Biografie und Katalog

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Biografie und Katalog
Viele Kulturen – eine Sprache
Adelbert-von-Chamisso-Preisträgerinnen und Preisträger 1985 — 2007
Viele Kulturen
eine Sprache
Adelbert-von-ChamissoPreisträgerinnen und
Preisträger 1985 — 2007
Viele Kulturen
eine Sprache
Adelbert-von-ChamissoPreisträgerinnen und
Preisträger 1985 — 2007
Der Edelmann als Bürger
Die Preisträgerinnen und Preisträger
des Adelbert-von-Chamisso-Preises der
Robert Bosch Stiftung
2007
Magdalena Sadlon
Luo Lingyuan (Förderpreis)
Que Du Luu (Förderpreis)
12
14
16
2006
Zsuzsanna Gahse
Sudabeh Mohafez (Förderpreis)
Eleonora Hummel (Förderpreis)
18
20
22
2005
Feridun Zaimoglu
Dimitré Dinev (Förderpreis)
24
26
2004
Asfa-Wossen Asserate
Zsuzsa Bánk
Yadé Kara (Förderpreis)
28
30
32
2003
Ilma Rakusa
Hussain Al-Mozany (Förderpreis)
Marica Bodrozic´ (Förderpreis)
34
36
38
2002
SAID
Catalin Dorian Florescu (Förderpreis)
Francesco Micieli (Förderpreis)
Harald Weinrich (Ehrengabe)
40
42
44
46
2001
Zehra Çırak
Radek Knapp (Förderpreis)
Vladimir Vertlib (Förderpreis)
Imre Kertész (Ehrengabe)
48
50
52
54
2000
Ilija Trojanow
Terézia Mora (Förderpreis)
Aglaja Veteranyi (Förderpreis) †
56
58
60
1999
Emine Sevgi Özdamar
Selim Özdogan (Förderpreis)
62
64
1998
Natascha Wodin
Abdellatif Belfellah (Förderpreis)
66
68
1997
Güney Dal
José F.A. Oliver
Jirí Grusa (Ehrengabe)
70
72
74
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Seit 1985 würdigt die Robert Bosch Stiftung mit dem Adelbert-von-Chamisso-Preis
deutsch schreibende Autoren nichtdeutscher Muttersprache. Die Auszeichnung
wird jährlich im Rahmen einer Festveranstaltung in München vorgenommen.
^
Die Robert Bosch Stiftung ist eine der großen unternehmensverbundenen
Stiftungen in Deutschland. Sie konzentriert sich in ihrer Arbeit auf die Bereiche
Wissenschaft, Gesundheit, Völkerverständigung, Bildung, Gesellschaft und Kultur.
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Grußwort
1996
Yoko Tawada
Marian Nakitsch (Förderpreis)
76
78
1995
György Dalos
Lásló Csiba (Förderpreis)
80
82
1994
Dante Andrea Franzetti
Dragica Rajcic´ (Förderpreis)
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84
86
1993
Rafik Schami
.
Ismet Elçi (Förderpreis)
88
90
1992
Adel Karasholi
Galsan Tschinag
92
94
1991
Libuse Moníková †
SAID (Förderpreis)
1990
Cyrus Atabay †
Alev Tekinay (Förderpreis)
98
100
1989
Yüksel Pazarkaya
Zehra Çırak (Förderpreis)
102
48
1988
Elazar Benyoëtz
ç
Zafer Senocak
(Förderpreis)
104
106
1987
Franco Biondi
Gino Chiellino
108
110
1986
Ota Filip
112
1985
Aras Ören
Rafik Schami (Förderpreis)
114
88
Bibliografien
116
Viele Kulturen – eine Sprache
Der Katalog der Adelbert-von-Chamisso-Preisträger erscheint nunmehr in
seiner fünften aktualisierten und überarbeiteten Auflage. Er dokumentiert
einen Literaturpreis, mit dem die Robert Bosch Stiftung seit 1985 deutsch
schreibende Autoren nicht deutscher Muttersprache auszeichnet, und der im
deutschsprachigen Raum in seiner Ausrichtung einzigartig ist.
Die ausgezeichneten Autoren haben ganz unterschiedliche kulturelle
Hintergründe und sind durch Arbeitsmigration, Asyl, Exil oder Studium nach
Deutschland gekommen. Eines aber verbindet sie: Die deutsche Sprache, in
die sie eingewandert sind und die sie zu ihrer eigenen und wichtigsten Ausdrucksform gemacht haben. Dieser Wechsel in die deutsche Sprache geht
dabei weit über deren Alltagsgebrauch hinaus. Er vollzieht sich in künstlerischer und literarischer Aneignung und macht das Werk der Adelbert-vonChamisso-Preisträger zu einem selbstverständlichen Bestandteil der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur.
Der Preis dokumentiert, dass Literatur und Sprache der Verständigung
zwischen den Kulturen dient – in Deutschland, in Europa und darüber hinaus.
Die Chamisso-Preisträger, die wie Elazar Benyoëtz und Galsan Tschinag nicht
in Deutschland leben und wirken, fördern mit ihren Werken den internationalen Gebrauch des Deutschen als Bildungssprache. Die im deutschen Sprachraum tätigen Preisträger sind Beispiele dafür, wie die Kultur derjenigen, die
hier eine neue oder zweite Heimat gefunden haben, mit der unseren zusammenfindet.
96
40
Die Chamisso-Preisträger sind nicht nur hervorragende Schriftsteller und
Vertreter der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur, sondern haben auch
eine wichtige Vorbildfunktion, insbesondere für Jugendliche mit Migrationshintergrund. Uns allen ist deutlich geworden, welche zentrale Rolle die
Sprache für gelingende Integration spielt. Ohne ausreichende Sprachbeherrschung ist ein Leben und Arbeiten in der Gesellschaft nicht möglich.
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Die Jury 2006/07
György Dalos, Berlin
Clemens-Peter Haase, München
Ina Hartwig, Frankfurt a. M.
Florian Höllerer, Stuttgart
Tilman Krause, Berlin
Hubert Spiegel, Frankfurt a. M.
Ludwig Steinherr, München
Es war die kluge Initiative Harald Weinrichs, die Robert Bosch Stiftung von
der Einrichtung des Adelbert-von-Chamisso-Preises zu überzeugen. Seit der
ersten Preisverleihung 1985 an Aras Ören und Rafik Schami sind insgesamt
46 Schriftsteller aus über zwanzig Herkunftsländern ausgezeichnet worden.
Wurde die mit dem Preis gewürdigte Literatur seit den 80er Jahren zunächst
noch »Gastarbeiterliteratur«, später »Migrationsliteratur« genannt, so ist sie
heute zu einem selbstverständlichen Bestandteil deutscher Gegenwartsliteratur geworden, die nicht selten auch als »Chamisso-Literatur« bezeichnet
wird.
Die seit 1997 verliehene »Ehrengabe zum Adelbert-von-Chamisso-Preis der
Robert Bosch Stiftung« wurde bisher an drei Persönlichkeiten vergeben, die
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Grußwort
durch ihr Lebenswerk in besonderer Weise im Sinne des Preises gewirkt
haben: Jirí Grusa, Imre Kertész und Harald Weinrich.
Der Edelmann als Bürger
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Die lebhafte Resonanz auf die zahlreichen von der Stiftung angeregten und
unterstützten Lesungen der Preisträger an Schulen, Büchereien und Theatern
im gesamten deutschsprachigen Raum zeigt das hohe Interesse an dieser
Literatur. Es macht den besonderen Charakter des Adelbert-von-ChamissoPreises aus, dass er nicht allein in einer Prämierung besteht, sondern durch
eine Begleitförderung das Lesen der Autoren gerade an Schulen möglich
macht.
Die Robert Bosch Stiftung veranstaltet in unregelmäßigen Abständen
Chamisso-Tage, die an unterschiedlichen Orten im deutschsprachigen Raum
durchgeführt werden, zuletzt 2003 in Basel. Sie vergibt darüber hinaus Arbeitsstipendien an die Preisträger und fördert eine Chamisso-Poetikdozentur an
der Technischen Universität Dresden.
Dieser Katalog begleitet eine Fotoausstellung zu den Preisträgern, die in
Zusammenarbeit mit dem Goethe Institut im deutschsprachigen Raum und
bereits in weiten Teilen Europas präsentiert wurde.
Der Erfolg eines Preises basiert vor allem auf der klugen Auswahl der Preisträger. Allen ehemaligen und gegenwärtigen Mitgliedern der Jury sei an
dieser Stelle für ihre weitsichtige und kompetente Arbeit gedankt.
Dieter Berg
Vorsitzender der Geschäftsführung der Robert Bosch Stiftung
Stuttgart, Februar 2007
Adelbert von Chamisso hatte mehr Glück als viele politische Emigranten
unserer Tage. Der gebürtige Franzose fand eine neue Heimat in Berlin, er
baute sich eine bürgerliche Existenz auf, wurde noch zu Lebzeiten als Dichter
deutscher Sprache und im internationalen Wissenschaftsbetrieb als Naturforscher anerkannt. Doch Chamisso vergaß nie, wie wenig selbstverständlich
sein Einwandererschicksal war.
Mit elf Jahren wurde der Grafensohn aus einer heilen Kindheitswelt in die
Kriegswirren nach der Französischen Revolution hineingezogen. »Von Stadt
zu Stadt, von Land zu Land irrend, ohne Bindungen, ohne Vaterland, fast
ohne Hoffnung, die Stütze der Elenden, habe ich das Unglück kennengelernt;
kaum war es mir vergönnt, den Erzeugern meiner Tage nützlich zu sein. An
ihr Schicksal gebunden und ihren Schritten folgend, habe ich Brabant, Holland,
das Reich durchmessen; überall bot sich ein Bild des Unglücks meinen Augen;
überall fand ich Landsleute von allerhöchstem Rang ins Elend gestürzt«,
heißt es in einem Schulaufsatz Chamissos. Vier Jahre irrte die Familie durch
Europa, ehe sie 1796 in Berlin eine dauerhafte Zuflucht fand. Vorher waren
die bis heute üblichen Schwierigkeiten zu bestehen: Die preußische Polizei
drohte den unerwünschten Gästen mit Abschiebung. Doch der alte Adelstitel
der Chamissos galt noch etwas im konservativen Preußen, das sich am ersten
Koalitionskrieg gegen die französischen Revolutionsheere beteiligt hatte. Die
Familie fand in Berlin Anschluß an die französische Kolonie der Hugenotten
und an den preußischen Hof. Adelbert konnte das Französische Gymnasium
besuchen, diente als Page bei der Königin und trat 1798, mit siebzehn Jahren,
als Fähnrich in die preußische Armee ein.
Wie aus dem Flüchtlingskind
Adelbert von Chamisso ein
politischer Dichter deutscher
Sprache wurde
Von Michael Bienert
Den Stammsitz der Familie, Schloß Boncourt in der Champagne, hatte der
französische Staat beschlagnahmt und 1793 zum Abbruch durch die Bauern
der Gegend freigegeben.
Ich träum als Kind mich zurücke
Und schüttle mein greises Haupt;
Was sucht ihr mich heim, ihr Bilder,
Die lang ich vergessen geglaubt?
Adelbert von Chamisso,
Jugendbildnis eines
unbekannten Künstlers
beginnt ein großes Gedicht von Chamisso mit dem Titel »Das Schloß
Boncourt«. Es beschwört die verlorenen Orte der Kindheit: die malerischen
Türme und Zinnen der Burg, die Steinbrücke zum Tor, die Wappenschilder
und den Feigenbaum im Schloßhof, schließlich die Gräber der Vorfahren in
der Burgkapelle. In den letzten drei Strophen nimmt das Gedicht jedoch eine
unerwartete Wendung:
6
7
Über Adelbert von Chamisso
So stehst du, o Schloß meiner Väter,
Mir treu und fest in dem Sinn,
Und bist von der Erde verschwunden,
Der Pflug geht über dich hin.
Sei fruchtbar, o teurer Boden,
Ich segne dich mild und gerührt,
Und segn’ ihn zwiefach, wer immer
Den Pflug nun über dich führt.
Mit dieser Geste der Aussöhnung könnte das Gedicht enden. Doch bei der
melancholischen Schickung ins Unvermeidliche mochte es Chamisso nicht
belassen:
Ich aber will auf mich raffen,
Mein Saitenspiel in der Hand,
Die Weiten der Erde durchschweifen,
Und singen von Land zu Land.
»Auf der Weltreise«
Illustration zu Peter Schlemihls
wundersame Geschichte, 1835
8
Für den Emigranten gibt es kein Zurück in den Zustand vor der Flucht oder
Vertreibung, es sei denn in der Erinnerung: Von diesem Bewußtsein war der
Dichter Chamisso durchdrungen – und vom Willen, etwas in die Zukunft weisendes aus seiner Lebensgeschichte zu machen. Dieses Motiv findet sich auch
in seinem bekanntesten Werk, in Peter Schlemihls wundersamer Geschichte.
Mit dem Mann, der seinen Schatten verkauft hat, geht es so lange bergab, wie
er sich an die Hoffnung klammert, er könne wieder in seinen alten Zustand
zurückkehren. Am Wendepunkt der Geschichte verzichtet Schlemihl auf den
Reichtum und seinen Schatten, wird dafür mit dem Zufallsgeschenk der Siebenmeilenstiefel belohnt und findet seine neue Lebensaufgabe als Naturforscher.
Die romantischen Märchenmotive täuschen nicht darüber hinweg, daß dies
eine Story aus dem Geist der Aufklärung ist: Der Held befreit sich vor allem
durch Einsicht und eigene Anstrengung aus der selbstverschuldeten Misere.
Wie Schlemihl fühlte sich der Deutschfranzose Chamisso in Berlin viele
Jahre als Außenseiter der Gesellschaft. Als 1806 die Truppen Napoleons in
Preußen einmarschierten, verschärfte sich seine Isolation. Zwei Jahre später
quittierte er den Dienst in der preußischen Armee. Peter Schlemihls wundersame Geschichte schrieb Chamisso im Sommer 1813 auf einem Landgut in
Brandenburg, wo ihn Freunde wegen der aufgeheizten Volksstimmung während der Befreiungskriege gegen Napoleon versteckten. Kurz zuvor hatte
sich Chamisso entschlossen, statt der Literatur die Naturwissenschaften zu
seinem Hauptberuf zu machen. Es scheint paradox und hat doch seine Folgerichtigkeit, daß Chamisso, bis zu diesem Zeitpunkt ein epigonaler Verseschmied, ab diesem Zeitpunkt zu einer eigenständigen Stimme der Weltliteratur geworden ist.
In den Jahren 1815 bis 1818 reiste Chamisso als Naturforscher auf einem russischen Expeditionsschiff rund um die Welt. Dieses Abenteuer und seine wissenschaftlichen Erkenntnisse sicherten dem Außenseiter eine breite gesellschaftliche Akzeptanz, die er bis dahin nur im engeren Kreis von Freunden
erfahren hatte. Eine Anstellung im Botanischen Garten von Berlin ermöglichte
es ihm, eine Familie zu gründen. Aus dem mißtrauisch beäugten Immigranten
mit Adelstitel wurde ein geachteter preußischer Bürger. Chamisso selbst war
sehr stolz, daß er seinen bescheidenen Wohlstand nicht Adelsprivilegien verdankte, sondern sich alles selbst erarbeitet hatte:
Willst deines Hauses Glanz du aufrecht halten –?
Laß rosten deiner Väter Schild und Schwert;
Die tun es nicht, die geben nicht den Wert,
Die Zeit ist abgelaufen, wo sie galten.
Das Neue wird. Das Alte muß veralten.
Die Meinung hat im Lichten sich verklärt
Und von der rauhen Faustkraft abgekehrt,
Das Wort ist’s, der Gedanke, welche walten.
Der liberale Bürger Chamisso träumte von einer Welt, die sich nicht durch
Kriege und Revolutionen, sondern im Streit der Meinungen fortentwickelte.
»Die Mauern von London mit ihren politischen Plakaten sind für den Fremden, der seinen Augen nicht traut, das märchenhaft wundersamste, das
unglaublichste Buch, das er je zu sehen bekommen kann«, schreibt er voller
Bewunderung in seinem Lebensbericht Reise um die Welt. Für jede Form von
Zensur hatte Chamisso nur Verachtung übrig. Selbst ein Opfer der Französischen Revolution, wurde er als erwachsener Bürger zum poetischen Anwalt
ihrer Ideale. Neben Schauerballaden und Liebeslyrik verfaßte Chamisso politische Gedichte von großer Härte. »Der Invalid im Irrenhaus« heißt eines, ein
Sinnbild des Verrats der herrschenden Königshäuser an ihren Untertanen.
Während der Befreiungskriege gegen Napoleon hatten sie ihren Völkern größere Freiheiten versprochen, doch auf den Triumph folgte eine Phase der
politischen Restauration. In Chamissos Gedicht lehnt sich ein Soldat, der in
der Völkerschlacht bei Leipzig verwundet wurde, dagegen auf:
Papilio chamissonis.
Zahlreiche Pflanzen und Tiere,
die Chamisso entdeckt und
bestimmt hat, tragen seinen
Namen.
Schrei ich wütend noch nach Freiheit,
Nach dem bluterkauften Glück
Peitscht der Wächter mit der Peitsche
Mich in schnöde Ruh zurück.
Ähnlich drastisch sind Chamissos sozialkritische Gedichte. So schildert er in
»Der Bettler und sein Hund« die Not eines Armen, der die Hundesteuer nicht
bezahlen kann. Der Mann bringt es nicht über sich, das Tier zu ersäufen –
lieber bindet er sich selber einen Stein um den Hals und springt ins Wasser:
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Über Adelbert von Chamisso
Er ward verscharret in stiller Stund,
Es folgt’ ihm winselnd nur der Hund,
Der hat, wo den Leib die Erde deckt,
Sich hingestreckt und ist verreckt.
Mit solchen Versen bereitete Chamisso der kämpferischen Vormärzliteratur
den Weg, ohne sich ausdrücklich als politischer Dichter zu definieren. Als
Herausgeber des Deutschen Musenalmanachs in den letzten Lebensjahren förderte er junge Talente wie Ferdinand Freiligrath, Hoffmann von Fallersleben
und setzte sich für den in Deutschland verbotenen Heinrich Heine ein. Das
führte zum Bruch mit seinem Mitherausgeber Gustav Schwab, der den
»Heineschen und jungdeutschen Teufelsdreck« verabscheute. Heine im
Pariser Exil seinerseits rühmte den älteren Chamisso als einen der »eigentümlichsten und bedeutendsten modernen Dichter«, der »weit mehr dem jungen
als dem alten Deutschland« angehöre.
Adelbert von Chamisso,
R. Schoebel nach einem
Gemälde von Robert Reinicke
und zu Gunsten der Frau verkaufen. 150 Taler kamen so zusammen, eine
stattliche Summe. Der Sohn eines französischen Grafen, der geachtete Bürger,
der weltberühmte Wissenschaftler Adelbert von Chamisso blickte voller
Demut auf die einfache Arbeiterin:
Und ich, an meinem Abend, wollte,
Ich hätte diesem Weibe gleich,
Erfüllt, was ich erfüllen sollte
In meinen Grenzen und Bereich;
Ich wollt, ich hätte so gewußt,
Am Kelch des Lebens mich zu laben,
Und könnt am Ende gleiche Lust
An meinem Sterbehemde haben.
Aber Chamissos Lyrik paßt in keine literaturhistorische Schublade, dazu war
ihr Schöpfer viel zu eigensinnig und weltläufig. Ständig bewegte er sich zwischen den Sprachen und Kulturen. Als erster hat er Gedichte von Hans
Christian Andersen aus dem Dänischen übersetzt. Er übertrug Volkspoesie
aus exotischen Sprachen erstmals ins Deutsche und arbeitete viele Jahre an
einem hawaiianischen Wörterbuch. »Es gibt eine ursprüngliche Poesie, die
dem Menschen einwohnt, wie die Stimme den Vögeln. Das Volk läßt sich von
unbefugten Vorsängern nicht verleiten, sondern bleibt seinen Liedern getreu«,
schreibt Chamisso im Vorwort zu Gedichten »in malaiischer Form«. Die Lieder
konnten von der Natur oder der Liebe handeln, aber auch von sozialen
Spannungen, wenn diese den Alltag bestimmten. Chamisso sah keinen
unüberwindlichen Wesensunterschied zwischen Naturpoesie und politischer
Lyrik – für ihn war entscheidend, ob sie in poetischer Form etwas Wesentliches über das Leben eines Volkes zum Ausdruck brachten.
Das Ideal des Poeten verkörperte für Chamisso der französische Chansondichter Jean Pierre de Béranger. Ähnlich freche Lieder wie seine hätte
Chamisso gern in Deutschland gehört. Eine umfangreiche Übertragung von
Gedichten Bérangers war Chamissos letztes großes Werk vor seinem Tod.
»Gesinnung und Charakter sind eben die Wurzeln seiner Poesie, ohne dieselben würde er nur ein Mann von Talent sein, wie es deren andere gibt, nicht
der Dichter, der alle überragt« – dieser Satz Chamissos über Béranger gilt auch
für ihn selbst.
Schluß des Gedichtes »Zum
besten der alten Waschfrau«
in der Originalhandschrift
Chamissos aus dem Deutschen
Literaturarchiv, Marbach a.N.
»Wenn ich mich selbst nicht reich schreiben kann, so kann ich doch Andre
reich machen«, berichtet Chamisso 1838 – in seinem Todesjahr – einer Freundin. Er schrieb zwei einfühlsame Gedichte über eine greise Berliner Waschfrau, die ihre drei Kinder weitgehend allein großgezogen hatte und nun ohne
Altersversorgung war. Chamisso ließ die Gedichte auf Loseblätter drucken
10
11
Auszug aus dem Roman
Solange es schön ist
12
25.
Wie einfach das Leben ist, so überschaubar in den Bedürfnissen der Menschen, wenn man sich auf sie einläßt. So wie in jeder beliebigen Küche das
Besteck und die Gläser leicht auffindbar sind, die Toilette am Ende des
Ganges ist oder gleich um die Ecke. Und schon fühlt man sich zu Hause. Man
plaziert den Blumentopf, hängt ein Bild in die vordefinierte Ordnung, und es
paßt. Als hätte es nur auf einen gewartet, als ob man selbst von Anfang an das
Konzept erdacht hätte. Dies überlegte Johanna, während sie die soeben in
Gregors Wohnung aufgehängte Fotografie betrachtete. Darauf war eine alte
Frau zu sehen, die wahrscheinlich in einem Gastgarten, auf einem Sessel sitzend, eingenickt war.
»Das muß wirklich nicht sein«, schimpfte Gregor, der durch das Geklopfe
angelockt ins Zimmer kam. »Wir Männer suchen immer den gedeckten Tisch
und dann das Bett, und ihr seid immer am Nestbauen!«
»Soll ich es wieder abhängen?« fragte Johanna kleinlaut.
»Laß das verdammte Bild hängen. Tu mir aber bitte den Gefallen, fühl
dich zwar wie zu Hause, aber sei hier nicht zu Hause.« Und dann murmelte er:
»Wieso wollen alle Menschen mehr, als man ihnen geben kann?«
»Das habe ich gehört«, sagte Johanna. »Soll ich wieder gehen?«
»Nein, nicht wenn du bleiben willst. Ich will nur, daß alles klar ist. Von
Anfang an, verstehst?«
»Du bist also nicht verliebt in mich oder so?«
»Genau. Auch nicht oder so.«
Magdalena Sadlon
»Und was haben wir dann? Wir zwei? Zusammen?«
»Leidenschaft. Ist das nicht genug? Leidenschaft ist ansteckend, Liebe ist
vergänglich. Außerdem laufen Verliebte ständig am Strand herum und spielen Fangen auf der Wiese und im Wald und überall.« Gregor holte sich ein Bier
und setzte sich zu ihr: »Dafür bin ich nicht der Typ. Weißt, ich glaube, sogar
der Traum von einem blühenden Garten um das Nest hat bei den meisten nur
den Zweck, daß sie um ihr eigenes Haus herumlaufen können.«
»Du magst die Menschen nicht. Du magst die Natur nicht, auch keine
Blumen, oder? Alles, was ein wenig geborgen anmutet, ist dir zuwider. Du
magst nicht berührt werden, weder vom Leben noch von irgendwem.«
»Die Natur und die Geborgenheit sind zwei völlig verschiedene
Baustellen.«
»Für mich nicht.«
»Ich weiß, du gestrandetes Küstenkind.« Er zog sie an sich, küßte ihre
Augen, als würde er einem Kind die Tränen wegküssen. »Glaub mir, man ist
nur in die Euphorie verliebt, die das Verliebtsein in einem auslöst. Letztlich
geht man niemandem ab.« Er prüfte die Wirkung seiner Rede in ihrem
Gesicht, konnte aber nichts herauslesen. »Auch ein Gedicht besteht nicht aus
Gefühlen, sondern bloß aus Worten.«
Johanna sah ihn abwesend an. »Für mich ist die Liebe die Vorstellung,
jemand steht fünf Minuten früher auf und macht, daß die Sonne scheint.«
»Das klingt wie aus dem Kinderfernsehen«, sagte Gregor abwehrend. »Es
dreht sich nur um die Illusionsbildung der Liebe, die sich über das Reale hinwegsetzt. Und ich, mein Schatz, brauche für diese kurzen Selbstbetrug nicht
noch jemanden zweiten. Das wäre mir zu anstrengend.«
»Ich glaube, anstrengend ist, zu sein wie du. Dein fest verfugtes Gerüst,
wie aus Badezimmerfliesen oder unverrückbaren Pflastersteinen, ist eine
hohle Wand aus Sprüchen, die nur den ganzen Schrott aus Beziehungsangst
verdecken sollen, der darunterliegt.« Johanna ging ins Badezimmer und
wusch einige Male ihr Gesicht mit kaltem Wasser ab. Gregor folgte ihr wie ein
Hündchen. Er lehnte sich an den Türrahmen: »Nein, Frau Gscheit, ich brauche wirklich niemanden zum Zusammensein, zum Lieben. Ab und zu brauche
ich vielleicht jemanden, um mich abzugrenzen.« Er zog, mit einer Hand, ihr
nasses Gesicht zu seiner Schulter und griff ihr hart an die Brust. »Körperkontakt
ja, aber Vorsicht, der Körperkontakt ist auch Machtspiel, denn er erzeugt den
Impuls zur Monogamie.«
Johanna entwand sich seiner groben Umarmung und fuhr mit einem
Finger einige Fugen zwischen den Kacheln ab, dann zwängte sie sich an ihm
vorbei und ging ins Zimmer. Gregor folgte ihr: »Und Monogamie ist sicher
nicht der Versuch, sein Gegenüber zu verstehen, es zu befriedigen. Monogamie ist das Bedürfnis, sich den anderen einzuverleiben, um ihn anschließend
selbst zu verkörpern. Schau dir die alten Pärchen an, wie die einander gleichen!«
»Es ist einfach, eine schöne Frau zu streicheln«, sagte Johanna verächtlich.
© Markus Kirchgessner
Adelbert-von-Chamisso-Preis 2007
geboren 1956 in Zlaté Moravce,
Slowakei. 1968 emigrierte sie mit
der Familie nach Österreich. Nach
dem Studium der Slawistik an der
Universität Wien und der Schauspielausbildung am Brucknerkonservatorium Linz arbeitete sie
seit 1981 am Theater (dem Kellertheater Linz, am Musischen Zentrum und für freie Gruppen) sowie
bei Experimentalfilmen an der
Filmakademie Wien. Außerdem
übersetzte sie aus dem Slowakischen für Lesungen, Zeitschriften
und den Rundfunk. Seit 1984 lebt
sie als Schriftstellerin in Wien,
Niederösterreich und der Slowakei.
Neben ihren Büchern hat sie Lyrik
und Prosa in einer Reihe von Zeitschriften und Anthologien veröffentlicht.
Magdalena Sadlon erhielt zahlreiche Auszeichnungen (1990 und
1999 den Anerkennungspreis des
Landes Niederösterreich, 1990
den Förderungspreis der Stadt
Wien, 1992 den Theodor-KörnerPreis) und Stipendien (u.a. 1993
das Staatsstipendium für Literatur, 1996 das Wiener Autorenstipendium und 2000 das Aufenthaltsstipendium im Künstlerhaus
Schloß Wiepersdorf).
--> Bibliografie S. 123
13
Ein deutsches Kopfkissen
Ausschnitt aus dem unveröffentlichten Erzählband
Nachtschwimmen im Rhein
14
Ein großes deutsches Kopfkissen von den Ausmaßen eines Kaffeehaustisches
liegt mit hochgewölbtem Bauch am oberen Ende des Bettes. Wie ein großer
Hexenmeister einen kleinen übersieht, so blickt es hochmütig auf das flache,
kaum DIN-A4 große chinesische Kissen an seiner Seite und den darauf gebetteten Kopf der kleinen Chinesin hinweg. In diesem glänzt ein rundes nachtschwarzes Augenpaar, das im fahlen Dämmerlicht starr auf das bedrohliche
Monstrum gerichtet ist. Plötzlich hebt sich der Arm der kleinen Chinesin und
saust mit aller Kraft auf das neben ihr liegende Kopfkissen. »Puff« entweicht
die Luft aus dem von der schlanken Hand platt geschlagenen großen Kopfkissenbauch. Befriedigt kehrt die Hand zurück unter die Bettdecke. Die
schwarzen Augen schließen sich für eine Sekunde, öffnen sich und starren
erneut auf das Kopfkissen.
Yuchi Yuni traut ihren Augen nicht: Im Nu hat sich das große Kopfkissen
wieder mit Luft gefüllt und seine ursprüngliche Gestalt angenommen. Sogar
das Wiedereinströmen der Luft glaubt Yuni vernommen zu haben. Es ist so
weiß und prall wie der Bauch einer Schwangeren und plustert sich so vornehm
auf, als sei es von einzigartiger Kostbarkeit.
Yuni erträgt es nicht länger, sie wirbelt im Bett herum, zieht die Beine an
und katapultiert sie nach vorn. Das Kissen macht einen Purzelbaum, dreht sich
noch einmal und plumpst auf den Boden. Die Welt vor Yunis Augen ist plötzlich viel größer geworden und die Beklemmung in ihrer Brust ist gewichen.
In der nächtlichen Dunkelheit vor ihrem Fenster ist schon lange niemand
mehr vorbeigekommen. Lediglich das gleichmäßige Geräusch der Autos im
Kreisverkehr dringt an ihr Ohr. Die Bewohner der Wielandstraße rings herum
schlummern längst und auch das Liebespaar im Hinterhof, das häufig mitten
in der Nacht und stets bei offenem Fenster seine Lust herausschreit, ist nach
der heutigen Runde friedlich in Schlaf gesunken. Yuni jedoch wälzt sich noch
immer schlaflos hin und her.
Endlich hört sie ein Motorrad am oberen Ende der Straße auf. Das ist gewiss ihr heimkehrender Freund »Balla Balla«. Aber das Motorrad knattert am
Fenster vorbei, ohne anzuhalten und das Motorengeräusch wird wieder leiser. Yuni sinkt in sich zusammen. Die Enttäuschung liegt ihr wie ein gewaltiger Kloß in der Brust.
Als das Motorrad endgültig weg ist, verlässt sie das Bett. Drei Uhr morgens.
Yuni öffnet das Fenster, lehnt sich hinaus und blickt auf die Straße. Im fahlgelben Licht der Straßenlaternen ist keine Menschenseele zu sehen. Nach
einer ganzen Weile vernimmt sie Schritte, die langsam näher kommen. Es
scheint sich um einen Betrunkenen zu handeln, die Schritte sind abwechselnd
Luo Lingyuan
leicht und schwer. Eine Flasche zerschellt auf dem Boden, und am anderen
Ende der Straße fängt ein Hund an zu bellen. Der Betrunkene regt sich darüber
auf und fängt an zu schimpfen. An seiner kaputten Stimme, die aus einer vom
Alkohol zerlöcherten Kehle zu kommen scheint, erkennt Yuni den
Hausmeister.
Im Fenster des kleinen Puffs schräg gegenüber sind kleine rote Lämpchen zu einem Herz angeordnet und blinken hinaus in die Nacht. AN – AUS –
AN – AUS. Komm rein, komm rein. AN – AUS – AN – AUS. Komm rein, hier
schlägt noch ein Herz.
Yuni schaut eine Weile zu. Wer da wohl drin ist? Seit einem Jahr wohnt sie
jetzt hier in diesem Land, in dieser Straße, in dieser Wohnung, aber an das
Bordell da drüben kann sie sich nicht gewöhnen.
Sie will gerade zurück ins Bett gehen, als plötzlich die Tür des Puffs aufgerissen wird. Ein Mann mit kurzem Haar kommt heraus. Sie glaubt das Gel
riechen zu können, das auf seinem Kopf glänzt. Yuni beugt sich weit vor. Sie
möchte wirklich gern wissen, wie ein Mann aussieht, der mitten in der Nacht
aus einem Puff kommt. Der Mann senkt jedoch den Kopf und steckt sich eine
Zigarette an. Er schlendert in aller Seelenruhe und selbstzufrieden davon,
biegt um die Ecke und ist verschwunden.
Yuni schließt das Fenster und geht in die Küche, um Wasser für eine heiße
Sojamilch aufzusetzen. Neben dem Herd hängt ein Kalender, die Markierung
steht auf dem 7. Juni. Wütend dreht sie den Kalender zur Wand und knipst das
Licht aus. Die zischende blaue Flamme des Gasherds beleuchtet die Küche.
Wird es draußen schon hell?
Als sie die Sojamilch getrunken hat und gerade wieder ins Bett gehen will,
hört sie, wie sich langsam ein Schlüssel im Schloss dreht, jemand hereinkommt und seine Schuhe auszieht. Die Person macht kein Licht. Leise und
vorsichtig schleicht sie den Flur entlang. Als der Umriss des Mannes in der
Küchentür sichtbar wird, sagt Yuni: »Guten Morgen, Schatz«.
Der Mann ist gerade dabei, behutsam ein Bein vorzustrecken, um mit den
Zehen nach den verräterisch knarrenden Dielen zu tasten. Als er jetzt plötzlich angesprochen wird, erschrickt er zu Tode. Es dauert fast zwei Sekunden,
bis er die Kontrolle über seinen Körper wiedergewinnt und den Kopf zur
Küche hin dreht. In der Dunkelheit erkennt er den schemenhaften Umriss der
jungen Frau, die am Küchentisch sitzt.
© Markus Kirchgessner
Adelbert-von-Chamisso-Förderpreis 2007
geboren 1963 in der Volksrepublik
China. Sie studierte Computerwissenschaften und Journalismus
und lebt seit 1980 in Berlin. Seit
1992 Veröffentlichungen in chinesischer und deutscher Sprache in
Zeitschriften und Anthologien. Sie
erhielt mehrere Stipendien wie
das Alfred-Döblin-Stipendium der
Akademie der Künste in Berlin,
2000, das Arbeitsstipendium des
Berliner Senats, 2001, das Stipendium des Literarischen Colloquiums Berlin, 2002, und das Aufenthaltsstipendium der Stiftung
Künstlerdorf Schöppingen, 2003.
--> Bibliografie S. 120
15
Que Du Luu
Tassen einsammeln ist ein Beruf, sagt er zu sich selbst, als niemand ihn
hört. Man muss ihn erlernen, Talent besitzen und selbständig sein.
Das Geschenk
Auszug aus einer unveröffentlichten Erzählung
Weiße Tassen. Unverziert, ungekünstelt. Unterschiedslos wie alle unbenutzten Dinge. Wie unbenutzte Schreibhefte und Taschentücher. Die umgedrehten Tassen stehen in der Palette: runde Körper quadratisch angeordnet. Ohne
Köpfe und Beine. Mit einem Arm in die geradlinige Taille gestemmt.
Die Trinker greifen den Arm, drehen den Körper um, beäugen ihn. Etliche
Male wurde er gefüllt und ausgeschlürft, jetzt sieht er wieder jungfräulich
aus.
Sie stellen die Tasse auf das Gitter unter die Düse ab. Kaffee sprudelt hinein wie aus einer erhitzten Kuh, fast unberührt durch einen Knopfdruck gemolken. Der Kaffee dampft, schwappt beim Gehen leicht über den Tassenrand.
Die Tasse bleibt in der Cafeteria oder wird quer durch die weiträumige Halle
getragen, in Säle und Räume, zu den Sitzplätzen auf der Galerie. Sie wird auf
Tischen abgesetzt, bleibt manchmal in der Hand. Wird gedreht und gestreichelt, nur aus Langeweile.
Später gehen die Trinker bis zum Ende der Halle und stellen die Tasse ins
Automatenhäuschen. Auf der Scheibe kreist sie, verschwindet aus dem Blick.
Sie kehrt nicht zurück. Stattdessen kommt ein weißer Bon oben heraus. Sein
Wert ist immer gleich, egal ob die Tasse leer ist oder nicht. Inhalt ist überflüssig.
Die Cafeteria tauscht Geld gegen Bons.
Manchmal werden die Tassen nicht zum Automaten gebracht. Sie stehen vereinzelt herum. Achtlos und auf nichts wartend. Sie verrotten nicht. Weil sie
im trockenem Uni-Gebäude stehen. Weil sie robust sind. Weil der Tassensammler umhergeht.
Ich arbeite in der Universität, sagt er zu den Menschen außerhalb. Innerhalb fragt ihn niemand. Die Putzfrauen übersehen ihn. Sie sind angestellt,
haben Schichten mit fest eingeteilten Plätzen. Professoren sitzen in Büros,
Studenten in Sälen, Verkäufer an der Kasse. Der Sammler läuft quer durch die
helle Halle, die dunklen Gänge. In Büros, Säle, Fahrstühle. Zu Toiletten und
Treppenhäusern. Umrundet die einzelnen Beton-Pfeiler.
Morgens findet er die meisten Tassen auf den Tischen der Cafeteria, wenn die
Trinker sie aus Müdigkeit dort vergessen haben. Dann sind die verschlungenen Gänge der Büros dran. Dort bringt niemand Tassen weg, es sind zu viele.
Man will nicht als Sammler gelten.
Die Wissenschaftler fühlen sich frisch, die Türen sind offen. Ihre Räume
sind voller Tassen. Sie stehen mit ihren Sekretärinnen in den Gängen, miteinander plappernd. Sie haben keinen Blick für den Sammler. Er kann ohne Einwilligung und Protest die angehäuften Tassen in seinen Beutel stecken.
Mittags bleiben Tassen in der Mensa stehen und nachmittags stellt sich
der Sammler auf die Galerie. Von da oben erspäht man Tassen, die verstreut
in der Halle liegen. Manche gönnen den Tassen Plätze in Ecken und an Wänden. Niemand steht gern mitten im Raum.
Das Automaten-Häuschen läuft bis abends. Danach muss jeder seine Tasse
mitnehmen und am nächsten Tag abgeben. Das ist mühselig. Die Geizigen
ohne Büro und Schließfach verstecken die Tassen und geben sie erst am
nächsten Morgen wieder ab. Wenn sie noch da sind.
Abends fängt die wirkliche Arbeit an. Die Suche nach den unsichtbaren
Tassen. Die Trinker verstecken ihre Tassen nicht in Sichthöhe, sondern hoch
oben oder ganz unten wie Billigware im Supermarkt. Über den Schließfächern,
unter Treppengeländern, hinter Mülleimern. Der Tassensammler muss sich
in die Trinker hinein versetzen, ihren Gedanken nachgehen. Verstecke finden. Klettern und sich verrenken. Alles in einem sein: Psychologe, Detektiv,
Sportler.
© Markus Kirchgessner
Adelbert-von-Chamisso-Förderpreis 2007
geboren 1973 in Cholon/Vietnam
als Kind einer chinesischen Familie. Seit 1976 lebt sie in Deutschland, zuerst in Herford, jetzt als
Studentin der Germanistik und
Philosophie in Bielefeld. Vor und
parallel zu ihrem Studium hatte
sie viele unterschiedliche Jobs,
unter anderem als Nachtwache in
der Psychiatrie und als Altenpflegerin, in der Gastronomie und als
Lektoratsassistentin für Reiseliteratur.
Seit 2002 veröffentlicht sie Erzählungen in Zeitschriften und Anthologien (zuletzt in Männlichkeitsrituale. Handkuss und Verbeugung,
der Publikation zum 16. WürthLiteraturpreis)
www.qluu.vu
--> Bibliografie S. 120
Die benutzten Tassen unterscheiden sich wie die Trinker. Die Korrekten und
die Gierigen trinken ihren Kaffee ganz leer. Auf dem Tassenboden sieht man
nur noch eine verblasste Spur. Pingelige lassen eine Pfütze drin, aus Angst
vor dem Kaffeesatz, der sich unten ansammelt.
Achtlose Raucher trinken nur die Hälfte und werfen ihre Zigarettenstummel hinein, als wollten sie eine Hexenbrühe kochen. Elegante Frauen
hinterlassen rote Lippenstiftspuren und Menschen mit trockener Haut
Labella-Abdrücke.
Klebrige Tassen stammen von Trinkern mit fettiger Haut. Duftende Tassen sind von Überparfümierten, die eitel oder unsicher sind.
Es gibt Trinker, die ihre eigenen Tassen benutzen. Unifarben, mehrfarbig
oder mit Motiven. Sie geben ihre Tassen nicht ab.
Wie kann man nur so leben? tuschelt ein alter Mann, der aussieht wie ein
Schüler, der fünfzig mal sitzen geblieben ist. Den ganzen lieben Tag nichts als
Tassen einsammeln!
Der Sammler schaut sich weiter nach Tassen um, als hätte man nicht über
ihn gesprochen.
16
17
Zsuzsanna Gahse
© Isolde Ohlbaum
Adelbert-von-Chamisso-Preis 2006
Beinahe …
(unveröffentlicht)
18
… alle im folgenden Text enthaltenen Wörter haben ein Virus. Möglicherweise stecken sie die noch intakten Nachbarwörter an, bzw. die Wörter, die
hier stehen könnten und vor lauter Angst doch nicht stehen. (Verstummungsgefahr.) — Der erste August ist ein Nationalfeiertag in der Schweiz und jeweils
mit entsprechend viel Lärm verbunden. Während in diesem Jahr am Abend
farbige Raketen durch die Luft flogen, so dass kaum noch die eigene Stimme
zu vernehmen war (vernehmen ist ein besonders infiziertes Wort, wobei
»infiziert« ebenso schlecht dran ist, viele sagen »infisziert«, und damit ist das
Wort tot), kam es in Luzern zu einem Vorfall, der inzwischen Fenstersturz
genannt wird. Oder man sagt einfach »Brückli« und wer sich auskennt, weiß
Bescheid, wer sich nicht auskennt, kann nicht mitreden. Erst hieß es, eine
junge spärlich (spärlich!) bekleidete Frau habe sich zu Tode gestürzt, die
Zeitungen (Zeitungen!) meldeten dann, in der Pfistergasse (nahe dem Brückli)
sei die Puppe Olimpia aus dem Fenster gefallen und auf dem Straßenpflaster
zerschellt, und tatsächlich handelte es sich bei diesem Vorfall um eine lebensgroße Puppe. Zuvor war Olimpia mehrere Wochen lang im dritten Stockwerk
der zum Großteil rot beleuchteten Zimmerfluchten oberhalb des Restaurants
Brückli zu sehen (was für ein Satz!, aus dem kann man einem getrost einen
Strick drehen!), sie war eine Sonderanfertigung der Firma Pygmalion, stand
von den Nachmittagsstunden an am Fenster, bis in die Nacht hinein, und sie
konnte winken und nicken usw. — Über die Firma Pygmalion, Automatenhersteller, war in den Berichten nichts zu lesen. Pygmalion ist aber ein verdrehter, kaputter, liebloser, verschleierter, unehrlicher Name, und leider ist der
ursprüngliche Sinn des Namens nicht wirklich wieder herzustellen (herstellen!). Das Wort wird trotz dieser Zeilen nie mehr das sagen können, was es
einmal sagen wollte, die Bedeutung ist verloren, obwohl sie heute noch halbwegs verständlich wäre. Aber sobald jemand den Namen ausspricht und sagt,
da komme Pygmalion, sieht jeder den liebevollen, kunstvollen, verständigen
Mann, der eine Frau zum Leben erweckt und ihr obendrein seine Liebe gibt,
schenkt (schenken, einschenken, ausschenken. Und an dieser Stelle darf man
sich die Liebe des Firmenleiters zur Puppe Olimpia ausmalen.) — Der
ursprüngliche Pygmalion war kein Bildhauer. War auch nicht gerade schöpferisch. Nicht aus diesem Grunde mieden ihn die Frauen, und warum sie ihn
und ob sie ihn wirklich mieden, ist nicht bekannt. Es mag wohl (wohl!) stimmen, was dem vermeintlichen Künstler, dem Bildhauer nachgesagt wird. Dass
er eine Frau besitzen oder haben wollte, die besser (besser!) als alle wirklichen Frauen war. Warum er das wollte, ist die erste Frage. Dieser Mann hatte
insofern Pech im Leben, als daß er klein geraten war, er war pyg. Neben ihm
gab es andere Männer, die nicht größer waren und trotzdem andere Sorgen
hatten oder keine. Pygmalion hingegen wurde einmal und dann noch einmal
bei Statuen gesehen, er wurde bei Heiligenstatuen erwischt, und zwar nicht,
weil er diese Statuen (und welches Wort hier nun auch folgen mag, es kann
nicht intakt sein!) gemeißelt, geschliffen oder gehauen hätte. Er hatte sich an
diversen weiblichen Heiligenstatuen vergangen (vergangen). Aber noch in
der Vergangenheit wurde die Geschichte schnell korrigiert und verändert,
und verkehrt herum erzählt. Andererseits hat sie sich bis heute nicht so grundsätzlich umgekehrt, dass man sie nicht wieder auf die Füße stellen könnte,
und es ist bemerkenswert, dass sie (sie!) die ehemaligen Inhalte noch mitschleppt. Nur wird man hier nichts so leicht auf die Füße stellen können oder
wollen, denn irgendwo wird wieder ein weiblicher Automat herumstehen, in
einem Schaufenster, in einem Fenster, und wegen der Nachfrage und des
Angebots und weil … Lassen wir das. (Verstummungsgefahr.)
geboren 1946 in Budapest. 1956
Flucht aus Ungarn mit den Eltern,
Gymnasialzeit in Wien und Kassel.
Nach mehr als einem Vierteljahrhundert in Stuttgart lebt sie jetzt
in Müllheim/Thurgau.
Seit 1969 Veröffentlichungen in
Anthologien und Literaturzeitschriften wie Akzente, Neue Deutsche Literatur und Neue Sirene.
Seit 1987 Übersetzungen aus
dem Ungarischen von unter anderem Péter Esterházy, Miklós
Mészöly, Péter Nádas, Zsuzsa
Rakovsky, Endre Kukorelly, István
Vörös, Otto Tolnai. Texte für Bildende Kunst, Szenische Arbeiten:
»Leidlos« (UA im Kammertheater
Stuttgart 1993) und mit Christoph
Rütimann »LEVER oder die
Morgenstunde« (UA in Zug 1994),
»A.V.D.H. Ansicht Vorsicht Durchsicht Halt« (UA in Münster 1997),
»Kaktuswortfahrt« (Performance
im Engadin 2000). Sie hatte einen
Lehrauftrag (Schreibwerkstatt)
an der Universität Tübingen von
1989 – 93 und 1993 die PoetikDozentur an der Universität
Bamberg inne. Zsuzsanna Gahse
erhielt zahlreiche Stipendien
(Kunststiftung Baden-Württemberg
1983, Edenkoben, 1987, Stadtbeobachterin in Zug, 1993), und
Auszeichnungen wie den Aspekte
Literaturpreis 1984, den Stuttgarter Literaturpreis 1990 und den
Bodenseepreis der Stadt Überlingen 2004. Aufenthalt in London
als Gast der Zuger Kulturstiftung
Landis und Gyr, 2007.
--> Bibliografie S. 119
19
Aus einem Work in Progress
20
Am liebsten sind mir die Fledermäuse. Sie sind still, beweglich, vergnügt.
Tonlos fliegen sie durch die Dämmerung, flattern, machen Hängebögen in die
Luft und verschwinden schneller, als man es sich versieht. Am allerliebsten
sind mir die Fledermäuse. Ihr Flug hat eine gewisse Ähnlichkeit mit dem der
Schwalben. Jedenfalls scheint es mir so. Cátia meint, Schwalben und Fledermäuse könne man nicht vergleichen. Sie meint, das sei so, als vergleiche man
den Atlantik mit dem Bodensee. Ich frage mich, wie sie ausgerechnet auf den
Bodensee kommt. Dann frage ich Cátia. Sie sieht mich an mit ihren kleinen,
schmalen, kurzwimprigen Zauberaugen und sagt: »Das ist jetzt nicht dein
Ernst, Afonso!« Sie steht auf und rupft Unkraut oder sieht nach den Kürbissen,
obwohl gar nicht mehr genug Licht am Himmel ist, um Unkraut zu rupfen
oder nach den Kürbissen zu sehen. Also denke ich nach. Ich denke darüber
nach, was es mit dieser Verbindung von Bodensee und Atlantik auf sich hat.
