Nr. 143 - Von Gott will ich nicht lassen

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Nr. 143 - Von Gott will ich nicht lassen
Neue Lieder in dem Gesangbuch der Neuapostolischen Kirche
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Neue Lieder in dem
Gesangbuch der Neuapostolischen Kirche (2005)
~ Vorstellung und Hintergrundinformation ~
Nr. 143 - Von Gott will ich nicht lassen
Dichter:
Entstehungszeit:
Ludwig Helmbold
1563
Komponist:
unbekannt, Lyon 1577, geistlich Erfurt 1563
Kapitel im GB:
Gottesdienst — Glaube - Vertrauen - Trost
Thematischer Index: Vertrauen, Trauer, Leid, Zuversicht, Hoffnung, Verfolgung
Liedtext:
1. Von Gott will ich nicht lassen, denn
er läßt nicht von mir, führt mich durch
alle Straßen, da ich sonst irrte sehr. Er
reicht mir seine Hand; den Abend und
den Morgen tut er mich wohl
versorgen, wo ich auch sei im Land.
3. Es tut ihm nichts gefallen, denn was
mir nützlich ist. Er meints gut mit uns
allen, schenkt uns den Herren Christ,
sein' eingebornen Sohn; durch ihn ist
uns bescheret, was Leib und Seel
ernähret. Lobt Gott im Himmelsthron!
2. Auf ihn will ich vertrauen in meiner
schweren Zeit; es kann mich nicht
gereuen, er wendet alles Leid. Ihm sei
es heimgestellt; mein Leib, mein Seel,
mein Leben sei Gott dem Herrn
ergeben, er schaffs, wies ihm gefällt.
4. Lobt ihn mit Herz und Munde,
welchs er uns beides schenkt; das ist
ein selge Stunde, darin man sein
gedenkt; denn sonst verdirbt all Zeit,
die wir zubringn auf Erden. Wir sollen
selig werden und bleibn in Ewigkeit.
5. Das ist des Vaters Wille, der uns
geschaffen hat. Sein Sohn hat Guts die
Fülle erworben uns und Gnad. Auch
Gott der Heilig Geist im Glauben uns
regieret, zum Reich der Himmel führet.
Ihm sei Lob, Ehr und Preis!
Anmerkungen zum Liedtext:
Insgesamt wurden 9 Strophen des
Liedes gedichtet, wovon 5 ins
neuapostolische Gesangbuch Eingang
fanden.
Die Strophen 2, 6, 7,
Gesamtdichtung
hier
Vollständigkeit halber:
8
der
der
© Thorsten Ostriga / Jan. 2005 / www.ostriga.de
Neue Lieder in dem Gesangbuch der Neuapostolischen Kirche
Original 2 ( nach o.g. Strophe 1 ):
2. Wenn sich der Menschen Hulde und
Wohltat all verkehrt, so findt sich Gott
gar balde, sein Macht und Gnad
bewährt. Er hilft aus aller Not, errett'
von Sünd und Schanden, von Ketten
und von Banden, und wenns auch wär
der Tod.
Original 6, 7, 8
( zwischen o.g. Strophen 4 und 5 ):
6. Auch wenn die Welt vergehet mit
ihrem Stolz und Pracht, nicht Ehr noch
Gut bestehet, das 'vor ward groß
geacht', wir werden nach dem Tod tief
in die Erd begraben: Wenn wir
geschlafen haben, will uns erwecken
Gott.
7. Die Seel bleibt unverloren, geführt
ins Abrams Schoß, der Leib wird neu
geboren, von allen Sünden los, ganz
heilig, rein und zart, ein Kind und Erb
des Herren; daran muß uns nicht irren
des Teufels listig Art.
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2. When man's help and affection
Shall unavailing prove,
God grants me His protection
And shows His pow'r and love.
He helps in ev'ry need,
From sin and shame redeems me,
From chains and bonds reclaims me,
Yea, e'en from death I'm freed.
3. God shall be my Reliance
In sorrow's darkest night;
Its dread I bid defiance
When He is at my right.
I unto Him commend
My body, soul, and spirit
They are His own by merit
All's well then at the end.
