokalsender
bereits bei der Premiere übereinstimmen,
ist für Sager sekundär. Vielmehr sieht er
das Zukunftspotenzial des Projekts. Entsprechend hoch ist beim Debüt deshalb die
Präsenzzeit: Von Freitagmorgen bis Sonntagabend stehen rund 15 Tele OstschweizMitarbeiter, ein Regiemobil sowie drei Kameras im Einsatz. Dank diesen Ressourcen
ist der Stimmungsanreger Festival-TV, was
er sein soll: schneller als die Stars.
Slag-In-Cullet-Drummer David (rechts) mit Christian Masina.
Das bequemste Bier
Das neue PET-DeliveryAngebot wurde von
jenen, die es nützten,
sehr geschätzt.
Von Emil Bischofberger
Der Stolz ist nicht zu übersehen: Die Festivalbesucher, die vom neuen PET-DeliveryAngebot Gebrauch gemacht haben, sind
sichtlich zufrieden mit ihrem Entscheid. Erstmals wurde dieses Jahr von der Festivalorganisation angeboten, im vornherein ein
24er-Pack Bier (60 Franken plus 48 Franken
Depot) oder ein 6er-Pack Mineral (42 plus 12
Depot) zu bezahlen und anschliessend gut
gekühlt im Gelände abzuholen. Das Angebot
war neu, die Nachfrage entsprechend noch
nicht immens, es wurden auf diesem Weg
aber doch rund 100 Einheiten Bier und 20
Einheiten Mineral verkauft.
Die Käufer sind vom neuen Angebot begeistert: «Das ist sehr praktisch. Wir müssen nicht schwer schleppen und kriegen
das Bier gekühlt», sagen Stefan, Pady und
Alberto aus Flawil und St. Gallen. André und
Reto aus Buchs finden den Preis des Angebots in Ordnung: «Der halbe Liter Bier zu
2.50 Franken, das ist fair.» Ihr Hauptargument für die Wahl des PET-Delivery-Angebots ist klar: «Bequemlichkeit.» Sie haben
acht Einheiten gekauft: «Bei 15 Leuten im
Zelt geht das schon weg…»
Das 33. OpenAir St. Gallen
auf Tele Ostschweiz
• Sonntag, 28. Juni, 18 Uhr:
25minütige OpenAirSpezialsendung, Part One
• NEU: Sonntag, 5. Juli, 18
Uhr: 50minütige OpenAirSpezialsendung, Part Two
Haben sichtlich Spass: Leo und Malte der Band Selig mit Hana Gadze.
15
Die Ostschweiz
auf der
Bühne
Nicht nur Stars aus aller Welt, sondern auch
Ostschweizer Musiker geben sich dieses Jahr im
Sittertobel die Ehre. Hinhören lohnt sich!
Junes
von Tobias Treichler
Das Programm 2009 verspricht einmal
mehr ein musikalisches Highlight zu werden. Bands wie Nine Inch Nails, Nick Cave
& The Bad Seeds, Editors oder The Streets
bedeuten Musikgenuss in Reinkultur. Jedoch stehen während dieser Tage nicht nur
renommierte internationale Bands auf den
beiden Bühnen im Sittertobel, auch die
Ostschweiz darf stolz sein auf ihren musikalischen Beitrag: Sieben junge Männer
von nationaler Ausstrahlung sowie eine
mehrfach ausgezeichnete Unterhaltungsmusikformation.
All Ship Shape
Melodia Goldach
Junes – zum Träumen
Die beiden Musiker von Junes kennen sich
bereits seit ihrer kaufmännischen Ausbildung. Während dreier Jahre schrieben sie
Songtexte und nahmen ihre erste CD in der
trauten Umgebung ihrer WG auf. Ein altes
verlassenes Hotel in Engelberg als Aufnahmeort der zweiten CD wäre wohl eher
etwas für Liebhaber von Shining gewesen.
Doch das Resultat spricht für sich. Mittlerweile geniessen die melancholischen und
zu Träumen anrührenden Texte schweizweite Bekanntheit. Junes, das sind Marc Frischknecht (Gitarre) und Daniel Hauser (Gesang).
Sie bezeichnen ihr Konzept als «Music for
the silence». Weniger für Fussballfans, umso
mehr für stille Geniesser am OpenAir gedacht, die sich gerne von ehrlicher und ungeschminkter Musik wecken lassen. Auf jeden Fall freuen sich die beiden auf diesen
einmaligen Moment am Sonntagmorgen
und erhoffen sich viele positive Emotionen
und einen guten Vibe.
All Ship Shape – das rockt!
Ganz andere Saiten schlagen die Herren
von All Ship Shape an. Hart und direkt gespielter Indie-Rock treibt den Schweiss auf
die Stirn und garantiert höchsten Unterhaltungswert für alle Rock’n’Roller unter uns.
Seit mehreren Jahren stehen die fünf
Freunde nun schon gemeinsam auf der
Bühne, spielten schon mehrfach in Vorprogrammen gestandener Bands und produzieren zurzeit ihre neue CD. Sie geniessen
ihr Leben als Rocker in vollen Zügen und
denken offen darüber nach, sich nach ihren Ausbildungen noch intensiver mit der
Musikkarriere zu beschäftigen. Man merkt,
diese Jungs leben und lieben ihren Stil.
Wie kleine Kinder – oder eben junge Rock­
stars – freuen sie sich auf den Auftritt am
Samstagmittag. Obwohl sie schon vor
mehr als 1000 Leuten gespielt haben, verspüren sie eine ansteigende Nervosität, je
näher das OpenAir rückt. Auf der Bühne
wird sich das jedoch in pure Energie und
Begeisterung wandeln. Seid dabei, keep
on rockin’!
Melodia Goldach –
auf den Spuren von Queen
Man mag das Gefühl haben, der erste Auftritt am Sonntagmorgen sei wohl das undankbarste für eine Band überhaupt. Bei der
Melodia Goldach sieht man das jedoch eher
positiv. Sicherlich, ein Auftritt am Abend mit
Lichtshow muss wunderbar sein. Aber die
Melodia ist eine profes­sionelle, erfahrene
Truppe, die es versteht, die teils noch
schläfrigen OpenAirler mit der Musik der legendären Queen aus den Federn zu holen.