Und dann fällt mir Ingrid ein.
Ingrid wohnt am Bodensee. Sie wurde dort geboren, sie lebte dort, bis sie
mit dem Studium anfing, und sie ging dorthin zurück, als ich sie verließ, sie
und Graça. Ich habe sie verlassen, beide. Habe die Kleine bei ihrer Mutter
gelassen und bin heimgefahren, zurück, hierher. Ingrid habe ich verloren.
Graça hat darauf bestanden, Treibgut zu sein: sie hat sich immer wieder in
mein Leben gespült. So lange, bis ich begriff, daß der Himmel nicht endlos
großzügig ist mit seiner Gnade, daß man auflesen muß, was er einem gibt,
daß man es hegen und pflegen muß, wie Cátia es mit ihren Kürbisse tut.
Sudabeh Mohafez
All das fällt mir ein, und natürlich verstehe ich jetzt, wieso Cátia findet,
daß man den Atlantik nicht mit dem Bodensee vergleichen kann. Ihre Mutter
brachte Cátia in einem großen Haus an der Küste zur Welt, mit Hilfe ihres
Zimmermädchens, der Putzfrau und der ortsansässigen Hebamme. Sie brachte sie im Herrenhaus eines Gutes nicht weit von hier, bei Leça, zur Welt, sozusagen im Schaumsprühen des Atlantik.
Dennoch bin ich mir nicht wirklich sicher, ob Schwalben und Fledermäuse
so unvergleichbar sind. Cátia und Ingrid jedenfalls kann man auf keinen Fall
vergleichen, und ich glaube, das war es, was sie vorhin sagen wollte.
Cátia hat genug von Kürbissen und Unkraut. Sie setzt sich neben mich auf
die Bank, legt mir die Hand auf den Schenkel und ich frage sie, ob es die Fledermäuse sind, die zum Atlantik gehören, oder die Schwalben. Dann sehen wir
hinunter aufs Wasser. Es ist Flut, und die Brandung ist hoch. Wir hören sie bis
hier oben. Wir lauschen. Vom Atlantik sind nur schaumweiße Bänder in
Schwarz zu sehen. Cátia legt sich das Wolltuch um die Schultern. Mich fröstelt.
Wir gehen ins Haus.
Beim Zähneputzen murmelt sie etwas. Ich verstehe sie nicht. Sie wiederholt es, und beim Einschlafen denke ich über ihre Worte nach.
»Es sind doch die Fledermäuse, die du liebst, Afonso. Warum stellst du so
überflüssige Fragen?«
Solche Dinge sagt sie manchmal Minuten vor meinem Schlaf. Dinge, die
mich in den Nächten wachhalten. Dann gehe ich ans Fenster. Hinter mir im
Bett webt Cátia ihr leises Schnarchen. Ich sehe in die Nacht, lausche dem
Meer und denke über Cátias Worte nach. Die Fledermäuse, das stimmt, die
liebe ich über alles.
Im Dunkeln kann Cátia sie kaum ausmachen, als ich mich zu ihr umwende. Ich will ihr sagen, daß es die Fledermäuse sind, die zum Atlantik gehören,
und daß ich gar nicht weiß, wieso ich so lange gebraucht habe, um das zu verstehen. Aber dann bringe ich es nicht übers Herz, sie zu wecken.
© Markus Kirchgessner
Adelbert-von-Chamisso-Förderpreis 2006
geboren 1963 in Teheran/Iran.
1979 Umsiedlung nach Deutschland, Abitur in Berlin, Studium der
Musik, Anglistik und Erziehungswissenschaften. Langjährige
Tätigkeit in verschiedenen Nichtregierungsorganisationen und im
Bereich der Gewaltprävention und
Krisenintervention. 1999 erste
Veröffentlichungen von Erzählungen in Literaturzeitschriften (Entwürfe, Konzepte) und Anthologien,
seit 2001 auch als Lektorin, Übersetzerin und Leiterin von Schreibwerkstätten tätig, seit 2004 für
Jugendliche mit mehrsprachigem
oder nicht-deutschsprachigem
Hintergrund. Sudabeh Mohafez
lebt als freie Autorin in Berlin und
Lissabon.
2004 erhielt sie ein Stipendium
des Berliner Senats für die Arbeit
an ihrem Roman, 2006 den WMLiteratur-Preis der FIFA für einen
Kurzroman, der in einer Schreibwerkstatt von ihr entstanden ist,
und ein Arbeitsstipendium der
Robert-Bosch-Stiftung. Für 2007
wurden ihr Stipendien der Stiftung
Preußische Seehandlung und des
Stuttgarter Schriftstellerhauses
zuerkannt, außerdem die Poetikdozentur der Fachhochschule
Wiesbaden.
www.sudabehmohafez.de
--> Bibliografie S. 120
21
Die Venus im Fenster
Auszug aus dem unveröffentlichten Romanmanuskript
Die Venus am Fenster
22
Meine Großmutter, Oma Erika, sah nicht aus, als wäre sie jemals hübsch gewesen. Sie trug ihr Haar in der Mitte gescheitelt und hinten zu einem Knoten
hochgesteckt. Sie trug es seit ihrer Jugend so, hatte mir Mutter erzählt. Erikas
Beine, die unter dem Hauskittel hervorschauten, waren dick und schwer, die
Schritte kurzatmig und langsam.
Es war noch früh am Morgen, wir saßen in ihrer Einzimmerwohnung,
nicht in der sechzehnten, sondern nur in der zweiten Etage, die keine bessere
Aussicht bot als den Anblick eines benachbarten Fabrikgeländes, von dem
Erika nicht wusste, was dort produziert wurde. Die Fabrik machte trotz der
frühen Stunde viel Krach.
»Nun«, sagte Großmutter, »lasst euch anschauen, ihr Lieben!«
Wir tranken Milch aus Sektgläsern zur Begrüßung, damit es ein wenig
feierlich aussah, und dann deckte Erika den Tisch mit allem, was die Küche
hergab, das war nicht viel.
»Schon gut, Mutter, nur keine Umstände. Wir sind nicht hungrig. Also, wie
hast du dich hier eingelebt?« fragte Vater.
»Ich kann nicht klagen, Albert. Na, jedenfalls besser als der Georg«, sagte
Oma Erika, »und der hat immerhin fast vierzig Jahre hier gelebt. Aber wie! In
einem Altbau mit Kohleheizung, ohne Bad und das Klo eine Treppe tiefer und
kam doch ohne Rollstuhl nicht mehr aus dem Haus. Hatte einen Wohnungsantrag laufen, aber zu stolz gewesen, zum Amt zu gehen, mal nachzufragen …
Der verdammte Dickschädel … Zum Schluss musste ich für ihn die Kohlen
Eleonora Hummel
schleppen. Er hatte ja sonst keinen mehr. Aber was wollt’ er mich belehren
sein Leben lang, was ich alles falsch gemacht hätt’ und selber hat er’s doch
nicht besser gemacht! Nach seinem Tod bin ich als alte alleinstehende Frau
aufs Amt gegangen und siehe, sie haben mir dieses schöne fern geheizte
Zimmer gegeben! Davon konnte der Georg nur träumen. Er wollt’ ja alles besser machen, aber er hat’s auch nicht gekonnt.«
Ich sah mich in Großmutters Wohnung um. Ein Schrank, ein Bett, ein
Tisch und vier Stühle. An der Wand ein verglastes Aquarell des goldgrünen
Kronentors. Ich suchte mit den Augen nach einer Kiste und fand keine.
Oma Erika und Onkel Georg hatten noch eine Schwester, Angelika
Haberlach, verheiratet mit einem ehemaligen Tankstellenpächter namens
Walter Ackermann. Tante Geli war eine Kapitalistin. Sie lebte seit dem Krieg
im Westen und konnte es nicht erwarten, dass auch wir »rüber kämen«. Lange
Jahre war die Rede davon gewesen, dass Oma Erika aus der kasachischen
Steppe zu ihrer Schwester nach Hannover umsiedeln wolle, zwecks
Familienzusammenführung und so. Dieses Anliegen war bei den sowjetischen
Behörden stets daran gescheitert, dass Erika und Geli verschiedene Mütter
hatten. Seit wann seien Halbgeschwister Verwandte ersten Grades? Und
Onkel Georg sei ein furchtbarer Sturkopf gewesen; solange er konnte, habe er
sich von seiner Frau daran hindern lassen, zu Geli in den Westen zu gehen
und als er endlich Witwer war, da konnte er nicht mehr und es war ihm sowieso schon egal, ob er im Westen oder im Osten unter die Erde kommt. Aber
nun, da Erika und Geli die einzigen überlebenden Haberlachs seien, würden
sie sich nicht von einer blöden Grenze, die zufällig mitten durch Deutschland
verlief, trennen lassen! Als Rentnerin sollte Oma Erika endlich die Reisefreiheit genießen, endlich etwas von ihrem Leben haben. Das hatte Tante Geli
jedenfalls so beschlossen, als sie zu Georgs Beerdigung in die Stadt mit dem
Kronentor gekommen war, obwohl sie ja fand, er sei ein furchtbarer Sturkopf
gewesen, mit dem man nicht hatte reden können, aber immerhin war er ihr
einziger Bruder und der von Erika auch. Und trotz dieses traurigen Anlasses
habe Tante Geli nicht vergessen, für mich, ihre unbekannte Großnichte, schöne Sachen mitzubringen, hatte Großmutter mir in ihren Briefen geschrieben.
»Westsachen«, von denen ich keine Vorstellung hatte, außer, dass sie hübsch
verpackt waren und nach Kaugummi riechen mussten. Wie diese bunten
Kugeln, die Erika uns ab und zu geschickt hatte und die für mich den Geruch
des Westens ausmachten. Wenn ich erst da sei, würde Großmutter die Kiste
öffnen, in der all die Geschenke auf mich warteten.
© Markus Kirchgessner
Adelbert-von-Chamisso-Förderpreis 2006
geboren 1970 in Zelinograd/
Kasachstan. Ausbildung zur Physiklaborantin und Fremdsprachenkorrespondentin in Dresden. Sie
arbeitet seit 1994 als Fremdsprachensekretärin an der TU Dresden
und veröffentlicht seit 2000 Prosa
in verschiedenen Literaturzeitschriften, unter anderem in Federwelt, Signum, Am Erker, Der Maskenball.
Eleonora Hummel erhielt mehrere
Auszeichnungen und Stipendien,
unter anderem das des 5. Klagenfurter Literaturkurses 2001, den
Förderpreis zum Russlanddeutschen Kulturpreis des Landes
Baden-Württemberg für Literatur
2002, eine Einladung des Literaturhauses München zur Werkstatt
für Romanautoren (Textwerk)
2003, ein Aufenthaltsstipendium
für Literatur im Künstlerdorf
Schöppingen 2003/04 und ein
Arbeitsstipendium der Kulturstiftung des Freistaates Sachsen für
sächsische Schriftsteller 2005.
--> Bibliografie S. 120
23
Auszug aus dem Roman
Wildnis
24
Mein Smaragdgott hat mir einen Traum geschenkt, ich bat darum in der
Schwitzhöhle meines Bettes, und er gab ihn mir: Er verscheucht die Fliegen
auf meinem Gesicht. Sein Atem prallt auf meine Stirn und teilt sich in kleinere
Luftzüge, in denen die Fliegen fortsirren, fort von meinen Lippen. Und ich
kann meinen Mund öffnen und atmen, dann verschwindet dieses Bild, es
wechselt die Farbe von gelb zu braun zu rot, und ich sehe den Mann meiner
Mutter, der sich an der Haltestange der Lokomotive abstützt und absteigt. Der
Zug ist auf der Strecke stehen geblieben. Ein Steinbockweibchen kreuzt das
Gleis, leckt das Salz der Steine, spitzt die Ohren, als er fluchend näher kommt.
Hau ab, ruft der Mann, sonst landest du in meinem Topf und auf meinem Teller,
ich reiße dein Fleisch mit den Händen entzwei. Er kommt dem Tier so nahe,
daß er hören kann, daß ich hören kann, wie es mit der rauhen Zunge über die
Steine fährt. Näher kommt er ihm nicht, es dreht sich um, bleckt die Zähne und
spricht menschenähnlich, mit einer Stimme, die aus seinem Kopf herausdröhnt, spricht es: Wär’ ich die Geiß, für die du mich hältst, könnt’ ich nicht
reden! Der Mann meiner Mutter fällt vor Schreck zu Boden, die Menschgeiß
schnuppert an ihm wie an einem Leblosen und lacht und heult den Himmel der
Nacht an. Der Traumlärm weckt mich. Die Decken sind zurückgeschlagen, die
Bodenbetten sehen aus wie leere, weiße Insektenkörper. Ich gehe auf Mäusepfoten, klackend über den Stein, ich drücke die Klinke der nächsten Kammer
herunter, schlüpfe durch den Türspalt. Ihre Kniekehlen sind naß vor Schweiß.
Sie bedeckt ihr Gesicht mit dem Schamtuch, einen Zipfel hält sie zwischen
den Zähnen, ihre Augen sind eingedrückt in geschwollenes Fleisch. Sie taucht
einen Seifenbrocken ins Wasser des Waschzubers, ihre Hand flattert im Wasser wie ein Vogelflügel, bis sich kleine Schaumflocken bilden. Dann legt sie die
rot bespritzte Stelle ihres Hauskittels auf die linke Handwurzel, holt den
Seifenklumpen vom Boden des Zubers hervor, reibt über die Stelle, bis der
Blutschmutz ausgerieben ist.
Feridun Zaimoglu
Willst du dich dort krumm stehen? sagt sie, komm rein oder geh raus.
Ich schließe die Tür hinter mir und sehe ihr dabei zu, wie sie ihr Gewicht
vom rechten auf das linke und wieder zurück auf das rechte Knie verlagert. In
der schönen Hitze will ich bleiben.
Mach das noch mal, sage ich.
Was soll ich machen? sagt sie.
Du sollst unter dem Wasser mit den Flügeln schlagen, sage ich.
Ich habe keine Zeit für Spiele, sagt sie, und dann, nach ein paar Wimpernschlägen, wird das Wasser unruhig, ich trete an den Waschzuber heran, um
besser sehen zu können. Sie hat die Daumen verhakt zum Kopf einer Taube,
und die abstehenden Finger sind die Federn zweier Flügel im rosarot gefärbten Wasser, die Taube fliegt hin und her, meine Mutter gurrt dazu, dann wird
sie still und starrt auf einen Fleck am Boden, auf etwas, das nur sie sehen kann.
Was hat er mit dir gemacht?
Seine Hand fährt aus, wenn er Ungehorsam wittert, sagt sie, was soll er
schon getan haben?!
Wo sind sie alle hin? Sage ich.
Er hat Meltem mitgenommen auf seine Geschäftsreise, in zwei Tagen wird
er wieder kommen. Die anderen sind draußen.
Selda ruft nach mir, und ich trete heraus aus der heißen Kammer, helfe ihr
die Bodenbetten einzurollen und an der Wand aufeinander zu türmen. Wir bestücken die Orangenschalen mit Nelken und legen sie auf die Ofenplatte. Sofort riecht es wie in einer Wundertraumkammer. Von mir aus können die
Orangen im Garten verderben. Ich beuge mich über die Ofenplatte und ziehe
die Luft ein, doch als Selda mich ermahnt, den Teufel nicht durch gefährliche
Spiele hervorzulocken, wende ich mich ab. Ich schlüpfe aus dem Nachtkittel
und hinein in das Kleid aus Wäschestoff, setze mich auf ein eingerolltes Bodenbett und warte, bis ich an die Reihe komme. Erst Resul, dann Tolga, dann Selda
und schließlich ich. Meine Mutter sagt, ich solle mich jetzt bereit halten. Sie
holt einen Kessel warmes Wasser aus dem Ofen, sie zieht mir das Kleid über
den Kopf, drückt mir den Waschlappen aus alten Nylonstrümpfen in die Hand.
Erst gestern hat sie die Fußteile abgeschnitten, die Beinteile übereinander gelegt und sie zusammengenäht. Als sie mir die grüne Seife geben will, schließe
ich die Augen, sie stinkt.
Chinasultanseife, sage ich, ich mag sie nicht.
Chininsulfatseife, sagt Selda im Türrahmen, mach jetzt zu, Mädchen!
Der Schaum stinkt, sage ich, bitte nicht.
Wo kommen wir hin, wenn wir dem Kleinsten der Familie seinen Willen
lassen, sagt Selda, sie schöpft mit der Messingschale heißes Wasser aus dem
Kessel und neigt sie leicht über die Schaumquaste. Ich seife mich blitzschnell
ein, ich reinige mich, meine Mädchenschönheiten muß ich besonders säubern, weil meine Mutter darauf achtet, daß wir nicht übel riechen. Selda reibt
mich trocken und hält mir die Windelhemdhose hin, sie ist aus amerikanischem Stoff, sagt meine Mutter, das steife Nesseltuch scheuert mich hinten
und vorne wund. Ich mag sie nicht anziehen, doch ich muß.
© Isolde Ohlbaum
Adelbert-von-Chamisso-Preis 2005
Geboren 1964 in Bolu/Türkei.
Aufgewachsen in Berlin, München
und Bonn, seit 1985 lebt er in
Kiel. Er studierte Humanmedizin
und arbeitet heute als Schriftsteller, Drehbuch- und Theaterautor
und Journalist. Schon mit seinem
ersten Buch Kanak Sprak (1995)
wurde er zum Kultautor; der Film
»Kanak Attack«, die Verfilmung
seines Romans Abschaum, kam im
November 2000 in die Kinos.
Für seinen Beitrag »Deutschland
im Winter – Kanakistan. Eine RapReportage« (mit Thomas
Röschner) erhielt er 1997 den
Civis Hörfunk- und Fernsehpreis;
1998 wurde ihm der Drehbuchpreis des Landes SchleswigHolstein verliehen und 2002 der
Friedrich-Hebbel-Preis.
--> Bibliografie S. 125
25
Lass uns Radio hören
Das Radio hatte im realen Sozialismus einen besonderen Stellenwert. Es war
das einzige Gerät, mit dem man unmittelbar Kontakt mit dem Westen haben
konnte. Um also das Gefühl zu haben, ein Dissident zu sein, brauchte man
nicht mehr als ein gutes Radio, eingestellt auf die Frequenz der Sender »Freies
Europa« oder »The Voice of Amerika«. Sammelten sich drei Menschen um ein
Radio, um eine Flasche Schnaps zu teilen, konnte man schon von einer Widerstandsbewegung reden. Das Radio war eine wundersame Sache, denn anders
als der Schnaps, gab es jedem das Gefühl ein Held zu sein. Und alle liebten es.
Sarko Kischev liebte es auch, doch diesem Gefühl lag eine andere Geschichte zu Grunde. Bis zum Jahr 1987 hatte das Radio so gut wie keine Rolle in seinem Leben gespielt. Im Herbst desselben Jahres sollte sich nun alles ändern.
Sarko ging nach Plovdiv, um dort Agronomie zu studieren und mietete ein
Zimmer in der Wohnung einer pensionierten Volksschullehrerin. Die Wände
dieser Wohnung waren aber so dünn, dass Sarko nicht nur das Blättern im
Fotoalbum, das seine Vermieterin sich im Nebenzimmer ansah, hören konnte,
sondern auch ihre leisesten Seufzer. All das wäre nicht so bedeutend gewesen,
wenn er nicht zwei Wochen später Weneta kennengelernt hätte. Je näher er
Weneta aber kam, desto wichtiger wurden die Wände um ihn herum.
Eines Tages war auch die letzte unsichtbare Wand zwischen den beiden
gefallen, gleich danach ihre Kleider und wie er befürchtete, geschah dies in
seinem Zimmer. Im Nebenraum rührte die Wohnungsbesitzerin gerade in
ihren Kaffee.
»Hier hört man alles«, sagte er außer Atem.
»Schalte das Radio ein«, flüsterte ihm Weneta die erlösende Idee zu.
Von nun an wurde das Radio ständiger Begleiter ihres Liebeslebens. Es
gab kaum eine Sendung, die sie nicht kannten. Mal hörten sie Musik, mal die
Nachrichten, mal Berichte über den Wasserstand der Donau, aber auch Abhandlungen über die Erfolge sozialistischer Planwirtschaft und lobende Worte für alle Brigaden, die den Plan vorzeitig erfüllt hatten. So geschah es, dass
26
Dimitré Dinev
die beiden immer, wenn sie miteinander schlafen wollten, nur einen Satz auszusprechen brauchten: »Lass uns Radio hören«.
Die Sendungen beeinflussten ihre Liebesspiele auf verschiedenste Art und
Weise. Während Revolutions- und Partisanenlieder Weneta am stärksten
erregten und sie experimentierlustiger, erfinderischer und feuriger machten,
konnte Sarko es am längsten, wenn er die Reden hoher Parteifunktionäre
hörte. Vielleicht weil seine Phantasie mit dem Kommunismus beschäftigt war,
dessen Kommen selbst weiter und weiter aufgeschoben wurde. Auf diese Weise verband Sarko das Nützliche mit dem Angenehmen, denn das, was durch
diese Reden fester wurde, war nicht allein sein Klassenbewusstsein. Er war nie
ein Dissident gewesen, aber auch ihm gab das Radio manchmal das Gefühl, ein
Held zu sein. Leider sollten bald andere Zeiten kommen und mit ihnen auch
andere Helden. Nach dem Zusammenbruch des Kommunismus trennte sich
Weneta von Sarko, weil ihr Liebesleben nicht mehr so recht funktionieren
wollte. Wie sollte es auch. Zwar waren viele neue Sender entstanden, aber die
Parteireden waren verschwunden. Nun war Sarko nichts Festes geblieben. Er
hatte keine feste Beziehung, keine feste Arbeit, keinen festen Wohnsitz, geschweige denn festes Klassenbewusstsein. Also ging er wie viele andere sein
Glück im Westen suchen. Durch eine Ironie des Schicksals schmuggelte man
ihn in einem mit Radiogeräten beladenen Laster nach Österreich. So begann,
wie er selber später zu sagen pflegte, die längste Sendepause seines Lebens.
Doch verglichen mit anderen Einwanderern hatte Sarko Glück. Nach einem
Jahr schon konnte er eine eigene Wohnung mieten, nach drei Jahren hatte er
einen festen Arbeitsplatz. Eine der ersten Sachen, die er sich kaufte, war ein
Radio. Er schaltete es aber nie ein. Er wartete.
Obwohl es keinem mehr das Gefühl gab, ein Held zu sein, spielte das Radio
weiterhin eine wichtige Rolle im Leben der Einwanderer. Diejenigen, die früher den Sendern des Westens gelauscht hatten, versuchten jetzt mit derselben
Inbrunst ihre Heimatsender im Äther zu finden. Es gab auch kaum eine Werkstatt oder Baustelle, wo nicht Radio gehört wurde. Nicht zufällig waren die
ersten Sätze, die Einwanderer akzentfrei aussprechen konnten, den Radiowerbungen entliehen. »Schau in die Krone« sangen Sarkos polnische Kollegen
oft auf der Baustelle, während sie Beton mischten. Sarko dagegen suchte nie
einen Sender und schaltete kein Radio ein. Er wischte nur ab und zu den Staub
von seinem Gerät und wartete.
Eines Tages wurde sein Warten belohnt. Bei der Taufe der Tochter eines
Kollegen aus Serbien lernte er nach dem vierten Sliwowitz Jasminka kennen.
»Wenn du Lust hast, können wir zu mir gehen«, sagte er, als das Fest zur
Neige ging.
»Und was sollen wir dort tun?« Die Frage schien einen Teil ihrer Lippenfarbe fortgewischt zu haben, denn sogleich zog sie einen Lippenstift aus der
Handtasche und schminkte sich wieder. Sarko holte tief Luft, denn er hatte
7 Jahre, 3 Monate und 12 Tage gewartet, um diesen Satz wieder aussprechen
zu können.
»Radio hören«, sagte er laut.
© Isolde Ohlbaum
Adelbert-von-Chamisso-Förderpreis 2005
geboren 1968 in Plovdiv, Bulgarien.
1987 Matura am Deutschen Gymnasium in Pazardschik, Armeedienst und erste Veröffentlichungen
in bulgarischer Sprache. 1990
Flucht nach Österreich, Beginn
des Studiums der Philosophie
und russischen Philologie an der
Universität Wien. Seit 1991 Drehbücher, Erzählungen, Theaterstücke und Essays in deutscher
Sprache, Veröffentlichungen in
Anthologien und Zeitungen.
1999 Uraufführung des Stücks
»Russenhuhn« nach den »Troerinnen« von Euripides am WUKTheater, Wien. 2007 Uraufführung
des Stücks »Das Haus des Richters« am Burgtheater, Wien. Seine
Erzählsammlung Ein Licht über
dem Kopf wurde im Jahr 2006 für
die jährlich organisierte Aktion
der Stadt Innsbruck »Eine Stadt
liest ein Buch« ausgewählt.
Dimitré Dinev erhielt mehrere
Preise und Stipendien, unter
anderen beim Satire-Wettbewerb
der Akademie Graz, den Mannheimer Literaturpreis (2002), den
Förderungspreis der Stadt Wien
(2003), das österreichische Staatsstipendium und den Förderpreis
des Kulturkreises der deutschen
Wirtschaft (2004).
--> Bibliografie S. 118
27
Asfa-Wossen Asserate
© Hartmuth Schröder
Adelbert-von-Chamisso-Preis 2004
Ein äthiopisch-deutscher Brückenschlag
Aus dem Theaterstück »Adua«
von Dejazmatch Germatchew
Tekle-Hawariat;
Dialog zwischen Kaiser
Menelik II. und seinem Heerführer Ras Dargé vor der
Schlacht bei Adua am 2. März
1896.
Zum ersten Mal hörte ich den Namen Knigge an der Deutschen Schule, die ich
in Addis Abeba besuchte und an der ich mein deutsches Abitur erwarb. Es
war nicht, wie man hätte erwarten können, im Deutschunterricht, der – wie
alle dort gelehrten Fächer – im fernen Europa entworfenen Lehrplänen folgte.
Es war mein Englischlehrer, der mir, ich muß gerade sechzehn gewesen sein,
von Knigge erzählte. Auf dem Lehrplan stand der Roman Rasselas von Samuel
Johnson, die Geschichte des gleichnamigen äthiopischen Prinzen, in der
Äthiopien als ein wundersames Land erscheint, in dem alles zum besten bestellt ist. »Was Johnson für Deutschland ist, ist Knigge für Deutschland«, erklärte mir mein belesener Englischlehrer, »Johnson hat Äthiopien in die englische Literatur eingeführt, Knigge Äthiopien in die deutsche.« Und er nannte
mir den Titel jenes Buches, der meine Phantasie beflügelte, um so mehr, als
das Buch in der Schulbibliothek von Addis Abeba nicht zu bekommen war
(wie die Bibliothek überhaupt der Bücher des Freiherrn Adolf Knigge gänzlich
ermangelte): Benjamin Noldmanns Geschichte der Aufklärung in Abyssinien
oder Nachricht von seinem und seines Herrn Vetters Aufenthalte an dem Hofe
des großen Negus, oder Priesters Johannes.
Als ich kurz darauf im Jahre 1968 zum ersten Mal nach Deutschland kam,
machte ich mich sogleich auf die Suche nach diesem Buch. Aber in keiner der
vielen Buchhandlungen, die ich aufsuchte und die mir in den folgenden Jahren den reichen Schatz der deutschen Literatur erschließen sollten, war es zu
finden. Zwar stieß ich immer wieder auf den Namen Knigge, aber wie erstaunt war ich, als ich feststellte, daß die wenigsten Bücher, die seinen Namen
im Titel führten, auch tatsächlich von ihm verfaßt waren. […]
Schließlich gelangte ich doch noch an Noldmanns Geschichte der Aufklärung in Abyssinien – ein seltenes, leicht modrig riechendes Exemplar der in
wunderbarer Fraktur gesetzten Erstausgabe aus dem Jahre 1791, das ich im
flackernden Schein einer Leselampe im Saal der Universitätsbibliothek
Tübingen erwartungsvoll aufschlug.
geboren 1948 in Addis Abeba als
Sohn des Herzogs Asserate Kassa,
einem der führenden Politiker
unter Kaiser Haile Selassie. Nach
dem Besuch der deutschen
Schule studierte er Jura, Volkswirtschaft und Geschichte in
Tübingen, Cambridge und
Frankfurt am Main, wo er 1978
zum Dr. phil. promovierte. Durch
die Revolution in Äthiopien 1974
wurden seine Berufspläne vereitelt, so blieb er in Deutschland
und arbeitete zunächst bei der
Frankfurter Messegesellschaft
und ab 1980 als Pressechef der
Düsseldorfer Messe. Seit 1983 ist
er in Frankfurt am Main als
Unternehmensberater für Afrika
und den Mittleren Osten tätig. Er
gründete die erste äthiopische
Menschenrechtsorganisation
»Council for Civil Liberties in
Ethiopia« und die Gesellschaft
»Orbis Aethiopicus«, die sich für
die Erhaltung und Förderung der
äthiopischen Kultur einsetzt.
Zahlreiche Veröffentlichungen
über die Geschichte, Kultur und
Politik Äthiopiens.
--> Bibliografie S. 116
Auszug aus dem Vorwort zu Adolph Freiherr Knigge, Benjamin Goldmanns
Geschichte der Aufklärung in Abyssinien
28
29
Da bebt etwas nach
Auszug aus dem Essay »Da bebt
etwas nach. Was der ungarische Aufstand von 1956 für die
Nachgeborenen bedeutet«.
Veröffentlicht in Die Welt,
25. Oktober 2006
30
In diesen Tagen und Wochen werde ich immer wieder nach dem Ungarnaufstand von 1956 gefragt. Was er mir bedeutet. Was er für mich ist. In RadioSendungen, in Zeitungs-Interviews, nach meinen Lesungen. Ich antworte
immer etwas beschämt, als nähme ich ein Thema, das mir nicht gehört, für
mich in Anspruch, als gäbe ich vor, etwas anderes zu sein, als ich bin. Immer
etwas ängstlich, zaghaft, als könnte mich jemand, der es weiß, enttarnen, aufspringen und schreien: Sie lügt! Was hat sie mit 1956 zu tun?
Natürlich ist es nicht mein 1956. Es ist das meiner Eltern. Ich habe es mir
nur genommen. Ich habe es benutzt für einen Roman, in dem diese vier
Zahlen auf keiner Seite geschrieben stehen, über den aber erstaunlich viele
Leute sagen, er handele von 1956. Ich beeile mich zu sagen, ich bin Jahrgang
1965, und viele Kilometer weiter westlich, hinter einem dicken eisernen
Vorhang, zur Welt gekommen. Als in Ungarn Panzer rollten, gab es mich nicht
einmal als Gedanken.
Geboren wurde ich als Staatenlose, in eine Familie Staatenloser. Es war
etwas, das meine Eltern verschwiegen, vielleicht auch vergessen, einfach nie
erwähnt hatten, weil es ihnen unwichtig, unsinnig erschien, das mich aber
später, als ich davon erfuhr, zutiefst verunsicherte. Das waren also wir, meine
Eltern, mein Bruder und ich. Vier Menschen ohne Zuhause, ohne Heimat. Im
Besitz eines grauen Behördenfaltpapiers, auf dem kein Staat eingetragen war.
Wo wir doch ein Zuhause hatten: eine kleine Wohnung, im Westen Frankfurts,
mit Schlangen vor dem Bad, wenn sich dort in den Wintermonaten die Verwandtschaft drängelte, die Großeltern, die Tanten, die zähe Monate lang auf
eine Besuchserlaubnis gewartet hatten.
Ob 1956 meine Familie traumatisiert habe, werde ich immer wieder gefragt. Erst sage ich, nein, wie kann es das, und dann sage ich, ja, sicher bebt
da etwas nach, zittert da immer noch etwas, vielleicht sogar noch durch mein
Leben, viele Jahre später. Aber was kann 1956 für mich sein? Was könnte
Ungarn für mich sein? Meine Eltern sind dort geboren und aufgewachsen, fest
verwoben in ihr Koordinatensystem aus Petöfi Sándor, Jóseph Attila, Mutter,
Vater, Édesanya, Édesapa, Bartók Bela, einem großen See und vielen staubigen Straßen, Tanzstunden und erster Liebe, erster Arbeit, erstem politischen
Wollen und Wünschen. Plötzlich herausgerissen, blutjung in den Aufstand
verwickelt und geflohen, in der Hoffnung, schnell zurückkehren zu können,
um dann langsam zu begreifen, es geht nicht. Nicht jetzt. Nie mehr. Aber was
ist es für mich, wenn es Heimat nicht sein kann, nie sein konnte? Nicht mehr
als ein Bild in starken Farben, durchwirkt von einer sonderbaren Sprache,
getragen durch viele heiße Sommer, die ich als Kind dort verbrachte?
[…]
Die Geschichte meiner Eltern kannte ich, jede Winzigkeit, jede Nebensächlichkeit. Was sie mir nicht erzählt hatten, hatte ich mir selber erzählt, ausgedacht und zurechtgereimt, erträumt und verankert, irgendwo in meinem
Kopf. Und doch gab es Rätsel. Der Schmerz war ein großes Rätsel. Er zeigte
sich bei jedem Abschied, an jeder Straße, an jedem Gartenzaun, an dem wir
standen, wenn unser ungarischer Sommer ausklang, wenn wir die Tanten
umarmten, die Großeltern küßten, mit den Vettern ein letztes Mal über einen
Graben sprangen. Mein Vater fuhr unseren Wagen sehr langsam. Die Räder
rollten kaum. Wir schwebten lautlos, ohne ein Wort, über eine schmale Straße,
hielten die Arme aus den Fenstern, winkten, schauten in den Rückspiegel,
drehten uns um, warfen Kußhände. Am Ende der Straße, neben der theresiengelben Kirche, hielt mein Vater den Wagen an und setzte den Warnblinker. Es
dauerte, bis es ihm gelang, auf die große Straße zu fahren, die uns wegbrachte, zurück in Richtung Westen führte, über eine Grenze, an der wir jetzt schon
unsere neuen Pässe zeigen konnten, Staatsbürgerschaft: deutsch.
© Walter Breitinger
Zsuzsa Bánk
Adelbert-von-Chamisso-Preis 2004
geboren 1965 in Frankfurt am Main
als Tochter ungarischer Eltern.
Nach dem Abitur Ausbildung zur
Buchhändlerin. Sie studierte
Literatur, Publizistik und Politik in
Mainz und Washington D.C.
Danach arbeitete sie als Wirtschaftsredakteurin.
Seit 2000 Veröffentlichungen von
Erzählungen und Geschichten in
Anthologien und Zeitschriften. Für
ihr Romandebüt Der Schwimmer
erhielt sie u.a. 2002 den AspekteLiteraturpreis, 2003 den deutschen Bücherpreis und für die
Kurzgeschichte »Unter Hunden«
den Bettina-von-Arnim Preis.
--> Bibliografie S. 116
31
Yadé Kara
Auszüge aus Selam Berlin
Mein Name ist Hasan Kazan. In Berlin nennen mich einige Leute »Hansi«,
obwohl meine Eltern mir den schönen Namen Hasan Selim Khan gegeben
haben. Ach ja, meine Eltern …
Vor Jahren verließen sie Istanbul und emigrierten nach Westberlin,
Kreuzberg. Dort kam ich auf die Welt.
Meine Eltern glaubten an den Westen. Er bedeutete Fortschritt, Technik
und Arbeit für sie. Doch als ich und mein Bruder Ediz heranwuchsen und mit
den westlichen Werten, mit Moral und Erziehung in Berührung kamen, wendeten sich meine Eltern ab. Sie befürchteten, daß wir in Berlin zu »Kiffern«,
»Hippies« und »Homos« würden. Deshalb schickten sie uns auf die deutsche
Schule in Istanbul. Ich war dreizehn.
[…]
Für Baba und Mama war Istanbul immer noch die Stadt der glitzernden Lichter, Tavernas und Open-air-Kinos, wo Moslems, Christen und Juden nebeneinander lebten. Eine Stadt auf zwei Kontinenten, sieben Hügeln und mit
einer Million Einwohner. Durch dieses Istanbul war die Hippie-Route San
Francisco — Katmandu verlaufen und hatte Scharen von Amerikanern, Kanadiern und Europäern auf den Platz um die Blaue Moschee gebracht. Damals
liefen die Frauen in Miniröcken, hohen Plateauschuhen und mit toupierten
Haaren herum, und Männer fuhren kutschengroße Chevrolets.
Baba und Mama stürzten sich in die Bars und Cafés von Beyoglu (AltPera) und erlebten eine magische Stadt. Baba sagte immer: »Istanbul ist wie
eine alt gewordene Odaliske, die unter ihrer faltigen Haut die Züge einer einstigen Schönheit trägt.« Nun, daran hatte ich keine Zweifel. Aber dieses
Istanbul gab es nicht mehr.
[…]
In den Restaurants dampfte es aus den Töpfen, und neu aufgesetzte Dönerspieße drehten sich pausenlos im Kreis. Die Luft roch nach Dieselgemisch mit
Döner. Die Kreuzung Adalbert-/Oranienstraße war Dreh- und Angelpunkt.
Das Herz Kreuzbergs. Die New-York-Sandwichbar reihte sich an die türkische
Bäckerei, den Gemüseladen, daneben ein Import-Export-Geschäft mit dem
letzten Kitsch. Es war immer Bewegung in dieser Ecke. Mir fiel der Spruch
ein: Where is Hareket, there is Bereket*.
* Wo Aktion ist, ist auch Profit
© Heinrich Voelkel
Adelbert-von-Chamisso-Förderpreis 2004
Adelbert von Chamisso alias Louis Charles Adelaide de Chamisso de Boncourt
und ich sind uns schon so einige Male an verschiedenen Straßen, Plätzen und
Orten von Berlin über den Weg gelaufen. Keiner hat uns beide vorgestellt.
Als Kind verließ Adelbert Frankreich und floh vor der französischen Revolution, ich verließ als Kind die Türkei und floh vor anatolischen Erdbeben.
Wir kamen beide nach Berlin. Adelbert wohnte als Page der Königin
Friederike Luise im Schloß, ich einige Straßen weiter vom Schloß in einem
Berliner Altbau.
Er lernte Deutsch lesen, schreiben, sprechen am preußischen Hof, ich auf
einer Westberliner Grundschule.
Adelbert von Chamisso wurde Adjunkt am Botanischen Garten von Berlin.
Und dort drehte ich im Tropenhaus meinen ersten Kurzfilm »Helena«.
In Berlin Kreuzberg ist ein schöner Platz mit Pflastersteinen und verzierten Häusern nach ihm benannt worden. Und natürlich bildet ein so historisch
gut erhaltener Platz gleich eine Kulisse für verschiedene Filme.
Mein erster Studentenjob fand auf dem Chamisso-Platz statt. Ich sollte
eine Passantin in einem 30er-Jahre-Film spielen. Einen ganzen Vormittag saß
ich mit Mario Adorf im oberen Teil eines alten Berliner Doppeldecker-Busses
und wartete auf meinen Einsatz am Chamisso-Platz. Herr Adorf verbrachte
seine Wartezeit mit dem Schreiben von Kurzgeschichten, ich mit Lesen von
Proust A la recherche du temps perdu.
Adelbert von Chamisso starb an einem Spätsommertag im August, ich
kam an einem solchen Tag auf die Welt.
Er liegt auf dem Friedhof am Halleschen Tor in Kreuzberg begraben. Dort
habe ich als Kind mit meinen Cousins Verstecken gespielt und dabei das
Schild »Hunde und Kinder von der Ruhestätte fernhalten« übersehen, da ich
noch kein Deutsch sprechen und lesen konnte.
Adelbert von Chamisso und ich sind wie Passanten aus verschiedenen
Jahrhunderten aneinander vorbeigelaufen und haben an den gleichen
Straßen, Plätzen und Orten in Berlin gelebt, gewirkt und gearbeitet.
Heute würden einige Kreise Adelbert von Chamisso vielleicht als »französisch-deutschen Autor« oder als »Multi-Kulti-Autor« bezeichnen und seine
andere Perspektive interessant finden und etc. etc.
Für mich ist Adelbert von Chamisso darüber hinaus ein Multitalent, das
sich sowohl als Schriftsteller, Lyriker und Naturforscher bewiesen hat. Und
vor allem ist er für mich ein Berliner.
geboren 1965 in Cayirli (Türkei),
studierte Anglistik und Germanistik in Berlin. Sie arbeitet als Schauspielerin, Lehrerin, Managerin
und Journalistin in Berlin, London
und Hongkong.
Yadé Kara veröffentlichte Beiträge
in Hörfunk und Fernsehen.
--> Bibliografie S. 120
Auszug aus der Danksagung bei der Preisverleihung
32
33
(unveröffentlicht)
34
Der Zug. Das Rattern der Räder. Das Säuseln der Ventilation. Zehn Stunden
Fahrt vor mir, zehn Stunden zwischen Hier und Dort, bei wechselnden Landschaften. Allein schon die Aussicht auf eine solche Reise beruhigt. Ob ich lese
oder döse, ob ich esse oder durchs Fenster schaue, ich werde an mein Ziel
getragen, über Berg und Tal. Mit obligaten Halten, in einem Tempo, das auch
der Seele die Chance gibt, gleichzeitig mit dem Körper anzukommen. Aber
geht es um Ankunft? Ist der Zustand des Unterwegsseins nicht besser als alles,
was bevorsteht? Ein Zustand träumerischer Disponibilität, darin sich die Lettern der Reiselektüre mit Wasserfällen und mariatheresiagelben Fassaden,
mit den dunkelbraunen Rechtecken der Felder und den grünen Rhomben der
Wiesen liieren und das Auge schielend nach aussen und innen blickt.
Geborgenheit stimuliert die Neugier, im fahrenden Haus hebt die Phantasie zu Flügen ab. Das Abenteuer bleibt vorerst draussen, und hat doch schon
angefangen. We’re moving. What will come next? Eben haben wir einen
namenlosen See gestreift. Das traurige Bootshaus wäre nicht der Rede wert,
aber dort sass ein junges Paar, sehr jung, und eng umschlungen. Ein schnelles
Bild. Die Sehnsucht lässt grüssen. Sie grüsst, für Sekunden, aus dem Dorf am
Hang, dessen geduckte Häuser dünne Rauchsäulen aufsteigen lassen. Aussteigen? Hineinlaufen ins vermeintliche Glück? Zu spät. Die schöne Verheissung bleibt zurück, und draussen bleiben auch der einsame Hund, der Radfahrer, die fahle Sonne überm Moor.
Zur Gnade des Zugfahrens gehört, dass die Welt hinterm Fenster lockt,
aber nicht schmerzt. Und bildet sich im Waggon eine Schicksalsgemein-
1946 in Rimavská Sobota (Slowakei) als Tochter einer Ungarin und
eines Slowenen geboren. Kindheit
in Budapest, Ljubljana und Triest.
Volksschule und Gymnasium in
Zürich. 1965 –1971 Studium der
Slawistik und Romanistik in
Zürich, Paris und St. Petersburg.
Nach der Promotion, 1971, Assistentin am Slawistischen Institut
der Universität Zürich, seit 1977
Lehrbeauftrage. Daneben freiberuflich als Schriftstellerin, Übersetzerin und Publizistin (Neue
Zürcher Zeitung, Die Zeit) tätig.
Ilma Rakusa lebt in Zürich.
Übersetzungen aus dem Russischen (u.a. Alexej Remisow,
Michail Prischwin und Marina
Zwetajewa), aus dem Serbokroatischen (Danilo Kis), aus dem
Französischen (Marguerite Duras,
Leslie Kaplan) und aus dem
Ungarischen (Imre Kertész, Péter
Nádas). Editorische Arbeiten und
Herausgabe von Anthologien.
Ilma Rakusa ist Mitglied der
Deutschen Akademie für Sprache
und Dichtung und erhielt zahlreiche Auszeichnungen, u.a. 1991
den Petrarca-Übersetzerpreis,
1998 den Leipziger Buchpreis zur
Europäischen Verständigung,
mehrmals Ehrengaben des Kantons
und der Stadt Zürich sowie 2003
die Auszeichnung Pro Cultura
Hungarica.
www.ilma.rakusa.info/
--> Bibliografie S. 122
^
Transit. Transfinit
schaft, gehorcht sie scheinbar anderen Gesetzen. Alles deutet auf ein lucidum
intervallum hin, eine Art Ausnahmezustand. Ich könnte von vielen Zugfahrten erzählen: bei Slivowitz und Knoblauchwurst hinunter in den wirren
Balkan, auf Liegepritschen von Litauen nach Lettland, beim stummen Schachspiel durch die Birkenwälder Weissrusslands, kreuz und quer durch Mitteleuropa, von der Elbe bis zum Karpatenrand. Ich habe Holz- und Polstersitze
ausprobiert, bin im Gang gestanden, auf Gepäckstücken eingeschlafen, in
Speisewagen verzweifelt, ich habe Bekanntschaften geschlossen und Verse
geschmiedet, habe um Anschlüsse gezittert und über Abschiede geweint. Gut
so. Was wäre das Leben ohne Zugfahrten. Ohne das Fernweh, das mich schon
als Kind beim Anblick von Dampflokomotiven, von verlassenen Provinzbahnhöfen und unkrautgesäumten Gleisen überkam.
In Ljubljana fauchten die Züge nachts durch meinen Traum: der Rangierbahnhof befand sich gleich hinter dem Garten des Hauses, in dem ich bei
meiner Tante wohnte. In Triest verkehrten die Züge vor meinem Fenster, auf
dem Viadukt von Barcola, einem Relikt aus den Zeiten der Monarchie. Hier
erlebte ich ein seltenes Spektakel: wie die Bora, als sie einmal besonders
heftig blies, das Dach eines Zuges wegriss, das dann in den Leitungsmasten
hängenblieb.
Züge, Züge, von Kindheit an. Grasgrüne Abteile und scharfe Pfiffe, kobaltfarbenes Licht und weisse Spitzen, der Geruch nach Weite und oft genug nach
einem Gemisch aus Schweiss, Rauch und Urin. Von solcher Romantik ist in
den modernen Hochgeschwindigkeitszügen nichts mehr zu spüren. Dennoch
benutze ich die weissen Flitzer, um beispielsweise in Hannover auf einen
Interregio nach Braunschweig umzusteigen, und in Braunschweig auf eine
winzige Regionalbahn nach Wolfenbüttel. Zwei Wagen, fünf Passagiere, der
Zug zuckelt, hält alle paar Meter. Und als ich in Wolfenbüttel ankomme, glaube ich mich am Ende der Welt. Der Bahnhof döst vor sich hin, ein gelber
Posten im Nirgendwo. Und still ist es hier, wie auf weiter Flur. In der Unterführung riecht es nach Moder und Pisse.
Seltsam, mit solchen Orten verbindet mich eine Erinnerung. Die Sinne
regen sich, die Phantasie kommt in Fahrt. Wie im Zeitraffer schiessen Bilder
zusammen. Ich bin hier und zugleich anderswo. Ich bin viele und zugleich
die, die mit erregter Aufmerksamkeit die Szenerie betrachtet und dabei ein
unheiliges Glücksgefühl empfindet.
Als ich neun Jahre alt war, wollte ich »Weltforscherin« werden. Mit neunzehn wollte ich Afghanistan bereisen, und habe es nicht geschafft. Heute
träume ich von einer Zugreise quer durch Sibirien, bis in die Mongolei. Was
ich mir davon verspreche? Viel Himmel, viel Musse, viel Besinnlichkeit. Ich
werde nicht mehr entdecken, als ich schon weiss, aber es könnte sein, dass
etwas mit mir geschieht, wovon ich nicht weiss. Im übrigen lockt nicht das
Ziel, sondern der Zustand zwischen den Orten, zwischen den Wäldern und
Jurten, zwischen mir und mir. Im Kopf kann ich ihn nicht simulieren, da fehlt
der Takt der Räder, der sinnliche Durchzug der Stationen, bei Tee und Unschlaf. Ulan Bator – einfach. Und dort versteppen für unbestimmte Zeit.
© Isolde Ohlbaum
Ilma Rakusa
Adelbert-von-Chamisso-Preis 2003
35
Hussain Al-Mozany
© Ikhlas Abbis
Adelbert-von-Chamisso-Förderpreis 2003
langen Erklärung. Mir kommt die Aufgabe zu, die tieferen Beweggründe
offenzulegen.
Die ganze Geschichte begann unverfänglich und harmlos: Jemand wollte
seine schleichende Verdeutschung abschütteln. Doch es kam anders, völlig
unerwartet.