5. Oh, praise Him, for He never
Forgets our daily need;
Oh, blest the hour whenever
To Him our thoughts can speed;
Yea, all the time we spend
Without Him is but wasted,
Till we His joy have tasted,
The joy that hath no end.
8. Darum, ob ich schon dulde hier
Widerwärtigkeit, wie ich auch wohl
verschulde, kommt doch die Ewigkeit,
ist aller Freuden voll, die ohne alles
Ende, dieweil ich Christum kenne, mir
widerfahren soll.
6. Yea, when the world shall perish
With all its pride and power,
Whatever worldlings cherish
Shall vanish in that hour.
But though in death they make
The deepest grave our cover,
When there our sleep is over,
Our God will us awake.
Unter dem Titel "From God Shall
Naught Divide Me" findet folgende
englische Übersetzung aus dem Jahre
1863 von Catherine Winkworth ( 18271878) in manch anglo-amerikanischen
Gesangbüchern Eingang ( ohne die
Strophen 4 + 7 des deutschen
Gesamttextes ):
8. What though I here must suffer
Distress and trials sore,
I merit ways still rougher;
And yet there is in store
For me eternal bliss,
Yea, pleasures without measure,
Since Christ is now my Treasure
And shall be evermore.
1. From God shall naught divide me,
For He is true for aye
And on my path will guide me,
Who else should often stray.
His right hand holdeth me;
For me He truly careth,
My burdens ever beareth
Wherever I may be.
9. That is the will of the Father,
Who has created us;
His Son has won the fullness
of goodness and grace;
also God the Holy Spirit
governs us in faith,
leading us to the kingdom of heaven.
Praise, honor, and glory be to Him!
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zur Geschichte des Liedes:
In Erfurt wütete im Jahre 1563 die Pest. Unter diesen Eindrücken, dem Leid, dem
nahen Tod und der menschlichen Ohnmacht dichtete Helmbold das vorliegende Lied
"Von Gott will ich nicht lassen, denn er läßt nicht von mir". Er drückt damit sein
Vertrauen zu Gott aus, aber auch den spürbaren Trost Gottes und lenkt die Blicke
auf die religiösen Inhalte des Glaubens, die weit über das Irdische hinausreichen. Die
Pest wütete so, dass Helmbold sich entschloß, Erfurt zu verlassen um zumindest
vorübergehend in seine Heimatstadt Mühlhausen zu ziehen. Das Lied erschien
zunächst als Einzeldruck, ohne Angabe eines Verfassers. 1719 wurde es neu
herausgegeben von Johann Christoph Olearius, welcher sich für die Urheberschaft
Helmbolds verbürgt.
Neben der vorliegenden, meist benutzten Melodie, vertonten sowohl Joh. P.
Zehetbauer als auch Leohnhart Schröter diesen Text. Auch im Gedichteband von
den Barbara Moser und Hellmut Wernher "Wer Gott vertraut, hat wohl gebaut. Geistliche Lyrik aus 3 Jahrhunderten von Martin Luther bis Christian Fürchtegott", der
1999 im Verlag F. Bischoff erschien, ist sein Lied enthalten, obwohl es damals noch
nicht zum neuapostolischen Liedrepertoir gehörte.
zum Dichter :
Ludwig HELMBOLD wurde am 21.01.1532 in Mühlhausen (Thüringen) geboren, wo
er auch am 7.4.1598 verstarb. Als Sohn eines wohlhabenden Wollwebermeisters
studierte er 15jährig an der Universität Leipzig, 2 Jahre später in Erfurter. Mit 20
schloß er als Baccalaureus ab um in seiner Heimatstadt Rektor einer Pfarrschule zu
werden. 1553 wurde ihm in Erfurt die Magisterwürde zugesprochen und er hielt dort
Vorlesungen in klassischer Philologie. Er verfasste viele deutsche und lateinische
Dichtungen, mindestens 142 Oden und 104 Kirchenlieder, vieles für die
Studierenden. Seine Dichtungen hatten viele biblische Kapitel zum Inhalt, aber auch
sonntägliche Evangelien oder Luthers Katechismus. Kaiser Maximilian II. krönte H.
