pocketguide - Benjamin Tiven

Transcription

pocketguide - Benjamin Tiven
POCKETGUIDE
ALLE FILME UND TERMINE AUF EINEN BLICK
24. OKTOBER BIS 6. NOVEMBER 2013
www.viennale.at
VIENNALE 2013
24. OKTOBER BIS 6. NOVEMBER
LOCATIONS
VIENNALE-KINOS
Gartenbaukino I., Parkring 12
U3 Stubentor, U4 Stadtpark
Stadtkino im Künstlerhaus I., Akademiestraße 13
U1, U2, U4 Karlsplatz
Urania I., Uraniastraße 1
U1, U4 Schwedenplatz
An dieser Stelle finden Sie einen
Faltplan mit allen Filmen und
Terminen. Falls er abhanden
gekommen sein sollte, holen Sie
sich bitte Ihren Übersichtsplan
an einer Viennale-Kinokassa
oder Vorverkaufsstelle.
Kino am Schwarzenbergplatz III., Schwarzenbergplatz 7
U4 Stadtpark
Metro I., Johannesgasse 4
U1, U3 Stephansplatz • U1, U2, U4 Karlsplatz
SPIELORT DER RETROSPEKTIVE
Österreichisches filmmuseum I., Augustinerstraße 1
U1, U2, U4 Karlsplatz
VORVERKAUFSSTELLEN
Mariahilfer Straße /ecke Museumsquartier
U2 Museumsquartier
Schottentor I., Schottentor
U2 Schottentor/Universität
Gartenbaukino I., Parkring 12
U3 Stubentor, U4 Stadtpark
VIENNALE FESTIVALZENTRUM
I., Dominikanerbastei 11
U1, U4 Schwedenplatz • U1, U3 Stephansplatz
Viennale barrierefrei
Die Viennale bietet an allen Veranstaltungsorten Zugang für Rollstuhlfahrer
Gartenbaukino vier Rollstuhl-Stellplätze und zwei Behinderten-Parkplätze
Metro vier Rollstuhl-Stellplätze
Stadtkino im Künstlerhaus, Urania, Kino am Schwarzenbergplatz jeweils zwei
Rollstuhl-Stellplätze und zwei Behinderten-Parkplätze
Österreichisches Filmmuseum zwei Rollstuhl-Stellplätze
Begleitpersonen haben freien Eintritt und einen Sitzplatz in unmittelbarer Nähe des
Rollstuhlplatzes.
Viennale Festivalzentrum barrierefrei zugänglich
TICKETINFORMATIONEN
TICKETVORVERKAUF AB 19. OKTOBER 2013, 10 UHR
TICKETS IM INTERNET
Tickets per Online-Banking oder Kreditkarte
WWW.VIENNALE.AT
VORVERKAUFSSTELLEN
Tickets bar, mit Bankomat oder per Kreditkarte
Mariahilfer Straße /ecke Museumsquartier
täglich 10 bis 20 Uhr
Schottentor
täglich 10 bis 20 Uhr
Gartenbaukino von 19. bis 23. Oktober
täglich 10 bis 20 Uhr
ZUSÄTZLICHE EXPRESSKASSEN
AM 19. UND 20. OKTOBER
Aufgrund des zu erwartenden großen Andrangs werden am
ersten Vorverkaufswochenende zusätzliche Expresskassen geöffnet. Die Expresskassen sind für Käufe von bis zu
10 Tickets vorgesehen, um eine raschere Abwicklung
gewährleisten zu können.
Stadtkino im Künstlerhaus
19. und 20. Oktober, 10 bis 20 Uhr
(nur Expresskassen; nur Barzahlung)
Gartenbaukino
19. und 20. Oktober, 10 bis 20 Uhr
(2 Expresskassen; Bezahlung bar, mit Bankomat oder
per Kreditkarte)
TICKETPREISE
einzelticket
ab 10 Tickets
ab 20 Tickets
€9
€ 8,50 pro Ticket
€ 7,80 pro Ticket
OUT 1-Tagesticket
€ 20
siehe S. 54
ERMÄSSIGUNGEN
Ermäßigungen können bei Vorweis der entsprechenden
Ausweise in Anspruch genommen werden.
einzelticket
ab 10 Tickets
ab 20 Tickets
€ 8,50
€8
pro Ticket
€ 7,30 pro Ticket
OUT 1-Tagesticket
€ 18
siehe S. 54
Kunden der
An den Kinokassen gibt es ermäßigte Tickets nur als
Einzeltickets.
ermäßigungen mit der «fernwärme-Servicecard»
Inhaber der «Fernwärme-Servicecard» erhalten für Filme
ausgewählter Zeitschienen je 2 Tickets zum Sonderpreis
von je € 6,30.
für alle Kassen – mit ausnahme der expresskassen –
werden bei großem andrang Wartenummern ausgegeben.
TICKETS PER TELEFON
Tickets per Kreditkarte
freie SiTzplaTzWahl
bei allen Vorstellungen der Viennale – mit ausnahme der
Galas – gilt freie Sitzplatzwahl.
freeline 0800 664 013
Per Telefon bzw. online gekaufte Tickets sind an allen
Vorverkaufsstellen oder in den Viennale-Kinos abzuholen. Ab 30 Minuten vor Beginn einer Vorstellung sind
ausschließlich Tickets für diese Vorstellung erhältlich.
VIENNALE MERCHANDISING
Publikationen und Artikel des Festivals sind in allen
Viennale Vorverkaufsstellen und Kinos sowie online
erhältlich:
TICKETVERKAUF WÄHREND DES FESTIVALS
Katalog festival
Während des Festivals erhalten Sie Tickets sowohl an den
Vorverkaufsstellen als auch in den fünf Festivalkinos. Die
Kinokassen sind von 24.10. bis 6.11. ab eine Stunde vor
Beginn der ersten bis zum Beginn der letzten Vorstellung
geöffnet. Ab 30 Minuten vor Beginn einer Vorstellung sind
ausschließlich Tickets für diese Vorstellung erhältlich.
Katalog retrospektive
plakate (a1 und a2)
V’13-filmstills-plakat
Viennale DVDs
Viennale DVD box
30 Minuten vor Vorstellungsbeginn werden
Wartenummern für resttickets ausgegeben.
TICKETVERKAUF RETROSPEKTIVE JERRY LEWIS
Tickets für die Retrospektive sind sowohl über die
Viennale als auch über das Filmmuseum erhältlich.
Informationen unter www.filmmuseum.at und
www.viennale.at.
2
Schlüsselband
€ 12
€ 15
€ 3 bzw. € 2
€ 10
je € 14,90
€ 59,90
€3
VIENNALE DVD EDITION
Die gemeinsame DVD edition von Viennale und falTer war im
letzten Jahr erstmalig der Versuch, eine Schneise in den
Wildwuchs der aktuellen DVD-produktion zu schlagen und ein
paar wenige herausragende kinematografische positionen
hervorzuheben. Wegen des erfreulichen zuspruchs wird dieses
Jahr eine fortsetzung angeboten: Mit festivalbeginn sind fünf
weitere DVDs der edition erhältlich.
:
En
Anna
Alberto Grifi & Massimo Sarchielli, Italien 1972-1975
Ein Vater lebt mit seiner Tochter unauffällig in einem Vorort. Sie verlässt
das Haus praktisch nie. Doch eines
Tages entdeckt das Mädchen am Waldrand etwas Schreckliches, das sie
gleichzeitig anzieht. Auch der Vater macht Bekanntschaft
mit dem Grauen … Wie eine fantastische Spur schreibt
sich CURLING ein in die Wahrnehmung, ins Denken, in die
Erinnerung des Betrachters.
,
R: Kleber Mendonça Filho, Brasilien 2012
124 Min, OmeU
O SOM AO REDOR zeigt eine Handvoll Figuren, die in der gleichen mittelständischen Wohngegend wohnen.
Hinter der Fassade der Bürgerlichkeit
lauern Kleinkriminalität und finstere Machenschaften.
Mendonça Filho inszeniert einen Reigen aus Lebenslügen,
verdecktem Klassendünkel und soziopathischen Neigungen – bis die scheinheile Welt in einem Gewaltausbruch explodiert.
haShOTer
(pOliCeMan)
H ho
o
gn P
Eine ungewöhnliche Dokumentation
über eine heruntergekommene Industriegegend am Rande von Queens, eine
Welt, die in ihrem alltäglichen Chaos
mit seinen Bewohnern lebendiger erscheint als das nahe Manhattan. Die Peripherie ist hier
ein eigenes Zentrum, stolz, vielgestaltig und nützlich. Ein
verkanntes Viertel, das bald der Umstrukturierung der Metropole zum Opfer fallen wird.
R: Nadav Lapid, Israel 2011
112 Min, OmeU
HASHOTER erzählt eine doppelte Geschichte: Yaron ist Mitglied einer machoiden Antiterrorgruppe und fürsorglicher Familienvater. Shira ist Bürgerstochter und Linksaktivistin. Die beiden Gruppierungen prallen schließlich aufeinander. Die Darstellung des innerisraelischen Konflikts macht HASHOTER zu einem spannenden und außergewöhnlichen Film.
fOreiGn parTS
R: Véréna Paravel & J.P. Sniadecki
USA/F 2010, 80 Min, OmeU/OmfU
R: Alberto Grifi & Massimo Sarchielli
Italien 1972–1975, 225 Min, OmeU
Restaurierte Langfassung
Die Regisseure beschlossen, einen Film
über eine verwahrlost ausschauende
Frau als Darstellerin ihrer eigenen Existenz zu drehen. Ein Spiel wechselseitiger Verführungen, Abhängigkeiten und Ausbeutungen, bei
dem Alltag und Film ineinander verschmelzen, beginnt.
Eines der großen Werke des modernen Kinos. Grausam
und voll der Gnade.
O SOM aO reDOr
(neiGhbOUrinG SOUnDS)
do
n
anna
R: Denis Côté, Kanada 2010
92 Min, OmeU
Denis Côté, Kanada 2010
O om o
P
Seite 1
CUrlinG
Curling
m n m
VIENNALE DVD BOX
Die Box beinhaltet neben den 5 Filmen
den Bonusfilm AND WE MADE THE
ROOM SHINE, eine Sammlung von in
Wien gedrehten Mini-Konzerten an
unüblichen Orten von ConstellationRecords-Musikern, realisiert von La
Blogothèque. Und darüber hinaus finden sich einige attraktive Goodies (ein Stück eines 35mmFilmstreifens eines Viennale-Trailers, ein Viennale-Schlüsselband und ein Viennale-Pin) in dieser limitierten Box.
Viennale DVD
Viennale DVD box
je €14,90
€59,90
erhältlich ab 25.10. an allen Viennale Vorverkaufsstellen,
in den Viennale Kinos, auf www.faltershop.at und im
ausgewählten buchhandel.
3
VIENNALE
FESTIVALZENTRUM
Café · Bar · Events · Diskussionen
TÄGLICH VON 18 UHR BIS 4 UHR FRÜH
1010 Wien, Dominikanerbastei 11 (U1, U4 Schwedenplatz)
Freier Eintritt bei allen
Veranstaltungen und Konzerten!
Presented by
Do, 24.10., ab 22 h – DJ-Set & Party
erÖffnUnG DJ anDY SMiTh
(eX-pOrTiSheaD)
& MC hOneYbrOWn
Als Live-DJ von Portishead hat
Andy Smith maßgeblich zum
Erfolg von Trip Hop beigetragen.
Heute ist der Brite mit seiner
Partyreihe «Jam Up Twist» erfolgreich und seine 7“-Sets, die Tanzbares von Vintage Funk,
Soul, Boogie bis zu HipHop und Ska umfassen sind
legendär. Im Anschluss wird es housig mit The New
Tower Generation (Praterei).
Fr, 25. 10., ab 22 h – DJ-Set & Party
DaVe rOWnTree (blUr) DJ-SeT
& DJ iliaS
In den letzten Jahren machte
Blur-Drummer Dave Rowntree
vor allem als Politiker von sich
hören. Abseits des Polit-Parketts
findet er aber dennoch Zeit als DJ
die Clubs von Barcelona bis Moskau mit einem Mix aus Indie, Pop und Soul zu rocken. Da
geht die Post ab im Festivalzentrum!
Sa, 26. 10., 18 h – Diskussion (Englisch)
fOrMen DeS
DOKUMenTariSChen
Genau genommen ist der Begriff
«dokumentarisches« Kino eine
unzulässige Verallgemeinerung
angesichts der vielen unterschiedlichen kinematografischen
Formen. Die FilmemacherInnen
Alan Berliner, Joaquim Pinto, u.a. diskutieren ihre spezifischen Haltungen dazu.
Sa, 26. 10., ab 22 h – DJ-Set & Party
filMeMaCherinnen an Den
plaTTenTellern
FilmemacherInnen versuchen
sich als DJs: Thomas Arslan
(GOLD), Alan Berliner (FIRST
COUSIN ONCE REMOVED), Serge
Bozon (TIP TOP) und Lance Edmands (BLUEBIRD). Überraschungen versprochen! Den Profi-Part übernimmt DJ
Marcelle (Another Nice Mess).
Moderation: Norman Shetler
4
So, 27. 10., 18 h – Diskussion (Englisch)
Call Me Mr. leWiS
Kein zweiter Komiker war Zeit
seines Lebens ähnlich populär
und ähnlich umstritten wie Jerry
Lewis. Genie oder Grimassenschneider? Adrian Martin,
Jonathan Rosenbaum und
Mehrnaz Saeedvafa, alle drei
große Experten auf diesem Gebiet, erzählen uns, why
Mr. Lewis definitely matters.
So, 27. 10., ab 21 h – DJ-Set & Party
SKerO
Als Rapper der Band Texta hat Skero in den letzten 20
Jahren die österreichische HipHop-Szene geprägt. Nach
Soloausflügen bringt der Linzer nun mit «Müßig Gang»
ein Wienerlied-Album der etwas anderen Art heraus.
Man darf sich auf die Lieblinge aus seiner Plattensammlung freuen.
Mo, 28. 10., ab 21 h – DJ-Set & Party
la blOGOThÈQUe
François Clos und Thomas Lallier vom französischen Musikblog La Blogothèque, das Musikfans mit seinen «Take
Away Shows» neue Perspektiven auf ihre Lieblingsmusiker eröffnet, geben einen Einblick in ihre umfangreichen
Musiksammlungen.
Di, 29. 10., ab 21 h – Konzert & Party
JerUSaleM in MY hearT (liVe)
Klassischer arabischer Gesang, traditionelle Instrumente
und sphärische elektronische Musik – die Live-Performances von Jerusalem in My Heart werden in Kombination mit ausgeklügelten Visuals zum Multimedia-Gesamtkunstwerk. Die FM4-DJs Fritz Ostermayer und Thomas
Edlinger sorgen nach dem Konzert für die passende
Stimmung.
In Kooperation mit
Mi, 30. 10., ab 21 h – DJ-Set & Party
Glen MaTlOCK (SeX piSTOlS)
Als Bassist der Sex Pistols war
Matlock maßgeblich an der Entstehung von Songs wie «Anarchy
in the U.K.» und «God Save The
Queen» beteiligt. Seit er die Band
Ende der 70er verließ, spielt er in
unterschiedlichsten Konstellationen Rockmusik, zuletzt als The Philistines. Als DJ lässt er
die guten alten Zeiten wieder aufleben.
Canon präsentiert am 5.11. ab 17.30 Uhr die Canon
Pro Imaging Familie: ausgewählte Produkte der
Canon EOS Cinema Reihe sowie der XF, XA Familie
und die herausragenden CinePrime Lenses.
Testen Sie selbst im Viennale-Festivalzentrum!
Do, 31. 10., ab 22 h – Party
Vihanna & haM & DJ SalUTe (COOl KiD MUSiC)
Vihanna und Ham, die beiden hippsten Neuzugänge
der Wiener Clubszene gastieren im Festivalzentrum.
Neben fetten Bässen haben sie den jungen Nachwuchsproduzenten und DJ salute (Cool Kid Music) im Gepäck.
Vergesst Halloween und lasst die Booties shaken!
Fr, 1. 11., ab 22 h – DJ-Set & Party
Daniel WanG (balihU) &
SMOab (SUperflY)
Seine bedingungslose Liebe für
Disco drückt Daniel Wang nicht
nur in seinen House-Produktionen aus: seine Live-Sets sind eine
Hommage an die old days of
disco, bei denen der DJ schon mal
in Hotpants selber das Tanzbein schwingt. Local Support
erhält Wang von Superfly-DJ Smoab.
In Kooperation mit
Sa, 2. 11., ab 21 h – Lesung & Party
h.a.p.p.Y
«Hapsi Apsi Pipsi Popsi Yipsi – Jugendhaare einer Kaiserin» ist Titel des Jubiläumsbuches über das PerformanceKollektiv H.A.P.P.Y. Die H.A.P.P.Y-Jugendhaare-Party ist
eine weitere Station des Buchpräsentationsmarathons.
Monobrauenservice, Lesung, Maskottchen und –
Deephouse satt bis zum Abwinken inklusive!
So, 3. 11., 20 h – Diskussion (Englisch)
iT’S life. anD iT’S life OnlY
Kino und Leben. Eines der wunderbarsten, geheimnisvollsten
und schlampigsten Verhältnisse.
Was eins mit dem anderen zu tun
hat, kann man in jedem Film
sehen. Oder eben nicht. Die Filmemacherinnen Mati Diop, Su
Friedrich, Alain Guiraudie und Matt Porterfield haben
gerade davon eine Ahnung und unterhalten sich darüber.
So, 3. 11., ab 21.30 h – DJ-Set & Party
MarKUS binDer (aTTWenGer)
Bei Attwenger sitzt Gründungsmitglied Markus Binder
am Schlagzeug, singt und spielt die Maultrommel – auf
Konzerten von Simbabwe bis Sibirien. Ins Festivalzentrum bringt Binder eine Auswahl seiner Lieblingsplatten
mit, eine Mischung auf die man gespannt sein darf.
Mo, 4. 11., ab 21 h – DJ-SetJ-Set & Party
VOn SeVilla naCh laS VeGaS
Tribute-Gast Gonzalo García Pelayo eröffnet den Abend
mit seiner persönlichen Plattensammlung: Dabei wird er
– selbst ehemaliger Disco-Flamenco-Produzent, Stierkampf-Organisator und höchst erfolgreicher professioneller Glücksspieler – einen musikalischen Streifzug
durch sein turbulentes Leben liefern.
Mo, 4. 11., ab 22 h – DJ-Set & Party
filMeMaCherinnen an Den plaTTenTellern
Für die zweite Ausgabe der schon legendären Partyreihe
packen Andrea Pallaoro (MEDEAS) sowie die drei Special
Program Gäste Claudia Larcher, Johann Lurf und Jennifer
Reeder ihre musikalischen Schätze aus.
Moderation: Dietmar Schwärzler
Di, 5. 11., 18 h – Diskussion (Englisch)
SafeTY laST: frOM leWiS TO
ferrell
Zwei der großen amerikanischen
Filmkomiker finden sich dieses
Jahr im Viennale-Programm.
Was verbindet die beiden, was
eben nicht, was gibt es dazwischen? Es diskutieren der Autor
und Kurator Chris Fujiwara sowie der Journalist
Emmanuel Burdeau und die Kulturwissenschaftlerin
Andrea B. Braidt. Moderation: Lisa Nesselson
Di, 5. 11., ab 21 h – DJ-Set & Party
aDia & TriSheS
Unter dem Motto «American Nostalgia» legen die DJs
Adia & Trishes eine Mischung aus Rockabilly, Surf,
Rhythm & Blues und Artverwandtem auf, die bis jetzt
noch jede Tanzfläche zum Ächzen gebracht hat. Let’s
rock and roll!
Mi, 6. 11., ab 22 h – DJ-Set & Party
DJ MaSeO (De la SOUl)
& DJ D.b.h
Mit seiner Band De La Soul steht
DJ Maseo seit Ende der 80er für
HipHop mit positiver Message
und hoher Partytauglichkeit und
hat die Szene entscheidend geprägt. Mit viel Bühnenerfahrung
und einem seiner energiegeladenen DJ-Sets rockt er die
Viennale zum Abschluss, DJ d.b.h steht ihm dabei zur
Seite.
DER STANDARD SCHENKT HAPPY HOURS MIT
Vöslauer Balance Juicy
Während des Festivals erhalten Sie zwischen
18 und 21 Uhr gegen Abgabe eines Viennale-Tickets
eine Flasche Vöslauer Balance Juicy im
Viennale-Festivalzentrum.
Solange der Vorrat reicht.
5
Spielfilme
ALEGRÍAS DE CÁDIZ
(JOYS OF CÁDIZ)
E 2013, 119 Min, OmeU
R: Gonzalo García Pelayo, D: Jeri Iglesias,
Fernando Arduán, Marta Peregrina, Laura
Espejo
Nach ziemlich genau drei Dekaden
kehrt Gonzalo García Pelayo zum
Kino zurück – doch schaut man ALEGRÍAS DE CADÍZ, so scheint’s, als sei
seit dem letzten Langfilm nicht mehr
vergangen als ein Tag. Wieder verwebt er Liebesgeschichten mit dem
Porträt einer Stadt, immer noch sind
die Frauen aufregend und die Männer prächtig, erneut addieren sich
die ästhetisch wunderbar vielgestaltigen Elemente des Films auf zu
einer soziopolitischen Bestandsaufnahme des aktuellen Spanien. In der
schlaksigen Unbekümmertheit seiner Gestaltung wirkt ALEGRÍAS DE
CADÍZ, als käme er von einem anderen Stern. Wie schön!
(Siehe auch S. 46: Tribute Gonzalo
García Pelayo)
in anwesenheit von Gonzalo
García pelayo.
3. 11., 21 h, Metro
ÅTERTRÄFFEN
(THE REUNION)
S 2013, 89 Min, OmeU
R: Anna Odell, D: Anna Odell, Erik Ehn,
Fredrik Meyer, Kamila Benhamza
periment zwischen Fiktion und Wirklichkeit, Realität und Spiel. Die Wiederholung eines Klassentreffens, die
alten Hierarchien und Ausschließungen, die Traumata und Verletzungen,
die Gemeinsamkeit und das Außenseitertum, all dies versucht Odell in
ihrer Rekonstruktion filmisch zu verlebendigen, nachzuzeichnen und zu
verstehen. Und in jeder und jedem
von uns werden seltsame Erinnerungen wach.
31. 10., 20.30 h, Kino am Schwarzenbergplatz
2. 11., 11 h, Stadtkino im Künstlerhaus
AVANTI POPOLO
Brasilien 2012, 72 Min, OmeU
R: Michael Wahrmann, D: André Gatti, Carlos
Reichenbach, Eduardo Valente, Marcus
Bertoni
BAUYR
(LITTLE BROTHER)
Nach der Trennung von seiner Frau
kehrt André ins Haus seines Vaters
zurück und damit ins Herz eines
dunklen Geheimnisses: Sein Bruder
ist während der Militärdiktatur verschwunden, der Alte bewahrt über
den Vorfall eisiges Schweigen. Andrés Versuche, ihn durch die Konfrontation mit alten Super-8-Familienfilmen aus der Reserve zu locken,
scheitern. Ein Film in gedeckten
Farben wie kolorierte SchwarzweißFotos, der eher in dichten, atmosphärischen Sequenzen erzählt wird als
im Fortschreiten der Handlung. Die
bittere Conclusio: Die Erinnerung ist
die einzige Hölle, aus der man nicht
gerettet werden kann.
in anwesenheit von Michael Wahrmann.
26. 10., 11 h, Metro
31. 10., 18 h, Kino am Schwarzenbergplatz
LA BATAILLE DE SOLFÉRINO
(AGE OF PANIC)
Was geschieht, wenn man feststellt,
dass man als Einzige zu einem Klassentreffen nicht eingeladen wurde?
Die bekannte schwedische Künstlerin Anna Odell benützt eine reale Erfahrung, um sich und andere einem
Experiment auszusetzen – einem Ex6
Mikroklima in ihrer Patchwork-Familie: schreiende Kinder, ein liebesbedürftiger Gefährte, ein aggressiver
Ex-Ehemann, ein unbeholfener Babysitter und ein spitzfindiger Anwalt
sorgen für Action in Permanenz.
Triet mischt dokumentarische Szenen vom politischen Umbruch und
Spielfilmsequenzen und zeigt mit
Sinn für die Komik des Ausnahmezustandes Menschen am Rand des
Nervenzusammenbruchs. Bis am
Ende die Stille der Nacht alle erlöst.
25. 10., 18.30 h, Metro
27. 10., 11 h, Stadtkino im Künstlerhaus
F 2013, 94 Min, OmeU
R: Justine Triet, D: Laetitia Dosch, Vincent
Macaigne, Arthur Harari, Virgil Vernier
Im Schatten der französischen Präsidentschaftswahlen von 2012, über
die die Fernsehjournalistin Laetitia
berichten soll, verdüstert sich das
Kasachstan 2013, 95 Min, OmeU
R: Serik Aprymov, D: Almat Galym, Alisher
Aprymov, Dokdurbek Kydyral, Murat Omarov
Der neunjährige Yerken ist übrig geblieben. Die Mutter ist tot, der Vater
hat im Nachbardorf eine neue Familie gegründet, der große Bruder studiert in der Stadt. Doch obwohl sein
Alltag hart ist und so mancher seine
Gutherzigkeit ausnutzt, Yerken bleibt
zuversichtlich und zugewandt. Ein
Kind noch und doch schon voll verantwortlich, sucht und behauptet er
seinen Platz in der Gemeinschaft.
BAUYR ist ein klarer, einfacher und
darin sehr reicher Film, der der Stärke jener zahllosen Kinder Respekt
zollt, die alleingelassen ihr Leben
meistern. Aprymov hat ihn seinem
kleinen Bruder gewidmet.
26. 10., 13.30 h, Urania
30. 10., 21 h, Stadtkino im Künstlerhaus
HISTòRIA DE LA MEVA MORT
THE BAY
USA 2012, 84 Min, OF
R: Barry Levinson, D: Kether Donohue,
Kristen Connelly, Will Rogers, Stephen
Kunken
Chesapeake Bay, Maryland, 2009:
Eben war noch fröhliches Fourth-ofJuly-Volksfest, dann ist plötzlich
Massensterben – die Sache mit den
Hühnerfarmen und der Trinkwasseraufbereitungsanlage war wohl doch
nicht so unbedenklich wie vom Bürgermeister propagiert. THE BAY behauptet Authentizität als kommentierte Found-footage-Kompilation,
die Jahre nach stattgehabter Vertuschung einer grausigen Epidemie
doch noch das Licht der Öffentlich-
schichtsunterricht und in Wirklichkeit noch etwas ganz anderes: die
unbändige Begeisterung für ein
Leben in Freiheit, unter dem großen
Himmel, am Fluss, in den Wäldern.
Und niemals war Kirk Douglas so
ausgelassen und der Whisky so gut,
die Lieder so schön und die Stille so
groß. Das Kino, nichts als das Kino.
25. 10., 13 h, Kino am Schwarzenbergplatz
6. 11., 13 h, Gartenbaukino
BLUE JASMINE
keit erblickt. Ein kluger Genre-Beitrag, kritisch aufklärerisch in der
Haltung, filmisch auf hohem Niveau
und angemessen furchteinflößend,
wenn’s ans Eingemachte geht: das
manmade Monster und sein schlimmes Tun.
30. 10., 23.30 h, Gartenbaukino
31. 10., 11 h, Gartenbaukino
THE BIG SKY
USA 1952, 122 Min, OF
R: Howard Hawks, D: Kirk Douglas, Dewey
Martin, Elizabeth Threatt, Arthur Hunnicutt
Man muss gar nicht viele Filme gesehen haben, hat einmal ein alter Regisseur erklärt, sondern nur ein paar,
die aber wieder und wieder. Und
einer davon wäre THE BIG SKY. Die
reine Lust und Freude am Kino hat
ihn ins diesjährige Programm der
Viennale gespült. Hawks’ grandioser
Western, Abenteuerfilm, Naturbetrachtung, Zivilisationskritik, Ge-
USA 2013, 98 Min, OmdU
R: Woody Allen, D: Cate Blanchett, Sally
Hawkins, Bobby Cannavale, Alec Baldwin
BLUEBIRD
USA/S 2012, 91 Min, OF
R: Lance Edmands, D: Amy Morton, John
Slattery, Louisa Krause, Emily Meade
Ein kleiner Junge wird in einem Bus
vergessen, verbringt die Nacht in Eiseskälte und fällt ins Koma. Dieses
Ereignis fungiert wie ein Stein, der,
ins Wasser geworfen, eine trügerisch
ruhige Oberfläche in Schwingungen
versetzt, die sich fortsetzen und verstärken und gegenseitig aufschaukeln: Die Familie des Jungen, die Familie der Busfahrerin, eigentlich der
gesamte kleine Ort in Maine geraten
in Turbulenzen. Es kommt zu unüberlegten Handlungen, zu Ausrastern und Verwerfungen. Wahrheit
bricht sich – endlich! – Bahn. Das ist
schmerzhaft, aber ganz gelassen gefilmt. Unterkühlt, doch mit Herzenswärme.
in anwesenheit von lance edmands.
28. 10., 18.30 h, Urania
29. 10., 13.30 h, Stadtkino im Künstlerhaus
Nach einigen touristischen Filmausflügen von Barcelona bis Rom findet
Allen wieder zur alten Form zurück.
Ja, BLUE JASMINE gehört zu seinen
schönsten und tiefsten Werken überhaupt, weil sich hier das Komische
und Tragische, Klischee und Leben,
Selbstbild und Beobachtung nahezu
mühelos verbinden. Dazu die beiden
großen Schauspielerinnen Blanchett
und Hawkins als ungleiche Schwestern; die eine, im freien sozialen
Sinkflug aus der New Yorker Upperclass, sucht Zuflucht bei der anderen,
einer einfachen Mutter und Hausfrau in einem ärmlichen Viertel von
San Francisco. Frei nach «A Streetcar
Named Desire».
2. 11., 21 h, Gartenbaukino
3. 11., 11 h, Gartenbaukino
CAMILLE CLAUDEL 1915
F 2012, 97 Min, OmeU
R: Bruno Dumont, D: Juliette Binoche, JeanLuc Vincent, Robert Leroy, Marion Keller
Die Bildhauerin Camille Claudel
wurde von ihrer Familie in eine
christlich geführte Nervenheilanstalt
eingewiesen. Vordergründig wegen
einer akuten paranoiden Krise, letztlich aufgrund ihres unkonventionellen Lebensstils. Da sitzt sie nun, verzweifelt über ihre Isolation inmitten
der psychisch Kranken – machtvoll
verkörpert von den realen Insassen
7
Spielfilme
einer realen Institution und ohne
schmierigen Voyeurismus aufgenommen von Dumont – und hofft
auf den Besuch ihres bigotten Dichter-Bruders Paul, hofft auf Befreiung.
Binoches Gesicht ist eine Landschaft,
Vincents Körper eine Verkrampfung,
Sinnlichkeit lehnt sich auf gegen Vergeistigung, Frau verliert gegen Mann.
5.11, 20.30 h, Gartenbaukino (Vor Filmbeginn findet die Verleihung des FIPRESCIPreises und des Standard-ViennalePublikumspreises statt.)
6. 11., 11 h, Gartenbaukino
CÂND SE LAŠA SEARA PESTE
BUCUREŞTI SAU METABOLISM
(WHEN EVENING FALLS ON BUCHAREST
OR METABOLISM)
RO/F 2013, 89 Min, OmeU
R: Corneliu Porumboiu, D: Bogdan
Dumitrache, Diana Avramut, Mihaela Sîrbu,
Alexandru Papadopol
Oft sind Filme über das Filmemachen angestrengte und unspannende Selbstbefragungen oder melodramatische Exerzitien. Nicht so bei Porumboiu. Der zielt hier ins Herz der
Dinge und stellt ein paar schonungslose Fragen nach dem Verhältnis von
Wirklichkeit und Kino. Am Beispiel
eines Regisseurs und seiner Arbeit,
dessen Beziehung zu einer Darstellerin, und den Versuchen, die Dreharbeiten als Erfahrungsprozess zu verstehen. Porumboiu hat einen ganz
eigenen Humor. Eine Nacktszene
gibt es nicht, dafür bildet sich der
Regisseur ein Magengeschwür ein.
Was zu einer ungewöhnlichen Passage führt, die wiederum nicht wirklich etwas mit dem Kino zu tun hat.
Eher schon mit der Wirklichkeit.
in anwesenheit von Corneliu porumboiu.
25. 10., 18.30 h, Stadtkino im Künstlerhaus
26. 10., 13 h, Kino am Schwarzenbergplatz
CENTRO HISTÓRICO
P 2012, 96 Min, OmeU
R: Aki Kaurismäki, Pedro Costa, Victor Erice,
Manoel de Oliveira
2012 war die portugiesische Stadt
Guimarães europäische Kulturhauptstadt und gab aus diesem Anlass ein
Filmporträt zum Thema «Geschichten, die die Stadt zu erzählen hat» in
Auftrag. Zwei heimische Meister (de
Oliveira, Costa), ein Nachbar (der
Baske Erice) und ein Fremder (der in
Portugal lebende Finne Kaurismäki)
wurden um Beiträge gebeten, die,
dem Naturell und Erkenntnisinteresse der Filmemacher entsprechend, in
Stoff, Stil, Ton und Länge sehr unterschiedlich ausfallen. In ihrer Gesamtheit vermitteln sie nicht nur
einen Eindruck von Geschichte und
Gegenwart einer einzelnen Stadt,
sondern von der Vergangenheit
eines ganzen Landes und dem dortigen derzeitigen Stand der Dinge.
25. 10., 11 h, Stadtkino im Künstlerhaus
1. 11., 13.30 h, Urania
CHRONIK DER ANNA MAGDALENA BACH
BRD/I 1967, 94 Min, OF
R: Jean-Marie Straub, Danièle Huillet
D: Gustav Leonhardt, Christiane
Lang-Drewanz, Joachim Wolf,
Nikolaus Harnoncourt
DABBA (LUNCHBOX)
Die CHRONIK DER ANNA MAGDALENA BACH spricht über den täglichen Kampf des Komponisten Johann Sebastian Bach um seine Arbeit, sein Brot, seine Familie, Menschen bei der Arbeit, beim Singen,
beim Nähen. Der Film macht musikalische Materie sichtbar und hörbar, Geschichte spürbar und begreifbar, nicht durch Rekonstruktion,
sondern durch Konstruktion, indem
er Texte, Körper, Räume in Schwingung versetzt und zur Kollision
bringt. Die CHRONIK … ist ein materialistischer, mystischer und revolutionärer Film.
27. 10., 13 h, Gartenbaukino
COMPUTER CHESS
USA 2013, 93 Min, OmdU
R: Andrew Bujalski, D: Patrick Riester, Wiley
Wiggins, Myles Paige, Robin Schwartz
Es ist erst rund 30 Jahre her, da
waren Computer noch wahre Ungetüme, seltsam gewölbte Kästen mit
Kabelwirrwarr und dicken Scheiben.
Diese Zeit lässt Bujalski in COMPUTER CHESS mit Eleganz und Witz
8
wieder auferstehen. In einem Hotel
haben sich eine Handvoll Programmier-Nerds zusammengefunden, um
ihre Schach-Programme gegeneinander antreten zu lassen und dabei
geht es zu wie in Jacques Tatis PLAYTIME, wo die Zukunft so alt aussieht
wie die Vergangenheit nie war. In
Schwarzweiß, perfekt in Szene gesetzt vom österreichischen Kameramann Matthias Grunsky, ereignet
sich eine Comedie humaine des Digitalen, wie es sie feiner und intelligenter nicht geben kann.
29. 10., 15.30 h, Gartenbaukino
2. 11., 23.30 h, Urania
Indien/D/F/USA 2013, 105 Min, OmdU
R: Ritesh Batra, D: Nimrat Kaur, Irrfahn
Khan, Nawazuddin Siddiqui, Bharati
Achrekar
Da die Liebe bekanntlich durch den
Magen geht, bereitet die Hausfrau Ila
eines Tages eine köstliche Speise zu,
um ihren Mann zu bezaubern, der
sie vernachlässigt. Ein Nawadallah –
so heißen die Angestellten eines
Zustellservice in Mumbai – soll die
Lunchbox an dessen Arbeitsplatz
abliefern. Durch einen Irrtum landet
sie jedoch auf dem Schreibtisch des
verwitweten, in sich gekehrten
Beamten Saajan, der kurz vor der
Pensionierung steht. Und so stiftet
der Zufall eine Beziehung zwischen
zwei einsamen Menschen, die durch
beigelegte Briefchen zu einer Zone
der intimen Geständnisse erweitert
wird. Das Leben, ein Traum – doch
jeder Traum ist einmal zu Ende.
in anwesenheit von ritesh batra.
31. 10., 21 h, Urania
1. 11., 13 h, Kino am Schwarzenbergplatz
DAST-NEVESHTEHAA NEMISOOZAND
(MANUSCRIPTS DON’T BURN)
Iran 2013, 124 Min, OmdU/OmeU
R: Mohammad Rasoulof
In einem winterlichen, freudlosen
Teheran jagen Handlanger des Regimes eine Gruppe von Schriftstellern, um in den Besitz eines Manuskriptes zu gelangen, das die Regierung belasten würde. Rasoulof,
selbst ein Opfer der iranischen Zensur, verzichtet weitgehend auf
Schockbilder und drastische Effekte.
Das Grauen entfaltet sich im Konver-
sationston, das dreckige Geschäft
der Einschüchterung und des Mordens wird von den Schergen, die mit
ihren eigenen Dämonen kämpfen,
erledigt wie die Arbeit eines Installateurs. Folter und Tod sind entsetzlich, doch schlimmer ist, das zeigt
dieser Film in langen quälenden Einstellungen, der Verlust der Würde.
25. 10., 15.30 h, Gartenbaukino (OmdU)
28. 10., 11 h, Urania (OmeU)
FOR COLUMBINE wirkt wie ein langweiliges Feature. «We are here for
the bad guys», steht auf Matts TShirt, und das meint er auch. Ein
echtes Juwel.
in anwesenheit von Matt Johnson.
26. 10., 20.30 h, Kino am Schwarzenbergplatz
29. 10., 13 h, Gartenbaukino
DU ZHAN
(DRUG WAR)
Hongkong/China 2012, 107 Min, OmeU
R: Johnnie To, D: Sun Honglei, Louis Koo,
Huang Yi, Gao Yungxiang
Konkret, kompromisslos und mit
weit überhöhter Geschwindigkeit
brettert der wendungs- und figurenreiche DU ZHAN von Vieldreher und
Allround-Talent Johnnie To einher.
Ein präzise inszenierter Film über
einen Polizisten, der einen Drogenhändler verhaftet, und die sich daran
anschließenden Versuche des Polizisten, dessen Hintermänner habhaft zu werden, respektive des Drogenhändlers, den Kopf aus der
Schlinge zu ziehen. Es geht um alles
oder nichts. List und Tücke münden
in Hauen und Stechen, beides bis in
die letzte Konsequenz. Genrekino
vom Feinsten.
27. 10., 23 h, Gartenbaukino
6. 11., 19 h, Urania
LOS DUEÑOS
THE DIRTIES
prOpOSiTiOnS
Kanada/USA 2013, 83 Min, OF
R: Matt Johnson, D: Matt Johnson, Owen
Williams, Krista Madison, David Matheson
Die Schulfreunde Matt und Owen
nutzen die Möglichkeit eines Videokurses an ihrer Highschool für ein
Filmprojekt: Die Farce einer DetektivStory mit ihnen selbst in den Hauptrollen. Doch der Dreh und die Umstände nehmen seltsame Wendungen und führen am Ende zu einer
unerwarteten Eskalation. THE DIRTIES ist etwas vom Lustigsten und
Intelligentesten, was es seit langem
im Independentkino zu sehen gab.
Dagegen muten Gus Van Sant und
Richard Linklater und wie sie alle
heißen behäbig an, und BOWLING
schen Vitalität der Unterschicht,
stellt Sergio nach und macht sich
dabei zur Närrin. Der Mensch ist ein
ewiges Mängelwesen – quod erat demonstrandum. Am Schluss reisen
Pia und ihre Schwester ab, die fröhliche Anarchie kann weitergehen.