Der wahre Othello
Aus dem Anfang eines unveröffentlichten Romans
36
Man solle einen Hals wie ein Kamel haben, lautet eine alte arabische Weisheit, damit der Zorn sich auf dem langen Weg beruhige. Denn das Wort könne
den Beginn einer Liebe bedeuten, aber auch den eines Mordes.
In der Regel schreitet man lieber zur Tat, als einen Kamelhals zu haben.
So wird jene Mahnung mit ihrem geradezu verpflichtenden Klugheitspathos
außer Kraft gesetzt und das Blut fließt.
Nun stehe ich, der Täter, vor vollendeten Tatsachen. Es macht wirklich
wenig Sinn, die Mordtat unter dem Deckmantel der Rechtfertigung schön zu
reden. Das Blut des großen Fleischbarons, des Moguls der Rheinmetropole,
Reinhold Klimp, habe ich, der Fremde, vergossen während eines maliziöserhabenen Momentes. Verstümmelt, verkrüppelt, halbtot.
Was nützt nun dieses Hyänengeheul über dem Scherbenhaufen! Die
Nachwelt, so heißt es, kann alles von dem vermeintlich heimgesuchten,
deutschkranken Fleischhändler aus erster Hand erfahren. Daß ausgerechnet
Klimp von mir zum Opfer ausersehen wurde, bedarf selbstverständlich einer
Vom Köln-Bonner Flughafen gestartet, landete die Maschine der Egypt Air
auf der flachen Ebene Nordafrikas, im hellbraunen Land Ägypten. Die Sonne,
von deren Untergang ich in der letzten, fast schlaflosen Nacht geträumt hatte,
war schon vor einer Stunde hinter einem orangefarbenen Vorhang verschwunden. Laternen beleuchteten die weite Landebahn, die sich kaum von
der Abendwüste unterschied.
Ich atmete einen sonnengetränkten, schweren Geruch, den seltsam rauhen Geruch des frühnächtlichen Orients. Das auf den schwarzen Boden gegossene gelbe Licht breitete eine träge Hitze aus. Ein Flugzeug hielt sich
startbereit, doch bevor es abhob, stieß es dichte Abgase aus, die mir in Mund
und Nase stiegen und mich augenblicklich schwindeln ließen. Ich schaute
mich um und erblickte einen schwarz uniformierten Soldaten mit einem langen Gewehr, der hinter mir her schritt und mich mit seinem Blick gefangen
hielt. Ich versuchte aus unverständlichem Grund, ihn anzulächeln. Ein zögerliches Lächeln deutete sich auf seinem runden Gesicht an, als ob er meinte,
mich zu kennen, aber vergessen hatte, woher und nun versuchte, sich an
diese Begegnung zu erinnern.
Ich mischte mich unter die Touristenscharen und begann, ein altes Lied
zu summen. Mit den anderen Reisenden betrat ich einen geräumigen Saal mit
einer niedrigen Decke, in dem die Luft merklich stickig und verbraucht war.
Reisende mit braunen Gesichtern und bodenlangen, luftigen Gewändern und
Soldaten drängten sich um die Schalter der Paßkontrolle. Einheimische
Frauen plauderten mit blonden Stewardessen. Sie lachten und riefen so laut,
als gälte es, jeglichen Lärm zu übertönen: »Please, gathering here; Pyramid
Association; Sphinx Agency; welcome to Egypt …«
Auch vereinzelte arabische Zurufe waren zu vernehmen. Ich spürte, wie
mein Herz zu rasen begann. Vielleicht war es die gewöhnliche Aufregung
wegen der Polizeikontrolle.
geboren 1954 in Amarah/Irak.
Nach dem Schulbesuch in Bagdad
seit 1978 journalistische Tätigkeiten im Libanon, 1980 Übersiedlung nach Deutschland. Studium
der Arabistik, Islamwissenschaft,
Germanistik und Publizistik an
der Westfälischen Wilhelms-Universität, Münster mit Magisterabschluß. Durchführung von Arabisch-Sprachkursen in verschiedenen Spracheninstituten und
Bildungseinrichtungen, 1993– 94
Leiter des Büros IAF–Verband binationaler Familien und Partnerschaften. Seit 1998 lebt er in Köln
als freiberuflicher Schriftsteller
und Übersetzer deutscher Literatur ins Arabische, darunter:
Nicolas Born, Die Fälschung;
Günter Grass, Die Blechtrommel;
Robert Musil, Drei Frauen; Rainer
Maria Rilke, Die Aufzeichnungen
des Malte Laurids Brigge; zahlreiche Essays, Erzählungen und Gedichte von Walter Benjamin, Elias
Canetti, Hans Georg Gadamer,
Jürgen Habermas, Wolfgang
Hildesheimer, Judith Hermann,
Paul Klee und anderen.
--> Bibliografie S. 116
37
Aus dem Gedichtband
Ein Kolibri kam unverwandelt
38
Es gibt ein gutes Zauberbuch, das hat keine Regeln,
es wundert sich, es macht, was es machen will,
und ist immer im Werden. Es hat keine Gesetze
in sich, jede Seite ist eine Zahl, niemand kann es wenden,
es ist ein Mittagsmahl. An ihm sich satt zu essen,
das ist eine gute Tat. Niemand kann es missen,
niemand, der Augen hat. In den weiten Fluren,
den Beständen des Morgentaus, ruht ein Wipfel
Traum und ruht sich blindlings aus. Einer kommt
vorbei, wie auf einer Wanderung, pflückt sich
einen Blumenstrauß aus unbewiesener Erinnerung.
Da sagt ein Wächter immergrün, es werde richtig
Tag. Im Gelände der Dämmerung, nimmt mich
eine große Helle an die schöne Hand.
Die Seiten des Buches wenden sich,
von allein von still von stumm,
das Wundern nimmt sich aus, ein Däumling
drumherum. Da wohnt er still und leise,
sagt kein Wort von sich, ihn weich umarmend
bemerke ich den Vater, wie er, sitzend
unterm Maulbeerbaum, seine Augen bricht.
Die Sonne weist ihn ein in die Vorhöfe
seiner Bilder und mir scheint, ihn dort wissend,
er zähle seine Kinder. An den Fingern sieht er
menschengleich hinunter; er sieht die Raupen
über ihm und ich eile herbei. Ich sage, Vater bleib,
das Buch ist für uns zwei. Ich möchte ein
Däumling gar nicht sein, nicht in der Zeit,
möchte immer Bücher schreiben,
zum Zeichen der Verwandtschaft. Und er sagt,
ja na gut, ich geh einmal zum Wipfel, da ging er los,
ganz leise und still, er pflückte dabei in der Luft
etwas einzig Großes weg. Ich sah hin und sah hin,
konnte es nicht glauben, das Alphabet stahl er sich,
mitten in das Blaue. Ich sagte, aber Vater, das ist
doch für alle, wir können keine Bücher schreiben,
wenn die anderen klauen. Er sagte, ja na gut,
dann nimm dir das Alphabet. Und ich nahm es
und begriff, es gibt nie einen Rest. Da hielt nun
ich es in meinen Händen und wusste lange nicht,
was zu tun ist mit den Wörtern, mit dem Schöpfernest.
Da kam mein Vater in das Buch, in den Ursprung
hoch und schön, und er sagte, hör halt zu, das gehört
auf die Seiten, ein Gehen muss alleine sein, allein
mit dem Alphabet. Er nahm die Bäume wie im Traum
ganz schlicht in seine Hand, legte Wipfel für
Wipfel mir tief ins Herzland. Ich wusste aber
nicht, dass Bäume das so wollen, ich weinte
lange, lange, tanzend aber doch. Dann sah ich
das gute Zauberbuch und liebte immer noch.
Sternenvergangenheit, ein haushoher Ritt
über die noch ungeteerten Planeten,
eine Landebahn für angstlose Engel,
für die Helligkeit der Herkunft, die Freiheit
über die Befugniskraft der Gedanken: mein Leben,
ein möglicherweise als Vorspiel gedachtes
Siriuszimmer, in dem noch immer der Glaube
an die Pyramiden zum guten Ton gehört,
zum Kettenbrief des Lichtes. Aber wen
erreicht er, wenn der Winter lang ist
auf der Erde und niemand mehr den Neckar
herauffährt, um sich an Hölderlins Luft zu sättigen.
Vielfach ein Mensch ist da und draußen an den Haustüren
liegen einsam die alleingelassenen Ohren,
liegen die Zeichen- und Sprachprogramme
der kosmischen Füße. Liegen die Zehen so herum,
zentralgesonnte Universen. Jeder Zeh, ein Kitzelgebiet
aus der Zeit vor der Zeit, bevor der Eiszeitmensch
sich in seine Zukunft als Somali, Kroate, Ägypter und
Astronaut aufmachte. Andernorts hinter den Milchstraßen,
Korrespondenzen. Und all dieser Verkehr von Wörtern
und Hufen und Stillehöfen und Liebesfäden. All dieses
eine Wir, an dem jeder ausgesprochene, jeder ausgedachte
Buchstabe mitwebt. Engel, Mensch, Tier, verwaist
in der Einöde der Zeit. Vergolten das Einmaleins
der Seele, des Seegangs ans eigene Sonnenland.
© Markus Kirchgessner
ˇ´
Marica Bodrozic
geboren 1973 in Zadvarje in
Dalmatien, dem heutigen Kroatien.
1983 Umzug nach Deutschland.
Sie studierte Kulturanthropologie,
Psychoanalyse und Slawistik in
Frankfurt am Main. Ihre ersten
literarischen Arbeiten, Prosa,
Essays und Lyrik, veröffentlichte
sie in Zeitungen und Zeitschriften
(FAZ, manuskripte, Lettre Internationale). 2001 erhielt sie das
Hermann Lenz-Stipendium, 2002
den Heimito von Doderer-Förderpreis, 2003 und 2004 Arbeitsstipendien der Robert Bosch Stiftung, 2005 den Adalbert StifterFörderpreis und das Jahresstipendium des Else-Heiliger-Fonds.
2005 war sie als »Writer in Residence« in Bordeaux.
Marica Bodrozic´ lebt als freie
Schriftstellerin und Regisseurin in
Berlin. Ihr erster eigener Film »Das
Herzgemälde der Erinnerung. Eine
Reise durch mein Kroatien« wird
in 3sat Ende Februar 2007 ausgestrahlt.
--> Bibliografie S. 117
^
Adelbert-von-Chamisso-Förderpreis 2003
39
dein leib brachliegend
SAID
© Isolde Ohlbaum
Adelbert-von-Chamisso-Preis 2002
Adelbert-von-Chamisso-Förderpreis 1991
unter den argwöhnischen augen des mondes
mein blick
öffnet deine beine und dringt in dich
ins schwarz deiner augen
ein murmeln um uns
ein haus wird geboren
dann die letzten krumen des tages
die sich vergebens wehren
schon baudelaire fragte scheinheilig
was modernität sei?
baudelaire, hat er je richtig gehasst?
hat er die zynikprobe überstanden?
er wollte ja zu einem neuen verstand gelangen
die moderne begann mit der einführung der guillotine,
der ersten maschinellen tötung von menschen,
die postmoderne mit auschwitz
sie verletzte die virtuelle illusion des abendlands
seither ist alles möglich
das papier beruhigt
der buchstabe tötet
40
1947 in Teheran, Iran, geboren.
1965 kam er als Student nach
München. Hier verbanden sich
seine literarischen Interessen mit
einem politisch-demokratischen
Engagement; damit war seine
Rückkehr in den Iran ausgeschlossen. Nach dem Sturz des Schah
1979 betrat er zum ersten Mal
wieder iranischen Boden, sah aber
unter dem Regime der Mullahs
keine Möglichkeit zu einem Neuanfang in seiner Heimat. Seither
lebt er wieder im deutschen Exil.
SAID war von Mai 2000 bis 2002
Präsident des P.E.N.-Zentrums
Deutschland.
Sein literarisches Werk wurde vielfach ausgezeichnet: 1986 mit dem
Literaturpreis der Stadt München,
1992 mit dem Civis-Hörfunkpreis,
1994 mit dem Premio Letterario
Internazionale »Jean Monnet«,
1996 mit dem Preis »Literatur im
Exil« der Stadt Heidelberg, 1997
mit dem Stipendium »Villa Aurora«,
Los Angeles/USA und 1997 mit
der Hermann Kesten Medaille des
P.E.N.-Zentrums Deutschland und
2006 mit der Goethe-Medaille.
Sein Märchenbuch Es war einmal
eine Blume wurde in die Ehrenliste
zum Österreichischen Kinder- und
Jugendbuchpreis 1999 aufgenommen. Seine Bücher werden in
englischer, französischer, niederländischer und ungarischer Sprache publiziert.
www.said.at
--> Bibliografie S. 123
41
Catalin Dorian Florescu
sich sein möchte? Keiner will das, man will nur beschäftigt sein. Gib dem
Armen und dem Reichen Krimi und Romanze und sie werden entzückt sein.
Das Publikum, das der tiefen, innigen Literatur davon läuft – oder nie dorthin
findet –, bevölkert den Kontinent des Krimis.
Im Alltag findet jedoch niemand Leichen. Oder ist Ihnen so was schon mal
passiert? Eine Leiche zum Frühstück gleich neben Ihrem Bett? Oft bräuchte
man sich nur morgens im Spiegel anzuschauen und zu fragen: Wie tot bist du
eigentlich? Aber da kommt kein Kommissar und fragt: »Uns wurde Ihr Tod
gemeldet. Was haben Sie dazu zu sagen? Kennen Sie den Mörder?« Das wäre
ein toller Krimi.
Dürrenmatt konnte zeigen, dass das Böse unweit wohnt, im Dorf womöglich. Mir ist das Dorf abhanden gekommen, ich bin ein globaler Emigrant, auf
Ungerechtigkeit verstehe ich mich, aber nur wenn sie global geschieht. Ich
kenne nicht die Mordgedanken in den Reihenhäusern der Schweizer. Aber es
ist aufregend, sich auszudenken, was sich für ein Chor von Stimmen erhebt,
wenn man durch solche Siedlungen wandert.
Wenn ich an Gerechtigkeit denke, dann nicht an die in den Krimis, sondern an die im Leben. Die Leichen, die wir selber sind, beunruhigen mich
mehr als die Leichen in den Krimis. Die Aufklärung solcher Fälle dauert unter
Umständen ein Leben lang.
Zwischen Krimi und Romanze
(unveröffentlicht)
42
Es ist nicht zu leugnen: Der Arme kennt die Ungerechtigkeit von klein auf. Er
erlebt zuerst, wie der Vater entlassen, entwürdigt, verstoßen wird, wie das
Geld nicht mehr reicht und schließlich wie die Nerven blank liegen. Später
erlebt er das alles am eigenen Leib.
Der Reiche entdeckt die Ungerechtigkeit, wenn es ihm passt. Meistens
passt es ihm, wenn er sich bedroht fühlt, wenn man seine Karriereleiter knickt,
seinen Besitz anficht. Wenn er den Verlust von Liebgewordenem fürchtet.
Der Arme kann nicht verlieren, der Verlust ist eingerechnet. Nur in einem
Punkt ähneln sich arm und reich: Die Nerven liegen blank – unabhängig vom
Einkommen.
Seit ich ahne, wie viel Ungerechtigkeit es dort draußen gibt, sind mir
Krimis suspekt. Sie führen dem Bürgertum jene Spannung zu, auf die es verzichten muss, um produktiv zu bleiben. Jede Hausfrau, jeder Abteilungsleiter
liebt Krimis. Ein bisschen Krimi, ein bisschen Romanze, im Fernsehen oder in
der Literatur, dann ist das Leben perfekt. Und es ist vielleicht ein gutes Mittel,
um nicht selber Amok zu laufen. Stellvertretend tun es andere und zu bester
Sendezeit.
Der Krimi führt einen von sich weg. Es passiert Schlimmes, aber in der
Ferne, im Dunkeln, nicht in einem selbst. Aber wer sagt, dass irgendeiner bei
Wenn der Arme nichts mehr hat, so hat er doch noch Gott. Wenn eines
Tages alle Armen dieser Welt ihre Entwürdigung mit klarem Verstand erkennen würden, so würde es nicht genug Gott geben, um sie von der Revolte
abzuhalten. Und ihre Rache wäre grausam.
Die Rache der Armen ist nicht an den feinen Schulen, den Eliteuniversitäten der reichen Weißen geschult. Ihre Rache sieht aus wie jene des Mobs an
der Elfenbeinküste, der den Besitz des weißen Mannes und die Körper der
weißen Frauen plünderte. Ihre Rache sieht aus wie das Töten von Margret
Hasan und Ken Bigley in Irak. Enthauptet, erschossen.
Vorläufig aber wirkt, mit Abstrichen, noch die Waffe des Reichen: Er gibt
dem Armen so viel Gott, wie dieser tragen kann. Und er kann tragen. Tragen
ist vielleicht neben Ertragen die größte Fähigkeit des Armen. Sollte Gott eines
Tages nicht mehr wirken, hat der Reiche ein neues Mittel. Man nennt es
Konsum. Man wird den Armen schon mundtot kriegen mit den neuesten
High-tech-Produkten. Das ist beinahe wie reich sein.
© Yvonne Böhler
Adelbert-von-Chamisso-Förderpreis 2002
geboren 1967 in Timisoara/Rumänien. 1976 erste Ausreise nach
Italien und in die USA, Rückkehr
noch im selben Jahr. Besuch der
Sekundarschule. 1982 Flucht mit
den Eltern in den Westen und
seither wohnhaft in Zürich, inzwischen als Schweizer Staatsbürger.
1983–1989 Besuch des Sprachgymnasiums, anschließend bis
1995 Hochschulstudium der Psychologie und Psychopathologie an
der Universität Zürich. Von 1995
bis 2001 Psychotherapeut, daneben fünfjährige Weiterbildung
in Gestalttherapie. Seit 2001 freier
Schriftsteller in Zürich.
Catalin Dorian Florescu erhielt
mehrere Stipendien und Auszeichnungen, unter anderen 2001 das
Pro Helvetia-Stipendium, das
Hermann Lenz-Stipendium und
das Werkjahr der Stadt Zürich;
2002 das Villa Waldberta-Stipendium der Stadt München und die
Ehrengabe des Kantons Zürich;
2003 den Anna-Seghers-Preis und
Aufenthaltstipendien im Künstlerdorf Worpswede, 2004, und im
Künstlerdorf Schöppingen, 2006.
Im selben Jahr wurden Die Nacht
davor vom Sandkorn Theater in
Karlsruhe uraufgeführt und Der
blinde Masseur zum Buch des Jahres der Scala-Buchhandlungen
gewählt.
Seine Romane wurden außer ins
Rumänische auch ins Spanische
und Holländische übersetzt.
www.florescu.ch
--> Bibliografie S. 119
43
Lamenti
4.
Ich denke Dich jung
Meinen Bruder im Bauch
Auf diesem Stück Land
Das beim Wehen der Borea
Einen Streifen des Meeres
Hervorzauberte damals
Während Du
Nur Himmel sehend
Die Flugzeuge zählst
1.
Lies mal
Ich schreib über Dich
In einer fremden Sprache
Hatten wir eine Sprache?
War dieses Idiom mit den Wörtern
Für kochen schlafen essen sterben
Eine Möglichkeit sich zu verständigen?
Italoalbanisch
Ein fünfhundertjähriger Sprachverlust.
Die aber und das Herz kann ich benennen
Mëma
Zëmra
Aus: Zweiundzwanzig Lamenti.
Für Caterina Baffa Scirocco
5.
Den Gedanken
Dich am Morgen zu finden
Und Du wärst schon eingeschlafen
Für immer
Ich würde Dich küssen
Und Dir ein albanisches Lied singen.
Keine Spritzen, keine Tabletten
Kein Zittern beim Trinken
Du – eingeschlafen wie ein Kind
2.
Wo sind Deine Schultern
Fragt der Held
Wo Deine Brüste
Fragt der Held
Deine Arme die starken.
Wer trägt mich
Fragt der Held
Nur noch dieser eine Bauch
Riesig, beängstigend
Deine letzte Schwangerschaft,
Die des Todes
3.
Lache nur
Es ist wirklich besser
Sich nicht zu verstehen.
Weisst Du noch wie wir versuchten
Über Gefühle zu sprechen
Und wie Deine Grossmuttersprache
Und meine Muttersprache
Den Turm zu Babel bauten?
Nur Brot sagen zu können, reicht eben nicht.
Buk
Buk
Buk
44
6.
Nun weiss ich
Sich freuen an kleinen Sachen ist
Wenn draussen Frühling und Lämmer
Purzeln
Während drinnen Du
In den Tod atmest
© Anita Schiffer-Fuchs
Francesco Micieli
Adelbert-von-Chamisso-Förderpreis 2002
1956 in Santa Sofia d’Epiro,
Italien, geboren. Seit 1965 in der
Schweiz, Besuch der Schule in
Lützelflüh und des Gymnasiums
in Burgdorf. Von 1976 –1979
Schauspieler und Autor am Protheater Solothurn, 1979 –1989
Schauspieler, Autor und Regisseur
am Theater am Scharffenegge
Burgdorf. Seither Inszenierungen
und Dramaturgie für verschiedene
Bühnen und Schultheater.
Seine Musiktheaterstücke werden
international aufgeführt: »Winterreise« (1994) in Luzern und
Wiesbaden, »Die Trilogie der Sommerfrische« (2000) in Hannover
und Trier, das musikalisch-literarische Programm zu Schumann »So
nimm denn hin diese Lieder …«
(2003) in Bern und das Szenische
Madrigal »Lamenti« (2004) in Prag
und Bern. Auszüge aus seinen
Bühnenstücken wurden in Literaturzeitschriften in englisch, französisch, schwedisch, slowenisch
und türkisch publiziert. Nach seinem Studium der Romanistik und
Germanistik an den Universitäten
Bern, Cosenza und Florenz war
Francesco Micieli mehrere Jahre
Assistent an der Universität Bern.
Heute lebt er dort als freier Autor
und Dozent an der Schule für
Gestaltung Bern/Biel. Er erhielt
seit 1980 zahlreiche Preise und
Stipendien in der Schweiz (zuletzt den Anerkennungspreis der
UBS-Kulturstiftung).
--> Bibliografie S. 120
45
Ehrengabe zum Adelbert-von-Chamisso-Preis 2002
Aus dem Vortrag »Chamisso,
die Chamisso-Autoren und die
Globalisierung«, 2001
Chamisso hat sich also als deutscher Autor fremder Herkunft, sagen wir als
Chamisso-Autor, einer ständigen Anfechtung und Herausforderung durch
seine Zweisprachigkeit ausgesetzt. In seine sprachliche Routine hat sich wohl
immer ein gewisses »Fremdeln« eingemischt, von dem nun andererseits auch
gewiss jener besondere Sprachreiz ausgeht, durch den sich seine Literatursprache ästhetisch auszeichnet. Ich brauche in diesem Zusammenhang nur
daran zu erinnern, daß einige Literaturkritiker, zumal die »russischen Formalisten«, ein gewisses Maß an Verfremdung (ostranenie) zu den elementaren
Bedingungen der »Poetizität« gerechnet haben. Das wiederum hat seinen einfachen Grund in den Gesetzen des Spracherwerbs. Im Gegensatz zur Erstsprache, die wir, wie man zu sagen pflegt, »mit der Muttermilch einsaugen«,
ist jede weitere Sprache, die wir als Fremdsprache erlernen, dem Sprachbewußtsein tributpflichtig, was zu komplizierteren Bewußtseinslagen und
dadurch zu einer nicht selten heilsamen Verlangsamung des Schaffensprozesses führt. Heilsam nenne ich diese Verlangsamung deshalb, weil die
Literatursprache auf diese Weise die größere Chance erhält, beim literarischen
Schaffensprozeß mitzudenken und nicht in der Routine des alltäglichen
Sprachgebrauchs aufzugehen. Daher stehen die Chamisso-Autoren vielleicht,
wenn sie bisweilen auch nach vielen Jahren in deutschsprachiger Umgebung
noch fremdeln, dem Geist der Literatur um ein gewisses Maß näher als manche einheimische Autoren, die ihre Verfremdungen willentlich erzeugen
müssen.
Ein in mancherlei Hinsicht vergleichbares Bild ergibt sich, wenn inhaltlichthematische Gesichtspunkte in die Überlegungen einbezogen werden (was
die herrschende Literaturtheorie leider nur selten tut). Einzuräumen ist zunächst, daß Chamisso-Autoren gegenüber den einheimischen Schriftstellern
mit dem uneinholbaren Rückstand leben müssen, daß sie ihre Kindheit und
Jugend in einer anderssprachigen Umwelt verbracht haben. Es fehlt ihnen
daher in der deutschen Sprache eine bestimmte Erfahrungstiefe, die man früher mit dem Wort »Gemüt« einzufangen versucht hat. Dem steht aber auf der
Seite der Chamisso-Autoren als deren spezifische Mitgift eine vertiefte Erfahrung erlebter Andersheit und Fremdheit gegenüber, die ihnen nicht selten
schmerzhaft eingebrannt ist. So können uns manche Chamisso-Autoren,
wenn sie diese Erfahrungen in die Literatur einbringen, weiter aus unseren
routinierten Gewohnheiten herausreißen, als wir es von einheimischen
Autoren in der Regel erwarten können. Die Summe dieser literarisch vermittelten Andersheiten und Fremdheiten läßt sich vielleicht mit dem Wort »Welt«
bezeichnen, sofern unter diesem Begriff nicht einfach extensional der Erdball, sondern intensional eine gewisse hilfreiche Dehnung unserer anthropologischen Verfaßtheit zu verstehen ist.
46
Harald Weinrich
geboren 1927 in Wismar, aufgewachsen in Münster. Nach Kriegsdienst und Kriegsgefangenschaft
studierte er Romanistik, Germanistik, Latinistik und Philosophie
in Münster, Freiburg, Toulouse
und Madrid. Promotion 1954 und
Habilitation 1958 in Münster.
Ordentlicher Professor für Romanistik in Kiel (1959 –1965) und
Köln (1965 –1969), Mitbegründer
der Universität Bielefeld und erster
Direktor des dortigen Zentrums
für interdisziplinäre Forschung
(1972 –1974) neben dem Lehrstuhl für Linguistik (1969 –1978).
Danach bis 1992 Professor für
Deutsch als Fremdsprache in
München, anschließend bis zu seiner Emeritierung für Romanistik
am Collège de France, Paris
(1992 –1998). Fellow am Wissenschaftskolleg Berlin (1987/88),
Gastprofessor an den Universitäten von Michigan (1963/64) und
Princeton (1978), Galilei-Lehrstuhl
an der »Scuola Normale Superiore« von Pisa (1992/93).
Harald Weinrich erhielt zahlreiche
Preise und Auszeichnungen, darunter Ehrendoktorwürden der Universitäten Bielefeld, Heidelberg,
Augsburg, Rom und Madrid. Auf
eine Idee von Harald Weinrich
geht die Einrichtung des Adelbertvon-Chamisso-Preises zurück.
Sein langjähriges Engagement
wurde 2002 mit der Ehrengabe
zum Adelbert-von-Chamisso-Preis
gewürdigt.
--> Bibliografie S. 125
47
Chemie
Zu den Elementen
Dieses Gedicht aus einer Reihe
von 27 unveröffentlichten
Texten entstand zu einer
Objektserie von Jürgen Walter
zum Thema »Wissenschaften«
wie viel chemische Bekanntschaft der Mensch wohl verträgt
ohne sich die Freundschaft mit der Natur zu verderben
das wissen nur die Götter der Elemente
© Jürgen Walter
Zehra Çırak
Adelbert-von-Chamisso-Preis 2001
Adelbert-von-Chamisso-Förderpreis 1989
und auch sie tragen weiße Kittel
und denen sei Dank wir das Wundern und Staunen
über die Verwandlungen immer wieder neu erfahren
Urstoffe
Zauber Erde
Zauber Feuer
Lebeerde
Zauberei
Lebensfeuer Zauberei
Wasserleben Zauberei
Luftgelebt
Zauberei
Es lehrt die Lehre von den Stoffen
es lehrt von Stoffumwandlungen
Zauberhaft was da geschieht
Zauber Wasser
Zauber Luft
1960 in Istanbul, Türkei, geboren.
1963 Übersiedlung nach Deutschland, aufgewachsen in Karlsruhe.
Sie lebt seit 1982 in Berlin.
Regelmäßige Lyrik-Performancegastspiele in Deutschland und im
europäischen Ausland gemeinsam
mit ihrem Mann, dem Künstler
Jürgen Walter.
Zahlreiche Auszeichnungen und
Stipendien: 1987 und 1992 Arbeitsstipendium vom Berliner Senat
für Kultur, 1993 Friedrich-HölderlinFörderpreis, 1998 Förderstipendium der Käthe-Dorsch-Stiftung
Berlin, 1999/2000 Arbeitsstipendium der Robert Bosch Stiftung
und 2005 Premi di poesia Multietnica Olbia, der Lyrikpreis von
Sardinien.
www.juergen-walter.com
--> Bibliografie S. 117
golden glänzt das Auge ohne es zu sehen
es wandelt im Kopfe und dann im Labor
der Verwandlung folgt Verhandlung
die Benennung in Wort Zahl und Zeichen
Erde Feuer Wasser Luft
eine alte Freundschaft fürs Leben
Sehr verehrter Herr
Philippus Aureolus Theophrastus Bombastus
von Hohenheim Sie
unter anderem Begründer der wissenschaftlichen Chemie
würden Sie heute skeptisch auf die Pillen des Lebens schauen?
48
49
Das Vorstellungsgespräch
Nichts hob Walerians Laune so wie die Möglichkeit, jemanden zu spielen, der
er nicht war. Obwohl diese harmlose Marotte zweifellos vorübergehend war,
hatte sie ihre Gründe. Walerian ging auf die dreißig zu und verspürte ein
wachsendes Schamgefühl, bis dahin keine außergewöhnlichen Taten in seinem
Leben vollbracht zu haben, und was bedenklicher war, auch keine solchen zu
planen.
Das letzte große Vorhaben seines Lebens lag schon über achtzehn Jahre
zurück, wo er als Zehnjähriger eine Maschine erfinden wollte, die ihn unsichtbar machte. Stattdessen fand er lediglich heraus, wie man die Uhr seines
Vaters auseinandernahm und sich dann drei Tage erfolgreich vor den Folgen
dieser Tat im Haus versteckt.
Der andere Grund war der schmerzliche Verlust seines besten Freundes
Bruno. Bruno, der auf die Welt mit dem Motto: »Sei bloß kein Arschloch« gekommen schien und sich damit Walerians Loyalität für alle Zeiten gesichert
hatte, folgte von einem Tag auf den anderen dem Ruf des Geldes, und wurde
verblüffend schnell von seinem eigenen Kommentar eingeholt. Walerian versuchte in einem ersten Anfall von Verzweiflung, seinen Freund nachzuahmen,
aber er war mit einer Eigenschaft ausgestattet, die das verhinderte. So sehr er
sich auch ins Zeug legte, er konnte im Gegensatz zu Bruno in einer Hunderterbanknote keinen Wagen mit Chauffeur oder eine Villa mit Garten sehen, sondern immer nur ein rechteckiges Stück Papier, auf dem ein Mann abgebildet
war, der seinem ehemaligen Chemielehrer wie aus dem Gesicht geschnitten
war.
In der Folge machte er alle möglichen Jobs, bei denen er nicht mehr dem
Ruf des Geldes folgen mußte, aber dafür wenigstens von sich behaupten
konnte, daß er abgesehen von den Totengräbern, die ein ziemlich hermetischer Verein sind, so gut wie alles gemacht hatte, was der heimische Arbeitsmarkt zu bieten hat. Er war Krankenpfleger des berüchtigten Pavillons Fünf,
Wärter eines Paviangeheges und schneite sogar einmal in eine Vorlesung
über Astronomie herein. Der Professor fragte gerade, ob jemand wußte, daß
Gold entsteht, wenn eine Supernova explodiert. Er stellte das so dar, als
würde eine Supernova nur deshalb explodieren, damit Frauen heute Goldketten oder Greise Goldzähne tragen können. Da taten sich neue Horizonte
auf und Walerian ging sofort in die nächste Vorlesung. Aber da war keine
Rede mehr von Supernovas, sondern nur noch Zahlen oder geometrische
Figuren. Das beendete seine universitäre Laufbahn. Er wollte kein weiterer
Student sein, der nachts in den Himmel schauen muß, um sich zu erinnern,
wie ein Stern aussieht.
© Thomas Lehmann
Radek Knapp
Adelbert-von-Chamisso-Förderpreis 2001
1964 in Warschau, Polen, geboren,
wuchs bei den Großeltern in Polen
und seit 1976 bei seiner Mutter in
Wien auf. Dort lernte er deutsch,
besuchte die Handelsschule und
studierte Philosophie. Neben dem
Schreiben übte er verschiedene
Tätigkeiten aus, bis ihm 1994 die
idyllisch-grotesken polnischen
Dorfgeschichten in Franio einen
überraschenden Erfolg und den
Aspekte Literaturpreis einbrachten. Zuvor hatte er schon ein Nachwuchsstipendium des Österreichischen Bundesministeriums für
Unterricht und Kultur sowie den
Würdigungspreis der Stadt Wien
erhalten.
Im Jahr 2000 war er Stadtschreiber in Schwaz und erhielt 2002
ein Arbeitsstipendium der Robert
Bosch Stiftung.
--> Bibliografie S. 120
Aus: Papiertiger
50
51
Vladimir Vertlib
keinen Akzent, mache nur noch selten Fall- oder Zeitfehler und spreche
sogar, wenn ich will, Dialekt.«
Zu meiner Überraschung gab sich der junge Mann aus der hinteren Reihe
mit dieser Antwort zufrieden. Im ganzen Saal gab es weder Gelächter, noch
regte sich Widerspruch gegen meine Behauptungen. Die Leute nickten.
Später, beim Signieren der Bücher, meinten einige, sie hätten von meiner
»Pubertätstheorie« (die ich in Wirklichkeit spontan erfunden hatte) schon
gehört. Jemand erklärte mir, dass auch Mädchen einen Stimmbruch hätten,
nur dass dieser nicht so ausgeprägt sei wie bei Burschen, und er fügte hinzu,
dass »das soziale Umfeld wohl auch eine gewisse Rolle spielen dürfte«. Die
Frau, die bei ihm einmal in der Woche die Wohnung putze, sei im Alter von
zehn Jahren von Ostanatolien nach Salzburg gekommen. Sie habe leider
immer noch einen schweren türkischen Akzent …
Aus: »Der Spiegel im fremden
Wort – Die Erfindung des
Lebens als Literatur«.
Manuskript zur Dresdner
Chamisso-Poetik-Dozentur
2006
Wenige Tage nachdem im Frühjahr 1995 mein erstes Buch, die Erzählung
Abschiebung, publiziert wurde, fand im Salzburger Literaturhaus die Buchpräsentation statt. Es war die zweite Lesung in meinem Leben. Einige Monate
zuvor hatte ich im Rahmen eines Literaturfests in Wien eine Kurzgeschichte –
meine erste literarische Veröffentlichung – vorgestellt. Bei meinem Auftritt
hatte ich mehr gestammelt als vorgelesen. Kein Wunder also, dass ich nun
sehr nervös war. Ich bewältigte den Text trotzdem. Größere Katastrophen
blieben mir erspart. Die Stimme versagte mir nicht, ich übersprang keine Zeilen, hatte keine Freudschen Versprecher, warf das Wasserglas nicht um und
scharrte nicht mit den Füßen.
Meine Lektorin saß neben mir auf dem Podium. Sie stellte mir im Anschluss
an die Lesung ein paar Fragen zur Entstehung des Buches. Danach eröffnete
sie das Publikumsgespräch. Der Saal war voll. Niemand wollte sich zu Wort
melden. Etwa eine halbe Minute lang blieb es still.
Schließlich zeigte ein junger Mann in der hinteren Reihe auf. Er schaute
nicht mich, sondern meine Lektorin an und fragte in einer Mischung aus
Hochsprache und Dialekt: »Warum spricht denn der so gut Deutsch? Das ist ja
nicht seine Muttersprache, aber er hat überhaupt keinen Akzent! Wieso ist
das so?«
»Diese Frage reiche ich gleich an den Autor weiter«, meinte die Lektorin.
Ich zögerte, holte tief Lust und sagte: »Wissen Sie, das ist so: Wenn ein
Zuwanderer die neue Sprache vor der Pubertät, bei Knaben – und das ist sehr
wichtig – vor dem Stimmbruch erlernt, dann macht er meist keine Grammatikfehler und hat keinen Akzent. Lernt er sie hingegen später, wird er sie nie wie
ein Einheimischer beherrschen. Das ist eine Theorie, die von namhaften Ärzten und Linguisten vertreten wird. Ich persönlich kann sie nur bestätigen. Ich
habe Deutsch im Alter von sechs, sieben und acht gelernt. Deshalb habe ich
52
Vorgefasste Meinungen und Klischees können manchmal amüsante Züge annehmen. Einem Autor bieten sie Stoff für seine Texte oder bereichern zumindest seine Lebenserfahrung – was meist auf dasselbe hinausläuft. Vor einigen
Jahren nahm ich an einem Literatentreffen in einer deutschen Kleinstadt teil.
Es war Hochsommer. Die Workshops, Lesungen und Seminare fanden meist
im Freien, im weitläufigen Park einer Jugendstilvilla, statt. Dort nahmen die
etwa zwanzig Teilnehmer des Treffens auch ihre Mahlzeiten ein. Für das leibliche Wohl wurde gut gesorgt, und so ist mir von diesem Treffen vor allem das
gute Essen in Erinnerung geblieben.
Eines Tages gab es etwas Besonderes: Spanferkel. Es lag auf einem großen langen Tisch, der auf der Terrasse stand, und war äußerst kunstvoll mit
Äpfeln und Gemüse geschmückt. Doch kaum hatte ich mich dem Tisch genähert, zupfte mich einer der Veranstalter am Ärmel und meinte halblaut, man
habe für mich, da ich jüdisch sei, extra etwas anderes vorbereitet. Daraufhin
führte er mich zu einem etwas kleineren Tisch, auf dem zwei Töpfe standen.
In einem von ihnen befanden sich Nudeln, in dem anderen, wie mir sogleich
versichert wurde, »eine rein vegetarische Sauce«. Ich war überrascht, hatte
ich doch während dieses Treffens weder nach koscheren Gerichten verlangt
noch jemals behauptet, kein Schweinefleisch zu essen. Ich wurde auch nie
danach gefragt. Da ich aber nicht unhöflich sein wollte, nahm ich mir einen
Teller Nudeln. Inzwischen hatten andere Kolleginnen und Kollegen den Nudeltopf entdeckt und sich hinter mir angestellt. Doch auch diesmal erwies sich
der stets höfliche Veranstalter als konsequent. »Die Nudeln sind für Herrn
Vertlib«, meinte er. »Wir haben nur für eine Person gekocht, da Herr Vertlib
bekanntlich …«. »Herr Vertlib ist Jude und ich bin Vegetarierin«, unterbrach
ihn eine Autorin. »Ich auch«, erklärte ein Autor. »Ach so«, murmelte der Veranstalter. »Dennoch – es tut mir Leid. Aber wir haben ja noch Gemüse, Brot
und Aufstriche. Und natürlich die Nachspeise.«
Inzwischen hatte ich mich mit meinem Nudelteller am anderen Ende der
Terrasse angestellt, »Vom Schweinefleisch möchte ich wirklich nichts«, erklärte ich. »Aber von der Sauce hätte ich gerne ein bisschen was.«
© Isolde Ohlbaum
Adelbert-von-Chamisso-Förderpreis 2001
1966 in Leningrad, UdSSR, geboren. 1971 Emigration der Familie
nach Israel, 1972 Übersiedlung
nach Österreich, 1975 in die
Niederlande, kurze Zeit später
abermals nach Israel, 1976 nach
Zwischenstation in Rom wieder
nach Österreich, 1980 in die USA
und schließlich, 1981, endgültig
nach Wien. Seit 1986 ist Vladimir
Vertlib österreichischer Staatsbürger. 1984–89 Studium der
Volkswirtschaftslehre an der Universität Wien, danach freier Mitarbeiter bei der japanischen
Presseagentur »Kyodo News Service«, Zivildienst, Statistiker bei
der Donau Versicherungs AG und
Länderanalytiker bei der Österreichischen Kontrollbank AG. Seit
1993 freiberuflicher Schriftsteller,
Sozialwissenschaftler und Übersetzer in Salzburg und Wien, seit
1995 Redaktionsmitglied der Wiener Literaturzeitschrift Mit der
Ziehharmonika, jetzt: Zwischenwelt – Zeitschrift für Literatur des
Exils und des Widerstands. Veröffentlichungen zahlreicher Erzählungen, Artikel, Essays, Berichte, Rezensionen, etc. in deutschen
und österreichischen Zeitschriften
und Zeitungen. Verschiedene
Auszeichnungen und Stipendien,
u.a. 2002 den Anton-WildgansLiteraturpreis und ein Arbeitsstipendium der Robert Bosch Stiftung sowie 2006 die ChamissoPoetik-Dozentur in Dresden.
--> Bibliografie S. 125
53
Der Schriftsteller des Holocaust
ist überall und in allen Sprachen ein Asylant
Aus: »Die exilierte Sprache«.
Rede im Rahmen der Berliner
Lektionen, abgedruckt in
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 6. November 2000. Übersetzt von Kristin Schwamm
54
Damals, in der kurzen und hoffnungsvollen Zeitspanne, als die Berliner Mauer
fiel und West- und Osteuropa sich einander euphorisch zuneigten, wagte ich
niederzuschreiben, daß der Holocaust in geistig-moralischem, also kulturellem Sinn ein Wert ist, weil er durch unermeßliches Leid zu unermeßlichem
Wissen geführt hat und damit eine unermeßliche moralische Reserve in sich
birgt. Das schrieb ich auch vor zwei Jahren noch in meinem Essay-Band: »Was
sich durch die Endlösung und das ›Konzentrationsuniversum‹ äußerte, läßt
sich nicht mißverstehen, und die einzige Möglichkeit, zu überleben und die
Kreativität zu erhalten, ist, diesen Nullpunkt klar zu sehen. Warum sollte
diese Klarsicht nicht produktiv sein? In der Tiefe großer Erkenntnisse, auch
wenn sie sich auf unverwindbare Tragödien gründen, steckt immer ein
Moment der Freiheit, das irgendwie als ein Mehr, als Bereicherung in unser
Leben eingeht und uns die wahre Realität unserer Existenz und unsere Verantwortung für sie zu Bewußtsein bringt. Wenn ich also über die traumatische
Wirkung von Auschwitz nachdenke, dann denke ich paradoxerweise eher
über die Zukunft als über die Vergangenheit nach.«
Verstehen Sie mich nicht falsch, nichts von alledem nehme ich zurück;
höchstens würde ich das gleiche heute leiser sagen, eher flüsternd, im kleinen Kreis, zu ganz wenigen oder vielleicht nur zu mir selbst. Möglicherweise
hat jener Kritiker in Ungarn recht, dem zufolge das Ganze nichts als eine
Illusion von mir ist, weil ich sonst nichts hätte, um meine Existenz, vor allem
mein Werk, zu rechtfertigen. Das sind boshafte Worte, doch mitunter verbirgt
sich hinter Boshaftigkeit Scharfblick. In Ungarn sieht man den Holocaust nicht
als Zivilisationstrauma – er ist im geschichtlichen und moralischen Bewußtsein des Landes überhaupt nicht vorhanden, wenn, dann nur als Negativum,
das heißt als Antisemitismus –, und dafür gibt es gesellschaftliche und geschichtliche Gründe, auf die einzugehen hier unnötig ist. Jedenfalls schreibe
ich meine Bücher in einer Gastsprache, von der sie naturgemäß abgewiesen
oder allenfalls am Rande der Bewußtseinswelt geduldet werden. Ich sage
deshalb naturgemäß, weil dieses Land im Verlauf der jahrhundertelangen
Kämpfe um seinen Fortbestand ein eigenes Subjekt herausgebildet hat, das in
Form eines stillschweigenden nationalen Konsenses auch der Literatur seinen Stempel aufdrückt. Dieses dominante Ich, das in jeder Art von öffentlichem, gesellschaftlich-politischem Diskurs das Recht der Objektivierung an
sich reißt und sich für solche peripheren Erscheinungen wie die Träger der
lebendigen Erfahrung des Holocaust ein für allemal nur das Paul-Celansche
»Er« und »Es« und allenfalls noch das »Sie« vorbehält.
Das sind unangenehme Wahrheiten für einen Schriftsteller, der ja im
übrigen die Sprache liebt, in der er schreibt. Doch das ist wohl nicht wirklich
von Bedeutung: Je fremder ich in der Sprache bin, um so authentischer empfinde ich mich selbst und das von mir Gesagte. Ich schreibe gern auf unga-
Imre Kertész
risch, denn so empfinde ich die Unmöglichkeit des Schreibens besser. Das ist
übrigens ein Wort Kafkas, der, als er in einem Brief an Max Brod die Situation
des jüdischen Schriftstellers analysiert, von drei Unmöglichkeiten spricht:
»der Unmöglichkeit, nicht zu schreiben, der Unmöglichkeit, deutsch zu
schreiben, der Unmöglichkeit, anders zu schreiben«. Und dann sagt er: »Fast
könnte man eine vierte Unmöglichkeit hinzufügen, die Unmöglichkeit, zu
schreiben.« Heute würde er vielleicht noch hinzusetzen: die Unmöglichkeit,
über den Holocaust zu schreiben.
Aber diese Paradoxien der Unmöglichkeit sind leicht bis ins Unendliche
fortzusetzen. Wir könnten die Unmöglichkeit nennen, nicht über den Holocaust zu schreiben, die Unmöglichkeit, über den Holocaust deutsch zu
schreiben, und die Unmöglichkeit, anders über den Holocaust zu schreiben.
Der Schriftsteller des Holocaust ist überall und in allen Sprachen ein Asylant,
der immer in fremden Sprachen um geistiges Asyl bittet. Wenn es stimmt, daß
es nur ein wirkliches philosophisches Problem gibt, das des Selbstmords,
dann kann der Schriftsteller des Holocaust, der zum Weiterleben entschlossen ist, nur ein wirkliches Problem kennen, das der Emigration. Doch er sagt
statt Emigration besser Exilierung. Exiliert aus der einzig wahren Heimat, die
es nie gab. Wenn es sie nämlich gäbe, dann gäbe es die Unmöglichkeit, über
den Holocaust zu schreiben, nicht, denn dann hätte der Holocaust eine
Sprache und der Schriftsteller des Holocaust könnte sich in eine vorhandene
Kultur einbetten.
Die aber gibt es nicht. Ich erwähnte vorhin bereits, im Zusammenhang
mit meiner eigenen ungarischen Muttersprache, die affirmative Funktion des
Rechts auf Objektivierung und des allgemeinen Subjekts der Nation, durch
die sozusagen qua Bewußtseins-Stoffwechsel für sie unerwünschte Tatsachen, Erscheinungen, Probleme herausgefiltert und ausgeblendet werden.
Dieses Recht der Objektivierung, oder nennen wir es einfach die Frage des
Blickwinkels, ist in gewissem Sinn eine Machtentscheidung. Jede Sprache,
jedes Volk, jede Zivilisation besitzt ein dominantes Ich, das die Welt registriert,
beherrscht, und widerspiegelt. Dieses permanent tätige kollektive Ich ist das
Subjekt, mit dem sich eine große Gemeinschaft – Nation, Volk, Kultur – mal
mit mehr, mal mit weniger Erfolg, im allgemeinen aber doch, identifizieren
kann. Wo aber findet das Bewußtsein des Holocaust seine Heimat, welche
Sprache kann von sich sagen, allgemeines Subjekt des Holocaust, dominantes
Ich des Holocaust, Sprache des Holocaust zu sein? Und wenn wir diese Frage
stellen, können wir dann unterlassen, auch die folgende zu stellen, die, ob
eine eigene und ausschließliche Sprache des Holocaust überhaupt vorstellbar ist? Und wenn ja, müßte diese Sprache dann nicht so grauenhaft und so
düster sein, daß sie schließlich die zerstören würde, die sie sprechen?
© Isolde Ohlbaum
Ehrengabe zum Adelbert-von-Chamisso-Preis 2001
1929 in Budapest, Ungarn, geboren, wurde 1944 im Alter von
fünfzehn Jahren nach Ausschwitz
deportiert und 1945 in Buchenwald befreit. 1948 Abitur und Beginn der journalistischen Tätigkeit
bei einer Tageszeitung, die bald
zum kommunistischen Parteiorgan
umgewandelt wurde. Nach seiner
Entlassung zweijähriger Militärdienst. Seit 1953 freier Schriftsteller in Budapest, Broterwerb mit
Musicals und Unterhaltungsstücken für das Theater. Seit 1960
Arbeit an dem Roman Sorstalanság,
1975 in Ungarn veröffentlicht;
erste deutsche Ausgabe 1990
unter dem Titel Mensch ohne
Schicksal, autorisierte Übersetzung
1996 als Roman eines Schicksalslosen. Seit 1976 Tätigkeit als Übersetzer u.a. von Friedrich Nietzsche,
Hugo von Hofmannsthal, Arthur
Schnitzler, Sigmund Freud, Ludwig
Wittgenstein, Joseph Roth, Elias
Canetti, Tankred Dorst.
