Aktuelle Fragen des Transportrechts

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Aktuelle Fragen des Transportrechts
DEUTSCHE GESELLSCHAFT FÜR TRANSPORTRECHT E.V.
Symposium über
Aktuelle Fragen des Transportrechts
vom 12. bis 14. November 2014 in Bonn
• Eigenmächtige Verladung durch den Fahrer – aus
transportrechtlicher und
ordnungswidrigkeitenrechtlicher Sicht
Detlef Neufang
Fachanwalt für Transport- und Speditionsrecht
Lengsdorfer Hauptstr. 75
53127 Bonn
[email protected]
Tel. 0228-9 25 35 34
Fax: 0228-25 08 35
Fehler bei der Ladungssicherung stellen eine der häufigsten
Ursache für Lkw-Unfälle dar
Nach Feststellungen des Gesamtverbandes der Deutschen
Versicherungswirtschaft (GDV)
– sollen rund zwei Drittel aller Lkw-Ladungen mangelhaft
gesichert sein
– sollen sich die daraus resultierenden Schäden auf
dreistellige Millionenbeträge € p.a. belaufen
Wer haftet/trägt die zivilrechtliche und bußgeld- bzw.
strafrechtliche Verantwortung?
Übersicht:
I. Zivilrecht
1. Rechtsgrundlagen
2. Umfang der jeweiligen Pflichten
3. Umstände des Einzelfalls/Verkehrssitte
4. Obhut und Haftung
5. Mitwirkung des Fahrpersonals
6. BGH v. 28.11.2013
7. BGH v. 25.01.2007
II. Öffentliches Recht
1. Verantwortung des Fahrzeugführers
2. Verantwortung des Fahrzeughalters
3. Verantwortung des Verladers
Rechtsgrundlagen: Nationales Recht
Allgemeines Frachtrecht/Gütertransport
– § 412 HGB Verladen und Entladen
– (1) Soweit sich aus den Umständen oder der
Verkehrssitte nicht etwas anderes ergibt, hat der
Absender das Gut beförderungssicher zu laden, zu
stauen und zu befestigen (verladen) sowie zu
entladen.
– Der Frachtführer hat für die betriebssichere
Verladung zu sorgen.
Rechtsgrundlagen: Nationales Recht
Beförderung von Umzugsgut
§ 451 a HGB Pflichten des Frachtführers
Die Pflichten des Frachtführers umfassen auch das Abund Aufbauen der Möbel sowie das Ver- und Entladen
des Umzugsgutes
Seerecht
§ 486 HGB Abladen. Verladen. Umladen. Löschen
(2) Soweit sich aus den Umständen oder der
Verkehrssitte nichts anderes ergibt, hat der Verfrachter
das Gut in das Schiff zu laden und dort zu stauen und zu
sichern (verladen) sowie das Gut zu löschen.
Rechtsgrundlagen: Internationale Übereinkommen
CMR enthält keine ausdrückliche Regelung: In Art. 17 Abs. 4 lit. c CMR ist nur
geregelt, wer das Risiko einer fehlerhaften Be- oder Entladung bzw. Verstauung zu
tragen hat. Hinsichtlich der Beladungsverpflichtung ist daher ergänzend das nach
den Regeln des Internationalen Privatrechts zu ermittelnde nationale Recht
heranzuziehen. Kommt deutsches Recht zur Anwendung, ist für die Frage, welche
Partei des Frachtvertrages zur Verladung des Transportgutes verpflichtet ist, die
dispositive Vorschrift des § 412 Abs. 1 Satz 1 HGB maßgeblich (vgl. u.a.BGH I ZR
43/04)
WA und MÜ: keine Vorschriften
CIM Artikel 20 Auflieferung und Verladung des Gutes
§ 1 Das Verfahren bei der Auflieferung des Gutes richtet sich nach den für den Versandbahnhof geltenden Vorschriften.
§ 2 Ob das Verladen der Eisenbahn oder dem Absender obliegt, richtet sich nach den für den Versandbahnhof geltenden
Vorschriften, soweit nicht die Einheitlichen Rechtsvorschriften etwas anderes bestimmen oder im Frachtbrief eine
besondere Abmachung zwischen dem Absender und der Eisenbahn vermerkt ist...
Grundsätzliche Pflichtenverteilung nach § 412 HGB
Differenzierung zwischen
• beförderungssicherer Verladung, die auf Schutz des Gutes vor
Beschädigung und Verlust abzielt
und
• betriebssicherer Verladung, die die Verkehrssicherheit von
Fahrzeug und Ladung bezweckt
Grundsätzliche Pflichtenverteilung
§ 412 Abs. 1, Satz 1 HGB enthält den Grundsatz, daß der
Absender für die beförderungssichere Verladung des Gutes
verantwortlich ist.
Argument:
Bessere Warenkenntnis des Absenders
Die beförderungssichere Verladung dient dem Schutz des
Gutes vor den
Gefahren der Reise
Beförderungssichere Verladung umfasst:
Laden =
Bewegung des Gutes zum Fahrzeug und
auf dessen Ladefläche
Stauen =
Platzieren des Gutes nach Lastverteilungsplan des
jeweiligen Lkw und/oder Weisung des Fahrers,
Herstellung von Formschluß /„ Ausladen“, so
daß auf der Ladefläche kein freier Raum bleibt, der
das Verschieben der Ladung während des
Transportes begünstigt
Befestigen =
die Befestigung des Gutes, also das Verzurren,
Verkeilen, Verspannen oder sonstige Sichern des
Gutes
• Insgesamt muß das Gut so verladen werden, daß es durch normale
beförderungsbedingte Einflüsse keinen Schaden nimmt, es ist u.a.
gegen Erschütterungen, Schwankungen, Umfallen und Herabfallen
im Rahmen eines normal- bzw. vertragsgerecht verlaufenden
Transports zu sichern.
• Dazu gehört auch die Sicherung gegen Notbremsung, plötzliche
Ausweichmanöver, schlechte Straßenverhältnisse, Fliehkraft in
Kurven, übliche Rangierstöße, nicht aber gegen Unfälle.
• Ein normal verlaufender Transport liegt aber dann nicht mehr vor,
wenn der Fahrer sein Fahrverhalten nicht den besonderen
Straßenverhältnissen (Geschwindigkeit, Kurvenenge, Schneeglätte)
anpaßt.
• (vgl. Neufang/Valder: Laden und Ladungssicherung im
Straßengüterverkehr, Transportrecht 2002, S. 325 f; Koller,
Transportrecht, § 412 HGB, Rn 5; OLG Düsseldorf TranspR 1998,
110, 111; OLG Hamm VersR 1980, 966, 967)
Wird lediglich eine Teilpartie verladen, ist auch diese vom
Absender beförderungssicher zu verladen.
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Bei Verladung von Stückgütern =
= Frachtstücke von meist geringem Gewicht,
die nach Art und Zahl unschwer zu unterscheiden sind und vom Frachtführer mit einfachen Hilfsmitteln (Sackkarre, Hubwagen o.ä.) bewegt werden
können, wird sich die Pflicht zur beförderungssicheren
Verladung nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalles
richten.
• HGB regelt nur das „Ob“, nicht aber das „wie“ der
Ladungssicherung = LaSi
• Hier geht die Rechtsprechung davon aus, daß die
Ladungssicherung nach den jeweils geltenden Regeln der LaSiTechnik zu erfolgen hat
Diese finden sich in verschiedenen technischen Regelwerken, z.B.
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VDI-Richtlinie 2700 „Ladungssicherung auf Straßenfahrzeugen“
mit speziellen Blättern für bestimmte Güter und Transportarten, z.B.