27. 10., 20.30 h, Kino am Schwarzenbergplatz
28. 10., 23.30 h, Urania
(THE OWNERS)
Argentinien 2013, 95 Min, OmeU
R: Agustín Toscano, Ezequiel Radusky
D: Rosario Bléfari, Germán De Silva,
Sergio Prina, Cynthia Avellanada
Sergio, Ruben und Alicia arbeiten
auf einer Hacienda im Norden Argentiniens. Da die Besitzer das Anwesen schon seit längerer Zeit verlassen haben, nutzen sie die Annehmlichkeiten des Herrenhauses –
den Pool, die komfortablen Betten –
für ihre eigenen Zwecke. Als eines
Tages überraschend Pia, die Tochter
des Eigentümers samt Anhang auftaucht, fliegt die Sache auf. Nun aber
nimmt das Mikro-Klassendrama eine
überraschende Wendung: Pia, im
Banne des Mythos von der eroti-
EIN GESPENST GEHT UM IN EUROPA
(A SPECTRE IS HAUNTING EUROPE)
D 2012, 48 Min, OmeU
R: Julian Radlmaier, D: Gio Korkashvilio,
Zurab Rtveliasvili, Jan Bachmann, Katja
Weilandt
Das Gespenst, das im zeitgenössischen Berlin umgeht, ist der Geist
des Dichters Wladimir Majakowski,
der in das Leben des georgischen
Zeitarbeiters Gela platzt und mit leidenschaftlichen Deklamationen die
Frage nach den Bedingungen der Revolution unter gegenwärtigen Ausbeutungsverhältnissen aufwirft.
Rund um diesen Hauptstrang blühen
zahlreiche Nebenhandlungen, mal
im Stile eines ruckelnden Stummfilms, dann wieder im Rahmen sorgfältig komponierter Farbtableaux.
Ein verwirrendes Spiel der Bilder,
Töne und Text-Inserts, das ständig
auseinanderzufliegen droht, aber
vom Formwillen des Regisseurs zu
einer zauberhaften «suprematistischen Komödie» gebändigt wird.
in anwesenheit von Julian radlmaier
und Mitgliedern des Teams.
Mit CHA FANG
28. 10., 18 h, Kino am Schwarzenbergplatz
29. 10., 11 h, Metro
FADING GIGOLO
USA 2013, 98 Min, OF
R: John Turturro, D: John Turturro, Woody
Allen, Sharon Stone, Vanessa Paradis
Als der alte Murray in finanzielle
Schwierigkeiten gerät, ist guter Rat
teuer. Doch unvermutet bietet sich
eine ungewöhnliche Gelegenheit:
Murrays Ärztin sucht nach dem Dritten für einen flotten Dreier, und Murrays bester Freund in besten Jahren,
der Florist Fioravante, stellt sich als
9
Spielfilme
GOLD
Gigolo Virgil zur Verfügung. Und
schon floriert ein Escort-Service. Und
schon stellen sich ernste Schwierigkeiten ein, als Virgil sich um die
Witwe eines chassidischen Rabbi
kümmern soll … Das Drehbuch zu
seinem mittlerweile fünften Film
schrieb Turturro in enger Zusammenarbeit mit Woody Allen. Man
merkt’s. Die Sensibilität im Umgang
mit dem Thema aber ist seine.
26. 10., 21.30 h, Gartenbaukino
27. 10., 11 h, Gartenbaukino
GERONTOPHILIA
Kanada 2013, 82 Min, OmeU
R: Bruce LaBruce, D: Pier-Gabriel Lajoie,
Walter Borden, Katie Boland, Marie-Hélène
Thibault
Vom Schwulenporno unter linken
Terroristen bis zum Sexexzess verwesender Zombies erstreckt sich bislang Bruce LaBruces filmische Welt
der gezielten Provokationen und des
lustvollen Tabubruchs. Umso erstaunlicher ist da GERONTOPHILIA,
die erotische Liebesgeschichte zwischen einem jungen Krankenpfleger
und einem Altersheiminsassen, die
sich als überraschend subtil, teilweise komisch und geradezu romantisch erweist. «Mein Sohn fickt einen
70-Jährigen, das ist pervers», ist die
hysterische Mutter außer sich. «Pervers ist nur, dass man diese Menschen behandelt, als kämen sie aus
NIGHT OF THE LIVING DEAD», gibt
der Junge trocken zurück.
2. 11., 23 h, Gartenbaukino
3. 11., 16.30 h, Urania
10
D/Kanada 2013, 113 Min, OmeU
R: Thomas Arslan, D: Nina Hoss, Marko
Mandic, Uwe Bohm, Lars Rudolph
Klondike lockt mit Goldklumpen, die
man lediglich vom Boden aufzuheben braucht. Doch der Weg dorthin
ist lang. Und beschwerlich. Und gefährlich. Das jedenfalls muss die
kleine Gruppe deutscher Einwanderer feststellen, die im Land der unbegrenzten Möglichkeiten noch einmal
einen Neuanfang wagen will und
sich von einem Kaff in British Columbia aus auf den Weg durch die
Wildnis macht. GOLD ist ein Western
in Zeitlupe mit Panoramablick. Reich
an Ereignissen, Geschichten und Details, genau beobachtet und mit Blick
aufs Wesentliche inszeniert. Ein
selbstbewusster Eintrag ins Genre,
der an eine große Tradition anknüpft
und diese zugleich transzendiert.
in anwesenheit von Thomas arslan.
25. 10., 20.30 h, Urania
26. 10., 13 h, Gartenbaukino
GRAND CENTRAL
F/A 2013, 94 Min, OmeU
R: Rebecca Zlotowski, D: Tahar Rahim, Léa
Seydoux, Denis Ménochet
Der junge Gary, der sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser hält, heuert in
einem Atomkraftwerk an, wo er, ausgestattet mit einem Messgerät, im
Bereich der stärksten Strahlung arbeiten muss. Trotz der riskanten
Rahmenbedingungen findet er Gefallen an dem Job, der ihm beschert,
was er lange gesucht hat: Geld,
Freunde und mit Karole eine Gespielin, die dummerweise mit seinem
Kumpel Toni liiert ist. So entwickelt
sich ein fatales Liebesdreieck im
Schatten der Reaktortürme. Regisseurin Zlotowski kostet die visuellen
Reize des ungewöhnlichen Schauplatzes aus und lädt das Drama
durch eine permanente Musikkulisse emotional auf. Bis es zur Kernschmelze der Gefühle kommt.
in anwesenheit von Gabriele
Kranzelbinder (produzentin).
31. 10., 23 h, Kino am Schwarzenbergplatz
5. 11., 13.30 h, Gartenbaukino
GRIGRIS
Tschad/F 2013, 101 Min, OmeU
R: Mahamat-Saleh Haroun, D: Souleymane
Démé, Anaïs Monory, Cyril Guei, Marius
Yelolo
In der Nacht verwandelt sich der
gehbehinderte Souleymane in den
Diskotheken von N’Djamena in den
umjubelten Tänzer Grisgris, der die
Leute mit seinen irren Moves zur Raserei treibt. Dort lernt er auch die
schöne Prostituierte Mimi kennen,
mit der ihn bald eine amouröse Allianz der Verlierer verbindet. Als sein
Stiefvater ernsthaft erkrankt, braucht
Souleymane dringend Geld und
schließt sich einer Benzinschmugglerbande an. Schnell wird er vom
Dieb zum Gejagten und flieht mit
seiner Königin der Nacht aufs Land.
Eine wortkarge Erzählung von Liebe
und Verbrechen mit Einstellungen,
die so intensiv sind, dass die Bilder
selbst zu sprechen beginnen.
30. 10., 13 h, Gartenbaukino
4. 11., 11 h, Stadtkino im Künstlerhaus
GRZELI NATELI DGEEBI
(IN BLOOM)
Georgien/D/F 2013, 102 Min, OmeU
R: Nana Ekvtimishvili, Simon Groß
D: Lika Babluani, Mariam Bokeria, Zurab
Gogaladze, Data Zakareishvili
Tiflis 1992: Georgien im Umbruch,
Streit und Unfrieden allerorten, speziell aber zwischen den Geschlechtern. Die zurückhaltende Eka und
die forsche Natia sind beste Freundinnen. 14-Jährige an der Schwelle
des Erwachsenwerdens. Das dann
viel zu früh kommt: Von einem Verehrer erhält Natia eine Pistole, von
einem anderen wird sie wenig später
entführt. Darauf folgt eine Hochzeit,
bei der Eka sich – in einer großen
Tanzszene – erstmals als Frau behauptet. Und während die eine die
Gewalttradition fortsetzt, wagt die
andere den Neuanfang. – «A girl and
a gun» ist ein todsicheres Rezept,
muss aber nicht heißen, dass auch
ein Schuss abgegeben wird.
31. 10., 18.30 h, Stadtkino im Künstlerhaus
1. 11., 11 h, Stadtkino im Künstlerhaus
Lichtwitz Leinfellner visuelle Kultur KG
YOUR FIRST
CONTACT
FOR FILMING
IN VIENNA
WWW.VIENNAFILMCOMMISSION.AT
VIENNA
FILM COM
MISSION
Spielfilme
HISTÒRIA DE LA MEVA MORT
(STORY OF MY DEATH)
prOpOSiTiOnS
E/F 2013, 150 Min, OmeU
R: Albert Serra, D: Vicenç Altaió, Lluís Serrat,
Noelia Rodenas, Clara Visa
fields drittem Film, und zwar auf die
denkbar souveränste Weise: ohne
dass viel passieren müsste. Mehr als
einen aufmerksamen Blick und Mitgefühl braucht es nicht. Und hin und
wieder wird live ein Lied gesungen.
in anwesenheit von Matt porterfield.
2. 11., 21 h, Stadtkino im Künstlerhaus
3. 11., 13 h, Gartenbaukino
ICH FÜHL MICH DISCO
(I FEEL LIKE DISCO)
Ursprung des Films ist eine historische Spekulation, die unmögliche
Begegnung zwischen dem legendären, italienischen Verführer Casanova und dem transsylvanischen, vampiristischen Grafen Dracula. Eine Art
Showdown der Zeiten und Kulturen.
Und wie Serra das als ein höchst
sinnliches, traumwandlerisches, von
Ideen und Bezügen überbordendes
Stück Kino erstehen lässt, ist das
reinste Seh- und Hörvergnügen. Ein
Kostümfilm, ein Konversationsstück,
eine Horrorelegie, trashig und von allerreichster Sorgfalt, Pop und Ernsthaftigkeit in einem. Ausgezeichnet
mit dem «Goldenen Leoparden» von
Locarno. Während die Wölfe ums
nächtliche Feuer schleichen.
in anwesenheit von albert Serra und
Montse Triola (produzentin).
28. 10., 18 h, Metro
30. 10., 17.30 h, Gartenbaukino
I USED TO BE DARKER
USA 2013, 90 Min, OmdU
R: Matt Porterfield, D: Deragh Campbell,
Hannah Gross, Kim Taylor, Ned Oldham
D 2013, 95 Min, OmeU/OF
R: Axel Ranisch, D: Frithjof Gawenda, Heiko
Pinkowski, Christina Große, Robert
Alexander Baer
«Dicke Kinder kann man weniger
leicht entführen» – dieser Spruch
ziert Floris Zimmer und Flori ist ein
dicklicher, pubertierender Junge im
Dauerclinch mit seinem Vater, aber
zärtlich verstanden von seiner Mutter. Und nichts wünscht sich Flori
mehr, als entführt zu werden, etwa
von dem hübschen Jungen Radu. Als
die Mutter ins Koma fällt, gerät die
Familie aus dem Gleichgewicht und
Flori gewaltig ins Schleudern. «Mach
einen Film darüber, womit du dich
auskennst», hatte Rosa von Praunheim seinem jungen Filmschüler
Axel Ranisch geraten, und ICH FÜHL
MICH DISCO ist genau das: ein witziger, peinlicher, berührender, ehrlicher und verrückter kleiner Film.
29. 10., 18.30 h, Urania (OF)
1. 11., 23 h, Kino am
Schwarzenbergplatz (OmeU)
BOLI ein «heterosexuelles Meisterwerk» nennen. Guiraudies Film ist
ein souveräner, betörender Versuch
über das Begehren, die Liebe, die
Natur, die Körper, die Angst, die Zeit.
Eine Komödie und Tragödie zugleich. Film und Leben in einem. Viel
mehr ist vom Kino nicht zu haben.
in anwesenheit von alain Guiraudie.
4. 11., 21 h, Gartenbaukino
6. 11., 13.30 h, Urania
INSIDE LLEWYN DAVIS
USA 2013, 105 Min, OmdU
R: Joel Coen, Ethan Coen, D: Oscar Isaac,
Carey Mulligan, John Goodman, Garrett
Hedlund
Greenwich Village, Winter 1961.
Folksänger Llewyn Davis schlägt sich
mit Auftritten in Kneipen durch,
schläft bei Bekannten am Sofa, wird
von seiner Freundin vor die Tür gesetzt, und schließlich läuft auch
noch die Katze weg, auf die er hätte
aufpassen sollen. Das klingt ein bisschen komisch und ein wenig traurig
und das ist es auch, aber mit jenem
unverwechselbaren, tragisch-absurden Touch erzählt, den die Coen
Brothers so schlafwandlerisch beherrschen. Immer einen Schritt vorm
Abgrund, aber voller verrückter
Hoffnung. «Ihr bisher vielleicht
reinster und unschuldigster Film»,
L’INCONNU DU LAC (DER FREMDE AM SEE)
Plötzlich steht Taryn vor der Tür. Der
spontane Besuch der Nichte aus
Nordirland kommt Kim und Bill
nicht wirklich gelegen, stecken sie
doch mitten in einer schmerzhaften
Trennungsphase. Tochter/Cousine
Abby hat demnach auch andere Sorgen. Nur, Taryn ist nicht im Zuge
einer Vergnügungsreise bei den Verwandten in Baltimore gelandet,
Taryn hat ein existenzielles Problem.
Es wird eine Menge erzählt in Porter12
F 2013, 97 Min, OmdU
R: Alain Guiraudie, D: Pierre Deladonchamps,
Christophe Paou, Patrick d’Assumçao,
Jérôme Chappatte
Mit Alain Guiraudie ist in den letzten
Jahren im französischen Kino ein
wirklicher Meister herangewachsen,
ein wunderbarer und subtiler Primitiver, weit weg von den Pariser Salons und cinephilen Befindlichkeiten
vieler seiner Kollegen. Die Kritik hat
seinen neuen Film ein «schwules
Meisterwerk» genannt, was so lächerlich ist, als würde man STROM-
meinte ein Kritiker, «und das ist eine
ziemlich große und überraschende
Errungenschaft.»
Mit VIENNALE-TRAILER 2013:
ILLUSIONS & MIRRORS
24. 10., 19.30 h, Gartenbaukino
(Eröffnungsgala)
24. 10., 23 h, Gartenbaukino
25. 10., 11 h, Gartenbaukino
IT FELT LIKE LOVE
USA 2012, 82 Min, OF
R: Eliza Hittman, D: Gina Piersanti, Giovanna
Salimeni, Ronen Rubinstein, Jesse Cordasco
Die 14-jährige Lila verbringt den
Sommer am Strand von Brooklyn.
Meist als unsichtbare Dritte im
Schlepptau ihrer älteren Freundin
Chiara, die ihr Liebesglück mit
Patrick ausgiebig in der Öffentlichkeit zelebriert. Das muss sich ändern
und so stürzt sich Lila mit Leidenschaft in das lokale Lasterleben, um
erste sexuelle Erfahrungen zu sammeln. Regisseurin Hittman inszeniert diese Coming-of-Age-Geschichte als Schattenspiel im Halbdunkel
zum Rhythmus von darken Hip HopBeats. Am nachhaltigsten aber brennen sich die schwarz umrandeten,
traurigen Augen der Hauptdarstellerin ins Bewusstsein, die mehr zu
wissen scheinen als die Person, der
sie gehören.
Mit HAB’ SO LANG AUF DICH GEWARTET
29. 10., 20.30 h, Kino am Schwarzenbergplatz
5. 11., 14 h, Urania
LA JALOUSIE
(JEALOUSY)
F 2013, 77 Min, OmeU
R: Philippe Garrel, D: Louis Garrel, Anna
Mouglalis, Rebecca Convenant, Olga
Milshtein
JEUNE & JOLIE
(JUNG & SCHÖN)
F 2013, 93 Min, OmdU
R: François Ozon, D: Marine Vacth, Géraldine
Pailhas, Frédérick Pierrot, Fantin Ravat
JIMMY P. (PSYCHOTHERAPY
OF A PLAINS INDIAN)
Ein Jahr im Leben der jungen Isabelle, an dessen Ende sie eine andere
ist. Eine Veränderung, die Ozon mit
Hinweisen versieht, mit Ahnungen,
mit vorläufigen Erklärungen und sie
doch zugleich in völliger Schwebe
lässt. Vom Verlust der Unschuld zum
Verkauf der Liebe. Doch das wahre
Ereignis des Films ist seine Hauptdarstellerin, die junge Marine Vacth,
eine Person zugleich nach innen gewandt und nach außen gekehrt, von
einer bressonischen Gewalt wie die
junge Dominique Sanda. Sie macht
diesen Film ganz zu ihrem eigenen.
in anwesenheit von Marine Vacth.
29. 10., 18 h, Gartenbaukino
30. 10., 11 h, Gartenbaukino
5. 11., 6.30 h, Stadtkino im Künstlerhaus
JIAO YOU
(STRAY DOGS)
Man könnte die bisherigen Filme
Philippe Garrels zu einem einzigen
film fleuve montieren mit dem Titel
«Éducation Sentimentale». «Die Erziehung des Herzens» ist Garrels
Obsession und Leidenschaft und LA
JALOUSIE handelt davon in reinster
Form. Eine Erzählung der Eifersucht,
des Verlassenwerdens, der neuen
Liebe, der alten Verbindung. Ein
Mann, eine Frau, ein Kind, eine Frau.
Garrell lässt diese autobiografische
Erinnerung erstehen in fast mechanischer Schlichtheit, unaffektiert,
beschwörend. Und vom grandiosen
Kameramann Willy Kurant wird sie
in Schwarzweiß in Szene gesetzt, so
als wären alle Farben der Welt darin
enthalten.
31. 10., 21 h, Gartenbaukino
4. 11., 23.30 h, Urania
ist ein Kosmos für sich, eine Entdeckungsreise, ein Taumel und eine
Erschütterung. Eine Reise ans Ende
der Nacht.
2. 11., 18 h, Gartenbaukino
3. 11., 11 h, Stadtkino im Künstlerhaus
Taiwan/F 2013, 138 Min, OmeU
R: Tsai Ming-liang, D: Lee Kang-sheng,
Lu Yi-ching, Lee Yi-cheng, Lee Yi-chieh
Tsai Ming-liang ist einer der bedeutendsten Meister des asiatischen
Kinos und mit seinem neuen Film
hat er das erneut eindrücklich bewiesen. Wo sich andere in einer
halbherzigen Nacherzählung ihrer
scheinbar originellen Ideen erschöpfen, entwirft der Taiwanese eine radikale, jeder Wahrscheinlichkeit und
Ökonomie spottende filmische Welt.
Zeichnet das Bild einer ausgestoßenen Familie in einem verfallenen
Haus am Rande der Metropole Taipeh. Und jede einzelne der langen,
intensiven Einstellungen des Films
F/USA 2013, 114 Min, OF
R: Arnaud Desplechin, D: Benicio Del Toro,
Mathieu Amalric, Gina McKee, Larry Pine
Kansas, 1948. Die Ärzte des Militärspitals sind ratlos, denn physisch ist
eigentlich alles in Ordnung mit
James Picard. Möglicherweise leidet
der Kriegsveteran ja an einem «Indianer-spezifischen» Syndrom? Man
zieht den Ethnologen und Psychoanalytiker Georges Devereux zu
Rate. Tatsächlich gelingt dem kundigen und einfühlsamen Doktor bald
schon eine Verbindung zu dem
verschlossenen Blackfoot und er
geht mittels Traumdeutung daran,
Jimmys Verkrampfungen zu lösen –
dabei gilt wie immer: Cherchez la
femme! JIMMY P. beruht auf einem
realen Fall und stellt den Charakter
und dessen Selbstermächtigung über
die eigene Geschichte ins Zentrum
seiner Erzählung.
4. 11., 18 h, Gartenbaukino
5. 11., 23.30 h, Stadtkino im Künstlerhaus
JING CHA RI JI
(TO LIVE AND DIE IN ORDOS)
China 2013, 113 Min, OmeU
R: Ning Ying, D: Wang Jingchun, Chen
Weihan, Sun Liang
Die Großstadt Ordos in der Inneren
Mongolei ist eine jener Boomtowns,
die durch rasende Industrialisierung
zu einem Brennpunkt ökonomischer
und sozialer Widersprüche wird. In
die dortigen Gegensätze und Konflikte schreibt Ning Ying ihre Cop-Story
vom Aufstieg und Fall eines ModellPolizisten ein, eines Mannes, dessen
Ehrgeiz ihn in gefährliche und unlösbare Situationen verwickelt, der die
Ärmsten seines Volkes verrät und
seine Familie aufgibt. Die Weise, in
der der ambivalente Heroismus des
13
Spielfilme
nischen Hausmädchen, unterbrechen Lisos Erfahrung zunehmender
Entfremdung mit gelingender Nähe
und tieferem Verständnis. Das alles
geht sehr ruhig vor sich. Dann knallt
es – und endlich kehrt Frieden ein.
in anwesenheit von Santiago loza.
27. 10., 18.30 h, Stadtkino im Künstlerhaus
29. 10., 13.30 h, Urania
Protagonisten hier verhandelt wird,
macht diese quasi offizielle chinesische Produktion zu einem ebenso
faszinierenden Studienobjekt wie
makellosen Genrefilm.
in anwesenheit von ning Ying.
2. 11., 18.30 h, Urania
3. 11., 21 h, Stadtkino im Künstlerhaus
JOE
USA 2013, 117 Min, OF
R: David Gordon Green, D: Nicolas Cage, Tye
Sheridan, Gary Poulter, Ronnie Gene Blevins
nis von einem Film, ein gewagtes
Experiment und eine schöne, sinnliche, unmittelbare Beschwörung der
alltäglichen, menschlichen Erlebnisse und Handlungen, verzaubert
durch den Blick des Kinos.
31. 10., 21 h, Metro
1. 11., 15.30 h, Kino am Schwarzenbergplatz
KEIN GROSSES DING
David Gordon Green ist bei der diesjährigen Viennale mit zwei sehr unterschiedlichen Filmen vertreten.
Der road comedy PRINCE AVALANCHE, einer Geschichte über zwei ungleiche Buddies, und dem düsteren
southerner JOE, der Geschichte einer
ungleichen Freundschaft zwischen
einem bitteren Loner und einem jungen Burschen. Inmitten von Einsamkeit, Gewalt und zerrütteten Verhältnissen entsteht eine vorsichtige
Freundschaft, die dem Jungen einen
Weg ins Leben eröffnen und seinem
väterlichen Freund die Erlösung von
den Geistern seiner Vergangenheit
bringen soll. Nicolas Cage als Joe
zeigt eine seiner besten schauspielerischen Leistungen seit langem.
29. 10., 20.30 h, Gartenbaukino
2. 11., 13 h, Gartenbaukino
D 2013, 83 Min, OF
R: Klaus Lemke, D: Thomas Mahmoud,
Henning Gronkowski, Tini Bönig, Matthias
Lier
Ein richtiger Lemke: schnell, verwirrend, cool, ein bisschen traurig und
eine schöne Liebeserklärung an Berlin. Die Geschichte zu erzählen hat
nicht viel Sinn, denn Klaus Lemke
dreht einen Film so wie seine Figuren ein Ding drehen, nicht perfekt
durchgeplant, ein wenig schlafwandlerisch, aber mit großem Herzen.
Von Ferne erinnert KEIN GROSSES
DING an die Arbeit von Jacques Rivette, aber diesmal stehen nicht Céline und Julie auf der Bühne des Kabaretts, sondern Henning und Mahmoud als Pirat und James Brown.
Seid nicht blöd, seht euch den neuen
Lemke an!
in anwesenheit von Klaus lemke und
Mitgliedern des Teams.
25. 10., 21 h, Stadtkino im Künstlerhaus
26. 10., 13.30 h, Metro
LA JUNGLA INTERIOR
(THE INNER JUNGLE)
E 2013, 70 Min, OmeU
R: Juan Barrero, D: Gala Pérez Iñesta,
Enriqueta White, Luz Barrero
Ein Film, der von verschwenderischer Fantasie, feinster Beobachtung
und musikalischer Struktur getragen
ist. Die Forschungen eines Paares in
der Vergangenheit, nach der Herkunft eines Mannes, ein Besuch in
der Stadt seiner Kindheit, ein Versuch, alte Rätsel zu lösen, um ein
neues, gemeinsames Leben zu
beginnen. Aber die Pläne für eine
Zukunft jenseits der alten Gespenster fangen an zu verblassen, als der
Mann eine Reise antritt, nach der
sich alles verändert hat. Ein Geheim14
LANCELOT DU LAC
F 1974, 83 Min, OmeU
R: Robert Bresson, D: Luc Simon, Laura Duke
Condominas, Humbert Balsan, Vladimir
Antolek-Oresek
Ritter Lancelot kehrt von der Suche
nach dem heiligen Gral mit leeren
Händen an König Artus’ Hof zurück.
Der König beschließt, die Tafelrunde
für immer zu beenden. Auf sich
zurück verwiesen gerät Lancelot in
ein unheiliges Verderben: den Mord
an seinem Freund Gawain, die verbotene Liebe zur Königin Guinévre.
Als das Gegenteil aller Ritterfilme
und Mittelalterepen beschreibt
Bresson hier eine nahezu moderne,
gottlose Welt der Gewalt und des
Verderbens, in der die Ritter momenthaft wie blecherne Roboter
einer verlorenen Utopie durch
Schlosshöfe, Wälder und über Turnierplätze taumeln. Und unter dem
Eisen der Rüstung schlägt ein
tödlich verwundetes Herz.
6. 11., 23 h, Kino am Schwarzenbergplatz
LA PAZ
Argentinien/Bolivien 2013, 73 Min, OmeU
R: Santiago Loza, D: Lisandro Rodriguez,
Andrea Strenitz, Fidelia Batallanos Michel,
Beatriz Bernabe
Liso wird aus einer psychiatrischen
Anstalt entlassen. Was ihn dorthin
gebracht hat, erfährt man zwar nicht,
beobachtet den jungen Mann in der
Folge jedoch in dem Verdacht, er
könne schlimmer Dinge fähig sein.
Liso versucht, wieder Fuß zu fassen
in Familie, Freundeskreis, Gesellschaft – die Irritation über das Nichtgelingen dieses Versuchs spiegelt
sich in seinem Gesicht. Nur die Motorradtouren mit der Oma und die
Freundschaft mit Sonia, dem bolivia-
LOCKE
GB 2013, 85 Min, OF
R: Steven Knight, D: Tom Hardy
Der Baustellenleiter Ivan Locke zieht
seine Gummistiefel aus, steigt ins
Auto und macht sich auf den Nachhauseweg. Aber die Fahrt führt in
eine andere Richtung, weg von Heim
und Familie, weg aus der alten, vertrauten Welt. Über das Telefon will
Locke sich erklären, mitteilen, versöhnen, will alles ungeschehen machen, die große Kurve des Lebens
ausfahren, Ordnung ins Chaos bringen. Ein Mann im Auto unterwegs –
darauf ist LOCKE reduziert. Ein
spannendes, von Tom Hardy groß
Nora von Waldstätten
EIN FILM VON
Ursula Strauss
Götz Spielmann
Peter Simonischek Sebastian Koch Johannes Zeiler
Kamera Martin
Gschlacht // Montage Karina Ressler // Ton Heinz K. Ebner, Uve Haussig // Ausstattung Katharina Wöppermann, Susanne Hopf // Kostüm Erika Navas
Maske Susanne Weichesmiller, Jenny Popova // Casting Lisa Oláh // Sounddesign Bernhard Bamberger // MiSchung Bernhard Maisch
buch & regie Götz Spielmann // Produzenten Antonin Svoboda, Martin Gschlacht, Bruno Wagner, Götz Spielmann // eine Produktion der coop99 filmproduktion und SpielmannFilm
AB 8. NOVEMBER IM KINO
www.oktober-november.at
Spielfilme
gespieltes, atemloses Kammerspiel.
Denn wenn diese Maschine des
Lebens einmal in Gang gesetzt ist,
gibt es kein Halten, kein Abbiegen,
keine Rast. Ein so unmöglicher wie
ungewöhnlicher Film.
in anwesenheit von Steven Knight.
6. 11., 20.30 h, Gartenbaukino
(Abschlussgala)
6. 11., 23.30 h, Gartenbaukino
EL LORO Y EL CISNE
(THE PARROT AND THE SWAN)
Argentinien 2013, 100 Min, OmeU
R: Alejo Moguillansky, D: Luciana Acuña,
Rodrigo Sánchez Mariño, Walter Jakob, Luis
Biassotto
Endlich darf auch der Tonmann
mal ins Bild. Loro sieht nicht gerade
aus wie ein Hauptgewinn und besonders gesprächig ist er auch nicht,
aber stille Wasser sind bekanntlich
tief. Während seine eifersüchtige
Freundin Valeria theatralisch aus
dem Bild verschwindet, nähert sich
vom Blickfeldrand die Tänzerin Su.
Unterdessen sammeln Loro und die
dokumentarfilmende Gurkentruppe,
der er angehört, Material über die –
klassische, folkloristische, zeitgenössische – Tanzszene in Buenos Aires.
So kommt man in den Genuss von
allerlei Darbietungen, Rand- und
Nebenbemerkungen sowie Fußnoten
und Exkurse und hat am Ende doch
eine Romanze gesehen.
25. 10., 15.30 h, Kino am Schwarzenbergplatz
1. 11., 11 h, Urania
LUKAS NINO
(LUKAS THE STRANGE)
Philippinen 2013, 82 Min, OmeU
R: John Torres, D: Cheeno Ladera Dalog,
Glency Mallillin, Edilberto Marcelino,
Tao Aves
Filmproduktion an alte philippinische Kinodramen, künstliche Kratzer
im zum Teil verfärbten Bildmaterial
und eine Szene im Prolog verstärken
den Eindruck noch. Nebenbei bekommt man eine Vorstellung von
den Wohn- und Lebensbedingungen
philippinischer Provinzbewohner.
(Siehe auch S. 48: In Focus John
Torres)
in anwesenheit von John Torres.
30. 10., 21 h, Urania
3. 11., 13 h, Kino am Schwarzenbergplatz
MEDEAS
USA/I 2013, 98 Min, OF
R: Andrea Pallaoro, D: Catalina Sandino
Moreno, Brian F. O’Byrne, Kevin Alejandro,
Ian Nelson
MES SÉANCES DE LUTTE
(LOVE BATTLES)
Der Titel dieses Films erregt bereits
den Verdacht, das die Chose unter
Umständen schlecht ausgehen könnte. Doch der Weg dorthin ist lang.
MEDEAS beobachtet den Zerfall
einer Farmersfamilie im Südwesten
der USA und verzichtet dabei fast
vollständig auf Psychologie. Inmitten
einer weiten, sonnengedörrten Landschaft entfaltet sich in hypnotischer
Ereignislosigkeit ein wortkarges
Drama in Bildern, deren Kadrage an
Gemälde von Edward Hopper erinnert. Ein mörderischer Konflikt zwischen Kontrollzwang und Freiheit,
zwischen Intimität und Entfremdung. Jeder Mensch in seiner Nacht.
in anwesenheit von andrea pallaoro.
3. 11., 21 h, Urania
4. 11., 11 h, Urania
DAS MERKWÜRDIGE KÄTZCHEN
(THE STRANGE LITTLE CAT)
Wie ein Wirbelwind stürmt ein Filmteam in ein Dorf, sorgt für Aufregung
und heuert Einheimische als Darsteller in einem Action-Film an, in dem
ein Knabe die Hauptrolle spielen
soll. Es folgen Proben, Dreharbeiten,
man sieht verschiedene Takes einzelner Szenen. In Darstellungsweise
und Dramaturgie erinnert die fiktive
16
gehen. Aber wieso ist das alles so
eigenartig, geheimnisvoll und doch
ganz alltäglich, so verwirrend
manchmal? Alles geschieht und
nichts passiert. Und was macht das
merkwürdige Kätzchen, das gar
nicht merkwürdig ist? Ohne Zweifel
einer der ungewöhnlichsten und sehenswertesten Filme diesen Jahres.
in anwesenheit von ramon zürcher,
Jenny Schily und Mitgliedern des Teams.
29. 10., 21 h, Urania
30. 10., 15.30 h, Gartenbaukino
D 2013, 72 Min, OmeU
R: Ramon Zürcher, D: Jenny Schily, Anjorka
Strechel, Mia Kasalo, Luk Pfaff
Für ein Debüt eine ziemlich ausgekochte Arbeit. Zürcher findet mit
schlafwandlerischer Sicherheit zu
einem ganz eigenen Stil, lakonisch,
vielstimmig, mit leichter Hand choreografiert. Eine Familie mitsamt Anhang ist dabei das zu tun, was sie
immer tut. Kochen, Schulaufgaben
machen, Oma abholen, einkaufen
F 2013, 98 Min, OmeU
R: Jacques Doillon, D: Sara Forestier, James
Thiérrée
Geschlechterkampf wörtlich genommen. Seit es zwischen dem Mann
und der Frau ein Missverständnis in
Sachen Anziehung und Verführung
mit der Folge jeweils gekränkter
Eitelkeit gab, haben die beiden eine
Rechnung miteinander offen. Über
deren Begleichung nun verhandelt
wird, über mehrere Runden und mit
stetig zunehmender Vehemenz, um
nicht zu sagen: Brutalität. Auf den
verbalen Schlagabtausch folgen die
ersten Scharmützel und schon entwickelt sich aus Grabenkämpfen
eine offene Feld-Schlamm-Schlacht.
In die sich die beiden, zum Glück
akrobatisch geschulten Hauptdarsteller mit Wucht, Verve und ansteckender Begeisterung stürzen. Man
weiß, wie dergleichen endet.
in anwesenheit von Jacques Doillon.
2. 11., 21 h, Urania
3. 11., 11 h, Metro
METRAN MENHADA
AL-TURAB
prOpOSiTiOnS
(TWO METERS OF THIS LAND)
Palästina 2012, 80 Min, OmeU
R: Ahmad Natche
Ein palästinensischer Film, der dem
Klischee entgegenarbeitet. Statt Blut,
Schweiß und Tränen sieht man eine
kosmopolitische Gruppe von Menschen aus allen Altersstufen, die ein
Open-Air-Musikfestival in Ramallah
vorbereiten und sich vorwiegend
über Privates austauschen. Das palästinensische Problem kommt nur
en passant zur Sprache, gewissermaßen zwischen den Kadern. METRAN
MEN HADA AL-TURAB zeigt eindrucksvoll, dass es auch im Ausnahmezustand einen lustbetonten Alltag
gibt. Alle Energien sind wie Eisenfeilspäne auf das kulturelle Ereignis
ausgerichtet, das sich erst im
Abspann in einem musikalischen
Kataklysmus offenbart.
in anwesenheit von ahmad natche.
27. 10., 18 h, Kino am Schwarzenbergplatz
31. 10., 18.30 h, Metro
ne Schauplätze, bescheidene Ausstattung. Das Ergebnis ist ein in seiner unmittelbaren Ausdruckskraft
geradezu unheimlich verdichteter
Film, in dem jede Geste, jeder Blick,
jedes Wort, jeder Windstoß und jede
Wolke mit über sich selbst hinausweisender Bedeutung aufgeladen ist.
in anwesenheit von arnaud des pallières
und Christelle berthevas (Drehbuch).
1. 11., 20.30 h, Gartenbaukino
2. 11., 11 h, Urania
MODERN TIMES
USA 1936, 87 Min, OmdU
R: Charlie Chaplin, D: Charlie Chaplin,
Paulette Goddard, Stanley Sandford, Chester
Conklin
Man muss keine besondere Begründung dafür liefern, warum dieser
Film im Hauptprogramm der Viennale läuft. MODERN TIMES erklärt
sich selbst und steht für sich. Aber
diese Vorführung ist dem Künstler
unserer Retrospektive, Jerry Lewis,
gewidmet. MODERN TIMES ist einer
seiner Lieblingsfilme; Charlie
Chaplin selbst hat Lewis eine Kopie
des Films geschenkt, und wenn Sie
genau hinsehen, werden Sie in dem
verzweifelten Fließbandarbeiter von
Chaplins Komödie einen brother-inarms der Lewis’schen Bellboys,
Ladies Men und Errand Boys entdecken. Im Kino gewesen. Geweint und
gelacht.
1. 11., 10.30 h, Gartenbaukino
MICHAEL KOHLHAAS
F/D 2013, 122 Min, OmdU
R: Arnaud des Pallières, D: Mads Mikkelsen,
Mélusine Mayance, Delphine Chuillot, David
Kross
Heinrich von Kleists 1810 erschienene Novelle «Michael Kohlhaas» handelt auf ökonomisch knappe Weise
und bis zum bitteren Ende vom Widerstand eines Individuums gegen
die Willkür der Herrschenden sowie
von der Differenz zwischen Recht
und Gerechtigkeit. Arnaud des Pallières verfilmt dies auf nicht minder
ökonomische Weise. Allgemeine Reduktion statt Historienfilm-Opulenz:
O-Ton, natürliches Licht, vorgefunde-
der Hund nicht umsonst, aber er
kann nichts dafür, er will wahrscheinlich nur spielen. Als Marek erfährt, dass er einen Halbbruder hat,
dessen Vater Roma war, beginnt es
tief in seinem Inneren zu brodeln,
entsteht ein Konflikt. Doch sein Gesicht bleibt eine undurchdringliche
Maske. Bis zum bitteren Ende.
in anwesenheit von Mira fornay und
Maria fornayova.
29. 10., 18.30 h, Metro
30. 10., 13 h, Kino am Schwarzenbergplatz
MÔJ PES KILLER
(MY DOG KILLER)
SK/CZ 2013, 90 Min, OmeU
R: Mira Fornay, D: Adam Mihál, Marián Kuruc,
Irena Bendová, Maria Fornayova
MOUTON
(SHEEP)
F 2012, 100 Min, OmeU
R: Marianne Pistone, Gilles Deroo, D: David
Merabet, Michael Mormentyn, Cindy
Dumont, Benjamin Cordier
Der 17-jährige Aurélien, genannt
Mouton, hat nicht gerade die besten
Karten im Überlebenskampf: der
Vater seit langem verschwunden, die
Mutter eine verkommene Person, der
man das Sorgerecht entzieht. Trotzdem macht er als Lehrling in einem
Fischrestaurant eine gute Figur. Bis
ihm – out of the blue – bei einem
Fest ein großes Unglück widerfährt.
Dieser Spielfilm im Doku-Style mit
einer häufig immobilen Kamera interessiert sich für das Profane und das
Alltägliche des Arbeitslebens und
verleiht gerade durch die Kargheit
seiner Mittel der Unausweichlichkeit
des Schicksals visuelle Dringlichkeit.
1. 11., 20.30 h, Kino am Schwarzenbergplatz
2. 11., 13.30 h, Stadtkino im Künstlerhaus
NEBRASKA
Ein Tag im Leben des 18-jährigen
Marek, der perspektivlos irgendwo
am Land dahin dümpelt – ohne Mutter, die lang schon verschwunden ist,
dafür mit einem Vater, der säuft –
und sich mangels Alternativen den
örtlichen Skinheads angeschlossen
hat. Mareks einziger «Freund» ist ein
mächtiger Kampfhund, dessen Killer-Potenzial auch die RassistenKumpane schätzen. Und Killer heißt
USA 2012, 115 Min, OF
R: Alexander Payne, D: Bruce Dern, Will
Forte, June Squibb, Bob Odenkirk
Angesiedelt im Mittleren Westen, gedreht in Schwarzweiß und mit einem
großartigen Bruce Dern in der
Hauptrolle des alten Spinners
Woody, berichtet Payne auf groteskvertrackte Weise von einem, der auszog, sein Glück zu versuchen. Ein
Glück, das Woody von einem Losgewinn verheißen wurde – was aber
nur ein schäbiger Werbespruch war!