Zahlreiche Auszeichnungen: 1995
Brandenburgischer Literaturpreis,
1997 Leipziger Buchpreis zur Europäischen Verständigung, JosephKossuth-Preis in Budapest,
Jeanette-Schocken-Preis und
Gundolf-Preis, 2000 Welt-Literaturpreis, 2002 Nobelpreis für
Literatur und 2004 die »Corine«.
--> Bibliografie S. 120
55
Der Diener
Aus: Der Weltensammler
56
Der Mann dort, mitten auf der Straße. Ein Kunde? Sogleich ist er umlauert,
ein hochgewachsener Mann, der etwas gebeugt da steht, der seinen Kopf
senkt und wieder hebt, dessen Körper keinen Widerstand leistet gegen die
vielen Hände, die an ihm zerren. Der Mann steht wie angewurzelt. Jetzt hebt
er seinen Kopf. Einer der Schakale löst sich aus der Meute, andere folgen ihm.
Sie lassen ab von diesem Mann, der sie überragt. Der Lahiya sieht, wie die
anderen Schreiber mit ihren besserwisserischen Fingern auf ihn zeigen. Der
hochgewachsene Mann kommt auf ihn zu, das Gesicht maskiert von widerspenstigem Stolz und einem faden, grauen Schnurrbart. Der Lahiya weiß, daß
die anderen Schreiberlinge dieses Mal das Nachsehen haben, obwohl sie lässig ihren Dhoti nachbinden und sich gebärden, als hüte die Welt vor ihnen
keine Geheimnisse. Dieser Mann hat gewiß einen Wunsch, den allein der alte
Lahiya erfüllen kann.
— Briefe an Behörden des Britischen Reiches sind meine Spezialität.
— Es soll kein üblicher Brief ...
— Ebenso Briefe an die Ostindische Gesellschaft.
— Auch an Offiziere?
— Selbstverständlich.
— Es soll kein förmlicher Brief werden.
— Wir schreiben, was Sie wünschen. Aber gewisse Formen sollten gewahrt
werden. Die Herrschaften bestehen auf Form. Der kleinste Fehler im Aufbau,
das kleinste Versäumnis bei der Anrede, und der Brief ist keinen Anna wert.
— Es muß viel erklärt werden. Ich habe Aufgaben übernommen, wie sie
kein anderer ...
— Wir werden so ausführlich sein, wie die Angelegenheit gebietet.
— Ich stand ihm viele Jahre zur Seite. Nicht nur hier in Baroda, ich bin mit
ihm gezogen, als er versetzt wurde …
— Verstehe, verstehe.
— Ich habe ihm treu gedient.
— Zweifellos.
— Ohne mich wäre er verloren gewesen.
— Natürlich.
— Und wie hat er mich dafür entlohnt?
— Undankbarkeit ist des Edlen Lohn.
— Ich habe ihm das Leben gerettet.
— Dürfte ich erfahren, an wen sich das Schreiben richtet?
— An niemanden.
— An niemanden? Das wäre unüblich.
— An keine bestimmte Person.
— Verstehe, Sie wollen den Brief mehrfach verwenden?
— Nein. Oder doch, ja. Ich weiß nicht, wem ich den Brief geben soll. Alle
Angrezi der Stadt haben ihn gekannt, das ist lange her, vielleicht zu lange, ich
weiß nicht, einige sind bestimmt noch in Baroda. Heute morgen erst habe ich
Leutnant Whistler gesehen. Er fuhr in einer Kutsche vorbei, eine dieser
neuen Kutschen mit einem halben Dach aus Leder, ein schöner Wagen. Fast
hätte er mich überfahren. Ich habe den Leutnant Whistler gleich erkannt. Er
war einige Male bei uns. Ich bin dem Wagen hinterhergerannt, er mußte bald
halten. Ich habe den Kutscher gefragt.
— Und?
— Nein, sagte er, dies ist der Wagen von Oberst Whistler. Ich habe mich
nicht getäuscht. Mein Herr hat sich über seinen Namen lustig gemacht.
— Wir werden also an Oberst Whistler schreiben!
Um seine Bereitschaft zu demonstrieren, öffnet der Lahiya das Tintenfäßchen, nimmt die Feder in die Hand, tupft, kratzt zur Probe, beugt sich um
einige Zeilen nach vorne und verharrt. Der von dem Ankömmling aufgewirbelte Staub hat sich gesetzt. Aus dem peinigenden Licht heraus, in das der
Lahiya nicht mehr blinzeln will, beginnt die zaghafte Stimme zu erzählen. Aus
Vermutungen werden Andeutungen, aus Andeutungen werden Schemen, aus
Schemen werden Personen, aus Unbekannten werden Menschen mit Namen,
Eigenschaften und Gesichtern. Der Lahiya hält die Feder fest zwischen den
Fingern, doch er versteht weder Ausgang noch Grund der Lebensgeschichte,
die dieser Mann vor ihm ausbreitet. Es ergibt keinen Sinn, diese konfusen
Umrisse aufzuschreiben.
— Hören Sie. Das bringt so nichts. Einige Gedanken, einige Notizen, einige
Skizzen zuerst, dann werde ich Vorschläge unterbreiten, wie wir den Brief
gestalten können.
— Aber … ich muß wissen, was wird es kosten?
— Zahlen Sie zwei Rupien an, Naukaram-bhai. Wir werden später sehen,
wieviel Aufwand es bedarf.
© Isolde Ohlbaum
Ilija Trojanow
Adelbert-von-Chamisso-Preis 2000
1965 in Sofia, Bulgarien, geboren.
1971 Flucht über Jugoslawien nach
Italien, dann nach Deutschland.
Politisches Asyl. Bedingt durch den
Beruf des Vaters 1972–77 Schulbesuch in Kenya. 1978 – 81 Erlernen der deutschen Sprache in
Deutschland, danach Besuch der
deutschen Auslandsschule in
Kenya. 1984 Abitur und Aufenthalt
in Paris, Beginn der journalistischen Arbeit. 1984 – 89 Studium
Jura, Ethnologie und (laut eigenem
Bekunden) »Havarie« in München,
Reisen durch Afrika. 1989 gründet Ilija Trojanow den Marino Verlag für Bücher aus und über Afrika,
1997 entsteht mit dem ZDF das
Internet-Projekt »Novel-in-Progress«. Nach einigen Jahren in
Bombay lebt er seit 2003 in Südafrika. Er arbeitet vor allem im
journalistischen Bereich und hat
einige Bücher ins Deutsche übersetzt.
Ilija Trojanow erhielt neben Stipendien des Künstlerhauses Schloß
Wiepersdorf und des Deutschen
Literaturfonds eine Reihe von
Auszeichnungen: 1995 den Bertelsmann Literaturpreis beim IngeborgBachmann-Wettbewerb; 1996 den
Marburger Literaturpreis; 1997
den Viktor-von-Scheffel-Preis und
den Thomas-Valentin-Preis der
Stadt Lippstadt. Für den Roman
Der Weltensammler erhielt er 2006
den Leipziger Buchpreis und den
Berliner Literaturpreis; 2007 ist
er Stadtschreiber in Mainz.
--> Bibliografie S. 124
57
Unveröffentlichter Text nach
Inszenierungsfotos der
Berliner Volksbühne, 2005
58
WIR, das sind: ich und die anderen, die auch hier sind, teilweise Familie. Wir
teilen uns ein Haus, teils Bunker, teils Hotel. Zur Straße hin auf jeden Fall ein
Amüsierbetrieb, nach hinten hinaus eine künstlich angelegte Oase – dahinter
und rundherum ist die Wüste. Wir sind eine Karawanserei, wir kleiden und
wir benehmen uns so, gehen mit großem Getöse ein und aus, erzeugen, und
nicht schlecht, die Illusion von Bewegung. In Wahrheit rühren wir uns nicht
vom Fleck. Warum auch, das hier ist unser Zuhause, auch wenn alles etwas
provisorisch wirkt, als würden wir gleich weiterziehen, aber das, wie gesagt,
passiert nicht. Was unter anderem daran liegt, dass hier niemand in seinen
eigenen Schuhen steckt. Dass hier irgendetwas Gemeineigentum wäre, denke
ich nicht. Es handelt sich wohl eher um ein Spiel, das schon so lange geht,
dass wir längst vergessen haben, was wem gehört oder wer wer ist. Habe ich
(Wer oder was? Ein Gast? Ein Familienmitglied? Die heimliche Besitzerin von
all dem? Eine beauftragte Beobachterin?) je ein eigenes Kleid besessen, oder
hat man mich bei meiner Ankunft (Bin ich geboren worden? Bin ich angereist?
War ich beide Male nackt?) mit dem nächst besten verhüllt, und so halte ich
es bis heute? Hat mein Vater den geblümten Kimono meiner Mutter weggenommen, um sich an ihr zu rächen, – Wofür, dafür, dass sie jetzt draußen steht
und in die Sterne schaut; oder dafür, dass sie junge Männer in ihren Garten
lockt, oder sich unten in der Bar in ihre Band drängt, aus sexuellen Gründen
und um sich zujubeln zu lassen; oder dafür, dass sie uns beim Abendessen
anschaut, als wären wir Fremde –, oder hat er ihn sich bei einer der einsamen
jungen Frauen ausgeborgt, die nicht selten bei uns absteigen. Meist sind sie
nicht im Urlaub, sondern auf der Flucht, und oft tragen sie altmodische getupfte Kleider. Marilyn ist nie passé. Wenn eine weiterzieht, kommt sofort die
nächste, ich werde den Verdacht nicht los, dass es immer wieder dieselbe ist,
sie trägt bloß eine andere Perücke. In der Bar scharen sich sofort die allesamt
nicht in Frage kommenden Männer um sie, ob sie will oder nicht, sie versteht
es, zu posieren. Oben im Zimmer, wo es etwas privater ist, kommt manchmal
mein Vater vorbei, der sich in Schale geworfen hat, lässt sich lässig neben sie
aufs Bett fallen und macht einen auf väterlich. Seine wahren Absichten sind
klar. Wenn das nicht geht, weil meine Mutter den Anzug versteckt hat oder der
amerikanische Cousin (dieser Gigolo!) ihn, wie zu erwarten war, ausgestochen hat, zieht er sich in die Küche zurück und wartet dort auf seine Chance,
wohl wissend, dass einem unter Umständen ein Unterhemd und ein Omelett
beträchtlich weiter bringen. Manchmal ist es die Fremde, die verlockt, und
manchmal das Zuhause. Je mehr es wie ein chinesischer Trödelmarkt eingerichtet ist, umso besser. Das selige Vertrauen, das in benutzten Möbeln wohnt.
Da folgt mein Vater, ebenso wie die anderen, seinem Instinkt, denn dass er
allzu reflektiert wäre, kann man nicht behaupten. Offen gestanden, hat er von
den meisten Dingen keine Ahnung, auch wenn er gelegentlich, allein oder mit
anderen, trunken oder nüchtern, dazu neigt, viel zu reden. (Und ich rede viel
über ihn. Ist das so, weil das Patriarchat herrscht, oder ist seine Abwesenheit
tatsächlich interessanter als die meiner Mutter?) Von Zeit zu Zeit, nüchtern
oder nicht, neigt er also zu vielen Reden. Meist spricht er über den Staat, also
Terézia Mora
die Ordnung, viel in Form von Beschimpfungen, insbesondere Polizisten hat
er gefressen (War da was? Oder sind sie für ihn, wie er für mich ist?), im
Großen und Ganzen aber, soweit ich ihn verstanden habe, ist er Kapitalist.
Was das mindeste ist, schließlich lebt er davon. Salude, dinero e amor, heben
wir das Glas. Er lebt also davon und ignoriert es, so umfassend, wie es eben
geht. Zum Beispiel tut er so, als wüsste er nicht, dass Krieg ist. Das gelegentliche Auftauchen junger Soldaten, die sich als alte Frauen verkleiden, verbucht
er unter Crossdressing. Er kann es sich leisten, weil er hier etwas ab vom
Schuss ist, das heißt, sein Leben ist nicht unmittelbar bedroht, egal, was er tut
oder sagt oder nicht tut oder nicht sagt. Seine größten Kämpfe trägt er im Bett
aus. Wer mich vergewaltigt, den bringe ich um. Ja, auch ich habe meine
Aggressionen. Manchmal ist einfach das Kostüm, das mir für den Tag zugefallen ist, unbequem. Klar, dass man da unleidlich wird. Und manchmal ist es
einfach alles, was da zu sehr aufeinander liegt, diese ganze schäbige Welt, billig, laut und scharfkantig. Alles ist im Überfluss da, also auch der Hunger und
der Morast. Wobei mich, anders, als man vielleicht denken würde, nicht das
Welke beunruhigt, nicht die Indizien der Vergänglichkeit (ehrlich gesagt, ist
das sogar meine hauptsächliche Hoffnung), im Gegenteil, es ist die Dauer in
den Dingen. Plastik, das so alt ist wie ich, wird noch die zehnte Generation,
die mich vergessen haben wird (oder verwechselt; einmal machte mir mein
Vater fast eine Stunde lang den Hof, und das lag nicht an meinem getupften
Kleid), überleben. Die neueren Sorten zerfallen angeblich an der Luft, lösen
sich sozusagen in Luft auf, das zu beobachten könnte mir gefallen. Sicher entsteht dabei etwas Hitze und auch ein Geräusch. Wobei es mit den leisen Geräuschen so eine Sache ist, hier, wo immer etwas an ist, Musik, Spielkonsolen
und die unvermeidlichen Videos. Ich wundere mich, wie die Soldaten schlafen können. Obwohl, bei entsprechendem Leidensdruck geht bekanntlich
alles. Notfalls baut man ans Haus an, stellt die Bühne um, gelegentlich ein
Aderlass oder ein Besäufnis – jeweils aus medizinischen Gründen.
Was mich anbelangt, bin ich mit sehr wenig zufrieden. Das Angebot –
materiell, geistig, ja sogar emotional – übersteigt bei weitem meine Nachfrage.
Aus dem Gewimmel der Texte schnappe ich mir selten mehr als einen Satz,
weil er mir gefällt, oder weil er mir nicht gefällt. Mit dem verziehe ich mich
dann in meine stille (die Relativität dessen siehe oben) Ecke und wälze mich
mit ihm, solange ich will. Oder er will. Wer mich vergewaltigt, den verscharre
ich hinter dem Haus, wo üppig die Bananen wuchern.
Alles in allem kann ich sagen, dass ich mich heimisch fühle hier. Was
nicht dasselbe ist wie glücklich, aber auch nicht das Gegenteil. Alles ist etwas
künstlich, aber was wäre noch mal das Natürliche? Und könnten wir das
überleben? Gelegentlich, ich gebe es zu, langweilt mich das alles auch, aber
das ist in Ordnung. Ablenken kann jeder Idiot. Es auszuhalten ist die hohe
Kunst.
© Julia Scheiermann
Adelbert-von-Chamisso-Förderpreis 2000
1971 in Sopron, Ungarn, geboren.
1990 Übersiedlung nach Deutschland. Von 1989–95 studierte sie
Theater- und Literaturwissenschaft
in Budapest und Berlin. 1996/97
arbeitete sie als freie Dramaturgin
für Drehbuchentwicklung, anschließend begann sie ein Drehbuchstudium an der Deutschen
Film- und Fernsehakademie Berlin
(DFFB). Das ZDF sendete im Jahr
2000 den Film »Das Alibi« (Regie:
Christine Wiegand), zu dem sie
das Drehbuch verfaßt hat. Seit
1998 freie Autorin und Übersetzerin aus dem Ungarischen, unter
anderem Harmonia Cælestis von
Péter Esterházy, Minutennovellen
von István Örkény, Die letzte
Fenster-giraffe von Péter Zihaly und
Meines Helden Platz von Lajos
Parti Nagy sowie für verschiedene
Anthologien und Zeitschriften.
Uraufführung ihres Theaterstücks
»Sowas in der Art« im Mai 2003 in
Mühlheim/Ruhr. 2006 hatte sie
gemeinsam mit Péter Esterházy
die Tübinger Poetikdozentur inne.
Sie erhielt mehrere Auszeichnungen und Preise, u.a. den OpenMike-Literaturpreis, 1999 den
Ingeborg-Bachmann-Preis, 2002
den Jayne-Scatcherd-Übersetzerpreis, 2004 den Preis der Literatour Nord und den Mara-CassensPreis sowie 2005 den Preis der
Leipziger Buchmesse.
www.tereziamora.de
--> Bibliografie S. 121
59
Der Koffer
Im Urlaub schließt sie sich in ihrer Wohnung ein
Und schreibt Ansichtskarten an die Verwandten.
Liebe Grüße aus dem Ausland.
Ich habe viel zu tun.
Es geht mir gut.
Ich vermisse Euch.
Wollen die Verwandten sie besuchen, schreibt sie zurück.
Leider bin ich in den nächsten Wochen weg. Gerne empfange ich Euch ein
andermal.
Ich vermisse Euch.
Die Karten ihrer Verwandten legt sie in den großen Ansichtskartenkoffer. Er
liegt auf dem Schrank und erinnert sie an die Reise.
Einmal wird sie die Verwandten vielleicht besuchen.
Sie bereitet sich seit 20 Jahren darauf vor.
Die Dyrektorin
Die Fremde
Teodor Pop steht auf der Brücke. Neben ihm Koffer und Füsse.
Im Koffer hat Teodor Pop Zungen.
3 Zloty das Stück.
Die Dyrektorin kommt.
Heute trägt sie ein schwarzes Seidenkleid und ein polnisches Schultertuch.
In der Hand ein Lacktäschchen, groß wie eine Birne.
Heute kommt die Dyrektorin in Begleitung. Sie führt den Fluss Spazieren.
Neulich ist eine alte Frau beim Aussteigen aus dem Bus gestürzt. Ihre Perücke
fiel auf den Boden und blieb neben ihr liegen. Ein zweiter Kopf ohne Gesicht.
Es eilten sofort viele Menschen herbei, aber die Frau blieb reglos liegen.
Es hat sich niemand mehr bewegt seither, obwohl die Frau eine Fremde war
und diese Stadt nicht liebte.
Dieser Text entstand während einer Schreibwerkstatt der Robert Bosch
Stiftung in Krakau im Juni 2001. Die Autorin widmete ihn Zehra Çırak.
Aus: Vom geräumten Meer, den gemieteten Socken und Frau Butter.
© Deutsche Verlags-Anstalt GmbH, München
60
© Isolde Ohlbaum
Aglaja Veteranyi
Adelbert-von-Chamisso-Förderpreis 2000
1962 in Bukarest, Rumänien, geboren. Als Kind einer Zirkusfamilie
Reisen mit dem Zirkus in Europa,
Afrika und Südamerika, Auftritte
in Varietés. Schauspielausbildung
an der Schauspiel-Gemeinschaft
Zürich (SGZ) und danach freie
Schauspielerin und Autorin. Ab
1985 Unterricht, 1988 Leitung der
SGZ zusammen mit Christian
Seiler. 1992 – 98 Mitleitung der
Schreibwerkstatt »Ohrenhöhe«.
1993 Gründung der literarischen
Experimentiergruppe »Die Wortpumpe« mit René Oberholzer,
1996 Gründung der Theatergruppe
»Die Engelmaschine« mit Jens
Nielsen.
Sie veröffentlichte Prosa und
Lyrik in Anthologien, zahlreichen
Literaturzeitschriften und Zeitungen, und gastierte mit literarischen
und Theater-Projekten im In- und
Ausland. Der Roman Warum das
Kind in der Polenta kocht wurde
2001 ins Rumänische, Spanische
und Französische übersetzt; Uraufführung der Bühnenfassung im
Theater Neumarkt, Zürich 2001.
Sie erhielt seit 1988 zahlreiche
Stipendien und Auszeichnungen,
u.a. 1999 Werkjahr der Stadt
Zürich und Ehrengabe des Kantons Zürich und 2000 den Förderpreis »Kunstpreis Berlin 2000«.
Aglaja Veteranyi ist am 2. Februar
2002 in Zürich gestorben.
--> Bibliografie S. 125
61
Gastgesichter
Auszug aus der gleichnamigen
Erzählung
Abbildung aus Seltsame Sterne
starren zur Erde
62
Als Kind in Istanbul war das erste europäische Wort, das ich gehört habe:
»Deux-Pièces«. Meine Eltern gingen jeden Montag zu einem Kino, das
»Teyyare Sinemasi« hieß. Das bedeutete auf Deutsch: Flugzeugkino. Dieses
Kino zeigte nur europäische Filme. Meine Mutter erzählte mir von dem Besitzer des Flugzeugkinos, der sich selbst wie ein Filmstar verkleidete und die
Besucher am Eingang seines Kinos empfing. Er wusste, dass die Zuschauer in
manchen europäischen Filmen, die er zeigte, weinen würden. Für solche
traurigen Filme ließ er aus feinen Stoffen Taschentücher herstellen, die er
persönlich vor dem Kino verteilte. Meine Mutter gab mir eines von diesen
Tüchern, mit dem sie im Kino ihre Tränen getrocknet hatte. Ich legte dieses
Taschentuch mit den Tränen meiner Mutter in meinen Schulatlas, genau zwischen die Seiten, wo Europa abgebildet war.
Meine Mutter und mein Vater zogen sich jeden Montag sehr schick an,
um zum Flugzeugkino zu gehen. »Was wirst du anziehen?«, fragten sie jedesmal. Einmal sagte meine Mutter: »Ich werde mein ›Deux-Pièces‹ anziehen«.
Ich fragte: »Mutter, was heißt ›Deux-Pièces?‹« »Deux-Pièces ist Deux-Pièces«,
antwortete meine Mutter.
Meine Großmutter war eine abergläubische Frau. Sie hatte Angst, dass
die Schatten auf der Leinwand die Gesichter meiner Eltern wegnehmen würden. Am nächsten Morgen fragte ich meine Eltern, was sie im Kino gesehen
hatten und wie der Film hieß. Mein Vater antwortete: »Ich hab vergessen, wie
der Film heißt, aber schau, der Schauspieler Jean Gabin raucht so«, und er
machte Jean Gabin nach, wie er rauchte. Die Zigarette steckte in seinem Mundwinkel, bis die Asche herunterfiel. So rauchte mein Vater ein paar Wochen
lang wie Jean Gabin, bis er an einem anderen Montag im Flugzeugkino einen
Film mit Rossano Brazzi sah und am Dienstag zu Brazzi überwechselte. So
waren unsere ersten europäischen Gäste in unserem Istanbuler Holzhaus
Jean Gabin und Rossano Brazzi. Als Kind hatte ich Schwierigkeiten, die Namen
unserer europäischen Gäste richtig auszusprechen und fand für Jean ein türkisches Wort, »Can«, was auf türkisch »die Seele« heißt, also »Seele Gabin«,
und für Brazzi, das türkische Wort, »Biraz iyi«, das bedeutet auf Deutsch, »ein
bisschen besser«. Bevor ich ins Kino ging und »Seele Gabin« und »Rossano
Einbisschenbesser« selbst auf der Leinwand sah, hatte ich sie schon im Gesicht und Körper meines Vaters kennengelernt. Auch meine Mutter brachte
in ihrem Gesicht und ihrem Körper zwei europäische Gäste nach Hause:
Silvana Mangano und Anna Magnani. Für ihre Namen gab es auf Türkisch
auch ähnliche Wörter: »Silbana«, d.h. wisch mich ab, Mangano, und »Ana«,
d.h. Mutter, Magnani. Die ersten Gesichter, die zwischen den Ländern ausgetauscht wurden, waren die Filmgesichter.
Irgendwann tauchte in unserem Istanbuler Haus ein Hut namens
»Borsalino« auf. Mein Vater setzte ihn jeden Morgen vor dem Spiegel auf und
warf einen letzten Blick auf seinen Hut, bevor er die Tür aufschloss um raus-
zugehen. Er legte soviel Wert darauf, diesen Hut richtig aufzusetzen und blieb
so lange vor dem Spiegel stehen, dass ich dachte, sein Kopf mit dem Borsalino
bliebe im Spiegel zurück, auch wenn mein Vater aus dem Haus gegangen war.
Atatürk hatte den Hut in der Türkei als »Europäisierung« eingeführt. Auf den
Fotos sah man Atatürk entweder mit einem Hut auf dem Kopf oder in der
Hand. Er begrüßte die Menschen immer mit dem Hut. Er reiste in der Türkei
herum, um die Menschen von der Europäisierung zu überzeugen. In einer
Kleinstadt am Schwarzen Meer trugen alle Männer auf einmal europäische
Damenhüte, um Atatürk zu empfangen. Ein schlauer Kaufmann hatte keine
Männerhüte mehr, sondern nur altmodische Damenhüte, und die Männer
kannten den Unterschied noch nicht.
Als meine Eltern »Seele Gabin« und »Rossano Einbisschenbesser« und
»Wischmichab Mangano« und »Mutter Magnani« als Gastgesichter in ihre Gesichter eingeladen hatten und sich mit ihnen sehr gut verstanden, hatte ich
meine ersten europäischen Freunde gefunden.
© Isolde Ohlbaum
Emine Sevgi Özdamar
Adelbert-von-Chamisso-Preis 1999
1946 in Malatya, Türkei, geboren.
Mit zwölf Jahren erste Theaterrolle am Staatstheater Bursa im
»Bürger als Edelmann« von Molière.
1965–67 Aufenthalt in Berlin,
Arbeit in einer Fabrik. 1967–70
Schauspielschule in Istanbul.
Erste professionelle Rollen in der
Türkei. 1976 an der Volksbühne in
Ost-Berlin, 1978–79 in Paris und
Avignon, Doktorandin an der
Pariser Universität 8–Vincennes;
1979–84 Engagement als Schauspielerin am Bochumer Schauspielhaus. In dessen Auftrag entstand
ihr erstes Theaterstück »Karagöz
in Alemania«, das 1986 am Frankfurter Schauspielhaus unter ihrer
Regie aufgeführt wurde. Neben
verschiedenen Theaterrollen (zuletzt 1994 und 1997/98 in Frankreich) hat sie auch in mehreren
Filmen gespielt: »Freddy Türkenkönig«, »Yasemin«, »Airport, Rückflug nach Teheran«, »Eine Liebe in
Istanbul«, »Happy Birthday, Türke«,
»Die Reise in die Nacht«. Seit 1986
freie Schriftstellerin. Sie erhielt
Auszeichnungen wie 1991 den
Ingeborg-Bachmann-Preis, 1993
den Walter-Hasenclever-Preis, Stipendien des Deutschen Literaturfonds und 1999 Literatour Nord.
2001 folgten der Künstlerinnenpreis NRW, 2003 der Literaturpreis der Stadt Bergen-Enkheim
und 2004 der Kleist-Preis.
--> Bibliografie S. 121
63
Aus: Feuer, Lebenslust!
Erzählungen deutscher Einwanderer
Nur Streber und Vollidioten setzen sich in die erste Reihe. Nur Schleimer und
Anwärter des Schwachsinns, nur Leute, denen die Worte des Lehrer mehr
bedeuten als ein paar gute Witze und Mutmaßungen darüber, welches von
den Mädchen nicht mehr Jungfrau ist. Leute, die die Schule als ihren einzigen
Lebensinhalt betrachten, die keine anderen Begierden und Sehnsüchte haben
außer einem Zeugnis voller Einser, die sich noch nie mit Marmelade bekleckert
haben. Die Leute in der ersten Reihe konnte man vergessen.
Wie gesagt, es saßen nur Streber und Vollidioten da.
Und ich. Weil ich keine Angst davor hatte, vorn zu sitzen und die Schweißperlen auf der Glatze des Lehrers zu betrachten, und aus Trotz. Und weil die
da hinten sich vielleicht wunderten, warum ich das tat. Die Schüler vorn interessierten sich nicht für mich, die hatten nur ihre Bücher und Noten im Kopf,
aber die in der letzten Reihe hielten mich bestimmt für seltsam.
Früher saß ich noch in einer der mittleren Reihen, doch eines Tages fingen sie an, über mich zu lachen. Sie tuschelten und kicherten hinter meinem
Rücken. Wenn ich irgendwo Gelächter hörte, fühlten sich meine Beine an, als
hätte ich nie laufen gelernt. Dann versuchte ich mich zu erinnern, wie die
übliche Stellung meiner Beine beim Gehen war, aber in wie viele verschiedene
Stellungen ich sie auch brachte, keine schien die richtige zu sein. Ich hatte die
Gewißheit, lächerlich auszusehen und jede Sekunde, in der sie in meiner
Nähe giggelten, fühlte ich mich mieser und kleiner. Hinterher haßte ich sie
jedesmal ein bißchen mehr.
Sogar auf der Straße lachten wildfremde Leute über mich. Oft schielte ich
dann in ein Schaufenster, um festzustellen, ob mir jemand etwas auf den
Rücken geklebt hatte. Aber da war nie etwas. Ich war nicht in Scheiße getreten, meine Hose hatte keinen klaffenden Riß, und es war auch nicht »Dummkopf« in meinen Nacken tätowiert. Die Menschen lachten nur dann nicht,
wenn ich versuchte, einen Witz zu machen.
Selim Özdogan
© Peter Feldhaus
Adelbert-von-Chamisso-Förderpreis 1999
1971 in Köln als Sohn türkischer
Eltern geboren. Nach dem Abitur
Studium der Völkerkunde, das er
ohne Abschluß abgebrochen hat.
Danach arbeitete er in zahlreichen
Jobs, bevor er anfing, für Zeitungen zu schreiben.
1996 erhielt er den Förderpreis
des Landes NRW in der Sparte
Dichter, Schriftsteller.
--> Bibliografie S. 121
Ich war siebzehn Jahre alt, trug nur schwarze Klamotten, saß in der ersten
Reihe, und meistens ging es mir schlecht. Hinter mir die Blödköpfe in der
letzten Reihe, neben mir die Geistwesen und zwischendrin der ganze Rest,
weder Fisch noch Fleisch, nicht mal Junkfood. Das Leben lief an mir vorbei.
Ich fühlte mich alt und müde, monatelang lag ich nachmittags auf meinem
Bett, hörte Joy Division und Smiths und träumte oder las in einem Buch, was
auf das gleiche hinauslief. Ab und zu kam meine Mutter ins Zimmer, ließ mich
den Müll hinuntertragen und beklagte sich über meine Faulheit. Sonst passierte nichts. Ich lag auf dem Bett und starrte an die Decke. Ich wußte nicht,
wie die anderen ihre Nachmittage verbrachten, und ich hätte einiges darum
gegeben, es in Erfahrung zu bringen. Sie mußten etwas gefunden haben, sie
waren nicht so wie ich. Sie schienen ihr Leben zu genießen, aber mir war
nicht klar, wie sie das machten.
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65
Auszug aus der Erzählung
Das Singen der Fische
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Ich lag im Liegestuhl auf der schattigen Terrasse, Günter und Marlies waren
am Strand und badeten. Warum hatte Günter mich nicht gewarnt? Er, der
wusste, der lange vor mir mit eigenen Augen gesehen hatte, was man die
Dritte Welt nannte. Wer war er, dass er freiwillig in diese brutale Realität
zurückgekehrt war, um hier seine Semesterferien zu verbringen? Wie konnte
er hier glücklich sein, unbeschwert baden, essen, schlafen, sich für Sehenswürdigkeiten und Naturschönheiten begeistern? Warum fühlte er nicht dasselbe Grauen wie ich? Er war der erste Mensch, der mich liebte, und ich wusste nicht, warum. Aber seit ich ihn kannte, wusste ich, dass ich mich gegen fast
alles wehren konnte, nur gegen eines nicht: gegen die Liebe. Sie überwältigte
mich, sie machte mich hilflos. Manchmal hasste ich Günter dafür. Und immer
öfter fragte ich mich, was ich gemeinsam hatte mit seiner Welt. Was konnte
ich gemeinsam haben mit den deutschen Studenten der 68er-Generation? Ich
war unter ihnen die falsche Braut mit Blut im Schuh. Mein Deutschland war
nie das ihre gewesen, sie rebellierten gegen Verhältnisse, die ich nicht kannte, zu denen ich nie gehört hatte. Ich hatte mich nur nach einer neuen, anderen Zugehörigkeit gesehnt, aber ich konnte nicht zu etwas gehören, das ich in
seinem Wesen weder kannte noch verstand. Ich gehörte zu gar nichts. Weder
zu Deutschland noch zu Russland und immer weniger auch zu mir selbst. Ich
gehörte zu Sri Lanka. Hier war ich in meiner eigenen inneren Wildnis angekommen, im Nichts, in genau jener Fremde, in der ich immer schon war.
Sehnsüchtig blickte ich von der Terrasse auf die Wellen des Indischen
Ozeans. Das glycerinwarme Wasser versprach eine wenigstens minimale
Natascha Wodin
Kühlung, aber selbst die hundert Meter bis dorthin schaffte ich nicht. Die
Bilder der paradiesischen Strände in den Hochglanz-Reiseprospekten verrieten nicht, dass der weiße Sand an diesen Stränden glühte wie Feuer, dass
jeder Weg durch die Sonne ein Weg wie durch einen Backofen war, dass die
gebogenen Palmen, die ins Bild ragten, der Beginn des Dschungels waren.
Nachts lag ich unter dem Moskitonetz und hörte seine Geräusche. Der Dschungel keuchte, ächzte, stampfte in der Dunkelheit, er säuselte, er knackte, er
schmatzte. Ich wälzte mich auf meinem Bett wie in heißem Aspik. Der Atem
des Dschungels erstickte mich. Alles war durchdrungen von diesem Atem,
von einer klebrigen, schmierigen Feuchtigkeit, unsere Bettlaken, unsere
Kleider, unser Haar, das nach dem Waschen nicht trocken wurde. Wie mit
einem persönlichen Feind kämpfte ich mit dem Dschungel um jeden Schluck
Luft, ich atmete mit ihm um die Wette. Wenn man eine Schneise durch sein
Dickicht schlug, hatte uns jemand gesagt, würde sie sich nach zwei Stunden
wieder schließen, so, als sei sie nie da gewesen. Einmal war Günter nur ein
paar Schritte hineingegangen in dieses Dickicht und gleich darauf übersät von
riesigen Blutegeln wieder herausgekommen.
Ich lag da und hörte den Dschungel wachsen, ich hörte, wie er sich ausbreitete, wie er auf uns zu kroch in der Dunkelheit mit seinen gierigen, unersättlichen Wucherungen, die sich gegenseitig den Platz streitig machten, sich
gegenseitig erdrückten, auffraßen, erstickten. Ich lag wie vor einem riesigen
grünen Maul, das nach mir schnappte und mich im nächsten Augenblick verschlucken würde wie ein zufälliges Insekt. Auch der Ozean war wie gelähmt,
auch er konnte nicht atmen in den Nächten, er gluckste nur. Mit Wehmut
dachte ich an den deutschen Herbst, den Winter, den Schnee. Hier lebte man
in einer Welt ohne Jahreszeiten, hier sah man immer nur Grün. Ein ganzes
Leben lang nur Grün. Die ewige Schönheit und Farbenpracht der Orchideen,
den ewig blühenden Lotos, die immer brennend roten Flamboyanbäume. Auch
die Schönheit kannte hier kein Gegenteil, keinen Kontrast. Auch die Schönheit war immer schön, sie änderte nie ihr Gesicht. Ewige Fruchtbarkeit, ewige
Fortpflanzung, ohne Rast, ohne Pause. Und Tag für Tag dieselbe schleimige
Sonne am Himmel, dieselben Monsunwolken, die sich für kurze Zeit zusammenzogen, in brachialen Regengüssen ausschütteten und eine geringfügige
Abkühlung mit sich brachten. Danach verwandelte sich die Luft in noch dichteren, noch heißeren Dampf.
Erst kurz vor dem Sonnenaufgang wurde es etwas kühler, ich schlief endlich ein. Ich wusste, dass jetzt draußen am Strand die Fischer ihre Netze aus
dem Ozean zogen, jetzt, am Rand des Morgens, bevor die Sonne wie rote Lava
aufstieg aus dem Dschungel, als hätte sie nachts in ihm geschlafen. Das Bild
aus dem Leinenband begann zu singen. Eladelawela. Vielleicht träumte ich
das nur. Eladelawela. Jeden Morgen derselbe Singsang der Fischer, die draußen ihre Netze einzogen, mit den Füssen im weißen Wellenschaum, eladelawela, mein Schlaflied vor dem Sonnenaufgang, eladelawela, die Musik von
Slon.
© Georg Pöhlein
Adelbert-von-Chamisso-Preis 1998
1945 als Tochter russischer Emigranten in Fürth, Bayern, geboren,
in Nürnberg und Forchheim aufgewachsen. Ausbildung zur Übersetzerin und Dolmetscherin für die
russische Sprache. Mehrjährige
Tätigkeit in diesem Beruf, später
literarische Übersetzerin von Lyrik und Romanen, u.a. von Wenedikt Jerofjew, Jewgenia Ginsburg,
Andrej Bitow und Alexandra
Marinina. Seit 1981 freie Schriftstellerin in Berlin. Natascha Wodin
erhielt zahlreiche Preise und Stipendien, u.a. 1987 den HermannHesse-Preis, 1985 den AndreasGryphius-Förderpreis, 1987 und
1988 das Stipendium des
Deutschen Literaturfonds, 1989
den Brüder-Grimm-Preis der
Stadt Hanau, 2005 den Wolframvon-Eschenbach-Preis und 2006
die Ehrengabe der Deutschen
Schillerstiftung.
--> Bibliografie S. 125
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ACH, DU LIEBER MUND … …
»Kann etwa ein Mohr seine Haut wandeln oder ein Panther seine Flecken?«
Martin Luther (1483 –1546)
(…) (…) (…) (…)
(…) (…) (…)
(…) (…)
(…)
Ob Panther Flecken oder Streifen haben? … … ?! Welches Tier kommt eigentlich in der Übertragung vor? Mal Tiger, mal Panther, mal Leopard, mal Pardel?
Ob Mohren Häute oder Farben ans Licht bringen? Er – wer war er? Mal Neger,
mal Mohr, mal Äthiopier, mal Farbiger? Im Grunde wurde er zum Bild einer
Oberfläche – eine zum Namen gewordene Körperoberfläche. Auf Übersetzer
und deren Dolmetscher kam es an! Auf Stärke und Schwäche der Farbenblindheit des Auges. Denn für jedes Auge gab es einen Blick. Denn für jedes
Wort ein Wort – je nachdem was man in Deiner Nähe fällt: Urteile oder Bäume?
Wörter oder Dinge? Was tun? Stell das Wort Malzeichen Deinem Alltag voran!
(…)
Bist Du so beschaffen, daß man Dich in die Bestandteile Deiner Verwandlungen
zerlegen kann? Dich wird schon der Humor der Mathematik trösten, Dir ermöglichen, das Ich in Faktoren zu zerlegen. Man strich Dir Monade durch – in
Abwesenheit. Ersetzte die Monade durch Nomade in der Absicht, vermeintlich Falsches zu berichtigen. Dies auch in Abwesenheit! Wörter … Wörter …
Wörter und deren Worte wurden zu Orten ungefährer Zufälle und unverständlicher Mißverständnisse. Widerwörter und deren Wiederworte nahmen
Wort an am Ort ungeschriebener Lebensblätter anhand ungelebter Biographien, welche sich mal weiblich, mal männlich verkleideten ohne Anspruch
auf Geschlechtserfindung noch Anspruch auf sprachliche Ermittlungen. Und
obwohl sich keine Wortleichtsinnigkeit noch Sprachfahrlässigkeit am Sprachort auswies, wurde er zur Mundverantwortung gezogen im Namen …, in wessen Namen eigentlich?!
(…)
Eine Wende fand in ihm statt. Eine Wende, deren Bestimmungswort ein anderes
Wort war als das Wort Zeit: Sprachwende! ( … ) Indem er der Sprache beiwohnte, entkam er jüngsten Sprachen und Wenden, alten Mythen und Fiktionen. Indem er sich wortlich erfand, entstand er sprachlich in einem Mythenbecher, in einem Würfelbecher, warten auf Glückswort und Wortglück – auf
den Wurf. Die Erfindung entsprang beweglicher Ontologie freiwilliger Mundwahl innerhalb zufälliger Sprache. Er lebte aufs Geratewort mit Empfindungen
und Neigungen zu Mundkonturen, eigentlich mit dem Verlangen danach: aus
eigenem Wort, aus eigenem Mythos zu bestehen: sich in eigener Sprache zu
bewegen mit dem Mundgefühl, ein Wort für sich allein zu haben so wie ein
68
Abdellatif Belfellah
Zimmer für sich allein zu bewohnen: Sprache bewohnen, von ihr bewohnt
werden! Ach, Du lieber Mund, der Fisch hat gesprochen – ja es sei!
(…)
In seinem Verständnis sei Sprache, daseinsmäßig gesprochen, eine unsichtbare, wohl sprech- und hörbare Größe gewesen, da die Zugehörigkeit allein
durch die, nicht institutionell, sondern grammati(kali)sch erfassbare, Mundrechtfertigung begründet werde – in Erinnerung an die verborgene Kirche, an
deren verborgenen Mund, an Martin Luthers Gottesbildungsroman: So geh
nun hin, ich will mit deinem Mund sein und dir lehren, wie du es sagen kannst.
Was wollte er sagen? Ob es sich um eine Sprache handle, welche Dir keine
Sprache sein könne? Ein Haus, welches Dir kein Haus sein könne? Letzten
Endes entschied das Wort – des Wortes letztes Wort. Nicht um eines Wortes
Reiz ging es. Denn anderes als diese Mundwahl und deren Verwirklichung
auf Grund von Wortverwandtschaften innerhalb bloßer Sprachgrenzen: die
hiesige Sprache. Auf dem Wortspiel standen Wörter, die sich erfinden, ihn in
deren Worterfindung unterbringen ließen. Diese nahmen ihm die Illusion, ein
Ganzes, ein Vollendetes gewesen zu sein. Nachdem Sprache ihn vor vollendeten Mund gestellt hatte, stellte sie ihn nun vor vollendetes Sein, nun vor vollendetes Dasein: Er solle sprechen – einstweilen!
Die Mischung aus Forderungen und Herausforderungen versetzte ihn in den
Zustand des Vielleichts – ins Gefüge des Magseins.
(…)
Dem Artikel drei des Grundgesetzes fehle seinem Rechtsempfinden, also seinem Sprachempfinden, ein vierter Paragraph, niemand dürfe wegen seiner
mythologischen noch literarischen, also sprachlichen Anschauungen und wortlichen Erfindungen und Prägungen benachteiligt werden. Dieses Recht auf
sprachliche Wende im Sinne beweglicher Ontologie hätte er mit vergnügten
Augen in die Erklärung der Menschenrechte aufgenommen gesehen. Daneben: Charles Baudelaires Wunsch Le droit de s’en aller – das Recht wegzugehen. Im Grunde genommen ein Recht auf nichtursprünglichen Ursprung, auf
nichtetymologische Etymologie – die erfundene Genealogie auf die Gefahr
eigener Philologie: das Alter der Selbsterfindung in dieser oder jener Sprache
anhand eines volljährigen Mundes zu erreichen – die Sprache gewähre, die
Politik verweigere.
(…)
Ob das Beiwort groß das Wort Größe groß mache? Müsse er sich stets erfinden?
Ja, er mußte sich täglich erfinden! Möglich wär’s, sich in nicht ursprünglicher
Sprache Mythen und Existenzen zu erfinden – zu ersprechen!? Ob es möglich
wäre, deren Erfindung zu vergessen, nachdem man sie erfunden habe? Der
Maler malt sich aus Farben Wirklichkeiten und Landschaften. Müsse er die
Memoiren eines Wendehals schreiben: Wie man sich schnell Neuem anpasse
und noch schneller Altes verleugne? Wie könne er Hiesiger sein ? Die Antwort: Wie konnte er das sein, was er war? Das werden, was er ward? Ach, Du
lieber Mund, der Fisch hat gesprochen – ja es sei!
© Mechthild Rottkemper
Adelbert-von-Chamisso-Förderpreis 1998
geboren 1954 in der Hafenstadt
Asfi in Marokko, 250 km südlich
von Casablanca. Nach dem
Baccalauréat (Lettres Modernes)
am Gymnasium Ibn Khaldun
Studium der Philosophie und
Literatur an der Universität
Mohammed V in Rabat, Abschluß
an der Sorbonne (Paris I). Filmclub-Moderator und Französischlehrer am Collège Moulay Youssef
in Asfi. Von 1978 – 88 Aufenthalt
in Paris, unterbrochen von Reisen
durch Europa, Afrika, Asien, Nordund Südamerika. 1988 Übersiedlung nach Deutschland, DeutschStudium an der Universität
Münster/Westfalen. Seit 1991
Veröffentlichungen in deutschen
Anthologien, in lit. Zs. und Tageszeitungen sowie im Radio (u.a.
ad libitum, Chiffre, die horen, Die
Weltbühne, Freitag, Neues Deutschland, Frankfurter Rundschau, Lettre
International). Seit dem 11. Mai
2000 deutscher Staatsbürger.
--> Bibliografie S. 116
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Aus: Teestunden am Ring
Güney Dal
Exil bedeutet Angst.
Ob man nun wegen politischer oder ökonomischer Probleme, oder aber
wegen solcher mit seiner eigenen Innenwelt in die Verbannung, in das Exil
geschickt wird, bzw. sich dorthin aufmacht, immer flieht man dabei vor einer
Summe von Ängsten und stürzt sich in das Unbekannte, das man Exil nennt,
taucht hinein und überläßt sich einer Welt der Ängste, die noch verwickelter
und hoffnungsloser ist. Dort findet man sich plötzlich in noch größerer Ausweglosigkeit wieder. »Ein Baum wird entwurzelt«, »ein Berg verpflanzt« – und
der Mensch, der in die Verbannung, ins Exil geht, ist nicht mehr der alte, ist
nicht derselbe wie vor der Verbannung. Selbst wenn die Bedingungen für
eine Verbannung oder ein Exil nicht mehr vorhanden sind, lassen sich die
Spuren der Vertreibung und die daraus erwachsenen Ängste, die gelegentlich
das Atmen schwer machen, aus den Tiefen von Psyche und Hirn eines Menschen nie wieder entfernen. Beständig ist er in Sorge; selbst wenn er an einem
wirklich »sicheren« Ort wohnt, wo niemand hinkommen kann und die Türen
ganz fest verschlossen sind, taucht bestimmt von irgendwo jemand auf und
will ihn auf seine Weise und mit Methoden foltern, an die er nie gedacht, auf
die er nie gekommen wäre. Denn im Exil, in dieser Wartezeit, hat er sich so
viele verschiedene Phantasien ausgemalt, hat sich vorgestellt, wie er selbst,
seine Kinder, seine Frau, wie alle möglichen Menschen, die ihm nahestehen,
gefoltert und gequält werden, und er kann sich ein Leben ohne Angst gar
nicht mehr denken. Mit der Seele ist der Leib, mit dem Leib ist nun auch stets
die Seele krank. In O. M. Grafs Die Flucht ins Mittelmäßige sagt Martin:
»Unsere Emigration fängt doch jetzt an, nachdem der Krieg vorüber ist. Bis
jetzt war’s doch bloß eine Wartezeit! …« Und das »Warten« geht ein Leben lang
weiter, selbst dann, wenn alle Bedingungen für das Exil aufgehoben sind …
Die Angst, die einen Schriftsteller dabei am stärksten ins Schwitzen
bringt, ist die, seine Muttersprache, die er ins Exil mitgebracht hat, könne
dort geschwächt, sie könne, da sie dort weniger oder gar keinerlei Nährquellen
findet, mit der Zeit in Vergessenheit geraten. Stefan Zweig schreibt in einem
Brief an Felix Braun, ständig eine Fremdsprache benutzen zu müssen, ermüde sein Hirn, es überkomme ihn die Angst, er könne seine eigene Sprache
vergessen.
Es ist mir immer schwergefallen, nach den Stunden der Arbeit in die
»deutschsprachige Welt« hinüberzugehen. Wenn ich gleich nach den Stunden der Arbeit mit dem Briefträger, meinen Nachbarn, dem Kaufmann rede,
gerät meine Zunge ins Stocken, ich brauche Zeit, die deutschen Wörter aus
den türkischen herauszusortieren, und natürlich wartet auch mein Gegenüber nicht immer geduldig.
© Isolde Ohlbaum
Adelbert-von-Chamisso-Preis 1997
1944 in Canakkale, Türkei, geboren,
wuchs in Anatolien auf. Er studierte
in Istanbul Romanistik, arbeitete
als Landvermesser, Synchronsprecher, Buchhändler und Journalist. Seit 1972 lebt er in Berlin.