– VDI 2700 Blatt 9
Ladungssicherung von Papierrollen
– VDI 2700 Blatt 10
Ladungssicherung von Betonteilen
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VDI 2700 Blatt 2 „Ladungssicherung auf Straßenfahrzeugen; Zurrkräfte“,
VDI 2700 Blatt 3.2 „Ladungssicherung auf Straßenfahrzeugen; Einrichtungen und Hilfsmittel
zur Ladungssicherung“,
VDI 2700 Blatt 4 „Ladungssicherung auf Straßenfahrzeugen; Lastverteilungsplan“,
DIN EN 12195-1 „Ladungssicherungseinrichtungen auf Straßenfahrzeugen; Sicherheit;
Teil 1: Berechnung von Zurrkräften“,
DIN EN 12195-2 „Ladungssicherungseinrichtungen auf Straßenfahrzeugen; Sicherheit;
Teil 2: Zurrgurte aus Chemiefasern“,
DIN EN 12195-3 „Ladungssicherungseinrichtungen auf Straßenfahrzeugen; Sicherheit;
Teil 3: Zurrketten“,
DIN EN 12195-4 „Ladungssicherungseinrichtungen auf Straßenfahrzeugen; Sicherheit;
Teil 4: Zurrseile“,
BG-Information „Ladungssicherung auf Fahrzeugen“ (BGI 649).
Die technischen Regeln zur LaSi werden behandelt als „Objektiviertes Sachverständigengutachten“
Diese Regeln müssen nicht exakt befolgt werden, aber alternative Maßnahmen müssen ein
gleiches Level an Sicherheit bieten. Diese Regelwerke haben zwar keinen Normencharakter,
sie beinhalten jedoch die gegenwärtig technisch anerkannten Beladungsregeln und sind
deshalb allgemein zu beachten (vgl. u.a. OLG Düsseldorf, VRS 77, 368,
Jagusch/Hentschel/König, Straßenverkehrsrecht, § 22 StVO)
Mitwirkungspflicht des Frachtführers
Bereitstellung des Lkw zur Verladung
• Den frachtvertraglichen Pflichten des Frachtführers entspricht es,
daß er das Fahrzeug zur Beladung bereitzustellen hat.
• Der Lkw muß den vertraglich getroffenen Vereinbarungen
entsprechen und für die Beförderung geeignet sein.
• Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die Ladekapazitäten und
technische Ausstattung.
• Ist hinsichtlich des zu gestellenden Fahrzeugs nichts vereinbart (z.B.
ein für den Getränketransport zertifizierter Aufbau), ist der
Frachtführer berechtigt, das Beförderungsmittel zu bestimmen.
• In der Regel genügt er seinen vertraglichen Verpflichtungen, wenn
er ein Fahrzeug mit Plane und Spriegel gestellt.
Mitwirkungspflicht des Frachtführers
• Die vertragsgemäße Bereitstellung verpflichtet den Frachtführer auch,
das zur Ladungssicherung notwendige Material zur Verfügung zu halten
wie Sperrmittel (z.B. Einsteckbretter) oder Zurrmittel (z.B. Gurte) .
• Diese Pflicht wird man aber auf die bordeigenen und
wiederverwendbaren Ladungssicherungseinrichtungen begrenzen
müssen.
• Die Bereitstellung umfaßt des weiteren
– das Abstellen an der vereinbarten bzw. an der vom Absender
zugewiesenen Beladestelle; bei nicht befahrbaren Grundstücken am
Grundstückszugang,
– die Absicherung des Fahrzeugs gegen Abrollen, soweit erforderlich,
und
– das Öffnen des Fahrzeuges, z.B. von Ladepritsche und Planen.
• Damit hat der Frachtführer alle Handlungen vorzunehmen, damit das
Fahrzeug beladen werden kann; der Beladung dürfen keine Hindernisse
mehr entgegenstehen.
Betriebssichere Verladung
• Diese ist stets Aufgabe des Frachtführers/Fahrers
• Betriebssicher im Sinne des HGB ist im wesentlichen
deckungsgleich mit dem Begriff verkehrssicher im Sinne der
§§ 22, 23 StVO
Betriebssichere Verladung
• Die betriebssichere Verladung ist darauf gerichtet, daß durch
mangelnde Ladungssicherung die Betriebssicherheit des Fahrzeugs
nicht beeinträchtigt und dritte Verkehrsteilnehmer nicht gefährdet
werden.
• Die Güter dürfen also weder die Stabilität des Fahrzeugs noch
dessen Lenk- und Bremsfähigkeit unzulässig beeinträchtigen.
• Höchst zulässige Maße und Gewichte sind einzuhalten,
gegebenenfalls hat sich der Fahrer danach zu erkundigen.
• Schließlich muß er auch die Befestigung kontrollieren, sofern die
Gefahr besteht, daß das Fahrzeug durch Gewichtsschwankungen
oder Verrutschen des Gutes in seiner Betriebssicherheit
beeinträchtigt wird (vgl. BGH VersR 1970, 459, 460; VersR 1981,
748, 749; OLG Düsseldorf TranspR 1998, 140, 111; OLG Hamm
VersR 1980, 966, 967)
Betriebssichere Verladung
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In der Praxis sind betriebs- und beförderungssichere Verladung eng
miteinander verzahnt und lassen sich nur schwerlich voneinander trennen.
Eine beförderungssichere Verladung ist zumeist auch betriebssicher, und eine
nicht betriebssichere Verladung ist in der Regel auch nicht beförderungssicher.
Wenn man sich unter diesen Voraussetzungen fragt, wie die
Verantwortungsbereiche von Absender und Frachtführer am besten
voneinander abzugrenzen sind, so lassen sich die in § 412 HGB geregelten
Pflichtenkreise praxisgerecht am besten handhaben, wenn man die
Bestimmung so auslegt, daß der Frachtführer (Fahrer) "nur" für die
betriebssichere Verladung sorgen muß und er deshalb nicht selbst "Hand"
anlegen muß.
Die Mitwirkung des Fahrers bezieht sich darauf, daß er durch Weisungen oder
Hinweise dafür Sorge trägt, daß der Absender so lädt, staut und befestigt, daß
die Betriebssicherheit gewährleistet ist (OLG Düsseldorf TranspR 1998, 110,
111f)
Betriebssichere Verladung
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Der Frachtführer muß nach Abschluß der Verladung überprüfen, ob die Verladung
die Betriebssicherheit des Fahrzeugs nicht beeinträchtigt oder gefährdet, also
– ob nicht überladen worden ist,
– ob die zulässigen Maße (Länge, Breite, Höhe) gewahrt sind,
– ob eine über das Fahrzeug hinausragende Ladung genügend gesichert und
gekennzeichnet ist,
– ob die lichten Maße von Brücken und Tunneldurchfahrten im Hinblick auf die
Höhe der Ladung berücksichtigt worden sind
Der Frachtführer ist aber nicht verpflichtet, den gesamten Beladevorgang zu
überwachen.
Seine Nachprüfungspflicht beginnt erst nach Abschluß der Verladung.
Wieweit es allerdings für den Frachtführer empfehlenswert ist, während der
Verladung anwesend zu sein, um rechtzeitig Weisungen für eine betriebssichere
Verladung geben zu können, ist eine andere Frage.
Betriebssichere Verladung
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Werden dem der Frachtführer verschlossene Container oder Wechselbrücken zum
Transport übergeben, kann der Frachtführer die in diesen Behältnissen verstauten
Güter im Hinblick auf eine betriebssichere Verladung nicht überprüfen.
In diesem Fall, der in der Praxis häufig vorkommt, kann der Frachtführer nicht
"blind" auf eine ordnungsgemäße Verladung vertrauen, sondern er wird sich durch
Rückfrage beim Absender überzeugen müssen, ob z.B. eine gleichmäßige
Gewichtsverteilung innerhalb dieser Behältnisse vorgenommen wurde (vgl. OLG
Düsseldorf TranspR 1998, 167,168; Fremuth/Thume, Kommentar zum
Transportrecht, § 412 HGB Rn 6).
Bemerkt der Frachtführer offensichtliche, auf der Hand liegende Verladefehler, die
die Gefahr eines Schadenseintritts nahelegen, darf er die Fahrt nicht antreten, er
hat den Ladepflichtigen zu informieren.
Diese Pflicht erwächst aus einer allgemeinen Fürsorgepflicht für das zum Transport
übernommene fremde Eigentum, das der Frachtführer vor Beschädigung und
Zerstörung zu bewahren.
Abweichende Pflichtenverteilung
– Laden und Ladungssicherung durch den Frachtführer
• Abweichend von dem gesetzlichen Leitbild ist in drei Fällen
der Frachtführer für die beförderungssichere Verladung bzw.
Entladung verantwortlich.