17
Spielfilme
Dennoch macht er sich auf, seinen
Gewinn einzustreichen. Weit kommt
er nicht. Ein liebevoller und geduldiger Film über das Älterwerden, die
Familie, das Land und jene ewige
amerikanische Illusion des pursuit
of happiness. Diesmal ist es Woody,
der Alte aus Hawthorne, der sein
Glück versucht.
25. 10., 20.30 h, Gartenbaukino
5. 11., 11 h, Gartenbaukino
ums Leben kommt. Aus dem Traum
von einer besseren Welt wird ein
Albtraum der Verfolgung, des Misstrauens und des tödlichen Wahns.
Von diesem Bruch erzählt NIGHT
MOVES, von der schmalen Linie
und dem plötzlichen Erwachen. Ein
dunkler, spannender, versponnener
und intensiver Film.
30. 10., 21 h, Gartenbaukino
2. 11., 10.30 h, Gartenbaukino
NEW WORLD
NORTE, HANGGANAN NG KASAYSAYAN
Südkorea 2012, 134 Min, OmdU
R: Park Hoon-jung, D: Lee Jung-jae, Choi
Min-sik, Hwang Jung-min, Park Sung-woong
Nach dem Unfalltod des Big Boss
brechen in einer koreanischen
Gangsterorganisation die Diadochenkämpfe aus. Und die Polizei,
die einen Maulwurf eingeschleust
hat, mischt kräftig mit. Armeen von
Männern in dunklen Anzügen sind
ständig in Bewegung in diesem
Schachspiel um die absolute Macht,
das zwischen eleganten Restaurants,
schicken Apartments und heruntergekommenen Lagerhäusern ausgetragen wird. Park Hoon-jung
transzendiert das Genre des Gangsterfilms und stellt grundsätzliche
Fragen nach Recht und Unrecht,
nach Loyalität und Verrat. Gewalt
wird dosiert eingesetzt, doch wenn
die Bestie einmal losgelassen ist,
spritzt das Blut meterweit.
28. 10., 23 h, Gartenbaukino
1. 11., 13.30 h, Stadtkino im Künstlerhaus
NIGHT MOVES
USA 2013, 112 Min, OF
R: Kelly Reichardt, D: Jesse Eisenberg,
Dakota Fanning, Peter Sarsgaard, Alia
Shawkat
(NORTE, THE END OF HISTORY)
OKTOBER NOVEMBER
Philippinen 2013, 250 Min, OmeU
R: Lav Diaz, D: Archie Alemania, Angeli
Bayani, Soliman Cruz, Angelina Kanapi
A 2013, 115 Min, OF/OmeU
R: Götz Spielmann, D: Ursula Strauss, Nora
von Waldstätten, Peter Simonischek,
Sebastian Koch
Zwei ungleiche Schwestern, Gastwirtin im elterlichen Betrieb in einem
Bergdorf die eine, erfolgreiche, bewunderte Schauspielerin in der großen Stadt die andere. Dazwischen
der alte Vater, der nicht alt werden
will, aber mit einer ernsten Krankheit kämpft. Die Mutter, vor Jahren
gestorben, hat ihrer Familie ein entzweiendes Geheimnis hinterlassen.
In dieser dramatischen Konstruktion
spinnt Spielmann ein reiches und
dichtes erzählerisches Netz an Beziehungen, Gefühlen und Gesten, Erinnerungen, Verletzungen und Uneingelöstem. Dabei ganz realistischer
Beobachter und wie in seinem letzten Film REVANCHE ein wunderbarer Komplize seiner außergewöhnlichen Darsteller.
in anwesenheit von Götz Spielmann und
Mitgliedern des Teams.
Mit seinem neuen Film vollzieht Lav
Diaz eine überraschende, wunderbare Wendung in seinem Werk, ohne
jedoch seine persönliche Stilistik
und Haltung auch nur im Leisesten
zu verleugnen. In Farbe gedreht, basierend auf einer literarischen Vorlage und in vergleichsweise knappen
vier Stunden erzählt er in loser Verknüpfung die Schicksale seiner Protagonisten. Ein junger Mann, der
einen sinnlosen Mord begeht, für
den ein anderer büßen wird. Dostojewskis «Schuld und Sühne» in den
ärmlichen Verhältnissen einer philippinischen Klassengesellschaft, ein
zärtlich-grausames Werk eines Filmemachers ohnegleichen.
in anwesenheit von Moira lang
(produzentin).
5. 11., 18 h, Kino am Schwarzenbergplatz
NUGU-UI TTAL-DO ANIN HAEWON
(NOBODY’S DAUGHTER HAEWON)
Im Grunde sind Josh, Dena und Harmon ein bisschen verbiesterte ÖkoFreaks, selbsternannte Naturschützer und Verteidiger einer gesunden
und unzerstörten Welt. Aber das
reicht nicht, das hilft nicht gegen das
große Böse. So beschließen sie einen
terroristischen Racheakt gegen die
Naturzerstörer und setzen ein gewaltiges Fanal, bei dem ein Unbeteiligter
18
rende, Filmemacher-Aspiranten, Gescheiterte, Verlassene, Zerrüttete, Zögerliche – ohne diese Ingredienzien
käme ein Film von Hong Sangsoo
nicht aus. Und einmal mehr finden
sie sich hier, mit dem Unterschied,
dass Hong in seinem 14. Film erstmals die Perspektive einer Frau
wählt. Einem Unterschied, der vielleicht gar nicht so entscheidend ist.
25. 10., 13.30 h, Stadtkino im Künstlerhaus
29. 10., 18 h, Kino am Schwarzenbergplatz
Südkorea 2012, 90 Min, OmeU
R: Hong Sangsoo, D: Jung Eunchae, Lee
Sunkyun, Kim Jaok, Kim Euiseong
Die unentschlossen um diverse Männer kreisende Frau, der ichbezogen
selbstmitleidig vor sich hin jammernde Mann, die Begegnung der
Geschlechter am Kneipentisch mit
folgendem Saufgelage und schnapsumnebelt zweifelhaften Erkenntnissen, der Besuch einer Sehenswürdigkeit als Kulminationspunkt und Eskalationsansatz, Professoren, Studie-
31. 10., 18 h, Gartenbaukino (OF)
3. 11., 13.30 h, Urania (OmeU)
P3ND3J05
prOpOSiTiOnS
Argentinien 2013, 157 Min, OmeU
R: Raúl Perrone, D: Mariano Blanco, Yenien
Teves, Eugenia Juarez, Fernando Daniel
Raúl Perrone ist ein geheimnisumwitterter Außenseiter und Maverick
des argentinischen Kinos. Seine Arbeiten entstehen abseits der Metropolen und filmischen Szenen und
sind eigenartige Hybride aus dokumentarischem Gestus, avantgardisti-
HALLE
F
HALLE
D
Blues Brothers
Ennio Morricone
12.2.2014
16.2.2014
HALLE
D
HALLE
F
Ice Age Live!
Dirty Dancing
8.–19.1.2014
21.9.–26.10.2014
Highlights für Filmfreunde
BRUNO MARS / THE BOSSHOSS / NICKELBACK /
VOLBEAT / PLACEBO / AVENGED SEVENFOLD /
KATIE MELUA / VANS WARPED TOUR / UND VIELE MEHR!
www.stadthalle.com
/WienerStadthalleFan
/StadthalleWien
CALL CENTER +43 (1) 79 999 79
GROSSKUNDEN-SERVICE +43 (1) 98 100 480
Spielfilme
schem Experiment und privater Mythologie. P3ND3J05 (lies: Pendejos)
bewegt sich in der Welt von Ituzaingó, einem Vorort von Buenos Aires –
auf Plätzen, in Gassen und an verborgenen Orten – unter Jugendlichen, in ihrer Kultur. Inszeniert in
Schwarzweiß, mit einem rauen Ton
zwischen Stummheit und Musik und
experimenteller Anmutung – ein
fiebriger, expressiver Traum, der
einem nachgeht und in Erinnerung
bleibt.
30. 10., 15.30 h, Stadtkino im Künstlerhaus
6. 11., 21 h, Metro
PARDÉ
(CLOSED CURTAIN)
Iran 2013, 106 Min, OmeU
R: Jafar Panahi, Kamboziya Partovi
D: Kamboziya Partovi, Maryam Moghadam,
Jafar Panahi, Hadi Saeedi
kampfes die Poesie und Schönheit
des Lebendigseins erfahrbar wird.
29. 10., 13.30 h, Metro
5. 11., 21 h, Urania
PRIMER
als verwirrende, vielfach belastete
und von Geheimnissen der Vergangenheit eingeholte Anstrengung.
Farhadi inszeniert das Beziehungsgefüge zwischen dem Paar, dem
neuen Mann an Maries Seite und
den dazugehörigen Kindern als ein
schmerzhaftes Kammerspiel voll
überraschender Wendungen, spannender Details und vielschichtiger
Emotionen. Zudem erweist er sich
als kundiger Regisseur eines Ensembles überragender DarstellerInnen,
allen voran der in Cannes prämierten Bérénice Bejo in der Rolle der
Marie.
1. 11., 18 h, Gartenbaukino
3. 11., 13.30 h, Stadtkino im Künstlerhaus
LA PLAGA
(THE PLAGUE)
Das Drehbuch für PARDÉ entstand
während einer Depression, erzählt
der im Iran mit Hausarrest und Arbeitsverbot belegte Jafar Panahi.
Während des Schreibens verbesserte
sich zwar sein Zustand, doch er wollte die Geschichte nicht optimistischer werden lassen als intendiert:
die Geschichte eines Autors – gespielt von Freund und Koregisseur
Kamboziya Partovi, der in einem geschlossenen Raum an einem Drehbuch schreibt – bis er unwillkommenen Besuch erhält. «Die Wirklichkeit
der Welt, in der wir leben, zu zeigen,
ist die Pflicht eines jeden Filmemachers, für den Filme machen existenzielle Notwendigkeit ist», sagt Panahi. Er lässt sich nicht unterkriegen.
31. 10., 13.30 h, Urania
3. 11., 18 h, Gartenbaukino
LE PASSÉ
(THE PAST)
F/I 2013, 124 Min, OmeU
R: Asghar Farhadi, D: Bérénice Bejo, Tahar
Rahim, Ali Mosaffa, Pauline Burlet
Nach einigen Jahren der Trennung
kehrt Samir nach Paris zurück, um
die Ehe mit seiner französischen
Frau Marie aufzulösen. Was zuerst
einfach erscheint, erweist sich bald
20
E 2013, 85 Min, OmeU
R: Neus Ballús, D: Raül Molist, Maria Ros,
Rosemarie Abella, Iurie Timbur
USA 2004, 77 Min, OF
R: Shane Carruth, D: Shane Carruth, Shane
Carruth, David Sullivan, Casey Gooden,
Anand Upadhyaya
In der Selbstverständlichkeit, mit der
er sich rationalen Durchdringungsversuchen widersetzt, erinnnert der
Debütfilm des Universalisten Carruth
– der hier als Produzent, Regisseur,
Drehbuchautor sowie Darsteller fungiert und zudem für Schnitt und
Musik verantwortlich zeichnet – an
Chris Markers LA JETÉE. Wie dieser
ist auch PRIMER ein experimenteller
Zeitreisen-Science-Fiction, der das
Spiel mit narrativen und dramaturgischen Konventionen nutzt, um, so
seinerzeit «Village Voice»-Kritiker
Dennis Lim, «Physik und Metaphysik
in einer genialen guerilla-style Neukonzeption des Genres zu vereinen».
Mit AMERICA
26. 10., 23.30 h, Stadtkino im Künstlerhaus
6. 11., 11 h, Urania
PRINCE AVALANCHE
Der Alltag von fünf Menschen in
einem heißen Sommer an der
Peripherie Barcelonas, wo Industriegebiete, Wohnsiedlungen und
Landwirtschaften von Autobahnen
durchzogen werden. Lebensweisen,
die nicht nur einen spezifischen
Raum charakterisieren, sondern Aufschluss geben über den Zustand des
Humanen zu einer bestimmten Zeit
an einem bestimmten Ort. Das
Porträt einer Gegend, die die Filmemacherin seit ihrer Kindheit, und
von Menschen, die sie seit vielen
Jahren kennt. Ein schöner, schlüssiger und warmherziger Film, der die
Grenze zwischen Dichtung und
Wahrheit auf eine so unaufdringliche und behutsame Weise verschwimmen lässt, dass in der bitteren Realität täglichen Überlebens-
USA 2013, 94 Min, OmdU
R: David Gordon Green, D: Paul Rudd, Emile
Hirsch, Lance LeGault, Joyce Payne
«The Vladimir and Estragon of
Roadwork», hat A.O. Scott sie in der
«New York Times» genannt: Alvin
und Lance, die eine bei einem verheerenden Flächenbrand beschädigte Straße durch einen texanischen
Wald reparieren. Während sie gelbe
Mittelstreifen malen, Reflektoren
aufkleben und Markierungspfosten
einschlagen, reden sie über die richtigen Frauen und die gute Lebensführung und scheitern immer wieder
an den Macken des jeweils anderen.
Sie sind zwei Frösche, aus denen
niemals Prinzen werden, sie sind
normale Männer und als solche
liebenswert – und Green hat einen
unaufdringlich lustigen, anrührenden und zugleich weisen Film über
sie gedreht.
25. 10., 23.30 h, Stadtkino im Künstlerhaus
26. 10., 11 h, Gartenbaukino
29. 10., 6.30 h, Stadtkino im Künstlerhaus
O QUINTO EVANXEO
DE GASPAR HAUSER
(THE FIFTH GOSPEL OF KASPAR HAUSER)
E 2013, 61 Min, galOmeU
R: Alberto Gracia, D: Josecho, Sara García,
Oliver Laxe, Nando Vázquez
Die Geschichte des bis zu seinem
16. Lebensjahr fern von Sprache und
Zivilisation aufgewachsenen Kaspar
Hauser übt nicht zuletzt auch auf
Filmemacher eine besondere Faszination aus. Gracia liefert die im
nordspanischen Galizien angesiedelte Version des Stoffes. Gedreht in
sattem Schwarzweiß, auf 16mm und
mit einer zwischen Stille, Naturlauten und beschwörender Musik
schwankenden Tonspur, verdichtet
der Film Hausers Gefangenschaft
bis zum Äußersten. Und stellt ihm
eine Reihe seltsam archetypischer
Figuren zur Seite. Ein zwischen
künstlerischer Installation, absurdem Theater und existenzialistischem Kammerspiel changierendes,
dunkel strahlendes Werk.
26. 10., 18 h, Kino am Schwarzenbergplatz
31. 10., 13 h, Kino am Schwarzenbergplatz
RAZREDNI SOVRAŽNIK
(CLASS ENEMY)
Slowenien 2013, 112 Min, OmdU/OmeU
R: Rok Biček, D: Igor Samobor, Nataša
Barbara Gracner, Tjaša Železnik, Maša
Derganc
Eine Klasse bekommt einen neuen
Deutschlehrer, der sich als äußerst
streng und verständnislos erweist.
Schnell wird er von seinen Schülern
scheint sie nicht mehr zu begleiten.
in anwesenheit von Dimitris bavellas
und Dimitris Tolios (Schnitt).
2. 11., 21 h, Metro
3. 11., 23 h, Kino am Schwarzenbergplatz
SALVO
im Geheimen «der Nazi» genannt,
und als eine der Schülerinnen
Selbstmord begeht, wird er zur Ursache erklärt. Die Klasse mutiert zu
einer Meute gnadenloser Inquisitoren und wendet sich gegen den verhassten Lehrer. Plötzlich greifen Mechanismen und Zuweisungen, die
aus dem Nichts eine geradezu totalitäre Maschine erstehen lassen. Unter
den Filmen, die in den letzten Jahren
im ehemaligen Jugoslawien entstanden, ist dies einer der reflektiertesten, genauesten und den Verhältnissen am nächsten kommenden.
in anwesenheit von rok biček.
27. 10., 20.30 h, Stadtkino im
Künstlerhaus (OmdU)
28. 10., 13.30 h, Urania (OmeU)
RUNAWAY DAY
GR 2013, 82 Min, OmeU
R: Dimitris Bavellas, D: Maria Skoula,
Makis Papadimitriou, Erricos Litsis,
Constantinos Staridas
Das griechische Kino hat auf die desaströse Lage des Landes auf erfindungsreiche Weise reagiert: mit radikalen sozialen Analysen, mit bitteren, dunklen Assoziationen, mit ironischer und sarkastischer Brechung.
RUNAWAY DAY fügt dem eine Auseinandersetzung in Form eines Genrefilmes hinzu, eines Science-Fiction
I/F 2013, 103 Min, OmeU
R: Fabio Grassadonia, Antonio Piazza
D: Saleh Bakri, Sara Serraiocco, Luigi Lo
Cascio, Mario Pupella
Salvo ist der klassische einsame,
kalte Killer, der im Auftrag der Mafia
unliebsame Konkurrenz oder Verräter erledigt. Als der Mann mit den
eisigen blauen Augen für einen Job
in ein Haus eindringt, trifft er unvermutet auf ein schönes, blindes Mädchen und entschließt sich, dessen
Leben zu schonen. Aus der Zufallsbegegnung wird eine Zwangsgemeinschaft, der Auftragsmörder
muss seine Gefühle neu kalibrieren.
Ein düsterer Film, der mit wenigen
Worten auskommt und in langen
Schwenks und Einstellungen jene
Momente zwischen den Gewalttaten
auskostet, in denen scheinbar nichts
passiert und die doch das ganze
Leben enthalten.
in anwesenheit von fabio Grassadonia
und antonio piazza.
3. 11., 18.30 h, Stadtkino im Künstlerhaus
4. 11., 23.30 h, Gartenbaukino
SAN DIEGO SURF
mit schwarzweißer 70er-Jahre-Anmutung. In einer nahen Zukunft verlassen die Menschen massenhaft
Stadt und Land. Sie steigen aus
Schulden und Armut aus und irren
in ein ungewisses Irgendwo. Mechanisch, paranoid, hysterisch und resigniert. Allesamt gezeichnet von der
Krise, ziehen sie wie Revenants fort
aus ihrer alten Welt. Aber das Leben
USA 1968/1995, 90 Min, OF
R: Andy Warhol, D: Viva, Taylor Mead,
Joe Dallesandro, Louis Waldon
Nach dem Attentat, das Valerie
Solanas auf ihn verübte, kam
Warhols Arbeit am im Sommer 1968
in der Nähe von San Diego begonnenen SAN DIEGO SURF zum Erliegen.
Der Film verschwand für Jahrzehnte
und wurde erst kürzlich von Paul
Morrissey fertiggestellt und in New
York uraufgeführt. Man kann ihm
seine Geschichte ansehen, er ist voller Unebenheiten und Leerstellen,
eine Art Fortsetzung von LONESOME
COWBOYS am kalifornischen Strand.
Die Handlung ein Vorwand, die Figuren begnadete Selbstdarsteller, da21
Spielfilme
runter ein ziemlich durchgeknallter
Taylor Mead. «Can’t you just piss on
us?», sagt er zu einem der Surferboys. Und der zögert nicht lange.
4. 11., 23.30 h, Stadtkino im Künstlerhaus
DIE SCHWÄRMER
prOpOSiTiOnS
(THE DREAMERS)
D 2013, 81 Min, d/fOmeU
R: Johanna Pauline Maier, D: Anna Daria
Fontane, Jutta Wernicke-Sazunkewitsch,
Laurent Hervé, Rainer Sievert
In Musils Theaterstück «Die Schwärmer» werden die Beziehungen einer
Gruppe verheirateter, befreundeter
und verwandter Personen analysiert.
In poetischer Weise, wie in einer modernen Versuchsanordnung, seziert,
zerlegt, verändert, neu zusammengesetzt. Ein schönes und gewagtes
Stück Literatur als Ausgangspunkt
für einen Film, der ein kleines Kunstwerk ist: der sich jenseits von Psychologie und Einfühlung auf Musils
Sprache konzentriert und den Text
gleichzeitig von innen und außen
zum Klingen bringt, ihn als lebendiges Material von einer Gruppe wunderbarer Darsteller sprechen und zitieren lässt. Ein eigenartiges und faszinierendes Vergnügen.
in anwesenheit von Johanna pauline
Maier und Mitgliedern des Teams.
2. 11., 18 h, Kino am Schwarzenbergplatz
4. 11., 11 h, Metro
GIANT, angesiedelt im nordenglischen Bradford, lebt von genauer
Milieukenntnis, ist voller subtiler inszenatorischer Details und wird von
großartigen Darstellern getragen.
2. 11., 23.30 h, Stadtkino im Künstlerhaus
4. 11., 16 h, Urania
SHIRLEY – VISIONS OF REALITY
A 2013, 92 Min, eOF
R: Gustav Deutsch, D: Stephanie Cumming,
Christoph Bach, Florentin Groll, Elfriede
Irrall
Ein Einzelbild-Laufbild-Crossover,
das anhand von 13 Gemälden Edward Hoppers, entstanden in den
Jahren 1931 bis 1965, die fiktive Biografie der amerikanischen Schauspielerin Shirley erzählt. Historische
Tonaufnahmen zu Beginn setzen
jedes der sorgsam gestalteten Tableaux vivants in einen sozialen, politischen und/oder kulturellen Kontext. Der innere Monolog der Protagonistin charakterisiert sie als wache
und engagierte Zeitgenossin. Und
während man auf jene Sekunde wartet, in der das Filmbild mit dem VorBild zur Deckung kommt, laufen die
Bild-Inhalte parallel: die narrative
Konkretion des Films und der abstrakte Zauber des Gemäldes.
in anwesenheit von Gustav Deutsch und
Mitgliedern des Teams.
5. 11., 18 h, Gartenbaukino
6. 11., 11 h, Stadtkino im Künstlerhaus
besser. SOFT IN THE HEAD ist eine
von 8 Millionen Geschichten aus der
Naked City, inszeniert in einem kargen, elliptischen verité-Stil. Im Dickicht der Stadt, so die Botschaft,
beginnt der Abgrund, in den man
blickt, schnell zurückzustarren.
in anwesenheit von nathan Silver.
Mit STOPLIGHT LIBERTY
27. 10., 23.30 h, Stadtkino im Künstlerhaus
28. 10., 21 h, Urania
SOSHITE CHICHI NI NARU
(LIKE FATHER, LIKE SON)
Japan 2013, 120 Min, OmeU
R: Koreeda Hirokazu, D: Fukuyama
Masaharu, Ono Machiko, Maki Yoko, Lily
Franky
Die Idee ist so simpel wie wirkungsvoll. Zwei Elternpaare unterschiedlichen Milieus und Status, in ihrer Lebensführung konträr, stellen durch
Zufall fest, dass ihre sechsjährigen
Söhne nach der Geburt im Spital vertauscht worden sind. Längst sind die
Kinder Teil der jeweiligen Familie,
wenngleich es nicht immer ohne
Konflikte und Irritationen abging.
Was nun tun? Die Söhne zurücktauschen? Mit einem Mal komplizieren
und verwirren sich Gefühle, Ängste
und Erwartungen. Und was Koreeda
im Weiteren aus seiner erzählerischen Prämisse herausholt, erweist
die Subtilität, die Größe und den
ernsthaften Witz dieses Filmemachers.
25. 10., 16 h, Urania
26. 10., 11 h, Stadtkino im Künstlerhaus
SUZANNE
F 2013, 94 Min, OmeU
R: Katell Quillévéré, D: Sara Forestier, Adèle
Haenel, François Damiens, Lola Dueñas
THE SELFISH GIANT
GB 2013, 93 Min, OF
R: Clio Barnard, D: Conner Chapman, Shaun
Thomas, Sean Gilde, Steve Evets
Arbor und Swifty: rau und hyperaktiv der eine, zurückgezogen und still
der andere; ihre je spezifischen Temperamente ergänzen sich aufs Beste
und das macht sie zu einem untrennbaren Duo. Zudem stammen
beide aus erbärmlichen Verhältnissen und sind gerade von der Schule
geflogen. Um Geld zu verdienen, beginnen sie für den Händler Kitten
Altmetall zu sammeln. Zwischen ihm
und den Jungen entwickelt sich eine
schwierige, schließlich katastrophische Beziehung. THE SELFISH
22
SOFT IN THE HEAD
USA 2013, 71 Min, OF
R: Nathan Silver, D: Sheila Etxeberría, Ed
Ryan, Carl Kranz, Melanie J. Scheiner
Nach einem heftigen Streit mit
ihrem boyfriend fliegt Natalia aus
der gemeinsamen Wohnung in New
York und gerät in eine fatale Abwärtsspirale: Sie versucht bei Bekannten unterzuschlüpfen, beginnt
zu trinken und landet schließlich in
einem Obdachlosenasyl, das von
dem ältlichen Wohltäter Maury privat geführt wird. Die unglückselige
Liebe, die ihr Nathan, ein Junge aus
orthodox jüdischer Familie entgegenbringt, macht die Sache nicht
25 Jahre im Leben von Suzanne und
ihrer Familie. Schnitte zwischen emblematischen Szenen, in denen Jahre
verschwinden. Narrative Ellipsen,
die Motive, Kausalitäten, ganze
Handlungsstränge beiseite respektive der Vorstellungskraft der Zuschauerin überlassen. Suzanne, die
wilde Kleine, wird zu früh schwanger, stürzt sich in eine Amour fou,
BBLUE
LUE JJASMINE
ASMINE
EIN FILM VON WOODY ALLEN
U SA 2 01 3 , 9 8 m i n , O m d U
M i t C a t e B l a n c h e t t , S a l l y H a w k i n s , B o b by C a n n a v a l e , A l e c B a l d w i n , P e t e r S a r s g a a r d
AB 7. NOVEMBER 201±
WOODY
WOODY AALLEN
LLEN
EINE WERKSCHAU 1965– 1989
29. NOVEMBER BIS 18. DEZEMBER 201±
GARTENBAUKINO
GARTENBAUKINO
w
www.gartenbaukino.at
ww.gartenbaukino.at
Spielfilme
gerät auf die schiefe Bahn, verliert
ziemlich viel, rettet am Ende noch einiges. Das riskante dramaturgische
Konzept Quillévérés geht auf dank
der Besetzung Forestiers in der Titelrolle. Die projiziert ein derart drängendes Sehnen nach Intensität von
Leben, Liebe und Gefühl, dass Flammen von der Leinwand schlagen.
27. 10., 15 h, Gartenbaukino
4. 11., 21 h, Urania
TIAN ZHU DING
(A TOUCH OF SIN)
China/Japan 2013, 133 Min, OmeU
R: Jia Zhangke, D: Zhao Tao, Jiang Wu,
Wang Baoqiang, Luo Lanshan
TONNERRE
gemeinsam sind. Aus dieser vielversprechenden Konstellation gewinnt
Bozon eine ziemlich rasante, schräge
und manchmal gezielt geschmacklose Komödie mit einem Touch von
Howard Hawks. Und das Damen-Duo
Huppert und Kiberlain könnte viel
cooler, komischer und verzweifelter
nicht sein.
in anwesenheit von Serge bozon.
26. 10., 18.30 h, Urania
28. 10., 15.30 h, Gartenbaukino
TOMOGUI
(BACKWATER)
Auf den Verlust ihrer Würde reagieren sie mit Gewalt. Die Protagonisten
von TIAN ZHU DING, der beim diesjährigen Festival in Cannes den
Drehbuch-Preis gewann, sind arme
Schlucker, die, ihren Bemühungen
zum Trotz, im turbokapitalistisch
umgewälzten China unter die Räder
geraten. Jia bezieht sich auf vier
«Vorfälle», die in den Provinzen
Shanxi, Chongqing, Hubei und Guangdong für Aufsehen sorgten und
gliedert sie ein – mittels der für ihn
charakteristischen Verknüpfung aus
Profi- und Laienspiel, Dokumentarischem und Fiktivem – in die große
Martial-Arts-Erzählung vom Widerstand des Einzelnen gegen die
Willkür der Herrschenden.
25. 10., 13 h, Gartenbaukino
28. 10., 11 h, Stadtkino im Künstlerhaus
TIP TOP
F/L 2013, 106 Min, OmeU
R: Serge Bozon, D: Isabelle Huppert,
Sandrine Kiberlain, François Damiens,
Karole Rocher
In der nordfranzösischen Provinzstadt Lille ist ein Informant der Polizei ermordet worden. Als die Exekutive selbst in Verdacht gerät, wird zur
Ermittlung aus Paris Verstärkung geschickt: die beiden sehr unterschiedlichen Kommissarinnen Lafarge und
Marinelli, denen mehr als unkonventionelle Ermittlungsideen und noch
unkonventionellere Sexualpraktiken
24
Japan 2013, 102 Min, OmeU
R: Aoyama Shinji, D: Suda Masaki, Kinoshita
Misaki, Shinohara Yukiko, Ken Mitsuishi
Der 17-jährige Toma lebt mit seinem
Vater und dessen Geliebter in einer
Provinzstadt in einem Haus am
Fluss. Nahebei führt seine Mutter,
die den brutalen und sadistischen
Ehemann vor Jahren verlassen hat,
F 2013, 106 Min, OmeU
R: Guillaume Brac, D: Vincent Macaigne,
Solène Rigot, Bernard Menez, Jonas Bloquet
Ein für einen französischen Film geradezu maßgeschneidertes Thema:
Old Boy meets young girl. Coup de
foudre, Leidenschaft und dann das
vorhersehbare Chaos der Gefühle –
bis zum bitteren Ende. Die Geschichte des Rockmusikers Maxime, der
sich im Haus seines Vaters in der
Provinz eingebunkert hat, um dort in
Ruhe sein neues Album aufzunehmen, und dem Zauber der 21-jährigen Mélodie verfällt, spielt geschickt
die Enge der Provinz gegen den
Exzess der Emotionen aus. Und
Vincent Macaigne, der vielgeliebte
Mr. Average des französischen Autorenkinos, ist ein großartig verzweifelter Humbert Humbert in diesem
Lolita-Drama mit dem Aroma von
Buletten und Pommes frites.
in anwesenheit von Guillaume brac.
31. 10., 15.30 h, Kino am Schwarzenbergplatz
1. 11., 21 h, Stadtkino im Künstlerhaus
LA ÚLTIMA PELÍCULA
ein Fischgeschäft. Toma selbst pendelt zwischen den beiden. Die
Mutter kann nicht viel mit ihm anfangen, seinen Vater fürchtet und
verachtet er. Vor allem trägt er in
sich die Ahnung, diesem ähnlich zu
sein. Aoyama beschreibt diese krude
Familiengeschichte als eine komisch-verzweifelte Farce und spart
nicht mit Sex und Gewalt, ohne
dabei spekulativ oder voyeuristisch
zu werden. Und zum Schluss treibt
das Ganze in ein freches, befreiendes
Ende.
30. 10., 11 h, Urania
1. 11., 16 h, Stadtkino im Künstlerhaus
Kanada/DK/Mexiko/Philippinen 2013
88 Min, OmeU
R: Raya Martin, Mark Peranson
D: Alex Ross Perry, Gabino Rodríguez, Iazua
Larios, René Redzepi
Nichts Geringeres als das Ende der
Welt und das Ende des Kinos werden
hier verhandelt. Jedoch in umgekehrter Reihenfolge. Mit mal losen,
mal offensichtlichen, immer jedoch
gebrochenen Assoziationen zu Dennis Hoppers THE LAST MOVIE
(1971) folgt LA ÚLTIMA PELÍCULA
einem US-amerikanischen Filmemacher und dessen mexikanischem
Guide durch Yucatán und beschreibt
deren Versuche, vor dem Einsetzen
der großen Maya-Apokalypse dem
erwarteten Ende von Allem einen
letzten Film abzutrotzen. Was wie
ein cineastischer Insider-Joke klingt,
ist in Wahrheit ein ziemlich verrücktes, verspieltes und intelligentes
Stück Kino. Witzig und wild und
höchstens der vorletzte Film.
in anwesenheit von Mark peranson.
Mit AUDITION
28. 10., 21 h, Stadtkino im Künstlerhaus
29. 10., 13 h, Kino am Schwarzenbergplatz
UPSTREAM COLOR
prOpOSiTiOnS
USA 2012, 96 Min, OF
R: Shane Carruth, D: Amy Seimetz, Shane
Carruth, Andrew Sensenig, Thiago Martins
LA VIE D’ADÈLE – CHAPITRES 1 ET 2
(BLAU IST EINE WARME FARBE)
den Tischen sitzen, sich über zunehmend leereren Schnapsflaschen die
Köpfe heiß reden und die von mannigfaltigen Stolperfallen gepflasterte
Begegnungszone zwischen den Geschlechtern vermessen, fragt man
sich, wieviel heiße Luft und Illusionen mit im Spiel sind.
26. 10., 16 h, Gartenbaukino
28. 10., 13.30 h, Stadtkino im Künstlerhaus
VIC + FLO ONT VU UN OURS
(VIC + FLO SAW A BEAR)
Nach PRIMER (2004, s. S. 20) ist
UPSTREAM COLOR erst der zweite
Film des Universalisten Carruth. Wie
sein Vorgänger fällt auch das aktuelle Werk aus allen Kategorien. Es beginnt vergleichsweise harmlos als Erzählung über die verheerenden Auswirkungen eines Parasiten im Körper
einer Frau. Und löst sich zunehmend
auf in reine Wahrnehmung diffuser
Angstzustände. Deren Mitempfinden
mag den Ereignissen am Ende so
etwas wie Sinn verleihen, rational
nachvollziehen lassen sich diese nur
unzureichend. Das ist kein Mangel.
Das ist Freiheit.
26. 10., 21 h, Stadtkino im Künstlerhaus
6. 11., 23.30 h, Urania
URI SUNHI
(OUR SUNHI)
Südkorea 2013, 88 Min, OmeU
R: Hong Sangsoo, D: Jung Yumi, Kim
Sangjoon, Lee Sunkyun, Jung Jaeyoung
Es wird mal wieder viel geredet und
noch mehr getrunken (oder umgekehrt?) im aktuellen Film des südkoreanischen Auteurs Hong. Auf dem
Sprung, ihr Leben zu verändern, begegnet Titelheldin Sunhi drei Männern von gewisser (vergangener, gegenwärtiger) Bedeutung. Alle drei
meinen, ihr wertvolle Ratschläge erteilen zu können, alle drei vermeinen, sie zu kennen. Und während sie
da so abwechselnd miteinander an
Kanada 2012, 95 Min, OmeU
R: Denis Côté, D: Pierrette Robitaille,
Romane Bohringer, Marc-André Grondin,
Marie Brassard
Ein Genrebastard, der mit filmischer
Expertise ans Eingemachte geht,
ganz Fisch und Fleisch: zwei Frauen
mit krimineller Vergangenheit und
ungewisser (amouröser) Zukunft, ihr
unorthodoxer Bewährungshelfer,
trügerische Ruhe, flirrende Natur,
Spazierfahrten im Golfwagen durchs
ländliche Quebec. Ein spitzbübischer
Eindringling samt verspieltem Hor-
ror-Leitmotiv auf der Tonspur funkt
dazwischen. Will Côté uns einen
Bären aufbinden? Ganz bestimmt. Er
verwischt sexuelle Identitäten und
narrative Spuren. Was bleibt ist Ambivalenz, in Schwebe gehalten von
leiser Spannung, subtilem Humor,
sehnsüchtiger Melancholie und
einer pechschwarzen Gewitterwolke
am Horizont.
in anwesenheit von Denis Côté sowie
am 28.10. romane bohringer.
28. 10., 18 h, Gartenbaukino
30. 10., 23.30 h, Urania
F/B/E 2012, 175 Min, OmdU
R: Abdellatif Kechiche, D: Léa Seydoux,
Adèle Exarchopoulos, Salim Kechiouche,
Mona Walravens
Beim diesjährigen Festival in Cannes
gewann LA VIE D'ADÈLE – CHAPITRES 1 ET 2 für viele überraschend
die Goldene Palme. Überraschend,
da der Film mit seinen expliziten
Sexszenen und einer eher sprunghaften Erzählweise nicht dem klassischen Konsenskino der Croisette zu
entsprechen schien. Doch seine Provokationen sind keine vordergründigen, sondern entwickeln sich selbstverständlich aus der Geschichte der
Hauptfigur, des Mädchens Adèle, das
auf schmerzhafte Weise seinem Begehren folgt und langsam in ein eigenes, für manche verstörendes Leben
findet. «Für mich ist Adèle ein heroischer Charakter», sagt Kechiche,
«heroisch, weil sie ihr eigenes
Schicksal erfüllt.»
3. 11., 20.30 h, Gartenbaukino
4. 11., 11 h, Gartenbaukino
VIOLA
Argentinien 2012, 63 Min, OmeU
R: Matías Piñeiro, D: María Villar, Agustina
Muñoz, Elisa Carricajo, Romina Paula
Die zweite Episode der sogenannten
«Shakespeareade», an der Piñeiro
seit 2010 arbeitet und im Rahmen
derer er Motive und Themen des elisabethanischen Barden neu interpretiert und frei kombiniert ins
Argentinien der Gegenwart versetzt.
In VIOLA spielt er mit den Liebesirrungen und -wirrungen der Komödie
«Was ihr wollt», bricht sie an der
Metaebene von Theaterproben, reflektiert sie in den Träumen der
Filmfiguren und fragmentiert sie in
der Geschichte einer Fahrradkurierin, Viola, die eingeladen wird, sich
einer Schauspieltruppe anzuschließen. Dabei wird sehr viel geredet,
meist, logisch, über die Liebe.
in anwesenheit von Matías piñeiro und
agustina Muñoz.
1. 11., 16 h, Urania
2. 11., 14 h, Urania
25
Dokumentarfilme
12 O’CLOCK BOYS
USA 2013, 76 Min, OF
R: Lotfy Nathan
Noch ist der 13-jährige Pug nur auf
seinem Fahrrad auf den Straßen
eines Arbeiterviertels von Baltimore
unterwegs. Sein großer Wunsch aber
ist: to be one of them. «Them» sind
die wilden Biker der 12 O’Clock Boys,
eine Gang von coolen, tätowierten,
radikalen Burschen, die auf ihren frisierten Motorrädern die Hood unsicher machen. Sich riskante, illegale
Rennen liefern, mit der Polizei Versteck spielen und Tod und Teufel
nicht scheuen. Nathan erzählt von
einer Subkultur, in der das Dahinrasen auf einem sich aufbäumenden
Motorrad aussieht wie die Himmelfahrt aus dem tristen Baltimore.
Noch wartet Pug am Straßenrand mit
großen Augen und großer Ungeduld
auf seinen großen Tag.
in anwesenheit von lotfy nathan.
3. 11., 23.30 h, Urania
6. 11., 20.30 h, Kino am Schwarzenbergplatz
A FULLER LIFE
USA 2013, 80 Min, OF
R: Samantha Fuller
Eine Filmbiografie über den amerikanischen Regisseur Samuel Fuller von
seiner Tochter Samantha. Ausgehend
von der autobiografischen Beschreibung «A Third Face» ist der Film in
12 Kapitel unterteilt, die von Freunden und/oder Bewunderern Fullers
gestaltet werden; darunter William
Friedkin, Wim Wenders, James
Franco und Jennifer Beals. So entsteht mosaikartig ein leidenschaftliches und lebendiges Bild des unab26
hängigen Outsiders, seiner Haltung
und seiner Ideen. Und zum ersten
Mal sind kostbare Homemovies, Aufnahmen von location-scoutings oder
von Fuller als Soldaten im Zweiten
Weltkrieg zu sehen. Ein mehr als
spannender Geschichtsunterricht,
nicht nur für Fans.
in anwesenheit von Samantha fuller.