1566 auf dem Reichstage zu Augsburg mit dem Dichterlorbeer - daher sein Beiname
"gekrönter Dichter". Helmbold war einer der ersten Anhänger der Lutherschen Lehre
und wird als "orthodoxer Lutheraner" charakterisiert. In Erfurt gründete er das
humanistische Gymnasium und lehrte daneben noch an dortiger Universität. 1566
wurde er Dekan der philosophischen Fakultät. Durch konfessionellen Streit in der
kurmainzer Stadt Erfurt und anti-päpstlicher Einstellung erhielt er zunächst
Vorlesungsverbot und nach 17 Jahren wurden ihm alle Ämter aberkannt. 1570 ging
er wieder in seine Geburtsstadt, wurde 1 Jahr später Lehrer und Diakon der
Marienkirche und 1586 Superintendent. In 1559 verheiratete er sich mit Martha
Bobenzahn. Ihnen wurden 6 Kinder geboren. 67jährig verstarb er. In Mühlhausen
wurde eine Strasse nach dem Theologen, Pädagogen und Dichter benannt. Zu
seinen Schülern zählten der auch als Lieddichter bekannte Philipp Nicolai sowie
Johannes Eccard und Joachim Burgk, letztere beiden haben etliche seiner Lieder
vertont.
Von seinen über 100 Liedern seien nur folgende bekannte stellvertretend angeführt:
„Du Friedefürst, Herr Jesu Christ“
„Frisch auf, mein Seel, verzage nicht“
„Nun lasst uns Gott dem Herren“
„Der heilig Geist vom Himmel kam“
„Herr Gott, erhalt uns für und für“
„Gelobet sei der Herr, der Gott Israel“
„Nun ist es Zeit, zu singen hell: Geboren ist Immanuel“ (Weihnachtslied)
„Amen, Gott Vat'r und Sohn“
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Referenzen:
Das Lied wird in folgenden weiteren Gesangbüchern verwendet:
Evangelisches Gesangbuch Nr. 365
Evangelisches Kirchengesangbuch Nr. 283
Gemeindelieder-Buch Nr. 357
Gemeinsames Liederbuch zweier Gemeinden am Neckar, 1981
Gesangbuch der Evangelisch-methodistischen Kirche, Nr. 346
"Jesus unsere Freude"- (Gemeinschaftsliederbuch) Nr. 485
Liederbuch für die Jugend, Stuttgart 1986 und 1995
Lutheran Hymnal, Wisconsin 1912, Nr. 452
Lutheran Worship 1982, Nr. 409
Mein Liederbuch für heute und morgen, Düsseldorf 1991
Neues Mennonitisches Gesangbuch, Nr. 359
"Singt dem Herrn", Apostolisches Gesangbuch Nr. 412
The Lutheran Hymnal 1941, Nr. 393
Auch die Komponisten Bach und Schütz griffen Helmbolds Lieddichtung auf und
komponierten Gesamtwerke dazu bzw. verwandten Teile des Liedes in ihren
Werken. So finden wir das Lied verarbeitet in Schütz Komposition gleichen Namens
(SWV366) in seinem Werk "Symphonia sacrae II". Ganze 3 Kompositionen schuf
Johann Sebastian Bach, denen er den Titel "Von Gott will ich nicht lassen" als auch
die Motive der vorliegenden Melodie zu Grunde legte ( BWV 417, 418, 419 ). Der 9.
Vers, also Vers 5 aus dem neuen neuapostolischen Gesangbuch, wurde von Bach in
seinem Werk BWV 73 im 5. Teil als Choral verarbeitet.
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Quellenangaben:
Gesangbuch der Neuapostolischen Kirche, Bischoff Verlag, Frankfurt 2004
weitere Quellen: Gesangbücher - siehe Abschnitt "Referenzen"
Ludwig Helmbolds Leben und Dichten - Georg Wilhelm Thilo, 1851
Bachwerkeverzeichnis (BWV), Wolfgang Schmieder
Schütz-Werke-Verzeichnisses (SWV), Werner Bittinger 1960
www.musicanet.org
www.gesangbuch.org
www.emmanuelmusic.org
www.erfurt-web.de
www.kurt-helmbold.de
www.blueletterbible.org
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