Nicht umsonst halten sie den SchweizerMeister-Titel im Bereich «Unterhaltungsmusik mit Show». Die vielen jugendlichen Musikanten werden nicht nur die grosse
Begeisterung von der Bühne ins Publikum
tragen, sondern zeigen, dass auch eine
Blasmusikformation in der Lage ist, am
OpenAir richtig abzurocken.
16
R.I.P.
Michael!
Ein Tag, an den wir uns wohl lange erinnern
werden. Der Tag, an dem Michael Jackson starb.
Die Nachricht hat sich am Freitag im Tobel
verbreitet wie ein Lauffeuer. Mit ihren besten
Jackson-Posen wünschen die Festival-Besucher
ihm alles Gute für seinen letzten Moonwalk.
Von Michaël Jarjour und Mario Baronchelli (Fotos)
17
Michael Jackson
1958 – 2009
18
Los emol - was
deine Ohren sagen
Das OpenAir ist nicht nur eine Herausforderung für deine Tanz-, Trink- und
Feierkondition, eins auf die Ohren gibt's auch. Laute Musik kann im Ohr schnell
viel kaputt machen. Das lässt sich aber mit einfachen Mitteln verhindern.
von Angelica Baerlocher
Party wild, Stimmung gut, Musik laut –
manchmal eine Spur zu laut. Nicht selten
quittieren es unsere Ohren mit einem nervigen Pfeifen, Rauschen oder Bimmeln. Im
besten Fall kehrt nach einiger Zeit wieder
Ruhe ein, im schlechtesten pfeift's weiter –
dann ab zum Arzt. Denn das Gehör ist zwar
unser leistungsfähigstes Sinnesorgan, aber
auch unser empfindlichstes. Kleinste Härchen in den Ohren sind für die Übertragung
des Schalls zuständig. Werden sie bei zu lauten Tönen zu stark verbogen, sterben die Sinneszellen ab, das Gehör ist geschädigt.
Der
Klassiker
Der Porsche Der ExpressPilz
Der kleine Gelbe wird von vielen Veranstaltern gratis an Events abgegeben. Die Anwendung ist einfach: Schaumstoff drücken
und formen, einmal im Ohr, dichtet er den
Ohrgang zuverlässig ab.
Testurteil:
Der Dämmwert ist hoch, leider nimmt die
Qualität vom Sound etwas ab.
So lebt schätzungsweise jeder zehnte
Schweizer «auf einem Ohr taub». Viele der
Dank einem raffinierten Filtersystem
dämpft dieser Plug alle Frequenzen gleichmässig ab – der Favorit der Musikcracks.
Er kostet zwar ein bisschen mehr, man
kann ihn dafür mehrfach verwenden.
Testurteil:
Diese Investition lohnt sich! Super Dämmung, super Sound, zudem sind diese Ohrstöpsel dank ihrem unscheinbaren Design
fast nicht zu sehen.
Betroffenen leiden unter einem Tinnitus,
dem dauerhaften Pfeifen, darunter auch
viele Junge, die zu lange zu lauter Musik
ausgesetzt waren. Um diesen Anteil zu senken, hat der Bund per 2007 in Zusammenarbeit mit Grossveranstaltern eine neue
Verordnung erlassen. Darin werden die
durch­schnittliche Maximallärmbelas­tung
Dieser unkonventionell aussehende Stöpsel ist einfach in der Handhabung und
dichtet genauso gut ab wie die Klassiker.
Zudem kann dieser Plug nach einer kleinen
Dusche bis zu dreimal gebraucht werden.
Testurteil:
Trotz der ungewöhnlichen Optik sitzt das
Teil gut. Ganz zufriedenstellend.
Fazit
Der HippiePlug
Knallig bunt, damit jeder sehen kann, dass
man auch mit Lärmschutz im Ohr seinen
Spass hat. Eingefärbt nach dem Zufallsprinzip, sieht jeder Stöpsel anders aus.
Testurteil:
Schön für alle, die es bunt mögen. Auch
bei diesem Plug leidet die Soundqualität
ein wenig.
Der Unüberwindbare
Wer nur sein Blut rauschen hören will,
greift zum Pamir. Einfachste Anwendung,
unsexiestes Aussehen, absolute Dämmung.
Testurteil:
«Hallo, hallo, ist da wer?»
Ohren schützen ist enorm wichtig. Die
Gratisstöpsel schützen vor bleibenden
Schäden; wem der Sound ein Anliegen ist,
investiert ein bisschen mehr. Sind mal
keine Stöpsel zu Hand, leisten Zigifilter
oder Taschentücher auch einen guten
Dienst. Stöpsel werden am OpenAir gratis
abgegeben. Wer seine eigenen will, bestellt unter www.earplugs.ch oder www.
sonicshop.de. Da gibts auch weitere Infos
zu Modellen und Preisen.
und weitere Vorgaben für Veranstalter von
Musikevents festgehalten (siehe Box). Ziel:
die Ohren der Besucher zu schützen. Eine
dieser Massnahmen ist die Gratisabgabe
von Gehörschutz. So kann jeder selber effektiv sein Gehör schützen. Wir haben aus dem
riesigen Sortiment einige Modelle getestet.
Schallund Laserschutzverordnung
Bei einer durchschnittlichen maximalen
Lautstärke von 96 bis 100 dB verpflichtet sich der Veranstalter zu folgenden
Massnahmen:
–Besucher über mögliche Gefährdung
des Gehörs informieren
– Gehörschutz abgeben
– Schallpegel überwachen
– Schallpegel aufzeichnen
– Ausgleichszonen schaffen
Das OpenAir St.Gallen setzt alle diese
Massnahmen um. Seit diesem Jahr
werden die Schallpegel auch auf der
Sternenbühne und in den verschiedenen
Bars gemessen. Die Besucher werden
mit Infotafeln und auf den Screens über
die Wichtigkeit des Gehörschutzes
informiert. Schutzpfropfen gibt es am
Eingang, am Infostand und im Bühnengraben gratis.