• Zwei Ausnahmen nennt § 412 Abs.1 HGB selbst:
Der Frachtführer ist dann für die beförderungssichere
Verladung bzw. Entladung verantwortlich,
• wenn sich dies aus einer Verkehrssitte
• oder aus dem Umständen (des Einzelfalls) ergibt.
Abweichende Pflichtenverteilung
– Laden und Ladungssicherung durch den Frachtführer
1. Verkehrssitte
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Von einer Verkehrssitte spricht man, wenn sich in den beteiligten Verkehrskreisen
auf freiwilliger Basis über einen längeren Zeitraum eine bestimmte Praxis
herausgebildet hat.
Gegebenenfalls müßte dies durch Umfrage in den einzelnen Bezirken der
Industrie- und Handelskammern ermittelt werden, um einen entsprechenden
Nachweis führen zu können.
Bislang hat sich jedenfalls keine überregionale Verkehrssitte oder ein
Handelsbrauch des Inhalts entwickelt, daß der Frachtführer zu be- oder entladen
hat.
Diskutiert wurde früher allerdings die Frage, ob die alte, bis 1998 geltende KVORegelung (§ 17), wonach Ladungsgut vom Absender, Stückgut jedoch vom
Frachtführer zu verladen ist, einer Verkehrssitte entspricht bzw. als Verkehrssitte
fortlebt. Es bestehen jedoch keine Anhaltspunkte, daß sich in den beteiligten
Verkehrskreisen auf freiwilliger Basis über eine längere Zeit eine solche Übung
herausgebildet hat. Dies gilt umso mehr, als die Regelung in § 17 KVO einen
tariflichen Hintergrund hatte, weil die Beladetätigkeit früher nach dem RKTStückguttarif vergütet wurde.
Auch eine Verkehrssitte bezüglich einer Beladepflicht des Frachtführers im
Nahverkehr, wie sie vereinzelt in der Literatur vertreten wird, kann nicht mehr
ohne weiteres angenommen werden (seit Inkrafttreten des „neuen“ GüKG 1998
existiert keine „Nahzonendefinition“ mehr – früher 75 km Luftlinie um den
Fahrzeugstandort).
Abweichende Pflichtenverteilung
– Laden und Ladungssicherung durch den Frachtführer
2. Umstände
• Eine Be- oder Entladeverpflichtung durch den Frachtführer kann sich jedoch aus
den Umständen ergeben. Dies ist vor allem der Fall,
– wenn die Be- oder Entladung nur mittels technischer Vorrichtungen des
eingesetzten Fahrzeugs möglich ist, also z.B. bordeigene Pumpen und
Schläuche eines Tank- oder Silofahrzeugs, Kran- und Kippvorrichtung bei
Baustellenfahrzeugen oder Hebebühnen bei Auslieferungsfahrzeugen zum
Be- oder Entladen eingesetzt werden, und nur der Frachtführer diese
Vorrichtungen ordnungsgemäß bedienen kann.
– Müssen diese besonderen technischen Einrichtungen dieser
Spezialfahrzeuge während des Ladevorganges betätigt werden, weil
andernfalls eine Verwendung diese Fahrzeuge nicht möglich ist, gehört die
beförderungssichere Verladung oder die Entladung zu den Aufgaben des
Frachtführers, weil hierzu die Mitwirkung des mit diesen Vorrichtungen
vertrauten Fahrpersonals erforderlich ist (vgl. auch BGH I ZR 68/74; I ZR
12/83).
– Frachtführer/Fahrer müssen dafür sorgen, daß z.B. Bodenventile
geschlossen sind, die Pumpen einwandfrei arbeiten.
Abweichende Pflichtenverteilung
– Laden und Ladungssicherung durch den Frachtführer
2. Umstände
• Voraussetzung ist aber stets, daß das Gut nur mit bordeigenen Geräten
ver- oder entladen werden kann.
• Müssen diese technischen Einrichtungen während des Verladevorgangs
nicht eingesetzt werden, z.B. eine Hebebühne wird nicht eingesetzt, da an
der Beladestelle eine Rampe vorhanden ist, ist der Frachtführer insoweit
auch nicht für die beförderungssichere Verladung verantwortlich.
BGH I ZR 174/04 v. 6.12.2007:
• Allein aufgrund des Umstandes, daß ein Transportfahrzeug mit besonderen
technischen Verladevorrichtungen einschließlich einer Hebebühne zum
Einsatz kommt und die Parteien des Beförderungsvertrages keine
Bedienung der Verladevorrichtung durch den Absender vereinbart haben,
kann nicht angenommen werden, daß die beförderungssichere Verladung
des Transportgutes abweichend von § 412 Abs.1 Satz 1 HGB dem
Frachtführer obliegt.
Abweichende Pflichtenverteilung
– Laden und Ladungssicherung durch den Frachtführer
Umstände
• Teilentladung:
Wird unterwegs – also während der Obhut des Frachtführers
über das Gut - eine Teilentladung vorgenommen, trägt der
Frachtführer die alleinige Verantwortung für die
Wiederherstellung der gebotenen Ladungssicherung
• Umladung: dito
Abweichende Pflichtenverteilung
– Laden und Ladungssicherung durch den Frachtführer
3. Vertragliche Vereinbarung
• § 412 stellt eine dispositive Regelung dar, kann also durch
vertragliche Vereinbarung abbedungen und geändert werden
(Umkehrschluß aus § 449 Abs. 1 HGB).
• Insoweit sind explizite – idealiter schriftliche - Regelungen, aber bei
länger andauernder Geschäftsbeziehung auch konkludent
getroffene Vereinbarungen denkbar
Der Frachtführer kann auch zur beförderungssicheren Verladung des
Gutes verpflichtet sein, wenn er im Rahmen laufender
Geschäftsbeziehungen die Verladetätigkeit übernommen hatte, so daß
der Absender nach Treu und Glauben annehmen durfte, der
Frachtführer werde auch weiterhin so verfahren (vgl. BGH I ZR 174/04 v.
6.12.2007)
Obhut und Haftung
• § 425 Haftung für Güter- und Verspätungsschäden.
Schadensteilung
• Der Frachtführer haftet für den Schaden, der durch Verlust oder
Beschädigung des Gutes in der Zeit von der Übernahme zur
Beförderung bis zur Ablieferung oder durch Überschreitung der
Lieferfrist entsteht.
•
•
Die Beantwortung der Frage, wer verladepflichtig ist, entscheidet auch den
Beginn der Obhutshaftung des Frachtführers = Übernahme zur Beförderung
nach § 425 Abs.1 HGB
Hat der Absender zu verladen, beginnt der Obhutzeitraum mit dem Absetzen
des Gutes auf der Ladefläche (vgl. MüKo-Herber § 425 Rn 37), i.d.R. aber
spätestens im Augenblick der Beendigung der Verladearbeiten (LaSi) des
Absenders und dem Verschließen des Transportfahrzeugs (Koller, § 425 Rn 19)
Hat der Frachtführer zu verladen, erfolgt Übernahme und beginnt die Obhut
im Moment der Bereitstellung des Gutes zur Verladung durch den Absender
- soweit jeweils der Wille des Frachtführers zum „Ergreifen der
Herrschaftsgewalt“ erkennbar wird (Koller a.a.O. § 425 Rn 19f m.w.N.), z.B.
durch den Beginn der Beladung
Obhut und Haftung
War der Absender verpflichtet, die Güter
beförderungssicher zu verladen und werden die
Güter hierbei beschädigt, besteht keine Haftung des
Frachtführers. Es fehlt insoweit an der Übernahme
des Gutes, also an der Obhut des Frachtführers über
das Gut, die § 425 Abs. 1 HGB für eine Haftung des
Frachtführers voraussetzt
• Obhut und Haftung
• Setzt der Absender der Verladung durch mangelhafte
Ladungssicherung eine Schadensursache, die aber erst im
Verlauf der Beförderung zu einem Schaden führt, haftet der
Frachtführer ebenfalls nicht. Der Schaden ist zwar in seiner
Obhut eingetreten, aber der Frachtführer kann sich auf den
Haftungsauschlußgrund des § 427 Abs.1 Nr.3 HGB berufen,
der bestimmt:
•
• Der Frachtführer ist von seiner Haftung befreit, soweit der
Verlust, die Beschädigung oder die Überschreitung der
Lieferfrist auf eine der folgenden gefahren zurückzuführen
ist:...
