leer 1-16.indd - Schule für Gestaltung Bern und Biel

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leer 1-16.indd - Schule für Gestaltung Bern und Biel
ISBN 3-033-00295-1
Almanach 2003/2004
// Almanach 2003/2004
BERUFSWEGE / Schule für Gestaltung Bern und Biel / Ecole d‘Arts Visuels Berne et Bienne
// Inhalt
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VORWORT Anna-Marie Kappeler
PREFACE
DER SCHATTEN DES MALERS IST WEISS Urs Dickerhof
L'OMBRE DU PEINTRE EST BLANCHE
ANNATINA – AGRONOMIN IN DER FACHKLASSE GRAFIK BIEL Francesco Micieli
BERUFSWEGE SIND UMWEGE: ANITA BAUMGARTNER, HANDBUCHBINDERIN Anita Baumgartner
SILEX André Vladimir Heiz
BERNHARD GIGER – FOTOGRAF, JOURNALIST, FILMEMACHER Thomas Pfister
VON DER ENGELSBURG ZUR SCHWABGUTSPITZE Andreas Schärer
CHANTAL MICHEL – KÜNSTLERIN Thomas Pfister
FOTOGRAFIEN VON ROLAND BART
FOTOGRAFIEN GOLDSCHMIEDEARBEITEN
OLMA-PLAKAT VON MICHAEL ZISKA
GESCHÄFT MIT EMOTIONEN Urs Liechti
LE GRAND DEPART – ROLAND BART Urs Dickerhof
LE GRAND DEPART – ERWIN HÄNNI Anna-Marie Kappeler
LE GRAND DEPART – JÖRG E. KOCHER Beat Küffer
LE GRAND DEPART – FOTOGRAFIEN ABSCHIEDSFESTE Roland Aellig
AUSSTELLUNGEN / EXPOSITIONS Klaus F. Pressmann u a.
AUSZEICHNUNGEN – VERMISCHTE MELDUNGEN / PRIX - FAITS DIVERS
GRAFIK DIPLOMTAG
VEREIN PROFORMA Marianne Burkhard
DANK
NACHWORT Jürg Engi
POSTFACE
IMPRESSUM
#
INSERT: IN AUSBILDUNG / JAHRESRECHNUNG / BERUFSZIELE
// Vorwort
Anna-Marie Kappeler / Direktorin
Ein Almanach – kein Jahresbericht liegt vor Ihnen. Ein Almanach ist immerhin ein
Jahrbuch. Nicht der Rückblick steht allerdings im Zentrum, sondern das nächste Jahr.
Das Wort Almanach stammt vermutlich aus dem Syrischen und heisst – das nächste Jahr.¶
Wir sind vom Jahresbericht auf den Almanach gekommen, weil wir die kurze Verfallszeit eines Jahresberichts umgehen wollen. Einmal im Jahr machen wir – das heisst
unsere Lernenden und Lehrenden – ein Buch. Wir schreiben, gestalten und drucken
es selber. Wir geben darin etwas von uns preis, etwas, das uns heute beschäftigt, an
dem wir arbeiten, das für uns steht, an das wir die nächsten Jahre anknüpfen. ¶
Almanache enthalten erbauliche und unterhaltende Beiträge, Berichte von spektakulären Ereignissen, Abbildungen. Thema unseres Almanachs sind Berufswege. Wir
zeigen, wie vielseitig das Angebot unserer Schule ist, wie erfolgreich Berufsleute nach
ihrer Ausbildung sein können, wie sie sich bilden und weiterbilden, dass Umwege
dazu gehören bzw. keine sind.¶
Bildung – Weiterbildung: So erbaulich unsere Beiträge sein mögen, das Thema ist
hochaktuell. Weiterbildung – sei es autodidaktisch oder in Form einer anerkannten
Ausbildung – ist in unserem Land keine Selbstverständlichkeit. Im internationalen
Vergleich ist die Schweiz mittelmässig, im neuen Jahrtausend nimmt die Teilnahme an Weiterbildungskursen ab. Es gelingt uns nicht, sämtliche Bildungsschichten
anzusprechen. Dies in einem Umfeld, in dem wir im Laufe unseres Lebens zwei bis
drei verschiedene Berufe ausüben, in dem die Wissensgesellschaft für jedes Land von
grosser ökonomischer Bedeutung ist, in dem wir wissen, dass Bildung nicht nur den
Wohlstand der Gesellschaft, sondern auch die Arbeitschancen und die Lebensqualität jedes einzelnen fördert. – Warum nur entlassen unsere Schulen so viele bildungsmüde Menschen? ¶
Der vorliegende Almanach ist ein Plädoyer für Bildung und Weiterbildung, eine Verpflichtung unserer Schule, die Menschen, die sich bei uns bilden und weiterbilden,
mit einem gut gefüllten Rucksack, jedoch auch hungrig und neugierig in die Berufswelt zu entlassen. #
4
// Préface
Anna-Marie Kappeler / Directrice
C’est un almanach – et non un rapport annuel – que vous avez devant vous. Un
almanach, c’est quand même aussi un annuaire. Mais ce n’est pas l’année écoulée qui
est au centre, c’est l’année à venir. Le mot almanach nous est probablement venu de
Syrie et signifie – l’année prochaine.¶
Nous avons décidé de remplacer le rapport annuel par un almanach, car nous voulons
éviter le court délai de péremption d’un rapport annuel. Une fois par année nous faisons – plus exactement nos élèves et nos enseignants font – un livre. Nous l’écrivons,
lui donnons une forme, l’illustrons et l’imprimons nous-mêmes. Nous y révélons
quelque chose de nous-mêmes, quelque chose qui nous préoccupe aujourd’hui, qui
fait partie de notre travail actuel, qui nous représente, que nous poursuivrons ces
prochaines années.¶
Les almanachs contiennent des textes édifiants et divertissants, des récits
d’évènements spectaculaires, des illustrations. Le thème de notre almanach ce sont
les destinées professionnelles. Nous montrons combien l’offre de formations à notre
école est variée, quel succès les professionnels rencontrent après leur formation, comment ils se forment et se perfectionnent et que parfois ils font des détours, qui n’en
sont pas, puisqu’ils en valent la peine.¶
Formation – formation continue: si édifiants nos textes soient-ils, le sujet est d’une
grande actualité. Dans notre pays, il ne va pas de soi que l’on se perfectionne – que ce
soit en autodidacte ou en suivant une formation reconnue.
La comparaison montre que nous ne sommes tout juste dans la moyenne internationale; depuis le début du nouveau siècle, la participation à des cours de formation
continue est en baisse. Nous n’arrivons pas à toucher toutes les couches de formation.
Ceci à une époque où nous exerçons deux à trois métiers différents au cours de notre
vie, où la société de connaissance revêt une grande importance économique pour
tout pays, où nous savons que la formation favorise non seulement la prospérité de la
société, mais aussi les chances sur le marché du travail et la qualité de vie de chacun
de nous. Comment se fait-il que tant de personnes fatiguées d’apprendre sortent de
nos écoles?¶
Le présent almanach est une plaidoyer pour la formation et la formation continue, un
engagement de notre école à laisser les personnes qui se forment et se perfectionnent
dans notre école partir dans le monde professionnel non seulement avec un bagage
bien fait, mais aussi avec beaucoup d’appétit et de curiosité.#
5
//Der Schatten des Malers ist weiss
Urs Dickerhof
Auf Umwegen zu Bildern, ob wir diese wollen oder nicht:
«Auch wer sich nicht für Meteorologie interessiert, wird vom
Regen nass», hat Peter K. Wehrli geschrieben.
Eine unruhige Auseinandersetzung mit dem Nebeneinander
von Allem.
Kunst machen, das heisst Chaos und Ordnung in ein Gleichgewicht bringen.
Künstler und Gestalter als kreative Forscher, die aus ihrer Intuition schöpfen. Kunst und Gestaltung als letzter Hort kreativer
Reflexion. Radikales Beharren auf die Kraft des Abenteuers
inmitten einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Wenn
nicht, dann nicht!
Wagemutige Inszenierungen. Grenzüberschreitungen. Hemmungslosigkeit, als Temperament und nicht als Methode. Die
Bereitschaft, sein Gleichgewicht zu opfern. Wichtiger als Überzeugungen sind Zweifel. Der Zweifel veranlasst uns zu zögern,
zu bedenken, zu überlegen. Ein nicht festgelegter Geist
stellt fest:
Bei zwei Möglichkeiten sind es plötzlich beide.¶
Dagegen stehen die Mechanismen der Gleichförmigkeit einer
leichtfertigen Bewusstseinsindustrie, der Hang zu einer ununterscheidbaren Gesellschaft.