Das perfekte
OpenAir-Dinner
Das Foodangebot im Sittertobel ist überwältigend, doch mit wenig
Aufwand zaubert man auch selbst kulinarische Höhenflüge:
von angelica Baerlocher
Asiatische Mediterrane
Grilltasche Grilltasche
1 Pack Pouletgeschnetzeltes (ca. 300 g)
25 cl Kokosnussmilch
Currypulver oder -sauce
1 Aubergine
1 Chili
2 Rüebli
1 kleines Stück Ingwer
Salznüssli
2 Limetten
Pikante Wurst (z.B. Salsiccia; Vegis ersetzen
die Würste mit Käse, z.B. Feta)
2 dl Olivenöl (Mini-Plastikflasche)
Salz, Pfeffer
1 Kartoffel
1 Zucchetti
1 Zwiebel
1 Peperoni
Cherrytomaten
Basilikum
Zutaten:
1 Feuerstelle, 1 Fuhre Holz(kohle),
1 Anzünder, 1 Grillrost (optional),
1 Sackmesser
Je nach Tasche alle Zutaten würfeln (Würste
in Scheiben schneiden), würzen, mischen
und auf Alufolie verteilen. Flüssigkeit zugeben (Öl bzw. Kokosmilch), sonst verbrennt's! Nochmals alles gut mischen,
dann die Ecken der Folie zusammenklappen und eine gut verschlossene Tasche
machen. Taschen ca. 15 Minuten auf die
Glut oder den Grill legen (nicht direkt ins
Feuer, das ist noch zu heiss).
Dessert:
Schwarze
Affen
4 Bananen
2 Tafeln Schokolade
Banane auf einer Seite einschneiden und
etwas aushölen, mit Schokoladestücken
auffüllen. Auf den Grill, bis die Schokolade verlaufen ist.
En Guete!
Woodstock Fun Facts
Vierzig Jahre ist es her, dass ein kleines Städtchen
nahe New York von einer bunten Horde Hippies über­
rannt wurde. «Woodstock» gilt als die Mutter
aller Festivals - eine Legende, der Inbegriff von
Freiheit und Rebellion.
von Michaël Jarjour
Wir finden, dass man den «Woodstock»Vibe noch heute in St.Gallen spüren kann
und bedanken uns zum Geburtstag mit
Woodstock-Stories:
Skurrile Fakten
•Carlos Santana spielte sein Konzert auf
einem Meskalin-Trip, weil er glaubte, er
hätte Zeit genug, vor dem Auftritt noch
runterzukommen – Grateful-Dead-Sänger Jerry Garcia hatte ihm eine falsche
Zeit für seinen Auftritt angegeben.
•Wegen des strömenden Regens und Problemen mit der Technik während des
Auftritts von Grateful Dead bekam Gitarrist Bob Weir einen elektrischen Schlag,
der ihn «zwei, drei Meter» nach hinten
schleuderte.
•Ein 1-Tages-Pass für Woodstock kostete $ 6.50.
•The-Who-Gitarrist Pete Townshend prügelte während seines Auftritts mit seinem Instrument einen Demonstranten
von der Bühne, der gegen die Verhaftung
eines Freundes protestieren wollte.
•Jimi Hendrix bekam die höchste Gage
für seinen «Woodstock»-Auftritt:
$ 18 000.
•«Woodstock» fand gar nicht im Städtchen
Woodstock statt, sondern im nahe gelegenen Bethel – in Woodstock hatten empörte Anwohner das Fest verhindert.
Buch-Tipp:
Mike Evans:
«Woodstock» – die Woodstock-Chronik
Diese und eine Menge mehr skurrile Fakten haben wir im neuen Buch «Woodstock»
gefunden. Das neuerschienene Buch ist
ein Fotoband, eine Chronik und auch ein
Klatschheft. Eine Würdigung dreier Tage,
die die Welt veränderten.
288 Seiten, CHF 67.90, Collection Rolf
Heyne
20
D
üstere Musik
funktioniert auch
bei Tageslicht
Live sind die vier Mitglieder der englischen Band
Editors explosiv, emotional, zum Rumhüpfen und
Mitsingen , oder in den Worten des Festival­
programms: «Ihr Auftritt im Sternenzelt gehörte
zu den ganz grossen Freuden am OpenAir 2¥¥µ.»
Dieses Jahr stehen sie am Sonntag auf der Sitter­
bühne und sorgen dort also für die zweitletzte
Freude 2¥¥∑. Wir haben uns vor dem Festival mit
Sänger Tom Smith (links im bild) unterhalten.
von Christian Jauslin
Tom, warum sollen die Leute am Sonn­
tag auf dem Gelände bleiben, um euch
zuzukucken?
Ich war nie gut darin, uns selber zu ver­
kaufen, so wie zum Beispiel in einem Vor­
stellungsgespräch, wo du erklärst, warum
du besser bist als alle anderen. Wenn die
Leute bleiben wollen, dann sollen sie blei­
ben. Wenn sie gehen wollen, sollen sie
gehen. Wir spielen dann einfach für dieje­
nigen, die noch da sind und uns sehen
möchten.
Wenn Du irgendwann in 30 Jahren in
einem Vorstellungsgespräch sitzt, für
welchen Job hast Du Dich beworben?
[lacht] Wer weiss, welche Berufe man in
30 Jahren ausüben wird. Vielleicht etwas
in der Landwirtschaft; Lebensmittel an­
pflanzen. Die Menschen werden ja immer
essen, oder?
Also nicht als ein «Editor» – ein Redak­
tionsmitglied?
Definitiv nicht. Ich verachte einen Grossteil
der Presse und ich hasse es, ein Medien­
thema zu sein. Damit meine ich nicht In­
terviews wie dieses hier. Aber in England
sind Journalisten gegenüber Bands oft sehr
tendenziös, da fällt es mir schwer, deren Art
von Musikjournalismus ernst zu nehmen.
Wie hoch ist der Anteil an verregneten
Konzerten während einem Festival­
sommer?
[lacht] Überraschend hoch. Wir haben
schon manches Konzert unter widrigen
Bedingungen gespielt. Erstaunlicherweise
gelingt es dem Publikum trotzdem, Spass
an einem Festival zu haben, selbst wenn
es im Regen steht. Da kann man als Band
nicht rumjammern.
Aber auf der Bühne bleibt man trocken?
