Das wirklich exklusive Banking

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Das wirklich exklusive Banking
Private Banking | 51
Bruno Arnold
handelszeitung | Nr. 39 | 29. September 2011
Hort der Sicherheit: Schweizer Banken und Vermögensverwalter betreuen zusammen rund 2650 Milliarden Franken von in- und ausländischen Private-Banking-Kunden.
Das wirklich exklusive Banking
Family Offices Die Vermögensverwalter profitieren, dass immer mehr anspruchsvolle Grosskunden bankunabhängige Betreuung suchen.
liche Investitionsstrategien. Anders als
institutionelle Anleger wie Versicherer
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rüher waren sie wenigen Superrei- oder Pensionskassen engagieren sich diese
chen vorbehalten, heute sind sie Vermögensverwalter nicht nur in traditiozur beliebten Anlaufstelle für Unter- nellen Investments, sondern auch in exonehmen, Pensionskassen, Stiftungen und tischen Anlageklassen wie Kunst, LuxusPrivatpersonen geworden: Die Family liegenschaften oder Shipping.
­
­Offices haben sich vom geheimnisvollen
Die Befragung hat ebenfalls ergeben,
Kassenwart zum transparenten Vermö- dass diese Institute beim Asset Managegensverwalter und Berater gewandelt. Das ment in der Regel sehr kostenbewusst
ursprüngliche Single Family Office, bei agieren. Dank der Bündelung von grössedem ein Team die Geschäfte für eine ren Vermögensbeträgen können die unab­einzelne vermögende Familie abwickelt, hängigen Multi Family Offices bei Banken
wurde ergänzt durch Multi Family Offices günstigere Kommissionen erzielen, als
bei Banken und unabhängigen Anbietern, dies für den einzelnen Privatanleger mögdie einen grösseren Kundenkreis betreuen lich wäre. Cottonfield-Chef Schuppli ver(siehe unten). Speziell die unabhängigen weist auf den Vorteil, dass der Kunde «nur
­Family Offices haben nach der Finanzkrise für das bezahlt, was er nutzt, und vom
eine zusätzliche Nachfrage erlebt.
Know-how aus anderen Kundenbeziehungen profitieren kann». Vor allem UnSchweiz als attraktiver Standort
ternehmerfamilien würden es schätzen,
Der Finanzplatz Schweiz war immer neben dem Finanzchef in der eigenen Unein attraktiver Standort für Family Offices. ternehmung einen ebenso kompetenten
Droht nun mit den neuen Abgeltungssteu- Finanzchef (CFO) für ihr Privatvermögen
er-Abkommen ein Exodus? Branchenken- zu haben.
ner gehen nicht davon aus. Philippe Monti,
Auch Philippe Monti von Quilvest beChief Executive Officer (CEO) von Quil- obachtet den Trend hin zu vollkommen
vest Switzerland, ­erwartet vom Steuerab- unabhängigen Family Offices: «Nur solche
kommen zwar auch Folgen für Family Of- Anbieter können eine gelebte offene Arfices, aber sie seien um einichitektur garantieren.» Bei
ges geringer als bei traditioeiner Bank dagegen besteht
In der
nellen Privatbanken: «Unsedie ­Gefahr, dass in den PortSchweiz gibt es
re Kunden suchen primär
folios fast ausschliesslich eirund 300
professionelle internationale
gene Produkte berücksichDienstleistungen, die weit
tigt werden. In vielen Fällen
Family Offices.