4. 11., 15.30 h, Kino am Schwarzenbergplatz
5. 11., 18.30 h, Stadtkino im Künstlerhaus
A MASQUE OF MADNESS (NOTES ON
FILM 06-B, MONOLOGUE 02)
A 2013, 80 Min, OmeU
R: Norbert Pfaffenbichler
er sich als weißgeschminkter BlackMetal-Sänger die Seele aus dem Leib
schreit. Der fragmentarisch erzählte
Film ist eine Meditation über die
Utopie der Freiheit und feiert mit
langen Kameraeinstellungen und bedächtigen Schwenks das Erhabene
der Natur in betörenden Farbarrangements ebenso wie die im Stroboskoplicht erblühende Magie eines
schwarzromantischen Rock-Rituals.
30. 10., 20.30 h, Kino am Schwarzenbergplatz
THE ACT OF KILLING
In einem gewaltigen Mashup komponiert Pfaffenbichler aus Dutzenden
Filmen der Hollywood-Horrorikone
Boris Karloff eine Art Hyperkino, das
sich ganz auf die Person des Protagonisten konzentriert. Der chamäleonhafte Darsteller, der Filme drehte wie
andere Leute Zigaretten, tritt mal als
Monster auf, dann wiederum als
Mad Scientist oder als orientalischer
Magier. A MASQUE OF MADNESS ist
ein faszinierendes Desorientierungsspektakel, in dem Karloff in seinen
unzähligen Inkarnationen mit sich
selbst in einen surrealen Dialog tritt.
Ein kaleidoskopisches Farben- und
Formenspiel, ein psychedelischer
mindfuck.
in anwesenheit von norbert
pfaffenbichler.
Mit STILL DISSOLUTION
4. 11., 18 h, Kino am Schwarzenbergplatz
DK/NO/GB/Indonesien 2012, 159 Min, OmeU
R: Joshua Oppenheimer, Christine Cynn,
Anonym
Gangster und paramilitärische Einheiten unterstützten in den Sechzigerjahren den Staatsstreich von General Suharto in Indonesien und
brachten hunderttausende Kommunisten und andere Regimegegner
um. Ein von der Weltöffentlichkeit
vergessener Holocaust, der ohne
Konsequenzen für die Täter blieb.
Regisseur Oppenheimer fand einige
dieser Gewalttäter und brachte sie
dazu, einen Film mitzugestalten, in
dem die bestialischen Taten von damals reinszeniert werden. So entstand ein unfassbares, surreales
A SPELL TO WARD OFF THE DARKNESS
F/EST/NO/FIN 2013, 98 Min, OF
R: Ben Russell, Ben Rivers
Ein dunkelhäutiger Mann – nur aus
den Credits erfährt man, dass es sich
um den Musiker Robert A.A. Lowe
handelt – begibt sich auf eine spirituelle Reise, die ihn von einer hippiesken Landkommune auf einer
estnischen Insel in die Einsamkeit
im Norden Finnlands und schließlich
in einen Rockclub in Oslo führt, wo
Spektakel der Grausamkeit mit viel
Theaterblut und absurden Revueszenen. «Wir sangen und tanzten», sagt
einer der Gangster, «wir töteten mit
einem Lächeln auf den Lippen.»
in anwesenheit von Joshua
Oppenheimer.
26. 10., 18 h, Gartenbaukino
27. 10., 16 h, Urania
E AGORA? LEMBRA-ME
AND WE MADE THE ROOM SHINE
F/A 2013, 45 Min, kein Dialog
R: François Clos, Thomas Lallier
Im Herbst 2012 war Constellation
Records, das eigensinnige und widerständige Musiklabel aus Montréal, in Wien zu Gast. La Blogothèque
– das Musikfilm-Kollektiv, das für
dem Moment abgetrotztes Guerillafilmmaking steht – organisierte
entschlackte und abgerüstete
Performances an popmusikalischen
Nonplaces: einer Küche, einem
verlassenen Bürogebäude, einem
leeren Theatersaal. So sind eigenartige, faszinierende Amalgame aus
Klang und Raum entstanden, akustische Einschreibungen in das Weichbild der Stadt. Vignetten, in denen
die Bilder zu tanzen beginnen und
die Klänge zu leuchten.
in anwesenheit von françois Clos und
Thomas lallier.
Mit LAND OF NOD
29. 10., 18.30 h, Stadtkino im Künstlerhaus
30. 10., 11 h, Metro
AT BERKELEY
USA 2013, 244 Min, OF
R: Frederick Wiseman
BAMBI
F 2012, 60 Min, OmdU/OmeU
R: Sébastien Lifshitz
In Issers, Algerien, wurde MariePierre Pruvot 1935 als Jean-Pierre
geboren. Dass dieser Umstand ihr
ein Leben als Mann bescheren sollte,
wollte sie unter keinen Umständen
akzeptieren. Ein Gastpiel des berühmten Pariser Cabarets Carrousel
zeigt den Ausweg in ein mögliches
Leben als Frau. Jean-Pierre wird zum
Revuestar Bambi wird zu MariePierre, die von der Bühne schließlich
an die Schule wechselt. BAMBI
erzählt von einem Leben, das mit
bemerkenswertem Mut und respektgebietender Selbstsicherheit geführt
wurde. Ein Leben, das in der stimmigen Montage von Gegenwarts- mit
historischen Aufnahmen greifbar
wird und Wärme und Textur erhält.
in anwesenheit von Marie-pierre pruvot.
25. 10., 18.30 h, Urania (OmdU)
26. 10., 23 h, Kino am
Schwarzenbergplatz (OmeU)
BELLEVILLE BABY
Wisemans vierzigster Film: eine geduldige Beobachtung der vielfältigen
Vorgänge an der renommierten Universität Berkeley in Kalifornien,
deren wirtschaftliche Lage sich aufgrund stetig sinkender, staatlicher
Fördermittel immer weiter zuspitzt.
Berkeley ist repräsentativ für die
Lage öffentlicher Institutionen unter
dem Druck des Neoliberalismus und
Wiseman zeichnet auf und montiert
entlang der Frage, was mit einer Gesellschaft geschieht, die einen Ort
der Bildung und Forschung dem Diktat ökonomischer Effizienz unterwirft? Was man sieht: Gemeinsam
mit der Fähigkeit zu denken steht die
Fähigkeit, die eigene Freiheit zu behaupten, auf dem Spiel – mithin also
das Herz der Demokratie.
25. 10., 11 h, Metro
27. 10., 19.30 h, Urania
S 2013, 75 Min, OmeU
R: Mia Engberg
Eines Tages ruft die große Liebe aus
längst vergangenen Pariser Studentinnentagen bei der Filmemacherin
an und bittet um Erinnerungen an
die gemeinsame Zeit. Ein semi-experimentelles, impressionistisches
Rauschen der Gedanken und Gefühle beginnt, und es entsteht ein zartes
Wirklichkeitsgespinst, dessen Bildund Tonebene nicht immer mitei-
nander konform gehen. Alte Super-8Aufnahmen, aktuelles Digitalmaterial und das zwischen Telefongesprächen und Tagebuchaufzeichnungen
wechselnde Voice-Over verbinden
sich zu einem lyrisch-melancholischen Liebesfilm, der auch einfach
nur gut erfunden sein könnte.
25. 10., 18 h, Kino am Schwarzenbergplatz
29. 10., 23.30 h, Urania
BLOODY DAUGHTER
CH/F 2012, 95 Min, OmeU
R: Stéphanie Argerich
Die große Pianistin Martha Argerich
hat drei Töchter von drei verschiedenen Männern und eigentlich keine
Lust, sich oder irgendetwas irgendjemandem zu erklären. Was für ein
Glück, dass ihre Jüngste, Stéphanie,
von Kindheit an freie Hand hatte
und ihr mit der Kamera nachstellen
durfte. So sieht man sie in ihrer ganzen Pracht und über die Jahre: hadernd vor einem Auftritt, verschlafen
mit der Kaffeetasse im Bett, unterwegs, daheim, im Gespräch, in Gedanken. Vor allem: am Klavier, also
zuhause. Sie sei «ein Wesen, das mit
der Unsterblichkeit Kontakt hält»,
sagt Stéphanie über Martha. Eine
Hohepriesterin der Musik, überraschend nahbar geworden durch die
Augen der Tochter, in die sie blickt.
in anwesenheit von Stéphanie argerich.
4. 11., 21 h, Stadtkino im Künstlerhaus
6. 11., 16 h, Metro
27
Dokumentarfilme
CARTA A UN PADRE
(LETTER TO A FATHER)
Argentinien 2013, 65 Min, OmeU
R: Edgardo Cozarinsky
Zwischen Edgardo Cozarinsky und
der Viennale ist in den letzten Jahren
eine fruchtbare Verbindung entstanden, sein essayistisches und verspieltes Kino hat hier eine Reihe von
Bewunderern gefunden. Und so hat
Cozarinsky nun der Viennale die
Weltpremiere seines neuen Films
anvertraut. CARTA A UN PADRE ist
eines seiner persönlichsten Werke,
die Spurensuche eines Sohnes auf
den abenteuerlichen Fährten seines
Vaters, eine Erzählung von Emigration, vom Judentum, neuen Ländern
und alten Ängsten, vom Meer, von
der Familie, von Erinnerung und Vergessen. Ein zärtlicher, spekulativer,
aufmerksamer und wunderbar reicher Brief an einen lange verschwundenen Vater.
in anwesenheit von edgardo Cozarinsky.
Mit DAD’S STICK
31. 10., 18.30 h, Urania
2. 11., 13 h, Kino am Schwarzenbergplatz
COSTA DA MORTE
(COAST OF DEATH)
E 2013, 84 Min, gal/spanOmeU
R: Lois Patiño
einer Serie von Plansequenzen Bilder von bizarren Felsformationen,
Bäumen im Nebel und ekstatischem
Feuerzauber. Es ist das Porträt einer
Landschaft, in der Topografie zum
archaischen Spektakel wird und Geschichte sich in Mythos verwandelt.
29. 10., 11 h, Urania
30. 10., 18.30 h, Stadtkino im Künstlerhaus
fällig Vorbeikommende getötet
haben. Jetzt hat Herzog diese Geschichten fortgeschrieben, gar vertieft, fragend und manchmal in
einen Abgrund blickend.
31. 10., 15.30 h, Gartenbaukino (Teil 1 und 2)
1. 11., 21 h, Urania (Teil 1 und 2)
1. 11., 23.30 h, Urania (Teil 3 und 4)
2. 11., 15.30 h, Gartenbaukino (Teil 3 und 4)
LE COUSIN JULES
LE DERNIER DES INJUSTES
F 1973, 91 Min, kein Dialog
R: Dominique Benicheti
Von 1968 bis 1973 hat Benicheti mit
großer Geduld und Sensibilität den
Alltag seines Cousins und dessen
Frau, eines Schmieds und einer
Bäuerin, im ländlichen Burgund aufgezeichnet. Ihre kleinen Gesten, ihre
alltäglichen Verrichtungen, das
Handwerk, das Feuer, die Tiere.
Lange war LE COUSIN JULES, der
hier restauriert in seiner ganzen geheimnisvollen Schönheit und wunderbaren Gelassenheit auf die Leinwand zurückkehrt, ein verschollenes
Meisterwerk. Heute ist dieser einzig-
artige Film wie das Monument einer
versunkenen Welt und doch ganz
und gar Gegenwart. Atmen, leben.
Nur das Kino kann die Toten wiedererwecken.
28. 10., 15.30 h, Kino am Schwarzenbergplatz
30. 10., 11 h, Stadtkino im Künstlerhaus
DEATH ROW II
Die Costa da Morte im Nordwesten
der iberischen Halbinsel galt in der
Zeit der Römer aufgrund von zahlreichen Schiffbrüchen als Todeszone
und als Ende der Welt. Patiños Film
ist keine Dokumentation im herkömmlichen Sinn, sondern der Versuch, den Geheimnissen dieser entlegenen Region mit den Mitteln filmischer Poesie auf die Spur zu kommen. Die Kamera wird aufgestellt
wie eine Staffelei und «malt» in
28
USA 2013, 220 Min (Teil 1 und 2, 110 Min /
Teil 3 und 4, 110 Min), OF
R: Werner Herzog
Seit einiger Zeit beschäftigt sich Herzog mit dem Schicksal einer Reihe
von Menschen, die in den USA zum
Tode verurteilt auf ihre Hinrichtung
warten. In den ersten Kapiteln seiner
DEATH ROW-Serie gelang es dem
Chronisten physischer und psychischer Ausnahmesituationen ohne
jeden Voyeurismus, ohne Verurteilung oder menschelndem Beigeschmack die Geschichten jener Insassen zwischen Leben und Tod aufzuzeichnen, sie zu befragen, ihnen
zuzuhören. Menschen, die ihre eigenen Kinder ermordet, andere, die zu-
(DER LETZTE DER UNGERECHTEN)
F/A/I/CZ/PL 2013, 219 Min, OmdU
R: Claude Lanzmann
Während der Arbeit an SHOAH, seiner legendären Holocaust-Dokumentation, hatte Claude Lanzmann den
ehemaligen Wiener Rabbiner und sogenannten «Judenältesten» des KZ
Theresienstadt, Benjamin Murmelstein, getroffen und mit ihm ein
mehrtägiges Gespräch geführt. Murmelstein, der aufgrund seiner Rolle
als Verbindungsmann zwischen den
Nazis und KZ-Häftlingen vielen fragwürdig, ja verdächtig erschien, legt
in diesem Gespräch auf einer römischen Dachterrasse Zeugnis ab.
Zeugnis, Erinnerung und Eingedenken, wie es in dieser radikalen Offenheit, Genauigkeit, Unsentimentalität
und Menschlichkeit selten ist. Ein
bewegendes Dokument, vielleicht
eines der größten und letzten.
in anwesenheit von Claude lanzmann.
27. 10., 17 h, Gartenbaukino
28. 10., 11 h, Gartenbaukino
DOUBLE PLAY: JAMES BENNING
AND RICHARD LINKLATER
USA/F/P 2013, 70 Min, OF
R: Gabe Klinger
Im Grunde sind James Benning und
Richard Linklater ziemlich unterschiedlich. Verschiedene Generationen, radikaler ästhetischer Minimalist der eine, poppig verspielt und
mit einem Fuß im Hollywoodkino
der andere. Was sie verbindet, ist ihr
je spezifischer Spirit einer selbstbestimmten, künstlerischen Arbeit, ein
unprätentiöser Professionalismus
und die Beziehung zu Geschichte
und Kultur ihres Landes. Bei gemein-
ÉLEVAGE DE POUSSIÈRE
(DUST BREADING)
samen Unternehmungen deklinieren
sie ihre Ideen vom Filmemachen,
von Musik, vom Raum und vom Vergehen der Zeit. Ein feiner, aufmerksamer Bericht über die Begegnung
zweier Männer in karierten Hemden,
die im Kino leben wie andere auf
einem Bauernhof.
in anwesenheit von Gabe Klinger und
James benning.
3.11., 15.30 h, Kino am Schwarzenbergplatz
4.11., 13.30 h, Stadtkino im Künstlerhaus
B 2013, 47 Min, eOF
R: Sarah Vanagt
Die belgische Künstlerin und Filmemacherin setzt sich in ihrer dokumentarischen Arbeit mit dem Krieg,
seinen medialen Spiegelungen und
seiner juristischen Aufarbeitung
beim Tribunal von Den Haag auseinander. Im Zentrum steht das Verfahren gegen den Massenmörder
Radovan Karadžić, das im babylonischen Gewirr von stotternden Videobildern und elektronisch verzerrten
Stimmen immer abstrakter und ungreifbarer wird. Mit Zeichenstift und
Papier arbeitet die Regisseurin dagegen: Sie fertigt Frottagen von Möbelstücken und Bodenunebenheiten im
E AGORA? LEMBRA-ME
(WHAT NOW? REMIND ME)
P 2013, 164 Min, OmeU
R: Joaquim Pinto
Der Toningenieur und Filmemacher
Joaquim Pinto lebt seit mehr als 20
Jahren mit AIDS und Hepatitis C.
Dass dieser Umstand mehr als ein
Überleben ist, vielmehr ein ganz
eigenes, reiches und widersprüchliches Dasein, davon berichtet er in
Gerichtsgebäude an und versucht
durch die Mechanik des konkreten
Handelns ins Herz der Finsternis
vorzudringen.
in anwesenheit von Sarah Vanagt.
Mit PARA ARMAR UN HELICÓPTERO
4. 11., 18.30 h, Urania
FIRST COUSIN ONCE REMOVED
USA 2011, 78 Min, OF
R: Alan Berliner
Edwin Honig war ein erfolgreicher
Schriftsteller, Übersetzer, Kritiker
und Universitätsprofessor. Bis er im
Alter anfing, Anzeichen von Verwirrung und Vergessen zu zeigen – der
Beginn einer Alzheimer-Erkrankung.
Berliner, ein Verwandter Honigs,
besuchte den alten Mann in seinen
letzten Jahren regelmäßig und dokumentierte auf leichte, doch intensive
und anteilnehmende Weise den Verfall und Zerfall eines Körpers und
Geistes, das Verlöschen der Erinnerung, den Kampf um die Sprache.
Und zugleich den Witz, die Fantasie
eines alten Kranken und seiner
eigenartigen geistigen Strategien.
Wie ein Rapper trommelt Edwin
Honig auf seinen Lehnstuhl und
aus ihm singt ein seltsames Lied.
in anwesenheit von alan berliner.
25. 10., 13.30 h, Urania
26. 10., 21 h, Metro
GOOD OL’ FREDA
(’TIL MADNESS DO US PART)
diesem Film. Ein Jahr seines Lebens,
gemeinsam mit seinem Lebensgefährten am Land verbracht, unter
starker Medikation, den Körper mit
unbekannten Gegengiften aufrechterhaltend, zwischen bukolischer
Leichtigkeit und deprimierenden
Arztbesuchen. Ein absurdes Dasein,
doch voller Schönheit, ein Tagebuch
der Verzweiflung und eine große
Liebesgeschichte. Ein einmaliger,
berührender Film, der dem Tod bei
der Arbeit zusieht. Indem er das
Leben feiert.
in anwesenheit von Joaquim pinto und
Joana ferreira (produzentin).
26. 10., 21 h, Urania
27. 10., 10 h, Metro
Hongkong/F/Japan 2013, 228 Min, OmeU
R: Wang Bing
Wang Bings meist mehrstündige Arbeiten sind ungeschönte, geduldige
Meditationen über wesentliche Aspekte des modernen China und seiner gesellschaftlichen Institutionen.
FENG AI ist einer Art Asyl für straffällig gewordene Verhaltensauffällige gewidmet und beschreibt das tägliche Dasein einer Gruppe von auf
engstem Raum eingesperrten Männern, isolierten Individuen, deren
einzige Welt sie selbst und die anderen sind – eine Welt in der Welt. Verlassen, vergessen, sind sie zu Geistern geworden, Geistern mit Körpern, Bedürfnissen, Gefühlen und
Sehnsüchten. Erinnert und gesehen
von Wang Bing, Filmemacher und
Zeuge.
USA/GB 2013, 86 Min, OF
R: Ryan White
Die 17-jährige Freda Kelly verguckt
sich in den wilden Zeiten des Cavern
Club in eine aufstrebende Band, die
sich The Beatles nennt. Bald avanciert sie zur Sekretärin des Managers
Brian Epstein und zur Leiterin des
offiziellen Fanclubs. In einer Mischung aus aktuellen Interviews und
Archivmaterial wird die Geschichte
von den Mühen der Ebene hinter
den Gipfeln des Ruhms erzählt:
3000 Briefe pro Tag, durchgeknallte
Fans, die das Büro stürmen, und berittene Polizei, die Freda daran
© Courtesy of Freda Kelly
FENG AI
31. 10., 11 h, Stadtkino im Künstlerhaus
4. 11., 18.30 h, Metro
29
Dokumentarfilme
hindert, ihren Jungs das wöchentliche Gehalt backstage zu übergeben.
«Es war ein wilder Ritt, der zehn
Jahre lang dauerte», erzählt Freda.
«Und dann gab es plötzlich keine
Beatles mehr.»
28. 10., 23.30 h, Stadtkino im Künstlerhaus
6. 11., 21 h, Urania
THE GREAT FLOOD
prOpOSiTiOnS
USA 2012, 80 Min, kein Dialog
R: Bill Morrison
Jahre radikal. In einer Mischung aus
gerechtem Zorn und Galgenhumor
dokumentiert Filmemacherin Friedrich, die seit den siebziger Jahren in
Williamsburg lebt, die um sie her
stattfindende Zerstörungsorgie, die
komplette Vernichtung eines funktionierenden sozialen Raums aus
Profitmaximierungsgründen – so
lange, bis sie nicht mehr kann und
wie so viele andere vor ihr ihre Heimat ans Kapital verliert.
in anwesenheit von Su friedrich.
Mit CREME 21
2. 11., 20.30 h, Kino am Schwarzenbergplatz
5. 11., 13 h, Kino am Schwarzenbergplatz
HÉLIO OITICICA
Die Mississippi-Flut im Jahr 1927
war die größte ÜberschwemmungsKatastrophe in der Geschichte der
USA. Avantgardefilmer Morrison
montiert fleckiges, ausgebleichtes
Archivmaterial zu visuellen Katarakten, die das ganze Ausmaß der Zerstörung erlebbar machen. Gleichzeitig aber manifestiert sich in den langen Kamerafahrten durch unter Wasser stehende Landschaften auch jene
paradoxe, erhabene Schönheit, die
das Grauen zu entbergen imstande
ist. Es gibt keinen Kommentar, keine
Erläuterungen. Nur die Musik des
Meistergitarristen Bill Frisell, die mal
elegisch, dann wiederum burlesk
aufschäumend einen Kontrapunkt
zu den verwundeten Bildern setzt.
Mit YAMA und EMPTY ROOMS
6. 11., 13 h, Kino am Schwarzenbergplatz
GUT RENOVATION
USA 2012, 81 Min, OF
R: Su Friedrich
Gentrifizierung aus der Sicht einer
Betroffenen. 2005 wurde der Flächennutzungsplan für Williamsburg,
Brooklyn, New York, modifiziert. Die
daraus resultierende Immobilienspekulation verändert das Gesicht
des Viertels im Laufe nur weniger
Brasilien 2012, 94 Min, OmeU
R: Cesar Oiticica Filho
Ein Porträt eines der bedeutendsten
brasilianischen Künstler des 20. Jahrhunderts oder vielmehr: eine Sammlung von Zugangswegen zu dessen
künstlerischer Praxis und ästhetischer Theorie. Ohne sich um Veror-
L’ IMAGE MANQUANTE
(THE MISSING PICTURE)
tung oder Orientierung zu scheren,
montiert Hélio Oiticicas Neffe Filmund Ton-Archivaufnahmen und lässt
die Collage immer mal wieder in
rauschhaften Bildergewittern kulminieren, die keinen Autor mehr zu
kennen scheinen. Dafür aber eine
sinnfällige Analogie herstellen zwischen der die Trennung von Malerei,
Skulptur und Performance aufhebenden Kunst des Onkels und dem Versuch des Neffen, die Schwelle zwischen dokumentarischer Wissensvermittlung und experimentellem Ausdruck zu nivellieren.
26. 10., 15.30 h, Kino am Schwarzenbergplatz
29. 10., 23 h, Kino am Schwarzenbergplatz
I HAVE ALWAYS BEEN A DREAMER
USA/VAE 2012, 78 Min, OF
R: Sabine Gruffat
Detroit und Dubai, zwei Städte, die
auf den ersten Blick nicht unterschiedlicher sein könnten: die verkommene ehemalige Motor City im
US-Bundesstaat Michigan und die
aufstrebende Metropole vom Reißbrett in der Wüste des Nahen Ostens.
30
Doch Sabine Gruffats ungewöhnlich
komponierte Sinfonie zweier Großstädte, die in langen Kamerafahrten
zu einem unruhig pochenden, elektronischen Soundtrack urbane Geografien erkundet und manchmal in
Standbildern erstarrt, die wie Ölgemälde wirken, zeigt, dass es Gemeinsamkeiten gibt. Was ein Off-Kommentator über das menschenleere
Architekturschaufenster Dubai sagt,
gilt auch für jenes Detroit, das seine
goldenen Zeiten längst hinter sich
hat: «Es gibt kein städtisches Leben,
wir sind alle nur Besucher.»
Mit ARBOR
6. 11., 15.30 h, Kino am Schwarzenbergplatz
Kambodscha/F 2013, 90 Min, OmeU
R: Rithy Panh
Wie kann man einen visuellen Ausdruck für ein Grauen jenseits von
Bild und Sprache finden? Diese Frage
prägt seit jeher das dokumentarische
Werk des kambodschanischen Filmemachers Rithy Panh, dessen Eltern während der Schreckensherrschaft der Roten Khmer ums Leben
kamen. In seiner neuen Arbeit inszeniert er Szenarien des Horrors mit
bemalten Tonfiguren und kontrastiert dieses Marionettentheater mit
historischem Propaganda- und Wochenschaumaterial. So entsteht Reibungshitze und paradoxerweise ein
wundersamer Zauber, der selbst in
der Stilisierung des Ungeheuerlichen
das Menschliche zu retten vermag.
4. 11., 15.30 h, Gartenbaukino
5. 11., 16 h, Metro
IN SARMATIEN
D 2013, 122 Min, OmdU/OmeU
R: Volker Koepp
Volker Koepp ist ein Reisender, ein
Menschenbeobachter, ein Chronist
und ein Geschichtenerzähler. Ruhig
und gelassen, fast altmodisch in
einer rasenden Zeit globalisierter Information sucht Koepp vergessene
Landstriche und abgelegene Orte
auf, die sich durch sein aufmerksames Hinschauen und Zuhören als
höchst lebendige und überraschende
Welten erweisen. «Sarmatien» – allein der Klang des Wortes vermag
Lust auf diesen Film zu wecken. Ein
Land zwischen Litauen und Weißrussland, Ukraine und Polen, zwischen der Ostsee im Norden und
dem Schwarzen Meer im Süden. «Ein
Traumland», hat es ein Dichter genannt, «in dem sämtliche Völker und
Religionen ihren Platz finden».
in anwesenheit von Volker Koepp.
5. 11., 21 h, Metro (OmdU)
6. 11., 16 h, Urania (OmeU)
KATIYABAAZ
(POWERLESS)
Indien 2013, 82 Min, OmeU
R: Fahad Mustafa, Deepti Kakkar
Weit jenseits des Reparierbaren stellt
sich das Stromversorgungsnetz in
der indischen Millionenstadt Kanpur
dar: die Mutter aller Kabelsalate
durchzieht die Straßen, allerorten
funkt’s, raucht’s und brennt’s, alle
Nase lang gibt es Kurzschlüsse und
keinen Saft mehr. Dann werden die
Generatoren angeworfen und man
kann kaum atmen. Während die Chefin des E-Werks den Saustall aus Inkompetenz und Korruption vergeblich auszumisten versucht, verlegen
Guerilla-Elektriker weiterhin unver-
drossen Leitungen. Man kann in den
hier dokumentierten Zuständen
auch eine Metapher auf die globale
Lage sehen.
in anwesenheit von fahad Mustafa und
Deepti Kakkar.
26. 10., 18.30 h, Stadtkino im Künstlerhaus
27. 10., 24 h, Urania
KUTCHI VAHAN PANI WALA
dem, was er an intuitiver Erkenntnis
anbietet, auch nicht gerecht.
in anwesenheit von João Vladimiro.
27. 10., 13 h, Kino am Schwarzenbergplatz
28. 10., 21.30 h, Metro
LENNY COOKE
USA 2013, 90 Min, OF
R: Josh Safdie, Benny Safdie
(FROM GULF TO GULF TO GULF)
Indien/VAE 2013
83 Min, OmeU
R: Shaina Anand, Ashok Sukumaran
Vom indischen Gulf of Kutch entlang
der pakistanischen Küste nach
Dubai und retour. Vom Schiffsbau
mit Holz und Hammer zu langen
Reisen auf See, eingefangen von den
Mobiltelefonen der Seefahrer, Videobotschaften an Daheimgebliebene,
voll sehnsuchtsvoller Musik. Wir, die
fremden, blinden Passagiere, staunen über bunte Holzschiffe vor silbergrauen Glasbetontürmen und
wiederholte Bilder von lichterloh
brennenden Booten. Dazwischen
Alltag: Funkgespräche, Fischfang,
Schachspiele, Fracht-Verladen
(Autos, Kartons, Rinder), Tanzschritte im Schiffsbauch. Aus der Sehnsucht der Seefahrer nach Heimat
wird unsere nach Aufbruch.
2. 11., 16 h, Urania
5. 11., 11 h, Metro
Der Weg zum NBA-Superstardom
scheint für Lenny Cooke vorprogrammiert. 2001 wird er an erster Stelle
aller High School Player gereiht, vor
späteren NBA Größen wie LeBron
James. Er ist jung und talentiert, die
Taschen voller Geld, die Sterne zum
Greifen nah, einen Slamdunk entfernt. Und doch wird nichts davon
wahr. Wie konnte das passieren?
Und wie lebt man ein Leben weiter,
in dem das größte Glück uneinholbar in der Vergangenheit liegt? Wie
kommt man damit klar, wenn das
Möglichkeitsspektrum schrumpft,
während die Körpermitten sich
ausdehnen? Wie kommt man in der
Gegenwart an, drückt statt Rewind
auf Play? Ask Lenny.
6. 11., 16 h, Stadtkino im Künstlerhaus
LET THE FIRE BURN
USA 2013, 95 Min, OF
R: Jason Osder
LACRAU
P 2012, 99 Min, OmeU
R: João Vladimiro
Stadt, Land, Fluss. Feuer, Wasser,
Erde, Luft. Man könnte Vladimiros
experimentellen Mensch-Natur-Kultur-Film LACRAU ein Elementargedicht nennen. An die Stelle von Worten setzt es Bilder und Geräusche.
Geräusche, verursacht vom Land
und seinen Bewohnern, Musik quer
durch Stile und Zeiten, Bilder, auf
denen Elementargeister sichtbar zu
werden scheinen. Eingefroren und
bewegungslos im Schreck des Ertappt- und Erkanntwordenseins. Mit
rationalem Interesse kommt man
diesem Film nicht bei – und würde
Seit den 1970er Jahren gab es in Philadelphia eine Kommune radikaler
Schwarzer, MOVE, die die Rückkehr
zur Kultur des schwarzafrikanischen
Heimatkontinents militant propagierte. Immer wieder kam es dabei
zu teils gewaltsamen Auseinandersetzungen mit den Autoritäten. Am
Höhepunkt der Konflikte warf die
Polizei am 13. Mai 1985 einen
Brandsatz auf das Dach des Kommu31
Dokumentarfilme
nen-Hauses. Bei dem folgenden
Brand starben 5 Kinder und 6 Erwachsene, und ein ganzer Stadtteil
ging in Flammen auf. «Let the fire
burn», ordnete die Polizei an und der
Film gleichen Titels ist die erstmalige, genaue, erschütternde Chronik
einer viel zu wenig bekannten amerikanischen Barbarei gegen die eigene
Gesellschaft.
in anwesenheit von Jason Osder.
5. 11., 23.30 h, Urania
6. 11., 18.30 h, Metro
MANAKAMANA
prOpOSiTiOnS
USA/Nepal 2013, 118 Min, OmeU
R: Stephanie Spray, Pacho Velez
Zwölf Fahrten in einer Seilbahn in
Nepal. Hinauf zum Manakamana
Tempel der Hindu-Göttin Bhagwati.
Und wieder herunter. Pilger, Touristen und Tiere auf luftigem, schwebendem Weg. Vibrierende Bewegung
in zwölf statischen Einstellungen,
kein Film von James Benning. MANAKAMANA entstand am Sensory
Ethnography Lab der Harvard University und bietet ein Seh-, Hör- und
Fühlerlebnis der anderen Art, ist filmische Trance, konzeptuelle Überschreitung und ethnografische Studie gleichermaßen. Minimalistisch,
doch komplex und eine der innovativsten sowie einnehmendsten kinematografischen Arbeiten des Jahres.
(Siehe auch S. 52: Special Program
Sensory Ethnography Lab)
in anwesenheit von Stephanie Spray
und Véréna paravel.
30. 10., 16 h, Metro
1. 11., 12.30 h, Gartenbaukino
MANQANA,
ROMELIC KVELAFERS GAAQROBS
(THE MACHINE WHICH
MAKES EVERYTHING DISAPPEAR)
Georgien/D 2012, 97 Min, OmeU
R: Tinatin Gurchiani
Die Versuchsanordnung ist simpel:
Die Regisseurin bittet junge Leute
aus Georgien zu einem Casting vor
einer blauen, bröckelnden Wand.
Was als Standardprozedur beginnt,
wird bald zu einem tiefen Blick in die
32
MILLE SOLEILS
prOpOSiTiOnS
(A THOUSAND SUNS)
Seele der angehenden Darsteller. Sie
enthüllen ihre Träume und Traumata, erzählen vom Scheitern und von
ihren Sehnsüchten und gestatten der
Kamera, sie in ihrem Alltag zu begleiten. So entfaltet sich das Panorama
einer «lost generation» in einem
Land hinter den sieben Bergen, gezeichnet von Krieg, Armut und Perspektivlosigkeit. Doch die Hoffnung
stirbt zuletzt. Selbst wenn sie nur in
der Erinnerung an den Kirschbaum
aus der Kindheit besteht.
in anwesenheit von Tinatin Gurchiani.
27. 10., 18.30 h, Metro
28. 10., 23 h, Kino am Schwarzenbergplatz
MARA MATTUSCHKA_DIFFERENT
FACES OF AN ANTIDIVA
A 2013, 90 Min, OmeU
R: Elisabeth Maria Klocker
F/Senegal 2013, 45 Min, OmeU
R: Mati Diop
Mati Diop ist die Nichte des verstorbenen Regisseurs Djibril Diop
Mambéty, der 1973 mit TOUKI
BOUKI ein Meisterwerk des jungen
senegalesischen Kinos schuf. Eine
formal herausfordernde BONNIE
AND CLYDE-Geschichte zwischen
Roadmovie, Initiationsritus und bitterer Satire. Die junge Filmemacherin folgt im rauen Verité-Stil den
Spuren des damaligen Hauptdarstellers Magaye Niang von den Bars und
Discos des nächtlichen Dakar bis
nach Alaska, wo er seine ehemalige
Partnerin sucht. Eine wehmütige
Meditation über den magischen
Augenblick, der verstreicht und ein
ganzes Leben hinterlässt, das mit
Sinn gefüllt werden will.
in anwesenheit von Mati Diop.
Mit PRESENCE
1. 11., 18.30 h, Stadtkino im Künstlerhaus
2. 11., 18.30 h, Metro
NORTHERN LIGHT
Mara Mattuschka ist eine Art Naturgewalt, wunderbar in ihrer Ausdrucksweise, ihrem Erfindungsreichtum, ihrem Witz, ihrer Inkonsequenz. Sie ist Malerin, Schauspielerin, Filmemacherin, Performancekünstlerin, Professorin, Sängerin –
und vor allem: Mara Mattuschka.
Längst international vielfach ausgezeichnet und renommiert, sind ihre
Neugier, ihr Pioniergeist, ihre großartige Mischung aus Abgebrühtheit
und Naivität dennoch gänzlich ungebrochen. So wird auch diese feine,
reiche und intelligente Dokumentation über Mattuschka, bevor man es
bemerkt hat, zu einem Kunstwerk
von Mattuschka: widersprüchlich,
wild und abgründig unterhaltsam.
in anwesenheit von elisabeth Maria
Klocker und Mara Mattuschka.
Mit LIVEPAN
4. 11., 23 h, Kino am Schwarzenbergplatz
5. 11., 18.30 h, Urania
USA 2013, 105 Min, OF
R: Nick Bentgen
Alltag im Milieu der Arbeiterklasse
im nördlichen Michigan, wo die Winter lang und hart sind und die Jobs
knapp. Die Frauen verbringen ihre
Zeit als Mütter, Angestellte im Supermarkt oder Bodybuilderinnen, die
Männer schrauben an ihren Autos
oder Schneemobilen herum und
richten ihr ganzes Leben auf das
International 500-Rennen der Motorschlitten aus – dem Höhepunkt des
Jahres. Regisseur Bentgen inszeniert
die triste Diskrepanz zwischen der
unendlichen Weite der Natur und
der Enge der Lebensentwürfe mit
Gespür für visuelle Dramatik, unterlegt von elegischen Streicherklängen. «Racing is life», kann man einmal an einer Wand lesen. «All else is
worthless.»
in anwesenheit von nick bentgen.
29. 10., 16 h, Urania
30. 10., 18 h, Kino am Schwarzenbergplatz
Falters Feine Filme
+++ Gemeinsam mit dem FALTER veröffentlicht die Viennale zum zweiten Mal eine DVD Edition.
Diese Filme sollen den Geist der Viennale repräsentieren. +++
l. Grifi & M. Sarchielli
ANNA
Denis Côté
CURLING
V. Paravel & J. P. Sniadecki
FOREIGN PARTS
Der Porträtfilm über eine schwangere,
drogenabhängige Jugendliche
verzichtete auf ein Drehbuch, um
stattdessen im Cinéma vérité-Stil
völlig deren Leben einzutauchen.
Daraus entstand ein Spiel wechselseitiger Verführungen, Abhängigkeiten und Ausbeutungen.
Abgeschieden bei ihrem Vater
lebend, macht die 12-jährige
Julyvonne eines Tages eine zutiefst
verstörende Entdeckung, mit der sie
verschlossen weiterlebt. Gibt es einen
Zusammenhang mit dem eigenartigen
Leben des Vaters? Ein surrealer, an
Buñuel erinnernder Film.
Der Film dokumentiert den schwierigen Alltag am Rande von Queens.
Wo Menschen unter den schlechtesten
Bedingungen leben und arbeiten, aber
trotzdem versuchen, der drohenden
Sanierung des Viertels zu entgehen.
Doch der Boden gehört Spekulanten
und Immobilienentwicklern.
225 min, UMdU, € 14,90
92 min, OmEngU, € 14,90
80 min, Engl./Span./Hebr., € 14,90
6 DVD
BOX
Nadav Lapid
HASHOTER
Kleber Mendonça Filho
O SOM AO REDOR
Nadav Lapid erzählt eine doppelte
Geschichte. Die von Yaron, Mitglied
einer Antiterrorgruppe und die einer
Gruppe von linken Terroristen, deren
zentrale Figur die Bürgertochter
Shira ist. In einem unermüdlichen
Showdown prallen schließlich die
beiden Gruppierungen aufeinander.
Hinter der Fassade der Bürgerlichkeit
einer mittelständischen Straße in der
Provinz lauern Kleinkriminalität und
finstere Machenschaften. Filho inszeniert
in seinem Debüt mit fast Altman’scher
Figurenvielfalt einen Reigen aus
Lebenslügen, Klassendünkel und soziopathischen Neigungen.
112 min, OmEngU, € 14,90
124 min, OmEngU, € 14,90
VIENNALE DVD BOX 2013
Die streng limitierte Viennale DVD Box
beinhaltet neben den 5 Filmen eine
exklusive Bonus DVD “And We Made the
Room Shine” mit acht Shows von Musikern
des kanadischen Independend Labels
Constellation Records.
+ ein Viennale-Schlüsselband
+ ein aktueller Festivalpin
678 min, statt € 74,50 um nur € 59,90
Die Viennale DVD Edition ist erhältlich unter www.viennale.at . faltershop.at
und im gut sortierten Buchhandel.
Dokumentarfilme
EL OJO DEL TIBURÓN
(THE SHARK’S EYE)
E/Argentinien/Costa Rica 2012
93 Min, OmeU
R: Alejo Hoijman
Ein Sommer in Grün: Maicol und
Bryan, zwei Teenager, die in einem
entlegenen Dorf an der karibischen
Küste Nicaraguas leben, geben sich
ein letztes Mal zu Wasser und im Urwald, der das Land zu überwuchern
droht, den Spielen der Jugend hin.
Dann wird der Ernst des Lebens beginnen. Und das heißt an diesem
verlorenen Ort ohne Perspektive entweder Haifischfang oder Drogenschmuggel. Hoijman dokumentiert
eine verwunschene Welt mit einer
geradezu obszön prangenden Vegetation, in der ganze Sinfonien von
Geräuschen aufgeführt werden.