• 3. Behandeln, Verladen oder Entladen des Gutes durch den
Absender oder den Empfänger;
Obhut und Haftung
• War der Frachtführer zur beförderungssicheren Verladung
verpflichtet, haftet er für die bei der Ver- oder Entladung
entstehende Schäden nach § 425 Abs. 1 HGB. Denn in diesem Fall
übernimmt der Frachtführer das Gut zur Beförderung in dem
Moment in dem er es von seiner bisherigen Verwahrungsstelle
wegnimmt. Ab diesem Zeitpunkt hat er Obhut über das Gut. Der
Haftungsausschluß des § 427 Abs.1 Nr.3 HGB kommt nicht zum
tragen; allenfalls für Behandlungsfehler des Absenders vor der
Verladung.
• Hat zugleich auch ein Fehlverhalten des Frachtführers,
insbesondere eine nicht betriebssichere Verladung den Schaden
mitverursacht, sind die jeweiligen zuzurechnenden Schadenbeiträge
gegeneinander abzuwägen, so daß der Haftungsausschluß voll,
teilweise oder überhaupt nicht zur Anwendung kommt.
Mitwirkung des Fahrpersonals
1. Mithilfe des Fahrers ohne Kenntnis des Frachtführers
• Fahrpersonal wird vom Auftraggeber gebeten, das Gut zu verladen
bzw. hierbei zu helfen, ohne daß der Frachtführer davon Kenntnis
hat. Fahrer wird tätig.
• Wird hierdurch eine vertragliche Ladepflicht des Frachtführers
begründet? Dies könnte regelmäßig nur mit dem Frachtführer
selbst, nicht aber mit dessen Fahrern vereinbart werden, sofern der
Fahrer nicht selbst Unternehmer oder ein abschlußberechtigter
Mitarbeiter des Unternehmers ist (vgl. BGH I ZR 43/04).
• Nimmt der Fahrer des Frachtführers, ohne daß eine entsprechende
Vertragsvereinbarung vorliegt, die beförderungssichere Verladung
aus "Gefälligkeit" vor, so handelt er nicht als Erfüllungsgehilfe des
Frachtführers, sondern als Erfüllungsgehilfe des Absenders. Der
Fahrer wird also kurzfristig als integrierter Teil in der
Organisationssphäre des Absenders tätig. Die Mitwirkung bei der
Verladung kann den Frachtführer nicht verpflichten, insoweit kann
auch nicht auf eine Vertragsänderung geschlossen werden können.
Eine Haftung des Frachtführers nach § 425 HGB scheidet aus (vgl.
u.a. OLG Köln, Transportrecht 1996, 379, 380)
Mitwirkung des Fahrpersonals
2. Mithilfe des Fahrers, Duldung durch den Frachtführer
•
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Frachtführer hat Kenntnis davon, daß seine Fahrer beim Ladevorgang mithelfen
und nehmen dies hin, ohne im Rahmen des Ihnen zustehenden Weisungsrechts
gegenüber ihrem Fahrpersonal einzugreifen.
Für diese Alternative ist kennzeichnend, daß der Frachtführer, ohne die
Verladeverpflichtung zu übernehmen, dem Absender gefälligkeitshalber
Fahrpersonal für den Ladevorgang überlässt, das jedoch nach Weisung und unter
der Oberaufsicht des Absenders bei der Verladung mitwirkt. Auch in diesem Fall
sind diese Hilfspersonen keine Erfüllungsgehilfen des Frachtführers, sondern
Erfüllungsgehilfen des Absenders. Mangels Obhut des Frachtführers über das Gut
scheidet eine Haftung nach § 425 HGB aus. Es gelten hier die für Leiharbeitnehmer
(ohne hier auf die besondere Problematik nach dem
Arbeitnehmerüberlassungsgesetz einzugehen) entwickelten Grundsätze, so daß
der Frachtführer für das Fahrpersonal weder gemäß § 278 BGB noch gemäß 428
HGB einzustehen hat. Ihn trifft aber eine Haftung wegen Auswahlverschuldens.
Entscheidendes Indiz für eine Tätigkeit des Fahrers nach Weisung und unter der
Oberaufsicht des Absenders dürfte dabei sein, daß die Fahrer zum Be- und
Entladen auf die Flurfördergeräte oder sonstige Arbeitsmittel des Absender
angewiesen sind und diese vom Absender überlassen werden. Der Absender
bleibt "Herr des Verladevorgangs“.
Mitwirkung des Fahrpersonals
3. Mithilfe des Fahrers auf Anweisung des Frachtführers
Der Frachtführer ordnet die Verladung oder zumindest die Mitwirkung des
Fahrers unter „Kundenpflege- und Servicegesichtspunkten“ ausdrücklich
an. Regelmäßig erfolgt keine gesonderte Vergütung.
Meist wird der Fahrer auch hier unter der Oberaufsicht des Absenders tätig.
Frachtführer will nicht die gesamte Verladeverantwortung übernehmen.
Zumindest Haftung wegen Auswahlverschuldens.
Es ist aber jeweils Frage des Einzelfalls, ob hier noch ein reines
Gefälligkeitsverhältnis vorliegt, oder ob hier bereits eine vertragliche
Übernahme der Pflicht zur beförderungssicheren Verladung mit der Folge
der Obhutsübernahme und der Haftung nach § 425 HGB anzunehmen ist.
Mitwirkung des Fahrpersonals
4. Mithilfe des Fahrers „auf eigene Faust“
Fahrer wird ohne Wissen des Absenders auf eigene Faust bei der Beladung tätig.
Dies geschieht insbesondere dann, wenn die Fahrer ihre Wartezeiten verkürzen wollen
("Engpaß Rampe"). Kennzeichnend für diese Fälle ist, daß der Absender die Mitwirkung der
Fahrers beim Verladen nicht veranlaßt; sie geschieht ohne oder sogar gegen seinen Willen.
In diesem Fall haftet der Frachtführer für Schäden, die sein Fahrpersonal an den Gütern
verursacht, denn er muß sich das Verhalten seines Fahrers nach § 278 BGB bzw. § 428 HGB
zurechnen lassen.
Handelt der Fahrer auf eigene Faust und ohne Kenntnis des Frachtführers, stellt sich jedoch
die Frage, ob der Frachtführer nach § 425 HGB haftet. Dies kann fraglich sein, wenn die
Inbesitznahme des Gutes nicht vom Willen des Frachtführers getragen ist (kein
Obhutsübergang!).
Tritt der Güterschaden bei der Beladung durch den Fahrer ein, wird man einen
Übernahmewillen des Frachtführers verneinen müssen, wenn der Fahrer das Gut ohne eine
entsprechende Weisung des Frachtführers verlädt. Dagegen spricht vor allem, daß sich das
Gut trotz der Mitwirkung des Fahrers, dessen Verhalten sich der Frachtführer zurechnen
lassen muß, noch in der Einflußsphäre des Absender und nicht in der des Frachtführers
befindet. Hier kommt eine Haftung wegen einer Pflichtverletzung des Frachtvertrages nach
§ 280 BGB in Betracht (vgl. auch Koller, a.a.O., § 412 HGB Rn 14, § 425 HGB Rn 188)
(in fast allen denkbaren Fallgestaltungen durchkonjugiert: Koller, Gefälligkeiten des
nicht zum Ver- oder Entladen verpflichteten Frachtführers und seiner Leute,
Transportrecht 2014, S. 169 ff)
• Bundesgerichtshof
• Haftung bei eigenmächtiger Verladung durch
den Fahrer
• Urteil vom 28. November 2013 - I ZR 144/12 –
• Vorinstanzen: LG Regensburg, OLG Nürnberg
•
•
•
Transportversicherer klagt aus übergegangenem Recht seiner VN und in
gewillkürter Prozeßstandschaft auf Zahlung von33.162 €. VN hatte die Beklagte als
Fixkostenspediteurin im Sinne von § 459 HGB mit der Beförderung einer aus 8
Kisten bestehenden Sendung beauftragt. Bei dem Gut handelte es sich um
Laststufenschalter. Sechs von acht zu verladenden Kisten wurden von Mitarbeitern
der Lagerhalterin auf den Anhänger verladen. Da zwei Kisten nicht mehr auf den
Anhänger passten, sollten diese auf den Motorwagen geladen werden. Dazu
mussten der Anhänger von der Laderampe entfernt und der Motorwagen
herangefahren werden. Nachdem der Fahrer dies erledigt hatte, begann er damit,
die beiden restlichen Kisten, die von Mitarbeitern der Lagerhalterin auf einem
elektrischen Flurfördergerät übereinandergestapelt für die Verladung bereitgestellt
worden waren, auf den Motorwagen zu verbringen. Dabei kippten die Kisten vom
Flurfördergerät, und fielen auf die Ladefläche des Transportfahrzeugs. An den
Gütern entstand zumindest wirtschaftlicher Totalschaden. Mitarbeiter der
Lagerhalterin waren bei diesem Teil des Ladevorgangs nicht zugegen. Sie hatten
den Fahrer auch nicht angewiesen, die Verladung des restlichen Gutes auf den
Motorwagen selbst vorzunehmen.