Normalerweise bleibt man trockener als
das Publikum. Wenn es windet, kann man
aber auch nass werden.
Du scheinst immer mit vielen Emo­tionen
zu singen. Nimmt Dich jedes Konzert
emotional mit?
Ich versuche immer, alles, was ich habe,
21
in diesen Moment und in Energie zu kana­
lisieren. Ein Teil davon sind sicher auch
Emotionen.
Das ist also nicht einstudiert?
Nein, absolut nicht. Doch manchmal merkt
man, dass man an gewissen Stellen von
Songs immer wieder das gleiche macht.
Da muss man dann aufhören, damit es
nicht zu einer Theateraufführung wird.
Du sprichst nicht viel mit dem Publi­
kum...
Nein, denn darin bin ich nicht besonders gut.
Ich bin nicht so begabt darin, Witze zu er­
zählen. Und wenn ich jedem Publikum sagen
würde, dass es besser ist als dasjenige vom
Vorabend, müsste ich immer mal wieder lü­
gen. Darum konzentriere ich mich aufs Sin­
gen und sage höflich Dankeschön.
In St. Gallen spielt ihr bei Tageslicht,
seid aber eher eine düstere Band. Wie
funktioniert das?
Mit unterschiedlichem Erfolg: Unsere Mu­
sik ist sicher etwas düster, doch die Leute
können trotzdem dazu abgehen. Natürlich
ist es lustiger, in der Nacht zu spielen, aber
ein paar der besten Konzerte, die wir je
gegeben haben, fanden am Tag statt.
Musikalisch seid ihr düster. Was ist das
farbenfroheste Kleidungsstück, dass Du
besitzt?
Gerade jetzt trage ich ein rotes T-Shirt –
gibt es etwas noch Farbenfroheres? Oh,
und ich hatte einmal ein T-Shirt, das die
Farbe gewechselt hat, wenn die Tempera­
tur änderte.
Zurück zur Musik: Ihr habt einige Co­
vers, aber noch nie ein Duett aufgenom­
men.
Nein. Obwohl ich bei ein paar Shows der
australischen Band Howling Bells mit der
Sängerin zusammen «Where The Wild
Roses Grow» von Nick Cave und Kylie ge­
sungen habe.
Dann solltest Du einen Tag früher ans
OpenAir St. Gallen kommen und den
Song mit Nick singen. Nur musst Du zu­
erst noch den Text von Kylie lernen.
Ja, ich müsste wohl Kylie sein. Nick Cave
lieferte das beste Konzert, das ich im letz­
ten Jahr gesehen habe. Er ist ein legen­
därer Performer mit einer unglaublichen
Präsenz.
Erzähl uns etwas vom nächsten Album.
Es wird «In This Light And On This Evening»
heissen und erscheint am 18. September.
Das Album ist viel elektronischer als die
ersten zwei Scheiben. Es ist uns endlich
gelungen, die Energie, die wir auf der Büh­
ne haben, im Studio einzufangen. Das Al­
bum erscheint im September, und im No­
vember gehen wir wieder auf Tournée.
hin und wieder an. Aber, um ehrlich zu
sein, sehr selten.
Jetzt noch ein paar kurze Fragen, auf die
Du mit Ja oder Nein antworten kannst.
Hast du Ikea-Möbel?
Nein, ich habe aber nichts gegen Ikea.
Ist das OpenAir St. Gallen das beste
Festival der Welt?
Es ist definitiv das beste Festival in
St. Gallen. Wir haben da ja schon einmal
gespielt, und ich kann mich noch daran
erinnern, dass es dort wirklich schön ist.
So freue ich mich darauf, nach St.Gallen
zurückzukehren. Und vielleicht wird es am
Sonntagnachmittag das beste Festival al­
ler Zeiten sein.
Besitzt Du eine Schweizer Uhr?
Nein, ich besitze überhaupt keine Uhr. Die
Uhrzeit kannst du ja auch auf dem Telefon
nachgucken.
Wechselst Du Deine Socken täglich?
Ja, und das sollten wir alle. [lacht]
Magst Du alle Editors-Songs?
[stockt und lacht] Ja. Natürlich bin ich
auf einige stolzer als auf andere, aber
ich blicke auf keinen Song mit Entsetzen
zurück.
Hörst Du Dir deine eigene Musik an?
Vielleicht, nachdem die Platte schon ein
paar Monate draussen ist, höre ich sie mir
Kaufst Du CDs?
Ja. Die letzte CD, die ich gekauft habe, war
«Primary Colours» von The Horrors, die
phantastisch ist.
...und nachher?
23
Vor dem OpenAir ist nach dem OpenAir St.Gallen. Oder so ähnlich. Die Vorbereitungen für die Stunden im
Sittertobel sind durchdacht und organisiert - doch was geschieht danach? Eine Auswahl der Pläne
unserer Besucher für die Zeit direkt nach dem Festival.
von Andrea Thoma
Laura, 1∑:
Ich erhalte von meinen Eltern eine Standpauke, wie ich wieder aussehe nach dem
OpenAir. Danach lasse ich mich von ihnen
verköstigen.
Severin, 27: Reto, 32:
Schhhhhh… Ich setze mich zuerst in aller
Ruhe auf mein sauberes Klo.
Ich gehe in St.Gallen auf den Zug nach Zürich-Flughafen, wandle zum Check-in und
fliege wieder nach Stockholm.
Alexandra, Diego, 22:
Sandra, 21: 1∑:
Das willst du gar nicht wissen!
Ich rauche mit meiner Mutter eine Zigarette und erzähle ihr von meinen letzten drei
Tagen.
Orphea, 2¥:
Ich bade und bürste meine langen Haare.
Danach werde ich massiert und dann
Piieeeeppp…
Hans, 2µ:
Schuhe ausziehen, den Geruch ignorieren,
der mir von meinen Füssen entgegenströmt, mindestens 1 Liter Wasser trinken
und dann schlafen.
Ich lüfte zuerst meine Stinkfüsse aus,
werfe meine leeren Bierflaschen aus dem
Rucksack und merke, dass die Hälfte im
Sittertobel geblieben ist.
Roland, 22:
Ich lege mich mit einem Bier in die Badewanne.