Dagegen steht die Abgestumpftheit einer Aussage wie dieser:
Es gibt nichts Unerklärliches in seiner unbeirrt zielstrebigen
Wesensart, sein willentlicher Verzicht auf noch das flüchtigste
Geheimnis zeugt von seinem gesunden Menschenverstand.
Wenn indessen gesunder Menschenverstand darin besteht,
eine Gleichwertigkeit herzustellen zwischen dem, was man
sieht, was man weiss, und dem, was ist, dann ist jedem populistischen Kürzel Tür und Tor geöffnet. Also jedesmal, wenn zu
Umwegen Befähigte die Instanz des Zauderns beanspruchen
und damit verwirrliche Möglichkeiten zulassen, antwortet der
gesunde Menschenverstand mit einem quantitativ eindeutigen
und von keinem Zweifel tangierten Geradeaus und Mittenhin-
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ein, und manipuliert so das Nebeneinander von Allem systematisch zum Gegeneinander von Allem. Dann genügen
einige aus Halbwahrheiten genährte
Gemeinplätze, um zusammen mit einem
vulgären Sprachgebrauch im effektvollen
Ausgrenzen von Andersdenkenden zu
enden.¶
Die Tatsache, dass jemand die Sterne
nicht erreicht, bedeutet nicht, dass es
keine Sterne gibt.¶
Die Wahl des Weges des Künstlers untersteht vielen Zweifeln und Konflikten. Das
macht ein Vorankommen beschwerlich
und im Handkehrum abenteuerlich, aufregend, ereignisreich und überraschend.
Die Vorstellung, lediglich geradeaus
unterwegs zu sein, hat etwas entlarvend
Banales an sich. Vollkommenes Begreifen
und Verstehen entlässt uns nicht selten
in eine befremdende Empfindungslosigkeit: Jene Behauptung ist viel zu eindeutig, als dass sie noch geglaubt werden
muss, jener Mensch, der nur nach den
Regeln der Vernunft lebt, lebt nicht wirklich. Wir singen das Lob des Fortschritts
als Ablenkung, um nicht zur Welt zu
kommen. Doch welcher Illusion sich der
Einzelne auch immer hinzugeben bereit
ist – es lässt sich nicht ändern, dass auch
sein Weg kein gerader ist.¶
So eröffnet uns die ungebremste
Bereitschaft, Umwege zu beschreiten,
eine Fülle von uneingeschränkten
Aussichten. Weg um Weg verspricht eine
potentielle Chance und jede Abzweigung
gewährt dir die freie Wahl. Wegweiser
sind Andeutung oder ein Wink mit dem
Zaunpfahl. Überall Spuren und arglose
Begegnungen. Auch unterwegs sucht
das Gedächtnis nach Alltäglichem und
Gewohntem als einem möglichen Halt
für künftige Erinnerungen. Nicht wenige
Wege führen in die Stille. Ich bewege
mich im Kreis, gehe durch eine rätselhafte Welt, ich lasse mich
nicht behindern. Ich kreuze jemandes Weg, laufe jemandem
in die Arme, gehe nie über Leichen. Vieles ist mir merkwürdig
vertraut. Einiges setzt mir unverblümt zu. Anderes verschuldet den Verlust der Übersicht. Nichts ist wie es scheint. Eine
Wolke über einem Berg verwandelt diesen in einen Vulkan.
An einem bestimmten Tag wählst du an jeder Weggabelung
den jeweils engeren Weg. Obsessionen sind eine aufregende
Begleitung. Doch du bleibst auf der Hut, denn hinter einer
Kreuzung lauern vielleicht Missgunst, Eifersucht und Skepsis.
Schliesslich beflügeln jedoch das Hierhin oder Dorthin deine
Fragen über das Dasein, die Zerbrechlichkeit von Identität,
das Zusammenstehen von Wesen und Dingen. Musik ertönt
und du schlenderst gelassen in die Verwöhnung. Du begegnest Melancholie und Aberwitz, du begegnest Vorbildern und
idealen Konstellationen. Ab und zu glänzt die grosse Welt und
ein Nebenschauplatz macht sich genüsslich breit. Seinen Weg
suchen heisst finden, was schon in einem ist. Dein Weg ist frei,
hinaus aus der Gegend des Sichtbaren hin zu jener Endstation
namens Sehnsucht. «Er kreiselt», sagt A von B, wenn dessen
eilige Kritzeleien verworrene Pfade in verschwiegene Territorien artikulieren.¶
Die Überlagerung von Vergangenem und Gegenwärtigem.
Gestern und Heute. Rückblick. Ausblick. Neue Wirklichkeiten.
Der Umweg über das Vorbild. Zitat und Montage. Selbstbefragung. Vergleichende Überlegungen. Eindruck und Ausdruck.
Anspielungen, Spiegelungen. Die ganze Welt besteht aus sich
berührenden Dingen, und auf Umwegen unterwegs zu sein
heisst wohl, dass man sich Inventarien unzähliger Möglichkeiten zusammenstellt und aneignet. Das Üben der Betrachtung
und kreativer Gebärden und eine Vielfalt von Strategien sind
vertraute Attribute, wenn es darum geht, Eindeutiges im Auge
zu behalten, Prekäres in der Schwebe zu belassen. Die Suche
nach der Einheit in der Vielfalt gleicht Vermutungen über den
Turm zu Babel. Doch die Bedeutung der Dinge ist mehr als nur
das Bild, dass wir uns von ihnen machen. Die Auseinandersetzung mit Bedeutungen ist eine verbindliche Verpflichtung.
Und dem Inhalt, zwischen Standpunkt und Aussage, gilt die
entschiedene Umsetzung einer Vorstellung im Augenblick.
Alles darf ins Bild! Auch Widerstand und unerfüllte Wünsche.
Ein Schrei wie von Munch. Die Illusionen von Freiheit. Der
alte Poet. Oder die Versuchungen des heiligen Antonius. Doch
Halt! Im Begriff einen weiteren Umweg einzuschlagen, noch
schnell ein verpflichtender Gedanke: Uns geht es nie um den
Gebrauch des Menschen.¶
7
Beobachtungen und Begegnungen
zwischen Himmel und Erde. Der tägliche
Aufbruch zu neuen Horizonten. Unterwegs wie im Rausch, unterwegs auf Umwegen zu sich selbst: Jener zornige junge
Aufklärer ist nicht in Wut gealtert, ein
militanter Bewunderer ist nun gelassener
Kommentator, so viele leidenschaftliche
Wortführer sind inzwischen ohne Wirkungsillusionen. Ein Vorhang fällt und
Fragen bleiben offen. Wie sehr dürfen
Erwartungen und Wirklichkeit auseinanderklaffen? Wie viele Umwege erträgt ein
Mensch? Wann ist genug mehr als genug?
Das wirre Bild zeigt nicht zwingend verwirrende Bedeutungen.
Willkommen in unbehinderten Gedanken. Unangebrachte Fragen sind dir
gewiss. Jenseits künstlerischer Konventionen erwarten uns ein latenter Hang zu
Seltenheit ebenso grelle Inszenierungen
und Gedankenüberfluss. Das Persönliche
und das Allgemeine, das kaum Denkbare,
die alltäglichen Verlockungen in freimütigen Andeutungen und im berauschenden Überblick, in Bildern mit doppeltem
Boden.
«Der gefährlichste Augenblick meines
Lebens ist noch nicht gekommen», hat
César Vallejo geschrieben.
Angeschwemmt an die Küste der
Erkenntnis verschmelzen Einzelheiten
zu Bildern einer Welt voller zugespitzter
Ansichten und erkundeter Aussichten.
Beharrlich, Tag für Tag und ein Ende ist
nicht abzusehen.#
29. Juli 2004
8
// L’ombre du peintre est blanche
Urs Dickerhof
Arriver par des détours aux images, que nous voulions celles-ci
ou non. «Même celui qui ne s’intéresse pas à la météorologie
se mouille sous la pluie» a écrit Peter K. Wehrli.
Une confrontation intranquille avec la coexistence de tout.
Faire de l’art signifie mettre le chaos et l’ordre en équilibre.