Der Fahrer hatte bis dahin noch nie einen E-Gabelstapler benutzt. Er hätte mit dem
beladenen Stapler nicht, wie geschehen, vorwärts auf das Transportfahrzeug
fahren dürfen.
Die Klage war in allen Instanzen erfolgreich: LG und Berufungsgericht hatten
angenommen, dass die Beklagte für den streitgegenständlichen Schaden gemäß §
280 Abs. 1 Satz 1, § 278 Satz 1, § 276 BGB in voller Höhe haftet. Die Revision
wurde zurückgewiesen.
• Leitsatz 1:
• Wird der Frachtführer (oder eine von ihm
eingesetzte Hilfsperson) vor Beendigung des
gemäß § 412 Abs. 1 Satz 1 HGB allein dem
Absender obliegenden Verladevorgangs ohne
dessen Kenntnis und Billigung beim Verladen
des Transportgutes tätig, folgt daraus nicht,
dass der Frachtführer das Gut schon zu Beginn
seiner eigenmächtigen Mitwirkung bei der
Verladung im Sinne von § 425 Abs. 1 HGB in
seine Obhut genommen hat.
• Begründung:
• Beklagte hafte entgegen der Ansicht der Revision nicht nach § 425
Abs. 1 HGB, weil die Beschädigung des Transportgutes vor Beginn
ihrer Obhutszeit erfolgt sei.
• Gemäß § 425 Abs. 1 HGB hafte der Frachtführer unter anderem für
den Schaden, der durch Beschädigung des Gutes in der Zeit von der
Übernah-me zur Beförderung bis zur Ablieferung entstehe. Die
verschuldensunabhängige Obhutshaftung erfordere, daß das Gut
derart in den Verantwortungsbereich des Frachtführers oder seiner
Erfüllungsgehilfen im Sinne von § 428 HGB gelangt sein müsse, daß
er oder seine Gehilfen es vor Schäden bewahren können. In
subjektiver Hinsicht müsse die Übernahme des Besitzes vom Willen
des Frachtführers oder des von ihm beauftragten Gehilfen getragen
sein, wobei der Wille im natürlichen Sinn ausreiche.
• Die Haftung gemäß § 425 Abs. 1 HGB erfordere zudem, dass der
Frachtführer das Gut gerade zum Zweck der Beförderung, also mit
dem Ziel der Ortsveränderung in Richtung auf den Bestimmungsort,
übernommen habe.
• Verladung des Transportgutes oblag nicht der Beklagten,
sondern mangels anderer vertraglicher Vereinbarungen
gemäß § 412 Abs. 1 Satz 1 HGB der Versicherungsnehmerin
als Absenderin… Dementsprechend wurden die ersten sechs
Kisten auch von Mitarbeitern der Lagerhalterin auf den vom
Fahrer bereitgestellten Anhänger verladen. Die Mitarbeiter
der Lagerhalterin hatten den Fahrer auch nicht aufgefordert
oder angewiesen, beim Verladen des Gutes behilflich zu sein
oder das Verladen selbst vorzunehmen. Die Verladung des
Gutes oblag daher allein der Lagerhalterin der
Versicherungsnehmerin, als der Fahrer des Streithelfers der
Beklagten „auf eigene Faust“ und ohne Wissen der
Mitarbeiter der Lagerhalterin mit dem Verbringen der beiden
letzten Kisten auf den von ihm an die Laderampe gefahrenen
Motorwagen begann. Das eigenmächtige Verladen eines Teils
des Transportgutes durch den Fahrer stellte keine Übernahme
des Gutes im Sinne von § 425 Abs. 1 HGB …dar.
• Für die Frage, ab welchem Zeitpunkt die Frachtführerhaftung
gemäß § 425 Abs. 1 HGB beginnt, kommt es maßgeblich auf
die zwischen den Parteien des Beförderungsvertrags
getroffenen Vereinbarungen an. Obliegt das Verladen des
Gutes dem Absender, so übernimmt der Frachtführer das Gut
grundsätzlich erst nach Abschluss der Verladetätigkeit des
Absenders oder der von ihm eingesetzten Hilfspersonen . …
• Die Parteien hatten keine nachträglich von § 412 Abs. 1 Satz 1
HGB abweichende Vereinbarung getroffen . Das bloße
Tätigwerden des Fahrers reicht für eine Bejahung einer
derartigen Vereinbarung schon deshalb nicht aus, weil der
Fahrer ohne Wissen und Wollen der Lagerhalterin mit dem
Verladen der letzten beiden Kisten auf den Motorwagen
begonnen hat.
• Werden Hilfspersonen des Frachtführers vor Beendigung des vom
Absender gemäß § 412 Abs. 1 Satz 1 HGB geschuldeten
Verladevorgangs beim Verladen tätig, folgt daraus nicht ohne
weiteres, dass der Frachtführer das Gut schon zu Beginn der
eigenmächtigen Mitwirkung bei der Verladung im Sinne von § 425
Abs. 1 HGB in seine Obhut genommen hat. Dagegen spricht insbesondere, dass sich das Gut trotz der Mitwirkung des Frachtführers
oder einer seiner Hilfspersonen noch in der Einflusssphäre des
Absenders befindet (Koller aaO § 425 HGB Rn. 19). Die gegenteilige
Auffassung der Revision hätte zudem zur Folge, dass der Absender
eine einseitig vom Frachtführer veranlasste Haftungsbegrenzung
nach § 431 HGB gegen sich gelten lassen müsste, ohne dies
voraussehen zu können. Bei einer vertraglich vereinbarten
Übertragung der Verladepflicht auf den Frachtführer weiß der
Absender, dass die grundsätzlich begrenzte Obhutshaftung des
Frachtführers schon zu dem Zeitpunkt einsetzt, in dem der
Frachtführer mit der Verladetätigkeit beginnt. Darin liegt der
maßgebliche Unterschied zur Fallgestaltung im Streitfall, der gegen
die von der Revision vertretenen Ansicht spricht und die
Beurteilung des Berufungsgerichts rechtfertigt.
• Leitsatz 2:
• Verlädt der Frachtführer oder eine Hilfsperson
das Transportgut eigenmächtig und kommt es
dabei zu einer Beschädigung des Gutes,
begründet dies einen Schadensersatzanspruch
des Auftraggebers gegen den Frachtführer
gemäß § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB.
•
•
•
•
Der Frachtführer kann wegen einer Schutzpflichtverletzung gemäß § 280 Abs. 1 Satz 1, §
278 Satz 1 BGB grundsätzlich haftbar gemacht werden, wenn eine von ihm eingesetzte
Hilfsperson ohne Wissen und Wollen des verladepflichtigen Absenders „auf eigene
Faust“ die Verladung des Transportgutes vornimmt und ihr dabei ein Fehler unterläuft,
der zu einem Schaden am Gut des Absenders führt…
Der Fahrer hatte objektiv pflichtwidrig im Sinne von § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB gehandelt
hat, als er die beiden auf dem Gabelstapler zum Verbringen auf das Transportfahrzeug
bereitgestellten Kisten verladen hat… Dazu war er nicht berechtigt, so dass sein
Handeln einen objektiven Pflichtenverstoß begründet.