über die reine Vermögensverfügen die Banken auch
verwaltung hinausgehen.»
nicht über den Gesamtblick
Für Peter Schuppli, Managing Partner oder das nö­tige Fachwissen und die notbei Cottonfield Family Office in Zürich, wendigen Ins­trumente. «Je weniger wichhandelt es sich «im Regelfall ausschliess- tig die unversteuerten Vermögenswerte
lich um Vermögenswerte, welche korrekt werden, desto mehr nimmt das Bedürfnis
angegeben und traditionell versteuert nach einer umfassenden Beratung und
werden». Für ihn gehört es zu den Kern- Betreuung zu», so Schuppli.
aufgaben, Steuern im Rahmen legaler
Möglichkeiten zu optimieren. Da die Fa- Dynamischer Markt
Die Dynamik im Markt lässt sich am
milienvermögen grundsätzlich versteuert
sind, besteht vor allem eine Nachfrage Beispiel der Quilvest-Gruppe illustrieren.
nach Lösungen im internationalen Kon- Vor knapp 80 Jahren als klassisches Single
text. Dabei profitieren Family Offices, weil Family Office für die in Argentinien zu
sich anspruchsvolle Kunden von grösseren Reichtum gelangte Bemberg-Familie geBanken abwenden, die dem Druck inter- gründet, wurde das Unternehmen ab der
nationaler Regulierungen ausgesetzt sind. Jahrhundertwende zum globalen Multi
«Die Kunden suchen nicht primär eine Family Office umgebaut, das Vermögen
Bank, sondern eine Beratung für die stra- von 14 Milliarden Dollar betreut, davon
die Hälfte in der Schweiz. Als Hauptaktiotegische Asset Allocation», erklärt Patrick
när fungiert weiterhin die Gründerfamilie,
Aregger, CEO des Landert Family Office.
mit 180 Mitgliedern in der sechsten Ge­
Auch exotische Investments
neration. Stützpunkte in Zürich, Paris,
Family Offices verfolgen gemäss einer ­
Luxemburg, Montevideo und Singapur
Studie von J.P. Morgan sehr unterschied­ decken alle Weltregionen ab.
Kurt Speck
F
Hintergrund
Europa holt gegenüber Amerika auf
Stark in der Schweiz vertreten Während es in den USA gegen 4000 Family
Offices gibt, werden in Europa nur 800
bis 1000 gezählt, allerdings mit stark
steigender Tendenz. Allein rund 300
sind in der Schweiz domiziliert. Die
stärkere Verbreitung in Übersee hängt
auch damit zusammen, dass es dort
bedeutend weniger Privatbanken als
auf dem alten Kontinent gibt.
Single oder Multi Family Office Family
Offices werden je nach Kundenstruktur
und Abhängigkeitsverhältnis der Mit­
arbeiter gegliedert. So arbeitet das
­traditionsreiche Single Family Office
exklusiv für eine einzige Familie. Dabei
besteht meist ein enges Abhängigkeitsverhältnis zwischen den Mitarbeitern und der vermögenden Familie.
Das unabhängige Multi Family Office
offeriert die Dienste mehreren Kunden,
nebst Privatpersonen auch Unternehmen und Institutionen. Schliesslich gibt
es die Multi-Family-Office-Abteilungen
bei Banken; sie bieten nebst der
­Vermögensverwaltung weitere Dienstleistungen für reiche Kunden an.
Den Sprung über die eigenen Landesgrenzen hat das Landert Family Office mit
einer Niederlassung im deutschen Ludwigsburg erst 30 Jahre nach der Gründung im
letzten Frühling gewagt. Nach der EU wird
nun eine Expansion nach Asien geprüft. Für
Patrick Aregger ist klar: «Wir werden die
Chancen Zug um Zug wahrnehmen.»
Den Family Offices werden von Branchenexperten gute Zukunftschancen eingeräumt. Mit dem Wegfall des fiskalischen
Bankgeheimnisses sei die Schweizer Vermögensverwaltung jetzt ähnlich gefordert
wie die einheimische Uhrenindustrie vor
vier Jahrzehnten durch die asiatische Konkurrenz, meint Philippe Monti. Wie da-
mals müsse sich die Finanzbranche auf
ihre eigenen Stärken konzentrieren. Für
ihn sind die Family Offices mit den
­gesamtheitlichen Beratungsdienstleistungen «sehr gut positioniert». Dagegen werde
der Preiskampf bei den normalen Ver­
mögensdienstleistungen stark zunehmen
und zu einer Konsolidierung führen.
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