Ich nehme eine lange Dusche und gehe
dann erneut in den Ausgang. Ohne Zelt.
Lukas, 25:
Ich gehe ins Mazz – einen Baggersee – baden, ruhe mich aus und bereite mich auf
meinen Arbeitstag am Montag vor.
Daniela und Cedric, 25:
Sir, beide 23:
Die Möbel, die geliefert wurden, in die
Wohnung tragen und später wieder mal
Sex im eigenen Bett haben.
Thomas, 17: Roman, 2∑:
Ich stelle mein Zelt im Garten auf und reinige es, danach gehe ich baden.
Christin, 2∑:
Ich lade mein Gepäck ab, verstaue wieder
alles an seinem Platz, wasche mein Zelt
ab, schreibe Andrea ein SMS und gehe
dann schlafen.
Ich versuche, meinen Mitbewohnern ein
lustiges Ereignis zu erklären, das sie dann
sicherlich nicht verstehen werden, weil es
zu unglaublich war. Und weil ich dann so
lange erklären muss, schlafe ich sicherlich
dabei ein. Ohne noch die Schuhe ausgezogen zu haben.
Christian, 21:
Ich sitze zuerst in den Garten und trinke
mein letztes Bier des Wochenendes.
24
Treff­
punkt:
Getränke­
stand Graf
Die Familienbande Graf am OpenAir St. Gallen: Marcel
und Sibylla Graf sind mit ihren vier Kindern alle
Jahre wieder an ihrem Getränkestand anzutreffen.
Darauf stossen wir an!
«Graf im Korb»: Marcel Graf mit seiner Frau Sibylla (zweite von links) und seinen Töchtern Jeanne, Marcelle und Nadine (von links), anzutreffen am Getränkestand Nummer 22.
von Aline Anliker
Ein junggebliebener Vater, ein rassiges
Mami, drei bildhübsche Töchter und ein
charmanter Sohn – das sind die Grafs, die
am OpenAir St. Gallen Jahr für Jahr einen
Getränkestand betreiben. Was die sechsköpfige Familie dazu veranlasst, immer
wieder geschlossen als Helfer ins Sittertobel zu pilgern, verrät uns der Daddy
gleich selbst.
Marcel Graf, vielleicht zuerst einige
Worte dazu, wie alles begann?
Ach du meine Güte, wir machen das schon
so viele Jahre, ich weiss nicht einmal
mehr, wie viele es sind – wohl etwa 15.
Als das OpenAir-OK verantwortungsvolle
Stand­chefs suchte, habe ich mich ohne
lange nachzudenken gemeldet. Und von
Beginn weg waren die Kinder mit dabei.
Im Sechserpack immer zusammen, das
ist schon speziell...
Ja, das ist es – und total lässig. Es ist schon
Tradition, dass wir in dieser Form alle zusammen ans OpenAir gehen. Obwohl dieses
Jahr Nici, unser Sohn, das erste Mal nicht
dabei sein kann, weil der WK gerufen hat.
Aber wieso arbeiten am OpenAir?
Ich könnte mir ja auch einfach ein Ticket
kaufen. Aber so macht es einfach mehr
Spass. Als regulärer Besucher ans Open­
Air zu gehen, wäre mir schlicht zu langweilig.
Und worin liegt der Reiz?
Wir sind ganz normale Helfer. Das Spezielle bei uns ist, dass wir unsere ganze
Truppe selbst stellen können. Ich kann
bestimmen, mit wem ich zusammenarbeite, und deshalb macht es uns allen
auch solch grossen Spass.
Wer arbeitet wann und mit wem?
Den 24-Stunden-Dauerbetrieb bewältige
ich mit 12 Personen. Da wir in Vierergruppen arbeiten, heisst das für jeden drei
Stunden arbeiten sechs Stunden Pause,
drei Stunden arbeiten usw. Will jemand
von uns eine Band unbedingt sehen, tauschen wir die Schichten – auch das ist
ein Vorteil, wenn man sich so gut kennt.
Wer ist wofür zuständig?
Wir sind gemeinsam dafür verantwortlich,
dass der Umsatz passt, der Nachschub immer zur richtigen Zeit bestellt ist und es
genügend Münz in der Kasse hat.
Gibt es Stammkunden?
Aber klar doch. Unser Getränkestand hat
sich zu einem richtigen Treffpunkt entwickelt. Wir haben Stammgäste, die jedes
Jahr wieder zu uns kommen. Ob wegen
der guten Stimmung oder unseren hübschen Töchtern, das sei dahingestellt.
Also auf die nächsten 15 Jahre?
Wer weiss – meine Familie überredet
mich jedesmal wieder aufs neue… Und
eigentlich ist es ja perfekt: Wir bekommen
alles, was wir während der drei Tage
brauchen – und bei Regen stehen wir erst
noch unter Dach.
Wie gut kennst du die OpenAir-Acts 2¥¥∑?
Die folgenden Textausschnitte stammen von Bands,
die uns dieses Wochenende beehren. Finde heraus,
wer was singt. Die richtigen Buchstaben aneinander­
gereiht, ergeben ein Lösungswort. von angelica baerlocher
«All aboard, and jump on the Ganja
Bus. We now want the new weed,
beat under us.»
Cypress Hill
The Gaslight Anthem
The Aggrolites
g
U
l
«And the night drifts in, the snow provides a silent cover. And I'm not your
favourite lover.»
Get Well Soon
I
s
Milow
e
Nick Cave & The Bad Seeds
«Vas-y consomme! Consomme. consume, consume! Tronçonne, tronçonne!
Allume, allume!»
Birdy Nam Nam
I
r
Stress
n
Yuksek
«Wir grillen, die Mamas kochen und
wir saufen Schnaps. Und feiern
eine Woche jede Nacht.»
Jan Delay & Disko No. 1
p
o
Selig
e
Peter Fox
«Put the gun in my mouth. Close your
eyes, blow my fucking brains out.»
Slag In Cullet
t
n
Nine Inch Nails
a
Cold War Kids
«I think I love you more than you like
me. Although I'm never sure and maybe I should want to be blind.»
The Streets 'n'
m
Editors
a
Lovebugs
«I'm falling in love with your favourite
song. I'm gonna sing it all night long.»