Auch Verschulden des Fahrers war gegeben. Dies lag nicht nur in der eigenmächtig ausgeführten Verladetätigkeit mit einem unbekannten Ladegerät sondern auch in der
fehlerhaften Art und Weise, in der das Gut auf das Transportfahrzeug verladen wurde.
Das pflichtwidrige und schuldhafte Verhalten des Fahrers war auch, sondern gemäß §
278 Satz 1 BGB der Beklagten zuzurechnen. Die Revision konnte ihre Ansicht nicht mit
Erfolg darauf stützen, dass der Fahrer habe den Mitarbeitern der Lagerhalterin auch
sonst stets beim Verladen von Transportgut geholfen. Es sei schon nicht ersichtlich,
worin die Hilfeleistung konkret bestanden habe. Der Darstellung der Revision stehe vor
allem entgegen, dass der Fahrer selbst bekundet hat, vor dem streitgegenständlichen
Schadensfall noch nie ein elektrisches Flurfördergerät bei der Lagerhalterin bedient zu
haben. Danach konnte und durfte der Fahrer nicht annehmen, die Lagerhalterin sei
damit einverstanden, dass er die Verladung des restlichen Gutes ohne Mitwirkung eines
ihrer Bediensteten mit dem ihm unbekannten Ladegerät eigenständig vornimmt. Unter
den gegebenen Umständen habe das Berufungsgericht das pflichtwidrige und
schuldhafte Tätigwerden des Fahrers O. mit Recht gemäß § 278 Satz 1 BGB der
Beklagten zugerechnet.
• Leitsatz 3:
• Die Vorschrift des § 433 HGB schließt
Güterschäden unabhängig vom Zeitpunkt
ihrer Entstehung generell von ihrem
Anwendungsbereich aus.
• Nach § 433 HGB ist die Haftung des Frachtführers auf das Dreifache
des Betrags begrenzt, der bei Verlust des Gutes zu zahlen wäre,
wenn der Frachtführer wegen der Verletzung einer mit der
Ausführung der Beförderung des Gutes zusammenhängenden
vertraglichen Pflicht für Schäden haftet, die nicht durch Verlust oder
Beschädigung des Gutes oder durch Überschreitung der Lieferfrist
entstehen, und wenn es sich um andere Schäden als Sach- oder
Personenschäden handelt. Von der Vorschrift werden nach ihrem
Wortlaut mithin nur solche Schäden erfasst, die nicht durch Verlust
oder Beschädigung des Gutes entstanden sind. Zudem gilt die
Bestimmung nur für andere als Sach- oder Personenschäden.
• Im Schrifttum wird allerdings die Auffassung vertreten, dass nur
solche Güterschäden nicht dem Anwendungsbereich des § 433 HGB
unterfallen, die innerhalb des Haftungszeitraums des § 425 Abs. 1
HGB entstanden sind. Dagegen soll § 433 HGB auch bei
Güterschäden zur Anwendung kommen, wenn die Ursache für
deren Entstehung ausschließlich außerhalb des Obhutszeitraums
des § 425 Abs. 1 HGB gesetzt worden sei (vgl. u.a. Koller § 433 HGB
Rn. 4; Fremuth in Fremuth/Thume, Transportrecht, § 433 HGB Rn.
12).
•
•
•
Der BGH lehnt diese Auffassung ab: Sie sei mit dem klaren und eindeutigen
Wortlaut des § 433 HGB nicht in Einklang zu bringen. Anders als § 425 Abs. 1
HGB, der ausdrücklich nur für den Obhutszeitraum des Frachtführers eine
spezielle abschließende Regelung enthält und dadurch außerhalb dieses
Zeitraums eine ergänzende Anwendung von § 280 Abs. 1 BGB zulässt, schließe
§ 433 HGB Güterschäden unabhängig vom Zeitpunkt ihrer Entstehung generell
vom Geltungsbereich der Vorschrift aus. Durch den Wortlaut von § 433 HGB
werde zudem klargestellt, dass nur solche Schäden erfasst sind, die
unabhängig von einem Substanzschaden an den Gütern eingetreten sind, die
also keine Folgeschäden von Güter- oder Verspätungsschäden darstellen.
Der Einschränkung des Anwendungsbereichs von § 433 HGB könne überdies
entnommen werden, dass die Verletzung absoluter deliktsrechtlich
geschützter Rechtsgüter, zu denen gemäß § 823 Abs. 1 BGB auch das Eigentum
gehört, grundsätzlich keiner Haftungsbegrenzung unterfallen soll, wenn diese
lediglich aus Anlass der Vertragserfüllung zu Schaden kommen. Im
vorliegenden Fall geht es um einen Sachschaden, der durch Beschädigung des
Transportgutes entstanden ist. Es handelt sich mithin nicht um einen Schaden,
der von der Haftungsbegrenzung gemäß § 433 HGB erfasst wird.
Auf die Frage, ob § 433 HGB lediglich bei einer Haftung des Frachtführers nach
§ 425 Abs. 1 HGB oder auch bei einer Haftung gemäß § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB
wegen einer Schutzpflichtverletzung anwendbar ist, komme es daher im
Streitfall nicht an.
• Der Ansicht des BGH ist der Vorzug zu geben. Der Wortlaut
der Vorschrift bildet die Grenze möglicher Auslegung. Die im
Schrifttum vertretenen Ansicht überschreitet diese Grenze. §
433 HGB regelt Vermögensschäden, die nicht durch Verlust
oder Beschädigung des Gutes entstanden sind. Für die
Anwendung der Vorschrift auf Güterschäden ist kein Raum.
• Eine Ausdehnung des Anwendungsbereichs der Vorschrift
würde den durch die Obhutshaftung nach § 431 HGB bereits
eingeschränkt haftenden Frachtführer im Vergleich zu
anderen Dienstleistern unangemessen priviligieren. Schon
deshalb ist die Vorschrift eher restriktiv auszulegen (vgl.
MüKo-Herber, § 433 Rn 6).
• Der Frachtführer wird andererseits auch nicht unangemessen
benachteiligt, da eine Haftung nach § 280 BGB Verschulden
voraussetzt, dessen Vorliegen der Anspruchsteller nachweisen
muß.
Bundesgerichtshof - Urteil vom 25. Januar 2007 - I ZR 43/04 OLG Bremen/LG Bremen
• Leitsatz:
• Für die Frage, ob die Haftung des Frachtführers für eine auf
fehlerhaftes Verladen zurückzuführende Beschädigung des
Gutes (Art. 17 Abs. 1 CMR) nach Art. 17 Abs. 4 lit. c CMR
ausgeschlossen ist, kommt es darauf an, wer das Transportgut
tatsächlich verladen hat. Liegen danach die Voraussetzungen
eines Haftungsausschlusses nicht vor, ist ein vom Versender
verschuldeter Schadensbeitrag - hier: Nichteinschreiten des
an sich zur Verladung verpflichteten Versenders bei einer vom
Fahrer vorgenommenen unzureichenden Verzurrung des
Gutes auf einem Auflieger - im Rahmen der
Haftungsabwägung nach Art. 17 Abs. 2 i.V. mit Abs. 5 CMR zu
berücksichtigen.
• Die Klägerin, Transportversicherer der U. Incorporated, Roosevelt, New
Jersey/USA (im Weiteren: U. ) nahm die Beklagte aus abgetretenem Recht
der I. Corporation aus Hoboken, New Jersey/USA (im Weiteren: I. ) wegen
der Beschädigung von Transportgut auf Schadensersatz in Anspruch.
• Die I. , die ihrerseits von der U. beauftragt wurde, erteilte der Beklagten zu
festen Kosten den Auftrag, einen Vakuumtrockner von der Niederlassung
der U. in Bitterfeld nach Litvinov in Tschechien zu befördern. Die Beklagte
übertrug die Durchführung des Transports einem in Prag ansässigen
Unternehmen, das schließlich die M. in Podleska/Tschechien mit der
Beförderung beauftragte. Der Fahrer der M. übernahm das Gut am 2.
August 1999 in Bitterfeld. Der Vakuumtrockner, der auf einem Holzgerüst
stand, wurde zunächst von Mitarbeitern der U. auf den offenen Auflieger
gestellt und an- schließend von dem Fahrer mit von der Frachtführerin
gestellten Gurten auf der Ladefläche verzurrt.