Er erhielt zahlreiche Literaturpreise, 1976 den Romanpreis des
Istanbuler Millyet Verlages sowie
1980, 1983 und 1986 Literaturstipendien des Berliner Senats.
--> Bibliografie S. 118
Aus: Berlin – Eine Ortsbesichtigung. Kultur, Geschichte, Architektur.
Berlin: Transit Verlag, 1996
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71
Maskenfiebrig eigen
oder die gemeinsame Lust am Spättle
Auszug aus dem gleichnamigen Essay
Es gibt Seelenfenster, die sich nur hin und wieder öffnen. Es gibt eine vertraute Zartheit ins Eingehegte der Vorstellungen vom Ich und dem Verlangen,
sich selber Ort zu werden. Die Sehnsucht, ein anderer zu sein. Den verborgensten Geheimnissen auf der Spur, um auszuloten, wer man ist. Auch ist.
Zumindest aber ein Aug voll dessen zuzulassen, was man hin und wieder sein
möchte und ob der Verhältnisse nicht sein darf oder kann. Dann ist unter
anderem Fastnacht. Narrenfieber, Maskenzauber, Spattenzeit. Zauber, der das
Flickwerk Leben um ein paar ausgelassenere Tage sicht- und hörbarer macht.
Ein Gefühl von Katzenmusik, die sich die Nacht unterwirft.
Vielleicht sind aus diesem Verlangen heraus, das bestimmt eines immer
war und ist, eine Notwendigkeit ins Überleben, ins Erträglichere des Lebens,
auf der Landkarte der schwäbisch-alemannischen Fasent die unterschiedlichsten Figuren entstanden, die wir als ihre Liebhaber bis heute herzen wie
Seelenverwandte oder notanrufen wie Komplizen. Manch einer verzärtelt
und küsst sogar die Maske, bevor er das filigrane Holzschnitzwerk anlegt und
sich dem Andergesicht offenbart. Die Hausacher Spättlemadlee ist ein solches
Eigenwesen, das vom Innersten nach außen treibt, die Innerzeit hervorkehrt.
Eine leibhaftige Gruselvettel. Ein heruntergekommenes Altweib mit dem
unberechenbaren Lauerblick der hämischeren Art unter einer Runzelstirn,
dessen Drohgebärde zum feisten Bockssprung anzusetzen scheint und bei
näherem Betrachten dann doch nur datschsatt platt vom Strohschuh schleicht:
rockzahm, altweiberpätrig und die Straße schlürfend. Auch diese Gleichzeitigkeit schminkt ihr Wesen aus. Immer ein Doppeltes. Immer ein in sich zwiefaches Gesicht. Alte, gutbeseelte Jungfer und zwielichtiges, straßentriebiges
Mannweib.
Gezielt, hinterhältig, mit Spottlust teuflisch, um sich kurz danach doch wieder weich und schunkelanschmiegsam im Frohsinn zu verschnurren. Ein
Maskenspiel ins Schattenlicht. Gepaart mit einem Kribbeln aus Tollerei und
Angstneugier. Ein Kribbeln, das niemals fehlen darf. Furchtanspannung, die
sich schließlich in einem Lachen auflöst. Humor als kleine Wiedergutmachung.
Spaß und Ausgelächter. Seelenglück.
Verwandlung also. Der Mensch in seinen Widersprüchen. In seinem übermütigen Größenwahn. Zwischen Pfauenfeder und Eselskappe. Ein Ausleben
der Gegensätze vor der Demutshaltung unterm bewusst empfangenen Kreuz
am Aschermittwoch – Memento mori! Immer aber ehrlich in seinem Durst
nach sich selber. Ohne den zeitschnürenden Terminkalender der Verpflichtungen aus Alltag und Wiederholung und doch darum wissend, dass diese
nicht abzuschütteln sind und die Fünfte Jahreszeit allenfalls eine Atempause
bedeuten kann. Nicht mehr. Nicht weniger. Nicht existentiell wie es in früheren, vermeintlich unaufgeklärteren und undemokratischeren Zeiten gewesen
sein mag, aber entspannend und Luft holend, wo die Uhr zur ungeduldigen
Jägerin geworden ist. Eine Zeitflocke Harlekinaden und Verrücktheiten mit
tieferem Sinn. Den Schalk im Narrennacken.
Das Hausacher Spättle, das auf den ersten Blick ein roheres Exemplar der
dreisten Bocksgeschöpfe verkörpert und also doch viel mehr ist als nur der
ewig nachgebildete Mythos eines lüstern schamlosen Hexenweibes im prallen Spiel um die Phantasien derjenigen, die sie sich ausgedacht und als Narrenfigur nachgeschöpft haben. Das Häs ist Wirklichkeit und Vorstellung der
Wirklichkeit. Und diese liegen wie so oft sehr nah bei- wenn nicht gar ineinander.
© Ralph Weber
José F. A. Oliver
Adelbert-von-Chamisso-Preis 1997
1961 in Hausach im Schwarzwald
als Sohn andalusischer Eltern geboren, er lebt dort als freier Schriftsteller. Für seine dichterischen
Arbeiten erhielt er unter anderem
1989 das Literaturstipendium der
Kunststiftung Baden-Württemberg, 1994 das Aufenthaltsstipendium des Berliner Senats im
Literarischen Colloquium Berlin
und 1996/97 das Stipendium der
Kurt-Tucholsky-Stiftung Hamburg.
Im Jahr 2000 arbeitete er mit
einem Stipendium in der Villa
Waldberta in München, 2001 war
er Stadtschreiber in Dresden.
2002 Gastprofessor und »writerin-residence« am Massachusetts
Institute of Technology in
Cambridge (USA) und 2004 Stadtschreiber in Kairo.
--> Bibliografie S. 122
Maskenfinster ins Verruchtere und rätselschämmig zottelt sie ihre Haarsträhnen ins Gesicht, als gelte es den auggehöhlten Blick nur schattenweise
preiszugeben. Als gelte es nur konturenhaft anzudeuten, was eigenschaut und
das Offene sucht im Verborgenen einer Dorfgeschichte aus Überliefertem
und Erfundenem.
Grinsmäulig und eckzahnscharf. Mit vollen Lippen ein Faltenbündel
unter Warzen. Herausspringende, schaurig nackte Glubschaugen, die lauernd auf der bloßen Hexengabel ihrer Blicke sitzen, um launig loszustechen,
das anvisierte Opfer in das Scharmützel aus »Gut und Bös« zu bannen.
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Wortschaft
Aus: Wandersteine
Erst im stummland
rantia« wird gefragt. Es kommen die Zeiten der Maß-Regelungen überall und
allerorts. Bald werden wir sehen: diejenigen, die kein Selbst haben, werden
keins finden. Die Prediger der unerschöpflichen Originalität eines jeweiligen
Stammes, entdecken sie in der Uniform der Milizen.
© Renate von Mangoldt
Jirí
ˇ Grusa
ˇ
Ehrengabe zum Adelbert-von-Chamisso-Preis 1997
bin ich stumm geworden
das tier
das schweigsam
bedeutet
und wacht
unsagbar
im raum
des redens
Rede über Deutschland
Auszug aus: Reden über
Deutschland 3. München:
C. Bertelsmann, 1992
74
Wenn Begriffe wie Wahrheit, Freiheit, Einheit – und ihre politischen Abbilder
wie Identität, Selbstbestimmung und Nation – ihre Grausamkeit verlieren sollen – die sie ja seit eh und je besitzen, müssen wir fähig sein, sie als freie, wahrhaftige und einheitliche Menschen zu denken. Es ist an der Zeit, im Osten aus
dem Dissens den Konsens zu machen. Und es ist an der Zeit, bei Ihnen im
Westen, Dissens zu suchen, dort wo man im Namen des Konsens eben nur Ganzheit sucht. Falls Deutschland nicht wieder wie eine Wanderniere Europas
herumirren will, muß es seine Einheit verkraften. Denn sie ist kein Bauen, sondern ein Backen. Ein Vorgang, kein Unternehmen. Die Elemente, die Ingredienzen, die hier in Verbindung treten sollen, können es, müssen es aber nicht
tun. Hitze, Zeit und Zutaten sind einzuhalten, nicht herbeizutrotzen. Mit anderen Worten, die bei den Deutschen so ungeliebte Tugend des Maßes »Tempe-
Es war einmal ein Deutscher, der uns Slawen die gute Nachricht brachte, wir
seien göttlichen Ursprungs. Er flößte uns Selbsteinschätzung ein und drückte
uns ganz ahnungslos eine antideutsche Waffe in die Hand. Doch Herders
Göttlichkeit der Völker, von der hier die Rede ist, war keine Gotteseigenschaft der Nationen im Alltag. Eher ein Innehalten, ein Anerkennen des launischen Zustandekommens jedes Lebens, dieses Wunders, das nichts heilt, weil
es heil ist. Diejenigen, die in falscher Anlehnung an Herder ihre Identität
selbstisch finden möchten, um einen Selbstbedienungsladen zu eröffnen, in
dem alles zum Selbstverständnis wird, sollten mal zu dem O-Ton greifen, –
medikamentös.
Denn es steht dort wörtlich:
»Was in den Herzen Anderer von uns lebt,
ist unser wahrhaftes und tiefes Selbst,
was mit der weiten Welt uns einet, was,
uns innern Frieden schafft im Sturm der Zeit,
uns Frevel übersehn, vergessen lernt,
und mild erkläret, wie denn und woher
der Tot ein Tor sei, ist ein großes Selbst …«
Dieses präromantische Gedicht als Lektion der Postmoderne … möchte
ich den Deutschen geben … auf den Weg zur Einheit – als Hilfe zur Selbsthilfe.
1938 in Pardubice, Böhmen, geboren. Studium der Philosophie
und Geschichte an der Karlsuniversität zu Prag, 1962 Promotion
zum Dr. phil., Tätigkeit als Redakteur, Lektor, Herausgeber verschiedener Zeitschriften, 1970 Berufsverbot wegen kritischer Stellungnahmen. Arbeit in einer
Werbeagentur, einem MarketingInstitut, als Polier und Angestellter
einer Baufirma. Aktive Beteiligung
am »Prager Frühling«, Unterzeichner der Charta 77 und Mitbegründer des Untergrund-Verlags
»Edice petlice«. Nach Erscheinen
des Romans Der 16. Fragebogen
1978 inhaftiert, nach zwei Monaten auf Intervention von Heinrich
Böll freigelassen. 1981 während
eines Auslandsaufenthaltes gegen
seinen Willen ausgebürgert, arbeitete Jirí Grusa in Bonn, zunächst
als freier Schriftsteller im Exil,
dann 1990 Botschafter der CSFR
in Bonn, 1993 Botschafter Tschechiens, 1997 Minister für Bildungswesen, Jugend und Sport in Prag.
1998 –2003 Botschafter der
tschechischen Republik in Wien,
dann Präsident des Internationalen P.E.N.-Clubs und seit 2005
Direktor der Diplomatischen Akademie Wien. Er erhielt zahlreiche
Auszeichnungen, u.a. 1996 den
Andreas-Gryphius-Preis, 1998 den
Internationalen Brücke-Preis,
Görlitz, den Inter Nationes-Kulturpreis, 1999 die Goethe-Medaille
und 2006 den New Culture of
New Europe Award.
--> Bibliografie S. 119
^
verstand ich
Die Selbstbestimmler werden fremdbestimmt und werden sich darüber nicht
einmal sehr wundern. Die Schaffer der Ministaaten werden sich einmal dafür
verantworten müssen, ihre Völker aus dem Wettbewerb anderer Nationen
hinausgeworfen zu haben. Um das Aufkommende zu meistern, brauchen wir
Deutschland. Oder besser: Wir brauchen eine Bundesrepublik, die ihre DDR
verdaut hat. Der Friede Deutschlands mit seiner Geschichte ist auch unser
Friede.
^
erst im stummland
75
Slavia in Berlin
Ich nahm Abu Simbel von meinen Kamerun und ging Los Angeles,
verabredet um drei Uhr.
Ein Sonntag mit leuchtenden Aluminiumblättern
in Berlin.
Zigarettenautomaten waren Heilbronn,
Fahrkartenautomaten waren Kapstadt.
Die Maschine nahm meine Europa nicht an,
weder München noch Scheine.
Willst du dann in den Schwarzwald fahren?
Nein, aber ich war spät dran,
mußte ein Texas nehmen.
»Nach Prag, bitte«, sagte ich,
»Prag auf der Stubenrauchstraße,
Ecke Wiesbadenerstraße!«
Der Texasfahrer schaute mich besorgt an.
»Sinai, Sinai, Sie finden dort kein Prag!«
»Abu Dhabi ich muß nach Prag!«
Wir fuhren südwärts,
Strassenschilder flogen vorbei,
unbekannte und bekannte Namen,
ohne Bindestrich miteinander verbunden.
Mein Kummer
ist eine Komma, nach der alten Rechtschreibung eingesetzt.
Und dann
ein Punkt – er ist weder alt noch neu.
»Hier sind wir, aber wie gesagt ...«
»Lassen Sie mich dann hier Australien!«
»Hier Ägypten es aber kein Prag.«
»Ich werde sie schon Finnland.«
Ein Sportplatz, eine Graz bewachsene Baustelle.
Von der Richtung Rheingaustraße
kamst du in einer Leopardenjacke.
»Ich habe Dir den Ort falsch beschrieben«,
sagtest du zu mir.
Dann hast du mir den Kopenhagen abgenommen,
ihn getragen, die Tür geöffnet,
meinen Montreal abgenommen und ihn aufgehängt.
Den hellsten Tisch am Fenster fanden wir ohne Stadtplan.
Eine Kellnerin kam, stolperte,
(Achtung!)
und mein Wasserglas kippte feierlich um.
Sie mochte uns.
76
Auf der Speisekarte stand eine Jungfrausäule.
Was Süßes? Was Salziges?
(Du warst in K,
Ich war auch in K,
Ich werde in G sein,
Du wirst in T sein.)
Geographisches Gespräch mit
dem Dreieck einer Palatschinke.
Nur Italia sollte in der Tasse bleiben,
sie frißt meine Freunde auf und gibt sie mir nicht wieder .
Zum Glück gibt es aber Hamburg,
und selbst wenn Hamburg ...
ist immer noch Hamburg ...
Den Hafen auf der Zunge singen lassen,
um ein Lächeln aus deinem Gesicht herauszulocken.
»Aber ich werde dich auch dahin begleiten,
wo kein Name mehr wächst.«
Ein weiteres Lächeln gewonnen.
In Kalifornien warst du ein Reh,
in San-F, in San-D,
Ich aber war in einem San-atorium,
dort blühte eine Akademia,
nicht berühmt aber duftend.
Ich hatte eine botanische Tür hinter mir geschlossen, wollte
nur noch für dich schreiben,
weiter schreiben, fleißig Arabien,
aber doch nicht heute!
Heute ist für das ewige Kaffeetrinken reserviert.
Ein Faya brennt in mir, es kennt keine Grenzach.
Zu spät. Du bist schon aufgestanden,
die Rechnung in der Hand.
Auf dem Boden kriechend suche ich nach dem Sekundenzeiger,
der aus deinem Mund gefallen ist.
Wie lautet der Name der Stadt,
der nie endet?
Seine erste Silbe fällt mir nicht ein.
An ihrer Stelle beginnt schon deine Abwesenheit.
Der Vorhang fällt.
Das Licht geht aus.
Und das Publikum? Ab-Laus!
Laos liegt in der Ferne,
fast wäre ich dort gewesen,
in einem anderen Leben vielleicht.
Du gehst in den Taunus zurück,
und ich fahre zu dem Bahnhof Nirgendzoo.
© Isolde Ohlbaum
Yoko Tawada
Adelbert-von-Chamisso-Preis 1996
1960 in Tokyo, Japan geboren.
Seit 1982 lebt sie in Hamburg, wo
sie Literaturwissenschaft studierte und auf japanisch und deutsch
zu schreiben begann. Seit 1986
Veröffentlichungen in Deutschland und Japan.
Sie war 1997 als Stipendiatin der
Villa Aurora (Feuchtwanger-Haus)
in Los Angeles und 1999 als Max
Kade Distinguished Visitor am
Massachusetts Institute of Technology, 1998 Poetik-Dozentin an
der Universität Tübingen. 2001
war sie »Writer in Residence« im
Literaturhaus Basel, im Winter
2004/05 als Stipendiatin des
Deutschen Literaturfonds in New
York.
Sie erhielt zahlreiche Preise in
Japan und Deutschland: unter
anderen 1991 den Gunzô-ShinjinBungaku-Shô, 1993 den Akutagawa-Shô, 1994 den Lessing-Förderpreis der Freien und Hansestadt
Hamburg, 2000 den Izumi-KyookaLiteraturpreis, 2002 den Bunkamura Prix Des Deux Magots, 2003
den Ito-Sei-Literaturpreis und den
Junichiro-Tanizaki-Literaturpreis.
Ihre Theaterstücke (»Die Kranichmaske die bei Nacht strahlt«,
»Orpheus oder Izanagi. Till« und
»Wie der Wind im Ei«) wurden in
Graz und Hannover uraufgeführt
und international als Gastspiele
gezeigt. Zusammen mit der Pianistin Aki Takase hat Yoko Tawada
2002 die CD »diagonal« eingespielt.
www.tawada.com
--> Bibliografie S. 124
77
Gegenglocke
Geläut für die Toten von Deutsch-Zerne
Dennewitz
Die Häuser, in Deckung
© Renate von Mangoldt
Marian Nakitsch
Adelbert-von-Chamisso-Förderpreis 1996
der Linden, haben die Torbogen gespannt.
1 Josef, Anna, Peter, Magdalena,
diese friedlichen Leute der Ebene,
Der Dorfplatz zeigt die Pflastersteine
die Furchen hinterließen wie Boote
Wie Zähne.
und hinter deren Lippen in zwei Reihen Maiskörner reiften,
wurden zur Beute
Selbst das Bülow-Denkmal
von Russen, Serben und Zigeunern.
ist in Stellung.
2 Bestien streiften deutsche Trachten über,
ihre Körper waren
nichts als ein Glied, sie drangen
in die versteinerten Frauen ein, auch mit Geschossen.
Die Männer, lebende Schlagzeuge,
wurden zu Tode getrommelt.
3 Dann traten die Ställe an die Straßen,
1952 in Novska, Kroatien, geboren.
1967–1970 Maurerlehre. 1970
erster Besuch bei seiner ausgewanderten Familie in Deutschland.
Studium der Ökonomie in Agram
(Zagreb); autodidaktisches
Deutschstudium. Seit 1974 Veröffentlichung von Lyrik, Erzählungen und Essays in jugoslawischen
Literaturzeitschriften und Nachdichtungen angloamerikanischer
und deutschsprachiger Autoren,
seit Anfang der 80er Jahre schreibt
er deutsche Gedichte. 1994
Übersiedlung nach Deutschland,
Marian Nakitsch lebte erst in
Werl/Westfalen, seit 1996 in
Berlin.
Er erhielt mehrere Auszeichnungen, u.a. 1992 den LiteraturFörderpreis der Jürgen-PontoStiftung und 1995 den AndreasGryphius-Förderpreis.
--> Bibliografie S. 121
im Kirchturm läuteten große Kuhglocken,
getrieben wurde ein Volk in Herden.
4 Die Erniedrigte erhob sich in die Umarmung
des Strickes, den Himmel zu küssen;
Im Hohen Fläming
Reiterlose Pferde,
die Erde küssend.
der Nackte, durch Genickschuß
zur Skulptur geworden, fand Zuschauer.
Gepflügt
der Hangschatten des Waldes.
Die schöne Frau Stiebel
78
trug ein Kleid aus Brandwunden,
Im ergrünenden Feld
das Partisanen ihr bügelten.
Steine wie Hasenrücken.
79
György Dalos
© Doris Poklekowski
Adelbert-von-Chamisso-Preis 1995
Russe sucht Russin
Laut einem der hungrigen Witze der postsowjetischer Diaspora in Deutschland sagt der Unternehmer dem russischen Bewerber: »Zunächst zahle ich
Ihnen monatlich tausend Euro, später kann das Gehalt höher werden.« –
»Dann komme ich eben später wieder«, antwortet prompt der Immigrant.
Juden aus der ehemaligen Sowjetunion haben philosophischere, aber
auch schwärzere Scherze im Reisegepäck. Nach einem »Anjekdot« aus diesem Milieu soll der Messias auferstanden sein und die Erde besucht haben.
Alle sind begeistert, die ganze Menschheit feiert, allein der Rabbi Liebermann
nimmt an keiner Massenansammlung teil. Schließlich verliert der Messias
seine Geduld und besucht den Rabbi persönlich:
»Liebermann, wie lange soll ich noch auf Sie warten?«
Darauf der Rabbi im galligen Ton: »Und das fragen ausgerechnet Sie!«
Ja, der Erlöser hat es offensichtlich nicht eilig mit den hunderttausenden
von Russen, die im Besitz eines alten, zerknitterten sowjetischen Reisepasses
im goldenen Westen gelandet sind. Das einzige, womit man sie verwöhnt, ist
die Presse. Allein in der Bundesrepublik existiert mehr als ein Dutzend russischer Zeitungen, nicht gerechnet die Beilagen »für unsere Landsleute« der in
Moskau erscheinenden Blätter. Wenn ich durch Deutschland reise, oder auf
Urlaub anderswo in Europa bin, sehe ich in den Zügen immer wieder Russen,
die in ihren Zeitungen lesen und – insoweit das der taktlose Blick über die
Schulter errät – vor allem den Annoncenteil studieren. Sie lesen Ausschreibungen von Stellen, Billigflügen und Eheanzeigen – Russe sucht Russin oder
umgekehrt, jedenfalls eine menschliche Beziehung, die in der Muttersprache
aufblühen kann.
Die Völkerwanderung aus der UdSSR ist keiner früheren Massenemigration ähnlich. Wenn berühmte russische PopsängerInnen wie Alla Pugatschowa,
Rosenbaum oder Schufuntisinkij durch die Welt reisen, können sie von Prag
80
über Berlin und Paris bis Jerusalem auf begeisterte Fans rechnen. Das ist ein
Publikum, das zwar sein Land verlassen hat und im Vergleich zu dessen
Bevölkerung eindeutig besser (obwohl auch nicht im westlichen Wohlstand)
lebt, das aber niemals ganz an dem neuen Bestimmungsort angekommen ist.
Dieses Exil ist, außer der Tatsache, daß das Imperium, in dem sie ihr wahres
Leben zurückgelassen haben, nicht mehr gibt, grundsätzlich unpolitisch. Und
wie sagt es Brecht? »Wenn das Haus eines Großen ⁄ zusammenbricht, ⁄ werden
viele Kleine erschlagen« … Der doppelzüngige Westen bezeichnet sie allzu
leicht als »Wirtschaftsflüchtlinge«. Als ginge es um eine noch so bescheidene
Profitsucht und nicht um die Existenz selbst.
Ich habe fünf Jahre meiner Studentenzeit in Moskau verbracht und kenne
diese Leute, wenigstens aus der eigenen Generation. Das sind die Musiklehrer, die lieber arbeitslos im trostlosen Bielefeld leben, denn als Kfz-Fahrer in
Donetsk zu schuften. Außerdem hat ein Teil von ihnen eine berechtigte Angst
vor der »historischen Heimat«, in der scharf geschossen wird und der Ingenieur aus Taganrog oder der Arzt aus Kemerowo weder mit Juden noch
Palästinensern sprechen kann.
Die deutschen Behörden scheinen doch eine Ahnung von der sozialen
Lage »ihrer« RussInnen zu haben, denn in den Zügen niedrigerer Klasse liest
man neuerdings nicht mehr nur serbokrotaisch, polnisch oder türkisch, sondern auch in Puschkins Sprache die Warnung: »Die ›verehrten Reisenden‹
ohne gültiges Ticket müssen Geldstrafe zahlen«.
Dies ist auch eine Form der Integration.
1943 in Budapest, Ungarn, in
einer jüdischen Familie geboren.
Studium der Geschichte an der
Moskauer Universität. 1964
erschien sein erster Lyrikband in
Ungarn, und er wurde Mitglied
der Ungarischen Sozialistischen
Arbeiterpartei. 1968 wurde er in
einem politischen Prozeß zu Gefängnis mit Bewährung und Publikationsverbot verurteilt. 1977
schloß er sich der demokratischen
Opposition in Ungarn an. 1984
Stipendium des DAAD und Arbeit
an der Forschungsstelle Osteuropa an der Universität Bremen, seit
1984 abwechselnd in Wien und
Budapest, Mitarbeit bei deutschen
Rundfunksendern und Zeitungen.
1992–1996 Vorstandsmitglied der
Heinrich-Böll-Stiftung e.V. Köln,
1995–1999 Direktor des ungarischen Kulturinstituts in Berlin und
literarischer Kurator des Schwerpunktthemas »Ungarn unbegrenzt«
auf der Frankfurter Buchmesse
1999. Mitglied der Sächsischen
Akademie der Künste, 1998.
1999 erhielt er den Gryphius-Sonderpreis, 2000 »Goldenes Plakett«,
die persönliche Anerkennung des
Präsidenten der Republik Ungarn.
Zur Zeit lebt er als freischaffender
Autor in Berlin; einige seiner
Bücher erschienen übersetzt in
England, Frankreich, Dänemark,
Schweden, Japan, Türkei, Portugal, Rußland, Australien, Israel,
den USA und den Niederlanden.
--> Bibliografie S. 118
81
die peitschenschläge der bandscheiben
literatur
natürlich
Liberté! Egalité! Fraternité!
freiheit
natürlich
natürlich unabhängigkeit
eingemauert im ich
aber solange ich schreibe
bin ich nicht verzagt
die schildkröte wird zum vogel
im wasser
»Es ist etwas in mir.
Was ist es nur!«
van Gogh
(unveröffentlicht)
82
schreiben
natürlich
veröffentlichen
natürlich
für all das
den preis bezahlen natürlich
viertausend zigaretten
eimer voll kaffee
für ein schmales bändchen
käse und wein
natürlich
natürlich poker spielen
meine herren!
die karten auf den tisch!
tacheles reden
natürlich
vor niemandes karren
spannen lassen
natürlich
einsamkeit natürlich
im ausgedehnten königreich
der verschwiegenheit
bis alles in mir vereint
gekrümmt über dem leeren blatt
als wäre es die quelle des lichts
das auge schärft sich
die hand wird sicherer
dann und wann
natürlich
und der morgen ist nicht verloren
ich begehre zu sein
ich begehre zu wissen
auf dem geflickten gehsteig
kleben dürre blütenblätter
an der ecke ein zerlumpter
dilettiert mit einer violine
ich blicke ins gesicht
CHOPIN
seltsame reinheit
ich wage nicht stehenzubleiben
staub fällt auf das gerippe
der stadt
mittagessen mit van Gogh
der mund voller asche
in den augen erloschenes gold
in den händen wüten die farben
immer noch immer noch
stillleben und landschaften
ich trinke absinth
natürlich absinth
aber mit wasser verdünnt
dann entspannt sich der tag
zwischen den steinplatten
büschel von mohn
das rot von unerhörter dichte
die blödsinnige lust
zu weinen
wohlan gastliche nacht
zu dir kehre ich zurück
die stille
natürlich
die stille
so weit
so weit
wie mein denken
© Barbara Csiba
Lászó Csiba
Adelbert-von-Chamisso-Förderpreis 1995
1949 in Mosonmagyaróvár,
Ungarn, geboren. 1966 erste lyrische Versuche. 1968 Übersiedlung
in die DDR. 1978 –79 Übersetzungen ungarischer Prosawerke und
Gedichte. 1981–86 Miniaturen,
Kurzgeschichten und Gedichte in
deutscher Sprache. 1987– 91
Direktstudium am Literaturinstitut
in Leipzig. Seit 1992 diverse Stipendien, u.a. des Kultusministeriums
des Landes Sachsen-Anhalt, im
Künstlerhaus Schloß Wiepersdorf,
in der »Art Stiftung Plaas«, Lindau
am Bodensee, des Kuratoriums
der Stiftung Kulturfonds, Berlin.
Rundfunklesungen beim WDR,
Köln, und MDR, Leipzig, Veröffentlichungen von Lyrik und Essays in
Zeitschriften (Am Erker, Neue Sirene, Blätter für Literatur SachsenAnhalt) und Anthologien. 2000
erhielt László Csiba ein Arbeitsstipendium der Robert Bosch
Stiftung für das Stück »Ich töte
Mozart nicht« (Uraufführung 2006
im Stuttgarter Renitenz-Theater),
2002 und 2005 Stipendien des
Kultusministeriums und der
Kunststiftung des Landes SachsenAnhalt, 2004 das Stipendium der
Batz-Foundation Kloster Altzelle/
Sachsen und 2004 das Aufenthaltsstipendium im Künstlerhaus
Wiepersdorf. Im selben Jahr nahm
er am internationalen »Poesie«Festival in Dornbirn/Österreich
teil und der Leipziger Komponist
Christian Kram vertonte seinen
Gedichtzyklus »Grasbrechen«.
--> Bibliografie S. 118
83
Auszug aus dem Romanmanuskript Die Frauen
Sabrina ist die Frau, die mich zu sich und in sich aufnimmt an jenem Abend,
an dem mir der in seiner Militärjacke als Friedensapostel getarnte Weiberfreund mein freches Maul stopft.
eine kleine wülstige Stelle. Ihr Körper wabbelt auf dir, passt sich an dich an,
füllt die Zwischenräume aus, bedeckt dich nahtlos und schwappt gleichförmig in einer wellenartigen Bewegung. Sie ist das Schiff, und du bist das Meer.
Die Nacht ist herbstlich kühl, es nieselt auf uns herab, sie hält mich um die
Taille, wärmt mich, blickt mich mit ihren Stahlaugen spöttisch, aber auch liebevoll an, als sei ich ein zu groß geratener Junge. Sie fragt nach meinem Anzug
ohne anklagenden Ton. Sie fragt, ob ich mich darin sicherer fühle; ich zucke
die Schultern, denke jedoch lange darüber nach.
Sie hat mich gepflückt, mit einer Selbstverständlichkeit, die mich anzieht
und vorsichtig stimmt. In der Küche stellt sie eine bauchige Flasche Strohrum
auf den Tisch und sagt: Das wird dich aufwärmen und beruhigen. Ich sitze als
Schüler in der Küche, doch ich bin lernwillig. Ich unterwerfe mich, bleibe
dabei aber hölzig und ängstlich.
Sie hat die Lederjacke über eine Stuhllehne gehängt und die halbhohen
Stiefel ausgezogen. Mit ihrem zerzausten schwarzen Haar, dem spitzen Mund,
dem scharfen Blick, der Adlernase wirkt sie wie eine Gangsterbraut. Sie
raucht Haschisch, ich huste. Sie habe die Tage, ob es mich störe – oder fragt
sie mich das erst im Bett?
Wir werden uns im Zoo den Zitteraal, die Pinguine und das Krokodil ansehen. Wir gehen Hand in Hand, sie erzählt von ihrer Diplomarbeit über das
Triebleben der Schimpansen. Verhaltensforschung. Zoologie.
Die Bindungen der Schimpansenpaare sind locker und veränderlich. Sie
bleiben nicht treu wie die Gibbons, die Kleinfamilien gründen, sondern erobern und lassen sich erobern je nach Lage und Möglichkeit. Die Männchen
kämpfen um die Weibchen, das scheint Sabrina zu beeindrucken, verlieren
aber nach der Paarung bald das Interesse. Eine Welt ohne Zärtlichkeit. – Wir
sehen in den Schimpansen unsere nächsten Verwandten, nicht in den
Gibbons, sagt sie.
Du wirst diese Frau eine Hure nennen, als du an einem Abend bei Freunden
die Fassung verlierst. Nicht wahr, Noral? Gleichgültig, beherrscht, bist du nur
mit solchen wie Martina. Dass eine Frau deine Theorien beansprucht, hältst
du nicht für statthaft.
Pass nur auf, Nerbal, dass sich deine Frau – die Frau, die telefoniert – nicht
plötzlich anbietet gegen Geld und dein Spiel spielt und sich die falsche
Unterwerfung vergüten lässt.
Vorstellungen hast du, eine blühende Fantasie, Noral.
Sagte schon meine Mutter.
Ich erinnere mich an jene Nacht mit Sabrina und an eine zweite. Du hast
in der Mansardenwohnung auf sie gewartet. Du hast dir ihr Nachtprogramm
auf einem Lokalsender angehört, du sitzt bei einer Flasche Rotwein mit ausgestreckten Beinen in der großen Küche und sehnst dich nach ihrer samtenen tiefen Stimme (zu tief für die kleine Person, denkst du). Du kämpfst mit
der Erregung in Erwartung des kommenden Morgens – und mit den feinen
Stichen der Eifersucht. Ihr Satz, du bräuchtest nicht auf sie zu warten, hatte
genügt, dich in ein leicht zitterndes Bündel auf jenem Küchenstuhl zu verwandeln.
Jetzt Noral, willst du plötzlich ein Paar mit ihr werden?
Ihre Stimme wiegt die Zuhörer von einem Musikstück zum nächsten – die
Musik etwas zu schrill für ein Nachtprogramm –, doch sie ist es ja, die ihr
moderato singt, gleichmäßig und routiniert, als begleite sie zarte Wiegenlieder.
Du hast Gedichte und einen Roman veröffentlicht, die Zeitungen haben für
eine Saison den Baikaldichter entdeckt und loben die saubere Sprache
(Baikal ist Schmutz und verwaschenes Leben, die Emigranten können kaum
ihre Koffer anschreiben), du wärst angesagt, gäbe es das Wort schon, doch du
blickst auch darauf mit der Überheblichkeit des Dichters auf alles Profane
und lehnst daher die besseren Verträge ab, mit denen du dich in der übernächsten Saison zum Großverlag hangeln könntest, du begegnest allen mit
demselben Jargon, der zu den zynischen älteren Freunden passt, den einzigen,
mit denen du dich triffst, und schmuggelst bösartige Blumen in das gepflegte
Ambiente – und einer, der mit seinem Manuskript hausieren geht und dich
voll labert an einem Fest schüttet sein Glas Rotwein über dich aus, nachdem
du dich absichtlich im Ton vergreifst. Sabrina wirst du verlieren, bevor dein
Abstieg in die Gewöhnlichkeit beginnt. Sie fällt nicht auf dich herein.
Wenn sie auf mir sitzt, schaukelt sie bedächtig wie ein großer Dampfer. Ich
bin auf einer Kreuzfahrt, denke ich.
Ihr Körper ist mollig und an den Hüften bilden sich weiche Wülste, die
Oberschenkel sind schlaff, und doch wirkt ihr Körper nicht dick. Er scheint
nur umgeben von einer zusätzlichen Schicht, unter der die Muskeln liegen,
einer sinnlichen Puddingschicht, in die du ohne Gefahr, sie zu verletzten,
deine Finger graben kannst. Während sie auf dir gondelt, behält sie die Augen
offen, betrachtet dich mit ihrem Sperberblick, so dass du zur Seite blickst an
irgendeine geblümte Wand, dich dann gehen lässt, die Augen verschließt.
Sandkörner, Meer und Muscheln ziehen an dir vorüber, du verteilst ihren
Schweiß über ihren Körper wie Sonnencreme. Wenn du aufschaust, siehst du
sie lächeln. Ihre Brüste sind groß und leicht hängend, wie Birnen. Deine
Hände bilden Schalen, in denen sie zittern wie Gelatine. Nun fährst du ihr am
Gesicht entlang, über das kantige Kinn, die runden Backen, die harte Stirn.
Stachelig stehen die struppigen Haare auf, im Nacken berührst du wieder
84
Dante Andrea Franzetti
© Susanne Kern
Adelbert-von-Chamisso-Preis 1994
1959 in Zürich geboren. Seine
Muttersprache ist italienisch, aber
er wuchs zweisprachig auf.
Studium der italienischen Literatur, Germanistik und Soziologie,
danach Lehrbeauftragter, Radiomitarbeiter in Zürich und Lugano.
Heute lebte Dante Andrea
Franzetti als Journalist und Schriftsteller in Zürich und Rom. Für
sein literarisches Werk erhielt er
zahlreiche Auszeichnungen.
--> Bibliografie S. 119
85
Hertzketten
Aus einer Kolumne
86
Es war im Sommer 1993 auf dem kroatischen Insel Mali Losinj, fast jeden
Abend sassen sie auf der Treppen und verkauften seltsame Ketten aus
Schneckenhausern. Der kleiner gebuckte mann sprach mit Deutschen Deutsch,
mit Italienern Italienisch, fünfzehn Kuna das Stück zahlen für die Ketten und
kleine Handarbeiten aus Garn. Hinter ihm sass alte Frauchen mit einem schönen Halstuch und wirkte abwesend, wie dass es ihr nicht gefiel das was der
Mann von ihren Knien machte. Sie schaute verlegen irgendwo in die Nacht.
Eines Abends, er sammelte schon die Halsketten in die Kartonschachtell
nahm ich mein Mut zusammen und sprach die beiden an. »Woher kommen sie
liebe Opa?«
»Aus der Hölle von Vukovar und meine Frau hat nachdem sie Vukovar
überlebt hat noch Monate im Lager Mitrovica verbracht.« Ich stelte mich der
Frau vor und sie nickte.
So sass ich noch manche Abende am Treppen neben den beiden und wen
keine Turisten kammen, erzehlten sie mich Stückweise ihr Leben.
Ihr Sohn sei umgekommen. Enkelsohn ist geblieben, ist hier auf der Flucht
mit ihnen. Wegen ihm lebt Baba Kata. Ja sie hatte schon vor dem Krieg den
Krebs gehabt, aber dan plötzlich, als die Krankenhaus im Vukovar nicht mehr
für so alte und aussichtslose Fälle Platz hatte, weil es so viele junge verletzte
gab, wurde sie nach Hause entlassen. Seit dem hat sie von Krebs nicht mehr
gehört, sagte sie, und ein verschmilztes lecheln erhelte ihre Augen.
Die Familie gehörte zur polnischen Gemeinde in Bosnien, es gab dreissig
Dörfer in Posavina ebene während der osterreichisch-ungarische Monarchie.
Sie züchteten beste Pferde in der Gegend und waren sonst begabte Handwerker. Er hat Tischler gelernt und sein Sohn auch. Seine Augen waren dunkel. Er war selbständig, hat darum keine Pension. Alles was er hatte war ein
kleines Haus in Vukovar.
ˇ
Dragica Rajcić
»Und wie ist das mit ihrem Hass auf die Serben, auf die welche Ihnen
soviel leid am ende ihres lebens angetan haben?« fragte ich Baba Kata. Sie
schaute mich etwas verwundert an und sagte dan: »Mit dem hass habe ich
nicht im Hut ich glaube an Gott und an Jesus Christus.« Da schwieg sie lange
wie um ein Gebet auszusprechen. Ihr Mann half ihr aufzustehen und so gingen sie zum Flüchtlingsheim.
Ich weiss nicht mehr, ob sie noch leben, ob ihr Haus in Vukovar repariert
wird.
Es wird mir in der Schweiz oft Frage gestellt nach dem hass und verzeihung. Bevor ich Antwort gebe, sehe ich Babas Kata gesicht und wiederholle
diese Geschichte. Baba Kata hat das mit sich aussgemacht. Sie hat im glauben
ihre wurzeln. Es gibt vielleicht noch unzählige solche Menschen in allen teilen meines Landes. Niemand spricht über sie, sie haben kein lobby, keine
Pension vielleicht, sie haben ihre nexten verloren und doch beharren sie am
leben und tragen ihre last mit der würde.
Ihre Geschichten werden unter Rubrik »kleine Leute« vermerkt oder
unter keine Rubrik, weil sie für kriegsantreiber keine gute ware sind. Man hat
sie auch aus den Wahllisten gestrichen, niemand weiss, was sie einstellen
könnten, wen, sie Wählen würden. Vielleicht werden sie eine Partei unter den
Namen »Die schöne kette« wählen und das werde schon ende und untergang
der kroatischmuslemischalbanischserbischmazedonischslowenisch-national
parteien bedeuten. Vielleicht werden sie einfach diese partei »Die schöne
kette« auf Europa ausdehnen, oder noch weiter. So sieht zukunft unter der
Herrschaft von Schnekensammlern und tischtuchhäklerin aus. Ich hoffe und
meine Stimme ist ihnen sicher.
© A. Galic
Adelbert-von-Chamisso-Förderpreis 1994
1959 in Split, Kroatien, geboren,
kam über Australien 1978 in die
Schweiz. Sie schreibt seit 1972;
Gedichte und Kurzprosa erschienen in kroatischen Zeitungen.
1988 Rückkehr nach Kroatien,
Gründung der Zeitung Glas Kastela
und journalistische Arbeit. 1991
nach Ausbruch des Krieges mit
ihren drei Kindern Flucht in die
Schweiz, Öffentlichkeitsarbeit
über den Krieg in Ex-Jugoslawien.
Ihre Theaterstücke »Ein Stück
Sauberkeit« (1995) und »Aufliebeseen« (2000) wurden in München,
Schaffhausen und am Stadttheater St. Gallen aufgeführt.
Sie lebt und arbeitet als Zeitungsredakteurin in St. Gallen.
1994 erhielt sie den Lyrik-Preis
Meran und 1995 den Förderpreis
St. Gallen.
--> Bibliografie S. 122
87
Der Liebesmantel
(unveröffentlicht)
88
Die Fahrt nach Braunschweig war problemlos. Die Züge hatten keine Verspätung. Ich hatte noch fünf Stunden Zeit bis zur Lesung. Schnell verstaute ich
meine Kleider im Schrank, warf einen Blick aus dem Fenster auf den bronzenen
Löwen auf dem Burgplatz und ging pfeifend die Treppe hinunter.
»Herr Schami! Eine Nachricht für Sie«, rief der Mann an der Rezeption und
lächelte routiniert und leer. »Bitte ruf mich an! Iblisos Braun«, stand auf dem
kleinen Zettel, daneben eine Telefonnummer. Warum ich das tat, was ich in
den nächsten Stunden getan habe, ist mir bis heute ein Rätsel. Ich rief an. Ein
Höllenlärm und dann eine Stimme, die mich erfrieren ließ. Sie hörte sich an
wie das Kratzen eines Messers auf einer Glasscheibe: »Sehr nett, dass du anrufst. Könntest du mir bitte helfen? Ich werde dich reichlich belohnen.«
»Wenn ich kann, gerne«, sagte ich aus Höflichkeit.
»Komm schnell, bitte!«
Ich verstand nichts. Wer war das? Wo sollen wir uns treffen?
»Im Lokal ›Zu den vier Leichen‹, beim Elvis«, sagte er. Als ich entsetzt »Wo,
bitte?« in den Hörer rief, lachte er, »›Zu den vier Linden‹«, antwortete er gekünstelt vornehm. Ihm genüge eine halbe Stunde, um mir seine Bitte vorzutragen.
Das Lokal befindet sich in der Wiesenstraße, im östlichen Ringgebiet, ein
schöner Stadtteil, Gründerzeit und Jugendstil. Es war voll und erinnerte mich
an manche Intellektuellenkneipe in Süddeutschland. Hinten in einer dunklen
Ecke winkte ein hässliches Männlein. Es grinste mich süffisant an. Die Ecke
roch nach Schwefel und faulen Eiern.
»Ich höre«, sagte ich und bestellte Wasser. Ich trinke nie Alkohol vor
Lesungen, weil ich mein Gedächtnis zu hundert und nicht zu neunundneunzig
Prozent beanspruche.
Weder der mitleidige Blick christlicher Erziehung noch Kurzsichtigkeit
konnte seine Hässlichkeit mildern. Es stimmte gar nichts an ihm. Gerne würde
ich ihn beschreiben, würde eine detailgetreue Beschreibung nicht wie eine
schlechte Karikatur wirken. Nur seine Augen waren nicht zum Lachen: Sie
waren klein, kalt und böse. Er erzählte eine tragische, wirre Geschichte von
einer Liebesaffäre zwischen ihm, einem armen aber jungen Teufel, und
Serenada, der wunderschönen jungen Gattin des mächtigsten aber zahnlosen
Satans. Er sei nun verdammt, in Braunschweig zu bleiben, seine Schöne jedoch
sei in einer Gruft unter dem Petersdom gefangen. Nur mit meiner Stimme
könne er die Wächter überlisten und sich bald mit seiner Geliebten vereinen.
Ich bekäme mein Gewicht in Gold.
Alles klang etwas überladen und übertrieben wie die Geschichten eines
Anfängers. Ich hätte lachen können, oder einfach aufstehen, mich höflich verabschieden und gehen, doch er begann – als könne er Gedanken lesen – bitterlich über die Schönheit seiner Geliebten zu weinen, so dass meine Hand gegen
meinen Willen seinen Arm streichelte. Und ich tröstete ihn, aber er weinte und
wollte nicht aufhören.
Rafik Schami
Doch so sehr ich Mitleid fühlte, ich konnte ihm nicht helfen.
»Warum ich?«, fragte ich, worauf er böse mit dem Zeigefinger auf einen
Mann zeigte, und der Rentner, der eben noch mit seiner Frau in ein Gespräch
vertieft war, begann einen frivolen Bauchtanz aufzuführen. Iblisos Braun
zeigte auf einen anderen vornehmen Mann, und dieser stand auf und begann
seinen Kopf gegen die Wand zu schlagen. Das Männlein schien über einige
Zauberkünste und über Macht zu verfügen. Ich warf einen Blick auf die Uhr:
»Ich muss leider gehen.«
»Und deine Stimme?«
»Die brauche ich noch ein paar Jahre.«
Er packte mich blitzschnell am Kragen: »Nur deine Stimme kann mich retten. Ich hätte dich getötet, aber die Liebe deiner Mutter hat dich ummantelt.
Ich kann dir aber das Leben in Braunschweig so zur Hölle machen, dass du den
Tag verfluchst, an dem du die Stadt betreten hast.«
Das mit dem Liebesmantel meiner Mutter hätte mir gefallen, wäre es nicht
aus seinem Munde gekommen.
»Lass los«, fauchte ich ihn an. Ich konnte seinen Mundgeruch kaum noch
ertragen. Er lockerte seine Finger langsam. »Solltest du bis heute Abend deine
Meinung nicht geändert haben …«, zischte er. Ich hörte nicht mehr zu.
Draußen herrschten sommerliche Temperaturen. Die Lesung war im Botanischen Garten unter der malerischen Süntelbuche angesetzt. Vierhundert
Leute saßen erwartungsvoll auf ihren Plätzen. Ich begann zu erzählen, und
das Publikum reagierte sensibel und bald vergaß ich Iblisos und wanderte mit
meinen Figuren in den Gassen von Damaskus umher.
Plötzlich erschien das Männlein in der letzten Reihe. Ich sprach gerade
den Satz: »Und der Himmel in Damaskus war damals beinahe so blau wie hier
über Braunschweig.« Einige lachten. Iblisos Braun wurde rot und zeigte mit
der rechten Hand steif gen Himmel. Seine Lippen bebten. Plötzlich wehte eine
starke Böe. Dunkle Wolken nahmen über uns Platz. Zwei Minuten später begann es zu regnen. Und nun erlebte ich die Überraschung meines Lebens. Die
Braunschweiger blieben sitzen. Sie ignorierten den Regen und lachten wie
fröhliche Kinder. Einige, die aus reiner Gewohnheit ihre Schirme mitgebracht
hatten, machten sie auf. Aber alle, ob beschirmt oder nicht, spendeten mir
tosenden Beifall, um zu sagen, dass sie weiter zuhören wollten.
Ich erzählte, fast zu Tränen gerührt, so gut wie noch nie. Ich, dessen Heimat
ihn ausgespuckt hat, finde hier, im angeblich kalten Norden, eine solche Liebe.
Und diese Liebe war es, die bald einen unsichtbaren aber mächtigen Schirm
aufbaute, mit dem sie die Wolken zur Seite schob. Die Sonne färbte wieder den
Horizont und der Himmel klarte auf. Ich zeigte dem Männlein unauffällig meinen Stinkefinger. Er stand entkräftet und wie verschrumpelt abseits.
»Aber beim nächsten Mal wirst du was erleben«, fauchte er mich von der
Seite an, Schwefel und faule Eier stanken aus seinem Mund, während ich ein
Buch signierte.
»Braun, schweig!!!« erwiderte ich mit nassen Haaren und hüpfendem
Herzen.
© Root Leeb
Adelbert-von-Chamisso-Preis 1993
Adelbert-von-Chamisso-Förderpreis 1985
1946 in Damaskus, Syrien geboren.
1965 –1970 Gründung und Leitung
der Wandzeitung Al-Muntalek im
alten Stadtviertel von Damaskus.