The Sounds
r
c
Mando Diao
e
Sophie Hunger «Ooohhh direkt us Chur. Mini Dama und
Herra: eura Liablingspur.»
Gimma
l
h
Konrad Stöckel
k
Olli Schulz
«Shake it like a ladder to the sun.
Makes me feel like a madman on the
run.»
Metronomy
s
a
Junes
e
Yeah Yeah Yeahs
«Doch wenn sie Krieg wollen, dann
können sie ihn kriegen. Wir bauen uns
ein Monster aus Rock.»
Phenomden
l
a
Farin Urlaub Racing Team
v
2raumwohnung
«It's a very dangerous thing to do
exactly what you want. Because you
cannot know yourself or what you'd
really do.»
The Flaming Lips
n
b
All Ship Shape
p
Nneka
Lösungswort: Green’n’Clean
Wer singt
was?
25
Keine Lust
auf
Perücke
Was viele auswärtige Besucher vermuten, wissen
die meisten Einheimischen: Mit Tranquillo Barnetta
ist am OpenAir St. Gallen ein Weltstar unter ihnen.
von Dominic Ledergerber
Für den Fussballer Tranquillo Barnetta ist
das OpenAir St. Gallen Pflicht. Nicht etwa
eines Vertrages wegen, sondern vielmehr,
weil der Anlass für den 24-Jährigen Tradition hat. 2009 ist «Quillo» bereits zum achtenmal im Sittertobel. «Oder ist es gar das
neunte Mal? Ich weiss es nicht mehr so
genau. Jedenfalls war damals das Metallica-Konzert. Das war schon etwas Besonderes», sagt er.
Der Dresscode des Zeltstamms
Der Mittelfeldmotor des Schweizer Nationalteams campiert jeweils mit seinem Bruder Alessandro und Kollegen aus der Heimat. Auch das hat Tradition, genauso wie
der Zeltplatz, der sich stets in derselben
Region befindet. Überdies passt sich Barnetta dem Dresscode seines Zeltstamms
an: «Sonnenbrille und Cap gehören bei uns
dazu. Für mich kann das von Vorteil sein,
damit ich nicht gleich erkannt werde. Ich
habe aber keine Lust, mich mit einer Perücke zu tarnen.»
Sportliche Zukunft ungewiss
Die Begegnungen mit Fans und Freunden
sind für «Quillo» aber meist positiv. Viele
freuen sich, den Star in der Heimat anzutreffen. Und auch er geniesst es, während
des Open­Air mit alten Bekannten zu plau-
dern. Wie es sportlich weitergeht, ist noch
unklar. Die Ligen in England, Spanien oder
Italien würden Barnetta reizen. «Vielleicht
bleibe ich aber noch eine Saison bei Bayer
Leverkusen.» Eines aber weiss «Quillo»
bereits mit Sicherheit: Wenn sich das Sittertobel 2010 zum 34. Mal in ein Festivalgelände verwandelt, will er dabei sein –
sofern die WM in Südafrika nicht dazwischenfunkt.
27
Flammende Lippen und
ziemlich lange Nägel
Nonsens oder bedeutungsschwangere Phantasie­akrobatik? Es gibt verschiedene Wege,
einen Bandnamen festzulegen.
von Tobias Treichler
Cypress hill Nneka
Mando Diao
Junes
Nine Inch
Farin Urlaub Nails
All Ship
Shape
The Streets
Die Jungs von Cypress Hill wuchsen mehrheitlich in South Gate nahe Los Angeles, an
der Cypress Avenue auf. Da diese Gegend
eher hügelig anmutet, war die Suche bald
beendet und der Name «Zypressenhügel»
geboren.
Einfach, aber effektiv: Anstatt lange zu suchen, entschloss sich Jan Ulrich Max Vetter,
seinen Künstlernamen seinem liebsten
Hobby «in den Urlaub fahren» zu widmen.
Wer in der vorteilhaften Lage ist, dass der
eigene Name exotisch und spannend klingt,
kann ihn natürlich einfach behalten – so wie
Nneka Egbuna.
Eine sehr kreative Lösung hatten Nine Inch
Nails. Nach ausgiebigem Brainstorming
blieb eine Liste mit 200 Namen. Nine Inch
Nails war der einzige, der auch zwei Wochen später noch attraktiv klang, grossartig
aussah und leicht zu kürzen war. Der Name
hat keine wirkliche Bedeutung. Er wirkt einfach irgendwie furchteinflössend.
Theatralischer lief die Namensgebung bei
Mando Diao. Frontmann Björn Dixgård
träumte eines Nachts von einem Mann, der
ihm diese Worte immer und immer wieder
ins Gesicht schrie.
All Ship Shape entstand, so wie es sich für
eine Rock’n’Roll-Band gehört, nach einem
seriösen Trinkgelage. Die Wahl fiel auf ein
Element aus einem in England gebräuchlichen Sprichwort: «It’s all shipshape and
Bristol fashion», was so viel heisst wie «Es
ist alles in gutem Zustand». Umso besser.
Der Name kommt sowohl vom englischen
Monat June als auch vom Namen eines
frischgeborenen Kindes (Gitarrist Marcs
Freundin ist Hebamme, you know).
Eine Story der Strasse ist diejenige von The
Streets. Mike Skinner, der Kopf von The
Streets, legt sehr grossen Wert auf authentische Musik mit Texten, die das Alltägliche
reflektieren. Musik von der Strasse eben.
Was vor 20 Jahren im familiären Rahmen begann...
Vom Grillfest
zum internationalen
Rockfestival
Das Szene-Open-air Lustenau feiert vom µ. bis ∂.
August 2¥¥∑ seinen 2¥. Geburtstag. Mit von der
Party sind Guano Apes, Ska-P und Danko Jones.
von Oliver Forrer
Eine Wiese, Garagenbands, ein paar Studenten und ein Grill – damit hatte 1989
alles begonnen. Das familiäre Open Air war
eine Förderplattform für die jungen Musi-
ker des Jazzseminars Lustenau. Hannes
Hagen war von der ersten Stunde an als
Besucher dabei, und seit Mitte der 90erJahre ist er Organisator des Szene-Open-
...ist heute ein fester Programmpunkt im Festivalkalender.