Les artistes et les créateurs visuels comme chercheurs qui
puisent dans leur intuition. L’art et la création visuelle comme
dernier havre où se consacrer à la réflexion créative. Insister
radicalement sur la force de l’aventure au milieu d’une société
à responsabilité limitée. Si c’est non, c’est non!¶
Des mises en scène audacieuses. Dépasser les frontières. Se
débarrasser des inhibitions, non comme méthode mais par
tempérament. Etre prêt à sacrifier son équilibre, les doutes sont
plus importants que les certitudes. Le doute nous incite à hésiter, à reconsidérer, à réfléchir. Un esprit sans fixation constate:
en présence de deux possibilités, tout à coup on a les deux.¶
De l’autre côté, il y a les mécanismes d’uniformité d’une industrie de la conscience futile, le penchant pour une société indifférenciée. De l’autre côté, il y a l’insensibilité d’une affirmation
comme celle-ci: il n’y a rien d’inexplicable dans son caractère
fermement déterminé; son renoncement volontaire au moindre
secret, si fugitif soit-il, témoigne de son bon sens.
Si dorénavant le bon sens consiste à établir une équivalence
entre ce qu’on voit, ce qu’on sait et ce qui est, alors la porte est
grande ouverte à tout raccourci populiste. Ainsi donc, chaque
fois que des personnes capables de faire des détours ont
9
recours au droit d’hésiter et par là acceptent le désarroi, le bon sens répond en
allant tout droit et en plein milieu sans
hésitation aucune et de la sorte manipule
systématiquement la coexistence de tout
pour en faire une confrontation de tout.
Dès lors, il suffit d’énoncer quelques
platitudes nourries de demi-vérités et
accompagnées d’un emploi de la langue
vulgaire pour aboutir à une exclusion
spectaculaire de ceux qui pensent autrement.¶
Ce n’est pas parce qu’on n’arrive pas
à toucher les étoiles que les étoiles
n’existent pas.¶
Choisir la voie de l’artiste, c’est consentir
à beaucoup de doutes et de conflits, ce
qui rend la progression pénible, mais
aussi aventureuse, riche en évènements,
pleine de surprises. L’idée de n’être
en route que tout droit se révèle dans
toute sa banalité. Saisir et comprendre
entièrement nous conduit parfois à
un état d’insensibilité étonnant: telle
affirmation est par trop évidente pour
qu’on ait encore besoin de la croire, telle
personne qui ne vit que d’après les préceptes de la raison ne vit pas vraiment.
Nous chantons les louanges du progrès
comme divertissement pour ne pas venir
au monde. Mais quelle que soit l’illusion
dont chacun est prêt à se bercer, son
chemin ne sera pas droit.¶
Or, si nous sommes disposés sans retenue à faire des détours, une multitude
de perspectives sans limites s’ouvrent à
nous. Un chemin après l’autre te donne
ta chance et chaque bifurcation te laisse
le libre choix. Les poteaux indicateurs
sont une suggestion ou une invitation
directe. Partout des traces et des rencontres ingénues. En route aussi, la mémoire
recherche le quotidien et l’habituel
comme support possible pour de futurs
souvenirs. Nombreux sont les chemins qui mènent au silence.
Je tourne en rond, je traverse un monde énigmatique, je ne me
laisse pas faire. Je croise le chemin de quelqu’un, je me jette
dans les bras de quelqu’un, je ne passe jamais sur le corps de
quelqu’un. Beaucoup m’est singulièrement familier. Un certain
nombre de choses me mettent à rude épreuve. D’autres choses
me font perdre le nord. Rien n’est comme il paraît. Un nuage
au-dessus d’une montagne transforme celle-ci en volcan. Un
beau jour, tu choisis le chemin le plus étroit à chaque embranchement. Les obsessions sont une compagnie excitante. Cependant, tu restes sur tes gardes, car il se peut que derrière le croisement guettent la jalousie, l’envie et le scepticisme. Pourtant,
pour finir, flâner de-ci de-là donne des ailes à tes questions sur
l’existence, la fragilité de l’identité, la proximité des êtres et des
choses. De la musique se fait entendre et tu avances tranquillement vers l’enchantement. Tu rencontres la mélancolie et la déraison, tu rencontres des modèles et des constellations idéales.
De temps en temps, le vaste monde brille et un jardin secret se
fait place avec délectation. Chercher sa voie, c’est trouver ce qui
est déjà en nous. Ton chemin est libre pour sortir de ce qui est
visible et aller vers un but nommé désir. A dit de B que «ça
cercle» quand les griffonnages de celui-ci dessinent des sentiers
embrouillés qui mènent à des territoires cachés.¶
La superposition du passé et du présent. Hier et aujourd’hui.
Rétrospective. Perspective. De nouvelles réalités. Le détour par
le modèle. Citation et montage. Introspection. Des réflexions
comparatives. Impression et expression. Allusions, miroitements. Le monde entier est fait de choses qui se touchent et
prendre les détours semble vouloir dire qu’on se constitue et
s’approprie les inventaires d’innombrables possibilités. La pratique de la contemplation et des gestes créateurs ainsi qu’une
multitude de stratégies sont des attributs familiers lorsqu’il
s’agit de ne pas quitter des yeux ce qui est évident et de laisser
en suspens ce qui est précaire. Rechercher l’unité dans la
multiplicité c’est comme se perdre en conjectures à propos
de la Tour de Babel. Cependant, la signification des choses
est plus que l’image que nous nous en faisons. Se préoccuper
des significations est une obligation. Et c’est le contenu, situé
entre le point de vue et l’énoncé, qui doit prévaloir lors de
l’interprétation d’une idée. Tout peut être mis en image! La
résistance et les désirs non satisfaits aussi. Un cri comme celui
de Munch. L’illusion de la liberté. Le vieux poète. Ou la tentation de Saint-Antoine. Mais stop! Avant de prendre un nouveau
détour, rapidement encore une réflexion qui engage: pour nous,
il ne s’agit jamais de l’utilisation de l’être humain.¶
10
Des observations et des rencontres entre
terre et ciel. Le départ quotidien pour
de nouveaux horizons. En route comme en extase, en route vers soi-même
avec des détours. Ce jeune philosophe
des lumières en colère n’a pas vieilli
en colère, un admirateur militant est
devenu un commentateur tranquille,
tant de partisans enthousiastes ont
perdu entre-temps l’illusion de pouvoir
obtenir des résultats. Un rideau tombe et
les questions restent ouvertes. Quel est
l’écart admissible entre les attentes et la
réalité? Combien de détours l’homme
supporte-t-il? A partir de quand assez est
plus qu’assez? L’image confuse n’a pas
forcément des significations déroutantes.
Bienvenue dans le monde des pensées
sans contrainte. Tu auras droit à des
questions déplacées. Au-delà des conventions de l’art, un penchant latent pour
la rareté ainsi que des mises en scène
décapantes et une abondance de pensées
nous attendent. Ce qui est personnel
et ce qui est général, ce qu’on peut à
peine penser, les tentations quotidiennes
comme allusions ouvertes et comme panorama exaltant, comme images à double
fond. «Le moment le plus dangereux de
ma vie n’est pas encore arrivé» a écrit
César Vallejo.
Rejetés sur la plage de la connaissance,
les détails se fondent en images d’un
monde plein d’opinions pointues et de
perspectives explorées. Avec obstination,
jour pour jour et la fin n’est pas en vue.#
29 juillet 2004
11
//Annatina – Agronomin in der Fachklasse Grafik Biel
Francesco Micieli
I
Ein Zug fährt langsam aus dem Bahnhof.
Im Ausschnitt eines Fensters sind Bahnsteige, Baustrukturen, Wartende und Gehende zu sehen. Am Anfang dieser Reise
steht der Satz «Isch da no frei?» in drei
verschiedenen Fragebetonungen. Eine
Hymne der Zugfahrenden könnte man
meinen. Die Reise geht von Zürich nach
Biel und zurück durch eine Schweiz, welche nicht aufhört Vorort zu sein. Eine
Reise ohne Ziel, eine Pendelbewegung,
ein Endlos-Hin-und-Her. Retour war und
ist der Gegensatz zu einfach. Toujours retour.¶
Für ihr Schlussprojekt «AusZüge» am
Vorkurs Biel hat Annatina Blaser mit einer digitalen Handkamera diese Reise zu
verschiedenen Zeiten gefilmt. Das wichtige am Reisen sei das Reisen und nicht das
Ankommen. Dieser Satz scheint sich für
die reisefreudige Annatina Blaser auch
bei ihrem Berufsweg zu bewahrheiten.¶
II
Beruf hat, wenn man hinhören will, noch
den Ruf, das Rufen in sich. Jemand oder
etwas ruft mich hierhin, dorthin. Will ich
diesem Ruf folgen, muss ich genau hinhören, um nicht die Richtung zu verlieren. Vielleicht aber will ich ihn gar nicht
hören, denn ich möchte den Ruf von einer anderen Seite haben. Ich glaube zu
wissen, welcher Ruf für mich gedacht
ist. Möglich ist auch, dass aus verschieden Orten ein Ruf kommt. Verschiedene
Stimmen, welche mich durcheinander
bringen oder mich stark machen.¶
Der Komponist Robert Schumann hat
sein Jusstudium wegen Paganini aufgegeben, um ein gleich grosser Virtuoser zu
werden wie er. Er hat aber danach sein
Klavierspiel so falsch geübt, dass ihm eine
Hand fast erlahmte. Er konnte nur noch
die wunderbaren Klavierstücke komponieren, die wir heute von ihm haben.¶
12
III
Als Kind hat Annatina Blaser das Rufen
der Pferde gehört. Sie wird eine leidenschaftliche Pferdeflüstererin, aber sie
weiss, dass sie nicht davon leben möchte. Geblieben ist die Suche nach einer
Nähe zu Tieren und Land und Boden.