1971 in die Bundesrepublik ausgewandert, Arbeit in Fabriken und
als Aushilfskraft in Kaufhäusern,
Restaurants und Baustellen. Studium der Chemie in Heidelberg
mit Promotion 1979. 1971–1977
Veröffentlichungen in Zeitschriften
und Anthologien in arabischer
und deutscher Sprache. 1980 Mitgründer der Literaturgruppe Südwind und des PoLiKunst-Vereins.
1980 –1985 Mitherausgeber und
Autor der Reihe »Südwind-Gastarbeiter-deutsch« und der Reihe
»Südwind-Literatur«. Seit 2002
ordentliches Mitglied der Bayerischen Akademie der Schönen
Künste. Er lebt als freier Schriftsteller in Kirchheimbolanden.
Seine Bücher sind in 24 Sprachen
erschienen; zahlreiche Hörspiele,
auch auf MC und CD, sowie
Theaterstücke und Fernsehfilme.
Zahlreiche Literaturpreise, u.a.
Hermann-Hesse-Literaturpreis
1994, Preis der Deutschen Schallplattenkritik 1995 und 1996, Prix
de Lecture à deux voix 1996,
Hans-Erich-Nossack-Preis und
Storytelling World Award 1997,
Heidelberger Leander für Kinderliteratur 2002, Weilheimer
Literaturpreis und Kunstpreis
Rheinland-Pfalz 2003.
--> Bibliografie S. 123
89
.
Ismet Elçi
Unser Bruder berichtete, seit Tagen nichts gegessen zu haben und gefoltert
worden zu sein. Vier Stunden lang habe er bei fast zwanzig Grad Minus und
Schnee völlig nackt draußen im Gefängnishof stehen müssen, streng bewacht
von Soldaten. Während es das erzählte, unterbrach einer der Wächter und
erklärte, der Gefangene spreche nicht die Wahrheit. Er, der Wächter, wisse
genau, dass unser Bruder lediglich zwei Stunden habe nackt in der Kälte stehen müssen. Ich versuchte zu verstehen, wo genau der Unterschied zwischen
zwei und vier Stunden Frieren in eisiger Kälte liege. Je mehr ich nachdachte,
um so lauter meldeten sich meine Gedanken. Je lauter die Gedanken wurden,
um so mehr begannen nun die Bilder zu sprechen. Ich bat und schrie zum lieben Gott, dem Schöpfer des Universums, dass er die Zeit unbedingt für zwei
Stunden stillstehen lasse. Er tat es. Langsam legte sich alles, Ruhe kehrte ein
und tiefste Dunkelheit. Aus der gefrorenen Erde stiegen Nebel auf. Der Planet
Erde bewegte sich nicht mehr, alles Denken der Menschen war ausgeschaltet.
Jegliches Leben hielt inne, schien wie tot.
[…]
Mein Bruder brach dann das Schweigen und berichtete, er sei während der
Zeit, die er nackt in bittere Kälte ausharren musste, tot gewesen. Daher habe
sein irdischer Körper nichts wahrgenommen und kein Zeitgefühl gekannt.
Ein mitfühlender Zeitgenosse habe ihm später die Zeit genannt.
Als die Ideen laut wurden
»Die Muttersprache ist die Haut des Menschen,
die Fremdsprache ist das Kleid, das wir tragen.«
Sprichwort
Auszug aus dem unveröffentlichten Text »Die Feststellung«
Als ich im Februar 1991 in Berlin von der Verhaftung meines Bruders durch
türkisches Militär in der Stadt Elazig erfuhr, machte ich mich sofort auf den
Weg, ihn zu besuchen. Seit Jahren hatte ich nichts von ihm gehört und musste
nun ins Gefängnis, um ihn zu sehen. Mit einem zweiten Bruder aus unserer
ç standen wir vor der Staatsanwaltschaft und baten um BeHeimatstadt Mus
suchserlaubnis. Die Staatsanwalt aber erteilte uns zunächst eine Belehrung,
unser Bruder habe sich vom Separatismus zu distanzieren. Dann erst folgte
die Erteilung eines Besucherscheins. Wir machten uns umgehend auf den
Weg zum Gefängnis, in dem der Bruder bereits seit zwei Monaten saß. Das
hatten wir aber erst eine Woche vorher erfahren.
Voller Freude begrüßten wir ihn, nachdem wir siebenmal, entsprechend der
Anzahl der Gefängnistore, durchsucht worden waren und siebenmal die gleichen Fragen beantwortet hatten. Sieben Wächter überwachten uns und eben
so viele den gefangenen Bruder. Wir drei unterhielten uns, voneinander
durch dicke Gitterstäbe getrennt, in türkischer Sprache. Kurdisch war verboten. Und gerade wegen diesem Verbot saß der Bruder im Gefängnis; kämpfte
er doch für den Sieg der verbotenen Sprache.
90
Dann überlegte er und wandte sich den Wächtern zu, sprach mit ihnen in kurdischer Sprache, die auch sie verstanden. Er habe sie doch während der Kälte
gebeten, ihn zu töten. Er bitte erneut um den Tod, er könne den Schmerz der
eisigen Kühle, die sich seitdem auf seinen Körper gelegt habe, nicht mehr
aushalten. Doch die Wächter verweigerten dies. Da bat ich sie, den Bruder zu
töten. Sie fragten: wozu? Ich antwortete, damit meine Augen wahrnehmen
und mein Gehirn sich in Bewegung setzen könne. Sie fragten: wozu? Ich antwortete, damit auch ich ein Ungeheuer Mensch werde. Sie fragten abermals:
warum? Ich antwortete: »Damit wir als Menschen neu geboren werden und
wir unsere Muttersprache, die kurdische Sprache, befreien.«
Während ich noch auf eine weitere Gegenfrage wartete, ertönte eine Stimme:
Uns seien bereits einige Befreiungsmöglichkeiten geschenkt worden, eine
Wiederholung werde es nicht geben. Jetzt versuchten die Wächter mit Hilfe
von herbei gerufenen Soldaten, das Verbot der kurdischen Sprache durchzusetzen. Wir aber wurden noch lauter, und die Ideen, die Bilder, liefen
schneller. Sie sprengten mit ihrer Unaufhaltsamkeit alle Dimensionen und
zerstörten bald die Mauern des Gefängnisses. Da entschlossen wir uns, unendlich weiter zu kämpfen. Unseren Kampf begleiteten Tausende von Stimmen,
die in unserer Muttersprache erklangen. Niemand konnte uns mehr aufhalten, und der Sieg war unser.
[…]
© privat
Adelbert-von-Chamisso-Förderpreis 1993
ç Ostanatolien, als
1964 in Mus,
Kurde geboren. Im Alter von 15
Jahren kam er mit seinem Vater,
einem streng religiös lebenden
Moslem, nach Berlin. Arbeit in
einer Textilfabrik und Deutschunterricht in der Abendschule.
Seine heimliche Liebe zum Film
wurde zur Leidenschaft: 1986
drehte er seinen ersten Kurzfilm
»Das letzte Rendezvous«, im gleichen Jahr folgte sein erster Spielfilm »Kismet, Kismet«. Der vom
ZDF hergestellte dreiteilige Fernsehfilm nach seinem ersten Roman
Sinan ohne Land wurde 1989 mit
dem Civis-Preis ausgezeichnet.
Es folgten 1990 der Kinofilm
»Dügün – die Heirat« und 1995 der
Film »Cemile oder das Märchen
von der Hoffnung«.
Neben seinen Arbeiten als Regisseur und Autor hat Elçi in zahlreichen Filmen als Schauspieler und
Berater mitgewirkt, gründete 1997
den Orient Filmverleih, drehte
Werbespots und Musikclips.
2002 erhielt er ein Arbeitsstipendium der Robert Bosch Stiftung.
--> Bibliografie S. 118
91
© Anita Schiffer-Fuchs
Adel Karasholi
Adelbert-von-Chamisso-Preis 1992
Gedichte
Aus: Daheim in der Fremde,
1984
Brücken schlagen
Von mir
Zu mir
Des Regens Flüstern
Im Ohr der Bäume
Abtasten die Poren der Welt
Im Dunkeln
Noch
Wir sind nur so fremd, wie man uns als
Fremde sieht
Aus der Begrüßungsansprache
anlässlich der zweiten
Chamisso-Tage in Leipzig 2001
92
Nach einer Lesung in der Nähe von Leipzig stand einmal ein junger Lehrer
auf und sagte fast wörtlich: »Als mein Freund mich hierher mitschleppte, war
ich sehr skeptisch. Nachdem ich nun Ihre Gedichte hörte, muss ich sagen: Hut
ab. Ich hätte nie gedacht, dass ein Ausländer, zumal ein Araber, solche
Gedichte in deutscher Sprache schreiben könnte«. Ich habe mich für diese
Beleidigung natürlich herzlich bedankt und erwidert, dies liege vielleicht nur
daran, dass ich bestimmt länger als er in Deutschland gelebt habe.
In solchen Lesungen lobt man auch in meinen Gedichten oft eine Modernität, die fast europäisch sei. Offensichtlich glaubt man, dass arabische Dichter sich in einem abgeschlossenen, isolierten, von allen Seiten abgesperrten
Raum befänden, wo die Luft ausschließlich von orientalischen Gewürzen
übersättigt ist und die Landschaft nur aus Sand, Kamelen, Märchen, fetten
Bauchtänzerinnen und neuerdings womöglich lauter Fanatikern und Terroristen besteht. Man erstaunt, wenn ich mich nicht fortwährend mit Ali Baba
und seinen vierzig Räubern herumschlage oder Aladin und seine Zauberlampe bemühe, vielmehr zuweilen die Fesseln von Tausendundeine Nacht
sprenge und wie alle Schriftsteller dieser Welt die Geschehnisse in den Tag
oder aber vor allem in den Innenraum verlege.
Ich war noch nicht zwanzig Jahre alt, als ich Biographien von Lord Byron,
Rimbaud und Heine las. Dichter wie Neruda, Hikmet, Tagore oder Lorca gehörten ebenso zu meiner Lektüre wie der Koran, Tausendundeine Nacht, die
Psalmen und das Hohe Lied Salomos. Autoren wie Dostojewski oder Cechov,
Balzac oder Kafka, Sartre oder Hemingway, um nur einige Namen zu nennen,
aber auch Figuren wie Goethes Faust und Werther saßen in den fünfziger
Jahren oft so hautnah neben uns in den orientalischen Cafes, als rauchten sie
unsere Wasserpfeifen mit.
Literatur ist Literatur. Sie kann alles sein, muss aber vor allem Literatur
bleiben. Sie vermag, Grenzen unbekümmert zu durchbrechen. Sie braucht
weder Visum noch Staatsbürgerschaft. Ihre Identität liegt im Ästhetischen,
nicht im Soziologischen. Andererseits entscheidet über den Standort eines
literarischen Werkes nicht nur die Sprache, sondern auch der Realitäts- und
Adressatenbezug. Und wenn Literatur überhaupt als Vermittlerin zwischen
den Kulturen und zwischen den Varianten des Menschlichen zu fungieren
imstande wäre, dann nur von innen heraus und in ihrer Summe, nicht aber im
operativen Appell, der eine direkte Adressierung nach außen voraussetzt …
Heute kann diese neue deutschsprachige Literatur in der Tat nicht mehr
einfach ignoriert, in einem Schubfach abgelegt, mit einer flüchigen Äußerung
oder einer Fußnote beiseite geschoben werden. Sie hat sich längst in der beleuchteten Kulturszene Deutschlands etabliert und den Beweis erbracht, dass
sie weder, wie es manchmal in einschlägigen Abhandlungen heißt, eine
»Projektnische im Sektor der assimilatorischen Sozialpädagogik« noch ein
»Manipulator zur Ethnisierung sozialer Gegensätze und Konflikte« ist. Sie ist
schlicht und einfach Literatur, sogar nicht selten eine sehr gute…
1936 in Damaskus, Syrien, geboren. Als jüngstes Mitglied des
arabischen Schriftstellerverbandes
mußte er nach dessen Verbot
1959 Syrien verlassen. Er kam
über Beirut, München und WestBerlin 1961 nach Leipzig, wo er
seitdem lebt. Er studierte am
dortigen Literaturinstitut und promovierte 1970 über das Theater
Brechts. 1968 bis 1993 Lektor
an der Universität Leipzig, seither
freier Schriftsteller, 1985 erhielt
er den Kunstpreis der Stadt
Leipzig.
--> Bibliografie S. 120
93
Galsan Tschinag
Jahren schon sehr oft gedacht und alle Male nur für sich behalten hatte. Aber dabei hat er die Wahrheit dessen, was er dachte,
nur selten so heftig empfinden können, empfinden müssen wie
soeben. Und dies ist schon immer eine süßbittere Wahrheit gewesen. So auch jetzt.
Aus dem Roman Die neun
Träume des Dschingis Khan
94
Nach und nach fiel ihm ein, was sich alles zuvor ereignet hatte. Und er folgerte
aus der Abfolge dessen und aus dem, was darüber, unsichtbar zwar, aber
spürbar gelegen hatte, was dann geschehen sein musste. Jetzt merkte er, dass
er von Menschen umgeben war. Wie sonst denn auch, dachte er dazu. Sollte
man ihn etwa allein lassen, den Geiern und Füchsen, seinem Schicksal überlassen, weil er, wie auch immer, das Bewusstsein verloren hatte und zu einem
gefällten Mensch-Baum geworden war? Und dabei spürte er, dass er auf
einem weichen dicken Polster und unter einer ebenso weichen und warmen
Decke lag. Wie es sich gehört, dachte er dazu lässig, was daraufhin in ihm ein
heftiges, dankbares Gefühl auslöste, dass ihm die Tränen aufzukommen
drohten, die er jedoch niederzuhalten vermochte. Wie gut, dass er nicht
irgendwer, sondern Dschingis Khan war! Dies war ein Gedanke, den er in den
Ja, der dankbare Gedanke an das eigene herausragende Schicksal ließ ihm – zum wievielten Male nun! – alle anderen menschlichen Geschöpfe mit ihrer niedrigen Herkunft und dementsprechenden Schicksalen vor seinem inneren Auge sogleich erstehen
und erstarren: Eine endlose graudunkle Wolke aus zahllosen
Schwärmen Gesichts- und Namenloser. Einen satten Bruchteil davon bildeten
seine Krieger, ohne die er nichts wäre. Und wie viele von ihnen werden zur
Stunde wie er ohnmächtig am Boden liegen, verletzt und beschädigt am Leib?
Am winterkalten, steinharten Boden aber! Und wie vielen jener Verwundeten
wird ein Mensch helfend zur Seite stehen? Viele dieser blutjungen Männer,
bei der Schlacht für ihn vom Pech erwischt, werden sterben, während er alter
Mann, wahrscheinlich genesen und zu allem, was sich Leben nennt, zurückkehren würde! Es war ungerecht, aber was sollte man da tun? Wäre er nicht
gerade Dschingis Khan geworden, wäre er bestimmt unter die Peitsche eines
anderen gekommen und hätte für ihn den Säbel schwingen und den Bogen
spannen müssen. Und wie oft hätte er schon in den vielen Jahren des endlosen Krieges in die Krallen des Todes geraten können, und mittlerweile wäre
von ihm bestenfalls eine Handvoll Knochensplitter irgendwo auf einem der
zahllos vielen Schlachtfelder entlang des Erdkörpers noch übrig geblieben.
So war der Verlauf der Dinge und das Schicksal des Menschen eben. Und weil
es nun einmal so war, konnte ihn keiner mehr beschuldigen, dafür, dass gerade er zu Dschingis Khan geworden war und es ihm daher besser erging als
allen anderen. Dabei sollte sich ein jeder, den er unterworfen und für sich hat
kämpfen und sterben lassen, noch glücklich wähnen, weil er wenigstens
Untertan eines siegreichen Herrschers war, denn wie viele gab es noch, die
von Niederlage zu Niederlage stolperten, wodurch ihre Untertanen seelisch
verwundet und verkrüppelt und schon tot waren, bevor dann auch noch ihre
Körper vom Tod erwischt wurden! Was ihn wohl nicht nur berechtigte, sondern auch verpflichtete, den Huldigungen der Untertanen, er sei ihr
Wohltäter, Glauben zu schenken.
© Rosemarie von Schnoy
Adelbert-von-Chamisso-Preis 1992
Galsan Tschinag, eigentlich Irgit
Schynykbaj-Oglu Dshuruk-Uwaa,
geboren und aufgewachsen
Anfang der 40er Jahre im AltaiGebirge in der Westmongolei.
Seine Nomadenfamilie gehört zum
turksprachigen Volksstamm der
Tuwa. 1961 kam er nach Leipzig,
lernte Deutsch, studierte Germanistik und schreibt seit dieser Zeit
auf deutsch. Nach seiner Rückkehr
in die Mongolei unterrichtete er
Deutsch an der Staatsuniversität,
bekam 1976 aus politischen Gründen Berufsverbot und arbeitete
bis 1987 für die Gewerkschaftszeitung Hödölmör. Übersetzungen
deutscher Literatur ins Mongolische. 1987–90 Herausgeber der
Zeitschrift Setgüültsch (Der Journalist) und Lektor bei MongolKino. Verfilmung seiner Erstlingserzählung Eine tuwinische Geschichte. 1995 führte er als Fürst
und Stammesoberhaupt die weit
über das Land verstreut lebenden
Tuwa mit einer Karawane in die
angestammte Heimat zurück.
1995 erhielt er den PuchheimerLeserpreis, den Mongolischen
Orden des Roten Arbeiterbanners,
2001 den Heimito-von-DodererPreis und 2002 das Bundesverdienstkreuz.
www.galsan.info
--> Bibliografie S. 124
95
»Kafka auf deutsch zu lesen, war eine Offenbarung für mich.
Er hat mich ermutigt zu schreiben, in einer Sprache, die
nicht die meine war und in der ich nie sicher bin. […] Ich
brauche zum Schreiben die lebendige deutsche Sprache um
mich, aber es ist teuer erkauft, durch zwanzig Jahre Exil,
zwanzig Jahre Abwesenheit von Prag.«
Aus: Der Taumel. Mit einem
Nachwort von Michael Krüger
© 2000 Carl Hanser Verlag,
München/Wien
96
Eine Bahnfahrt nach S., in die kleine Stadt, wo er eine Klasse junger
Restaurateure ausbildete. Zweimal Umsteigen. Das Schwindelgefühl hatte in
der letzten Zeit zugenommen, dazu Magenschmerzen, Flirren vor Augen,
Kribbeln in Arm und Bein, beide kalt und starr vor mangelnder Durchblutung.
Die Tasche von Station zu Station schwerer geworden als bei seinem Aufbruch von zu Hause. Dabei hatte er sie mehrmals in der Hand gewogen, überlegt, was noch zurückbleiben sollte. Er hatte den Inhalt aufs Minimum reduziert, die Bücher, aus denen er lesen wollte, die Malerutensilien. Die Pyjamahose, die er nie trug, ließ er zu Hause liegen, auch die Handtasche, so daß er
die Bücher für den Vortrag in einer Plastiktüte tragen würde, was provinziell
aussah. Darüber hatte er nie nachgedacht, die Leute sollten ihn so nehmen,
wie er war, wie die Barnabasschen den Landvermesser. Eine Frau auf dem
Sitz über den Gang nieste dreimal, laut, ohne Taschentuch, jedesmal fuhr er
zusammen, erschrocken. So weit war es also schon mit ihm gekommen. Der
Personalwechsel bot den Kontrolleuren Gelegenheit, ihn wieder zu wecken,
nach den Fahrscheinen zu fragen, ihn suchen zu lassen. Bei jeder Fahrscheinkontrolle, in der Straßenbahn, in der Metro, im Bus, zuckte er zusammen, wie
ertappt, und suchte nach dem Fahrschein, den er jedesmal sorgfältig aufbewahrte und dann doch nicht finden konnte. In den unmöglichsten, unwahrscheinlichsten Ecken und Taschen, in den mitgeführten Büchern suchte er
vergeblich, in den Außen- und Innentaschen des Mantels und der Reise- und
Handtasche, dann war er im Portemonnaie, wohin er ihn sorgfältig gesteckt
hatte, neben dem Geld für die Strafgebühr, die er schon bereit war zu zahlen,
froh darüber, daß er genügend bei sich hatte. Der Kontrolleur, der schon
seinen Strafzettel gezückt und bereits angefangen hatte, ihn auszufüllen, war
enttäuscht wie die Mitfahrenden, auch gereizt wegen der verlorenen Zeit, in
der sich die übrigen Schwarzfahrer bereits in einen anderen Wagen zurückziehen konnten, weit genug, die nächste Station ohne Kontrolle zu erreichen,
oder auf die Toiletten zu gehen und sich dort noch andere Tricks und Ausreden zu überlegen. Notfalls gar nicht zu öffnen und einen Ohnmachtsanfall
vorzutäuschen. Brandls Ohnmachtsanfälle ließen die Kontrolleure völlig kalt,
sie bemerkten sie gar nicht. Er versuchte sie auch zu vertuschen. Lächelte zur
Entschuldigung, wenn er geschlafen hatte und von ihnen grob geweckt
wurde. Nicht sie, er entschuldigte sich. Sie schlugen bestenfalls einen jovialen
Ton an, wie um seine Schwäche, als wäre es sein Fehler, zu überspielen. Nicht
sie, er war an der Verzögerung schuld, er war der Sand im Getriebe, in dem
sie das Öl waren, mit ihrem jovialen Ton, ihren Schmerbäuchen und
Plattfüßen.
Er fiel noch einmal in einen Dämmerzustand, aus dem er mit der Meldung
einer technischen Störung gerüttelt wurde. Eine ungeübte, rohe Stimme, es
war nicht zu verstehen, ob es einen technischen Schaden gab oder ob er bereits behoben war. Der Zug fuhr weiter – keine besonderen Vorkommnisse.
Dann wurde ihm ernstlich schlecht. Die weitere Meldung, nach weiterem
Dämmern: in wenigen Minuten erreichen wir … die Stimme wiederholte die
Meldung noch einmal, mit der Aufzählung aller vorherigen und aller nachfolgenden Stationen, wo sich der Zug in den nächsten zwölf Stunden befinden
würde.
Diese sinnlosen Wiederholungen, die vertraute Traumszenerie, der er
hilflos ausgesetzt war, das Suchen nach dem Fahrschein, seine Schwäche, die
Unmöglichkeit, dieses Treiben, diese unsinnige Fahrt zu unterbrechen, als
käme er aus diesem Gespenster-Zug gar nicht heraus …
Endlich hielt der Zug an.
Er stieg in L. aus. Zwei Männer trugen einen Sarg über die Straße. Einen
braunen, unauffälligen Sarg. Sie gingen diskret, schnell, obwohl an ihrer Haltung und ihrem Gang zu merken war, daß der Sarg nicht leer war. Es war nicht
die Bahnhofstraße, sondern eine Nebenstraße, leer, aber auch die Bahnhofstraße war fast leer, es war spät, dämmrig, leichtes Nieseln.
© Renate von Mangoldt
ˇ Moníková
Libuse
1945 in Prag geboren. Studium
der Germanistik und Anglistik und
Abschluß mit einer Promotion
über Shakespeare/Brecht Coriolan.
Sie lebte seit 1971 in der Bundesrepublik Deutschland und arbeitete über Franz Kafka, Jorge Luis
Borges und Arno Schmidt.
Lehrtätigkeit an den Universitäten
Kassel und Bremen. Für den Roman Die Fassade, der in elf Sprachen übersetzt wurde, erhielt sie
den Alfred-Döblin-Preis.
Libuse Moníková ist am 12. Januar
1998 in Berlin gestorben.
--> Bibliografie S. 120
^
Adelbert-von-Chamisso-Preis 1991
97
Auszug aus Selbstauskunft
Geboren wurde ich am 6. September 1929 in Teheran. Mein Vater hatte in den
dreißiger Jahren in Berlin an der Charité Medizin studiert und bei Sauerbruch
promoviert. Er beschloß, seine zwei Söhne in Deutschland erziehen zu lassen.
Ein solcher Entschluß wäre unverantwortlich, hätte man ein Kind aus einer Geborgenheit gerissen. Doch ich war in einer magischen Welt aufgewachsen, in
der das Bedrohliche vorherrschte. So vertauschte ich eine Benommenheit mit
einer anderen, als ich 1937 nach Berlin kam. Das Gefühl der Unwirklichkeit
verließ mich in der neuen Umgebung nie, während die regenerativen Kräfte
für Orientierungspunkte sorgten: Innerhalb eines Jahres hatte ich die Berliner
Floskeln, die ich für meine Streifzüge auf dem Roller in der Fasanenstraße
vonnöten hatte, auswendig gelernt. Noch immer ist es mir ein Rätsel, welche
orientalischen Tricks in Anwendung gebracht wurden, daß ich kaum drei
Jahre später in das renommierte Arndt-Gymnasium in Dahlem aufgenommen
wurde.
Durch die Schludrigkeit eines Vormunds, der die Möglichkeit, meinen
Bruder und mich in die Schweiz zu bringen, ungenutzt ließ, blieb ich bis Kriegsende in Deutschland. Als ich im Sommer 1945, nach acht Jahren Trennung,
wieder nach Persien kam, hatte ich die persische Sprache verlernt. Beschämt
hörte ich die Fragen meiner Mutter in persischer Sprache, auf die ich nicht
antworten konnte. Langsam wurde mir meine Muttersprache wieder vertraut,
doch der Wiedergewinn an Sprache reichte nicht aus, um in einer Klasse
meiner Altersgruppe eine persische Schule zu besuchen. Auf meinen Wunsch
wurde ich in die Schweiz geschickt, um meinen Schulbesuch fortzusetzen.
In Zürich schrieb ich meine ersten Gedichte, die 1948 in der Zeitung Die
Tat gedruckt wurden, deren Literaturteil Max Rychner leitete. Auf einigen Umwegen begann ich schließlich 1952 mit dem Studium der Germanistik in München. Einige Schatten hieß das erste Gedichtheft, das von mir in der Reihe
»Dichtung unserer Zeit« 1956 im Limes Verlag erschien. Zwei weitere Gedichtbände wurden vom Hanser Verlag herausgebracht. Seit Anfang der sechziger
Jahre lebte ich abwechselnd in Teheran und in London. In London entstanden
viele Gedichte und Prosastücke, die in dem Buch Doppelte Wahrheit zusammengefaßt wurden. Die unvergessene Hilde Claassen erklärte sich bereit, meine
Gedichte und Übersetzungen zu drucken, allerdings ohne Anspruch auf ein Honorar. Ich wohnte in den Belsize Park Gardens, heimisch in der Nachbarschaft
jüdischer Emigranten; unweit, in der Thurlow Road, wohnte Elias Canetti, den
ich häufig besuchte. Obschon oder gerade weil ich die englische Sprache liebe,
beschäftigte mich unablässig das Problem der Sprache für den Dichter, der im
Exil oder längere Zeit fern von seiner Heimat lebt. Zunächst schien mir die
Distanz zur Sprache fruchtbar und womöglich die Sprachkraft des Dichters steigernd; eine zu lange Trennung vom Resonanzboden der Sprache konnte andererseits Erosionen auslösen, die zu Sprachverfall und zunehmender Abstraktion führten. Meine eigene Sorge war, daß das Echo der Sprache im Ohr erlöschen könnte, wenn die gesprochene Sprache es nicht wieder akkumulierte.
© Brigitte Friedrich
Cyrus Atabay
Adelbert-von-Chamisso-Preis 1990
Der Osten sagte zu dir
erzähl mir deine Herkunft
der Westen sagte zu dir
erzähl mir deine Wandlung
1929 in Teheran, Iran, geboren.
1937– 45 in Berlin, ab 1952 Studium der Germanistik in München,
danach wechselnde Wohnorte in
Europa und im Iran. 1978 erhielt
er – durch die iranische Revolution
staatenlos geworden – in London
Asyl. Seit 1983 lebte er in München
als Staatenloser und freier Schriftsteller. 1990 wurde er mit dem
Adelbert-von-Chamisso-Preis ausgezeichnet.
Cyrus Atabay starb am 26. Januar
1996 in München.
--> Bibliografie S. 116
doch der eine ließ dich nicht
der andere fiel dir ins Wort
Laßt dem Alten sein graues Haar
er will etwas erzählen
was euch beiden gefällt
Stadtplan von Samarkand
Verschlagen in die Smogstädte,
die sich von den Ausscheidungen
der Maschine nähren,
war ich verloren,
Stockung an der Paßkontrolle
der sich immerhin einmal
du bist jetzt Emigrant zu Hause im
in der Unterwelt zurechtfand.
Woanders
Ach, ich kannte andere Städte,
schönes Wort Vergangenheitsdasein
deren Maße die Musik Händels
es gewährt dir Asyl ein Sommergarten
in Architektur übersetzten.
Bignonienranken hängen über das Gittertor
Im Stadtplan von Samarkand
Feuerdorn säumt den Weg zum Haus
fand ich den Garten
ein Wort wie ein Granatapfel
und die Karawanserei,
die Körner auf der Schwelle –
auch die Straße,
ein überlieferter Brauch
in der du wohnst –
ist das Zugrundegehn
ich bin ein Reisender,
es söhnt dich aus mit allem
unterwegs nach Samarkand.
Alles aus: Poet und Vagant. Der Dichter Cyrus Atabay
98
99
Alev Tekinay
Adelbert-von-Chamisso-Förderpreis 1990
Du redest, denkst und träumst in zwei Sprachen, aber in keiner bist du zuhause. Zwei Stiefmuttersprachen also, im Kopf-an-Kopf-Rennen, zwei Rabenmütter, verflucht nochmal. Reden ist vielleicht immer schon nicht meine
Stärke gewesen. »Reden ist Silber, Schweigen ist Gold.« Und dieses Schweigen beinhaltet vieles, z.B. Denken, Träumen und – Schreiben. Ich sah die
Sprache nun nicht mehr als Mutter und suchte nach neuen Definitionen:
… am liebsten ein Zug, ein Bosporus-Alpen-Expreß, ständig unterwegs:
Hin und her, hin und her, das gleichmäßige Donnern der Räder.
… eine grüne Steppenlandschaft mit sauberen Straßen und einer warmen
Herzlichkeit und Gastfreundschaft. Gibt es das überhaupt? Sobald die Straßen
sauber sind – wie in einer Klinik – mangelt es an Herzlichkeit und Gastfreundschaft. Die Realität: Es gibt keine grüne Steppe.
Eines Tages wußte ich plötzlich: die Sprache war ein Haus, in dem die beiden Heimatländer zusammengeschmolzen waren.
Schreiben – ein Drang in mir. Die Feder ist der Rebell des goldenen Schweigens und hilft mir beim Bauen meines Hauses.
Das Haus hatte einen Garten mit bunten Blumen, jede Blume war ein
deutsches oder türkisches Wort, ein Zauberwort. Das leise Plätschern des
Springbrunnens war ein deutsch-türkisches Lied. Das Haus hatte viele Zimmer, deren Türen nicht verschlossen waren. Jedes Zimmer war ein Kapitel
aus der deutschen oder türkischen Grammatik. Das ganze Haus war so schön,
wie ein deutsch-türkisches Gedicht, schöner und stabiler als die Burg, und
das Burgfräulein war kein Burgfräulein mehr, sondern die Hausherrin. Es
hatte sie Jahre gekostet, bis sie dieses Haus Stein für Stein gebaut hatte.
Dazwischen
Jeden Tag packe ich den Koffer
© privat
Aus: Die Deutschprüfung
ein und dann wieder aus.
Morgens, wenn ich aufwache,
plane ich die Rückkehr,
aber bis Mittag gewöhne ich mich mehr
an Deutschland.
1951 geboren in Izmir, Türkei.
Nach dem deutschen Abitur studierte sie in München Germanistik
und schloß mit der Promotion zur
Dr. phil. ab. Sie unterrichtet
Deutsch als Fremdsprache und
Türkisch an verschiedenen bayerischen Universitäten.
--> Bibliografie S. 124
Ich ändere mich
und bleibe doch gleich
und weiß nicht mehr,
wer ich bin.
Jeden Tag ist das Heimweh
unwiderstehlicher,
aber die neue Heimat hält mich fest
Tag für Tag noch stärker.
Und jeden Tag fahre ich
zweitausend Kilometer
in einem imaginären Zug
hin und her,
unentschlossen zwischen
dem Kleiderschrank
und dem Koffer,
und dazwischen ist meine Welt.
Aus: Die Deutschprüfung
100
101
So nahm Gott dem listigen Menschen die Fähigkeit zu fliegen. Und seine
Flügel taugten plötzlich nichts mehr. Er sackte auf das Wasser und begann zu
versinken und zu ersaufen. Dabei flennte er Gott den Schöpfer an, ihn bitte,
bitte nicht ersaufen zu lassen und tat Buße …
Gott sagte:
»Ich gab dir den Verstand nicht für die List, sondern für die Liebe …«
Und Gott der Erbarmer vergab ihm und gab ihm alle Fähigkeiten zu überleben – doch fliegen durfte er nicht mehr.
Nur um der Liebenden willen dreht sich der Himmel
Auszug aus dem gleichnamigen
Essay
Eine Schöpfungsgeschichte
1
Es war einmal …
Es war keinmal …
Die Zeit war noch graue Vorzeit …
Der Raum war noch grauer Vorraum …
Vorraum und Vorzeit waren angefüllt von Wasser.
Es gab nichts als Wasser.
Und Gott, der Große Schöpfer, blickte unentwegt auf das Wasser…
Er starrte und starrte auf das Wasser und langweilte sich nach einer
Weile, die keine Weile war und keine Zeit, er langweilte sich ob des bloßen
Starrens …
Und er beschloss, den Menschen zu erschaffen.
Und so geschah es.
Der Mensch wurde von Gottes Hand erschaffen aus Wasser, aus einem
Tropfen Wasser.
2
Der Mensch hatte Flügel wie ein Schwan, damit er über dem Wasser
schweben konnte.
Er flog hin, er flog her, er flog kreuz und quer…
Doch das bloße Herumfliegen über dem Wasser langweilte den Menschen
bald. Er wollte sich nicht länger mit der Herumfliegerei begnügen. Er wollte
hoch hinaus in die oberen Sphären steigen. Von quälender Neugier gepackt …
Und er ersann sich List und Trug, Gott, seinen Schöpfer hinters Licht zu
führen, zu noch höheren Sphären zu kommen.
Was er jedoch nicht wusste, dass List und Trug den Verstand verleitete,
den Gott gegeben, damit der Mensch Gutes ersinne.
3
So konnte er nicht ahnen, dass Gott, der Große Schöpfer, der ihm den
Verstand gab, natürlich auch seine geheimsten Gedanken und Wünsche
kannte. Dass er, der Mensch, also das Geschöpf, vor seinem Schöpfer nichts
aber auch gar nichts verbergen konnte.
102
4
Das Geschöpf Mensch brauchte nun etwas Festes unter den Füßen. So
ließ Gott aus der Gischt der Wasser einen Stern emporsteigen.
Gott hieß den Menschen, eine Handvoll Erde von diesem Stern zu nehmen
und sie übers Wasser zu streuen.
Und so machte er es. Er streute die Erde aufs Wasser. Daraus wuchs eine
Insel, und der Mensch hatte nun festen Boden unter den Füßen.
Doch das Wesen des Menschen war von Gott bewusst nicht vollkommen
geschaffen, damit der Mensch seinen Verstand benutze und sich selbst bilde.
Und in diesem Wesen waren Antipoden zusammengeführt, so auch Ehrlichkeit und Falschheit. Der Verstand – Gott gegeben – hatte die Möglichkeit,
zwischen gut und böse zu scheiden und sich zu entscheiden.
5
Der Stern leuchtete so hell und so schön, dass dem Menschen die Sinne
ganz taub wurden. Hingerissen von dieser Schönheit nahm er sich heimlich
eine zweite Handvoll von dem die Sinne betäubenden Stern und steckte sie
hastig in den Mund.
Auch diesmal behielt also die List des Menschen die Oberhand.
Doch die Sternenerde im Mund wuchs und wuchs unversehens und beinahe wäre ihm der Mund zerplatzt und zerfetzt.
Einmal mehr bettelte er den Großen Schöpfer reuevoll an, ihn von dieser
Plage zu befreien.
Gott befahl ihm, die Erde im Mund auszuspucken.
Er tat es und daraus entstanden die Gebirge.
© Anita Schiffer-Fuchs
Yüksel Pazarkaya
Adelbert-von-Chamisso-Preis 1989
1940 in Izmir, Türkei, geboren.
1958 kam er zum Studium der
Chemie nach Stuttgart, das er
1966 abschloß. Danach Studium
der Germanistik, Promotion zum
Dr. phil. 1972. Tätigkeit als Fachbereichsleiter an der Volkshochschule in Stuttgart.
Von 1986 bis 2002 Redaktionsleiter beim Westdeutschen Rundfunk in Köln, unterbrochen 1994
durch einen Aufenthalt in den USA
als Writer in Residence an der
Washington University St. Louis.
Seit 1960 schreibt er Gedichte
auf türkisch und deutsch. 1980 –
82 Herausgeber der zweisprachigen Zeitschrift Anadil. Außer mehreren Literaturpreisen in der
Türkei erhielt er 1987 das Bundesverdienstkreuz, 1994 den Kinderbuchpreis des Berliner Senats.
Im Frühjahr 2000 hatte er die
Chamisso-Poetik-Dozentur an der
TU Dresden inne, seit 2003 lebt
er als freier Schriftsteller in
Bergisch-Gladbach. 2006 erhielt
er den Ehrendoktor der Universität Çanakkale.
--> Bibliografie S. 122
6
Dabei gelangte jedoch ein Staubkörnchen in seinen Körper. Und im Brustkorb wuchs dieses Staubkörnchen. Vor allem eine Seite schwoll an, wurde
immer dicker. Schließlich konnte er die Wehen nicht mehr aushalten.
»O großer Gott, erbarme Dich meiner«, sprach er zu Gott. Gott, der Große
Schöpfer, nahm ihm die dick geschwollene Rippe heraus und befreite ihn von
seinem Leiden.
Die herausgenommene Seite erschien als eine wunderschöne Frau, die
der Mann ebenso stark begehrte wie den blendenden Stern.
103
Hart an Gott vorbei
© Günther Kresser
Elazar Benyoëtz
Adelbert-von-Chamisso-Preis 1988
Schlussgespräch
und nur knapp
mit dem Leben
Noch führst du große Reden,
davon
bald stehst du im Wort,
allein
blattleis
und dellyrisch
Bald ist das Wort,
in dem allein du stehst,
mich aufgegeben
in deinen Augen zu lesen
und von mir nicht
Abschied genommen
Du bist mein Anfang an jedem Ende,
und möchte es das bitterste sein;
deiner gedenkend
beginne ich täglich
Ich
von vorn
stehe
vor dir,
Alles habe ich hinter mir,
bestehe
die Hoffnung eingeschlossen;
und falle
es ist volldacht,
beständig.
ich bin dir
wo magst du
zugetan
mich suchen,
1937 in Wiener Neustadt geboren,
lebt seit 1939 in Jerusalem. Nach
dem Tod des Vaters 1943 entstanden die ersten Verse, mit zwölf
Jahren publizierte er sein erstes
Gedicht auf hebräisch, mit 16 entdeckte er die deutsche Literatur.
1963 – 68 lebte er mit Unterbrechungen in Deutschland und
arbeitete an einer Bibliographia
Judaica. Seit den 60er Jahren
erschienen zahlreiche Bücher mit
Essays, Aphorismen, Gedichten in
deutscher Sprache.
Benyoëtz ist Mitglied der Akademie für Sprache und Dichtung in
Darmstadt.
1997 erhielt er das Bundesverdienstkreuz und 2002 den JosephBreitbach-Preis.
--> Bibliografie S. 116
wenn ich dich
gefunden habe
»Rede nicht,
lass redlich
deine Stimme
sprechen
ich komme hinterher«
104
105
Dialog über die dritte Sprache
Deutsche Türken und ihre Zukunft
Auszug aus: Atlas des tropischen Deutschland
Das Mädchen, bei dem ich bei meinem Aufenthalt in Istanbul jeden Tag
Zeitungen kaufte, fragte mich einmal, ob ich Deutscher oder Türke wäre. Als
sie merkte, daß ich über ihre Frage staunte und mit der Antwort zögerte,
sprach sie, wie für mich, weiter:
Ich bin sehr glücklich darüber, kein Deutscher zu sein. Deutscher in
Deutschland zu sein, ist doppelt schwer.
Wieso?
Es gibt viele Völker, die sich selbst nicht leiden können und die deshalb beginnen, andere zu hassen. Aber sie lieben ihr Land, die Landschaft, die Luft,
das Klima, in dem sie leben. Den Haß in ihrem Kopf gleichen sie durch ihren
Körper aus.
So wie die Türken, entgegnete das Mädchen.
In letzter Zeit kommen viele hierher, um Türkisch zu lernen.
Türken oder Deutsche? fragte ich zurück, in der Hoffnung, einer Antwort auf
diese Weise ausweichen zu können.
Solche wie du, weder noch.
Oder beides, sagte ich. Ich kann doch Türkisch und lese täglich Zeitungen
und Bücher in beiden Sprachen.
Und wo ist deine Heimat? fragte das Mädchen zurück.
Heimat! Wer hat denn diesen Begriff erfunden, und von wem hast du es, entfuhr es mir, obwohl ich mich innerlich ruhig und ausgeglichen fühlte.
Du mußt sehr traurig sein. Bist du mir böse?
Ich bin nicht traurig. Ich lebe in Deutschland und bin glücklich dort. Ich bin
dort aufgewachsen, weißt du. Ich kenne dort fast jeden Winkel.
Machst du Urlaub hier?
Endlich eine Frage, die ich beantworten kann, weil die Antwort anders ausfallen wird, als was sie sich denkt, ging mir durch den Kopf.
Nein, ich arbeite hier. Ich bin hierher gekommen, um ein Buch zu schreiben.
Ein Buch über die Deutschen.
Ein Buch über die Deutschen? Über die, die du kennst oder auch über welche,
die du nicht kennst?
Darüber habe ich noch nicht nachgedacht. Ich glaube, die Deutschen im allgemeinen sehr gut zu kennen.
Die Deutschen aber, sie können weder sich selbst leiden noch ihr Land. Sie
hassen mit Kopf und Körper. Deshalb brauchen sie auch Distanz zwischen
sich und den anderen. Eine Art Pufferzone. Die anderen verstehen es meistens nicht, aber das ist nur zu ihren Gunsten. Ein Hygienegürtel, der die
Übertragung von Keimen hemmt. Man muß sich ja nicht gleich um den Hals
fallen.
Aber sie fahren so viel in der Welt herum. Auch hier sind viele.
Das ist nur um den anderen zu zeigen, wie stark und überlegen sie sind.
Außerdem, wie ich dir schon sagte, sie fühlen sich ja zuhause unwohl. Es ist
viel zu kalt und voller Fabriken und Autobahnen.
© Doris Poklekowski
Zafer Ç
Senocak
Adelbert-von-Chamisso-Förderpreis 1988
1961 in Ankara, Türkei, geboren,
seit 1970 in Deutschland. Er studierte in München Germanistik,
Politik und Philosophie. Seit 1979
Veröffentlichungen von Gedichten, Essays und Erzählungen in
deutscher Sprache, seit Mitte der
80er Jahre Arbeit an literarischen
Übersetzungen türkischer Autoren. Er lebt seit 1990 in Berlin,
arbeitet für verschiedene Zeitungen und Radiosender zum Themenbereich Orient-Okzident und
zur türkischen Kultur und Literatur. Außerdem ist er Mitherausgeber der Literaturzeitschrift
Sirene.
Er erhielt zahlreiche Stipendien.
--> Bibliografie S. 123
Das stimmt doch gar nicht, protestierte das Mädchen laut. Ein Onkel von mir
lebt auch in Deutschland. Er hat mir einmal einen Kalender geschickt. Einen
Wandkalender mit zwölf Blättern, für jeden Monat eins. Da waren viele wunderschöne, grüne Landschaften zu sehen, mit sehr viel Wald und alten Kirchen. Ich hatte ein seltsames Gefühl in mir, sofort dort hinfahren zu wollen,
ein Gefühl wie eine Sehnsucht, obwohl ich noch nie dort war und meinen
Onkel nicht leiden kann.
Kannst du jetzt verstehen, warum ich gerne dort lebe? Deutschland ist ein
Land, daß man vor Sehnsucht haßt. Eine Sehnsucht, die man unbedingt tilgen
muß. Ein Land, in dem sich jede Art von Fröhlichkeit in Trauer verwandelt.
Für jeden Zungenschlag und jeden Fußtritt gibt es Vereine und Verbände,
und der Staat kassiert Geld für den Glauben an Gott. Du mußt dir mal vorstellen, wie schwierig es für einen Deutschen sein muß: alle beneiden ihn wegen
seines Erfolgs und seines Reichtums und wegen der Schönheit seines Landes,
aber keiner liebt ihn. Er haßt die anderen für das, was sie an ihm bewundern.
Er ist wie ein unglücklicher Verliebter, dessen Verzweiflung mal Unvorstellbares erschafft, mal unvorstellbar zerstört. Er ist einsam.
Ja, du bist ja selber einer. Das Mädchen lachte verschmitzt.
106
107
Auszug aus dem Roman:
Karussellkinder
108
Über dem Rummelplatz war es sehr bewölkt. Die Böen fegten Papier über
den Platz. Nichtsdestotrotz flanierten etliche Leute auf und ab. Karusselle
und Buden waren mäßig besucht. Babbo sagte: Wir drehen noch eine Runde.
Als er sich umsah, meinte er, dass es sich nicht lohnen würde, den Tisch mit
dem Würfelspiel aufzustellen. Dennoch ging er zum Platzverwalter und bat
um eine Genehmigung. Dieser zierte sich und gab ihm eine unter der Hand,
sogar ohne Zusatzzahlung.
Den Nachmittag verbrachten sie in der Osteria vor dem Rathaus. Dario
klebte sein Gesicht an die Fensterfront, Moro seine Lippen an das Weinglas.
Es dämmerte. Die Luna Park Lichter gingen an und legten einen glitzernden Mantel über das Städtchen. Moro tauchte seine gute Laune in das Lichtgefunkel ein, Dario hinterher. Die Böen waren inzwischen rar geworden und
überraschten die Leute nur dann und wann mit einem kräftigen Windschlag.
Inmitten des Rummelplatzes wimmelte es von Besuchern. Es sieht gut
aus, sagte Moro und suchte einen Platz im Licht, wo der Tisch aufgestellt werden konnte. Vom Dodge holten Vater und Sohn das Würfelspiel. Kaum waren
Plane, Würfel und Würfelkorb auf den Tisch gelegt, sammelten sich Neugierige um das Spiel.
Moro ließ Dario die Würfel im Korb schütteln und auf den Tisch werfen,
während er stehengebliebene Neugierige zum Spielen animierte.
Die Hände am Tisch begannen sich zu bewegen. Einsätze und Gewinne
wanderten hin und her. Es ging lebendig zu. Das Würfelspiel erlebte eine rege
Teilnahme, weil es fast an jedem Spiel jemanden gab, der lauthals jauchzte
und das Doppelte bis das Vierfache des Einsatzes einsackte. Dass es Gewinner
gab, freute Moro und Dario, denn je mehr Leute sich am Würfelspiel beteiligten, desto höher die Wahrscheinlichkeiten zugunsten des Spielbetreibers
und damit die Beute. Das wusste Moro nicht nur aus Erfahrung, sondern auch
aus selbst angestellten Berechnungen.
Franco Biondi
Das Würfelspiel hatte einen Anfang und schien kein Ende zu kennen.
Mehr und mehr schmerzten Dario die Arme. Sein Würfelschütteln wurde immer kürzer. Babbo zwang ihn zur Pause, aber die Glücksspieler protestierten.
Sie wähnten sich mit den würfelschüttelnden Händen eines Kindes eher im
Glück. Um Babbo und die Spielenden nicht zu enttäuschen, biss Dario die
Zähne zusammen und versuchte, die Schmerzen zu überlisten. Manchmal gelang es ihm, häufiger nicht. Da Darios Gesichtsverzerrungen zunahmen, schüttelte Moro den Korb und reichte ihn Dario, um ihn nur noch einmal schütteln
zu lassen und die Würfel auf den Tisch zu werfen. Mit dieser Lösung waren
die Würfelfixierten ebenfalls zufrieden.
Babbo lachte unentwegt und mit ihm seine Hosentaschen, die sich mit
Scheinen füllten und sich wölbten, wie die Backen mit dem Lieblingsessen.
Dario vergaß die Schmerzen in den Armen und lachte, weil Babbo lachte. Vor
allem lachte er, weil er sich zum ersten Mal an der Seite seines Babbos so
nahe und so direkt am Spiel und am Geldverdienen beteiligt empfand.