Airs Lustenau. Er erinnert sich mit einem
Schmunzeln ans erste Festival: «Die erste
Bühne wurde mit eigenen Händen aus Holz
gezimmert. Starker Regen hatte die Bühne
komplett aufgeweicht, weswegen die Premiere des Open Airs frühzeitig beendet
werden musste.» Von Jahr zu Jahr wuchs
die Zahl der Besuchenden und mit ihr das
Budget für das Line-up. Das mittlerweile
grösste Open Air in Westösterreich ist aber
über all die Jahre bei seinen Wurzeln geblieben. Auch heute spielen noch viele lokale Bands am Festival.
Regionalen Touch behalten
Zum Jubiläum in diesem Sommer treten
die besten regionalen Bands der letzten
20 Jahre nochmals auf. So kommt es, dass
Hagens damalige Mitstudenten nun zum
zweitenmal am Szene-Open-Air Lustenau
auf der Bühne stehen. Anstatt ein paar
weniger Kommilitonen hören nun ein paar
tausend Besuchende zu, und anstelle von
WG-Mitbewohnern spielen nun nach ihnen
gestandene Rocker wie Guano Apes, Kettcar oder Ska-P aus Spanien – auf einer
«wasserfesten» Bühne.
28
Pandemie-Party?
«Ab ans OpenAir», lesen wir auf vielen
Facebook-Status-Nachrichten, «wir werden die
Sau rauslassen!» - Moment. «Die Sau»?
Besteht da nicht die Gefahr , sich im Sittertobel
mit der Schweinegrippe anzustecken?
von Marco Andreu
Bild: Photocase.com/ maria_a
Schweine sind unsere wichtigsten Fleisch­
lieferanten – wenn es ums Essen geht. Auf
zwischenmenschlicher Ebene sind angeb­
lich Männer die Schweine, aber jene, die
so bezeichnet werden, möchten in aller
Regel lieber Fleisch geliefert bekommen.
Sie dürften es am diesjährigen OpenAir al­
lerdings schwerer haben als auch schon,
denn die Schweinegrippe bietet keine
idealen Voraussetzungen für «Schweine­
reien». Die Infektionskrankheit wird durch
Tröpfchen übertragen, sprich durch Hus­
ten, Niesen, Umarmungen und Küsse. Das
Virus lauert vor allem auf Händen und allen
Oberflächen, die von einer infizierten Per­
son berührt werden. Will man also ganz
sicher sein, darf man auch niemanden
Bier-Holen schicken.
Kein Schwein hat Schweinegrippe
Die Schweinegrippe ist keine Schweine­
grippe! In der neuen Krankheit steckt nur
ein bisschen Schweineerbgut drin – Aus­
drücke wie «Influenza A(H1N1)», «Mexikanische Grippe» oder «Influenza-Pande­
mie 2009» werden deshalb von Fachleuten
bevorzugt. Die neue Variante des Influen­
za-Erregers A(H1N1) ist eine ausschliess­
liche Menschengrippe, genau wie die,
an der in der Schweiz jeden Winter
zwischen 400 und 1000 Menschen ster­
ben. Die Symp­tome sind ähnlich wie bei
einer herkömmlichen Grippe: vor allem
Fieber, Atemwegsbeschwerden und Glie­
derschmerzen. Nach eigenen Angaben hat
die Firma Novartis inzwischen einen Impf­
stoff gegen die Grippe entwickelt, der
bereits im Juli klinisch getestet werden
soll.
Grund zur Panik?
Die weltweite Verbreitung des Pandemie­
virus kann nicht mehr verhindert werden.
Obwohl für die Bevölkerung in der Schweiz
vorläufig kein erhöhtes Risiko besteht, gibt
es gewisse Gefahren. Auch ein «harm­
loses» Virus kann grosse Auswirkungen
auf eine Gesellschaft haben, etwa wenn
viele Personen gleichzeitig erkranken. Hin­
zu kommt, dass Grippeviren ihr Erbgut
ständig verändern, so dass schlagartig ein
neues, bisher unbekanntes Virus entstehen
kann. Andererseits könnte das Virus auch
zu einem «normalen» saisonalen Influen­
za-Virus mutieren. Die meisten Todesfälle
hat es bisher in Mexiko und den USA ge­
geben. In der Schweiz sind über dreissig
Personen erkrankt, wovon sich aber nur
vier in der Schweiz angesteckt haben.
Keine Hände zu schütteln, keine Beg­
rüssungsküsse zu geben, mindestens ei­
nen Meter Abstand zum Gesprächspartner
zu halten – all diese Tips, die das Bundes­
amt für Gesundheit für den schlimmsten
Fall gibt, sind am OpenAir kaum umzuset­
zen. Die Grippe ist aber auch kein Grund,
dem OpenAir fernzubleiben. Trotzdem sollte
man sich regelmässig die Hände waschen
und die eigenen Augen, Nase und Mund
möglichst selten berühren.
Most wanted
29
Als Single am OpenAir? Wohl nicht mehr lange.
Von Aline Anliker
Der Draufgänger
Intime Details: Martin, 21, Ganterschwil, Elektromonteur, 178, 71, grün, Skorpion
Typ: Dauer-Fröhlicher
Bei einer Frau: will er ihr in die Augen schauen können und wissen: Das ist sie.
Nie ohne: Bier – aber im Mass (wer's glaubt…)
Bewegungsgrad: drei- bis fünfmal pro Woche Ringen (jawohl, ihr habt richtig gelesen)
Das kann er gut: küssen (zumindest hat man ihm das gesagt)
Wo zu finden: Im Bacardi Dome. Und er ist schaurig parat, von nettem weiblichem Publikum angesprochen zu werden.
Tip der Autorin: Muss ein Draufgänger sein, denn er hat mich angesprochen und nicht
umgekehrt.
Das Blaue-Augen-Wunder
Der Bergler
Intime Details: Marc, 20, Mels, Gipser, 187,
dunkelbraun, Zwilling
Verhalten: im Sommer gemütlich-gediegen, im Winter immer auf dem Board
So ist er: kreativer Geniesser
Nie ohne: sein Schlagzeug
Bier oder Wein: kommt auf das Essen an
(welch weiser Ausspruch)
Steht auf: Ausstrahlung
Wo Frau ihn findet: am Stand Nr. 22
Tip der Autorin: Er bringt einem nur schon mit
seinem Bündner Dialekt zum Schmelzen.