Jeden Augenblick könnte Colonel
Kurtz hinter einem tropischen Gewächs hervortreten: the horror.
in anwesenheit von alejo hoijman.
25. 10., 23 h, Kino am Schwarzenbergplatz
5. 11., 16 h, Stadtkino im Künstlerhaus
OUR NIXON
USA 2013, 85 Min, OF
R: Penny Lane
PAYS BARBARE
(BARBARIC LAND)
F 2013, 65 Min, OmeU
R: Yervant Gianikian, Angela Ricci Lucchi
Seit nahezu 50 Jahren arbeitet das
Künstlerpaar Gianikian und Ricci
Lucchi an einer ganz eigenständigen
und faszinierenden filmischen Geschichtsschreibung. Ausgehend von
offiziellem sowie anonymem Material, Archivaufnahmen und found footage kreieren sie eine neue, gespenstische Welt der Erinnerung. In PAYS
BARBARE gilt ihre Aufmerksamkeit
dem imperialistischen MussoliniFaschismus und seinen Eroberungsund Unterwerfungsfeldzügen durchs
afrikanische Äthiopien, gedemütigte
Kolonie eines italienischen Traums
vom großen Imperium. Wie Revenants und Vampire geistern die Soldaten durch eine eingefrorene und
verfluchte filmische Welt, allen voran
das Phantom Mussolinis.
in anwesenheit von Yervant Gianikian
und angela ricci lucchi.
Mit RITOURNELLE
29. 10., 21 h, Metro
31. 10., 13.30 h, Metro
RICARDO BÄR
Die Homemovies dreier dienstfertiger Mitarbeiter Richard Nixons, die
während dessen erster Amtszeit
(1969–1973) dokumentieren, was
das aufregende Politiker-Leben so
hergibt: von der marmornen Kloschüssel in Paris bis zum historischen Besuch in China, von Nixons
Telefonat mit den Männern auf dem
Mond bis zum Eichhörnchen, das im
Garten des Weißen Hauses eine Nuss
vergräbt. Lebendig werden die stummen Bilder in der Montage mit Tonband- und TV-Aufnahmen sowie Interviews rund um den später alle Beteiligten diskreditierenden Watergate-Skandal. Alltag und Weltgeschichte, Politik und Privates sind verknüpft in einem Gewebe, das jenseits dieser Kategorien Wirkungsmacht fordert.
25. 10., 11 h, Urania
26. 10., 16 h, Urania
34
Argentinien 2013, 96 Min, OmeU
R: Gerardo Naumann, Nele Wohlatz
Film zeigt den Alltag in einer seltsamen, fremden Welt und ist gleichzeitig auch ein kritischer Essay darüber,
wie die dokumentarische Lust am
Anderen zum aggressiven Eindringen in einen hermetisch versiegelten
Lebensraum wird.
In Anwesenheit von Gerardo Naumann
und Nele Wohlatz.
4. 11., 18.30 h, Stadtkino im Künstlerhaus
5. 11., 16 h, Urania
ROLAND KLICK – THE HEART
IS A HUNGRY HUNTER
D 2013, 80 Min, OmeU
R: Sandra Prechtel
Die wenigen Filme, die Roland Klick
gedreht hat, hat er mit großer Leidenschaft gedreht, großer Erfolg
jedoch war ihnen nicht beschieden.
Zu zielsicher landeten sie zwischen
Kunst und Kommerz. Wenn Klick in
Prechtels Porträt redend in Fahrt
gerät, führt er raumgreifende Gesten
aus. Dann lacht er sein lautes, wildes
Lachen. Ein bemerkenswert aufrichtiger, gänzlich unverstellter Mensch,
der ohne Angst von seiner Seele
spricht und davon, dass er immer
«die Melodie der Person» im Schauspieler habe erfassen wollen, um
diese dann in die Figur zu übertragen. Man wünscht, er würde mal
wieder einen Film drehen.
in anwesenheit von Sandra prechtel
und roland Klick.
3. 11., 18.30 h, Urania
5. 11., 23 h, Kino am Schwarzenbergplatz
ROSSO CENERE
(RED ASHES)
Der deutschstämmige Ricardo Bär
lebt im Nordosten Argentiniens in
einer entlegenen baptistischen Gemeinde, wo man Portunal – eine
Mischung aus Spanisch und Portugiesisch – spricht und das Leben sich
zwischen Laptop und Landarbeit
abspielt. Eigentlich soll der junge
Mann die Farm seines Vaters übernehmen, doch sein Lebensziel ist es,
Pastor zu werden. Eine Ambition,
der er sich mit Hingabe widmet. Der
F/I 2013, 60 Min, OmeU
R: Augusto Contento, Adriano Aprà
Um kaum einen Film der italienischen Nachkriegsgeschichte ranken
sich so viele Mythen und Spekulationen wie um Rossellinis STROMBOLI.
1950 hatte der Regisseur – zum
größten Teil auf den Abhängen des
Vulkans der titelgebenden, unwirtlichen Insel – mit seiner Gefährtin
Ingrid Bergman, einem der großen
Hollywoodstars jener Jahre, ein halb
dokumentarisches, verwegenes
SALMA
Meisterwerk des Kinos realisiert. Auf
den Spuren jener Ereignisse und Zeiten – mit Zeugen und großartigem
Archivmaterial sowie bisher unveröffentlichten Homemovies Bergmans –
rekonstruiert ROSSO CENERE jenen
geheimnisvollen Sommer der Entstehung eines Films, wie es keinen vergleichbaren gab.
in anwesenheit von adriano aprà.
Mit LA VOCE DI BERLINGUER
4. 11., 20.30 h, Kino am Schwarzenbergplatz
6. 11., 11 h, Metro
SACRO GRA
I/F 2013, 83 Min, OmeU
R: Gianfranco Rosi
Mit SACRO GRA gewann zum ersten
Mal ein Dokumentarfilm den «Goldenen Löwen», den Hauptpreis des
Festivals von Venedig. GRA steht für
«Autostrada del Grande Raccordo
Anulare» und bezeichnet den großen
Autobahnring rund um Rom, für
Rosi zugleich der Verteiler von tausenden Geschichten und Figuren.
Angesiedelt an dieser Peripherie –
vom Aal-Fischer am Tiber über die
Prostituierten, vom Botanisten über
den Rettungsfahrer bis zum grotesken, neureichen Prinzen – a world
of its own. Eine Reise ans Ende der
Welt, die keinen Zielpunkt hat,
sondern immer nur zur nächsten
Autobahnraststation führt.
in anwesenheit von Gianfranco rosi.
5. 11., 15.30 h, Gartenbaukino
6. 11., 23.30 h, Stadtkino im Künstlerhaus
GB/Indien 2013, 90 Min, OmeU
R: Kim Longinotto
Als die Tamilin Salma in die Pubertät
kommt, wird sie von ihren Eltern im
Haus eingeschlossen. Als sie neun
Jahre später endlich ihrer Verheiratung zustimmt, wird sie weitergereicht in die Familie ihres Mannes. In
den Jahren des Eingesperrtseins hat
Salma ihr dichterisches Talent entdeckt; sie schafft es, veröffentlicht zu
werden; sie wird schließlich sogar
Parteiabgeordnete ihres Dorfes. Die
Geschichte von Salmas erbittertem
Widerstand gegen die Unterdrückung ihrer Stimme und die ihres
Geschlechts wird in Gesprächen
nachvollzogen, die Salma mit Angehörigen führt und die Longinotto
mitfilmt. Es ist keine reine Erfolgsgeschichte. Die Traurigkeit in Salmas
Augen legt davon Zeugnis ab.
26. 10., 13.30 h, Stadtkino im Künstlerhaus
27. 10., 21 h, Metro
vor kurzem verstorbenen Sohn Dimitri, Klischees nicht scheuend, dann
wieder Bilder und Töne von großer
Eigenart und Verzauberung erfindend. Ein kleiner Meteorit.
in anwesenheit von harald bergmann
und ludivine van Gaver (Schnitt).
29. 10., 21 h, Stadtkino im
Künstlerhaus (OmdU)
30. 10., 13 h, Urania (OmeU)
SICKFUCKPEOPLE
A/Ukraine 2012, 75 Min, OmdU/OmeU
R: Juri Rechinsky
Der Film dokumentiert das lowlife
einer Gruppe drogensüchtiger Straßenkinder, die sich in einem vermüllten Keller in Odessa im Elend
eingerichtet haben. Gelegentlich
kriechen sie wie Beckett-Figuren
durch ein Loch heraus, um an einem
Alltagsleben teilzuhaben, das nichts
von ihnen wissen will. Der zweite
Teil des Films setzt einige Jahre später ein: Die Kids sind nun erwachsen
und wollen sich wenigstens ein kleines Stück bürgerlicher Normalität
erkämpfen. Doch wohin sie auch
DER SCHMETTERLINGSJÄGER –
37 KARTEIKARTEN ZU NABOKOV
D 2012, 135 Min, OmdU/OmeU
R: Harald Bergmann
Es gibt in der Geschichte des Kinos
eine Vielzahl von Begegnungen von
Film und Literatur und DER
SCHMETTERLINGSJÄGER fügt diesem Kanon ein eigenwilliges und
manchmal vertracktes Beispiel
hinzu. Ausgangsmaterial sind im
Wesentlichen Nabokovs «Ada oder
das Verlangen» und «Erinnerung,
sprich». Teils in freier Reflexion, teils
genau nachzeichnend, niemals jedoch illustrierend, bewegt sich Bergmann wie ein Schlafwandler mit offenen Augen durch Nabokovs Welt,
im Zusammenspiel mit Nabokovs
gehen: Sie treffen nur auf Hass, Ablehnung und unverhohlenen Sadismus. Selten hat der Spruch «Du hast
keine Chance, aber nutze sie!» eine
so sinistre Resonanz gehabt wie hier.
in anwesenheit von Juri rechinsky und
Mitgliedern des Teams.
27. 10., 23 h, Kino am
Schwarzenbergplatz (OmeU)
28. 10., 18.30 h, Stadtkino im
Künstlerhaus (OmdU)
SING ME THE SONGS
THAT SAY I LOVE YOU
USA/Kanada 2012, 108 Min, OF
R: Lian Lunson
Die Sängerin und Songschreiberin
Kate McGarrigle, die mit ihrer
Schwester Anna ein legendäres FolkDuo formte, starb im Jahr 2010 an
Krebs. Ihre berühmten Kinder Rufus
und Martha Wainwright betrauerten
den Verlust mit einem großen Konzert in New York, an dem Stars wie
Emmylou Harris, Antony und Norah
Jones teilnahmen. Der Film ist ein
35
Dokumentarfilme
STO LYKO
prOpOSiTiOnS
(TO THE WOLF)
akustisches Epitaph, dokumentiert
von einer ruhigen Kamera und überblendet und gegengeschnitten mit
Familienfilmen, Archivmaterial und
Interviews. Vor allem aber ein Fest
der großen Stimmen, die noch die
subtilsten Facetten in den elegischen
Songs von Kate McGarrigle zum Blühen bringen.
29. 10., 24 h, Stadtkino im Künstlerhaus
1. 11., 15.30 h, Gartenbaukino
STEMPLE PASS
USA 2012, 121 Min, OF
R: James Benning
GR/GB 2013, 74 Min, OmeU
R: Christina Koutsospyrou, Aran Hughes
Irgendwo in den Bergen im Westen
Griechenlands führen kleine Hirtenund Bauernfamilien ihr von der
Wirtschaftskrise vom Kümmerlichen
ins Elende getriebenes Dasein. Das
letzte Geld geht für Alkohol und
Zigaretten drauf, die Perspektive
wird davon auch nicht rosiger. Das
Langfilmdebüt der beiden jungen
FilmemacherInnen Koutsospyrou
und Hughes spielt kunstvoll mit den
Konventionen des Dokumentarischen, um aus der scheinbar ausbeuterischen Aufzeichnung randständiger Depravation die negative Utopie
eines allgemeinen gesellschaftlichen
Zerfalls und sittlicher Verrohung
unter dem Vorzeichen der Armut
zu erarbeiten.
in anwesenheit von Christina
Koutsospyrou und aran hughes.
4. 11., 13.30 h, Urania
6. 11., 18.30 h, Stadtkino im Künstlerhaus
TERRA DE NINGUÉM
(NO MAN’S LAND)
1996 wurde der seit Jahren als Einsiedler in den Wäldern von Montana
lebende, ehemalige Mathematiker
Ted Kaczynski als der legendäre
Unabomber verhaftet. In seiner
Hütte fanden sich umfassende Aufzeichnungen, von denen einige auf
Umwegen in die Hände Bennings gerieten. In STEMPLE PASS wird aus
dem Off aus diesen teils kruden Notizen über das Leben in der Natur,
die zerstörerische Gesellschaft und
die Notwendigkeit einer gewaltsamen Veränderung gelesen, und zu
sehen ist, in vier langen, den vier
Jahreszeiten folgenden Einstellungen eine abgelegene Landschaft, bewaldete Hügel und am Rande eine
kleine, allein stehende Hütte. Ein
höchst radikales und hypnotisches
Americana.
in anwesenheit von James benning.
3. 11., 18 h, Kino am Schwarzenbergplatz
5. 11., 11 h, Urania
36
P 2012, 72 Min, OmeU
R: Salomé Lamas
In einem ruinösen Gebäude erzählt
ein verwitterter Alter wilde Geschichten aus seinem verwegenen
Söldnerleben. Er gehörte zu einem
portugiesischen Elitekommando
während des Kolonialkrieges in Mosambik und später in Angola, er arbeitete als Auftragsmörder für die
CIA in El Salvador sowie die paramilitärischen spanischen GAL, deren
Ziel die terroristische Bekämpfung
der ETA war. Er wurde zu 30 Jahren
Gefängnis verurteilt, von denen er 15
absaß. Jetzt lebt er als Obdachloser
gemeinsam mit einem afrikanischen
Flüchtling unter einer Brücke und
säuft. Und mit einem Mal ist er verschwunden. Möglicherweise ist dem
Alten nicht zu trauen und das alles
bloß erfunden.
in anwesenheit von Salomé lamas.
31. 10., 23.30 h, Stadtkino im Künstlerhaus
1. 11., 18.30 h, Urania
THIS AIN’T NO MOUSE MUSIC!
USA 2013, 92 Min, OmeU
R: Chris Simon, Maureen Gosling
Chris Strachwitz, aus deutschem
Adel stammend, wandert mit 16 in
die USA aus und wird zu einem der
bedeutendsten Archäologen, Sammler und Rekorder lokaler Musikformen. Seit 1960 veröffentlicht sein
legendäres Label «Arhoolie Records»
einen beispiellosen Katalog an authentischen Aufnahmen vergessener
und unbekannter Blues-Musik ebenso wie Cajun, Hillbilly, Tex Mex und
New Orleans R & B. Aufgenommen in
Gefängnissen, Puffs, Kirchen, auf
Autobahnraststätten und Plantagen
bildet diese Musik einen ureigenen,
faszinierenden Corpus amerikanischer Kultur und darüber hinaus,
wie Ry Cooder bemerkt hat, «the
DNA of Rock ’n’ Roll». A film not to
be missed by anybody.
in anwesenheit von Chris Simon und
Maureen Gosling.
31. 10., 16 h, Urania
1. 11., 23.30 h, Stadtkino im Künstlerhaus
THOSE WHO GO THOSE WHO STAY
A 2013, 75 Min, OmeU
R: Ruth Beckermann
Beckermann nimmt eine Reihe von
Motiven ihrer bisherigen Arbeiten
auf, fügt neue hinzu, verwebt ihr privates und politisches Interesse mit
einer allgemeineren Bewegung: Der
der Migration, der Wanderung, der
Veränderung, der Fremde. Das Unterwegssein als ewiges und zugleich
hochaktuelles Moment unserer Welt,
erzwungen, freiwillig, zufällig, nicht
enden wollend, hoffend, gewalttätig.
Nigerianische Asylwerber in Sizilien,
gealterte Emigranten in Paris, die
jungen Frauen von Alexandria, der
arabische Musiker im jüdischen,
gelobten Land, ein zerrissenes,
verknotetes, sich auflösendes und
wieder neu verdichtetes Gewebe. Der
Stoff, aus dem Welt und Geschichte
gemacht sind.
in anwesenheit von ruth beckermann.
25. 10., 18 h, Gartenbaukino
27. 10., 13.30 h, Urania
THREE LANDSCAPES
prOpOSiTiOnS
USA/Äthiopien 2013, 47 Min, stumm
R: Peter Hutton
Sechs Jahre nach seinem beispiellosen Filmpoem AT SEA feiert Hutton
eine triumphale Rückkehr und reiht
sich endgültig unter die großen
Meister des avantgardistischen,
experimentellen Kinos. Die titelgebenden drei Landschaften sind drei
unterschiedliche Orte menschlicher
Arbeit: Detroit, das Hudson River
Valley, eine Wüstengegend im nördlichen Äthiopien. In nahezu schwereloser Abstraktion die Fabriksarbeit,
dann die agrarische Farm und
schließlich die aufs Allerwesentlichste reduzierte Weise menschlicher
Existenz. All dies von einer geheimnisvollen Unmittelbarkeit, zwischen
reinem Dokument und einem Taumel von Raum und Zeit. Das Kino als
Erschaffung der Welt.
Mit LISTENING TO THE SPACE IN MY ROOM
25. 10., 16 h, Metro
28. 10., 11 h, Metro
UN VOYAGEUR
(AIN’T MISBEHAVIN)
F 2013, 106 Min, OmeU
R: Marcel Ophüls
zum Bild einer Epoche und eines Lebens, das, wie der alte Mann glaubhaft macht, noch lange nicht zu Ende
ist. Dazu ist er viel zu lebendig, ungeduldig und voller Neugier.
30. 10., 16 h, Urania
5. 11., 15.30 h, Kino am Schwarzenbergplatz
WEEKEND OF A CHAMPION
F/GB 1972/2012, 93 Min, OmdU
R: Frank Simon
Will man den ganzen Abgrund an
Mittelmäßigkeit ermessen, den die
heutige Formel 1 darstellt, muss man
den lange Jahre vergessenen Film
WEEKEND OF A CHAMPION sehen.
Zwischen der Coolness, Souveränität
und dem Professionalismus des Helden dieses Films, Jackie Stewart, und
dem kleinen, ehrgeizigen Buben aus
Heppenheim liegt eine Welt, ein Jahrtausend. Ein Weekend mit Tests,
Training und Rennen 1971 in Monte
Carlo, begleitet von den Filmemachern Frank Simon und Roman
Polanski. Pop pur in den Haarnadelkurven und man weiß nicht, wer
schöner war, Grace Kelly von Monaco
oder swinging Helen Stewart. Ein
Filmerlebnis nicht nur für Formel 1
Fans.
in anwesenheit von Sir Jackie Stewart,
lady helen Stewart und Mark Stewart
(exec. producer).
28. 10., 20.30 h, Gartenbaukino
29. 10., 11 h, Stadtkino im Künstlerhaus
WO GUXIANG DE SIZHONG
SIWANG FANGSHI
(FOUR WAYS TO DIE IN MY HOMETOWN)
Im Alter von 85 Jahren erstellt Marcel Ophüls mit UN VOYAGEUR eine
Art kinematografische Autobiografie,
einen manchmal humorvollen, dann
wieder ein wenig disparaten, mal
unnachgiebigen, dann wieder sentimentalen Rückblick auf sein reiches,
abenteuerliches Leben. Immer aber
ist Ophüls aufrichtig mit sich und
seinen Freunden, mit seinen Gegnern und seiner Familie. Ein Mosaik
an Filmausschnitten, Zitaten, Dokumenten und Stimmen fügt der bedeutende Chronist hier zusammen
China 2012, 92 Min, OmeU
R: Chai Chunya
Die Migration der chinesischen
Wanderarbeiter vom Land in die
Städte – jedes Jahr sind etwa 15 Millionen Menschen unterwegs – hat
die Auflösung gewachsener, familiärer und dörflicher Strukturen zur
Folge. Chai Chunya nähert sich dem
Thema in seinem Debüt auf experimentelle Weise; am Beispiel einer
jungen Frau, die Nachhause zurückkehrt, um ihren sterbenden Vater
noch einmal zu sehen. Erde, Wasser,
Feuer und Wind strukturieren als
erzählerische Motive diesen philosophischen Essayfilm über den Begriff
Heimat und die Frage, was mit ihr
passiert, wenn sie verlassen wird.
Wohin kehrt man zurück – wenn
man zurückkehrt?
30. 10., 18.30 h, Urania
prOpOSiTiOnS
DIE ZEIT VERGEHT
WIE EIN BRÜLLENDER LÖWE
(TIME GOES BY LIKE A ROARING LION)
D 2013, 80 Min, OmeU
R: Philipp Hartmann
Die Zeit als Gegenstand eines Films
ist ein unmögliches Unterfangen.
Aber Hartmanns ebenso schlaue wie
witzige, analytische wie spekulative
Herangehensweise erfindet Wege
und Bilder, Argumente und Anmutungen, die von der Zeit erzählen. So
erzählen, als wäre sie ein seltsames
Tier, ein Lufthauch, ein Raum, ein
Gedicht. DIE ZEIT VERGEHT WIE
EIN BRÜLLENDER LÖWE – eine
Behauptung, die von der Großmutter
des Filmemachers stammt – ist ein
höchst vergnüglicher, lehrreicher,
fantastischer und am Ende doch
möglicher Essay über das Unmögliche. Ein Edelstein unter den diesjährigen Viennale-Filmen.
in anwesenheit von philipp hartmann.
Mit HEIM und BAUMEISTER
31. 10., 21 h, Stadtkino im Künstlerhaus
2. 11., 11 h, Metro
37
Kurzfilme
AMERICA
F/USA 2013, 7 Min, OF
R: Valérie Massadian
Eine Reise von der Vergangenheit in
die Gegenwart, in die Zukunft, ins
Imaginäre. Wie von Geisterhand bewegt, streift die Kamera durch einen
Wald, in dem jeder Farn und jede
moosbewachsene Wurzel mit magischer Energie pulsiert. Zur Geisterhand gesellt sich eine Geisterstimme. Sie ruft den Great Spirit an, klagt
vom Wandern auf falschen Pfaden
ins Ungewisse, wünscht sich statt
der dumpf-traurigen Schwere ein
tanzendes Herz zurück. So unheimlich wie real, hier scheint alles möglich: Hoh Forest, 47°N 123°W.
Mit PRIMER
26. 10., 23.30 h, Stadtkino im Künstlerhaus
6. 11., 11 h, Urania
ARBOR
USA 2012, 7 Min, kein Dialog
R: Janie Geiser
Ein Nekrolog ohne Worte: Begleitet
von Zwitschern und Zirpen, einer
melancholischen Sopranstimme und
Kirchenglocken, führt Geiser gefundene SW-Fotografien mit allerlei Texturen, Ornamenten, überlappenden
Folien, mit Überblendungen, Animationen und Lochblenden in einen
metaphysischen Gesamtbewegungszusammenhang, der um das Vergehen menschlichen Lebens kreist. So
entsteht aus disparaten Elementen
eine organische Geschichte, die man
auch als Reise in ein fantasievolles
Geisterreich begreifen kann.
Mit I HAVE ALWAYS BEEN A DREAMER
6. 11., 15.30 h, Kino am Schwarzenbergplatz
38
AUDITION
USA 2013, 5 Min, OF
R: Bob Byington
Die Situation des Vorsprechens ad
absurdum führen, indem man einen
schwarzweißen Film über das Vorsprechen inszeniert, in dem mindestens ein Schauspieler einen von vier
Kandidaten für ein Vorsprechen
spielt. Blicken Sie durch? Macht
nichts, denn darum geht es hier
nicht. Auf der selbstreferenziellen
Ebene, auf welcher hier von allen Beteiligten – freilich nur scheinbar –
improvisiert wird, gerät ohnehin
alles durcheinander: Wenn der
«Schauspieler» unter den Kandidaten am Ende aufgibt, weiß man
nicht, ob hier ein Autor, ein Akteur,
ein entmutigter Mensch oder alle in
einem vorgesprochen haben.
in anwesenheit von bob byington.
Mit LA ÚLTIMA PELÍCULA
28. 10., 21 h, Stadtkino im Künstlerhaus
29. 10., 13 h, Kino am Schwarzenbergplatz
CHA FANG
(THE QUESTIONING)
China 2013, 21 Min, OmeU
R: Zhu Rikun
Rikun, gerade in der chinesischen
Stadt Xinyu angekommen, bekommt
in seinem Quartier Besuch von der
lokalen Polizei. Die folgende «Inspektion» läuft auf ein absurdes
Machtspiel hinaus, das seine Pikanterie einer vom Filmemacher versteckten Kamera verdankt, die das
Geschehen aufzeichnet. Rikun zeigt
– im Bewusstsein seines Publikums
– zivilen Ungehorsam gegenüber
den Beamten; sein Video verwischt
die Grenzen von Dokumentarismus
und Aktivismus, dekonstruiert die
Logik einer behördlichen Befragung
und zwingt den Zuschauer geradezu,
eine eigene Haltung einzunehmen.
Erhellend sind die am Schluss eingeblendeten Hintergrund-Fakten.
Mit EIN GESPENST GEHT UM IN EUROPA
28. 10., 18 h, Kino am Schwarzenbergplatz
29. 10., 11 h, Metro
CREME 21
A 2013, 10 Min, kein Dialog
R: Eve Heller
Eine kurze Geschichte der Zeit. Ein
Found-footage-Sammelsurium, das
an der eigenen Perzeptionskraft
zweifeln lässt. Stark techniklastige
Bilder und Grafiken verflüchtigen,
verlangsamen und wiederholen sich,
hüpfen und tanzen vor unseren
Augen, begleitet von einem ebenso
fragmentarisierten «Audiokommentar». Und all das zu einem Zweck:
uns einen Begriff der subjektiven
Wahrnehmung von Zeit zu geben.
Dem kosmischen Bilderrauschen
wird auf der Tonspur ein nüchternes
Ende gesetzt: «But finally we find it
impossible to answer that most compelling question.» Was war noch mal
die Frage?
in anwesenheit von eve heller.
Mit GUT RENOVATION
2. 11., 20.30 h, Kino am Schwarzenbergplatz
5. 11., 13 h, Kino am Schwarzenbergplatz
DAD’S STICK
GB 2012, 5 Min, OF
R: John Smith
Der Vater des Filmemachers war
Maler, hatte einen Fulltime-Job als
Buchhalter und besaß gleich mehrere der titelgebenden Stöcke für verschiedene Zwecke. «The working
class can kiss my ass», summt er auf
der Tonspur dieses verblüffenden,
farbenfrohen Miniaturporträts. Kann
man ein Leben trocken, humorvoll
und mutmaßlich treffend in fünf Minuten zusammenfassen? John Smith
versucht den Beweis anzutreten.
Schon allein ob der zwei Schlusspointen sollten Sie sich davon überzeugen, ob es ihm gelungen ist.
Mit CARTA A UN PADRE
31. 10., 18.30 h, Urania
2. 11., 13 h, Kino am Schwarzenbergplatz
WINDOWS BY NIGHT
HAB’ SO LANG AUF DICH GEWARTET
A 2012, 4 Min, kein Dialog
R: Claudia Siefen
Ein kurzer Film über die Schürze, genauer: über die Rolle der Schürze
längs der Film– und Fernsehgeschichte. Während auf der Tonspur
schwer definierbare, aber irgendwie
an «männliche» Werktätigkeit gemahnende Geräusche zu hören sind,
werden wiederholt Hände an der
Schürze abgewischt, Tränen mit ihr
getrocknet, wird sie sorgenvoll über
den Stuhl gelegt oder freudig heruntergerissen. Und dem einzigen
Mann, der eine trägt, nimmt James
Dean sie weg und schmeißt sie auf
den Boden. Found footage als Material für ein verspielt-ironisches feministisches Mini-Manifest.
in anwesenheit von Claudia Siefen.
Mit IT FELT LIKE LOVE
29. 10., 20.30 h, Kino am Schwarzenbergplatz
5. 11., 14 h, Urania
JERRY & ME
USA 2012, 38 Min, OmeU
R: Mehrnaz Saeedvafa
LAND OF NOD
USA 2013, 21 Min, OF
R: Coleen Fitzgibbon
Halbwelt-Ereignisse einer gewöhnlichen Großstadt-Straßenszene. Zusammen mit Down-Tempo-AmbientMusik erzeugen die teils zu verschwimmenden Farb- und Schwarzweißflächen verpixelten Bilder der
verlangsamten Studie geradezu
Thriller-Atmosphäre. Doch mit dem
Einsatz melancholisch jazzigen Saxophons ab der Mitte des Films stellt
sich eher Lazy-Day-Mood ein, bevor
beschwingter Sound und Originaltöne von der Straße das Experiment
ausklingen lassen. Einmal mehr erweist sich Fitzgibbon, der voriges
Jahr ein Special Program gewidmet
war, als Meisterin suggestiver Bildtransformation.
Mit AND WE MADE THE ROOM SHINE
29. 10., 18.30 h, Stadtkino im Künstlerhaus
30. 10., 11 h, Metro
LISTENING TO THE SPACE IN MY ROOM
«For me, Jerry Lewis was America»,
erzählt die im Iran geborene, spätere
Filmemacherin und Columbia-Filmprofessorin Saeedvafa aus dem Off.
In ihrem berührenden Dokumentarfilm schneidet sie den westlichen
gegen den persisch synchronisierten
Jerry, ihre eigene Kindheit als ernstes
Mädchen gegen das Sinnbild des
ewigen Kindes auf der Leinwand,
ihren Traum von Amerika gegen ihre
Realität Amerikas. Ein kluges, wunderbares Beispiel für die Wechselwirkung von erlebtem Kino und persönlicher Identität – und nebenbei ein
Lehrfilm über die Gesellschaftsgeschichte des Iran, wie man ihn unterhaltsamer nicht gestalten könnte.
in anwesenheit von Mehrnaz Saeedvafa.
in Verbindung mit der präsentation ihres
filmes hält Mehrnaz Saeedvafa eine
lecture zu Jerry lewis.
26. 10., 18.30 h, Metro
27. 10., 13.30 h, Stadtkino im Künstlerhaus
CH/D/USA 2013, 19 Min, OF
R: Robert Beavers
«Dem Raum in meinem Zimmer
lauschen.» Wie geht das? Zunächst
einmal macht ja ein Zimmer keine
Geräusche, ist der Raum wie das All
stumm. Erinnerung aber lebt auch in
Räumen, haftet an Gegenständen,
verknüpft sich mit dem konkreten
Ding oder einer bestimmten Atmosphäre, einer Lichtstimmung oder
Klängen. Der renommierte Experimentalfilmemacher Beavers erkundet in seinem neuen Werk einen
Raum, den er einst bewohnte. Er
folgt den Spuren, die die menschlichen Bemühungen um Sinnhaftigkeit und Authentizität der (eigenen)
Existenz hinterlassen haben. Eine
enigmatische Bild-Ton-Collage, die
ein kostbar wehmütiges Gefühl
vermittelt.
Mit THREE LANDSCAPES
25. 10., 16 h, Metro
28. 10., 11 h, Metro
LIVEPAN
A 2013, 2 Min, stumm
R: Sasha Pirker
Livepan, das klingt wie das Gegenteil
von Deadpan. Livepan-Humor wäre
demgemäß das Gegenteil von Deadpan-Humor. Und tatsächlich: Pirkers
stummer Zweiminüter, eine Abwechslung zu den avancierten Architekturbetrachtungen der Raumphilosophin, geht los mit einem Wäschehaufen, einem Bügeleisen und trockenem Humor im Keaton’schen
Sinn. Die Künstlerin Birgit Baldasti
arbeitet mit steinerner Miene im
Schnellverfahren, immer dieselbe
Einstellung vor Backsteinwand, Take
um Take. Irgendwann gibt es dann
keinen Wäschehaufen mehr. Dafür
Livepan.
in anwesenheit von Sasha pirker.
Mit MARA MATTUSCHKA …
4. 11., 23 h, Kino am Schwarzenbergplatz
5. 11., 18.30 h, Urania
PARA ARMAR UN HELICÓPTERO
Mexiko 2012, 37 Min, OmeU
R: Izabel Acevedo
Um unter widrigen Umständen ein
zivilisiertes Leben führen zu können,
braucht es den Willen, den Selbstorganisationsgrad zu steigern. Und
dazu bedarf es mitunter einer originellen Idee. So spielt es jedenfalls
Acevedos sympathisches, von surrealen Momenten durchsetztes und
erfrischend unverzagtes Porträt
39
Kurzfilme
einer Wohnhausgemeinschaft in
Mexico City durch. Im Zentrum der
landflüchtigen Gruppe steht der
17-jährige Oliverio, ein VideogameAficionado. Als der einsetzende
Sommerregen die ohnehin instabile
Stromversorgung des Gebäudes
komplett lahmlegt, ist er es, der den
Anstoß zur Erleuchtung gibt.
Mit ÉLEVAGE DE POUSSIÈRE
4. 11., 18.30 h, Urania
PRESENCE
Indien 2012, 17 Min, OmeU
R: Yashaswini Raghunandan, Ekta Mittal
Der zweite Film aus dem seit 2009
entstehenden Archiv «Behind the tin
sheets», das Geschichten von Bauarbeitsmigranten versammelt. Wir beobachten die zügige Metamorphose
von Stadtlandschaften, in diesem
Fall ist es der Ausbau des U-BahnNetzes in Bangalore, und wir beobachten diese durch die Augen jener,
die von und mit der Veränderung
leben, die sie selbst herbeiführen:
der oft weit gereisten, entwurzelten
Arbeiter. Ein realistischer, durchaus
politischer Film-Essay, der den Alltag
dieser Menschen nichtsdestoweniger
mit schlafwandlerischer Poetik
rhythmisiert und magisch auflädt.
in anwesenheit von Yashaswini
raghunandan und ekta Mittal.
Mit MILLE SOLEILS
1. 11., 18.30 h, Stadtkino im Künstlerhaus
2. 11., 18.30 h, Metro
RITOURNELLE
D 2012, 4 Min, kein Dialog
R: Christopher Becks
Eine Kooperation nach dem «corps
exquis»-Verfahren, also nacheinander statt miteinander: Peter Miller
komponierte zunächst eine den Gehörgang entspannende Musik, von
der sich Christopher Becks dann zu
einem eleganten 16mm-Film inspirieren ließ, den er in seiner Berliner
Wohnung aufnahm. Licht schummelt sich tanzend durch die Vorhänge des abgedunkelten Raums beziehungsweise flackert auf das Dunkel
der Leinwand, erhellt allmählich den
40
räumlichen Kontext und evoziert
schließlich so etwas wie ein Gefühl
späten Aufwachens am Vormittag.
Mit PAYS BARBARE
29. 10., 21 h, Metro
31. 10., 13.30 h, Metro
VIENNALE-TRAILER 2013:
ILLUSIONS & MIRRORS
USA/A 2013, 2 Min, kein Dialog
R: Shirin Neshat, D: Natalie Portman
STILL DISSOLUTION
A 2013, 3 Min, kein Dialog
R: Siegfried A. Fruhauf
Welch virtuoser Horrorthriller! Fruhauf, Meister der Bilderauflösung,
beginnt mit einem ruhigen ViererSplitscreen, auf und zwischen und
hinter dessen idyllischer Meeresuferlandschaft sich die Ereignisse in exponentieller Manier zu überschlagen
scheinen, bevor das Ganze schließlich auf schwarze und weiße Flimmerkader heruntergedimmt wird.
Eine kongenial unheimlich vertonte
Eiterbeule von einem Film, gegen
den jede Seucheninfektions-Mittelmäßigkeit aus Hollywood mindestens 88 Minuten zu lang wirkt.
in anwesenheit von Siegfried a. fruhauf.
Mit A MASQUE OF MADNESS …
4. 11., 18 h, Kino am Schwarzenbergplatz
STOPLIGHT LIBERTY
USA 2013, 2 Min, stumm
R: Kevin Jerome Everson
Welch wunderbare Illusionsmaschine das Kino sein kann, wir sehen es
in diesem Traum von einem Trailer.
Von Darius Khondji fotografiert, in
einem Hauch von Sepia ans Meeresufer geschwemmt, verdichtet Shirin
Neshats Perle Assoziationen zu Luis
Buñuel, Maya Deren, Gothic Horror
und weiß Gott was allem zu einer
stetig dunkleren, lynchesk intonierten, identitätsbefragenden Fantasie.
Und das Beste: Sie spielt sich im
Kopf eines der schönsten Schwarzen
Schwäne Hollywoods ab und vermag
mithin die fortsetzende Vorstellungskraft des Publikums zu befeuern oder mindestens zu spiegeln.
Mit INSIDE LLEWYN DAVIS
24. 10., 19.30 h, Gartenbaukino
24. 10., 23 h, Gartenbaukino
Der Trailer wird während des
Festivals als Überraschung immer
wieder gezeigt.
LA VOCE DI BERLINGUER
(THE VOICE OF BERLINGUER)
Eine Verkehrskreuzung in Columbus,
Mississippi. Im Zeitraffer aufgenommen, switcht eine aus schräger Untersicht gefilmte Ampelanlage wild
zwischen grün und rot. Das Zentrum
des Bildes dominiert, wie ein mahnender Fels, eine Miniaturreplik der
Freiheitsstatue. Doch dann wird es
Nacht um die Statue (um die Freiheit?) und bis auf einen winzigen
Moment bleiben nur noch die korrespondierenden Ampelzeichen
übrig. Eine lakonische Metapher des
afroamerikanischen Multitalents
Everson, dessen Interpretation wieder einmal gänzlich dem Zuschauer
überlassen bleibt.
Mit SOFT IN THE HEAD
27. 10., 23.30 h, Stadtkino im Künstlerhaus
28. 10., 21 h, Urania
I 2013, 20 Min, OmeU
R: Mario Sesti, Teho Teardo
Das «Time»-Cover vom 14. Juni 1976
zeigt ihn als grimmig personifizierte
rote Bedrohung: Kommunistenführer Enrico Berlinguer (1922–1984).
Der eurokommunistische Vordenker
war aber, das beweist diese Tonaufnahme einer Grundsatzrede, alles
andere als eine Gefahr. Mit überzeugender Stimme macht er sich für
Frauenrechte und eine demokratische Wende im Geiste des Humanismus stark. Ausschnitte aus Dokumentarfilmen Cecilia Manginis und
die Musik Teho Teardos vervollkommnen das Werk zu einem eindringlich melancholischen Abgesang
auf politischen Weitblick.
Mit ROSSO CENERE
4. 11., 20.30 h, Kino am Schwarzenbergplatz
6. 11., 11 h, Metro
KURZFILMPROGRAMM 1 (67 MIN)
LET US PERSEVERE IN WHAT WE HAVE RESOLVED
BEFORE WE FORGET
MUSEUM OF IMAGINATION
SUCHY PION
LES CHATS DE L’ATALANTE
SUCHY PION
(DRY STANDPIPE)
PL 2012, 12 Min, OmeU
R: Wojciech Ba˛kowski
in anwesenheit von Karl heil.
28. 10., 13 h, Kino am Schwarzenbergplatz
LET US PERSEVERE IN WHAT WE HAVE
RESOLVED BEFORE WE FORGET
USA/F/Vanuatu 2013, 20 Min, OmeU
R: Ben Russell
Eine weitere Perle aus dem Fundus
der «psychedelischen Ethnografie»,
wie man Russells Arbeitsweise nennen könnte. Für zwanzig fragmentarische, fantasmagorische Minuten
auf die pazifische Insel Tanna versetzt, kommt man sich hier vor wie
bei einer Dschungeltour mit Apichatpong Weerasethakul – nur dass man
den Vortrag eines erratischen, lokalen Reiseführers erleben darf, jederzeit einen Vulkanausbruch gewärtigen muss oder die Unruhe aushalten, die ein leblos auf dem Boden liegender, wiederholt in den Blick kommender Körper auslöst.