Land, Landwirtin, Landwirtschaft. Nach
der Handelsschule in La Neuveville und
der Maturität entscheidet sie sich für ein
Studium in Agronomie an der ETH in
Zürich. Ein Studium, das ihr entspricht.
Es verbindet ihr Interesse zu Land und
Boden mit dem zur Wirtschaft. Für ihre
Praktika wählte sie Orte wie «Biobauernhof Palézieux», «Nigerian Starch Mills
Nigeria», «Indo Swiss Projekt Sikkim
Indien». Diese Liebe zum Reisen in «ferne Länder» hatte sie von den Reisen mit
ihren Eltern aus der Kindheit mitgenommen und gehütet.¶
Alles passte zusammen. Der Ruf, der Beruf, die Berufung.¶
IV
Trotzdem wird ein anderer Ruf hörbar.
Er kommt aus einer Maschine, aus einem
Programm, aus einem Gestaltungsprogramm. Mit diesem Programm gestaltet
Annatina Blaser ihre Diplomarbeit «Das
Agrarmarktpotential von Honduras» auf
dem Computer und entdeckt eine Nähe,
ein verwandtschaftliches Gefühl zum Gestalten. Sie bewirbt sich für ein Praktikum
als Desktop Publisherin bei «Agenturtschi,
Visuelle Kommunikation, Aldiswil» und
bekommt die Stelle. Dies scheint der neue
Weg zu sein. Trotz Angeboten, in Bolivien
oder Indien arbeiten zu können, entscheidet sie sich für die Gestaltung und erhält
nach dem Praktikum eine Festanstellung.
Angekommen? ¶
Schon nach kurzer Zeit merkt sie, dass
ihr das Praktikum und die Anstellung
nicht reichen. Sie will mehr wissen. Sie
will eine breitere Ausbildung. Also zurück
auf die Schulbank! Sie schafft die Prü-
fung in den Vorkurs Biel. Im VorkursJahr bestätigt sich für Sie die Vermutung,
dass sie den richtigen Weg eingeschlagen
hat, deshalb meldet sie sich für die Aufnahmeprüfung in die Fachklasse Grafik
an und beginnt im Schuljahr 2004/2005
ihre neue Ausbildung.¶
V
Der Zug fährt in Biel ein. Die Ansage ist
zweisprachig. Dann dunkel und in der
Dunkelheit das «Isch da no frei?» und
wieder fährt der Zug. Diesmal von Biel
nach Zürich. Die Ansage ist zweisprachig.
Der Film läuft endlos weiter.¶
Manchmal führen diese Wege an einen
Ort, der nicht so fremd ist wie man meinte. Der Ruf, der einen dorthin zieht, hat
mit der eigenen Geschichte zu tun. Bei
Annatina Blaser ist es die Arbeit ihrer
Mutter. Sie ist Leiterin der Unternehmenskommunikation und Art Director
des Familienbetriebs «Blaser Swisslube
AG» in Hasle-Rüegsau.¶
Vor mir eine Dose, die ich bei meinen
Eltern in Lützelflüh gefunden habe.
BLAHA, Blaser Milchfett, Hasle-Rüegsau. Die Dose haben wir schon lange.
Vielleicht hatte meine Mutter sie gekauft,
bevor Annatina Blaser auf die Welt kam.
Darauf ist grafisch dargestellt ein Kuheuter, ein Milchpintli, grüne Berge und ein
weisser Weg, der mit einer Kurve im Horizont verschwindet. In die unbekannte
und angenehme Unendlichkeit.¶
Berufswege, Lebenswege, wie die von
Annatina Blaser. #
13
//Berufswege sind Umwege
Anita Baumgartner, Buchbinderin
Im Kindergarten träumte ich davon, Eselreiterin zu werden. Einen schöneren Beruf konnte ich mir nicht
vorstellen.
Mit 15 Jahren besuchte ich die Sekundarschule und wollte Forstwartin werden. Doch meine Eltern intervenierten schleunigst. Dies sei kein geeigneter Frauenberuf, beschieden sie mir.¶
Ich war pragmatisch und flexibel in der Wahl der Dinge: «Dann halt etwas mit Kindern».¶
Mit dem Berufsberater plante ich schliesslich eine Laufbahn als Kinderkrankenschwester. Ich war sehr
zufrieden mit meiner Berufswahl, und so waren es auch meine Eltern und Lehrer. Die Ausbildung konnte
ich allerdings erst mit 18 Jahren starten.¶
Zeit genug eine Fremdsprache zu erlernen, so der Rat der Krankenschulleiterin. Nun liebte ich Französisch zwar nicht sonderlich, trotzdem freute ich mich nicht
wenig, endlich «Die weite Welt» kennen zu lernen!¶
Als Au-pair in der Westschweiz lernte ich schnell, selbständig zu arbeiten und mich
in einer fremden Sprache durchzusetzen. Doch am einfachsten fiel es mir, mir die legere Art der Westschweizer und Westschweizerinnen anzueignen…¶
Im Frühling 1993, kurz vor meinem 19. Geburtstag, drückte ich dann erstmals
die Schulbank der Pflegeschule in Aarau. Der Stundenplan war dicht, der Unterricht streng. Wir 19 Schülerinnen wurden von den Dozenten und Lehrerinnen nonstop gefordert. Trotzdem gefiel mir der Unterricht.
Die Schule war stets «Erholung» von der Arbeit für mich.¶
Der Spitalalltag fiel mir lange Zeit schwer. Schreiende Kinder, gehetzte Ärzte, nörgelnde Eltern … Plötzlich war alles anders als in meinem Vorpraktikum, ich war verantwortlich für schwerkranke Kinder. Meine
Nerven lagen damals an manchem Abend blank!¶
Doch ich mich kämpfte für mein Ziel, und
am 11. April 1996 wurde ich als Kinderkrankenschwester diplomiert. Aus Freude über diesen Erfolg
begleitete mich dieses Datum lange Zeit als PIN-Code meiner Bankkarte durch das Leben.¶
Nach dem Lehrabschluss entspannte
ich mich endlich wieder. Mit dem Erwartungs- und
Erfolgsdruck wich auch der dauernde Stress von meiner Seite. Die folgenden zwei Jahre arbeitete ich mit
viel Spass und Engagement auf einer Akutabteilung im Spital Biel. Erst da wurde mir bewusst, wofür so viel
Mühe und Hektik in den vergangenen drei Jahren gut waren.¶
Doch, unstet wie ich bin, suchte ich bald wieder Veränderung in meinem Leben.¶
Diesmal war der Sprung jedoch ein
in zweifacher Weise weiter: Meine weissen Kittel wechselte ich gegen Überkleider, das sterile Spital gegen
stinkende Ställe und weite Felder. In Australien
verbrachte ich ein Jahr auf einer Schweine-, Schaf- und Kuhfarm.¶
14
Das war eine lustige, anstrengende,
coole, schmutzige, interessante, mühsame, schöne, abenteuerliche, nervige, aufregende Zeit!¶
Ich pflege heute noch Kontakte in Australien, was mich sehr freut.¶
Zurück in der Schweiz begann erneut die Suche. Ich spürte den Drang nach Veränderung, die Lust nach einer
Arbeit, die ich am Abend «nach Hause nehmen kann».¶
Im Pflegealltag fehlte mir das künstlerische Handwerk, die Gestaltung und Umsetzung von eigenen Ideen.¶
Diesmal war ich mir meine eigene Berufsberaterin und über viele verschlungene Pfade und Umwege fand ich meine
zweite Lehrstelle als Handbuchbinderin. Mir gefiel die Möglichkeit, ganz am Ende des grafischen Prozesses zu stehen und Produkte in ihre schlussendliche Form zu verarbeiten. Die vierjährige Lehrzeit war wiederum ein «Durchhalten». Mit 26 Jahren fing ich wieder ganz unten an … Unzählige Male wollte ich den Bettel hinschmeissen!