• In der Nähe von Dresden stürzte der Vakuumtrockner während der Fahrt
von der Ladefläche des Aufliegers. Dadurch entstand ein Gesamtschaden
von 49.000 US-Dollar. Die Klägerin hat an ihre Versicherungsnehmerin
Ersatz in Höhe von insgesamt 57.000 US-Dollar geleistet. Die I. hat ihre
Ansprüche gegen die Beklagte wegen des streitgegenständlichen
Schadensereignisses am 15. September 1999 an die Klägerin abgetreten.
• Nach Art. 17 Abs. 1 CMR schuldet der Frachtführer
grundsätzlich Schadensersatz für eine während seiner
Obhutszeit eingetretene Beschädigung des Transportgutes.
Dem steht nicht entgegen, dass die Schadensursache bereits
zuvor, das heißt vor der Übernahme des Gutes gesetzt wurde.
• Von dieser Haftung ist der Frachtführer gemäß Art. 17 Abs. 4
lit. c CMR unter anderem dann befreit, wenn die Beschädigung des Gutes auf einen Verlade- und/oder Verstaufehler
des Absenders zurückzuführen ist. Dabei umfasst das
Verladen nicht nur das Verbringen des Gutes auf das
Transportfahrzeug, sondern auch dessen Befestigung und
Sicherung auf dem Fahrzeug.
• Für die Anwendung des besonderen Haftungsausschlusstatbestandes gemäß Art. 17 Abs. 4 lit. c CMR kommt es
maßgeblich darauf an, wer die Verladung tatsächlich
ausgeführt hat. Welche Partei vertraglich zur Verladung
verpflichtet ist, ist danach zwar grundsätzlich unmaßgeblich,
kann aber als Indiz berücksichtigt werden.
• Der Fahrer der Frachtführerin hatte nicht nur Hilfestellung im
Rahmen einer möglicherweise für die U. ausgeübten
Gefälligkeit gegeben.... Er hatte vielmehr das Festgurten und
Verzurren des Vakuumtrockners völlig selbständig
vorgenommen und bei dieser Tätigkeit auch Hinweise und
Vorschläge von Mitarbeitern der U. nicht beachtet. Unter
diesen Umständen kann nicht angenommen werden, dass der
Fahrer unter der Oberaufsicht und Verantwortung der
Mitarbeiter der U. gehandelt hat. Der Fahrer hat sich bei
seiner Tätigkeit nicht in die Organisationssphäre des
Versenders (I. ) integrieren lassen.
• Es sei auch zu berücksichtigen, dass den Fahrer gemäß § 412
Abs. 1 Satz 2 HGB eine eigene Verpflichtung zur Sicherung des
Transportgutes getroffen habe. Denn nach dieser Vorschrift
habe der Frachtführer für die betriebssichere Verladung zu
sorgen.
• In Anbetracht der Tatsache, dass der Fahrer bei der
Befestigung des Vakuumtrockners völlig selbständig gehandelt
und Hinweise und Vorschläge von Mitarbeitern der U.
unbeachtet gelassen hat, sei seine Tätigkeit dem Bereich der
Herbeiführung einer betriebssicheren Verladung zuzuordnen.
Hinweise bei Be- und
Entladefehlern in
Ordnungswidrigkeitenverfahren
Ladungssicherung-OWi
§ 22 StVO
• Die Ladung einschließlich Geräte zur Ladungssicherung
sowie Ladeeinrichtungen sind so zu verstauen und zu
sichern, dass sie selbst bei Vollbremsung oder plötzlicher
Ausweichbewegung nicht verrutschen, umfallen, hin- und
herrollen, herabfallen oder vermeidbaren Lärm erzeugen
können. Dabei sind die anerkannten Regeln der Technik zu
beachten.
• Die VDI-Richtlinien 2700 "Ladungssicherung auf
Straßenfahrzeugen" umfaßt die gegenwärtig technisch
anerkannten Beladungsregeln (objektiviertes
Sachverständigengutachten); daneben – gleichwertig – DIN –
Normen 7510 ff
•
Ladungssicherung – Owi
Fahrer
• Fahrer muß so verladen, daß das Fahrzeug mit der
Ladung jeder Verkehrslage gewachsen ist (vgl. BGH,
Versicherungsrecht 1970, 459, 460). Die Güter dürfen
weder die Stabilität des Fahrzeugs, noch dessen
Bremsfähigkeit unzulässig beeinträchtigen
Ladungssicherung - Fahrer
• Der Fahrzeugführer ist auch dann für die Betriebssicherheit der Ladung
verantwortlich, wenn andere, die er nicht beaufsichtigt hat, das Fahrzeug
beladen oder wenn er das Fahrzeug nach einem Fahrerwechsel zur Weiterfahrt
übernimmt. Er muß sich vom Vorhandensein einer ausreichenden
Ladungssicherung überzeugen, was in der Praxis aber häufig nicht möglich ist.
Der Fahrer haftet insoweit für Mängel, die sich aufdrängen und für solche, die
bei hinreichender Sorgfalt ohne spezielle Verladeerfahrung erkennbar sind –
dies gilt selbst bei nachts übernommenen, vorgeladenen Anhängern, durch
Dritte beladene Container, verplombte Auflieger etc. !!
Auf die frachtrechtliche Pflichtenverteilung kommt es insoweit nicht an.
An die Sorgfalt des Fahrers sind strenge Anforderungen zu stellen.
Wird bei einer Kontrolle ein Verstoß gegen § 22 StVO - und eine damit
verbundene Gefährdung Dritter - entdeckt, kann dies ein Bußgeld bis zu 75 €
(bei Unfall 100 €) sowie eine Eintragung von 1 Punkt im Fahreignungsregister
nach sich ziehen.
Ladungssicherung - Fahrer
• Bei Herabfallen der nicht hinreichend gesicherten
Ladung:
• Gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr durch
Bereiten eines Hindernisses und dadurch bedingte
Gefahr für Leib/Leben oder Sachen von bedeutendem
Wert, § 315 b I Nr.3 StGB; bei fahrlässigem Handeln und
fahrlässiger Gefahrenverursachung drohen
Freiheitsstrafe bis zu 2 Jahren oder Geldstrafe
Ladungssicherung –
Halter/Beförderer
• Der Fahrzeughalter ist ebenfalls Adressat einer
Bußgeldvorschrift. Nach § 31 Abs. 2 der
Straßenverkehrszulassungsordnung (StVZO) darf der
Halter die Inbetriebnahme seines Fahrzeuges nicht
anordnen oder zulassen, wenn ihm - unter anderem bekannt ist oder bekannt sein muß, daß die Ladung
nicht vorschriftsmäßig ist und die Verkehrssicherheit
des Fahrzeugs durch die Ladung leidet. Bei Verstößen
drohen Bußgelder und 1 Punkt im
Fahreignungsregister.