Zu fortgeschrittener Stunde erschien der Platzverwalter, der Moro zur
Seite rief und mit ihm tuschelte. Danach nahm Moro das Würfelspiel wieder
auf, um nach drei Würfen anzukündigen, dass er noch fünf Würfelpartien laufen ließe und für den Abend das Würfelspiel beenden müsse. Einige Würfelfixierte reagierten enttäuscht und drohten mit Konsequenzen, doch Moro
konnte nicht mehr umgestimmt werden.
Auf dem Weg zum Dodge beklagte Moro die Trockenheit seiner Kehle. Er
schob das Zeug zum Dodgeeingang und sagte: Eigentlich müsste ich dich ins
Bett verfrachten, aber ich muss meinen Schlund unbedingt anfeuchten, sonst
wird mir die Nacht zur Hölle. Und wenn ich ehrlich bin, mag ich auch nicht
alleine in der Osteria sitzen. Ja, Dario, ich vermisse meine Freunde. Schaffst
du es noch, kurz mit mir in die Osteria zu gehen? Oder soll ich dich ins Bett
begleiten und gehe alleine fort?
Ich will mitgehen!
Ich sehe, du schaffst es nicht, aber doch, gehe mit! Es war ein erfolgreicher Abend, heute! Wir haben so viel einkassiert wie drei Tage Piantachiodi!
Schade nur, dass der Platzverwalter einer Beschwerde nachgehen musste!
Dario blickte Babbo verständnislos an.
Babbo fuhr fort. Du weißt ja, wie das mit den Karten ist. Mit den Dreihütchen ist es auch so. Hasardspiele sind nicht erlaubt, und das mit dem Würfelspiel ist ein Grenzfall, das geht nur mit Sondergenehmigung. Weißt du, wir
haben Glück gehabt, jemand von den Carabinieri hat uns gesehen und ist zum
Platzverwalter gerannt, der Carabinieri hat Mitleid mit dem Kind gehabt, das
die Würfel so leidenschaftlich geschüttelt hat, und wollte die Sondergenehmigung sehen. Der Verwalter wusste von der Sondergenehmigung nichts, daraufhin hat der Carabiniere mit der Hand abgewinkt und ist gegangen.
Erzählend betraten Vater und Sohn die Osteria. Als der Mezzolitro für
Moro und die Limonade für seinen Sohn an den Tisch gebracht wurden,
schlief Dario längst, das Gesicht auf die Tischplatte gelegt.
© Markus Kirchgessner
Adelbert-von-Chamisso-Preis 1987
1947 in Forli, Italien, geboren.
1955–61 erste Erfahrung der Heimatlosigkeit als Kind einer Schaustellerfamilie beim Umherziehen
durch Nord- und Mittelitalien.
Ausbildung zum Schlosser und
Elektroschweißer. 1965 Emigration in die Bundesrepublik, rund
zehn Jahre Tätigkeit als »Gastarbeiter« in verschiedenen Berufen,
daneben Nachholen der Mittleren
Reife und des Abiturs in Abendkursen. 1976–82 Studium der
Psychologie.
Erste Gedichte erschienen auf
italienisch, u.a. in der 1975 gegründeten Zeitschrift Il Mulino.
Mitarbeit im »Werkkreis Literatur
der Arbeitswelt« und bis 1980 kritischer Wortführer der »Associazione Letteraria e Facottà Artistische« (ALFA), einer von italienischen Arbeitsimmigranten gegründeten Literaturgruppe. 1980
Gründung einer Herausgebergruppe zusammen mit Jusuf Naoum,
Suleman Taufiq und Rafik Schami
zur Publikation der Anthologienreihe Südwind Gastarbeiterdeutsch
und der PoLiKunst-Vereinigung
(1980– 87).
Franco Biondi arbeitet als Familientherapeut in Hanau. 2005
erhielt er ein Arbeitsstipendium
der Robert Bosch Stiftung.
--> Bibliografie S. 117
109
Gino Carmine Chiellino
Adelbert-von-Chamisso-Preis 1987
© Marzio Marzot
Zimmer
ich erlebe mich nur als Bewohner fremder Zimmer
wie dieses hier, Nr. 34 im Hotel Kent
mit Blick auf das Museum zeitgenössischer Kunst.
Von hier aus erkenne ich mich
Den weißen Hunden
als Bewohner des Zimmers Nr. 44
mit Blick auf die Università La Sapienza.
Den weißen Hunden aus meiner Kindheit
hinterlasse ich einen Lebenslauf
Es war keine Zeit der heiteren Wissenschaft:
mit einer geschändeten Kinderseele
es gab Mord und Raub, Vergewaltigung und Seelenbetrug
und dann die Ruhe eines Klosterzimmers
Sie und ich teilten uns täglich
in Düsseldorf, ihr folgte der Blick auf den Rhein
das Gefühl frei und verlassen zu sein
aus dem Stadtturm,
ein unschuldiges Zimmer in einem Stadtpuff,
An der Grenze ihres Muts und meines Heimwehs entlang
und immer wieder ein Zimmer bei unbekannten Gastgebern.
bellten sie ihre Verlassenheit aus sich heraus
und ich rannte an ihnen vorbei und um mein Leben
In Mannheim wurde ich Bewohner von Zimmern im
Kolpinghaus,
beim CVJM, Zimmern unterm Dach oder im Keller – mit oder
ohne Klo.
Mit leiser Stimme kehre ich oft an diese Stelle meines
Lebenslaufs zurück
Die weißen Hunde aus meiner Kindheit sind längst tot
1946 in Carlopoli (Kalabrien),
Italien, geboren. 1966–70 Studium
der Italianistik und Soziologie in
Rom. Ab 1970 in Deutschland mit
verschiedenen Lehrtätigkeiten,
Studium der Germanistik mit Promotion 1976. Seit 1978 Lektor für
italienische Sprache an der Universität Augsburg. Habilitation
1994, seither Professor für Vergleichende Literaturwissenschaft.
Mitbegründer von PoLiKunst
(1980–87) und deren erster Vorsitzender (1981– 84).
Seit 1985 Lesereisen in Italien,
Ungarn, Kanada, Japan, Österreich, Polen, Spanien, Finnland,
der Schweiz, den Niederlanden
und USA. 1990 und 1995 Gastpoet
beim Weltkongreß der IVG in Tokio
bzw. Vancouver, 2001 ChamissoPoetik-Dozentur in Dresden.
Im Jahr 2004 Kreatives Schreiben
mit Patienten einer psychiatrischen
Klinik. Die Zeitschrift Akzente widmete Gino Carmine Chiellino das
Titelblatt der Ausgabe 5/2005.
www.chiellino.com
--> Bibliografie S. 117
nur der Elfjährige kommt mir entgegen um mir zu zeigen
Es gibt Zimmer die voll sind mit Ideen,
wie schnell er laufen würde, wären bloß die Hunde da
andere bewahren Orgasmen auf.
Meine Seele setzt sich aus Zimmern zusammen und
sie ist nirgendwo so wahrhaft wie in diesem Zimmer
in dem ich heute auf mich warte und in mir die Sehnsucht
nach dem Gast aufkommt, der eintreffen wird.
110
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Wenn ich deutsch schreibe oder mich vorbereite deutsch zu lesen, überfällt
mich immer öfters eine besonders beklemmende Art von metaphysischer
Angst, dass ich mein Tschechisch verliere, leichtsinnig aufgebe, dass ich auf
eine seltsame Art und Weise sprachlich zerspringe. Und wenn ich tschechisch
schreibe, zu viel tschechisch rede oder lese, fühle ich, wie aus mir mein angelerntes Deutsch entweicht, wie die Luft aus einem Ball.
Unlängst stand ich in der einst deutschen, allerdings böhmisch-königlichen Stadt Zatec vor dem altwürdigen Rathaus, in dem Anfang des 15. Jahrhunderts der Ackermann von Böhmen deutsch gedichtet wurde, hörte die
Leute tschechisch reden und plötzlich, weil ich vergessen hatte, wo ich war,
schoss mir durch den Kopf:
Mein Gott, gibt es aber hier viel Tschechen! Wo kommen die alle nur her?
Auch nach einem Vierteljahrhundert in Deutschland passiert es mir in
München oder in einer anderen deutschen Großstadt, dass ich auf der Straße,
von der deutschen Sprache umringt, erschrocken stehen bleibe, mich von der
^
Aus dem in Vorbereitung befindlichen Roman O du meine
Heimat
fremden Sprache aus unerklärlichen Gründen eingeschlossen, erdrückt oder
wie gefangen fühle und mich frage:
Um Gottes Willen, wo bist du? Und wieso bist du, ein Fremder, hier, wo
doch alle nur deutsch reden?
Mit meinem fortschreitenden Alter verliere ich die Lust oder sogar den
Mut, tschechisch zu schreiben und nicht selten muss ich mich mit Gewalt
überwinden, um etwas deutsch zu tippen.
Ich habe die Flucht in die deutsche Sprache angetreten, und als mein
Fluchtweg – ungefähr vor fünfzehn Jahren – zu Ende war und ich mich im
Deutschen als Fremdsprache fast wie zu Hause fühlte, entdeckte ich die
Schönheiten meiner Muttersprache wieder.
Mir kommt es immer öfter vor, als bewegte ich mich in einem verzauberten, sprachlich-magischen Kreis, dem ich wohl niemals entkomme.
Deutsch als Fremdsprache bleibt für mich, einen eingebürgerten Ersatzteutonen, der seit Jahrzehnten deutsch schreibt und deutsch publiziert, auch
nach einer so langen Zeit dennoch ein Rätsel. Je länger ich in der deutschen
Sprachwelt lebe, umso bewusster beunruhigt mich die Tatsache, dass die
deutsche Sprache sich für mich immer deutlicher als eine Fremdsprache entpuppt.
Mit meinen zwei Sprachen bekomme ich immer häufiger Schwierigkeiten;
ich spreche sie nicht spontan, sondern auf eine seltsame Art und Weise »bewusst«.
Mit einem schieren Entsetzen stelle ich jetzt fest, dass mir ein Gespräch,
egal ob in tschechischer oder in deutscher Sprache, Probleme macht; in beiden Sprachen gerate ich immer öfter ins Stottern und wenn ich öffentlich
meine tschechischen oder deutschen Texte lese, finde ich sie in beiden Sprachen so schlecht geschrieben, dass ich mich für sie schämen muss.
Nach fast dreißig Jahren in Deutschland halte ich meine zwei Sprachen
für Fremdsprachen und gehe mit ihnen wie mit Fremdsprachen um. Deutsch
ist für mich auch nach so langen Jahren immer noch eine Fremdsprache
geblieben, das Tschechische hat sich mir in den drei Jahrzehnten meines Bemühens, die deutsche Sprache voll und ganz zu beherrschen, entfremdet, es
hat sich von mir entfernt; meine Muttersprache ist für mich heute zu meiner
zweiten Fremdsprache verkommen.
Ich lebe in einer sprachlich geteilten, oder auf eine unheimliche Art und
Weise eingekreisten Welt und bin – sprachlich betrachtet – wahrscheinlich
nirgendwo zu Hause.
© Stefan Moses
Ota Filip
Adelbert-von-Chamisso-Preis 1986
1930 in Ostrava/CSR geboren.
Nach Abitur und JournalistikStudium Redakteur bei verschiedenen Zeitungen und im Rundfunk,
1960 bis Ende 1967 Hilfsarbeiter.
In dieser Zeit begann er aus Langeweile den Roman Café an der
Straße zum Friedhof zu schreiben,
für den er 1967 den Großen Preis
der Stadt Ostrau erhielt. Tätigkeit
als Verlagslektor, ein Jahr nach
der Okkupation der Tschechoslowakei wegen Unterwühlung der
sozialistischen Gesellschaft zu 14
Monaten Gefängnis verurteilt.
1974 wurde er mit seiner Familie
ausgebürgert und lebte in
München, seit 1995 in Murnau am
Staffelsee; er schreibt für deutsche und seit 1989 auch für tschechische Zeitungen.
Ota Filip erhielt diverse Auszeichnungen, 1991 den AndreasGryphius-Preis und Die Löwenpfote, Münchner Großstadtpreis
für Literatur, 1999 das Stipendium der Villa Massimo in Rom.
www.otafilip.homepage.t-online.de
--> Bibliografie S. 118
^
112
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Was bleibt?
»TÜRKEN RAUS«, sagen sie …
© Marianne Fleitmann
Aras Ören
Adelbert-von-Chamisso-Preis 1985
Aber wenn wir gehen
und diese vergoldete Demokratie mitnehmen,
was bleibt?
Es bleibt der verrostete Himmel da oben.
Juni 1982
Die Rache der Worte
»Dreck Ausländer«, sagte er,
ging und schaute in den Spiegel:
Aus: Berlin Savignyplatz
114
Du darfst keinen Fehler machen. Du mußt zuallererst lernen. Wenn du die
Straße bei Rot überquerst, machst du dich schuldig. Wenn du ein Verbotsschild übersiehst, machst du dich schuldig. Wenn du im Winter am vereisten
Kanalufer ausrutschst und fällst, machst du dich schuldig. Wenn du mit
einem Beamten im Dienst mit erhobener Stimme sprichst, machst du dich
schuldig. Wenn du im Bus jemandem auf den Fuß trittst und dich nicht entschuldigst, machst du dich schuldig.
Personen, die du nicht kennst, mußt du mit »Sie« anreden.
Du darfst dich nicht ärgern, wenn du außer Atem an der Bushaltestelle
angelaufen kommst und der Busfahrer dir die Tür vor der Nase zumacht und
ohne dich abfährt, oder wenn an der Kasse, an der du im Supermarkt
Schlange stehst, ausgerechnet dann die Spule ausgeht, wenn du drankommst,
so daß du dich woanders von neuem anstellen mußt. Wenn du beschimpft
wirst, weil du etwas Verbotenes getan hast, darfst du nicht widersprechen.
Wenn du beim Spielen verlierst, darfst du nicht traurig sein.
Sein Mund war voller Schmutz.
September 1981,
aus: Das Wrack
1939 in Bebek-Istanbul, Türkei,
geboren. Schreibt seit 1957 Gedichte, 1958 erste Prosa. 1959 –
1969 Schauspieler und Dramaturg
vornehmlich in Istanbul. 1960
erster Gedichtband in der Türkei,
Teilnahme am internationalen
Wettbewerb der Jugendtheater
Erlangen. 1962 Schauspieler an
der »Neuen Bühne« in Frankfurt
am Main, 1965 –1967 Versuche,
eine Theatergruppe für die türkischen Arbeiter in der BRD und
Westberlin zu gründen. 1966 –
1969 Schauspielarbeit in Istanbul,
dort auch Theaterpreis. 1969 Umzug nach Westberlin. Arbeit in
Fabriken, in der Gastronomie und
als Schauspieler.
Anfang der 70er Jahre stößt er zur
»Gruppe der schreibenden Arbeiter« in der Berliner Künstlervereinigung »Rote Nelke«.
Seit 1974 arbeitet er als Redakteur, seit 1996 als Leiter in der
türkischen Redaktion im Sender
Freies Berlin (SFB). 1999 hatte er
die Poetik-Dozentur an der Universität Tübingen inne.
Nach dem Förderpreis des Kulturkreises im Bundesverband der
Deutschen Industrie (1980) und
der Literarischen Ehrengabe der
Bayerischen Akademie der Schönen Künste (1983) erhielt er 1985
als erster Autor den Adelbert-vonChamisso-Preis.
www.arasoeren.de
--> Bibliografie S. 121
115
Bibliographie
Asserate, Asfa Wossen 28
Die Geschichte von Sawa (Äthiopien)
1700 –1865. Wiesbaden: Franz Steiner, 1980
Manieren. Frankfurt am Main: Eichborn
Verlag, 2003
Freiherr Adolph von Knigge, Benjamin
Noldmanns Geschichte der Aufklärung in
Abyssinien. Vorgestellt und mit einem
äthiopisch-deutschen Brückenschlag
versehen von Asfa-Wossen Asserate.
Frankfurt am Main: Eichborn Verlag, 2006
Ein Prinz aus dem Hause David und warum
er in Deutschland blieb. Erinnerungen.
Frankfurt am Main: Scherz Verlag, 2007
Bánk, Zsusa 30
Der Schwimmer. Roman. Frankfurt am Main:
S. Fischer 2002
Der Schwimmer 2004 als TB
Heißester Sommer. Erzählungen. Frankfurt
am Main: S. Fischer, 2004
Belfellah, Abdellatif 68
Atabay, Cyrus 98
Einige Schatten. Gedichte. Mit einem Nachwort von Max Rychner. Wiesbaden: Limes,
1956 (Dichtung unserer Zeit 5)
An- und Abflüge. Gedichte. München:
C. Hanser, 1958
Meditation am Webstuhl. Neue Gedichte.
München: C. Hanser, 1960
Gegenüber der Sonne. Gedichte und kleine
Prosa. Hamburg: Claassen, 1964
Doppelte Wahrheit. Gedichte und Prosa.
Hamburg/Düsseldorf: Claassen, 1969
Die Worte der Ameisen. Persische Weisheiten. Mit 5 Drucken. Hamburg/Düsseldorf:
Claassen, 1971
116
»Der Geruch von Tazmamart«. In: Die Weltbühne (Wochenschrift für Politik Kunst Wirtschaft). Heft46, 10. November 1992
»Die Satanischen Verse oder das Versäumte
literarische Rendezvous«. In: ad libitum
(Sammlung Zerstreuung Nr. 24). Berlin: Verlag
Volk und Welt, 1992
»Deutsche Sprache«. In: Lettre
international, Heft 20, Frühjahr 1993
»Thomas Morus’ Utopia oder die zweideutige
Rhetorik«. In: Chiffre (Zeitschrift für Literatur
und andere Hirngespinste Nr. 5), November
1995 – April 1996
»Konfession – wem gehört die deutsche
Sprache?«. In: »Titrit«. In: Am Erker (Zeitschrift für Literatur Nr. 34), Winter 1997/98
»Lichter der Kleinstadt«. In: Am Erker (Zeitschrift für Literatur Nr. 36), Winter 1998
»Am Ort…« und »Labyrinth« (Romanauszüge).
In: Neue Sirene (Zeitschrift für Literatur),
5. Jahrgang Nr. 8. April 1998
»Monolog«. In: Ich habe eine fremde Sprache gewählt. – Gerlingen: Bleicher, 1998
»Woher kommt die Taubheit der Bäckerin«. In:
Bei Anruf Poesie. Münster: Ardey-Verlag,
1999
»Niemand empfahl mir Sir Lichtenberg«. In:
die horen (Zeitschrift für Literatur, Kunst und
Kritik Nr. 193), 44. Jahrgang 1. Quartal 1999
»Am offenen Wort, Mythen – Wende zur
Sprache«. In: Male – Zeichen und Spiegel
der Zeit. Bönen: Druck-Verlag Kettler, 2000
Benyoëtz, Elazar 104
Paul Engelmann. Dem Andenken an Karl
Kraus. Hrsg. von Elazar Benyoëtz. Wien:
Kerry, 1967
Sahadutha. Mit einem Nachwort von George
Itamar. Berlin: Paian-Verlag, 1969 (ApeironReihe. Buch 1)
Annette Kolb und Israel. Heidelberg: Lothar
Stiehm, 1970
Einsprüche. München: Gotthold Müller, 1973
Einsätze. München: Gotthold Müller, 1975
Worthaltung. Sätze und Gegensätze.
München/Wien: C. Hanser, 1977
Eingeholt. Neue Einsätze. Aphorismen.
München/Wien: C. Hanser, 1979
Wort in Erwartung. Aphorismen.
Kreuzlingen: Bodan Verlag, 1980
Vielleicht – Vielschwer. Aphorismen.
München/Wien: C. Hanser, 1981
Fraglicht. Aphorismen. Kreuzlingen: Bodan
Verlag, 1981
Im Vorschein. Aphorismen. Kreuzlingen:
Bodan Verlag, 1982
Nahsucht. Aphorismen. Kreuzlingen: Bodan
Verlag, 1982
Andersgleich. Aphorismen. Kreuzlingen:
Bodan Verlag, 1983
Für- und Gegenwart. Aphorismen.
Kreuzlingen: Bodan Verlag, 1984
Treffpunkte. Bad Soden/Taunus: A. & V.
Woywood, 1985
Solange wie das eingehaltene Licht. Briefe
1966 –1982. Clara von Bodman und Elazar
Benyoëtz. Konstanz: Hartung-Gorre, 1989
Treffpunkt Scheideweg. München/Wien:
C. Hanser, 1990
Taumeltau. Herrlingen bei Ulm: Herrlinger
Drucke 2, 1992
Filigranit. Ein Buch aus Büchern. Göttingen:
Steidl, 1992
Paradiesseits – Eine Dichtung. Herrlingen
bei Ulm: Herrlinger Drucke 1, 1992
Träuma. Herrlingen bei Ulm: Herrlinger
Drucke 3, 1993
Beten. Herrlingen bei Ulm: Herrlinger Drucke
4, 1993
Brüderlichkeit. Das älteste Spiel mit dem
Feuer. München/Wien: C. Hanser, 1994
Hörsicht. Herrlingen bei Ulm: Herrlinger
Drucke 5, 1994
Wirklich ist, was sich träumen läßt. Gedanken über den Glauben. Wuppertal: Kiefel,
1994
Endsagung. Herrlingen bei Ulm: Herrlinger
Drucke 6, 1995
Identitäeuschung. Herrlingen bei Ulm:
1. Sonderheft der Herrlinger Drucke, 1995
Querschluss. Herrlingen bei Ulm: Herrlinger
Drucke 7, 1995
Entwirt. Herrlingen bei Ulm: 2. Sonderheft
der Herrlinger Drucke, 1996
Variationen über ein verlorenes Thema.
München/Wien: C. Hanser, 1997
Keineswegs. Herrlingen bei Ulm: Herrlinger
Drucke 8, 1998
Wenn Gott verloren geht. Die Zukunft des
Glaubens in der säkularisierten Gesellschaft. Hrsg. von Theo Faulhaber und
Bernhard Stillfried. Freiburg: Herder, 1998
(Quaestiones disputatae 174)
Anschluß. Herrlingen bei Ulm: Herrlinger
Drucke N.F. 2, 1999
Ichmandu. Herrlingen bei Ulm: Herrlinger
Drucke N.F. 3, 2000
Die Zukunft sitzt uns im Nacken. Vom Menschen und seiner Ausgesprochenheit.
München/Wien: C. Hanser, 2000
Allerwegsdahin. Mein Weg als Israeli und
Jude ins Deutsche. Hamburg/Zürich: Arche
Verlag, 2001
Der Mensch besteht von Fall zu Fall.
Aphorismen. Leipzig: Reclam, 2002
Finden macht das Suchen leichter.
München/Wien: C. Hanser 2003
Hinnämlich. Herrlingen bei Ulm: Herrlinger
Drucke N.F. 4, 2003
Die Eselin Bileams und Kohelets Hund.
München: C. Hanser, 2007
Sandkronen. Aphorismen. Frauenfeld:
Waldgut Verlag, 2007
Biondi, Franco 108
Isolde e Fernandez. Dramma in 13 Quadri.
Poggibonsi 1978
Nicht nur gastarbeiterdeutsch. Gedichte.
Klein Winternheim: Eigenverlag, 1979
Abschied der zerschellten Jahre. Novelle.
Kiel: Neuer Malik Verlag, 1984
Von den Tränen zu den Bürgerrechten.
Italienische Emigrantenliteratur in der
Bundesrepublik Deutschland. Frankfurt am
Main: Hessischer Volkshochschulverband,
1984
Passavantis Rückkehr. Erzählungen.
München: dtv, 1985
»Die Fremde wohnt in der Sprache«. In:
Irmgard Ackermann und Harald Weinrich
(Hrsg.), Eine nicht nur deutsche Literatur.
Zur Standortbestimmung der »Ausländerliteratur«. München: Piper, 1986
Die Unversöhnlichen oder Im Labyrinth der
Herkunft. Roman. Tübingen: HeliopolisVerlag, 1991
Ode an die Fremde. Gedichte 1973 –1993.
Sankt Augustin: Avlos-Verlag, 1995
In deutschen Küchen. Roman. Frankfurt am
Main: Brandes & Apsel, 1997
»Meine Heimat?« In: Hans G. Meyer und Klaus
Wiegerling (Hrsg.), Heimat: Das allen in die
Kindheit scheint und worin noch niemand
war. Deutsch-israelisch-palästinensisches
Lesebuch. Frankfurt am Main: Brandes &
Apsel, 1997
Der Stau. Roman. Frankfurt am Main:
Brandes & Apsel, 2001
Giri e rigiri, laufend. Gedichte/poesie, zweisprachig. Frankfurt: Brandes & Apsel, 2005
Karussellkinder. Roman. Frankfurt: Brandes
& Apsel, 2007
Vita Emigrata. Racconti. Isernia: Cosmo
Iannone Editore, 2007
Bodrozic,
´ Marica 38
Tito ist tot. Erzählungen. Frankfurt am Main:
Suhrkamp, 2002
Bilder des neuen Jahrhunderts. Von Marica
Bodrozic,
´ Kerstin Hensel und Dagmar
Leupold. Göttingen: Wallstein Verlag 2002
(Literarisches Kollegium Wolfenbüttel)
»Augen, Schritte, Menschengebiete«.
Erzählung. In: Bilder eines neuen Jahrhunderts. Hrsg. von Heinz Ludwig Arnold.
Göttingen: Wallstein Verlag, 2002
Gedichte. In: Werkstatt II. Hrsg. von Heinz
Ludwig Arnold. Göttingen: Wallstein Verlag,
2003
»Der Wunderlehrling«. Essay. In: Mit Lessing
ins Gespräch. Hrsg. von Heinz Ludwig Arnold.
Göttingen: Wallstein Verlag, 2004
Der Spieler der inneren Stunde. Roman.
Frankfurt am Main: Suhrkamp, 2005
»Wunden haben keine Grenzen«. Essay. In:
Ungefragt, Über Literatur und Politik.
Hrsg. von Klaus Amann, Heinz Lunzer und
Ursula Seeber. Wien: Czernin Verlag, 2005
»Herzkränze, Stundenland«. In: Kluge Mädchen, wie wir wurden, was wir nicht werden
sollten. Hrsg. von A. Meiners. München:
Elisabeth Sandmann Verlag, 2006
Ein Kolibri kam unverwandelt. Gedichte.
Salzburg: Otto Müller Verlag, 2007
Sterne erben, Sterne färben. Mein Leben in
der deutschen Sprache. Frankfurt am Main:
Suhrkamp Verlag, 2007
Der Windsammler. Erzählungen. Frankfurt
am Main: Suhrkamp Verlag, 2007
^
Gedichte in deutscher Sprache. In: In die
Flucht geschlagen. Hrsg. von Anja
Tuckermann. Darmstadt: Luchterhand, 1989
Herbst der Städte. Erzählungen in arabischer
Sprache. Köln/Beirut: Al Kamel Verlag, 1996
Die Bekenntnisse des Fleischhändlers.
Roman in arabischer Sprache. Köln/Beirut: Al
Kamel Verlag, 1997. Deutsch. Berlin: Schiler,
2007
Der Marschländer. Bagdad – Beirut –
Berlin. Roman in deutscher Sprache.
Frankfurt am Main: Glaré Verlag, 1999
Mansur oder der Duft des Abendlandes.
Roman in deutscher Sprache. Leipzig:
Reclam, 2002
Wächter des verborgenen Imams. Erzählungen in arabischer Sprache. Köln/Beirut: AlKamel Verlag, 2004
»Das Café am Haschemitenplatz«. Erzählung.
In: Sommer am Meer und anderswo. Neue
Geschichten aus aller Welt. München:
Bertelsmann, 2004
»Der Wächter des entrückten Imams«. Erzählung. In: Wortmagier des Orients. Arabische
Erzählungen. Frankfurt am Main: Insel Verlag,
2004
An diesem Tage lasen wir keine Zeile mehr.
Gedichte. Frankfurt am Main: Insel Verlag,
1974
Das Auftauchen an einem anderen Ort. Gedichte. Frankfurt am Main: Insel Verlag, 1977
Die Leidenschaft der Neugierde. Neue Gedichte. Düsseldorf: Eremiten-Presse, 1981
Stadtplan von Samarkand. Porträts, Skizzen,
Gedichte. Mit Originalgraphiken von Winfred
Gaul. Düsseldorf: Eremiten-Presse, 1983
Salut den Tieren. Ein Bestiarum. Mit OriginalOffsetlithos von Bernhard Jäger. Düsseldorf:
Eremiten-Presse, 1983
Prosperos Tagebuch. Gedichte. Mit farbigen
Offsetlithos von Winfred Gaul. Düsseldorf:
Eremiten-Presse, 1985
Die Linien des Lebens. Gedichte mit Offsetlithos von Winfred Gaul. Düsseldorf: EremitenPresse, 1986
Puschkiniana. Gedichte. Mit Offsetlithos von
Ulrich Erben. Düsseldorf: Eremiten-Presse,
1990
Gedichte. Frankfurt am Main/Leipzig: Insel
Verlag, 1991
Leise Revolten. Kleine Prosa aus drei Jahrzehnten. Hrsg. von Jens Olsson. Mit OriginalLithographien von Winfred Gaul. Düsseldorf:
Eremiten-Presse, 1992
Die Wege des Leichtsinns. Zerstreutes
äolisches Material. Gedichte. Düsseldorf:
Eremiten-Presse, 1994
Poet und Vagant. Der Dichter Cyrus Atabay
1929–1996. Hrsg. von Werner Ross.
München: C. H. Beck, 1997
^
Al-Mozany, Hussain 36
Bibliographie
Chiellino, Gino 110
Nach dem Gestern. Aus dem Alltag italienischer Emigranten. Dopo ieri. Dalla vita de
emigranti italiani. Hrsg. von Gino Chiellino.
Grafiken von Pino Cali. Bremen: Edition Con,
1983
Mein fremder Alltag. Gedichte. Kiel: Neuer
Malik Verlag, 1984
Sehnsucht nach Sprache. Gedichte 1983–
1985. Kiel: Neuer Malik Verlag, 1987
Die Reise hält an. Ausländische Künstler in
der Bundesrepublik. Kiel: Neuer Malik Verlag,
1988
Literatur und Identität in der Fremde. Zur
Literatur italienischer Autoren in der Bundesrepublik. Kiel: Neuer Malik Verlag, 1989
Hommage á Augsburg. Drei Gedichte mit drei
Grafiken von Gjelosh Gjokaj. Augsburg: Atelier
Gjelosh Gjokaj, 1991
Sich die Fremde nehmen. Gedichte 1986–
1991. Kiel: Neuer Malik Verlag, 1992
Gino Chiellino. Werkheft Litertur. Hrsg. von
Mechthild Borries und Hartmut Retzlaff (unter
Mitarbeit von Gloria Fischer). München:
Iudicium Verlag, 1992
Am Ufer der Fremde. Literatur und Arbeitsmigration 1870 –1991. Stuttgart:
J. B. Metzler, 1995
Die drei großen Mythen um das Wort. Drei
Gedichte mit drei Grafiken von Gjelosh Gjokaj.
Augsburg: Atelier Gjelosh Gjokaj, 1997
Die interkulturelle Literatur in Deutschland. Ein Handbuch. Hrsg. von Carmine
Chiellino. Stuttgart: J. B. Metzler, 2000
Liebe und Interkulturalität. Essays 1988–
2000. Tübingen: Stauffenburg Verlag, 2001
Parole erranti. Saggi 1995–2000. 2001
In Sprache Leben. Meine Ankunft in die
deutsche Sprache. Prosa. Gedichte. Essays.
Dresden: Thelen Universitätsverlag, 2003
Ich in Dresden. Eine Poetikvorlesung.
Dresden: Thelen Universitätsverlag, 2003
Es gab einmal die Alpen. Anthologie. Hrsg.
von Gino Carmine Chiellino. Reihe Wortwechsel, Bd. 4. Dresden, 2005
Weil Rosa die Weberin. Gesammelte
Gedichte 1977–1991. Dresden: Thelen
Universitätsverlag, 2005
Çırak, Zehra 48
Flugfänger. Gedichte. Mit Illustrationen von
Jürgen Walter. Hrsg. vom Bund deutscher
Künstler Baden-Württemberg. Karlsruhe:
edition artinform 1987
Vogel auf dem Rücken eines Elefanten. Gedichte und Kurzprosa. Köln: Kiepenheuer &
Witsch, 1991
Nach Europa. Texte zu einem Mythos. Von
Zsuzsanna Gahse, Zehra Çırak, Sara Gerstl,
Barbara Honigmann, Renée Zucker, Ginka
117
Bibliographie
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Wunderzeit. Roman. Zürich/München: Pendo
Verlag, 2001.
NA München: Diana Tb, 2003
»Im Nabel der Welt«. Erzählung in der
Anthologie Swiss Made – Junge Literatur
aus der Schweiz. Berlin: Wagenbach Verlag,
2001
Der kurze Weg nach Hause. Roman. Zürich/
München: Pendo Verlag, 2002
»11. September«. In: Feuer, Lebenslust!
Erzählungen deutscher Einwanderer.
Stuttgart: Klett-Cotta, 2003
»Radu und der Mann, der reden wollte«. In:
Enemies – a love affair. Künzelsau:
Swiridoff, 2002, und in: Ach wie gut, dass
niemand weiß. Ein Schweizer Lese- und
Vorlesebuch. München/Wien: Nagel und
Kimche, 2004
Der blinde Masseur. Roman. Zürich/
München: Pendo Verlag, 2006
Zero. Prosa. München: List, 1983
Berganza. Erzählung. München: List, 1984.
NA München, Serie Piper, 1987
Abendgesellschaft. München: Piper, 1986
Liedrige Stücke. Leonberg-Warmbronn:
Keicher, 1987
Stadt · Land · Fluß. Geschichten. München:
List, 1988
Einfach eben Edenkoben. Klagenfurt/
Salzburg: Wieser, 1990
Hundertundein Stilleben. Prosa. Klagenfurt/
Salzburg:Wieser, 1991
Nachtarbeit. Prosa. Leonberg-Warmbronn:
Keicher, 1991
Essig und Öl. Hamburg: Europäische Verlagsanstalt, 1992
Sandor Petöfi, Rede am 15. März 1848.
Essay. Hamburg: Europäische Verlagsanstalt,
1993
Übersetzt. Eine Entzweiung. Hrsg. vom LCB/
DAAD. Berlin Weimar: Aufbau Verlag, 1993.
NA Lausanne: Centre de traduction littéraire,
2000
Passepartout. Prosa. Klagenfurt/Salzburg:
Wieser, 1994
Kellnerroman. Prosa. Hamburg: Europäische
Verlagsanstalt, 1996
Auskünfte von und über Zsuzsanna Gahse.
Hrsg. von Wulf Segebrecht. Bamberg:
Fußnoten zur Literatur, 1996
Wie geht es dem Text? Bamberger Vorlesungen. Hamburg: Europäische Verlagsanstalt,
1997
Nichts ist wie oder Rosa kehrt nicht zurück.
Roman. Hamburg: Europäische Verlagsanstalt, 1999
Der 16. Fragebogen. Roman. Übersetzt von
Marianne Pasetti-Swoboda. Hamburg:
Hoffmann und Campe; Luzern: Reich, 1979.
NA Frankfurt am Main/Berlin: Ullstein Tb,
1991
Franz Kafka aus Prag. Frankfurt am Main:
S. Fischer, 1983
Janinka. Roman. Köln: Bund-Verlag, 1984
Mimner oder das Tier der Trauer. Roman.
Köln: Bund-Verlag, 1986
Prager Frühling – Prager Herbst. Blicke zurück und nach vorn von Heinrich Böll u.a.
Hrsg. von Tomas Kosta und Jirí Grusa. Köln:
Bund-Verlag, 1988
Babylonwald. Gedichte 1988. Mit einem
Nachwort von Sarah Kirsch. Stuttgart:
Deutsche Verlags-Anstalt, 1991
Auf der Brücke zum Morgen. Prag – Die
goldene Stadt der 100 Türme. Mit Jan
Hnízdo. Freiburg i.Br.: Eulen-Verlag, 1991
»Wie sehen unsere Nachbarn die deutsche
Entwicklung?« Die deutsche Entwicklung
aus tschechoslowakischer Sicht. Vortrag.
Bonn: Friedrich-Ebert-Stiftung, 1991
Prag. Einst Stadt der Tschechen,
Deutschen und Juden. Bildband. Jirí Grusa,
Eda Kriseova, Petr Pithart. München: LangenMüller, 1993
Wandersteine. Gedichte. Stuttgart: Deutsche
Verlags-Anstalt, 1994
Das Gesicht – der Schriftsteller – der Fall.
Vorlesungen. Mit einem Essay von Utz
Rachowsky, einem Nachwort von Ludger
Udolph und einer Bibliographie von Susanne
Fritz. Dresden: Thelem bei w.e.b.-UniversitätsVerlag, 1999
Laterna Magica. Einblicke in eine tschechische Fotografie der Zwischenkriegszeit. Hrsg.
von Margit Zuckriegl. Mit einem Text von Jirí
Grusa. Salzburg: Rupertinum, 2000
Gebrauchsanweisung für Tschechien.
^
Das Café an der Straße zum Friedhof.
Roman. Übersetzt von Josefine Spitzer.
Frankfurt am Main: S. Fischer, 1968
Ein Narr für jede Stadt. Roman. Übersetzt
von Josefine Spitzer. Frankfurt am Main:
S. Fischer, 1969
Die Himmelfahrt des Lojzek Lapácek aus
Schlesisch Ostrau. Roman. Übersetzt von
Josefine Spitzer. Frankfurt am Main:
S. Fischer, 1973
Zweikämpfe. Roman. Übersetzt von Josefine
Spitzer. Frankfurt am Main: S. Fischer, 1975
Prag. Unabhängiges Forum nicht-exilierter
tschechoslowakischer Autoren. Hrsg. von
Ota Filip und Pavel Tigrid. Frankfurt am Main/
Berlin: Ullstein, 1976
Maiandacht. Roman. Übersetzt von Marianne
Pasetti-Swoboda. Frankfurt am Main:
S. Fischer, 1977
Schwejk heute. Politischer Witz in Prag. Mit
Florescu, Catalin Dorian 42
Gahse, Zsuzsanna 18
Grusa, Jirí 74
^
Filip, Ota 112
Der Großvater. Erzählung. Zürich: Nagel &
Kimche, 1985 (München: Piper Tb, 1987)
Cosimo und Hamlet. Roman zweier Brüder.
Zürich: Nagel & Kimche, 1987
Die Versammlung der Engel im Hotel
Excelsior. Roman. Zürich/Frauenfeld: Nagel &
Kimche, 1990 (München: Piper Tb, 1994)
Das Funkhaus. Roman. München: Piper, 1993
Die Sardinennacht. Dreißig Fernsehschnitte
aus dem Zeitalter Berlusconi. Zürich/BadenBaden: Elster Verlag, 1996
Liebeslügen. Roman. Zürich/Frauenfeld:
Nagel & Kimche, 1996 (München: Heyne Tb
1998)
Vaterland. Mit Beiträgen von Emanuel
LaRoche, Claude Delarue und Dante Andrea
Franzetti. Zürich: Vontobel-Stiftung, 1998
Curriculum eines Grabräubers. Erzählungen. Zürich: Nagel & Kimche, 2000
Passion. Journal für Liliane. Innsbruck/Wien:
Haymon Verlag, 2006
Calgary. April 1997. Mit einer Zeichnung von
Christoph Rütimann. Leonberg-Warmbronn:
Keicher, 2000
Kaktus haben. Buchobjekt mit einem Siebdruck von Christoph Rütimann. Altdorf:
Edition Nyffeler & Wallimann, 2000
durch und durch, Müllheim/Thur in drei Kapiteln. Wien: Edition Korrespondenzen, 2004
Blicken. Mit Klaus Merz. Bild-Lyrik-Projekt von
Nikolaus Lenherr. Alpnach Dorf: Verlag Martin
Wallimann, 2004
»Im übersetzten Sinn/Vom literarischen
Übersetzen«. Die Horen. Zeitschrift für
Literatur, Kunst und Kritik. Heft 218. Hrsg. von
Zsuzsanna Gahse. Bremerhaven: Wirtschaftsverlag NW, 2005
Instabile Texte/zu zweit. Wien: Edition
Korrespondenzen, 2005
^
Sinan ohne Land. Drei Erzählungen. Berlin:
Clemens Zerling, 1988
Gesetz des Schweigens. Roman. Berlin:
Clemens Zerling, 1990
Cemile oder das Märchen von der Hoffnung. Berlin: Clemens Zerling, 1990
Dügün – Die Heirat. Drehbuch. Istanbul/
Berlin: Verlag Yabanel, 1991
Die verwundeten Kinder des Zarathustra.
Eine Odyssee zwischen Wirklichkeit und
Alptraum. Berlin: Edition Amadis, 1997
Der rosarote Fahrstuhl. Roman. Berlin: Hans
Schiler Verlag, 2007
^
Elçi, Ismet 90
^
118
Die Inschrift. Erzählungen. Wien: Edition Exil,
2001
Engelszungen. Roman. Wien/Frankfurt am
Main: Deuticke Verlag, 2003
Ein Licht über dem Kopf. Erzählungen. Wien:
Deuticke Verlag, 2006
^
Wenn Ali die Glocken läuten hört. Übersetzt
von Brigitte Schreiber-Grabitz. Berlin: Edition
der 2, 1979
Europastraße 5. Roman. Übersetzt von Carl
Koß. Hamburg: Buntbuch-Verlag, 1981
Die Vögel des falschen Paradieses. Yanlıs
Cennetin Kusları. Erzählungen in zwei Sprachen. Übersetzt von Eva Warth-Karabulut.
Frankfurt am Main: Dagyeli, 1985
Der enthaarte Affe. Roman. Übersetzt von
Carl Koß. München/Zürich: Piper, 1988
Geschichten aus der Geschichte der Türkei.
Übersetzt und hrsg. von Güney Dal und Yüksel
Pazarkaya. Frankfurt am Main: Luchterhand
Literaturverlag, 1990
Eine kurze Reise nach Gallipoli. Roman.
Übersetzt von Carl Koß. München: Piper,
1994
Dinev, Dimitré 26
Franzetti, Dante Andrea 84
^
Dal, Güney 70
Meine Lage in der Lage. Gedichte und Geschichten. Übersetzt von Thomas Brasch und
Hans Magnus Enzensberger. Berlin: Rotbuch
Verlag, 1979
Neunzehnhundertfünfundachtzig. Ein
historischer Bericht. (Hongkong 2936). Dt.
Bearbeitung von Reinhard Weißhuhn. Berlin:
Rotbuch Verlag, 1982
Kurzer Lehrgang, langer Marsch. Dokumontage. Übersetzt von Reinhard Weishuhn
und Elisabeth Käsbauer. Berlin: Rotbuch
Verlag, 1985
Mein Großvater und die Weltgeschichte.
Dt. Bearbeitung von Matthias Fienbork. Berlin:
Literarisches Colloquium, 1985
Archipel Gulasch: Entstehung der demokratischen Opposition in Ungarn. Mit vielen
Dokumenten. Dt. Bearbeitung von Elsbeth
Zylla. Bremen: Edition Temmen, 1986
Die Beschneidung. Eine Geschichte. Übersetzt von György Dalos und Elsbeth Zylla.
Frankfurt am Main: Insel Verlag, 1990. NA
Suhrkamp Tb, 1993, 1997, 1999
Ungarn – Vom Roten Stern zur Stephanskrone. Übersetzt von György Dalos und
Elsbeth Zylla. Frankfurt am Main: Suhrkamp,
1991 (2. erw. Ausg. 1997)
Vom Propheten zum Produzenten. Zum
Rollenwandel der Literaten in Ungarn und Osteuropa. Wien: Wespennest Verlag, 1992
Proletarier aller Länder, entschuldigt mich!
Das Ende des Ostblockwitzes. Dt. Bearbeitung
von Elsbeth Zylla. Bremen: Edition Temmen,
1993 (7. Aufl. 1999)
Der Versteckspieler. Gesellschaftsroman.
Übersetzt von György Dalos und Elsbeth Zylla.
Frankfurt am Main/Leipzig: Insel Verlag,
1994. NA Suhrkamp Tb, 1997
Der Rock meiner Großmutter. Frühe Prosa.
Dt. Bearbeitung von Thomas Brasch, Matthias
Fienbork, Peter-Paul Zahl und Elsbeth Zylla.
Frankfurt am Main: Suhrkamp, 1996
Der Gast aus der Zukunft. Anna
Achamatowa und Sir Isaiah Berlin. Eine
Liebesgeschichte. Übersetzt von Elsbeth Zylla.
Hamburg: Europäische Verlagsanstalt,
1996
Lajos Kossuth: »Ungarn ist in Gefahr!« Die
große Ministerrede, 11. Juli 1848.
Hamburg: Europäische Verlagsanstalt, 1998
Der Gottsucher. Eine Geschichte. Übersetzt
von György Dalos und Elsbeth Zylla. Frankfurt
am Main/Leipzig: Insel Verlag 1999 (Frankfurt
am Main: Suhrkamp Tb, 2001)
Olga. Pasternaks letzte Liebe. Fast ein
Roman. Dt. Bearbeitung von Elsbeth Zylla.
Hamburg: Europäische Verlagsanstalt, 1999
Illustrationen von Ivan Steiger. Berlin:
Universitas, 1977
Wallenstein und Lukretia. Roman. Übersetzt
von Marianne Pasetti-Swoboda. Frankfurt am
Main: S. Fischer, 1978
Weihnachtsknödel, böhmisch. WindeckAltwindeck: Windecker Winkelpresse, 1980
Großvater und die Kanone. Roman.
Frankfurt am Main: S. Fischer, 1981
Tomatendiebe in Aserbaidschan und
andere Satiren. Frankfurt am Main: Fischer
Taschenbuch Verlag, 1981
Die zerbrochene Feder. Schriftsteller im
Exil. Hrsg. von Ota Filip und Egon Larsen,
unter Mitwirkung von Gunter W. Lorenz.
Stuttgart: K. Thienemanns, 1984
Café Slavia. Roman. Frankfurt am Main:
S. Fischer, 1985
Die Sehnsucht nach Procida. Roman.
Frankfurt am Main: S. Fischer, 1988
Die stillen Toten unterm Klee. Wiedersehen
mit Böhmen. München: Langen-Müller, 1992
Mein Prag. Fotografien von Michael
Schilhansl. Dortmund: Harenberg Edition,
1992
… doch die Märchen sprechen deutsch.
Geschichten aus Böhmen. München: LangenMüller, 1996
Der siebente Lebenslauf. Roman. München:
Langen Müller Herbig Buchverlage, 2002
Das andere Weihnachten. Mährische Geschichten. München: Langen-Müller, 2004
Sousedé. Roman in tschechischer Sprache.
Brünn: Verlag Host, 2003
Grand Pére et son canon. Roman. Montriche/
Schweiz: Les Edtions Noir sur Blanc, 2005
Wniebowstapienie Lojzka Lapaczka ze
Slaskej Ostrawy. Roman. Warschau: swiat
Ksiazki, 2005
^
»Das Klavier«. In: Jahreszeiten des Verlangens. Ein Zeitmitschrift-Buch mit Geschichten
von Begehren und Hingabe. Hrsg. von Stefan
Bollmann. Düsseldorf-Bensheim: Bollmann,
1992
»Gleichgewichtsstörung«. In: Grenzgedanken. Köln: Bund Verlag, 1991
Gleichgewichtsstörung. Erzählungen.
Tübingen: Heliopolis Verlag, 1995
Durch das Flugloch der Bleistiftspitze. Gedichte. Eggingen: Edition Klaus Isele, 1998
Das Komma in der Milch. Prosa und Gedichte. Halle/Saale: Hallesche Autorenhefte 8,
2001
Das Lachen der Fische. Gedichte.
Halle/Saale: Verlag Stekovics, 2003
ich liebe zu frühstücken. Gedichte.
Halle/Saale: Projekte Verlag 2004
Bastard – Chose my Identiti. Prosa und
Lyrik. Barcelona: Edition Actar, 2006
nachtfenster – tagtüren. Gedichte.
München: Salon-Literatur-Verlag, 2007
Dalos, György 80
Die Reise nach Sachalin. Auf den Spuren
von Anton Tschechow 2001. Ein historischer
Reisebericht. Hamburg: Europäische Verlagsanstalt, 2001
Seilschaften. Roman. Köln: DuMont, 2002
Ungarn in der Nussschale. Geschichte
meines Landes. München: C.H. Beck, 2004
1956. Der Aufstand in Ungarn. Übersetzt
von Elsbeth Zylla. München: C. H. Beck, 2006
Die Balaton-Brigade. Erzählung. Hamburg:
Rotbuch Verlag in der Europäischen Verlagsanstalt, 2006
^
Csiba, Lásló 82
Teestunden am Ring. Roman. Übersetzt von
Carl Koß. München: Piper, 1999
^
Steinwachs. Hrsg. von Sabine Groenewold.