Und wie gewohnt war es mir in der Schule am wohlsten, als «Oma vom Dienst»,
zehn Jahre älter als meine jüngste Klassenkollegin.¶
Meine Stellung in der Berufsschulklasse war wohl wichtig und trotzdem normal, mal als Freundin, mal als Zuhörerin
und beratende Stimme.¶
Jetzt bin ich ausgebildete Handbuchbinderin. Ich bin stolz darauf.
Vor allem schön ist es jedoch, von sich sagen zu können, die zwei schönsten Berufe erlernt zu haben. Natürlich bin
ich bereits am Weiterstudieren, wie sich die Pflege und das Bücherbinden verbinden lässt. Gibt es neue, noch nicht
entdeckte Möglichkeiten? Stehenbleiben liegt mir nicht…¶
15
// Die Gruppe Silex – unter der Hand
Le groupe Silex – à portée de la main
André Vladimir Heiz
Wenn es im eigenen Geviert zu eng wird, reisst man aus. Fort, nur fort von hier.
Abenteurer, Eroberer, Entdecker und Nomaden haben es «empirisch» vorgelebt.
Sie haben sagenhafte Wüsten durchquert, schwindelerregende Gipfel erreicht
und die Horizontlosigkeit der Prärien erkundet. Vor ihnen: die Utopie, das «Aussersich»,
die grosse Unbekannte, die Verführung des Unerreichbaren, das sich hinter einem Hügel,
gleich um die Ecke wieder von neuem eröffnet. Als Anderes, das ganz Andere.
Vor einem weissen Blatt stellt sich bekanntlich etwas Aehnliches ein.
So nahe liegend Zeichnen sein kann, so weitläufig bleibt die Verlockung,
sich Welt und Bild, Gegend und Gegenstand anzueignen, von allen Seiten,
von Blatt zu Blatt.
Silex geht diesen Weg, seit zehn Jahren. Der Autor und Semiotiker André Vladimir Heiz
begleitet die Gefährtinnen und Gefährten von Silex auf den folgenden Seiten
bei der Überfahrt.
Lorsque nous nous sentons à l’étroit, la surprise des échappées s’impose.
Il faut que l’on largue les amarres. Des aventuriers, des conquérants, des explorateurs
et des nomades nous ont montré le chemin, en traversant l’abandon des déserts,
en escaladant des cimes vertiginieux et en errant au ras des prairies sans fin.
Devant eux, à la belle étoile, l’utopie, cet «hors de moi», cette inconnue,
la tentation de l’inaccessible qui nous salue au passage, derrière une colline anodine
ou au coin d’une rue si proche où les promesses annoncent l’autre,
cette différence inattendue.
Devant la feuille blanche, comme on sait, les mêmes effets se font sentir.
Dessiner, cet acte initial et initiateur prend alors le large. La main, à la portée de la vue,
s’approprie, de découverte en découverte, le monde, un monde à son image, peuplé
de signes, afin de le cerner et de le façonner.
Silex est en route, depuis dix ans. Destination connaissance et reconnaissance des
impressions et des expressions.
L’auteur et sémioticien André Vladimir Heiz suit les traces de ces sept compagnes et
compagnons sur leur traversée.#
16
andré vladimir heiz
minute papillon
«Vielleicht ist das Zeichnen dem Denken
eine Nasenlänge voraus »
« Quand le dessin fait des avances
au monde »
edition p:p
andré vladimir heiz
*
E S KO M M T A L L ES ANDERS ALS
E R K E N N T N I S T H E O RETISCHE SPUR ZU
D E N Z E I C H E N VON SILEX
*
D U PA R E I L AU M Ê M E , L A DIFFÉRENCE SE DESSINE
FA I R E S I G N E – LE GESTE
C O M M E I N S TA N T DE RECHERCHE

für Anna – pour Aude – pour Bastien – pour Dimitri
per Dimitri – for Gregory – für Manuel
I
zitate
... „Das eigentliche Bild ist nicht das Resultat, das eigentliche Bild ist der Prozess seiner
Genese. Erst aus diesem Prozess wird das, was an dem Bild Welt ist, das, was kommunikabel ist, verständlich. Dadurch, dass das Bild selbst als Prozess erfahren wird,
ist es auch in seiner Subjektivität vermittelbar.“...
*
... „Welt-Anschaungen verweisen zunächst auf uns, die Anschauenden zurück.
Anschauung ist dabei nichts Passives.
Bilder werden gewonnen, nicht bloss reproduziert.“...
*
... „Welt-Bilder sind keine Abziehbilder eines sich mehr oder minder unvermittelt
im Hirn einstellenden Aussen. Welt-Bilder sind zunächst und vor allem innere Bilder.
Was sie zeigen, ist das Wahrnehmungsmuster des Subjektes.“...
*
... „Das Wahrgenommene hat in dieser ersten Phase einer ‚ Aneignung‘ noch keine
Bedeutung. Es ist allein in seinem Bezug auf das dem Wahrnehmenden Bekannte
definiert. Dieser Bezug ist seine Bedeutung. Das Subjekt muss von der Welt nichts
wissen, um einen Stimulus andern Binnenerregungszuständen zuzuordnen. Die in der
Wahrnehmung gefundene Ordnung ist nicht die des Wahrgenommenen,
sondern die des inneren Sinnes.“...
*
... „ Auch das Bild ist ein Reflex. Auch im Bild ist dieser Reflex nur dann bestimmt, wenn
er in seiner Subjektivität bestimmbar und von daher im Subjektiven objektiviert ist.“...
*
... „Welträume entstehen demnach im Bild. Im Bild wird Welt als derart Verfugtes
erfahrbar. Welt ist dabei zunächst aber ein inneres Bild, ein aufgrund der gewonnenen
Bewertungskriterien des Beobachtenden erwachsenes Interpretationsgefüge.“...
*
... „Sehen ist also keine naive Abbildung dessen, was da ist. Anschaulich wird das, was
uns in unserer Weltsicht bewertbar scheint.“...
Aus : Olaf Breidbach, Das Anschauliche oder über die Anschauung von Welt. (Neuronale Ästhetik),
Wien und New York 2000, Seiten 14, 16, 22, 53, 118.
II
du pareil au même, la différence se dessine
Ç AVO I R - FA I R E , FA I R E VO I R ,
VO I R FA I R E
R
l’aventure de Silex qui tient à apprivoiser le «Je-nesais-quoi et le presque-rien »1) qui nous guettent au passage à la perception, cultive le faire. Apparemment il
n’est de choix. S’arrêter pour insister, à la rencontre
d’un sujet quelconque qui fera l’objet d’une enquête
esthétique et conceptuelle, s’accorder le temps de s’y
attarder et de s’en étonner. S’étonner surtout. Et rêver,
afin de voir venir. Les impressions font escale au cœur
des yeux, dans l’âme du corps, le traversent – de sa part
et par ailleurs – pour aboutir à ce geste qui fait signe.
Ce geste qui se décide et tranche, ce geste qui fait le
monde. Les traces de Silex en témoignent. Elles sont
là, devant nos yeux, en 20 épisodes.
1)
Vladimir Jankélévitch, Le Je-ne-sais-quoi et le Presque-rien : La volonté de vouloir,
Paris 1980.
III
du pareil au même, la différence se dessine
Va-et-vient entre l’extérieur et l’intérieur, le savoir-faire s’entretient. Il invoque et évoque la
conquête inlassable au rendez-vous volubile avec un crayon et une feuille de papier. Mais
avec le temps ce vouloir-faire, à tout prix et contre tout, revient à son élan initial et au désir
immédiat : le faire « çavoir ».
L’exercice, aussi enjoué et emporté qu’il puisse paraître, ne craint son évaluation,
après coup. C’est bien vu. Faire voir – mais quoi et comment ?
Les exploits de Silex, étalés et amassés, reliés et édités, au fil des années, sont animés et habités par cette question fondamentale qui vise les possibilités et les conditions du
faire, du faire voir et du çavoir-faire.
Ces dessins, ces esquisses et ces épreuves touchent à la chose dans tous ses états,
favorisent toutes les étapes, provisoires ou définitives, pour s’en tenir à une allusion brute
ou fine, pour s’en réjouir d’une démonstration à l’évidence pure ou pour frôler la violence
de la monstrance et la monstruosité du geste accompli. Montrer avant tout, après tout !