• Entsprechende Pflicht des Beförderers nach § 19
GGVSEB
Ladungssicherung - Halter
• Pflicht des Kfz-Halters, § 31 Abs. 2 StVZO
•
- sofern juristische Person: Haftung des Organs =Vorstand, GF
•
Delegation:
Wirksame Pflichtenübertragung auf Mitarbeiter im
Sinne des § 9 II
OWiG: „…zur Wahrnehmung in
eigener Verantwortung“
»
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- Schulung/Wiederholungsschulung des für die Verladung zuständigen Personals
- Stellung von Ladungssicherungshilfsmitteln
- Stichprobenkontrollen
- Dokumentation der Kontrolle
Gelingt der Nachweis von Delegation/Schulung/Kontrolle,
fehlt es an schuldhaftem Handeln des Halters. Dann aber
eventuell Verfahren gegen den benannten
Delegationsadressaten, sofern insoweit noch nicht Verjährung
eingetreten ist (Frist: 3 Monate)
Ladungssicherung - Halter
• Pflicht des Kfz-Halters, § 31 Abs. 2 StVZO:
• Bereitstellung eines für den fraglichen Transport objektiv
geeigneten Kfz
• Bereitstellung der erforderlichen Ausrüstung zur
Durchführung der Ladungssicherung:
•
Halter und Beförderer haben dem Fahrzeugführer die zur Durchführung der
Ladungssicherung erforderliche Ausrüstung zur Verfügung zu stellen, § 9 Abs. 12
Nr. 7 GGVSEB. Insoweit genügt es, dass sie die im Einzelfall benötigten
Sicherungsmittel in ausreichender Anzahl an einem Standort zur Verfügung
stellen, an dem sich der Fahrzeugführer ihrer ohne Schwierigkeiten bedienen
kann. Die tatsächliche Benutzung der zur Verfügung gestellten Sicherungsmittel
ist allein Sache des Verladers und des Fahrzeugführers. Diesbezüglich obliegt
dem Halter und Beförderer auch keine Kontroll- und Überwachungspflicht. (OLG
Hamm, TranspR 2013, S. 247 f)
Ladungssicherung-Verlader
• Ob der Verlader ordnungswidrigkeitenrechtlich für die
Ladungssicherung verantwortlich ist, bleibt streitig:
•
•
•
•
•
•
Zutreffend weist der BGH (VRS 46,116) darauf hin, daß ein Arbeiter, der eine Planierraupe auf
einen Tieflader gefahren, aber mit dessen Führung nichts zu tun hat, für die Ladungssicherung
nicht verantwortlich ist.
Das OLG Celle (OLG Celle vom 28.02.2007 , 322 Ss 39/07) meint hingegen: „Die Pflicht zur
verkehrssicheren Verladung trifft neben dem Fahrer und dem Halter des Fahrzeugs auch
den Versender der zu transportierenden Gegenstände“
„Soweit der Betroffene ausführt, er habe als Versender keinen Einfluss auf die Tätigkeit des
Spediteurs oder dessen Fahrers, verkennt er seine Befugnisse aus dem Frachtvertrag. Zudem gibt
ihm die Rechtsordnung bei groben Verstößen gegen gesetzliche Bestimmungen verschiedene
Eingriffsrechte, etwa das Recht aus § 16 OWiG. Im Übrigen dürfte den Versender in Fällen, in denen
sich der Fahrer einer Spedition über seine Verpflichtungen aus § 22 StVO hinwegsetzt und sich dabei
auch dem Einfluss des Versenders entzieht, jedenfalls in aller Regel kein Schuldvorwurf einer
Ordnungswidrigkeit treffen.“
Versender = Verlader? Notwehr bei fehlender LaSi?
Dem – untätigen – Verlader wird ein Unterlassen vorgeworfen. Eine Handlungspflicht zur
Vornahme der LaSi kann sich nur aus Garantenstellung ergeben. Diese kann sich aus Vertrag,
Gesetz (ferner aus Gefahrengemeinschaft, Ingerenz etc.) ergeben.
Hier käme eine vertragliche/gesetzliche Verpflichtung aus § 412 Abs.1 HGB in Betracht.
Ladungssicherung - Verlader
•
•
•
•
Pflichten des Verladers im Frachtvertrag: § 412 I HGB:
Pflicht zur beförderungssicheren Verladung
§ 412 ist dispositives Recht, kann abbedungen werden, z.B.:
„Die Beladung des Fahrzeugs mit Ladungsgütern erfolgt durch den AG. Stückgüter
werden vom AN beladen. Unter Beladung ist hierbei die Platzierung des Gutes auf
dem Wagenboden nach Weisung des AN zu verstehen. Die beförderungs- und
betriebssichere Verladung im Sinne des § 412 Abs. 1 HGB unter Berücksichtigung
der jeweils gültigen und anerkannten technischen Regeln über die
Ladungssicherung - zur Zeit: VDI-Richtlinien 2700 ff, Ladungssicherung auf
Straßenfahrzeugen - obliegt stets dem AN. Wird die beförderungssichere
Verladung im Einzelfalle durch den AG durchgeführt, handelt er als
Erfüllungsgehilfe des AN. Der AN ist verpflichtet, die vom AG oder seinen
Erfüllungsgehilfen durchgeführten Ladungssicherungsmaßnahmen auf ihre
Ordnungsgemäßheit im Lichte der vorgenannten VDI-Richtlinien zu überprüfen.
Schäden, die durch das Behandeln, Verladen oder durch das Sichern der Ladung
durch den AG entstehen, und die durch eine sorgfältige Kontrolle durch den AN
hätten verhindert werden können, befreien diesen nicht von seiner Haftung“.
Ladungssicherung - Verlader
– ABER:
– Frachtvertrag: Zumindest bei Übertragung der Pflichten aus § 412 I HGB auf den Frachtführer ist
der Verlader zur Ladungssicherung rechtlich nicht mehr verpflichtet.
– Kaufvertrag: Bei Verkauf nach Incoterm ex works besteht keine Verpflichtung zu LaSi, nur
Bereitstellung des Gutes zur Verladung
– Eine Ausnahme gilt nur bei Gefahrgut; dort – in der GGVSEB - hat der Gesetzgeber den Verlader
explizit in die Pflicht genommen.
– Daraus ergibt sich im Umkehrschluß, daß eine Verantwortung des Verladers bei Normalgut gerade
nicht beabsichtigt war.
– Dafür spricht auch, daß die Überschrift des § 23 StVO „Sonstige Pflichten des Fahrzeugführers“
lautet, § 22 StVO also nur den Fahrer, nicht aber den Verlader anspricht.
– Polizei, Bußgeldbehörden und z.T. auch Gerichte wollen den Verlader wie den Halter haften lassen –
dieses „wie“ indiziert eine analoge Anwendung der Norm auf den Verlader
- das aber verstößt gegen das Analogieverbot des Art. 103 GG
- ferner verstößt es gegen den Grundsatz „nullum crimen sine lege“, Art. 103 GG
- § 22 StVO richtet sich an den Fahrzeugführer und besagt lediglich, daß derjenige, der die
Ladungssicherung in persona ausführt, dies nach den anerkannten Regeln der Technik tun muß.
- Bei Doppelvorsatz ist Teilnahme an dessen Tat möglich.
Ladungssicherung-OWi
• Nicht völlig zu unterschätzen sind die
Sanktionsmöglichkeiten der Berufsgenossenschaften,
die ihren (Zwangs-)Mitgliedern Bußgelder bis zu 10.000
Euro bei Verstößen gegen die
Unfallverhütungsvorschriften im Zusammenhang mit der
LaSi auferlegen können. Über die sozialrechtliche
Vorschrift des § 209 SGB VII i.V.m. §§ 3, 37 BGV D29
kann gegen den Unternehmer, der Bestimmungen der
Berufsgenossenschaft zur Be- und Entladung verletzt,
ein Bußgeld bis zu 10.000 Euro verhängt werden (kommt
in der Praxis aber eher selten vor).
Ladungssicherung-OWi-Gefahrgut
Gemäß § 28 Abs.3 Nr.3 li.c StVG i.V.m. Anlage 13 (zu § 40 FeV)
werden seit 1. Mai 2014 auch Verstöße gegen die GGVSEB,
soweit sie den Unterabschnitt 7.5.7.1 ADR betreffen
(Ladungssicherung), für den tatsächlichen Verlader (gemeint
ist der im Unternehmen Verantwortliche für die Ladearbeiten
nicht der ausführende Gabelstaplerfahrer oder Lagerarbeiter),
den Fahrzeugführer und den Beförderer nicht nur wie bisher
mit einem relativ hohen Bußgeld von mindestens 500 €,
sondern zusätzlich mit 1 Punkt im Fahreignungsregister belegt.
Ladungssicherung-OWi-Gefahrgut
Bei Verteidigung von LaSi-Verantwortlichen empfiehlt es sich in
der Regel, hinsichtlich der Ordnungsgemäßheit der LaSi bereits
im Vorverfahren, spätestens aber im Verfahren vor dem AG die
Einholung eines Sachverständigengutachtens durch einen SV
oder eine Prüforganisation mit entsprechender Expertise zu
veranlassen (z.B. DEKRA Bielefeld).
(RSV meist zur Kostenübernahme bereits im Vorverfahren
verpflichtet).
Reduzierung Geldbuße/Vermeidung von Punkteintragung bzw.
Verfahrenseinstellung nach § 47 II OWiG