Zunächst sieht man hier nur seltsame Bauklotz-Grafiken, hört rhythmischen Elektrosound und eine von
einer Art Funkstörgeräuschen gesäumte, ruhige Off-Stimme. Auch die
Übersetzung des polnischen Titels –
«Trockene Steigleitung» – hilft nicht
viel. Von «rechentechnischen Speicherverfahren» ist die Rede, von
«privaten Videos», von einem «aus
meinem Schlaf gemachten Tunnel».
Allmählich erschließt sich, nicht
zuletzt aus den Hintergrundgeräuschen: Hier wendet ein Künstler mit
höchst eigentümlichen, selbstbezüglichen und extrem abstrahierten Mitteln sein Innerstes nach außen.
ZABRISKIE POINT (REDACTED)
GB 2013, 28 Min, OF
R: Stephen Connolly
Inspiriert von einem Besuch des beliebten Aussichtspunkts im kalifornischen Death Valley, erforscht dieser
kontemplative Filmessay Themen
aus ZABRISKIE POINT (1970). Antonionis damaliger Intention folgend,
einen Film «as idea in landscape» zu
machen, verdeutlicht er vor allem,
wie sich Rahmen und Raum für Protestbewegung seither verändert
haben. «I’ve put the story to one side
and concentrated on other aspects
of the movie – the landscapes, the
documentary footage used and the
kind of material that was used as
research for the work.» (Stephen
Connolly)
LETTER
RUS/NL 2013, 20 Min, kein Dialog
R: Sergei Loznitsa
MUSEUM OF IMAGINATION
Indien 2012, 20 Min, OmeU
R: Amit Dutta
Ein humanistischer, atmender, sinnlicher Streifzug durch die Kunstgeschichte Indiens: Die Mittel des
Kinos im Geiste der Malerei ausschöpfend, nimmt Amit Duttas Studie ihren Ausgang in Gesprächen mit
Professor B.N. Goswamy (einer Koryphäe auf diesem Gebiet), führt jedoch auf wunderbare, gleichermaßen verdichtende wie elliptische
Weise weit darüber hinaus. So Essenzielles, wie dieser graziös komponierte 20-Minüter über die Kultur
eines Landes, über das Festhalten
von Leben in der Kunst zu vermitteln
weiß, kann man keiner 20-teiligen
Enzyklopädie entnehmen.
LES CHATS DE L’ATALANTE
(CATS OF THE ATALANTE)
D 2013, 15 Min, fOmeU
R: Karl Heil
«Ein Lied für Jean Vigo in drei oder
vier Farben», nennt Karl Heil seinen
von Harald V Uccello mit Bleistift gezeichneten, vereinzelt auch animierten Film. Originaldialoge von vier
Figuren aus Vigos Flussschifferfilm
L’ATALANTE (F 1934) spricht Schauspieler Anton von Lucke, Tobias
Giezendanner spielt die Musik
Maurice Jauberts auf dem Bandoneon dazu. Doch die schraffierte
Hauptrolle der nuancierten Bewegungsstudie haben die Katzen des
alten Matrosen übernommen. «Das
Resultat des Films ist ein gegenständlicher Diskurs über das Kino,
die Malerei, die Musik und die
Lyrik.» (Peter Nau)
KURZFILMPROGRAMM 2 (64 MIN)
ZABRISKIE POINT (REDACTED)
LETTER
WINDOWS BY NIGHT
in anwesenheit von Stephen Connolly.
30. 10., 15.30 h, Kino am Schwarzenbergplatz
31. 10., 11 h, Urania
Loznitsa beschäftigt sich erneut mit
einem seiner bevorzugten Topoi:
dem russischen Landleben. Eine
uralte Linse lässt seine auf einer
alten Schwarzweiß-Filmrolle
aufgenommenen Bilder wie durch
den Milchkübel gezogen ausschauen. So bläst sich jedes weiße Stück
Stoff, das die Protagonisten tragen,
zum Heiligenschein auf. Sind es
Geister oder Engel, die hier in sicherer Entfernung durch die Gegend
spazieren? Oder vielleicht die verhaltensoriginellen Patienten einer
Anstalt? Das Bild eines Nebelwalds
umrahmt die nostalgisch anmutende
Betrachtung.
WINDOWS BY NIGHT
Argentinien/USA 2013, 16 Min, kein Dialog
R: Luciano Piazza
Vordergründig sieht man hier, durch
die Fenster ihrer Apartments, anonyme Großstädter essen, räumen, Fische füttern oder fernsehen. Sie
scheinen von ihrer Beobachtung
durch eine Kamera nichts zu ahnen,
doch zwischendrin offenbaren sich
seltsame, inszeniert wirkende Zeichen. Dass nicht nur der Blick ins
41
Kurzfilme
FENSTER ZUM HOF spannend sein
kann, beweist dieser verstörende
Viertelstünder eines gewissen Piazza
Luciano aka Luciano Piazza (in
BOARDWALK EMPIRE wird Lucky
Luciano von Vincent Piazza verkörpert), in dem man irgendwie auf ein
Verbrechen wartet und eine gehörige
Überraschung serviert bekommt.
Tom Rosenberg aufgezeichnet –
über die Bühne. Wenn im gespielten
Chaos das Heulen losbricht, bekommt das gespenstische Treiben
endgültig einen therapeutischen Unterton.
DAI-KENJYU
(THE BIG GUN)
Japan 2008, 31 Min, OmeU
R: Ohata Hajime
KURZFILMPROGRAMM 3 (55 MIN)
CUT
REHEARSAL
DAI-KENJYU
in anwesenheit von Christoph Girardet.
31. 10., 23.30 h, Urania
2. 11., 15.30 h, Kino am Schwarzenbergplatz
CUT
D 2013, 13 Min, kein Dialog
R: Christoph Girardet, Matthias Müller
Der Titel dieser fein getakteten
Schnipselorgie bezieht sich nicht nur
auf den wichtigsten Aspekt der Footage-Collage-Technik, nämlich den
Film(aus)schnitt, sondern auch auf
den Schnitt durch menschliches und
sonstiges Gewebe. Und also wird geritzt, geschlitzt, gebrannt, gestochen,
geblutet, versehrt und genäht, sozusagen was das Zeug hält. Ein haptisch-sinnliches Vergnügen, aus dem
man, wie immer bei Girardet/Müller,
auch ein nerdiges Ratespiel machen
kann: Wer erkennt die Clips von Cronenberg bis Buñuel, von HOUSE OF
WAX bis WILD AT HEART?
REHEARSAL
USA 2013, 11 Min, OF
R: Tom Rosenberg
Herrlich ungeschliffene Satire auf
den Rezessionskapitalismus japanischen Zuschnitts: Vor dem finanziellen Ruin stehend, beschließen zwei
Metallarbeiter, für einen lokalen
Gangsterboss Revolver zu fertigen.
Von der realistischen Schilderung
der technischen und psychohygienischen Gefahren, die so ein Geschäftsfeld mit sich bringt, kippt Ohatas
Thriller in eine herzzerreißend komische Splatter-Klimax. Minimales
Budget, maximales Vergnügen und
ein endlich entdecktes Regietalent
aus Japan.
DESPEDIDA
A THIRD VERSION OF THE IMAGINARY
EIN NEUES PRODUKT
5. 11., 18.30 h, Metro
6. 11., 13.30 h, Stadtkino im Künstlerhaus
(FAREWELL)
42
A THIRD VERSION OF THE IMAGINARY
Kenia/USA 2012, 12 Min, OmeU
R: Benjamin Tiven
«Behind each image is an image.
And behind that one, another.» So
beginnt – zu Arbeitsimpressionen im
Archiv der Kenya Broadcasting Corporation – ein Essay über das Wesen
der Bildaufzeichnung. In der Swahili-Sprache gibt es kein Wort für
«Bild», außer es ist auf einem Medium festgehalten. Insofern erscheint
die Frage, ob das Bild hinter einem
aufgezeichneten Bild von Erinnerungen, ja Schuldgefühlen verfolgt sein
könnte, in einem anderen Licht: Was
man nicht bezeichnen kann, macht
einem Angst – wie die beunruhigende Filmprojektion zur finalen Quintessenz dieser Metastudie.
EIN NEUES PRODUKT
(A NEW PRODUCT)
D 2012, 37 Min, OmeU
R: Harun Farocki
KURZFILMPROGRAMM 4 (59 MIN)
DESPEDIDA
Austin, Texas, 9/11 Memorial Day. In
einem Stadion bereiten sich Feuerwehrleute, weitere Einsatzkräfte und
hunderte freiwillige Statisten auf
den Ernstfall vor. Versehrte Plastikprothesen, aufgeschminkte Wunden,
Handlungsanweisungen, auf die
Bombe wartende präsumptive Opfer
in tableau-artigen Einstellungen.
Schließlich geht die geradezu hyperreal simulierte Terrorattacke – von
Mapkaulu Roger Nduku angereicherten Tableaus wirken wie ein Abschiedsbrief.
USA/Ecuador 2013, 10 Min, OF
R: Alexandra Cuesta
Los Angeles ist vielleicht die meistfotografierte und am wenigsten verstandene Stadt der Welt. Kaum jemand konnte den Wandel ihrer kulturellen, immigrantischen Textur im
21. Jahrhundert in ergreifenden Bildern vermitteln. Thom Andersen ist
da eine Ausnahme, wie auch die
Ecuadorianerin Alexandra Cuesta:
Sechs Jahre lang hat sie in der flüchtigen Nachbarschaft von Boyle
Heights, East Los Angeles gelebt, nun
kehrt sie in ihre Heimat zurück. Ihre
mit der Poesie des Anwohners
Die Herren der Beratungsagentur
Quickborner Team Hamburg erklären ihre Büroraumplanungskonzepte
für Großunternehmen. Von Optimierung des Arbeitsklimas ist viel die
Rede, von Profit erstaunlicherweise
wenig, im Hintergrund entstehen
lustige Illus auf Flipcharts und irgendwann bleibt einem bei all dem
hochbezahlten, widersprüchlichen
Geschwafel nur noch der Mund offen
stehen. Höhepunkt des erschütternden Dokuments: Einer der Herren
erleidet in einer internen Besprechung einen so herzhaften «Mehr
Freizeit statt mehr Lohn»-Sprechdurchfall, dass man ihn am liebsten
gleich freistellen würde.
FILME VON STRAUB/HUILLET
(81 MIN)
UN CONTE DE MICHEL DE MONTAIGNE
MACHORKA-MUFF
DIALOGUE D’OMBRES
DIALOGUE D’OMBRES
prOpOSiTiOnS
CH/F 1954–2013, 28 Min, OmdU
R: Danièle Huillet, Jean-Marie Straub
in anwesenheit der Darstellerinnen
barbara Ulrich, Cornelia Geiser und
bertrand brouder.
25. 10., 20.30 h, Kino am Schwarzenbergplatz
27. 10., 16 h, Metro
UN CONTE DE MICHEL DE MONTAIGNE
F/CH 2012, 35 Min, OF
R: Jean-Marie Straub
Im Laufe der Jahre hat man das Kino
der Straubs oft als «anti-psychologisch» bezeichnet, was so wenig
zutrifft wie Schönbergs Musik
«a-tonal» ist. Die Psyche, also die
Seele, spielt eine große, schöne und
lebendige Rolle in Straubs Arbeit
und auf seltsame Weise in den letzten Jahren noch mehr. Der Mann hat
viel, zu viel erlebt und verloren und
jetzt kann er ein wenig davon erzählen. Mit den Worten anderer, wie
Pavese und Montaigne, aber in der
eigenen Sprache. Schauen Sie einmal, wie die Blätter eines Baumes
und die Sonne und die Stimme einer
Frau das Erz einer toten Statue zu
Leben erwecken und wie eine dunkle Leinwand leuchtet.
MACHORKA-MUFF
BRD 1962, 18 Min, OF
R: Danièle Huillet, Jean-Marie Straub
Mitten in den faulen Frieden des
Wiederaufbaus und der Wiederaufrüstung in Deutschland setzen
Straub/Huillet eine kleine, widerspenstige Arbeit nach einer Erzählung von Heinrich Böll. «Wetterleuchtend» hat der Komponist Stockhausen den Film einmal genannt,
auf dem «scharfen Grat zwischen
Wahrheit, Konzentration und Zuspitzung.» Plötzlich ist ein FilmemacherPaar auf den Plan getreten, das so
genau hinschaut und hinhört, dass
die Verhältnisse sichtbarer und verständlicher werden.
Ein Bogen schließt sich mit diesem
Film. Deshalb die Jahreszahlen
1954–2013 und ausgewiesen als gemeinsamer Film von Danièle Huillet
und Jean-Marie Straub. 1954 hatten
sich die beiden in Paris kennengelernt und auf jene Jahre geht die Begegnung mit dem Text von Georges
Bernanos zurück, der dem halbstündigen Film zugrunde liegt. Ein Mann
und eine Frau im Dialog, von ihrer
Liebe redend, wie über einen Abgrund hinweg. Und dann im letzten
Bild, beide, lange unbewegt, nahe
beisammen. «Nicht ich, sondern Du
wirst mit meiner Seele fertig werden
… Eine Seele, schau, das ist ein großes Wort, sie ist nichts so Furchtbares, als man annimmt.»
O SOM E A FÚRIA PRESENTS
(71 MIN)
JEWELS
REI INÚTIL
REDEMPTION
deren Ruhephasen und überragender Anpassungsfähigkeit an veränderte Umweltbedingungen. In ihrer
elektronischen Verzerrung und
ihrem umständlichen Wissenschaftssprech an Stephen Hawking erinnernde Off-Stimmen erläutern, mikroskopische Aufsichten schlafender
Käferleiber illustrieren, eine tastende Hand im Halbdunkel verwirrt.
Spooky.
REI INÚTIL
(REX INUTILIS)
P 2013, 25 Min, OmeU
R: Telmo Churro
Tiago, fest eingeschnürt in seine
blaue Regenjacke, geht in die Kirche
und bittet Gott, sein Examen im dritten Anlauf endlich bestanden zu
haben. Doch der scheint ihm nur
seine zahlreichen Verfehlungen zu
offenbaren. Churros HD-Studie einer
Adoleszenzkrise besticht mit ihrer
Genauigkeit des Blicks und durch die
surrealen Einschübe, die Portugals
Geschichte als Land der Könige und
Eroberer, Künstler und Dichter –
oder wenigstens als Land der poetischen Filmemacher – ihre Reverenz
erweisen. Den Geschichtsprofessor
spielt übrigens Manuel Mozos!
REDEMPTION
P/F/D/I 2013, 27 Min, OmeU
R: Miguel Gomes
in anwesenheit von Sandro aguilar.
5. 11., 13.30 h, Stadtkino im Künstlerhaus
6. 11., 18 h, Kino am Schwarzenbergplatz
JEWELS
P 2013, 19 Min, eOF
R: Sandro Aguilar
Aguilar produziert nicht nur Filme
von Landsleuten wie Viennale-Liebling Miguel Gomes, Vorjahres-Tribute-Gast Manuel Mozos oder jüngst
Urgestein Manoel de Oliveira, er
macht auch selbst preisgekrönte
Kurzfilme. Dieser hier beschäftigt
sich mit Insekten, genauer: mit
Mit dem für ihn charakteristischen,
von leiser Melancholie geprägten
Humor erzählt Gomes in seiner
aktuellen Arbeit von menschlicher
Fehlbarkeit, Schuldgefühl und Reue
– und der (vergeblichen?) Hoffnung
auf Erlösung. Vier entscheidende
Momente im Leben von vier Menschen – die man sich ruhig als
einmal sehr mächtige, europäische
Politiker vorstellen darf – gestaltet,
erfunden, fabuliert als Foundfootage-Montage mit Voiceover.
Irgendwo zwischen dokumentarisch
experimentellem Essayfilm und politischer Satire lügt Gomes, dass sich
die Balken biegen und die Wahrheit
auf den Plan tritt.
43
Tributes
© Mark Seliger
WILL FERRELL
Will Ferrell schont sich nicht für gute
Lacher. Nein, der US-Komiker, in
Europa häufig noch sträflich unterschätzt, stürzt sich meist völlig furchtlos in seine Rollen. Vom sexistischen
News-Moderator (ANCHORMAN) bis
zum nerdigen Nesthocker (STEPBROTHERS) amüsiert er dabei mit
theatralischen Ausbrüchen oder veranstaltet mit beeindruckender Ernsthaftigkeit den absurdesten Wahnwitz.
Seine Laufbahn begann der 46-Jährige
bei der Improvisationscomedy-Truppe
The Groundlings in Los Angeles, bevor
er 1995 zum Ensemble von SATURDAY NIGHT LIVE (SNL) stieß. Nach sieben
Jahren war dort dann Schluss und Ferrell konzentrierte sich auf seine Kinokarriere – meist als Darsteller, bisweilen auch als Co-Autor. STRANGER THAN
FICTION gehört dabei zu den wenigen ernsteren, zurückhaltenden Auftritten
in seiner Filmografie, in der ansonsten die bisweilen derben Quatschkomödien und überdrehten Parodien dominieren. Wiederholt sind sie im Duo mit
Regisseur und Ex-SNL-Autor Adam McKay entstanden. Und oft mit anderen
Vertretern des sogenannten «Frat Pack», einer Gruppe von Komikerfreunden,
zu denen unter anderem Ben Stiller, Vince Vaughn und Owen Wilson gehören.
in anwesenheit von Will ferrell.
ANCHORMAN: THE LEGEND
OF RON BURGUNDY
USA 2004, 94 Min, OF
R: Adam McKay, D: Will Ferrell, Christina
Applegate, Paul Rudd, Steve Carell
Frauen? Sind für Ron Burgundy vor
allem Jagdwild statt ernsthafte Konkurrenz – bis dem grenzenlos selbstüberzeugten Nachrichtensprecher
eine Kollegin vor die Nase gesetzt
wird. Ferrells erste Kino-Kooperation
mit Adam McKay führt in die 1970er
und erzählt mit satirischem Nonsens
von den Erschütterungen eines unerschütterlichen Nachrichten-Urgesteins durch Emanzipation und
Lokal-TV-News-Modernisierungen.
Ein komischer Geschlechterkleinkrieg mit Komiker-Kollegen Rudd
und Carell in den Rollen der Burgundy-Kollegen Fantana und Tamland.
25. 10., 23.30 h, Urania
6. 11., 17 h, Gartenbaukino (Galavorstellung
in Anwesenheit von Will Ferrell)
lange überfällig. Dann kam Ferrell
und schlüpfte für BLADES OF GLORY
in hautenge, grelle Spandex-Kostüme, die keine Wünsche offen lassen.
Als gefallener Macho-Eistanz-Meister versucht er darin mit seinem verachteten Ex-Konkurrenten (Heder)
im Diven-Doppelpack ein Comeback.
Eine Parodie auf einen ohnehin
schon ziemlich grotesken Sportkosmos mit Arnett und Poehler als intrigantes Rivalenpaar Van Waldenberg,
albernem Slapstick und dem gefährlichsten Eistanzsprung der Welt!
29. 10., 11 h, Gartenbaukino
3. 11., 24 h, Stadtkino im Künstlerhaus
BLADES OF GLORY
USA 2006, 93 Min, OF
R: Josh Gordon, Will Speck, D: Will Ferrell,
John Heder, Will Arnett, Amy Poehler
Dass sich jemand über die stark figurbetonenden Modeextravaganzen
von Eiskunsttänzern hermacht, war
44
CASA DE MI PADRE
USA 2012, 84 Min, OmeU
R: Matt Piedmont, D: Will Ferrell, Diego Luna,
Gael García Bernal, Genesis Rodriguez
Ob Ferrell Spanisch spricht? In der
Filmkuriosität CASA DE MI PADRE
parliert sich der herrlich deplatzierte
Ferrell als der gutherzige, etwas unterbelichtete Armando Álvarez zumindest munter durch einen komplett auf Spanisch gedrehten Telenovela-Plot. Zwischen Kartellverwicklungen, Geldnöten und verbotener
Liebe wird die Käsigkeit mexikanischer Fernsehmelodramen zur Steilvorlage für einen spaßigen ParodienQuatsch auf höherer Ebene – inklusive schlechter Dialoge, halsbrecherischer Plotwendungen und theatralischer Emotionsausbrüche.
27. 10., 16 h, Stadtkino im Künstlerhaus
6. 11., 13.30 h, Metro
OLD SCHOOL
USA 2002, 90 Min, OF
R: Todd Philipps, D: Will Ferrell, Luke Wilson,
Vince Vaughn, Jeremy Piven
Durch OLD SCHOOL wurde das «Frat
Pack» endgültig zum festen Begriff:
Mit Ferrell, Wilson und Vaughn spielen in der Komödie von HANGOVERRegisseur Phillips einige Vertreter
dieser Komiker-Clique auch auf der
Leinwand beste College-Kumpels.
Die drei beziehungsgebeutelten und
alltagsgelangweilten Anfang-Dreißiger schweifen in die Unbeschwertheit ihrer Jugendtage zurück und
stürzen sich noch einmal ins wilde
Uni-Partyleben, als sie an ihrer einstigen Alma Mater eine studentische
Verbindung aufziehen und für Chaos
sorgen.
26. 10., 16 h, Stadtkino im Künstlerhaus
4. 11., 16 h, Metro
SAFETY LAST! A SELECTION OF
SHORTS, SKETCHES AND SKITS
USA 1995–2012, ca. 70 Min, OF
Niemand, wirklich niemand spielt
die Kuhglocke mit so viel Hingabe
und vor allem so viel Baucheinsatz
wie Will Ferrell. Zu sehen ist das in
einem Sketch aus seiner Zeit bei der
TV-Comedy SATURDAY NIGHT LIVE
(SNL). Als Bandmitglied von Blue
Oyster Cult steht er darin im Studio,
wo die Vorliebe von Musikproduzenten-Legende Bruce Dickinson (SceneStealer: Christopher Walken) für besagtes Minimal-Instrument für Missstimmung sorgt. Der Cowbell-Klassiker ist allerdings nur eines der Highlights der SNL-Kompilation, in der
Ferrell unter anderem als Hundetrainer mit streitbaren Methoden oder
in seiner Paradeparodierolle als
STEP BROTHERS
George W. Bush zu sehen ist. Ergänzend zu den SNL-Happen gibt es außerdem eine kleine Zusammenstellung von der Comedy-Website
«Funny or Die», die Ferrell 2006 zusammen mit Adam McKay gegründet hat. Zu den ausgewählten Kurzfilmen gehört mit THE LANDLORD
auch der allererste Sketch dieser
Seite, in dem Ferrell wegen ausstehender Miete von seiner Vermieterin
heimgesucht wird – einem zweijährigen Mädchen.
2. 11., 23 h, Kino am Schwarzenbergplatz
STEP BROTHERS
USA 2008, 98 Min, OF
R: Adam McKay, D: Will Ferrell, John C. Reilly,
Mary Steenburgen, Richard Jenkins
Sie sind zwar schon um die 40, leben
als verwöhnte Nesthocker aber
immer noch zu Hause und müssen
sich widerwillig miteinander als
Stiefbrüder arrangieren: Ferrell und
sein Buddy John C. Reilly zeigen, was
sie als beeindruckend furchtlose
Hauptdarsteller in unfassbar nerdigen T-Shirts aus dieser Situation so
herausholen können: Brachialität,
handgreifliche Eskalationen und unbehaglichen bis hysterischen Humor.
Als bis ins Absurde überdrehte Filmirritation über den quälenden Abschied vom Kind im Mann eine konkurrenzlose Veranstaltung.
eine Romanfigur ist und sterben soll.
Statt sadistischer SchwarzhumorFantasien entwickelt Regisseur Forster daraus eine angeschrägte Tragikomödie über den Ausbruch eines
Mannes, in der das Herz über Konsequenz und das Leben über die Kunst
triumphiert.
29. 10., 16 h, Stadtkino im Künstlerhaus
TALLADEGA NIGHTS: THE BALLAD
OF RICKY BOBBY
USA 2006, 108 Min, OF
R: Adam McKay, D: Will Ferrell, John C. Reilly,
Sacha Baron Cohen, Gary Cole
31. 10., 13 h, Gartenbaukino
STRANGER THAN FICTION
USA 2006, 113 Min, OF
R: Marc Forster, D: Will Ferrell, Maggie
Gyllenhaal, Emma Thompson, Dustin
Hoffman
Ein cleverer Irrwitz, der fast den
Hirnwindungen von Drehbuchgenie
Charlie Kaufman entsprungen sein
könnte: Der Alltag des Steuerbeamten Harold Crick (Ferrell) läuft in
einer sekundengenau verplanten
Routine ab, die fundamental gestört
wird, als er durch eine Stimme aus
dem Off erfährt, dass er eigentlich
Selbst Michael Schumachers Formel1-Triumphzüge sind nichts gegen
Ricky Bobbys Erfolge! Der NASCARRennfahrer (Ferrell) hat schließlich
mehr als alles erreicht. Doch dann
wird er durch einen Unfall aus der
Bahn geworfen. Die strauchelnde
PS-Karriere ist dabei Vorlage für eine
großartige Bleifuß-Ferrell-Show, in
der sich Slapstick-Überdrehungen
mit satirischen Derbkomikattacken
abwechseln, um im Duo mit TeamKollegen Cal Naughton Jr. (Reilly)
den ganzen Rennzirkus auseinanderzunehmen. Nur KamikazeKomiker Sacha Baron Cohen ist ein
Scene-Stealer: als schwuler Rivale
Jean Girard mit frrransssösischem
Akzent.
28. 10., 16.30 h, Urania
5. 11., 23.30 h, Gartenbaukino
WILL FERRELL: YOU’RE WELCOME
AMERICA. A FINAL NIGHT WITH
GEORGE W. BUSH
USA 2009, 92 Min, OF
R: Marty Callner, D: Will Ferrell, Michael
Delaney, Pia Glenn, Adam Mucci
Für viele war Ferrell sicher der einzige Grund, zumindest ein bisschen
traurig über das Ende der Präsidentschaft von George W. Bush zu sein.
Denn nach dessen Amtszeit begrub
auch der Komiker seine begnadete
Parodie auf das Staatsoberhaupt, das
zunächst in kleinen Sketch-Happen
in SATURDAY NIGHT LIVE zum ergiebigen Opfer geworden war. In
YOU’RE WELCOME, AMERICA … kam
der Ferrell-Bush 2009 in einer von
Adam McKay inszenierten Broadway-Ein-Mann-Show noch einmal
zum Einsatz und gab seinem Publikum zum Abschied ein paar Einblicke aus seinen abstrus komischen
Gedankenwelten mit auf den Weg.
25. 10., 16 h, Stadtkino im Künstlerhaus
Eintritt frei!
ZOOLANDER
USA/Australien/D 2001, 89 Min, OF
R: Ben Stiller, D: Ben Stiller, Will Ferrell,
Owen Wilson, Christine Taylor
Platinblond, bizarr gelockt und ausnahmsweise ziemlich garstig, schlägt
sich Ferrell in ZOOLANDER mal auf
die Seite des Bösen: Als exzentrischer Modezar Mugatu will er Derek
Zoolander (Stiller) für verschwörerische Pläne einspannen. Das arglose
Männermodel soll nach einer Gehirnwäsche auf einer Modenschau
den malaysischen Staatspräsidenten
ermorden. Der satirische Klamauk
von Hauptdarsteller Stiller macht
sich dabei zeitlos aktuell über das
Modebusiness, Eitelkeiten und hochglänzendes Schickimickitum lustig.
30. 10., 23.30 h, Stadtkino im Künstlerhaus
45
Tributes
GONZALO GARCÍA PELAYO
Eines der aufregendsten Geheimnisse
des spanischen Kinos: Ein andalusischer Auteur, dessen schmales Schaffen sich auf eine so kurze wie entscheidende Periode in der Entwicklung des Landes beschränkt: die Transición (1976–1983), die Zeit zwischen
dem Tod Francos und dem Sieg der Sozialisten. Beginnend mit seinem schon
ein Jahr vor der Zeitenwende realisierten Debüt, MANUELA (1976), verkörpert Gonzalo García Pelayos Kino aufs
Vollkommenste, worum es in jenen Jahren des Suchens und Versuchens ging:
den Aufbruch in eine Freiheit, die es Stück für Stück zu erkennen, erfahren,
erforschen, erleben, erhalten gilt. Der Schlüssel zu García Pelayos Kosmos ist
ein jeder Verschubladung spottender Hybrid aus Beziehungsmelodram, Ethnografie im eigenen Hinterhof und Lehrstück: VIVIR EN SEVILLA (1978), der
sich wie ein ekstatisches Ausschütteln nach den faschistischen Zwingdekaden schaut. Die freigeistig-anarchische Sprache dieses Solitärs animiert auch
García Pelayos exquisite Genre-Abenteuer, die Sex-Roadmovies FRENTE AL
MAR (1978) und CORRIDAS DE ALEGRÍA (1982) sowie die Teenager-Romanze
ROCÍO Y JOSÉ (1982). Nach Letzterem fühlte sich García Pelayo vom Kino verlassen und wandte sich dem Zocken zu – nur um heuer, nach dreißig Jahren,
noch einmal einen Film zu machen. Anlässlich dieses außerordentlichen
Comebacks präsentiert die Viennale die weltweit erste Schau Gonzalo García
Pelayos außerhalb Spaniens.
in anwesenheit von Gonzalo García pelayo.
Kuratiert von Álvaro arroba.
Mit herzlichem Dank an das Sevilla festival de Cine europeo für die Unterstützung
und Kooperation.
CORRIDAS DE ALEGRÍA
(JOYRIDES)
E 1982, 74 Min, OmeU
R: Gonzalo García Pelayo, D: Miguel Ángel
Iglesias, Javier García Pelayo, Isabel Pisano,
Paula Molina
Miguel ist aus dem Knast geflohen.
Als erstes will er seine Freundin
Diana finden; dann gilt es, gewisse
offene Rechnungen zu begleichen …
Klingt klar wie ein Film noir, der Titel
insinuiert eine Exerzitie in Softcore
Erotica – realiter aber ist CORRIDAS
DE ALEGRÍA ein entspannt vor sich
hin zockelndes Buddy-Roadmovie, in
dem die Polizei ab und an gefoppt
und den Frauen beständig mit tiefster Inbrunst gehuldigt wird. Bild für
Bild: eine Idee; Szene für Szene: wenden sich die Genres und Stimmun46
E 1976, 102 Min, OmeU
R: Gonzalo García Pelayo, D: Charo López,
Fernando Rey, Máximo Valverde, Carmen
Platero
gen. Keine Flucht, mehr ein freudiges
Rennen der Zukunft entgegen.
6. 11., 21 h, Stadtkino im Künstlerhaus
FRENTE AL MAR
ROCÍO Y JOSÉ
© Archivo FOTOGRAMAS
(JOYS OF CÁDIZ)
3. 11., 21 h, Metro
MANUELA
Manuelas Vater, ein Wilderer, wird
von einem Gutsherren erschossen.
Die stolze junge Frau und ihre Mutter müssen nun schauen, wie sie
durchs Leben kommen … García Pelayos Regiedebüt ist eine eigenwillige Mischung: Es verkörpert den
Traum vom klassischen Kino und zelebriert gleichzeitig dessen Zertrümmerung im Zeichen der Kinomoderne. Ganz dem alten Kino verpflichtet
ist der Sinn für Weite, mit dem hier
Herbstlandschaften oder die Wärme
des Sonnenlichts inszeniert werden
– pure Neue Welle dann, wenn Manuela in einem strahlend roten Kleid
wie ein fleischgewordener V-Effekt
auf einem Grab tanzt. Sehr groß!
2. 11., 18.30 h, Stadtkino im Künstlerhaus
5. 11., 11 h, Stadtkino im Künstlerhaus
ALEGRÍAS DE CÁDIZ
E 2013, 119 Min, OmeU
R: Gonzalo García Pelayo, D: Jeri Iglesias,
Fernando Arduán, Marta Peregrina, Laura
Espejo
(Siehe S. 6)
geredet, und zwar über alles – nach
dem Ende des Faschismus kann,
darf, muss von der Zweisamkeit bis
zur Staatsreform jeder Aspekt des
Gemeinwesens neu betrachtet werden, gilt es doch, eine andere, bessere Gesellschaft aufzubauen. Ein
zögerlicher Optimismus verleiht
FRENTE AL MAR ein inneres Strahlen, das im Leben wie im Film unsagbar selten, unendlich kostbar ist.
4. 11., 16 h, Stadtkino im Künstlerhaus
(FACING THE SEA)
E 1978, 87 Min, OmeU
R: Gonzalo García Pelayo, D: Miguel Ángel
Iglesias, Rosa Ávila, Javier García Pelayo,
Ágata Martín
Drei Paare erforschen während einer
Reise von Sevilla nach Chipiona die
Freuden des Partnertauschs. Gepudert wird ohne Ende in diesem Filetstück post-Francistischer Erotica, wo
Männer und Frauen noch Haare
haben, und der Sex stets unangestrengt und kompliziert und lang
und schön ist. Noch mehr aber wird
E 1982, 79 Min, OmeU
R: Gonzalo García Pelayo, D: María José
López, Curro Franco, María del Carmen
Fernández, José Manuel Benítez
Die Geschichte von der scheu-drängenden Verliebtheit zweier junger
Menschen ist für García Pelayo nicht
mehr als ein Vorwand, die Wallfahrt
nach El Rocío zu filmen. ROCÍO Y
JOSÉ ist also ein weiteres Roadmovie, jedoch eins, das mehr der Seele
denn dem Leib gewidmet ist. García
Pelayo geht auf in dem Spektakel aus
festlich-farbigen Trachten und Tie-
Shirley
der Film
ren und Zuggefährten, Landschaft
und Licht, getrieben vom Rhythmus
beständig erklingender Sevillanas,
geleitet von der Vision eines klassischen Kinos, das auf jenem Stück
Erde zu jenem Zeitpunkt plötzlich
noch einmal möglich schien. Ganz
gewaltig!
3. 11., 16.30 h, Stadtkino im Künstlerhaus
Visions
of Reality
die Ausstellung
VIVIR EN SEVILLA
(LIVING IN SEVILLE)
E 1978, 112 Min, OmeU
R: Gonzalo García Pelayo, D: Lola la del Agua,
Ana Bernal, José Miguel Campos, Toto
Estirado
Das Kapital- und Kardinalwerk García Pelayos: eine Stadt-Collage, gestrickt mit der heißen Nadel, bei der
die Liebesgeschichte zwischen Ana
und Miguel wenig mehr ist als einmal Ausgangs-, einmal Fluchtpunkt.
Getrieben von einer fantastischen
Mischung aus Experimentierlust und
Willen zur Zeitzeugenschaft – und
dennoch im Gestus eher der Ethnologie und Soziologie verpflichtet denn
dem Cinéma vérité – berichtet García
Pelayo von einem ersten, allein lokalen Zwischenstand der Transición:
was sie die Menschen tun lässt, was
sie mit ihnen macht. Will sagen:
Sevilla, Nabel der Welt.
5. 11., 21 h, Stadtkino im Künstlerhaus
Gustav Deutsch
Hanna Schimek
6. November 2013 – 6. Jänner 2014
Künstlerhaus & Stadtkino
In Focus
JOHN TORRES
Eine neue Stimme des unabhängigen philippinischen Kinos
Er ist der Poet unter den philippinischen Filmemachern, die abseits der kommerziellen Kinoindustrie arbeiten. John Torres hat eine eigenwillige filmische Syntax entwickelt, bei der eingeblendete oder im Off gesprochene Texte, u.a.
Lyrik lokaler Dichter, große Bedeutung haben.
Bildsprache und narrative Struktur seiner Langfilme sind nicht prosaisch, sondern assoziativ
und fragmentiert. Torres realisiert seine Projekte, unterstützt von befreundeten Mitarbeitern,
in Personalunion als Produzent, Drehbuchautor, Regisseur, Kameramann und Cutter. Erstmals zu drehen begann Torres nach eigener
Angabe aus Liebeskummer: Als seine langjährige Freundin ihn 2004 verließ, verarbeitete er
seine Gefühle im Kurzfilm TAWIDGUTOM, der
auf internationalen Festivals präsentiert wurde. Sein Langfilmdebüt TODO
TODO TEROS wurde beim Vancouver Filmfest preisgekrönt. In den folgenden
Werken entwickelte Torres seine kreativen Ausdrucksmöglichkeiten weiter
und etablierte sich als eigenständiger Künstler im Independent Cinema.
in anwesenheit von John Torres.
ANG NINANAIS (REFRAINS HAPPEN LIKE
REVOLUTIONS IN A SONG)
Philippinen 2010, 118 Min, OmeU
R: John Torres, D: Ciriaco Gibraltar, Tope
Grabato, Che Villanueva
LUKAS NINO (LUKAS THE STRANGE)
Philippinen 2013, 82 Min, OmeU
R: John Torres, D: Cheeno Ladera Dalog,
Edilberto Marcelino
(Siehe S. 16)
30. 10., 21 h, Urania
3. 11., 13 h, Kino am Schwarzenbergplatz
TAON NOONG AKO’Y ANAK SA LABAS
(YEARS WHEN I WAS A CHILD OUTSIDE)
Anhand einer jugendlichen Schuldeneintreiberin, die zur Zeit der
Zuckerrohrernte den Mann ihres
Herzens sucht, arbeitet Torres eine
alte Stammeslegende über eine
auserwählte Jungfrau und ihren
Traumprinzen fantasievoll auf, mit
Gesängen und märchenhaft-visionären Rückblenden. Er transponiert
den Mythos in die Gegenwart, dreht
vor Ort in der Provinz, führt mit viel
Lokalkolorit die dort herrschende
Armut vor Augen und verquickt das
Geschehen auf einer zweiten Erzählebene mit Erinnerungen an den
Freiheitskampf der Filipinos gegen
die Amerikaner Anfang des vergangenen Jahrhunderts.
30. 10., 13 h, Stadtkino im Künstlerhaus
48
Philippinen 2008, 105 Min, OmeU
R: John Torres, D: Errol Balcos, Mario Lim,
Ian Lomongo, Donna Miranda
In diesem poesievollen, sehr persönlichen Werk stellt Torres Mitglieder
seiner Familie sowie Bekannte vor,
der lyrische Off-Kommentar führt ein
in seine Gedankenwelt. Vor malerischer Naturkulisse lassen farbenprächtig kostümierte Tänzer die vom
Vergessen bedrohte traditionelle
Stammeskultur wieder aufleben –
eine trügerische Idylle auf dem von
Großgrundbesitzern beherrschten
Land, wo aus Flugzeugen Pestizide
auf Plantagen herabregnen, ohne
Rücksicht auf die Bewohner. Ein subjektives Glaubensbekenntnis in Gedichtform beschließt den facettenreichen Film.
1. 11., 18 h, Kino am Schwarzenbergplatz
TODO TODO TEROS
Philippinen 2006, 102 Min, OmeU
R: John Torres, D: Regiben Romana, Olga
Aliseichyk, Pusong Bughaw, Lav Diaz
Ein junger Terrorist streift durch Manila bei Nacht – eine fesche Russin
führt durch Berlin – expressionistische Bildcollagen von Musikern und
Cineasten im urbanen Ballungsraum
Quezon City kontrastieren mit impressionistischen Aufnahmen vom
Leben auf dem Land: In seinem ersten Langfilm verbindet Torres auf visionäre Weise fiktionale Handlungsfragmente, subjektive Reiseeindrücke und schlaglichtartige Szenen aus
dem kulturellen Underground MetroManilas mit Texteinblendungen und
Stimmen aus dem Off zu einem
traumwandlerischen Filmpoem.