Tout semble être possible. Silex se livre sans gêne à l’intimité du passage d’une
impression errante qui s’affirme par son expression assumée. Faire voir, avec tout ce que cela
implique, s’explique par le voir faire. Le faire avec ses allures impromptues et improvisées
fait lui-même l’objet d’une analyse qui elle, à son tour, lance un nouveau coup d’envoi à
la création. Ce mouvement perpétuel donne lieu à des ébauches, des séries, à des thèmes
et variations, un bel ensemble qui, lui, aura déjà intégré les connaissances acquises sous
la main, compétences à deux visages, et artistiques et analytiques. Des prévoyances qui
s’infiltrent dans le dialogue soutenu entre la réception accusée d’une impression, d’une idée
et de sa révélation imagée qui donne à voir. Le presque-tout et le pratiquement-rien !
Ici, le regard n’est jamais passif. Passager clandestin du geste, il participe activement, à corps et à cœur, à la production. Et des impressions et des expressions. Double mises,
d’une main à l’autre. Le groupe Silex en fait le tour. En effet, en nous faisant signe au passage,
il indique une relation touristique avec tout ce qu’il lui tombe sous les mains et par là sous
les yeux.
IV
es kommt alles anders als
B E F I NDEN
Auf den ersten Blick lassen sich die Spuren und Publikationen der Gruppe Silex mit dem
Begriff „Bildspiel“ umschreiben, in Anlehnung an das Sprachspiel des Theoretikers Ludwig
Wittgenstein, das ihn – unter anderem – zu folgendem Satz verführt :
„ Alles, was wir sehen, könnte auch anders sein.“ 2 )
Das leuchtet ein, das kennen wir. Was aber ist mir dem Allerweltswort „anders“
gemeint ? Wie nimmt sich das Andere wirklich aus ? Silex macht es vor.
Diesem Rätsel des gegenständlich und gegenwärtig Andern will Silex offensichtlich auf die Spur kommen. Nicht etwa durch eine abschliessende oder endgültige Antwort,
die Wahrheit beanspruchen wollte, nein, durch spontane und willkürliche Vorschläge von
Visualisierungen, die das Andere bespielen und begründen.
Damit ist Silex, es versteht sich, nicht allein auf dieser Welt. Andere Gruppen
und Zirkel sind ihnen vorangegangen, die dieses Spiel mit leidenschaftlichem Ernst kultiviert
haben, und Silex wird wiederum andere dazu ermuntern, ein Gleiches zu tun, nämlich
regelmässig und gemeinsam um das Wesen von ästhetischen Vorstellungen und Darstellungen zu kreisen. Spielerisch und spielend werden dabei der Stand der Dinge, der Status
von Zeichen, Zeichnung, Illustration, Wort und Bild auf die Probe gestellt, entwickelt,
über und unter dem Strich enthüllt, impulsiv oder beherrscht erkundet, ausgereizt, in klare
Schranken gewiesen oder auf die Spitze getrieben. Auf die Bleistift-, die Farbstift-, die Pinselspitze, so wörtlich ist es hier zu sehen, denn die Ausbeute dieser Bild- und Weltreisen ist
selber gemacht. Spitze soll es aber nicht nur haben, Spitze muss es sein.
So sehr das Unterfangen auch in einer langen Tradition der Zeichen- und
Musterbücher 3 ) steht, die Anwendungen und Zuwendungen wollen sich gleichzeitig davon
befreien, Blickrichtung Selbst und Bild und was das alles bedeutet : selbst das Bild wird
eigen, wenn es anstelle eines andern entsteht. Der Schein trügt nicht, das Machen ist der
Sache anzusehen. Eingemachtes, Angemachtes und Ausgemachtes haben System. Prozesse
und visuelle Abenteuer sind Programm, sogar die Übung kommt vor, Übungen auf Zeit,
unter Zeitdruck, auf Zusehen hin. Jedenfalls sind Versuchung und Versuch von Augen
und Hand durchwegs physisch, als körperliches Ereignis zu verstehen. Es geht mit rechten
Dingen zu und die zwanzig Nummern von Silex gehören zur Wirklichkeit.
Da sind sie : handfest, greifbar, gedruckt.
2)
3)
Ludwig Wittgenstein, Tractatus logico-philosophicus : Abhandlung,
Frankfurt am Main 1963
Walter Koschatzky, Die Kunst der Zeichnung : Technik, Geschichte, Meisterwerke,
München 1981.
V
es kommt alles anders als
MACHEN, GEHEN, WEITER
Die Gruppe hat vor ungefähr zehn Jahren damit begonnen, dezidiert, aber unprätentiös
die Hinterlassenschaften ihrer kreativen Auseinandersetzungen im Abonnement zu verbreiten und als Spurensicherung zur Verfügung zu stellen. Ein Ende ist hoffentlich nicht
abzusehen.
Solche Entschiedenheit, Unerschrockenheit und Ausdauer mögen erstaunen.
Spiel, Lust und Freundschaft scheinen allen wechselhaften Umständen, autobiographischen
Entwicklungen und dem unterschiedlichen Gang der bereits erfolgreichen Einzel- oder
Partner-Karrieren zu trotzen. Kleinstädtische Überschaubarkeit, lokale Wahlverwandtschaften (man vergleiche mit Herzog und de Meuron, die täglich zusammen joggen sollen)
und die Intimität einer familiären Schule wie Biel fördern offensichtlich das, was heute mit
Nachhaltigkeit bezeichnet wird. Das heimisch Heimliche, das vertraulich Vertraute können
eine Chance, ein Trampolin sein, ein Aussichtsturm, ein Camping-Car, ein Schlauch-Boot,
ein Doppel-Stecker, ein Board, ein Boardbook… Silex müsste es zeichnen : an dieser Stelle,
damit wir uns ein entsprechendes Bild machen können, besser : eine Art Signet, ein ZeitZeichen, das die Werkstatt Silex repräsentiert.
Die anhaltende Faszination für Bild und Zeichnung beruht aber nicht nur auf
diesem sozusagen „inneren“ Zusammenhalt, sie entspringt auch einer dringenden Notwendigkeit. Die Feldforschung, die alle Zeichen auf frischer Tat ertappt, will offensichtlich
den heutigen Anforderungen und dem Drang nach Innovation, die das weite Spektrum der
Visuellen Kommunikation ausmachen, zuvorkommen. Eile mit Weile, querfeldein : Der
Vorstellung, der Darstellung, den Konventionen zuvorkommen, darum scheint sich alles
zu drehen. Zuvorkommen ist ein taugliches Wort ; es lässt augenfällig Taktik und Strategien
von Silex erkennen, die mit dem Zeichnen einhergehen.
Das Abenteuer von Silex hat etwas Utopisches und gleichzeitig Nostalgisches :
Die Mitspielerinnen und Mitspieler von Silex sind Empiristen. Sie gehen ihren Weg, skeptisch und bejahend ; auch sie selbst sind Gegenstand der Untersuchung. In ihrem spielerischen Umgang mit Individualität und Identität, Gruppe und Team, mit Handwerk und
Technik. Neben all diesen eher persönlichen Affinitäten, die Silex verbinden, ist Silex aber
auch eine Zeit-Erscheinung. In verschiedener Hinsicht, wie im folgenden zu zeigen ist.
VI
es kommt alles anders als
E I N FA L L E N , Z U FALLEN, GEFALLEN
Die Zeichen, Zeichnungen, Annäherungen, Ablenkungen, Umsetzungen und Ausgelassenheiten von Silex kommen zunächst den aktuellen Erwartungen an Betrachterinnen und
Betrachtern entgegen. Sie sind „cool“, geil oder lässig, super nachlässig und mega fahrlässig, flott und polyglott, frivol oder formal, angedeutet oder überzeichnet, angepasst oder
überspannt, untertrieben oder verspielt, einfühlsam oder hirnrissig, an den Haaren herbeigezogen oder auf den Leim gekrochen, einseitig oder mehrschichtig, lustig, hinterlistig
oder lästig, naiv oder abgeklärt, leichtfüssig oder halsbrecherisch, platt oder phantastisch,
einleuchtend oder abweisend, kaltblütig oder warmherzig, hochstapelnd oder tiefschürfend… dies alles bleibe einmal dahingestellt. Dahingestellt, dieses unauffällige Wort trifft
es am ehesten, mit einem zeitgeistigen Anspruch an Selbstverständlichkeit, die seit den
80er Jahren des 20. Jahrhunderts dem unscheinbar Banalen, Alltäglichen und Anfälligen,
dem Anbei und Schrägen das Wort redet und dem röhrenden Ruf nach „meh Dräck“ nicht
abgeneigt ist.