Hamburg: Europäische Verlagsanstalt, 1993
Fremde Flügel auf eigener Schulter. Gedichte. Köln: Kiepenheuer & Witsch, 1994
Brüche & Übergänge. Zwischen den Kulturen. Beiträge von Zehra Çırak, Ewa M. Slaska,
John Shreve. Hrsg. von Olav Münzberg,
Elsbeth de Roos, Dieter Straub. Berlin: Jovis
Verlag, 1997
Leibesübungen. Gedichte. Köln: Kiepenheuer
& Witsch, 2000
»Von Stadt aus Land in Sicht«. In: Ich bin nicht
innerlich. Annäherungen an Gottfried Benn.
Hrsg. Von Jan Bürger. Stuttgart: Verlag KlettCotta, 2003
Bibliographie
119
Bibliographie
Die Fische von Berlin. Roman. Göttingen:
Steidl, 2005, Taschenbuchausgabe 2006
Kara, Yadé 32
Selam Berlin. Roman. Zürich: Diogenes
Verlag, 2003
Karasholi, Adel 92
Wie Seide aus Damaskus. Gedichte (dt.
Nachdichtungen von Rainer Kirsch, Heinz
Kahlau und Klaus Steinhaußen). Berlin: Verlag
Volk und Welt, 1968
Umarmung der Meridiane. Gedichte. Halle/
Leipzig: Mitteldeutscher Verlag, 1978
Brecht in arabischer Sicht. Berlin: BrechtZentrum der DDR, 1982
Daheim in der Fremde. Gedichte mit Holzschnitten von Wolfgang Mattheuer. Halle/
Leipzig: Mitteldeutscher Verlag, 1984
Wenn Damaskus nicht wäre. Gedichte.
München: A 1 Verlag, 1992
Also sprach Abdulla. Gedichte. München: A 1
Verlag, 1995
»wo du warst und wo du bist«. Nachdichtungen arabischer Gedichte des palästinensischen Dichters Mahmoud Darwish. München:
A 1 Verlag, 2004
Kertész, Imre 54
Kaddisch für ein nicht geborenes Kind.
Roman. Übers. von György Buda und Kristin
Schwamm. Berlin: Rowohlt Berlin, 1992
(Rowohlt Tb 1996, NA1999/2002)
Galeerentagebuch. Übersetzt von Kristin
Schwamm. Berlin: Rowohlt Berlin, 1993
(Rowohlt Tb 1997, NA 1999/2002)
Eine Geschichte, zwei Geschichten. Mit
Péter Esterházy. Übersetzt von Kristin
Schwamm und Hans Skirecki. Salzburg/Wien:
Residenz Verlag, 1994 (Berliner Taschenbuch
Verlag, 2005)
Roman eines Schicksalslosen. Übersetzt von
120
Gebrauchsanweisung für Polen. München:
Piper, 2006
Lingyuan, Luo 14
Du fliegst jetzt für meinen Sohn aus dem
fünften Stock! Erzählungen. München:
Deutscher Taschenbuch Verlag, 2005
Die chinesische Delegation. Roman oder
Erzählungen. München: Deutscher
Taschenbuch Verlag, 2007
Totalschaden. Roman. Stuttgart: Reclam
Verlag, 2006
Micieli, Francesco 44
Ich weiss nur, dass mein Vater grosse
Hände hat. Bern: Salchli, 1986
Das Lachen der Schafe. Bern: Salchli, 1989
Sieben Gedichte für Max. Bern: Salchli, 1989
Meine italienische Reise. Prosaaufzeichnungen. Bern: Zytglogge Verlag, 1996
Ich weiss nur, dass mein Vater grosse
Hände hat. Das Lachen der Schafe. Meine
italienische Reise. Trilogie einer Emigration.
Bern: Zytglogge Verlag, 1998
Blues. Himmel. Ein Album. Bern: Zytglogge
Verlag, 2000
Mohafez, Sudabeh 20
Wüstenhimmel, Sternenland. Erzählungen.
Zürich-Hamburg: Arche Verlag, 2004
Gespräch in Meeresnähe. Roman. ZürichHamburg: Arche Verlag, 2005
Knapp, Radek 50
Franio. Erzählungen. Mit einem Vorwort von
Stanislaw Lem. Wien: Deuticke, 1994
(Reinbek bei Hamburg: Rowohlt Tb, 1996.
München/Zürich: Piper Tb, 2000)
Herrn Kukas Empfehlungen. Roman.
München/Zürich: Piper, 1999 (Tb 2001),
Hamburg: Gruner & Jahr, 2006
Literatur & Wein. Mit Franzobel und Margit
Hahn. Frankfurt am Main: POD Print, 2001
Papiertiger. Eine Geschichte in fünf Episoden. München: Piper, 2003 (NA 2004)
»Miss Polonia 2002– ein sexistischer Bericht«.
In: Feuer, Lebenslust! Erzählungen deutscher
Einwanderer. Stuttgart: Klett-Cotta, 2003
Letzter Wunsch. Roman: Wien: Deuticke/
Zsolnay, 2003
Möglichkeiten. Erzählungen aus der Arbeitswelt. Wien: Edition Atelier im Wiener Journal.
2004
und Michael Wiesehöfer. Fotoforum Schwarzbunt, 1993
Prager Fenster. Essays. München/Wien:
C. Hanser, 1994 (Edition Akzente)
Verklärte Nacht. München/Wien: C. Hanser,
1996
Prag – Berlin: Libuse Moníková. Literaturmagazin 44. Erinnerung der Freunde an die
früh verstorbene Autorin. Hrsg. von Delf
Schmidt und Michael Schidtal. Reinbek bei
Hamburg: Rowohlt, 1999
Der Taumel. Roman. Mit einem Nachwort von
Michael Krüger. München/Wien: C. Hanser,
2000
Luu, Que Du 16
Moníková, Libuse 96
Eine Schädigung. Roman. Berlin: Rotbuch
Verlag, 1981
Pavane für eine verstorbene Infantin.
Roman. Berlin: Rotbuch Verlag, 1983
Die Fassade. M. N. O. P. Q. Roman.
München/Wien: C. Hanser, 1987
Schloß, Aleph, Wunschtorte. Essays.
München/Wien: C. Hanser, 1990 (Edition
Akzente)
Unter Menschenfressern. Ein dramatisches
Menü in vier Gängen. Frankfurt am Main: Verlag der Autoren, 1990 (Theaterbibliothek)
Treibeis. Roman. München/Wien: C. Hanser,
1992
Weltweit. Begegnung mit der Fremde. Beiträge von Gertrud Schier, Franjo Tholen,
Libuse Moníková u. a. Hrsg. von Thomas Selig
^
Hummel, Eleonora 22
Christina Viragh. Berlin: Rowohlt Berlin, 1996
(Rowohlt Tb 1998/2002.)
Ich – ein anderer. Übersetzt von Ilma Rakusa.
Berlin: Rowohlt Berlin, 1998 (Rowohlt Tb
1999/2002)
Eine Gedankenlänge Stille, während das
Erschießungskommando neu lädt. Essays.
Übersetzt von György Buda. Reinbek bei
Hamburg: Rowohlt Tb, 1999/2002
Fiasko. Roman. Übersetzt von György Buda
und Agnes Relle. Berlin: Rowohlt Berlin, 1999
(Rowohlt Tb, 2001/2002)
Die englische Flagge. Erzählungen. Übersetzt von György Buda und Kristin Schwamm.
Reinbek bei Hamburg: Rowohlt Tb, 1999/
2002
Heureka! Rede zum Nobelpreis für Literatur
2002. Frankfurt am Main: Suhrkamp, 2002
Der Spurensucher. Übers. von György Buda.
Frankfurt am Main: Suhrkamp, 2002
Schritt für Schritt. Drehbuch zum »Roman
eines Schicksallosen«. Frankfurt am Main:
Suhrkamp, 2002
Die exilierte Sprache. Essays und Reden. Mit
einem Vorwort von Péter Nádas. Übers. von
Kristin Schwamm, Ilma Rakusa, Christina
Viragh. Frankfurt am Main: Suhrkamp, 2003
(Tb 2004)
Liquidation. Roman. Übers. von Laszlo
Kornitzer und Ingrid Krüger. Frankfurt am
Main: Suhrkamp, 2003 (Rowohlt Tb, 2005)
Detektivgeschichte. Übersetzt von Angelika
und Peter Máté. Reinbek bei Hamburg:
Rowohlt, 2004 (Tb 2006)
Dossier K. Eine Ermittlung. Übersetzt von
Kristin Schwamm. Reinbek bei Hamburg:
Rowohlt, 2006
Opfer und Henker. Übersetzt von Ilma
Rakusa, Agnes Relle und Kristin Schwamm.
Berlin: Transit Verlag, 2007
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München: Piper, 2000. NA 2003 und 2005
Glücklich heimatlos. Einblicke und Rückblicke eines tschechischen Nachbarn.
Stuttgart: Hohenheim Verlag, 2002
Als ich ein Feuilleton versprach. Handbuch
des Dissens und Präsens. Essays, Überlegungen und Interviews 1964–2004. Wien:
Czernin, 2004
Die Macht der Mächtigen oder Die Macht
der Machtlosen. Mit Václav Havel. Klagenfurt:
Wieser, 2006
Bibliographie
Mora, Terézia 58
Seltsame Materie. Erzählungen. Reinbek bei
Hamburg: Rowohlt Verlag, 1999 (Frankfurt
am Main: Büchergilde Gutenberg, 2000;
Reinbek bei Hamburg: Rowohlt Tb, 2000)
NULL. Anthologie im Internet. Köln: DuMont
Verlag, 1999
»Der ungleichgültige Ort. So kam ich«. In:
New York–Berlin–Moskau. Literaturmagazin
46. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt, 2001
Alle Tage. Roman. München: Luchterhand
Literaturverlag, 2004
Nakitsch, Marian 78
Unutar zidova (Innerhalb der Mauern).
Jugoslawien, 1977
Flügelapplaus. Gedichte. Mit einem Paß-Bild
von Reiner Kunze. Frankfurt am Main:
S. Fischer, 1994 (Collection S. Fischer 2378)
Ören, Aras 114
Disteln für Blumen. Gedichte. Holzschnitte
von Kurt Mühlenhaupt. Berlin: Polyphem, 1970
Der Hinterhof. U-Bahn. Erzählungen. Holzschnitte von Kurt Mühlenhaupt. Berlin:
Polyphem, 1972
Was will Niyazi in der Naunynstraße. Ein
Poem. Übersetzt von H. Achmed Schmiede
und Johannes Schenk. Berlin: Rotbuch Verlag,
1973
Der kurze Traum aus Kagithane. Ein Poem.
Übersetzt von H. Achmed Schmiede. Bearbeitet von Jürgen Theobaldy. Berlin: Rotbuch
Verlag, 1974
Privatexil. Übersetzt von Gisela Kraft. Berlin:
Rotbuch Verlag, 1977
Deutschland, ein türkisches Märchen. Gedichte. Übersetzt von Gisela Kraft.
Düsseldorf: Claassen, 1978
Alte Märchen neu erzählt. Texte in zwei Sprachen. Dt.-türk. Übersetzt von Petra Kappert.
Berlin: Ararat-Verlag, 1979
Die Fremde ist auch ein Haus. Berlin-Poem.
Übersetzt von Gisela Kraft. Berlin: Rotbuch,
1980
Mitten in der Odyssee. Gedichte. Übersetzt
von Gisela Kraft. Düsseldorf: Claassen, 1980
Bitte nix Polizei. Kriminalerzählung. Übersetzt von Cornelius Bischoff. Düsseldorf:
Claassen, 1981
Der Gastkonsument/Konuk Türketici und
andere Erzählungen in fremden Sprachen/
iki dilde anlatilar. Dt.-türk. Übersetzt von
Helga Dagyeli-Bohne und Yildirim Dagyeli.
Berlin: Rotbuch Verlag, 1982
Ich anders sprechen lernen. Wörter von Aras
Ören, Bilder von Wolfgang Nieblich. Berlin:
Nishen, 1983 (Kreuzberger Hefte 3)
Manege. Erzählungen. Übersetzt von Helga
Dagyeli-Bohne und Yildirim Dagyeli.
Düsseldorf: Claassen, 1983
Widersinnige Sinnsprüche/Hikmetli aykiri
sözler. Dt.-türk. Mit fünf Radierungen von
Ergin Inan. Übersetzt von Petra Kappert.
Berlin: Edition Mariannenpresse, 1984
Gefühllosigkeiten. Reisen von Berlin nach
Berlin. Gedichte. Übersetzt von Helga
Dagyeli-Bohne; Yildirim Dagyeli und Yüksel
Pazarkaya. Frankfurt am Main: Dagyeli, 1986
Paradies kaputt. Erzählungen. Übersetzt von
Petra Kappert, Helga Dagyeli-Bohne und
Yildirim Dagyeli. München: Deutscher
Taschenbuch Verlag, 1986
Das Wrack. Second-hand Bilder. Gedichte.
Übersetzt von Helga Dagyeli-Bohne und
Yildirim Dagyeli. Frankfurt am Main: Dagyeli,
1986
Dazwischen. Gedichte. Übersetzt von Helga
Dagyeli-Bohne und Yildirim Dagyeli. Frankfurt
am Main: Dagyeli, 1987
Eine verspätete Abrechnung oder der Aufstieg der Gündogdus. Roman. Übersetzt von
Zafer Senocak und Eva Hund. Frankfurt am
Main: Dagyeli, 1988
Anlatilar. 1970 –1982. Berlin: Babel Verlag
Hund und Toker, 1991
Die Hälfte. Gedichte. Mit Hanefi Yeter. Übersetzt von Eva Hund und Zafer Senocak. Berlin:
Eigendruck, 1991
Verlorene Zärtlichkeit. Übersetzt von Helga
Dagyeli-Bohne und Yildirim Dagyeli. Frankfurt
am Main: Dagyeli, 1991
Wie die Spree in den Bosporus fließt. Briefe
zwischen Istanbul und Berlin 1990–91 von
Aras Ören und Peter Schneider. Berlin: Babel
Verlag Hund und Toker, 1991
Leyla und Mecnun. Märchen für Musik. Mit
Peter Schneider. Berlin: Babel Verlag, 1992
Der Uhrmacher der Einsamkeit. Gedichte.
Übersetzt von Eva Hund und Zafer Senocak.
Berlin: Berliner Handpresse, 1993
Aus dem Leben verbannt. Übersetzt von
Cornelius Bischoff. Mit Linolschnitten von
Wolfgang Jörg. Berlin: Berliner Handpresse,
1994
Berlin Savignyplatz. Roman. Übersetzt von
Deniz Göktürk. Berlin: Elefanten Press Verlag,
1995
Der kleine Pascha. Märchen. Linolschnitte
von Ingrid Jörg. Berlin: Berliner Handpresse,
1995
Das Geheimnis des Uhrturms. Märchen.
Übersetzt von Deniz Göktürk. Linolschnitte
von Ingrid Jörg. Berlin: Berliner Handpresse,
1996
Trugbilder, Wörter und danach. Imgeler –
sozler ve otesi. Gedichte in zwei Sprachen.
Mit Linolschnitten von Wolfgang Jörg. Berlin:
Berliner Handpresse, 1996
Unerwarteter Besuch. Übersetzt von Deniz
Göktürk. Berlin: Elefanten Press Verlag, 1997
Granatapfelblüte. Roman. Berlin: Elefanten
Press Verlag, 1998
Privatexil ein Programm? Drei Vorlesungen.
Übersetzt von Cem Dalaman. Tübinger Poetikvorlesung. Tübingen: Konkursbuch Verlag,
1999
Sehnsucht nach Hollywood. Übersetzt von
Deniz Göktürk. Berlin: Elefantenpresse. 1999
Der Haifisch in meinem Kopf. Prosa, Lyrik,
Szenen & Essays zum 9. Würth-Literaturpreis.
Hrsg. von A. Ö. Künzelsau: Swiridoff, 2000
Özdamar, Emine Sevgi 62
Karagöz in Alemania. Theaterstück.
Frankfurt am Main: Verlag der Autoren, 1982
Mutterzunge. Erzählungen. Berlin: Rotbuch
Verlag, 1990
Kelogan in Alemania, die Versöhnung von
Schwein und Lamm. Theaterstück. Frankfurt
am Main: Verlag der Autoren, 1991
Das Leben ist eine Karawanserei/hat zwei
Türen/aus einer kam ich rein/aus der
anderen ging ich raus. Roman. Köln:
Kiepenheuer & Witsch, 1992 (Frankfurt am
Main: Büchergilde Gutenberg, 1993)
Die Brücke vom Goldenen Horn. Roman.
Köln: Kiepenheuer & Witsch, 1998 (KiWi Tb
2002)
Der Hof im Spiegel. Erzählungen. Köln:
Kiepenheuer & Witsch, 2001
Seltsame Sterne starren zur Erde.
Wedding – Pankow 1976/77. Köln:
Kiepenheuer & Witsch, 2003 (KiWi Tb 2004)
Özdogan, Selim 64
Es ist so einsam im Sattel, seit das Pferd tot
ist. Roman. Berlin: Rütten & Loening, 1995
(Berlin: Aufbau-Taschenbuchverlag, 1996/
1999)
Nirgendwo & Hormone. Roman. Berlin:
Rütten & Loening, 1996 (Berlin: AufbauTaschenbuchverlag, 1999)
Ein gutes Leben ist die beste Rache. Ge-
121
Bibliographie
122
Rajcic, Dragica 86
Halbgedichte einer Gastfrau. St. Gallen:
Narziss & Ego, 1986 (NA Zürich: Eco-Verlag,
1994)
Lebendigkeit Ihre züruck. Gedichte. Zürich:
Eco-Verlag, 1992
Nur Gute kommt ins Himmel. Über lebende,
tote und die dazwischen. Kurzprosa. Zürich:
Eco-Verlag, 1994
Post bellum. Gedichte. Zürich: Edition 8,
2000
Buch von Glück. Zürich: Edition 8, Herbst
2003
Rakusa, Ilma 34
Wie Winter. Gedichte. Zürich: Edition Howeg,
1977
Die Insel. Erzählung. Frankfurt am Main:
Suhrkamp, 1982
Miramar. Erzählungen. Frankfurt am Main:
Suhrkamp, 1986
Steppe. Erzählungen. Frankfurt am Main:
Suhrkamp, 1990
Leben. Fünfzehn Akronyme. Zürich: Edition
Howeg, 1990
Les mots/morts. Gedichte. Zürich: Edition
Howeg, 1992
Jim. Sieben Dramolette. Frankfurt am Main:
Suhrkamp, 1993
Farbband und Randfigur. Vorlesungen zur
Poetik. Graz: Droschl, 1994
Ein Strich durch alles. Neunzig Neunzeiler.
Frankfurt am Main: Suhrkamp, 1997
Love after love. Acht Abgesänge. Frankfurt
am Main: Suhrkamp, 2001
Von Ketzern und Klassikern. Streifzüge
durch die russische Literatur. Frankfurt am
Main: Suhrkamp, 2003
Langsamer! Gegen Atemlosigkeit
Akzeleration und andere Zumutungen.
Graz: Droschl, 2005
Stille. Zeit. Essays. Salzburg: Tartin
Editionen, 2005
Durch Schnee. Erzählungen und Prosaminiaturen. Frankfurt am Main: Suhrkamp,
2006
Zur Sprache gehen. Dresdner ChamissoPoetikvorlesungen 2005. Dresden: Thelem,
2006
Garten, Züge. Eine Erzählung und zehn
Gedichte. Ottensheim: Edition Thanhäuser,
2006
Dostojewksij in der Schweiz. Ein Reader.
Hrsg. von I.R. Frankfurt am Main: Insel Verlag,
1981
Marguerite Duras, Materialienband. Hrsg.
von I.R. Frankfurt am Main: Suhrkamp, 1988
Anna Achmatowa, Gedichte. Hrsg. von I.R.
Frankfurt am Main: Suhrkamp, 1988
Danilo Kis, Homo Poeticus. Gespräche und
Essays. Hrsg. von I.R. München/Wien:
C. Hanser, 1994
Einsamkeiten. Ein Lesebuch. Hrsg. von I.R.
Frankfurt am Main: Insel Verlag, 1996
Joseph Brodsky, Haltestelle in der Wüste.
Gedichte. Hrsg. von I.R. Frankfurt am Main:
Suhrkamp, 1997
Marina Zwetajewa, Versuch, eifersüchtig zu
sein. Gedichte. Hrsg. von I.R. Frankfurt am
Main: Suhrkamp, 2002
Sadlon, Magdalena 12
Man sucht ein Leben lang. 41 Anagramme.
Graz: gangan Verlag, 1988
Entweder Olga. Prosa. Graz: gangan Verlag,
1993
Die wunderbaren Wege. Roman. Wien:
Zsolnay Verlag, 1999
Solange es schön ist. Roman. Wien: Zsolnay
Verlag, 2006
SAID 40
Liebesgedichte von SAID. München:
Friedrich, 1981
Wo ich sterbe, ist meine Fremde. Exil und
Liebe. Gedichte und ein Gespräch mit Gino
Chiellino. Frankfurt am Main: R.G. Fischer,
1984. NA München: P. Kirchheim, 1987;
Norderstedt: Libri Books on Demand, 2000
Ich und der Schah – Die Beichte des
Ayatollah. Hörspiele. Illustrationen von Nils
Burwitz. Hamburg: Perspol-Verlag, 1987
Sei Nacht zu mir. Liebesgedichte. München:
Hafis-Verlag, 1989. NA München: C.H. Beck
1998
Liebesgedichte. München: P. Kirchheim,
1989
Dann schreie ich, bis Stille ist. Gedichte.
Tübingen: Heliopolis, 1990 (Die grenzenlose
Bibliothek)
Selbstbildnis für eine ferne Mutter.
München: P. Kirchheim, 1992
Der lange Arm der Mullahs. Notizen aus
meinem Exil. München: C.H. Beck, 1995
Es war einmal eine Blume. Ein Märchen mit
Bildern von Kveta Pacovska. Salzburg:
Neugebauer, 1998
Die Ballade vom Esel Trauermaul. Mit
Original-Holzschnitten von Margarita, Joseph
und Ludwig Thanhäuser. Ottensheim an der
Donau: Thanhäuser Verlag, 1999.
Dieses Tier, das es nicht gibt. Ein Bestiarium. München: C.H. Beck, 1999
Landschaften einer fernen Mutter.
München: C.H. Beck, 2001 (München: dtv,
2003)
Clara. Ein Märchen. Mit Bildern von Moidi
Kretschmann. St.Pölten/Wien/Linz: NP-Buchverlag, 2001
Friedrich Hölderlin empfängt niemanden
mehr. Ein Hörspiel. München: C.H. Beck,
2002 (CD)
Außenhaut, Binnenträume. Gedichte.
München: C.H. Beck, 2002
In Deutschland leben. Ein Gespräch mit
Wieland Freund. München: C.H. Beck, 2004
Auf den Leib. Mit Fotos von James Dummler.
München: C.H. Beck Verlag, 2004
Ich und der Islam. München: C.H. Beck
Verlag, 2005
Das Rot lächelt, das Blau schweigt.
Geschichten über Bilder. München: C.H. Beck
Verlag, 2006
Mukulele. Ein Märchen mit Bildern von
Katharina Grossmann-Hensel. Düsseldorf:
Sauerländer Verlag, 2007
Schami, Rafik 88
Das letzte Wort der Wanderratte. Märchen,
Fabeln & phantastische Geschichten. Ill. von
Erika Rapp. Kiel: Neuer Malik Verlag, 1984
(München: dtv, 1987)
Der erste Ritt durchs Nadelöhr. Noch mehr
Märchen, Fabeln & phantastische Geschichten. Ill. von Erika Rapp. Kiel: Neuer Malik
Verlag, 1985 (München: dtv, 1996)
Der Fliegenmelker. Geschichten aus
Damaskus. Ill. von Root Leeb. Kiel: Neuer
Malik Verlag, 1993 (München: dtv, 1989) und
NA München/Wien: C. Hanser 1997
Eine Hand voller Sterne. Roman. Weinheim:
Beltz & Gelberg, 1987 (München: dtv, 1995)
Malula. Märchen und Märchenhaftes aus
meinem Dorf. Kiel: Neuer Malik Verlag, 1987
Märchen aus Malula. Ill. von Root Leeb.
München: dtv, 1990. NA München/Wien:
C. Hanser, 1997
Die Sehnsucht fährt schwarz. Geschichten
aus der Fremde. München: dtv, 1988. NA mit
Ill. von Root Leeb. Kiel: Neuer Malik Verlag,
1996. NA München/Wien: C. Hanser, 1997
Erzähler der Nacht. Weinheim: Beltz &
Gelberg, 1989 (München: dtv, 1994)
Vom Zauber der Zunge. Reden gegen das
Verstummen. Frauenfeld: Verlag im Waldgut,
1991 (München: dtv, 1998)
Der ehrliche Lügner. Roman von tausendundeiner Lüge. Weinheim: Beltz & Gelberg,
1992 (München: dtv, 1996)
Reise zwischen Nacht und Morgen.
München/Wien: Carl Hanser, 1995 (München:
dtv, 1999/2002)
Gesammelte Olivenkerne. Aus dem Tagebuch der Fremde. Ill. von Root Leeb.
München/Wien: C. Hanser, 1997 (München:
dtv, 2000)
Milad. Von einem der auszog, um einundzwanzig Tage satt zu werden. München/
Wien: C. Hanser, 1997 (München: dtv, 2000)
Der geheime Bericht über den Dichter
Goethe, der eine Prüfung auf einer arabischen Insel bestand. München/Wien:
C. Hanser, 1999 (München: dtv, 2001)
Sieben Doppelgänger. München/Wien:
C. Hanser, 1999 (München: dtv, 2001)
Die Sehnsucht der Schwalbe. München/
Wien: C. Hanser, 2000 (München: dtv, 2002)
Mit fremden Augen. Tagebuch über den 11.
September, den Palästina-Konflikt und die
arabische Welt. Heidelberg: Palmyra Verlag,
2002
Die Farbe der Worte. Bilder und Geschichten. Mit Root Leeb. Cadolzburg: ars vivendi
Verlag, 2002
Damaskus. Der Geschmack einer Stadt. Mit
Maria Fadel. Zürich: Sanssouci im Verlag Nagel
& Kimche, 2002
Wie ich Papa die Angst vor Fremden nahm.
München: C. Hanser, 2003
Die dunkle Seite der Liebe. Roman.
München: C. Hanser, 2004
Damaskus im Herzen. München: C. Hanser,
2006
Der Kameltreiber von Heidelberg. München:
C. Hanser, 2006
Ç
Senocak, Zafer 106
Hauptweg und Nebenweg. Gedichte, Photographien, Zeichnungen. Mit Peter Stefan,
Fletcher Lynd, Joachim Puls und Wolfgang
Schindler. Putbrunn: Druckpartner, 1980
Elektrisches Blau. Gedichte. München:
Ströme Verlag, 1983
Verkauf der Morgenstimmungen am Markt.
Gedichte. München: Edition Literazette, 1983
Flammentropfen. Gedichte. Frankfurt am
Main: Dagyeli, 1985
Ritual der Jugend. Gedichte. Frankfurt am
Main: Dagyeli, 1987
Das senkrechte Meer. Gedichte. Berlin:
Babel Verlag, 1991
Jedem Wort gehört ein Himmel. Türkei
literarisch. München: Babel Verlag, 1991
Atlas des tropischen Deutschland. Essays.
Berlin: Babel Verlag, 1992
Deutsche Türken. Türk Almanlar. Das Ende
der Geduld. sabrin sonu. Zafer Ç
Senocak und
Claus Leggewie. Reinbek bei Hamburg:
Rowohlt Taschenbuch Verlag, 1994
Der gebrochene Blick nach Westen. Positionen und Perspektiven türkischer Kultur. Hrsg.
von Zafer Ç
Senocak. Berlin: Babel Verlag Hund
& van Uffelen, 1994
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Die Liebe von der Liebe und andere
Gedichte. Gestaltung: Franz Handschuh.
Stuttgart: Selbstverlag, 1968
Du Gegenden. Lyrik (deutsch-türkisch).
Erlangen: Sardes Verlag, 2005
Nur um der Liebenden willen dreht sich der
Himmel. Essays. Erlangen: Sardes Verlag,
2006
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Pazarkaya, Yüksel 102
^
Auf-Bruch. Lyrik. Berlin: Das Arabische Buch,
1987
Heimatt und andere fossile Träume. Lyrik.
Berlin: Das Arabische Buch, 1989
Weil ich dieses Land liebe. Lyrik. Berlin: Das
Arabische Buch, 1991
Vater unser in Lima. Gedichte. Tübingen:
Heliopolis, 1991
Gastling. Lyrik. Berlin: Das Arabische Buch,
1993
Los Caminos Son Yollardir. Secme siirler.
Dt.-türk. Übersetzt von Hasan Özdemir.
Istanbul: Papyrus, 1994
Austernfischer, Marinero, Vogelfrau.
Liebesgedichte und andere Miniaturen. Berlin:
Das Arabische Buch, 1997
Duende. Meine Ballade in drei Versionen.
Gutach: Drey Verlag, 1997
Lyrik oder Gesang! (CD) Stuttgart:
FenderTon, 1997
fernlautmetz. Lyrik. Frankfurt am Main:
Suhrkamp, 2000
dass. (CD) Stuttgart: FenderTon 1999
Nachtrandspuren. Gedichte. Frankfurt am
Main: Suhrkamp, 2002
finnischer wintervorrat. Lyrik. Frankfurt am
Main: Suhrkamp, 2005
unterschlupf. Gedichte. Frankfurt am Main:
Suhrkamp, 2006
Mein andalusisches Schwarzwalddorf.
Essays. Frankfurt am Main: Suhrkamp, 2007
^
Oliver, José F. A. 72
Die Dramaturgie des Einakters. Der Einakter
als eine besondere Erscheinungsform im
deutschen Drama des 18. Jahrhunderts.
Göppingen: Kummerle, 1973
Utku oder Der stärkste Mann der Welt. Dt.türk. München/ Wien: Verlag Volk und Welt,
1974
Heimat in der Fremde? Drei Kurzgeschichten Yaban Sila olur mu? Üs Öykü. Dt.-türk.
Berlin: Ararat Verlag, 1979
Rosen im Frost. Einblicke in die türkische
Kultur. Zürich: Unionsverlag, 1982
Ich möchte Freuden schreiben. Zwei Gedichtzyklen. Fischerhude: Verlag Atelier im
Bauernhaus, 1983
Beobachtungen zum Deutschland-Türkischen. Bonn: Pädagogische Arbeitsstelle des
Dt. Volkshochschul-Verbands, 1983
Spuren des Brots. Zur Lage der ausländischen Arbeiter. Zürich: Unionsverlag, 1983
Unsere Nachbarn, die Baltas. Begleitheft zur
Fernsehserie im Medienverbund AusländerInländer. Marl: Adolf-Grimme-Institut, 1983
Warmer Schnee und lachender Baum. Ein
Türkisch-Deutsches Märchen von heute. Mit
Bildern von Franz Handschuh. Freiburg/
Stuttgart: Selbstverlag, 1984
Irrwege. Koca Sapmalar. Gedichte in zwei
Sprachen. Frankfurt am Main: Dagyeli, 1985
Der Babylonbus. Gedichte. Frankfurt am
Main: Dagyeli, 1989
Kemal und sein Widder. Würzburg: Arena,
1993
Türkisch. Sprachführer mit Insider-Tips.
Bearb. von Inci und Yüksel Pazarkaya. Ostfildern: Mairs Geographischer Verlag, 1996
Turkce konsumalar. Türkische Gespräche
für den Alltag. Stuttgart: Klett, [o.J.]
Balik Suyu Sever. Sprachlehrbuch türkisch.
Mit 7 Abb. von Ismail Coban. Hückelhoven:
Anadolu, 1988
Balinam bebegi. Sprachlehrbuch türkisch.
Mit 25 Abb. von Asuman Turgut. Hückelhoven:
Anadolu, 1989
Öykülerle Türkçe. Balik Suyu Sever. Mit 32
Abb. von Asuman Turgut. Hückelhoven:
Anadolu, [o. J.]
Ver elini Türkiye/Türkei – Land, Leute und
Sprache. Türkisch in 24 Lektionen. Mit Inci
Pazarkaya. Köln: Önel Verlag, 1993
PONS Last Minute Türkisch. Bearbeitet von
Inci und Yüksel Pazarkaya. Stuttgart: Klett,
[o.J.]
PONS Reisewörterbuch Türkisch. Hrsg. von
Inci und Yüksel Pazarkaya. Stuttgart: Klett
1999
Odysee ohne Ankunft. [o.O.]: w.e.b., 2000
(Aus der Reihe Dresdner Chamisso-Poetikvorlesungen)
Die Weidengasse. Texte und Bilder. Köln:
Bachem Verlag, 2001
Ich und die Rose. Roman. Hamburg: Rotbuch
Verlag, 2002
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schichten. Berlin: Rütten & Loening, 1998
(Berlin: Aufbau-Taschenbuchverlag, 2000)
Mehr. Roman. Berlin: Rütten & Loening, 1999
(Frankfurt am Main: Büchergilde Gutenberg,
2000, Berlin: Aufbau-Taschenbuchverlag,
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Im Juli. Roman. Hamburg: Europa-Verlag,
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Traumland. Tonträger. Berlin: Der AudioVerlag, 2000
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»Freuden der Jugend«. In: Feuer, Lebenslust!
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Stuttgart: Klett-Cotta, 2003
Trinkgeld vom Schicksal. Geschichten.
Berlin: Aufbau-Verlag, 2003
Die Tochter des Schmieds. Roman. Berlin:
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Tourtagebuch. Regensburg: Kartaus Verlag,
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Bibliographie
123
Bibliographie
War Hitler Araber? Irreführungen an den
Rand Europas. Berlin: Babel Verlag, 1994
Fernwehanstalten. Gedichte. Berlin: Babel
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Der Mann im Unterhemd. Prosa. Berlin:
Babel Verlag, 1995
Die Prärie. Hamburg: Rotbuch Verlag, 1997
Gefährliche Verwandschaft. Roman.
München: Babel Verlag, 1998
Der Erottomane. Ein Findelbuch. München:
Babel Verlag, 1999
Zungenentfernung. Bericht aus der Quarantänestation. München: Babel Verlag, 2001
Das Land hinter den Buchstaben.
Deutschland und der Islam im Umbruch.
München: Babel Verlag, 2006
Tawada, Yoko 76
Nur da wo du bist, da ist nichts. Gedichte &
Prosa. Übersetzt von Peter Pörtner. Tübingen:
Konkursbuch Verlag, 1987
Das Bad. Kurzer Roman. Übersetzt von Peter
Pörtner. Tübingen: Konkursbuch Verlag, 1989
Wo Europa anfängt. Prosa und Gedichte. Jap.
und dt., übersetzt von Peter Pörtner. Tübingen:
Konkursbuch Verlag, 1991 (NA 2006)
Das Fremde aus der Dose. Graz/Wien:
Literaturverlag Droschl, 1992
Ein Gast. Roman. Tübingen: Konkursbuch
Verlag, 1993
Spiegelbild. Dt. und japan. Aquarelle von
Angelika Riemer. Berlin: Mariannenpresse,
1994
Tintenfisch auf Reisen. 3 Geschichten.
Übersetzt von Peter Pörtner. Tübingen:
Konkursbuch Verlag, 1994
Ein Gedicht für ein Buch. Photos von
Stephan Köhler. Hamburg: Edition Lange,
1996 (Libretto Bd. 1)
Talisman. Von der Muttersprache zur
Sprachmutter. Literarische Essays.
Tübingen: Konkursbuch Verlag, 1996
Aber die Mandarinen müssen heute abend
noch geraubt werden. Prosa & Lyrik. Übersetzt von Peter Pörtner. Tübingen: Konkursbuch Verlag, 1997
Wie der Wind im Ei. Theaterstück. Tübingen:
Konkursbuch Verlag, 1997
Zweihundertdreiunddreißig Grad Celsius.
Ein Feuerbuch. Blixa Bargeld, Kain Karawahn,
Yoko Tawada. Tübingen: Konkursbuch Verlag,
1998
Verwandlungen. Tübinger Poetik-Vorlesung.
Tübingen: Konkursbuch Verlag, 1998
Opium für Ovid. Ein Kopfkissenbuch von 22
Frauen. Tübingen: Konkursbuchverlag, 2000
Spielzeug und Sprachmagie in der europäischen Literatur. Eine ethnologische Poetologie. Tübingen: Konkursbuchverlag, 2000
Überseezungen. Tübingen:
Konkursbuchverlag, 2002
124
Bibliographie
Das nackte Auge. Tübingen: Konkursbuchverlag, 2004
Sprachpolizei und Spielpolyglotte. Literarische Essays. Tübingen. Konkursbuch, 2007
Tekinay, Alev 100
Materialien zum vergleichenden Studium
von Erzählmotiven in der deutschen Dichtung des Mittelalters und den Literaturen
des Orients. Frankfurt am Main: Lang, 1980
Themen 1. Lehrwerk für Deutsch als Fremdsprache. Glossare: Deutsch-Türkisch.
Ismaning: Hueber, 1984
Günaydin. Einführung in die moderne türkische Sprache. Ein Lehrgang mit vielen Illustrationen, Fotos, Karikaturen, Gedichten und
Liedern. Unter Mitwirkung von Osman Tekinay.
Wiesbaden: Reichert, 1985
Über alle Grenzen. Erzählungen. Hamburg:
Buntbuch-Verlag, 1986
Ich spreche Türkisch. Ein Sprachführer mit
vielen Gesprächssituationen des Alltags, Kurzgrammatik und Aufbauwortschatz. Unter Mitwirkung von Osman Tekinay. Wiesbaden:
Reichert, 1987
Die Deutschprüfung. Erzählungen. Frankfurt
am Main: Brandes & Apsel, 1989 (Literarisches Programm 12)
Der weinende Granatapfel. Roman.
Frankfurt am Main: Suhrkamp Taschenbuch
Verlag, 1990 (Phantastische Bibliothek 249)
Es brennt ein Feuer in mir. Erzählungen.
Frankfurt am Main: Brandes & Apsel, 1990
(Literarisches Programm 17)
Engin im Englischen Garten. Ravensburg:
Otto Maier, 1990 (Ravensburger junge Reihe)
Das Rosenmädchen und die Schildkröte.
Märchen. Zeichnungen von Barbara Rieder.
Frankfurt am Main: Brandes & Apsel, 1991
(Literarisches Programm 21)
Nur der Hauch vom Paradies. Roman.
Frankfurt am Main: Brandes & Apsel, 1993
(Literarisches Programm 29)
Günaydin. Türkisch für Fortgeschrittene.
Einführung in die moderne türkische Sprache.
Wiesbaden: Reichert, 2005
Trojanow, Ilija 56
Afrikanissimo (Hrsg.). Wuppertal: Peter
Hammer, 1991
In Afrika. Reiseerzählung. Wuppertal: Marino
Verlag, 1993
Naturwunder Ostafrika. München:
Frederking & Thaler, 1994
Hüter der Sonne. Begegnung mit Simbabwes
Ältesten. Zusammen mit Chenjerai Hove.
München: Frederking & Thaler, 1996
Die Welt ist groß und Rettung lauert überall. Roman. München/Wien: C. Hanser, 1996
Autopol. Ein Internetroman. München: dtv,
1997
Hundezeiten. Heimkehr in ein fremdes
Land. München/Wien: C. Hanser, 1999
Döner in Walhalla (Hrsg.). Köln: Kiepenheuer
& Witsch, 2000
An den inneren Ufern Indiens. Eine Reise
entlang des Ganges. München/Wien:
C. Hanser, 2003, (Taschenbuch 2006)
Zu den heiligen Quellen des Islam. Als Pilger
nach Mekka und Median. München: Malik
Verlag, 2004
Der Weltensammler. Roman. München:
C. Hanser, 2006
Indien. Land des kleinen Glücks. Mit Farbfotos von Katrin Simon. Cadolzburg: Ars
vivendi Verlag, 2006
Gebrauchsanweisung Indien. München:
Piper, 2006
Der Sadhu an der Teufelswand. Reportagen
aus einem anderen Indien. München:
Frederking & Thaler, 2006
Nomade auf vier Kontinenten. Auf den
Spuren von Sir Richard Frances Burton.
Frankfurt am Main: Eichborn Verlag, 2007
Tschinag, Galsan 94
Eine tuwinische Geschichte und andere
Erzählungen. Berlin: Verlag Volk und Welt,
1981
Der siebzehnte Tag. Zwei Erzählungen.
München: A 1 Verlag, 1992
Das Ende des Liedes. Erzählung. München:
A 1 Verlag, 1993
Der blaue Himmel. Roman. Frankfurt am
Main: Suhrkamp, 1994. NA Suhrkamp Tb,
1997
Alle Pfade um deine Jurte. Gedichte.
Frauenfeld: Verlag im Waldgut, 1995
Eine tuwinische Geschichte und neue Erzählungen. München: A 1 Verlag, 1995
Zwanzig und ein Tag. Roman. Frankfurt am
Main: Suhrkamp, 1995
Nimmer werde ich dich zähmen können. Gedichte. Frauenfeld: Verlag im Waldgut, 1996
Im Land der zornigen Winde. Geschichte
und Geschichten der Tuwa-Nomaden in der
Mongolei. Amélie Schenk und Galsan Tschinag.
Frauenfeld: Verlag im Waldgut, 1997
Die Karawane. München: A 1 Verlag, 1997.
NA Zürich: Unionsverlag, 2003
Wolkenhunde. Gedichte aus der Steppe.
Frauenfeld: Verlag im Waldgut, 1998
Die graue Erde. Autobiographischer Roman.
Frankfurt am Main: Insel Verlag, 1999. NA
Frankfurt am Main: Suhrkamp Tb, 2001
Sonnenrote Orakelsteine. Frauenfeld: Verlag
im Waldgut, 2000
Der weiße Berg. Roman. Frankfurt am Main/
Leipzig: Insel Verlag, 2000. NA Frankfurt am
Main: Suhrkamp Tb, 2002
Dojnaa. Erzählung. München: A 1 Verlag,
2001. NA Zürich. Unionsverlag 2004
Der Steinmensch zu Ak-Hem. Gedichte.
Frauenfeld: Verlag Im Waldgut, 2002
Der Wolf und die Hündin. Zürich: Unionsverlag, 2002
Tau und Gras. Zürich: Unionsverlag, 2002
Das geraubte Kind. Frankfurt am Main: Insel
Verlag 2004
Jenseits des Schweigens. Gedichte. Frauenfeld: Atelier Bodoni/Verlag im Waldgut, 2006
Das zaubermächtige Goldplättchen.
Märchen aus der Gegenwart. Frauenfeld:
Atelier Bodoni/Verlag im Waldgut, 2006
Die neun Träume des Dschingis Khan.
Roman. Frankfurt am Main: Insel Verlag, 2007
Vertlib, Vladimir 52
Abschiebung. Erzählung. Salzburg: Otto
Müller Verlag, 1995
Osteuropäische Zuwanderung nach Österreich (1976–1991) unter besonderer Berücksichtigung der jüdischen Immigration
aus der ehemaligen Sowjetunion. Quantitative und qualitative Aspekte. Wien: Forschungsbericht des Instituts für Demographie
und der Österreichischen Akademie der
Wissenschaften, 1995
Bil Spira: Die Legende vom Zeichner. Hrsg.
von Vladimir Vertlib und Konstantin Kaiser.
Wien: Döcker Verlag, 1997
Zwischenstationen. Roman. Wien: Deuticke
Verlag, 1999 (CD, Lienz: wakuworld Verlag,
2000)
Das besondere Gedächtnis der Rosa Masur.
Roman. Wien: Deuticke Verlag, 2001
(München: dtv, 2003)
Letzter Wunsch. Roman: Wien: Deuticke/
Zsolnay, 2003
Möglichkeiten. Erzählungen aus der Arbeitswelt. Wien: Edition Atelier im Wiener Journal,
2004
Veteranyi, Aglaja 60
Warum das Kind in der Polenta kocht.
Roman. Stuttgart: Deutsche Verlags-Anstalt,
1999
Geschenke – Ein Totentanz. Mit
Originalholz-schnitten von Jean-Jacques Volz.
Zürich: Edition Peter Petrej, 1999
Das Regal der letzten Atemzüge. Roman.
München/Stuttgart: Deutsche Verlags-Anstalt,
2002
Vom geräumten Meer, den gemieteten
Socken und Frau Butter. München: Deutsche
Verlags-Anstalt, 2004
Weinrich, Harald 46
Das Ingenium Don Quijotes. Münster:
Aschendorff, 1956
Phonologische Studien zur romanischen
Sprachgeschichte. Münster: Aschendorff,
1958, 2. Aufl. 1969
Tempus. Besprochene und erzählte Welt.
Stuttgart: Kohlhammer, 1964, 6. Aufl.
München: C.H. Beck, 2001
Linguistik der Lüge. Heidelberg: Schneider
1966, 6. Aufl. München: C.H. Beck, 2000
Literatur für Leser. Essays und Aufsätze zur
Literaturwissenschaft, Stuttgart:
Kohlhammer, 1971 (München: dtv, 1986)
Sprache in Texten. Stuttgart: Klett, 1976
Textgrammatik der französischen Sprache.
Stuttgart: Klett, 1982, Nachdrucke 1985 und
1997
Wege der Sprachkultur. Stuttgart: Deutsche
Verlags-Anstalt, 1985 (München: dtv, 1988)
Kleine Literaturgeschichte der Heiterkeit.
Opladen: Westdeutscher Verlag, 1990, 2.
stark erweiterte Aufl. München: C.H. Beck,
2000
Textgrammatik der deutschen Sprache.
Mannheim: Bibliographisches Institut, 1993,
2. Aufl. Hildesheim: Olms, 2003
Lethe. Kunst und Kritik des Vergessens,
München: C.H. Beck, 1997, 3. Aufl. 2000
Sprache, das heißt Sprachen (mit einem vollständigen Schriftenverzeichnis des Autors),
Tübingen: Narr, 2001, 2. Aufl. 2003
Knappe Zeit. Kunst und Ökonomie des befristeten Lebens. München: C.H. Beck, 2004
Zaimoglu, Feridun 24
Kanak Sprak. 24 Misstöne vom Rande der
Gesellschaft. Hamburg: Rotbuch Verlag,
1995
Abschaum. Die wahre Geschichte von Ertan
Ongun. Hamburg: Rotbuch Verlag, 1997
Koppstoff. Kanaka Sprak vom Rande der
Gesellschaft. Hamburg: Rotbuch Verlag, 1998
Liebesmal, scharlachrot. Roman. Hamburg:
Rotbuch Verlag, 2000.
NA Liebesmale, scharlachrot. Köln: KiWi Tb,
2002
Kopf und Kragen. Kanak-Kultur-Kompendium.
Frankfurt am Main: Fischer, 2001
German Amok. Roman. Köln: Kiepenheuer &
Witsch, 2002. (Frankfurt am Main: Fischer
Tb, 2004)
Leinwand. Roman. Hamburg: Rotbuch Verlag,
2003
Zwölf Gramm Glück. Erzählungen. Köln:
Kiepenheuer & Witsch, 2004, NA 2005
Wildnis. Roman. Köln: Kiepenheuer & Witsch,
erscheint Ende 2005
Kopf und Kragen. Kanak-Kultur-Kompendium. Hamburg: Rotbuch Verlag in der Europäischen Verlagsanstalt, 2006
Leyla. Roman. Köln: Kiepenheuer & Witsch,
2006
Rom Intensiv. Mein Jahr in der ewigen
Stadt. Köln: Kiepenheuer & Witsch, 2007
Wodin, Natascha 66
Die gläserne Stadt. Roman. Reinbek bei
Hamburg: Rowohlt Verlag, 1983
Nadja, Briefe aus Rußland. Hrsg. von
Natascha Wodin. Berlin: Dirk Nishen Verlag,
1984
Das Sprachverlies. Gedichte. Düsseldorf:
Claassen, 1987
Einmal lebt ich. Roman. Frankfurt am Main:
Luchterhand Literaturverlag, 1989
Sergej. Griechisches Tagebuch. Frankfurt
am Main: Büchergilde Gutenberg, 1993
(Gutenberg Presse 14)
Erfindung einer Liebe. Roman. Leipzig:
Reclam, 1993
Die Ehe. Roman. Leipzig: Kiepenheuer Verlag,
1997
Das Singen der Fische. Prosa. Heidelberg:
Verlag Das Wunderhorn, 2001
»Das Singen der Fische«. In: Feuer, Lebenslust! Erzählungen deutscher Einwanderer.
Stuttgart: Klett-Cotta, 2003
125
Herausgegeben von der Robert Bosch Stiftung GmbH
Redaktion
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und -Preisträger
1985 — 2007 / Robert Bosch Stiftung. - Stuttgart : Robert Bosch Stiftung, 2007
ISBN 978-3-939574-04-0