2. 11., 16 h, Stadtkino im Künstlerhaus
KURZFILMPROGRAMM (82 MIN)
TAWIDGUTOM
Philippinen 2004, 3 Min, OmeU
SALAT
Philippinen 2004, 12 Min, OmeU
HAI, THEY RECYCLE HEARTBREAKS IN TOKYO SO
NOTHING’S WASTED
Philippinen 2009, 10 Min, eZT
VERY SPECIFIC THINGS AT NIGHT
Philippinen 2009, 3 Min, eZT
WE DON’T CARE FOR DEMOCRACY, THIS IS WHAT
WE WANT: LOVE AND HOPE AND ITS MANY FACES
Philippinen 2010, 12 Min, OmeU
SILENT FILM
Philippinen 2011, 2 Min, eOF
MUSE
Philippinen 2011, 2 Min, eOF
MAPANG-AKIT
Philippinen 2012, 38 Min, OmeU
präsentiert im Winter 2013
TAWIDGUTOM
Ein in unterschiedlicher Gestalt auftretender, Aswang genannter Dämon
gilt als Verursacher von Unglück und
unerklärlichen Todesfällen auf den
Philippinen, wo trotz der vorherrschenden katholischen Religion
Aberglaube weit verbreitet ist. In
MAPANG-AKIT wird eine Frau als
Aswang oder Hexe verdächtigt, nachdem ein Mann unter merkwürdigen
Umständen ums Leben kam. Torres
verbindet eine fiktionale Erzählung
mit Dokumentaraufnahmen vom
einfachen Leben armer Landbewohner auf der Insel Panay. Visuell stilisiert mit Verfremdungseffekten oder
artifiziell im Stil abstrakter Malerei
Eltern
Das Geheimnis
der Bäume
The Way, Way Back –
Ganz weit hinten
Die Reise zum
sichersten Ort der Erde
Sickfuckpeople
Le Passé –
Das Vergangene
La vie d‘Adèle –
Blau ist eine warme Farbe
Salvo
Bad Fucking
Blick in den Abgrund
Zwei Leben
Scherbenpark
MAPANG-AKIT
ist dagegen die Bildgestaltung in
Kurzfilmen wie TAWIDGUTOM und
SALAT, die einen Eindruck vermitteln von der Bandbreite der von
Torres genutzten filmsprachlichen
Ausdrucksformen. Sein auf 35mm
gedrehter SILENT FILM ist zwar
schwarzweiß, aber mit Ton: Ein Sprecher rezitiert Lyrik des Poeten und
Sängers Lourd de Veyra zu Aufnahmen gegenwärtigen urbanen Lebens.
Der auf einem Gedicht von Allan
Pastrana basierende MUSE fasziniert
wiederum visuell mit bildschönen
Impressionen vom nächtlichen Flughafen und von fliegenden Möwen
vor einer Großstadtsilhouette.
Während der mit dem Mobiltelefon
gedrehte VERY SPECIFIC THINGS AT
NIGHT wie nebenher von historischen Umwälzungen kündet.
3. 11., 18.30 h, Metro
Special Programs
DAS ROHE UND DAS GEKOCHTE
JOHANN LURF
(63 MIN)
Im vergangenen Jahr präsentierte die Viennale zum ersten Mal ein Special,
kompiliert aus vorwiegend avantgardistischen Arbeiten einer Reihe ausgewählter Filmemacherinnen. Dieses Format findet nun seine Fortsetzung mit
fünf weiteren Positionen eines unabhängigen, experimentellen Kinos; Momente großer Unterschiedlichkeit, verbunden durch die politische und ästhetische Relevanz der Arbeiten und den reflektierten Umgang mit dem filmischen Material und seinen Implikationen. Der Bogen spannt sich von den politischen Montage- und Agitationsfilmen des 2003 verstorbenen, kubanischen
Regisseurs Nicolás Guillén Landrián zu den höchst eigenständigen Experimenten mit Raum, Zeit und Bewegung des jungen Österreichers Johann Lurf.
Von den subtilen, feministischen Abstraktionen der Amerikanerin Jennifer
Reeder über das reine Spiel und Experiment mit dem filmischen Dispositiv in
der Form aktionistischer Interventionen des Künstlerduos Gibson/Recoder
bis zu den faszinierenden, minimalistischen Raum-Vermessungen der Filmemacherin Claudia Larcher. «Das Rohe und das Gekochte» des Kinos ist nicht
so sehr als Summe der vorgestellten Arbeiten gedacht, sondern als Beispiel
für die Vielschichtigkeit ästhetischer Praktiken, lose und vorläufig verbunden.
in anwesenheit von Jennifer reeder, Johann lurf, Claudia larcher,
Sandra Gibson und luis recoder.
© Vladimir Kanic
Fünf Positionen eines unabhängigen, experimentellen Kinos
(OHNE TITEL)
A 2003, 3 Min, e/fOF
ZWÖLF BOXKÄMPFER JAGEN VIKTOR QUER
ÜBER DEN GROSSEN SYLTER DEICH 140 9
A 2009, 3 Min, kein Dialog
ENDEAVOUR
A 2010, 16 Min, OF
12 EXPLOSIONEN
A 2008, 6 Min, kein Dialog
PICTURE PERFECT PYRAMID
A 2013, 5 Min, kein Dialog
JENNIFER REEDER
(65 MIN)
AND I WILL RISE IF ONLY TO HOLD YOU DOWN
USA 2012, 24 Min, OF
SEVEN SONGS ABOUT THUNDER
USA 2010, 20 Min, OF
ANSWER. NOW. (LOOP VERSION)
USA 2013, 8 Min, OF
GIRLS LOVE HORSES
spielen in ihnen wichtige Rollen. Zunächst sperren sich diese sacht verrätselten Kompositionen, doch bei
genauem Hinschauen offenbaren sie
sich – und berühren. Die Titel legen
es nicht unbedingt nahe, doch es
geht vor allem um Traumata. Um
weibliche Verletzlichkeit und Stärke,
um Todes- und Kinderwunsch.
Wunderschön ist der Mädchenchor,
tieftraurig dessen Dirigentin in
ANSWER. NOW. (LOOP VERSION).
Einer Tochter, einer Mutter, einer
Psychotherapeutin, einem adoptionswilligen Paar und anderen begegnen wir in der schwarzen Dramödie
SEVEN SONGS ABOUT THUNDER. In
dieser, wie auch in der Familienzerrüttungsstudie AND I WILL RISE IF
ONLY TO HOLD YOU DOWN taucht
ein Mädchen in Garde-Uniform auf.
Für wen steht dieses Mädchen?
Kuratiert von Katja Wiederspahn.
3. 11., 21 h, Kino am Schwarzenbergplatz
4. 11., 13 h, Kino am Schwarzenbergplatz
USA 2013, 13 Min, mehrsprOmeU
Zwischen impressionistischem
Drama, Zufallspoesie und Zeichenhaftigkeit irisieren die fragmentarischen Filme der aus Ohio stammenden Künstlerin Jennifer Reeder. Popsongs, konfrontative Dialoge, melancholische Musik, Spiegelungen, Kleidungsstücke und Hardrock-Klingeltöne aus strassverzierten Handys
50
GIRLS LOVE HORSES
KREIS WR. NEUSTADT
A 2011, 5 Min, kein Dialog
PAN
A 2005, 2 Min, kein Dialog
RECONNAISSANCE
A 2012, 5 Min, kein Dialog
VERTIGO RUSH
A 2007, 19 Min, kein Dialog
Johann Lurf (geboren 1982) ist einer
der jüngsten Vertreter des österreichischen Experimentalfilms; mit
seiner subtilen bis radikalen Kunst,
PICTURE PERFECT PYRAMID
Blick- und Wahrnehmungsirritationen auszulösen, sorgte er bereits international für Aufsehen. Was Miles
Davis die Trompete, das ist Lurf die
filmische Apparatur und Technik.
Mit beiden spielt er wie mit Instrumenten, entlockt ihnen schwindelnde Bilder, die die audiovisuelle
Wahrnehmung und Orientierung
profund verändern – der Blick auf
die Welt nach einem Film von Lurf
ist nicht mehr derselbe, Sog- und
Sehkraft werden zu einer, Annah-
© Vladimir Kanic
men von der Verortung in einer
bekannten Umgebung werden in
Frage gestellt. Diese Wirkungskraft
erwächst Konzepten von einer geradezu mathematischen Genauigkeit,
um Ortserkundungen als Poetik der
Verfremdung (RECONNAISSANCE,
VERTICAL RUSH) zu evozieren oder
Topoi der Filmgeschichte zu fusionieren ((OHNE TITEL)). In seinen
Found-Footage-Filmen spielt Lurf
mit den filmindustriell produzierten
Bildern im Kopf, poetische Vertiefung gibt er seinen Werken auch
über die Filmtitel mit (ENDEAVOUR).
Als akribischer Erforscher des utopischen Raums «Kino» und als Technik-Philosoph ist Lurf dem raffinierten Zauber filmischer Möglichkeiten
ein beherzter Meister.
30. 10., 21 h, Metro
31. 10., 11 h, Metro
CLAUDIA LARCHER
(20 MIN/18 MIN)
Die jeden Häuslbauer in den Wahnsinn treibende Videoanimation
BAUMEISTER funktioniert in dieser
Hinsicht ähnlich wie HEIM, dessen
spiralkreisförmig vom Dach bis zur
Garage eines Einfamilienhauses aufgebaute Spannung sich aus beklemmenden Störelementen speist, die so
etwas wie Raumlogik oder Eigenheimidylle schlicht zur Farce erklären. Im Zentrum dieses faszinierenden Durchmessungs- und Texturenfetischs, ob nun in einer kollagierten
Tokyoter Wohnungsfiktion wie in
YAMA ausgelebt oder in der karg ani-
BAUMEISTER
mierten Geometrie von EMPTY
ROOMS, steht aber nicht eine Kamera – sondern die Erinnerungs-, Vorstellungs- und Suggestivkraft einer
Künstlerin, der nicht im Traum
einfällt, sich in ihren Mitteln der
Raumidentitätsbefragung selbst zu
beschränken.
Film beschäftigt sich – musikvideoartig rasend montiert – mit dem Kaffeeanbau rund um Havanna, spart
die gesundheitlichen Kollateralschäden der Landwirtschaft nicht aus
und thematisiert nebenbei die Geschichte der Sklaverei. Doch schon
Filme wie OCIEL DEL TOA (1965),
ein Fresko des bäuerlichen Lebens in
Baracoa, oder EN UN BARRIO VIEJO
(1963) erregten den Widerwillen des
kubanischen Filminstituts. Und wodurch? «Diese Filme sind faszinierende, poetisch-experimentelle
NICOLÁS GUILLÉN LANDRIÁN
HEIM
(74 MIN)
A 2008, 11 Min, kein Dialog
BAUMEISTER
A 2012, 9 Min, kein Dialog
EN UN BARRIO VIEJO
Kuba 1963, 9 Min, kein Dialog
Mit DIE ZEIT VERGEHT …
31. 10., 21 h, Stadtkino im Künstlerhaus
2. 11., 11 h, Metro
LOS DEL BAILE
YAMA
REPORTAJE
Kuba 1965, 6 Min, kein Dialog
OCIEL DEL TOA
Kuba 1965, 17 Min, kein Dialog (spanZTmeU)
A 2011/12, 8 Min, kein Dialog
EMPTY ROOMS
A 2011, 10 Min, kein Dialog
R: Claudia Larcher, Constantin Popp
Mit THE GREAT FLOOD
6. 11., 13 h, Kino am Schwarzenbergplatz
Larchers Filme kann man gar nicht
anders als zu Ende schauen, weil
sie einen Sog entwickeln wie ein
Gruselschocker von David Lynch.
Kamerafahrten und beunruhigende
Soundtracks wirken in ihnen zu
einer ins Mark gehenden Spannung
zusammen, freilich ohne dass diese
konventionell entladen würde.
Kuba 1966, 9 Min, kein Dialog (spanZTmeU)
RETORNAR A BARACOA
Kuba 1966, 15 Min, OmeU
COFFEA ARÁBIGA
Kuba 1968, 18 Min, OmeU
In den 1960er Jahren produzierte
Guillén Landrián etwa zwanzig Arbeiten, formal ziemlich radikale und
variationsreiche Betrachtungen seiner kubanischen Heimat und Landsleute. Als beispielhaft für seinen antikommunistischen Gestus gilt ein
mit dem Beatles-Song «The Fool on
the Hill» unterlegtes Bild Fidel Castros in COFFEA ARÁBIGA (1968). Der
REPORTAJE
Beobachtungen, die jedoch keinen
euphorischen Aufbruch propagieren,
sondern denen ein eher dunkler Ton
unterliegt und die, wenn es um politische Symbole geht, eine ironische
Distanz an den Tag legen.» (Florian
Zeyfang) Lange vergessen, wurde
das Werk des 1938 auf Kuba geborenen Nicolás Guillén Landrián erst
nach seinem Tod 2003 in Miami
wiederentdeckt.
Mit herzlichem Dank an das
Play-Doc Film Festival.
28. 10., 20.30 h, Kino am Schwarzenbergplatz
30. 10., 23 h, Kino am Schwarzenbergplatz
51
Special Programs
SANDRA GIBSON UND
LUIS RECODER
WILDE ETHNOGRAFIE
© Collection Musèe Gaumont
Die Arbeit des Harvard Sensory Ethnography Lab
ABERRATION OF LIGHT:
DARK CHAMBER DISCLOSURE
© Vila do Conde PT
USA 2011–13, ca. 60 Min
35mm-Doppelprojektion, Farbe und
Schwarzweiß, Musik: Olivia Block
Filmprojektionskunst involviert die
Live-Manipulation der Maschine und
stellt jenes Gerät in den Mittelpunkt
des künstlerischen Schaffens, das
gemeinhin am Ende einer langen
Kette von Produktionsabläufen steht,
die es reproduzieren soll. Mehr
nicht. Nicht jedoch für das US-amerikanische Künstler- und Filmemacher-Paar Sandra Gibson und Luis
Recoder, das im Projektor keineswegs lediglich ein Gerät sieht, dessen
Potenzial sich darauf beschränkt, die
Bilder auf einem Filmstreifen zu
animieren. Ihre aktuelle Live-FilmPerformance beschreiben Gibson
und Recoder als den surrealen
Traum eines Filmvorführers, in dem
die praktische Tätigkeit des Film|Vorführens als Aufführungspraxis
neu interpretiert wird und eine eigene Aufmerksamkeit erfährt. Und das
heißt? Das heißt, dass im Rahmen
einer Doppelprojektion mit 35mmFilm und zu elektroakustischen
Kompositionen Olivia Blocks Bilder
fragmentiert, gebrochen und über
die Leinwandgrenzen hinaus gesplittert werden: Lichtskulpturen tanzen
im Kinosaal, handgefertigt, und das
Analoge triumphiert.
eine gemeinsame Veranstaltung der
Viennale und des Österreichischen
filmmuseums.
31.10., 21 h, Filmmuseum
52
Innerhalb nur weniger Jahre hat sich ein Institut an der Universität von Harvard zu einer der interessantesten und spannendsten Produktionsstätten des
aktuellen dokumentarischen Kinos entwickelt. Das so genannte «Sensory Ethnography Lab», kurz SEL, ist jedoch kein Institut für den klassischen dokumentarischen Film im engeren Sinne, sondern vielmehr ein offener Ort der kinematografischen Forschung und des Experiments, ein seismografisches
Labor der Bilder und der Töne, das sich so weit von konventionellen dokumentarischen Vorgangsweisen und ethnografischen Ideen entfernt hat, dass
ein ganz eigener faszinierender Kosmos an audiovisuellen Produktionen entstanden ist. Von der ländlichen Arbeit mit Schafherden (SWEETGRASS) über
die Mikroökonomie des Handels mit Autoersatzteilen in Brooklyn (FOREIGN
PARTS), vom industriellen Fischfang (LEVIATHAN) bis zu den Pilgergebräuchen in Nepal (MANAKAMANA), die Wirklichkeiten und Welten, denen sich
die Filme des SEL widmen und die sie erkunden, sind so reich, so überraschend und vielfältig wie die sinnlichen Herangehensweisen und die spezifische kinematografische Arbeit der FilmemacherInnen selbst.
in anwesenheit von Véréna paravel und Stephanie Spray.
in Kooperation mit dem Torino film festival.
AS LONG AS THERE’S BREATH
USA/Nepal 2010, 57 Min, OmeU
R: Stephanie Spray
«As long as there’s breath, there’s
hope», lautet übersetzt das nepalesische Sprichwort, das diesem Film
seinen Titel gibt. Wir kennen die Ermutigungsformel angesichts desolater Lage als «Die Hoffnung stirbt zuletzt». Beide Formulierungen laufen
aufs Selbe hinaus: die Vergeblichkeit
des Hoffens ist immer schon mitgedacht, früher oder später stirbt
schließlich jeder. Einstweilen aber
wartet Familie Gayek in Nepal auf
die Rückkehr eines geliebten Sohnes. Sehnsucht und Ungeduld stehen im Widerspruch zur Notwendigkeit, jeden Tag aufs Neue Enttäuschung zu überwinden und in der
dann glanzlosen Normalität Sinn zu
stiften.
Mit STILL LIFE
29. 10., 15.30 h, Kino am Schwarzenbergplatz
CHAIQIAN (DEMOLITION)
USA/China 2008, 62 Min, OmeU
R: J.P. Sniadecki
Die hypnotische, schwindelerregende Darstellung einer Zerstörung,
halb experimentelle Studie, halb dokumentarische Beschreibung. In langen, ruhigen Einstellungen vollzieht
sich etwas Alltägliches und zugleich
Ungeheuerliches – der Abriss und
die Zerstörung einer Wohnsiedlung,
einer lebendigen Umgebung. Im
Herz der Stadt Chengdu zerlegen,
zerbersten, zermalmen arme Wanderarbeiter die menschlichen Behausungen, ziehen Eisendrähte aus
Mauerwerk, zerkleinern Beton,
ebnen Reste ein. CHAIQIAN erzählt
von ihnen, von den verjagten Bewohnern – und die Zukunft des neuen
China ersteht wie ein Fluch und eine
Verwünschung vor unseren verwunderten Augen.
Mit THE YELLOW BANK
27. 10., 15.30 h, Kino am Schwarzenbergplatz
DEAD ICE
Soundwork von Stephanie Spray
USA/Nepal 2011–12, 20 Min
Aufgenommen an unterschiedlichen
Orten im Himalaya besteht dieses
Hörstück aus zwei Teilen. Im ersten
werden Töne und Geräusche aus den
nepalesischen Distrikten Solu und
Khumbu nach der Ähnlichkeit ihres
Klangs montiert, nicht jener ihres
Ursprungs. Der zweite bringt die
Gletscher der Region zu Gehör, die
zu den beeindruckendsten natürlichen Geräusch-Skulpturen der Welt
zählen; bedroht allerdings von der
Erderwärmung, wie all das Tröpfeln,
Plätschern, Rinnen, Rauschen, Fließen, das hier aufgezeichnet ist, unschwer begreifen lässt. DEAD ICE
MANAKAMANA
versucht eine Antwort auf die Frage,
wie die Klimakatastrophe sich anhört und gibt der Erde eine Stimme.
Mit SWISS MOUNTAIN TRANSPORT
SYSTEMS, RADIO VERSION
30. 10., 13.30 h, Metro
30. 10., 16 h, Metro
1. 11., 12.30 h, Gartenbaukino
FOREIGN PARTS
STILL LIFE
USA/F 2010, 80 Min, OmeU
R: Véréna Paravel, J.P. Sniadecki
Zwei Jahre lang haben Paravel und
Sniadecki die heruntergekommene
Industriegegend am Rande von
Queens besucht. Haben Impressionen aus einer Welt gesammelt, die in
ihrem alltäglichen Chaos, ihrem
Überlebenskampf und ihrer fast
dörflichen Gemeinschaft um vieles
spannender erscheint als das nahe
Manhattan. Das was man die
Peripherie einer Stadt nennt, ist hier
ein eigenes Zentrum, stolz, vielgestaltig und nützlich. Aber der Boden
gehört nicht den Anwohnern, sondern Spekulanten und Immobilienentwicklern, und es ist nur eine
Frage der Zeit bis auch dieser kleine
Dschungel der einfachen Leute gerodet und zerstört wird.
28. 10., 13.30 h, Metro
LEVIATHAN
USA/GB/F 2012, 87 Min, OF
R: Véréna Paravel, Lucien Castaing-Taylor
LEVIATHAN ist ein Stück radikales
kinematografisches Erleben, ein
wilder Kosmos an Bildern und
Tönen, aufgezeichnet auf einem Fischerboot auf offenem Meer vor der
Ostküste der USA. Ohne jeden Kommentar vertraut der Film auf die optische und akustische Erzählung seiner Elemente: der menschlichen Arbeit, der Gewalt des Meeres, der Ausgesetztheit und Rauheit der Nacht.
«Ein filmisches AC/DC-Konzert»,
meinte die Kritik, eine «biblische Geschichte» und ein «gothic tale of fish
and man». Und man wäre nicht
wirklich erstaunt, würde sich plötzlich Kapitän Ahab über das Deck bewegen. Ausschau haltend nach dem
weißen Wal.
28. 10., 16 h, Stadtkino im Künstlerhaus
USA/Nepal 2013, 118 Min, OmeU
R: Stephanie Spray, Pacho Velez
(Siehe S. 32)
USA 2007, 25 Min, OmeU
R: Diana Allan
Teil eines Porträt-Triptychons, das
die Erinnerungsweisen dreier Generationen im Libanon lebender palästinensischer Flüchtlinge zum Gegenstand hat. Hier sind es Fotos, die der
alte Fischer Said Otruk aus Acre mitgebracht hat und die vom Leben in
der Heimat vor 1948 erzählen. Einer
Heimat, die jetzt verloren ist, ebenso
wie die Jugend des Mannes, dessen
Erinnerung beim Betrachten der Bilder sich als unzuverlässig erweist.
Oder, wenn man so will: verklärend.
Was aber bedeuten Vergesslichkeit
und Irrtum eines Zeitzeugen im Kontext der Geschichtsschreibung und
ihres Anspruchs auf Wahrheit und
Zuverlässigkeit?
Mit AS LONG AS THERE’S BREATH
29. 10., 15.30 h, Kino am Schwarzenbergplatz
SWISS MOUNTAIN TRANSPORT
SYSTEMS, RADIO VERSION
Soundwork von Ernst Karel
USA/CH 2011, 55 Min
Auf Wanderungen in der Schweiz,
die Karel 2008 gemeinsam mit Helen
Mirra unternahm, entstanden die
Tonaufnahmen für SWISS MOUNTAIN TRANSPORT SYSTEMS, dessen
RADIO VERSION hier zur Aufführung kommt. Zu hören sind die Geräusche jener Mittel, mit Hilfe derer
der bekanntlich nicht ganz einfache
Transport in den Bergen organisiert
ist: Gondeln, Lifte, Seilbahnen verschiedener Bauart, verschiedenen
Alters in unterschiedlichen Gegenden und auf unterschiedlichen
Höhen. Eine akustische Feldstudie,
aufgezeichnet, montiert und gemischt vom Musiker, Toningenieur
und Komponist Karel, begleitet von
gelegentlicher Percussion Mirras. Zu
hören ist der Raum – und die Zeit,
die es braucht, ihn zu durchmessen.
Mit DEAD ICE
30. 10., 13.30 h, Metro
THE YELLOW BANK
USA/China 2010, 27 Min, kein Dialog
R: J.P. Sniadecki
SWEETGRASS
USA 2009, 101 Min, OF
Regie im klassischen Sinne gibt es
hier keine. Regie führt das, was geschieht. Ein Weidegang einer Riesenherde Schafe in den Bergen Montanas. Es wird der letzte dieser Art
sein, und insofern ist der von Ilisa
Barbash produzierte SWEETGRASS
ein historisches Dokument, Bild und
Ton zeichnete Lucien Castaing-Taylor
auf, Tonschnitt und Mischung besorgte Ernst Karel. Einstweilen blöken die Schafe, verflucht von den
Cowboys: «You fuckin’ cocksuckers!
Get up that hill!» Minutenlang und
doch vergeblich der Eintönigkeit des
Viehtriebs trotzend. Die wiederum
sich uns vermittelt als Erhabenheit
von unberührter Landschaft und archaischer Verrichtung. Ein reizvoller
Widerspruch.
31. 10., 16 h, Stadtkino im Künstlerhaus
Am 22. Juli 2009 verdunkelte eine totale Sonnenfinsternis den Himmel
über Shanghai. Nicht dass das die
Metropole in ihrem Lauf sonderlich
ausgebremst hätte. Sniadecki richtet
seine Kamera mal auf das eine, mal
auf das andere Ufer des Flusses Huangpu, der die Stadt in eine alte und
eine moderne Hälfte teilt, und filmt
in vier Einstellungen Lichtstimmungen, die sich aus Großwetterlage, Architektur und Wasserbewegung ergeben. Dräuende Gewitterwolken über
beleuchteten Bürotürmen, deren
Lichter im fließenden Strom reflektiert werden. Und das Nicht-Licht der
Sonne, das in diesem Zusammenwirken immer sichtbar bleibt.
Mit CHAIQIAN
27. 10., 15.30 h, Kino am Schwarzenbergplatz
53
Special Programs
DIE GEOGRAPHIE
DES LABYRINTHS
TIH-MINH
F 1918, 497 Min (12 Episoden)
stumm (f/nl ZT, englisch eingesprochen)
R: Louis Feuillade, D: René Cresté, Mary
Harald, Georges Biscot, Édouard Mathé
OUT 1 – NOLI ME TANGERE
F 1970/90, 769 Min (8 Episoden), OmdU
R: Jacques Rivette, D: Jean-Pierre Léaud,
Juliet Berto, Michèle Moretti, Michael
Lonsdale
Jacques Rivette ist ein Genie der Freizügigkeit. Das Verstreichen der Zeit
gehorcht bei ihm einer eigenen, inneren Logik. Er probiert zunächst
einmal alle Umwege aus, bevor er
das Ziel ansteuert. Die Langfassungen seiner Filme sind deshalb meist
kurzweiliger als jene, die er dem Diktat konventioneller Kinoauswertung
angepasst hat. Ein Drehbuch braucht
er selten, hier genügte die Idee, Balzacs «Geschichte der 13» in die Gegenwart von 1970 zu verlegen. Nicht
nur die Darsteller wirken bei Rivettes
klug gezügelter, anspielungsreicher
Improvisation an der Handlung mit,
sondern auch der Drehort. OUT 1 ist
54
einer der schönsten Filme über Paris
als magischer, klandestiner Ort. Dieser Regisseur liebt die erzählerischen Labyrinthe, die den Blick auf
die Realität brechen und in deren
Regeln er sein Publikum nur zögerlich einweiht. Er ist nie verlegen
darum, immer neue Geheimnisse
von Paris zu entdecken oder zu erfinden. Selbst nach 13 Stunden war
Rivette mit Balzacs GeheimbundNovelle noch nicht fertig: Auch NE
TOUCHEZ PAS LA HACHE von 2007
spielt auf sie an.
in anwesenheit von Jean-pierre léaud
und Stephane Tchalgadjieff
(produzent).
1. 11., Metro
10 h, Episode 1 und 2, 200 Min
De Lili à Thomas / de Thomas à Frédérique
13.45 h, Episode 3 und 4, 213 Min
de Frédérique à Sarah / de Sarah à Colin
17.45 h, Gespräch zum Film
19 h, Episode 5 und 6, 189 Min
de Colin à Pauline / de Pauline à Emilie
22.30 h, Episode 7 und 8, 167 Min
d’Emilie à Lucie / de Lucie à Marie
© Collection Musèe Gaumont
Um die Idee des Seriellen, die so alt ist
wie die Geschichte des Kinos, kreist
dieses Doppelprogramm, bestehend
aus zwei eigenwilligen, zentralen Beispielen: das rund siebenstündige, in
zwölf Episoden erzählte Serial TIHMINH von Louis Feuillade, eine Arbeit,
die immer im Schatten seines legendären LES VAMPIRES stand, doch wohl
eher sein reifstes und reichstes Werk
ist. Und Jacques Rivettes geheimnisumwitterter, in seiner Gesamtheit selTIH-MINH
ten zu sehender film fleuve OUT1 –
NOLI ME TANGERE, ein über zwölfstündiger, in acht Episoden gefasster kinematografischer Tagtraum. Beides fantastische Geschichten von Amnesie, Paranoia und Verschwörung, beides maßlose Parallelwelten von zerfallenden
Kollektiven, sich auflösenden Gewissheiten und labyrinthischen Verschlingungen. Die eine, wie Jonathan Rosenbaum sagt, der Versuch einer Selbstreflexion der Bourgeoisie nach dem Schrecken des Ersten Weltkrieges, die andere die Reflexion einer Bohème nach dem Scheitern der Hoffnungen von 1968.
Zwei grandiose, unterirdisch miteinander über ein halbes Jahrhundert hinweg verbundene Kino-Serien.
Das düstere Paris seiner berühmten
Serials FANTOMAS (1913), LES VAMPIRES (1915/16) und JUDEX (1916)
hat Louis Feuillade in TIH-MINH
(1918) gegen Nizza und die französische Mittelmeerküste getauscht.
Doch auch im freundlichen Licht des
Südens sind seine Helden, der Abenteurer Jacques d’Athys, dessen Verlobte Tih-Minh und der treue Diener
Placide, nicht vor den Nachstellungen einer Bande von Schurken und
feindlichen Agenten gefeit, die ihnen
das Geheimnis einer Inschrift entreißen wollen, das zu einem indischen
Schatz führt. Mordversuche, Entführungen, mysteriöse Amulette, Amnesie auslösende Drogen, wüste Verkleidungen und eine hypnotisch
schlafwandelnde Marquise – die
Helden müssen in dem 12-teiligen
Serial mit jeder Hinterhältigkeit
rechnen. Im deutschsprachigen
Raum eher zurückhaltend rezipiert,
© Collection Musèe Gaumont
© Collection Musèe Gaumont
TIH-MINH und OUT 1 – zwei große Serials der Kinogeschichte
von Louis Feuillade und Jacques Rivette
ist Feuillades fantastischer Realismus, ist die wilde Poesie seiner trivialen Sensationsmelodramen, für
die französische Kunst – angefangen
von den Surrealisten bis zu Filmemachern wie Georges Franju, Alain
Resnais, Jacques Rivette und Olivier
Assayas – stets ein nie versiegender
Quell der Inspiration gewesen.
2. 11., 13.30 h, Metro, 108 Min Episode 1–3
3. 11., 13.30 h, Metro, 82 Min Episode 4–6
4. 11., 13.30 h, Metro, 80 Min Episode 7–9
5. 11., 13.30 h, Metro, 92 Min Episode 10–12
© Collection Musèe Gaumont
© Collection Musèe Gaumont
ASIAN DELIGHTS
Beispiele eines neuen asiatischen Genrekinos in 3D
Eine kleine, feine Mitternachts-Reihe zeigt aktuelle asiatische 3D-Filme, die in
ihren Herkunftsländern großen Anklang fanden. Darunter den 2012 restaurierten und auf 3D umgearbeiteten Zeichentrickfilm DA NAO TIAN GONG
(1961/1964), die wohl berühmteste Verfilmung der Sage vom Affenkönig Sun
Wukong, der sich mit den Mächten des Himmels anlegt. Von der Vitalität des
Hongkong-Kinos legen XUE DI ZI, Andrew Laus Remake eines Shaw-BrothersKlassikers aus dem Jahr 1975, und Stephen Fungs Martial-Arts-SteampunkHybrid TAIJI YINGXIONG JUEQI Zeugnis ab. HAUNTED von Vikram Bhatt ist
als erster indischer 3D-Film sozusagen ein Pionier; eine echte Überraschung
aber ist MY NHAN KE von Nguyen Quang Dung – spektakuläres Beispiel eines
hierzulande weitgehend unbekannten vietnamesischen Action-Filmschaffens.
Kuratiert von leo Moser und andreas Ungerböck.
DA NAO TIAN GONG 3D
(THE MONKEY KING: UPROAR IN HEAVEN 3D)
China 1961–64/2012, 92 Min, OmeU
R: Wan Laiming, Tang Cheng/
Su Da, Chen Zhihong
Unter den vielen Verfilmungen der
chinesischen Volkserzählung vom
frechen Affenkönig ist diese die beliebteste und gelungenste. In einem
beispiellosen Farbenrausch entfaltet
sich die Abenteuergeschichte und
wirkt auf Kinder wie Erwachsene
gleichermaßen magisch; man erkennt darin vieles, was den japanischen Anime-Meister Miyazaki
Hayao inspiriert hat. 2012 wurde der
Zeichentrick-Klassiker von Su Da
und Chen Zhihong restauriert, um einige neue Szenen ergänzt und auf
3D umgearbeitet. Ein Fest der Sinne.
29. 10., 23 h, Gartenbaukino
auf die Reise in die Vergangenheit
begibt, um in die tragischen Ereignisse einzugreifen, gibt es kein Halten
mehr. Action plus Romantik plus
Horror, wie nur Bollywood das kann.
1. 11., 23.30 h, Gartenbaukino
MY NHAN KE (THE LADY ASSASSIN)
Vietnam 2013, 93 Min, OmeU
R: Nguyen Quang Dung, D: Thanh Hang, Ngoc
Quyen, Kim Dung, Diem My, Tang Thanh Ha
Handfestes aus einer hierzulande
unbekannten vietnamesischen
Actionfilm-Szene: Mit Hilfe ihres
Teams tödlicher Kellnerinnen ermordet die schöne, kaltherzige Besitzerin einer einsam gelegenen Taverne
ihre Gäste, um sich zu bereichern.
Eines Tages entdecken die Frauen
ein in einem Sarg verstecktes, gekidnapptes Mädchen, dessen Familie
HAUNTED 3D
Indien 2011, 143 Min, OmeU
R: Vikram Bhatt, D: Mahakshay Chakraborty,
Tia Bajpai, Achint Kaur, Arif Zakaria
Ein riesiges Anwesen, ein luxuriöses
Herrenhaus, der Geist einer gequälten jungen Frau, der sich nach Erlösung sehnt. Ihm zu helfen ist die gefährliche Aufgabe Rehans, der die
millionenschwere Immobilie im Auftrag seines Vaters verkaufen soll,
freilich ohne Spuk. Man sieht dem
jungen Mann den Helden nicht auf
den ersten Blick an, aber als er sich
getötet wurde. Und beschließen, es
zur Killerin auszubilden, damit es
sich rächen kann. Freilich, wie es zunächst schien, verhält es sich nicht.
31. 10., 23 h, Gartenbaukino
TAIJI YINGXIONG JUEQI
(TAI CHI HERO)
HK/China 2012, 102 Min, OmeU
R: Stephen Fung, D: Jayden Yuan Xiaochao,
Tony Leung Ka-fai, Angelababy, Shu Qi
TAI CHI HERO führt die Geschichte
von TAI CHI ZERO fort (die Filme
wurden parallel gedreht und kamen
binnen weniger Wochen hintereinander ins Kino), in der ein Söldner
Tai Chi lernen will – und das ausgerechnet in einem Dorf, das keinem
Außenstehenden das Erlernen dieser
Kunst gestattet. Doch weil er das
Dorf vor Angreifern rettet, steht einer
Hochzeit mit der Tochter des Dorfältesten nichts mehr im Wege. Da
kehrt dessen verschollen geglaubter
Sohn zurück und versetzt die Gemeinschaft in helle Aufregung.
26. 10., 24 h, Gartenbaukino
XUE DI ZI
(THE GUILLOTINES)
HK/China/Taiwan 2012, 112 Min, OmeU
R: Andrew Lau, D: Huang Xiaoming, Ethan
Juen, Shawn Yue, Li Yuchun
Ein Remake des Shaw-Brothers-Klassikers THE FLYING GUILLOTINE
(1975). Eine kaiserliche Spezialeinheit der Qing-Dynastie, die rücksichtslos gegen Regimegegner vorgeht, gerät selbst in Bedrängnis, als
die Macht wechselt. Nicht zuletzt,
weil die ersten nach China gelangenden Feuerwaffen ihre Art des Kampfes obsolet werden lässt. Ein bravourös in Szene gesetztes HongkongAction-Melodram um Freundschaft,
Freiheit und Loyalität, düster, philosophisch und pathetisch, mit extraschönen Männern.
25. 10., 23 h, Gartenbaukino
55
Special Programs
PROGRAMM 3
REALITÄTEN
KINO MACHT SCHULE
Eine Archäologie des
frühen österreichischen Dokumentarfilms
EINE FILMSCHAU DES FILMARCHIV AUSTRIA
Mit der Filmschau «Realitäten» legt das Filmarchiv Austria in neun Programmen einen ersten Entwurf zu einer Frühgeschichte des österreichischen Dokumentarfilms vor. Viele der gezeigten Filme sind 100 Jahre alt und älter, sie führen zurück in die Zeit des Fin de Siècle, die letzten Jahre der Habsburgermonarchie. Die ersten Filmdokumentaristen treffen auf eine Welt im Umbruch:
Geschwindigkeit, Beschleunigung, die Elektrifizierung und der Aufstieg der
Massenmedien, das Erstarken neuer gesellschaftlicher Kräfte wie die Frauenund Arbeiterbewegung, die Urbanisierung und die beginnende Globalisierung
aller Lebensbereiche kennzeichnen eine Periode, die radikal mit der Vergangenheit brach und einer ungewissen Zukunft entgegensteuerte. Diese Realitäten einer aus den Fugen geratenen Welt bilden den kulturhistorischen Rahmen der kinematografischen Aneignung von Wirklichkeit. Die Filmschau
zeichnet Ideen, Zugänge, letztlich das Selbstverständnis der Dokumentaristen
nach und macht die Spuren der frühesten Versuche österreichischer Filmpioniere sichtbar, Welt ins Laufbild zu übersetzen. Die Programme enthalten
zahlreiche Neurestaurierungen und werden mit kontemporärer Live-Musik
namhafter österreichischer und internationaler MusikerInnen begleitet.
Kuratiert von ernst Kieninger, nikolaus Wostry und Karl Wratschko.
Sämtliche Filmprogramme setzen sich aus mehreren Kurzfilmen zusammen
und werden von experimentellen Musikschaffenden live begleitet.
Programm 4 wird stumm gezeigt.
PROGRAMM 1
PROGRAMM 2
KINOCHRONISTEN
KINO-REAL
Zur Steigerung der Attraktivität ihres
Angebotes entwickelten Wanderkinobesitzer die Strategie, ihre Programme mit selbst gedrehten Aufnahmen lokaler Ereignisse zu bereichern. Sie stellen die Wurzeln des
nonfiktionalen Kinos in Österreich
dar. Während die filmische Chronik
von professionellen Produzenten zur
Wochenschau weiterentwickelt wird,
bleibt die Darstellung des eigenen
Kinos und seines Publikums – einge-
Aktualitäten österreichischer Provenienz vor 1914 sind aufgrund der
dominierenden Stellung der französischen Firmen Raritäten. Als älteste
EIN K. U. K.-FELDKINOZUG …
bettet etwa in ein «Stadtbild» – bis
zum Ende der Stummfilmzeit ein
vitales Genre, das heute einzigartige
Einblicke in die Frühzeit des Mediums gewährt.
Einführung: Nikolaus Wostry,
Karl Wratschko
Musik: Philip Jeck & Klaus Karlbauer
25. 10., 21 h, Metro (ca. 51 Min)
56
DIE OZEANFLIEGER …
erhaltene Aktualität einer regulären
heimischen Produktionsfirma gilt
das KAISERMANÖVER der Photobrom-Gesellschaft in Wien, 1909.
Mit LEICHENBEGÄNGNIS ALBERT
BARON ROTHSCHILD schuf die Pionierfirma des österreichischen Films
ein stilistisch avanciertes Zeugnis
des jüdischen Wien vor 1914. Die
aus der Filmstelle des Kriegspressequartiers hervorgegangene Staatliche Filmhauptstelle produzierte
nach Ende der Monarchie die ersten
Aktualitäten der jungen Republik.
Musik: deepseafish-K (Katharina Klement,
Judith Unterpertinger, Manon-Liu Winter)
26. 10., 16 h, Metro (ca. 59 Min)
EINE WELT IM WASSERTROPFEN …
Alto Arche gilt als Schöpfer des österreichischen Lehrfilms, seine Filme
dokumentieren die von der Industrialisierung bedrohte Welt des kleinen Handwerks. Die Staatliche Filmhauptstelle (SHB) tritt Arches Nachfolge an, ab den frühen 1920er Jahren wird eine erstaunliche Bandbreite dokumentarischer Filme produziert. Mit GLASBLÄSEREI etwa gelingt eine äußerst stimmige Variante
von Arches Pionierfilm, die ausgezeichnete Fotografie kommt in einer
neu restaurierten Kopie zur Geltung
und belegt die frühe technische Perfektion des analogen Films.