VII
es kommt alles anders als
VERGLEICHEN
Von einem Silex-Stil zu sprechen, wäre altmodisch und verfänglich, weil sich die einzelnen
Nummern der schönen Reihe nach auch deutlich voneinander unterscheiden. Vorlieben für
Allerhand und Allerlei, für Vignetten, Vereinzeltes, Episodisches, Anekdotisches, ja auch
für durchaus Karikaturales und Plakatives, für eine bestimmte und durchwegs erkennbare
Figürlichkeit, aber auch für eine spezifisch bildnerische Logik sind unübersehbar. Gleichzeitig scheint es um etwas „anderes“ zu gehen, jenes Andere, durch das sich Visualisierungen bemerkbar machen und auszeichnen, um eine fundierte Meinung oder Ansicht nämlich,
die durch die eigene Anschauung und eigenhändige Aneignung gestützt wird, ein Bild
also, das sich an allem und nichts zu schaffen macht und erst am Hand-Stand der (eigenen)
Wahrnehmung zu fassen ist. Zumindest vorläufig, vorübergehend sichtbar.
Die Eigenständigkeit der Veranschaulichung gewinnt. Es wird ja auch um die
Wette gezeichnet. Die Gruppen-Dynamik bezieht gerade aus der Unterschiedlichkeit der
Sichtweisen und Macharten ihren Vorteil : Die Vergleichbarkeit macht es aus. Das gemeinsame Unternehmen und der Zeichen-Betrieb eröffnen der Wahrnehmung jenen Spielraum
der Differenz, an der sich die Möglichkeiten und Bedingungen, innere Widerstände und
äussere Grenzen der Prozesse aller Visualisierung erkennen lassen. Darüber wird vermutlich debattiert, wahrscheinlich auch unerschrocken gesalbadert und heftig gestritten. Unter
den beteiligten Augenzeugen. Denn jedes veräusserte Zeichen, jede vollendete Zeichnung
erweisen sich als willkommene Gelegenheit, die Ansichts-Sache und die eigene MeinungsBildung der gegenseitigen Wahrnehmung auszusetzen und mit unangenehmen Fragen zu
belästigen. Material und Auslage sind mithin auch Gegenstand einer ununterbrochenen
und fortschreitenden Urteils-Findung, einer Suche nach den bildbestimmenden Kriterien.
Dem sogenannt Freien, das sich als Konvention mit den Anzeichen der Kunst
verbinden dürfte, widerspricht hier aber die eigentliche Intention. Frei heisst hier soviel
wie „feriae“. Von aufgetragenen Einschränkungen beurlaubt, wird die freie Wahl zelebriert, Weitläufigkeit und Verfügbarkeit der Möglichkeiten, die aber wiederum über die
Bedingungen Aufschluss geben wollen, was wirklich möglich ist. Angesichts von Bild und
Zeichen. Wahrscheinlich müssten die Publikationen von Silex den Untertitel „Machbarkeits-Studien“ tragen.
VIII
du pareil au même, la différence se dessine
P R É S E N T E R E T REPRÉSENTER
Le mot « image » 4 ), dans lequel résonne la souche de la « magie », attribuée à l’icône ou
à l’illusion pure, est devenu incontournable en tant que concept à voir et à revoir, surtout à cause de son expansion et sa profusion que « l’image de reproduction » connaît sous
toutes ses formes et dans nombre de contextes différents. Image et imagination, sources
d’inspiration, image et imageries, donc : présences réelles d’une vision du monde mettent
constamment en jeu notre façon de voir et remettent en question nos systèmes de représentation 5 ). Voir le monde, regarder les choses en face, ne relèvent guère plus d’une découverte
naive ou d’une tournure héroique. C’est le regard lui-même qui couve encore quelques
secrets timides et des surprises à dévoiler. Par conséquent, Silex transforme le regard en
objet de réflexion et de (re)connaissance.
Si la chasse aux papillons peut nous rapporter l’émanation des espèces et l’occurrence de variétés rares, artistes et artisans produisent eux-mêmes la panoplie et la moisson de leurs variantes. Les prises, emprises et entreprises de Silex ressemblent en effet, à une
soucieuse collection scientifique d’amateur qui s’appuie sérieusement sur ses trouvailles et
ses explorations. Vaste programme. Les générations à venir ne pourront plus se contenter
du mot « image », ce fourre-tout qui accueille toutes espèces confondues sans se soucier
d’une véritable typologie des manifestations spécifiques de nos systèmes de visualisations et
de représentations.
La collection de chasse à l’image de Silex y contribue et en prépare le terrain. Il
faut dégrossir le concept de l’image et en nourrir la notion d’exemples, pour être plus précis
et à la hauteur d’un regard qui aspire à des nuances plus avisées.
Décidément, le mot « image » est devenu trop simple.
Restent le dessin ou l’illustration, traces héritières d’un regard particulier. Silex
participe – avec ses moyens pratiques, esthétiques et empiriques – à la différenciation progressive du monde qui nous entoure et des positions qu’il nous offre à prendre. C’est rendre
la chose, toute chose unique, exemplaire et exceptionnelle, sous la lumière occasionnelle
d’un regard approfondi et de par la (re)production de ses effets. Des effets de sens, dans tous
les sens et à la portée du réseau sensoriel. Les généralités hâtives sont abandonnées au profit
d’un trait, d’un portrait, des attraits qui distinguent tout et n’importe quoi par cette touche
incomparable et ineffable, mais bien visible. C’est de la phénoménologie incisive qui passe
par la formation, l’information, la transformation et la déformation des impressions et des
modes d’expression. L’image renoue avec la materia prima et avec sa raison d’être. Etre-là
dans sa pertinence et son impertinence, avec la prétention de ses intentions : marquer la vue
et son halo.
4)
5)
Guy Gauthier, Vingt et une leçons sur l’image et le sens,
Paris 1989.
Martin Kemp. Bilderwissen : Die Anschaulichkeit naturwissenschaftlicher Phänomene,
Köln 2003.
VIX
es kommt alles anders als
FRAGEN UND VERSUCHEN
Was ist ein Bild ?
Das ist sicher eine der Fragen, die ununterbrochen in Zeit und Raum gestellt bleibt, seit es,
wohlverstanden, artikulierte Bilder und somit Menschen gibt, die (sich) ein Bild machen
wollen. Auch damit ist die Gruppe Silex nicht allein. Seit dem iconic turn 6 ) ist die Urfrage
Gegenstand der aktuellen Forschung und treibt gerade jene Wissenschaftszweige - etwa die
Bioinformatik oder die Nanotechnologie – um, die unsere gewohnten Vorstellungen und
Weltanschauungen aus den Angeln heben. Mit entsprechenden Formen der Visualisierung.
Nur wird dabei seit langem auf das voreilige Bindeglied „ist“ verzichtet. Die Fangfrage „Was
ist ein Bild ?“ wird ersetzt, ergänzt und durch phänomenologischen Erörterungen präzisiert :
Was kann eine visuelle Darstellung verdeutlichen und wie ?
Mit welchen Mitteln macht sie Zusammenhänge sichtbar und nachvollziehbar ?
Wie kann sie dieses Andere, das meist auf Vermutungen und noch diffusen Annahmen gründet, vor Augen stellen und greifbar, begreifbar machen ?
Noch bestimmter :
Woraus bestehen eigentlich unsere Repräsentations-Systeme ?
Wie finden innere und äussere Bilder sachgemäss zusammen ?
Wie lassen sich Vorstellungen und Darstellungen anschaulich vereinbaren ?
Auch der Fragen ist keine Ende.
An diesen Fragen nehmen die Bildessays von Silex teil, auf ihre Weise. Und die
vordergründige Bescheidenheit und zuweilen auch der selbstironische Unterton der Versuchs-Anordnung lassen Vielfalt und Vielspältigkeit zu. Sie suchen, finden und erfinden
Zeichen, Konstellationen, Kombinationen, die an das Bild erinnern. Was nun – wiederum
auf den ersten Blick – wie klassische Praxis aussieht, ist gleichzeitig eine verbindliche Form
von Theorie-Bildung. Die Laborproben von Silex sind dem Seh-Sinn verpflichtet. Und
bekanntlich kommt das Wort Theorie von Schauen. Wir können es nicht oft genug wiederholen. Schauen also, den Dingen nach, das ist hier ausdrücklich gemeint. Praktisch und theoretisch.