Intime Details: Tamara (auch Murmeli genannt), 25, medizinische Masseurin (!), 157,
strahlendes hellblau, Steinbock
Sie ist: aktiv und spontan (und zurzeit gerade durstig und süffig)
Er muss: grösser als sie sein (was ja nicht schwierig ist). Und schöne Schuhe tragen, da
ist sie pingelig (und macht auch am OpenAir keine Ausnahme).
Ohne geht gar nichts: lachen
Das kann sie wirklich: massieren
Leidenschaft: unter Leuten sein. Und etwas seriöser: fotografieren
Wo Mann sie findet: dort wo es Bier gibt
Der Hundeliebhaber
Intime Details: Ueli, 24, Andwil, Mechatronik-Student, 185, 78, grünbraun, Steinbock
Drei Attribute: sensibel, ruhig, scheu (sagen die Kolleginnen)
Markenzeichen: der fiktive Hund Tobi an der Leine
Sie: muss eine sein, mit der Mann Pferde stehlen kann
Das kann er gut: viel schwatzen
Und sonst: gemässigter Sportler
Aufzuspüren: 50 m hinter der Dusche beim weissen Pavillon
Tip der Autorin: Wenn ihr «än Bodäständige und Liäbä» sucht, dann
seid ihr bei Ueli richtig.
Die Unkomplizierte
Intime Details: Nicole, 25, Bern (man hört's), Konzert-Agentur, 165, 50, grün, Schütze
Sie: flexibel und unternehmenslustig
Er: muss breite Schultern haben. Und gesprächig sein. Und eine Tätowierung wäre
auch nicht schlecht (das kann sie nämlich auch bieten).
Das kann sie gut: Mojitos mixen
Ohne geht gar nichts: Sonnenbrille
Reason why OpenAir: wegen der Musik (ihr glaubt man das sogar)
Aufenthaltsort: Latino Zelt
Und sonst: im Winter St.Moritz-Tussi (sagen die Freundinnen)
Die Power-Frau
Intime Details: Melanie, 25, Flawil, Sozialpädagogin,
170, hellgrün, Wassermann
Gemütszustand: offen für alles
Nach dem Feierabend: Hauptsache raus
Er muss: 1,80 m sein, und kein Stubenhocker
Das macht sie scharf: ein schöner Body
Stets dabei: Handy und Fotoapparat (man weiss ja
nie)
Bier oder Wein: Eve
Lebensmotto: Es kommt, wie es kommen muss
Anzutreffen: am Jan-Delay-Konzert
30
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Diese Artikel sind Im Festival­shop während des
OpenAir erhältlich. dort findest du eine noch
grössere Auswahl an Produkten. Schau vorbei!
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31
Bravo, bravo: Mirka, Gavin und Gwen, Wimbledon 2008. (Quelle: www.accidentalsexiness.com)
Was wurde
eigentlich aus...?
Es haben schon sehr viele Bands im Sittertobel gespielt. Einige sind Wiederholungstäter und kommen auch mal wieder, andere kamen nie mehr und sind gar von der Bildfläche verschwunden. Drei Beispiele.
von Markus Garnitschnig
... Rage
Against
the
Machine
(1∑∑4)
Ihr Auftritt im Sittertobel auf dem Höhepunkt ihrer Karriere ist manchem Zeitzeugen sicher noch in guter Erinnerung. Ihr
selbstbetiteltes Débutalbum schlug ein wie
eine Bombe und ist bis heute ein Klassiker.
An diesen Erfolg konnte die Band nie mehr
ganz anschliessen.
Im Jahr 2000 stieg Sänger Zack de la
Rocha aus. Die übrigen Bandmitglieder
formierten in der Folge zusammen mit ExSoundgarden-Sänger Chris Cornell ziem­lich
erfolgreich die Band Audioslave. Vor zwei
Jahren gab es dann die Wiedervereinigung, und letztes Jahr stand die Band wieder auf europäischen Festivalbühnen. Auf
neue Songs von Rage Against the Machine
warten die Anhänger nun schon seit gut
zehn Jahren. Es herrscht auf jeden Fall
einmal mehr Funkstille. Schade.
...Spin
Doctors
(1∑∑4)
Die New Yorker Band hatte einen bärtigen
Sänger mit lustiger Wollmütze und mit
«Two Princes» einen Welthit. Der Clip lief
dauernd auf MTV (ja, da lief früher noch
viel Musik...) und der Song und das dazugehörende Album erreichten Top-10-Plazierungen. Das war 1993.
Ein Jahr später spielten die Spin Doctors
auch am OpenAir St.Gallen. An den Erfolg
konnten sie nie mehr anschliessen und
lösten sich 1999 auf. Seit einigen Jahren
geben sie wieder Konzerte und haben
2005 ihr letztes Album veröffentlicht. Allerdings ohne Erfolg.
...Bush
(2¥¥¥)
Die britische Band hatte ihre grosse Zeit
in der zweiten Hälfte der Neunziger. Im
Jahre 2002 trennte sich die Band. Frontmann Gavin Rossdale veröffentlichte seither solo ein paar Singles, insbesondere für
Filmsoundtracks. Er versuchte sich sogar
als Schauspieler, so zum Beispiel an der
Seite von Keanu Reeves im Film «Constantine». Am berühmtesten wurde Rossdale
aber als Ehemann und Vater. Seit 2002 ist
er mit Gwen Stefani verheiratet und hat mit
ihr zwei Kinder. So taucht er regelmässig
in den Klatschspalten auf oder macht es
sich als Freund von Roger Federer auf der
VIP-Tribüne bequem. Im letzten Jahr war
er wieder musikalisch aktiv.
Sein Soloalbum «Wanderlust» blieb aber
eine Randnotiz, und auch das im Dezember 2008 angekündigte Bush-Comeback
blieb bisher aus. Wohl eher wird Gavin
Rossdale seinem Freund Roger demnächst
das Windelnwechseln beibringen.