Musik: dieb13 & Mats Gustafsson
27. 10., 14 h, Metro (ca. 59 Min)
PROGRAMM 4
DISTINKTION DES KÖRPERS
Mit Rudolf Pöch, Pionier des wissenschaftlich-ethnologischen Films in
Österreich, halten auch biologistische Ansätze Einzug in die Kinematografie. Während des Ersten Weltkrieges nutzt Pöch in ALS ANTHROPOLOGE IM KRIEGSGEFANGENENLAGER die Zwangssituation in
Kriegsgefangenenlagern, um anthropologisches «Studienmaterial» zu kinematografieren. In den 1920er Jahren erfahren biologistische Ansätze
ihre Popularisierung in Filmen, die
als voyeuristische Sensationen ins
Hauptprogramm genommen werden. In der mörderischen Ideologie
des Nationalsozialismus erreichen
diese Strömungen ihren Höhepunkt.
Mit den im Auftrag des «Anthropologischen Staatmuseums» in Wien
ALS ANTHROPOLOGE …
gemachten RASSENKUNDLICHEN
UNTERSUCHUNGEN liegt uns ein
beklemmendes Dokument des NSRassenwahns in Farbe vor.
Einführung: Nikolaus Wostry
28. 10., 16 h, Metro (ca. 75 Min)
PROGRAMM 5
WERKSTÄTTEN DES KRIEGES
ren durch weichgraduierte Fotografie
und die extensive Verwendung monochromer Einfärbungen und Tonungen des Silberbildes. In diesen
phantom rides wird die Tiefe des
Raums eindrucksvoll durchmessen
und zu neuer, kinematografischer
Dimension gebracht.
Musik: Lorenzo Senni
30. 10., 19.30 h, Metro (ca. 46 Min)
PROGRAMM 7
LANDSCAPE ICONS
CARL ZEISS WIEN …
Der österreichische Industriefilm hat
seine Wurzeln in der Kriegspropaganda des Ersten Weltkrieges. Die
darin zur Schau gestellte Leistungsfähigkeit der k.k. Rüstungsindustrie
sollte einerseits die Stimmung der
Bevölkerung positiv beeinflussen, andererseits wurden die Filme gezielt
im neutralen Ausland platziert, um
über diesen Umweg auch dem Feind
die eigene Stärke zu suggerieren.
Führend war dabei die Sascha Filmfabrik des Grafen Kolowrat, der durch
seine Beziehungen zum Kriegspressequartier zeitweise eine Monopolstellung in der heimischen Kriegspropaganda einnehmen konnte.
Einführung: Florian Bettel
Musik: Morphosis (Rabih Beani)
29. 10., 16 h, Metro (ca. 52 Min)
PROGRAMM 6
PHANTOM RIDERS
Wenn es eine unwidersprochene
Ideologie in Österreich gibt, die allen
politischen Veränderungen trotzte,
dann ist es die Überzeugung, in
einem an Naturschönheiten reich gesegneten Land zu leben. Das Zelebrieren der Landschaft in filmischen
Bildern ist eine durchgehende Konstante des heimischen Filmschaffens. Das Instrumentieren der österreichischen Landschaft im nonfiktio-
DIE BESTEIGUNG …
nalen Bereich ist nicht nur auf den
Landschaftsfilm beschränkt, sondern
findet folgerichtig auch in der ganzen Bandbreite des propagandistischen Films – vom touristischen
Werbefilm bis zum politisch motivierten Dokumentarfilm – seinen
Ausdruck.
Musik: Cherry Sunkist (Karin Fisslthaler)
31. 10., 16 h, Metro (ca. 68 Min)
PROGRAMM 8
IKONOGRAFIE DER MACHT
EINE FAHRT MIT DER …
Die sogenannten Travelogs, Fahraufnahmen von Eisenbahnen, Schiffen
etc., bilden ein medienspezifisches
Pioniergenre des Films. Zu einer
wahren Meisterschaft hat es dabei
die Sascha-Film gebracht; ihre rund
10-minütigen Reiseberichte sind
Kleinode der kinematografischen
Weltaneignung. Ihre stilistisch herausragenden Reiseberichte brillie-
Einige der frühesten überlieferten
dokumentarischen Filme bilden
schon sehr deutlich Herrschaftsverhältnisse ab und zeugen vom respektvollen Abstand zwischen Macht
und Gesellschaft, deren Perspektive
der Kinematograf vertritt. Die Kadrage ist mit dominanten Totalen auf
die Einheit des Ereignisses ausgerichtet, womit die zeremonielle, ja
kultische Distanz zwischen der
Person des Herrschers und dem
Publikum gewahrt bleibt. Karl I. hingegen nutzt die Möglichkeiten des
Mediums bewusst zur Legitimierung
seiner brüchigen Herrschaft. Er
UNSER KAISER
erlaubt der Kamera näherzurücken,
sie wird zum unmittelbaren Teil des
Ereignisses.
Musik: Eduardo Raon
2. 11., 16.30 h, Metro (ca. 66 Min)
PROGRAMM 9
ENTFESSELTE MASSEN
WIEN ERWACHT …
Die filmischen Dokumente der
Monarchie zeigen die Massen fast
ausschließlich als passive Zuschauer,
deren einzige Funktion die Akklamation der Herrschaft zu sein scheint.
Mit der Ausrufung der Republik
manifestiert sich die Masse als politischer Akteur, die Straße wird Ort des
politischen Geschehens. Der politische Diskurs erobert – auch im Kino
sichtbar – den öffentlichen Raum,
und in DIE SCHRECKENSTAGE VON
WIEN, einem Filmbericht über den
Brand des Justizpalastes und das
Gemetzel der Exekutive an Demonstranten, wird die Straße endgültig
zum Austragungsort der politischen
Auseinandersetzung.
Musik: Mika Vainio
3. 11., 16.30 h, Metro (ca. 65 Min)
57
Retrospektive
18. Oktober – 24. November
JERRY LEWIS
Bereits mit fünf Jahren stand Jerry Lewis, 1926
als Joseph Levitch und Sohn russisch-jüdischer
Eltern geboren, gemeinsam mit seinem Vater,
einem Entertainer, erstmals auf einer Bühne.
Und als er 1945 auf Dean Martin traf, konnte er
auf drei Jahre Erfahrung als eigenständiger
Komiker zurückblicken. Lewis und Martin wurden zum Dreamteam der New Yorker Clubs, ab
1949 auch Hollywoods und traten in sechzehn
Filmen gemeinsam auf. 1956 trennten sich ihre
Wege und Lewis’ Karriere als Regisseur begann.
Gleichzeitig hinter und vor der Kamera, und auf
beiden Seiten gleich perfektionistisch, schuf er in
der Slapstick-Tradition eines Stan Laurel sein eigenes geniales Universum der komisch-desaströsen Tollpatsche, Sissies und sympathisch schüchternen Außenseiter, die vor
lauter Bemühen dazuzugehören eine fröhliche Spur der Verwüstung hinterlassen. Seit Beginn der siebziger Jahre machte der «King of Comedy» sich rar
als Filmemacher wie als Schauspieler, wurde aber seit seiner Rolle in
Scorseses gleichnamigem Film von 1983 endlich auch als Darsteller jenseits
des Komikerfachs ernstgenommen. Seine größte Wertschätzung erfuhr Lewis,
der wie der Inbegriff des Amerikanischen erscheinen mag, paradoxerweise
stets jenseits der USA. Es waren die europäischen Cineasten, vornehmlich in
Frankreich, die schon früh in ihm einen der großen Individualisten des Kinos
erkannten.
ohne Geschichte, ohne Handlung».
Als stummer Page stolpert Lewis in
einem Luxushotel von einer komischen Kalamität in die nächste, begegnet mehrfach – eine schöne
Hommage an die Vorbildfigur –
einem Stan-Laurel-Double mit köstlichen Cameoauftritten, erlebt dann
aber auch wieder diese magischen
Momente, die nur einem tumben
Toren wie ihm zuteilwerden – wenn
er etwa als Dirigent ein abwesendes
Orchester zum Klingen bringt.
Vorfilm: Auszug aus
THE COLGATE COMEDY HOUR (3 Min)
18. 10., 21 h, Filmmuseum
31. 10., 18.30 h, Filmmuseum
ARIZONA DREAM
THE BIG MOUTH
USA 1993, 142 Min, Omd/fU
R: Emir Kusturica, D: Johnny Depp,
Jerry Lewis, Faye Dunaway, Lili Taylor
Schon Jerry Lewis’ erster Auftritt ist
gleich eine Hommage: der verträumte Axel (Depp), im Halbschlaf auf
dem langen Weg durch die Wüste zu
seinem Onkel Leo (Lewis), dem selfmademan und Auto-Händler, sieht
diesen, mit unverkennbar federndem Schritt und einem Besen als
Staubwedel bewaffnet, an einer
Reihe von insektengleich, meterhoch
aufgespießten Cadillacs vorbeitänzeln. Die Mischung aus KusturicaFantasmen und absurdem Slapstick
Lewis’scher Prägung bleibt bestimmend für diesen Film über Träumer,
Eskimos und fliegende Fische.
8. 11., 20.30 h, Filmmuseum
24. 11., 15.30 h, Filmmuseum
58
ARTISTS AND MODELS
USA 1955, 109 Min, OF
R: Frank Tashlin, D: Dean Martin, Jerry Lewis,
Shirley MacLaine, Dorothy Malone
Brotlose Kunst – betrieben von
Maler Rick (Martin) und Kinderbuchautor Eugene (Lewis) – tritt an gegen
kunstloses Brot: bunte Comic-Heftchen, massenproduzierte, lukrative
Verderber der Jugend, wie dieser
Film durch einen speziell missratenen Jungmenschen sowie ein hochkarätig besetztes TV-Panel zum
Thema eindrucksvoll belegt. Dieser
Hauptstrang der Geschichte verwirrt
sich mit immer weiteren, zunehmend irrwitzigen Handlungsfäden
zu einem grandios komischen Knäuel, das sich erst im finalen bonbonbunten Künstlerball «Artists and Models» zum Happy-End auflöst.
20. 10., 18.30 h, Filmmuseum
2. 11., 21 h, Filmmuseum
THE BELLBOY
USA 1960, 70 Min, OF
R: Jerry Lewis, D: Jerry Lewis, Alex Gerry,
Bob Clayton, Sonnie Sands
Die erste Regiearbeit von Lewis ist in
der Tat, wie im Prolog vom Produzenten angekündigt, kein gewöhnlicher Film, sondern ein «reiner Spaß,
USA 1967, 107 Min, OF
R: Jerry Lewis, D: Jerry Lewis, Harold J.
Stone, Susan Bay, Buddy Lester
Es hat schon Hitchcock’sche Züge,
wie der harmlose Bankangestellte
Gerald Clamson in seinem ersehnten
Jahresangelurlaub in einen wilden
Plot um gestohlene Diamanten hineingerät, so dass er am Ende alle an
den Hacken hat, von rivalisierenden
Gangsterbanden bis zur Polizei. Nahezu brechtisch dagegen ist die Erzählweise: Ein seriös wirkender älterer Herr greift im Laufe der Geschichte immer wieder ordnend und überleitend ein, auch wenn dafür die Bewegungen der Handelnden mal eben
eingefroren werden müssen.
Einführung: Jonathan Rosenbaum
30. 10., 21 h, Filmmuseum
11. 11., 18.30 h, Filmmuseum
THE LADIES MAN
THE CADDY
USA 1953, 95 Min, OmschwedU
R: Norman Taurog, D: Dean Martin, Jerry
Lewis, Donna Reed, Barbara Bates
Ob seiner Phobie vor Menschenmengen wird Harvey (Lewis) – über den
Umweg des gescheiterten Ladenschwengels – vom möglichen Golfprofi zum (un)scheinbaren Caddy
seines künftigen Schwagers Joe
(Martin). Der wiederum versucht per
Golfkarriere dem väterlichen Beruf
des Fischers und der Ärmlichkeit zu
entkommen. Als ein Impresario
beim Golfturnier ihre so ungewollten
wie perfekten Lachnummern beobachtet, gibt er ihnen den Tipp, wel-
wird als Kern des Märchens die typisch Lewis’sche Frage nach dem
Verhältnis zwischen den «Kleinen»,
Bescheidenen und den «Großen»
und Mächtigen verhandelt, oder, in
Fellas Worten, zwischen «people»
und «persons».
Vorfilm: Auszug aus
THE COLGATE COMEDY HOUR (5 Min)
20. 10., 21 h, Filmmuseum
6. 11., 18.30 h, Filmmuseum
THE ERRAND BOY
USA 1961, 91 Min, OF
R: Jerry Lewis, D: Jerry Lewis, Brian Donlevy,
Howard McNear, Dick Wesson
In Lewis’ eigenwilliger Version der
amerikanischen Traumkarriere
«vom Tellerwäscher zum Millionär»
engagiert die trotz erfolgreicher
Filme kriselnde Produktionsfirma
THE DISORDERLY ORDERLY
chen Beruf sie eigentlich gerade
schwänzen … Eine augenzwinkernde
Begegnung des Komikerduos mit
sich selbst.
Vorfilm: Auszug aus
THE COLGATE COMEDY HOUR (16 Min)
23. 10., 18.30 h, Filmmuseum
3. 11., 16 h, Filmmuseum
USA 1964, 90 Min, OF
R: Frank Tashlin, D: Jerry Lewis, Glenda
Farrell, Susan Oliver, Karen Sharpe
Jerome Littlefields Arztkarriere endet
ob seiner «Neurotischen Identifikationsempathie» vorzeitig, und die Zukunft als Krankenpfleger im Whitestone Sanatorium sieht angesichts
seines desaströsen Übereifers nicht
viel rosiger aus. Erst sein selbstloser
Einsatz für eine Selbstmordpatien-
CINDERFELLA
USA 1960, 91 Min, OF
R: Frank Tashlin, D: Jerry Lewis, Ed Wynn,
Judith Anderson, Henry Silva
Das Spiel mit Geschlechterklischees
macht in den Filmen mit Jerry Lewis
stets einen Gutteil der Komik aus,
CINDERFELLA treibt das crossgender zur parodistischen Perfektion,
männliche gute Feen inklusive, und
holt überdies so ziemlich alles an
Schauwerten aus dem Märchenstoff
heraus, was die moderne Filmmaschinerie hergibt. Und wie nebenbei
«Paramutual Pictures» den ungeschickten Plakatkleber Marty S.
Tashman als internen Spion. Martys
bühnenreifes Talent, Chaos und Verwüstung zu stiften, führt folgerichtig
zu seiner Entlassung, aber ebenso zu
seiner anschließenden Entdeckung
als ein Naturtalent des Komischen.
In einer letzten Einstellung hilft der
neue Star dem ebenfalls neuen, noch
unbeholfeneren Plakatkleber.
21. 10., 21 h, Filmmuseum
2. 11., 18.30 h, Filmmuseum
THE FAMILY JEWELS
tin, die der Aufsichtsrat des Hospitals vor die Tür setzen will (schon damals galt «no money, no bed!»), heilt
ihn. In einem furiosen Schlussspurt
aber kann er zu unser aller Freude
noch einmal sein überragendes Talent zur kettenreaktiven Totalzerstörung unter Beweis stellen.
27. 10., 21 h, Filmmuseum
23. 11., 18.30 h, Filmmuseum
USA 1965, 108 Min, OF
R: Jerry Lewis, D: Jerry Lewis, Sebastian
Cabot, Donna Butterworth, Milton Frome
Die zehnjährige Donna soll nach
dem Tod ihres schwerreichen Vaters
unter seinen fünf Brüdern einen Ersatzvater wählen. Ihr Chauffeur und
Verbündeter Willard kutschiert sie
zu den verschrobenen Onkeln, deren
Familienähnlichkeit im Übrigen frappierend ist. Doch da taucht als sechster Anwärter der totgelaubte Gangster Bugs auf und versetzt mit dem
Kidnapping seiner Nichte noch einmal alle in Aufregung. Donna aller59
Retrospektive
dings hat sich ohnehin längst entschieden, und mit einem letzten Verkleidungscoup werden am Ende
auch die Juristen ausgetrickst.
28. 10., 21 h, Filmmuseum
16. 11., 18.30 h, Filmmuseum
FUNNY BONES
USA 1995, 127 Min, OF
R: Peter Chelsom, D: Oliver Platt, Jerry
Lewis, Lee Evans, Leslie Caron
Was ist komisch? So die tiefer liegende Frage, die diese Geschichte um
Schmuggel, Ideenklau und alte
Schuld zu klären sucht. Jerry Lewis in
der Rolle des George Fawkes, dem
Starkomiker als übermächtiger Vaterfigur, gibt die präzise Antwort: «Some
people are funny, some people tell
funny.» Wo die einen gute Witze gekonnt erzählen, haben die anderen
die funny bones und keine andere
Wahl, als mit ihrem ganzen Körper
und ihrem ganzen Sein für das entfesselte Lachen des Publikums zu
zahlen. Denn, so eine weitere Erkenntnis, es gibt nichts Komisches,
das nicht zugleich schrecklich wäre.
7. 11., 20.45 h, Filmmuseum
23. 11., 16 h, Filmmuseum
THE GEISHA BOY
USA 1958, 108 Min, OF
R: Frank Tashlin, D: Jerry Lewis, Marie
McDonald, Sessue Hayakawa, Barton
MacLane
auf dem Flug dorthin ins Aus. Lewis’
Slapstickkomik gewinnt hier tieferen
Sinn, gelingt es Wooley doch, mit
seinen unfreiwilligen Lachnummern
einen japanischen Waisenjungen aus
seiner Trauer und Isolation zu locken. Es entwickelt sich die berührende Geschichte zweier Seelenverwandter jenseits von Sprachbarrieren, die sich ihre Zuneigung einiges
kosten lassen.
28. 10., 18.30 h, Filmmuseum
10. 11., 20.45 h, Filmmuseum
HARDLY WORKING
USA 1980, 104 Min, Omd/fU
R: Jerry Lewis, D: Jerry Lewis, Susan Oliver,
Roger C. Carmel, Deanna Lund
THE KING OF COMEDY
Nicht von ungefähr reiht der Vorspann Szenen aus vergangenen Filmen mit Jerry Lewis aneinander,
spielt dieser hier doch als alternder
Komiker (er ist zum Zeitpunkt der
Dreharbeiten vierundfünfzig) einen
alternden Clown, Bo Hooper, der zu
Beginn der Geschichte seine Arbeit
verliert. Desorientiert versucht er
sich in diversen Jobs, die, wie kaum
anders zu erwarten, in Komik und
Katastrophen enden. Bleibt nur noch
der öffentliche Dienst! Über den
Umweg des Postboten findet Bo
schließlich wieder zu seinem angestammten Clowndasein zurück.
Einführung: Chris Fujiwara
3. 11., 21 h, Filmmuseum
14. 11., 18.30 h, Filmmuseum
HOLLYWOOD OR BUST
Der abgebrannte Zauberkünstler
Wooley (Lewis) und sein weißer
Hase Harry, der ihm von Beginn an
die Show stiehlt, sollen in Japan die
US-Truppen unterhalten, manövrieren und stolpern sich aber bereits
60
men Film gesanglich und gagtechnisch noch einmal zu Höchstform
auf und löst mehr als ein, was die
Widmung des Prologs an die «Fernsehflüchtlinge und Filmfans» in aller
Welt erwarten ließ.
Einführung: Adrian Martin
Vorfilm: Auszug aus
THE COLGATE COMEDY HOUR (21 Min)
26. 10., 18.30 h, Filmmuseum
13. 11., 20.30 h, Filmmuseum
USA 1956, 95 Min, OF
R: Frank Tashlin, D: Jerry Lewis, Dean Martin,
Pat Crowley, Anita Ekberg
Eine nicht ganz freiwillige Fahrgemeinschaft aus Zocker Steve (Martin), dem anhänglichen Cinemaniac
Malcolm (Lewis), dessen Dogge Mr.
Bascomb und der aufstrebenden
Sängerin Terry durchquert in diesem
Roadmovie die USA auf dem Weg zu
ihrem Traumziel Hollywood. Vor den
in bunter Abfolge kulissenhaft wechselnden Landstrichen läuft das Duo
Lewis-Martin im letzten gemeinsa-
USA 1983, 109 Min, OF
R: Martin Scorsese, D: Robert De Niro, Jerry
Lewis, Diahnne Abbott, Sandra Bernhard
Soll man Rupert Pupkin (De Niro)
bedauernswert, beängstigend oder
einfach nur unerträglich lächerlich
finden? In jedem Fall ist dem selbsternannten «King of Comedy», der im
heimischen Keller vor Pappkameraden und Lachern vom Band seine
Nummern probt, jeglicher Realitätssinn abhandengekommen. Die Absage seines Idols Jerry Langford (verkörpert von einem beeindruckend
authentischen Lewis) «zwingt» ihn
dazu, diesen zu kidnappen, um die
ihm verweigerte TV-Sendezeit zu erpressen – mit einem Erfolg, wie ihn
wohl nur Zyniker des Showbusiness
erwarten konnten.
25. 10., 21.15 h, Filmmuseum
24. 11., 20.30 h, Filmmuseum
THE LADIES MAN
USA 1961, 95 Min, OF
R: Jerry Lewis, D: Jerry Lewis, Helen Traubel,
Pat Stanley, Kathleen Freeman
Herbert H. Heebert (Lewis), von
seiner Collegeliebe verlassen und
zu ewigem Junggesellendasein
entschlossen, findet einen Job als
Laufjunge – ausgerechnet in einer
Frauenpension. Die einunddreißig
Damen nutzen seine mehr oder
häufig eher weniger hilfreichen
Dienste reichlich aus, aber am Ende
ist es dieses Gefühl, gebraucht zu
werden, das seinem angeknacksten
Selbstbewusstsein wieder aufhilft.
Grandios die Kulisse des Films, für
die Lewis die Pension als ein fantastisches, auf allen Etagen einseh- und
bespielbares Puppenhaus ins Studio
bauen ließ.
19. 10., 21 h, Filmmuseum
1. 11., 18.30 h, Filmmuseum
THE NUTTY PROFESSOR
USA 1963, 107 Min, OF
R: Jerry Lewis, D: Jerry Lewis, Stella Stevens,
Del Moore, Kathleen Freeman
THE PATSY
In dieser Jekyll-und-Hyde Variante
besitzt das Alter Ego des genial-tollpatschigen und gefährlich experimentierfreudigen Chemieprofessors
Kelp alles, was diesem fehlt: Buddy
Love ist ein Frauenheld, gutaussehend, cool – und dennoch ein Monster. Lewis verdichtet dieses Paradox
in einer zentralen Sequenz: Nach
Kelps erster Verwandlung verengt
sich der Fokus der subjektiven Kamera auf seinen Blick, mit dem er
die entsetzte Reaktion der Passanten
auf seine Person wahrnimmt. Doch
statt der erwarteten grausigen
Missgestalt schockiert uns nach dem
Perspektivwechsel das makellose
Äußere von Buddy Love.
24. 10., 21 h, Filmmuseum
9. 11., 20.45 h, Filmmuseum
LIVING IT UP
USA 1954, 94 Min, OmschwedU
R: Norman Taurog, D: Jerry Lewis, Dean
Martin, Janet Leigh, Edward Arnold
Vermutlich hätte Hilfsbahnhofsvorsteher Homer Flagg (Lewis) diesen
recht unorthodoxen Weg nach New
York sogar freiwillig gewählt, um
nur endlich aus dem Kaff Desert
Hole(!) herauszukommen. Doch wer
plant schon, mit einem Güterzug in
Los Alamos zu landen, um, vermeintlich atomar verseucht, seine
«letzten Tage» als Objekt öffentlichen Mitleids in New York zu verbringen? Homer und sein Arzt und
Freund (Martin), der ihn durchaus
eigennützig als moribund diagnostiziert, ziehen in der Metropole alle
Register – bis übelmeinende Mediziner die Hiobsbotschaft verbreiten, er
sei gesund.
Vorfilm: Auszug aus
THE COLGATE COMEDY HOUR (15 Min)
24. 10., 18.30 h, Filmmuseum
9. 11., 18.30 h, Filmmuseum
spitze Stiefel – da müssen die bösen
Buben ja einknicken.
Vorfilm: Auszug aus
THE COLGATE COMEDY HOUR (11 Min)
27. 10., 16 h, Filmmuseum
17. 11., 18.30 h, Filmmuseum
PARDNERS
USA 1956, 88 Min, OmschwedU
R: Norman Taurog, D: Jerry Lewis, Dean
Martin, Lori Nelson, Agnes Moorehead
USA 1964, 101 Min, OF
R: Jerry Lewis, D: Jerry Lewis, Ina Balin,
Everett Sloane, Phil Harris
Nachdem ihr Auftraggeber, ein berühmter Komiker, verunglückt ist,
braucht sein Produktionsteam einen
neuen Star. Die Wahl fällt auf den
ungeschickten, im Alltag aber brüllend komischen Hotelboy. Doch der
ist auf der Bühne, genötigt einem
Drehbuch zu folgen, gar nicht witzig.
Erst als seine Produzenten ihn im
Stich lassen und er wieder auf sich
allein gestellt ist, kann er sein Talent
ausspielen und wird über Nacht zum
gefeierten Komiker. Unter den Stars,
die sich in Lewis’ Persiflage auf das
Showbusiness selbst spielen: Peter
Lorre in seiner letzten Rolle.
26. 10., 21 h, Filmmuseum
8. 11., 18.30 h, Filmmuseum
ROCK-A-BYE BABY
Nicht einmal das amerikanischste
aller Genres, der Western, ist vor dem
Duo Lewis und Martin sicher, und
natürlich muss es gleich die klassische Urgeschichte von der späten
Rache der Söhne sein, deren Väter
als arme Farmer von einer Mörderbande auf ihrer Ranch dahingemetzelt wurden. Doch so unklassisch
camp wie J.L., aka «Killer Jones», hat
noch kein siegreicher Sheriff je den
Kampf angetreten: Hose und Hemd
in Babyblau, weißes Flatterhalstuch
und rote bestickte, waffentauglich
USA 1958, 103 Min, OF
R: Frank Tashlin, D: Jerry Lewis, Marilyn
Maxwell, Reginald Gardiner, Salvatore
Baccaloni
Die Schauspielerin Carla, Schwarm
Claytons (Lewis) seit seiner Jugend,
schiebt ihm ihre unehelichen
Drillinge zu – und Clayton geht ganz
auf in dem unerhofften Kinderglück.
Mit welcher Hingabe er sich den Babies widmet hat bei aller Komik
etwas so Liebenswertes und Anrührendes, dass wir mit ihm zutiefst empört sind, als ein ignorantes Gericht
ihm sein Muttersein aberkennt und
die Kinder zur Adoption freigibt.
Hier ist Lewis’ Figur einmal weit
mehr als nur der sympathische kindliche Chaot, er scheint (halbwegs)
erwachsen geworden.
27. 10., 18.30 h, Filmmuseum
11. 11., 20.45 h, Filmmuseum
61
Retrospektive
SAILOR BEWARE
USA 1952, 104 Min, OF
R: Hal Walker, D: Dean Martin, Jerry Lewis,
Corinne Calvet, Marion Marshall
Nachtclubsänger Al und der hauptberufliche Hypochonder Melvin
(Martin und Lewis) landen wider
Willen beziehungsweise wider Erwarten bei der Navy. Die vermeintliche Elitetruppe zu Wasser liefert den
pittoresken Hintergrund für schmelzende Songs und perfekte Slapsticknummern, die in dem mit chaplinesker Eleganz choreografierten Boxkampf Melvins gegen ein rabiates
Schwergewicht gipfeln. Wie sagte ein
gewisser Cassius Clay einige Jahre
später: «Float like a butterfly, sting
like a bee!»; zumindest den ersten
Teil führt Lewis zur Perfektion.
25. 10., 16 h, Filmmuseum
7. 11., 18.30 h, Filmmuseum
SMORGASBORD
USA 1983, 89 Min, Omd/fU
R: Jerry Lewis, D: Jerry Lewis, Milton Berle,
Sammy Davis Jr., Herb Edelman
Lewis’ letzter Kinofilm kommt erneut
ohne Plot und ohne Handlung aus.
Der Reigen kleinerer bis größerer
Desaster aus Geschichte und Gegenwart, darunter eine äußerst effektive
Methode der Raucherentwöhnung,
illustriert vielmehr anschaulich, dass
der Wunsch Warren Effrons, seinem
Leben ein Ende zu setzen, der ihn
nach grandios gescheiterten Versuchen in die Therapie führt, durchaus
berechtigt ist. Der Schluss beschert
Effron die Heilung durch den wohl
extremsten Fall von Gegenübertragung der Psychatriegeschichte und
dem Zuschauer die Erklärung des
ominösen Titels.
Einführung: Chris Fujiwara
4. 11., 21 h, Filmmuseum
21. 11., 18.30 h, Filmmuseum
62
THE STOOGE
USA 1952, 99 Min, OmschwedU
R: Norman Taurog, D: Dean Martin, Jerry
Lewis, Polly Bergen, Marion Marshall
Zunächst ist der naive Tollpatsch Ted
Rogers (Lewis) in der Tat nur der
stooge, der Stichwortgeber für den
Sänger Bill Miller (Martin), der seinen uninspirierten Soloauftritt
durch das «spontane» Eingreifen
eines Trottels aus dem Publikum
aufzupeppen versucht. Erst spät erkennt Bill, dass sein irrwitzig komischer Partner unwillentlich zum
main act avanciert und er selbst,
gewissermaßen der Weißclown des
Gespanns, nichts ist ohne den dummen August. Mit Blick auf den Bruch
des realen Duos Martin-Lewis vier
Jahre später ein geradezu prophetischer Konflikt.
Vorfilm: Auszug aus
THE COLGATE COMEDY HOUR (10 Min)
18. 10., 18.30 h, Filmmuseum
4. 11., 18.30 h, Filmmuseum
THREE ON A COUCH
USA 1966, 109 Min, OF
R: Jerry Lewis, D: Jerry Lewis, Janet Leigh,
Mary Ann Mobley, Gila Golan
Künstler Chris Pride darf in Paris ein
Fresko malen, Freundin Elizabeth,
Psychaterin, soll natürlich mit. Doch
die möchte ihre drei männergeschädigten und darob -hassenden Patientinnen nicht im Stich lassen. Also
macht sich Chris an die «Heilung»
der drei und nähert sich ihnen als
der – wie er meint – je passgenaue
Männertyp. Einmal mehr Gelegenheit für Lewis, bravourös von einer
absurden Figur, sei es Insekten-Nerd,
Rancher oder Sport-As, zur nächsten
zu springen, bis das Karussell auseinanderfliegt – und alle Beteiligten
glücklich und zufrieden zurücklässt.
Einführung: Chris Fujiwara
30. 10., 18.30 h, Filmmuseum
14. 11., 20.30 h, Filmmuseum
WHICH WAY TO THE FRONT?
USA 1970, 96 Min, OF
R: Jerry Lewis, D: Jerry Lewis, Jan Murray,
John Wood, Steve Franken
THAT’S MY BOY
USA 1951, 104 Min, OF
R: Hal Walker, D: Dean Martin, Jerry Lewis,
Ruth Hussey, Eddie Mayehoff
Im vierten Film des bühnen- und TVerprobten odd couple Martin-Lewis
leidet Letzterer als kränkelndes Muttersöhnchen unter geradezu mythischem Vaterterror amerikanischer
Prägung: Football heißt hier der
Prüfstein wahrer Männlichkeit.
Dabei behandelt die Collegegeschichte das Thema nicht nur als Vehikel für Lewis’ komische Einlagen.
Unter Dreingabe populärer Ich-Psychoanalyse nicht zuletzt durch die
erfreulich hemdsärmelige Mitstudentin Terry bekommt die Vergötterung des starken Ego im allamerican
way of life gehörig ihr Fett weg.
Vorfilm: Auszug aus
THE COLGATE COMEDY HOUR (9 Min)
21. 10., 18.30 h, Filmmuseum
1. 11., 16 h, Filmmuseum
Die Geschichte des patriotischen
Multibillionärs Brendan Byers, der,
durch die Musterung gefallen, mittels Privatarmee in den Zweiten
Weltkrieg eingreift, kommt visuell
konsequent im Siebziger-Jahre-Styling daher. Speziell die Söldnertruppe selbst, in orangefarbenen Stretchanzügen oder blitzblauen Uniformen
mit roten Nylonrollis, wirkt wie aus
einer Zeitmaschine gefallen. Vielleicht ist der ganze Film ein wenig
verspätet, was aber dem Spaß an der
nach Chaplin zweitbesten Zermarterung der Teutschen Sprache durch
den als Feldmarschall Kesselring
doubelnden Byers beileibe keinen
Abbruch tut.
Einführung: Chris Fujiwara
Vorfilm: Auszug aus
THE COLGATE COMEDY HOUR (3 Min)
1. 11., 21 h, Filmmuseum
13. 11., 18.30 h, Filmmuseum
WHO’S MINDING THE STORE?
USA 1963, 90 Min, OF
R: Frank Tashlin, D: Jerry Lewis, Jill St. John,
Ray Walston, John McGiver
Norman Phiffier (Lewis), seines Zeichens zuletzt Pudelausführer, wird
im Kaufhaus Tuttle von Abteilung zu
Abteilung gereicht, um sich, so der
Wille der diktatorischen Mrs. Tuttle,
als künftiger Gatte ihrer Tochter (inkognito Fahrstuhlführerin im Tuttlekaufhaus) gründlich zu disqualifizieren. Norman tut sein Bestes, um diesem Anspruch zu genügen, aber erst
mit der finalen Zerstörungsorgie mittels wildgewordenem Staubsauger
gelingt dies beinahe – käme ihm da
nicht seine großmütige Bescheidenheit in die Quere, die sogar eine Mrs.
Tuttle erweicht.
23. 10., 21 h, Filmmuseum
3. 11., 18.30 h, Filmmuseum
YOU’RE NEVER TOO YOUNG
USA 1955, 102 Min, OF
R: Norman Taurog, D: Dean Martin, Jerry
Lewis, Diana Lynn, Nina Foch
Auf der Flucht vor einem brutalen
Diamantenräuber versteckt sich Friseurgehilfe Wilbur in einem Matrosenanzug und verleiht damit der
Kindlichkeit und Naivität dieser typischen Lewis-Figur das adäquate Äußere. Paradoxerweise führt diese Li-
zenz zur Albernheit dazu, dass Lewis
zwischenzeitlich als «erwachsener»
Wilbur – auch stimmlich – immer
mal runterkommt von seinem hochartistischen Blödelniveau und zu
dem ein oder anderen ruhigeren Moment findet. Aber keine Bange, auf
ausgefeilte Slapstickattacken und
Musicalnummern mit Partner Martin muss hier niemand verzichten.
Vorfilm: Auszug aus
THE COLGATE COMEDY HOUR (12 Min)
19. 10., 18.30 h, Filmmuseum
6. 11., 21 h, Filmmuseum
BONJOUR MR LEWIS
F 1982, 332 Min, f/eOmdU
Teil 1 (Folge 1 und 2), 113 Min
Teil 2 (Folge 3 und 4), 111 Min
Teil 3 (Folge 5 und 6), 108 Min
R: Robert Benayoun
THE COLGATE COMEDY HOUR
USA 1950–55, OF
Die vom Sender NBC in den Jahren
1950 bis 1955 produzierte, jeweils
einstündige Live-Sendung THE COLGATE COMEDY HOUR zählt zu den
Klassikern der amerikanischen TVGeschichte. Unter wechselnden Gastgebern traten Jerry Lewis und Dean
Martin in allen sechs Staffeln auf.
Ihre Sketches orientierten sich –
fernsehgerecht – an ihren Bühnennummern, mit viel Platz für Improvisation und Reaktion auf Kamera und
Publikum. Angesichts etwa ihrer
adhoc Verwandlung in Deutsch radebrechende Nazispione oder auch der
großartigen Persiflage auf COME
BACK, LITTLE SHEBA mit Burt Lancaster himself wollen einem diese
Ferseharbeiten als das Beste scheinen, was sie als Duo je geliefert
haben.
Ausgewählte Auszüge aus dem
TV-Programm THE COLGATE COMEDY HOUR
werden vor einzelnen Filmen gezeigt
Die tiefe Verehrung Robert Benayouns für den ungekrönten König des
Slapstick und der entfesselten Albernheit dürfte mit seiner eigenen
Affinität zum Surrealismus zu tun
haben, dem er sich in den vierziger
Jahren anschloss und der ihn dazu
anregte, sich neben Lewis mit weiteren Großmeistern der absurden
Komik, wie den Marx Brothers und
Buster Keaton, zu beschäftigen. In
sechs Folgen vertieft sich Benayoun,
der lange Jahre als Filmkritiker in
Paris verbrachte, in die verschiedenen Aspekte des Wirkens und der
Persönlichkeit des Komikers und
durfte sich dabei augenscheinlich
des schier unerschöpflichen Vorrats
an nicht verwendetem oder privatem
Filmmaterial bedienen, das Lewis,
der angeblich keinen Meter Zelluloid
wegwirft, in seinem Keller hortete.
Neben den Interviews, in denen renommierte Kollegen von Mel Brooks
über Scorsese bis John Landis und
immer wieder Lewis selbst zu Wort
kommen, sind es insbesondere diese
raren und teils verblüffenden Bilder,
die einen neuen, geschärften Blick
auf Lewis als Filmarbeiter wie als
Mensch ermöglichen.
25. 10., 18.30 h, Filmmuseum (Teil 1)
in anwesenheit von pierre p Kalfon
(produzent).
26. 10., 16 h, Filmmuseum (Teil 2)
28. 10., 16 h, Filmmuseum (Teil 3)
30. 10., 16 h, Filmmuseum (Teil 1)
31. 10., 16 h, Filmmuseum (Teil 2)
2. 11., 16 h, Filmmuseum (Teil 3)
FÜR DEN INHALT VERANTWORTLICH Alexandra Seitz, Paolo Calamita TEXTE Hans Hurch, Gerhard Midding, Thomas Mießgang, Lars
Penning, Maria Poell, Roman Scheiber, Alexandra Seitz, Verena Teissl sowie Sascha Rettig (Ferrell), Olaf Möller (García Pelayo), Ralph Umard (Torres), Andreas
Ungerböck (Asian Delights), Ernst Kieninger, Nikolaus Wostry, Karl Wratschko (Realitäten), Barbara Kronsfoth & Maria Marchetta (Retrospektive)
LEKTORAT Roland Faltlhansl GRAFIK Rainer Dempf, Fiona Fleck ANZEIGENVERKAUF Barbara Heumesser
ABBILDUNGSNACHWEIS Produktionsfirmen; Regisseure; Verleiher; Weltvertriebe; Filmdokumentationszentrum Filmarchiv Austria;
Österreichisches Filmmuseum; Filmbild Fundus, Herbert Klemens; Archivo Fotogramas; Filmoteca Española; Musée Gaumont Collection; Mark Seliger; Courtesy
of Freda Kelly; João Brites © Vila do Conde PT; Colin Douglas Grey; Vladimir Kanic
63
FÖRDERER
SPONSOREN
feSTiValzenTrale
feSTiValSpOnSOr
SONDERPUBLIKATIONEN UND FORMATE DER MEDIENPARTNER
7 Ausgaben des Viennale-Standard vor
und während des Festivals
Zwei Frühstücksfilme und ein
Viennale-Gast in «Von Tag zu Tag»
Viennale-Falter mit allen Filmen und
Terminen
Viennale-Specials mit Gästen und online
V’13-Tagebuch unter fm4.orf.at/viennale
ray Viennale Pocketguide in englischer
Sprache
o94-Spezial-Radiosendungen zum
Festival
Skip Sondernummer zur Viennale mit
Infos zu allen Filmen
Viennale-Schwerpunkt im
«Kulturmontag» am 28. Oktober
Celluloid Viennale Special mit
Background-Stories und Interviews
Programmtipps von Schauspielerinnen
und Filmproduzenten in «Wien Heute»
Eigener Festivalkanal unter
viennale.orf.at
Viennale Diary ab 13. Oktober mit
Filmhighlights und Programmtipps
Ausführliche Berichterstattung unter
derStandard.at/Viennale