6)
Gottfried Boehm (Hg.), Was ist ein Bild ? ,
München 1994.
X
es kommt alles anders als
M A S S N EHMEN
Von dem meisten Dingen, die uns umgeben, haben wir (k)eine blasse Ahnung oder eine
uns schon vermittelte Meinung. In dieser „Ungenauigkeit“ sind Sehen und Denken zunächst gleichbedeutend. Ein Begriff oder ein Abbild sagt das Nötigste. Wir wissen, worum
es geht, das genügt, um über die Runden zu kommen. Das ist ein Hund, sagen wir von
klein auf — und es spielt in diesem Zusammenhang keine Rolle, ob der Hund die Strasse
in Wirklichkeit oder im Bilderbuch überquert. Das primäre Erkennen macht es sich einfach, so einfach wie möglich, um die anfallenden Komplexitäten, denen die Wahrnehmung
ausgesetzt ist, auf ein erträgliches Mass zu reduzieren.
Was ist ein Hund ? Oder wer lieber will : Was ist eine Katze ?
Die Frage ähnelt der vorangehenden : Was ist ein Bild ?
Sie läuft auf das Gleiche hinaus.
Kenntnis und Erkenntnis sind nur möglich, wenn Wahrnehmen und Bezeichnen selbst zum Gegenstand einer eingehenden Betrachtung erklärt werden, die leichtfertige
Anschauung angezweifelt, durch ausführlichere Beobachtungen angereichert und das Vorurteil, das wir schneller zur Hand haben, als Hirn und Herz es eigentlich erlaubten, ausser
Kraft gesetzt werden. Diese vertiefende, langsame, ja, vor„sichtige“ Annäherung an den vorliegenden Gegenstand kann zeichnerisch geschehen. Jedenfalls sind in diesem Moment der
bewussten Aneignung Zeichnen und Denken deckungsgleich. Vielleicht ist das Zeichnen
dem sogenannten Denken in manchen Augenblicken um eine Nasenlänge voraus. Daher
sagt der Begriff Bild noch zu wenig und schon gar nicht mehr als tausend Worte, die es
anstelle des Wortes Bild ja gar nicht bräuchte, es sei denn wir spielten mit dem Begriff Bild
Hund und Katze. Wie Silex.
Das Aufnehmen und Einvernehmen eines Gegenstandes ist und war immer
Ahmung anstelle von Ahnung. Das zeigen auf eindrückliche Weise schon die legendären
Höhlenmalereien, die sich konzentriert der Kontur, der Konsistenz und dem Kontrast verschreiben. Aber mit dem Zeichnen beginnen sich die Probleme erst zu stellen, wie die
gesammelten Ansichten von Silex zeigen. Was sich etwa als Kontrast von Figur und Grund
der Wahrnehmung ergibt, wenn die schwarze Katze ausgerechnet uns über den Weg läuft,
ist natürlich keine Linie. Die Linie zeichnet die Katze auf dem Papier aus, was nun gerade
erlaubt, sie realistisch zu sehen. Zudem kann es einem Hund einfallen, wie eine Katze
auszusehen. Und umgekehrt. Auch das kommt in Wirklichkeit vor und kann bis zum Verwechseln ähnlich einer Zeichnung von Silex gelingen.
XI
es kommt alles anders als
Das mit der vorgefassten Realität ist ohnehin so eine Sache. Wolken können in
Wirklichkeit nicht nur wie Schäfchen aussehen, sondern etwa auch wie Berge – und erst
recht, wenn sie gezeichnet, aufgezeichnet oder gemalt sind, einen zwiespältigen Eindruck
hinterlassen. Man vergegenwärtige sich zum Beispiel die Sequenz in „Big Fish“ von Tim
Burton, wo sich ein losgelassener, wilder Hund in einen Zirkusdirektor zurückverwandelt,
der ergreifend unbeholfen und entblösst als realer Mensch dasteht, was der Umsetzung einer
geläufigen Metapher erwartungsgemäss entspricht, diese aber – als solche – genau durch die
Wirkung ihrer Visualisierung vorbildlich übertrifft.
B E - Z E I CHNEN UND AUF-EIN-ANDER-BEZIEHEN
Die evolutionäre Erkenntnistheorie und der radikale Konstruktivismus 7 ) haben den eingefleischten Gegensatz : hier das Bild (besser : das Abbild) und dort die hehre Wirklichkeit zu
Recht aufgegeben zugunsten nämlich von etablierten Formen der Beziehung. Um es so einfach wie möglich zu sagen : wir sind es, wir selbst, die zwischen Bild-Zeichen und An Zeichen der Wirklichkeit sinnvolle Beziehungen herstellen. Und umgekehrt. Wir sehen also
nicht nur das eine und dann das andere, das eine oder das andere, wir denken und sehen
das eine durch das andere, mithin durcheinander und miteinander. Noch zugespitzter : wir
sehen und denken doppelt – und unsere Absichten zielen auf kohärente Beziehungen ab.
Ohne Bild keine Welt 8 ).
Katze oder Hund : wenn sie uns über den Weg laufen, in Wirklichkeit oder auf
den Blättern von Silex, erinnern wir uns an die gespeicherte Beziehung zwischen der erfüllten
Vorstellung und dem bestätigenden Eindruck. Gegenseitiges Einvernehmen und Übereinstimmung stellen sich ein. Das Binde-Wort „ist“ ist zur Stelle und macht aus partikularen
Halbheiten vorübergehend ein Ganzes. Daraus geht das Erkennen, das durch den zeichnerischen oder begrifflichen Vollzug einer plausiblen Beziehung unterstützt wird, hervor. Als
Formen des Erkennens, der Erkennbarkeit, Silex ist im eigentlichen Sinne des Wortes eine
Beziehungskiste, die Welt-Bilder im Grossen und Kleinen aus dem Fundus der Blackbox zaubert, Welt-Bild als Initialzündung der Beziehung in aller Form, Bild-Welten als
Erfahrungsschatz der persönlichen Wahrnehmung, eine Bericht-Erstattung aus eigener
Hand. Soap oder Saga : Fortsetzungen und Wiederholungen versprechen alles Weitere, das
dem Andern vorbehalten bleibt.
Die Zeichnung erweist sich damit – nicht nur in den Augen der Gruppe Silex – als
privilegiertes Erkenntnis-Mittel. Wie gesagt, die Ahmung ersetzt die anfängliche, noch diffuse Ahnung. Nachdenken und Nachschauen bekennen Farbe, hinterlassen das Merkmal
eines Ausdrucks, der vermittelnd sofort die Beziehungen zu einem Eindruck aufnimmt.
7)
8)
Siegfried J. Schmidt (Hg.), Der Diskurs des Radikalen Konstruktivismus,
Frankfurt am Main 1987.
Martin Kemp. Bilderwissen : Die Anschaulichkeit naturwissenschaftlicher Phänomene,
Köln 2003.
XII
es kommt alles anders als
Und siehe da : Hund oder Katze entsprechen – realiter oder idealiter – immer nur mehr
oder weniger dieser Ahnung, die im Vergleich zum ausgezeichneten Einzelfall in ihrem Ungefähr entlarvt wird. Das sogenannt Andere kann also auch das Besondere sein. Bild und
Zeichen erweisen sich dabei als hervorragendes Vehikel, darauf einzugehen, eigenhändig,
ausdrücklich, nachweislich.
Zeichnen entnimmt den sogenannten Dingen und der Wahrnehmung etwas,
ohne ihnen alles zurückzugeben. Dadurch kommt jedoch auch etwas hinzu, das Zeichen
selbst nämlich zur Wirklichkeit, um genau zu sein 9 ). Damit oszillieren auch die Spuren von
Silex zwischen der Verallgemeinerung und einer Differenzierung in Hochform. Die Zeichnung, das Zeichnen offenbaren, was sie suchen und einfangen, etwas Bestimmtes in seinem
Da-Sein und So-Sein, weil sie durch den visualisierten Ausdruck dem Eindruck ungeahnte
und ungewohnte Merkmale aufdrängen : Einzigartiges, Eigenartiges.
U N T E R S C H E I D E N UND ENTSCHEIDEN
Allerdings muss dem Auge nicht unbedingt einleuchten, was der Hand alles in den Sinn
kommt. Üben und (Nach)machen gehen also auch mit einer Selbst-Kritik einher. Subjektivität will ja noch nichts heissen, wenn sie nur die eigenen Scheuklappen, Schmiss und Stil
verherrlicht. Subjektivität erkennt sich vorwiegend in der – gewollt, ungewollten – Wiederholung, im Beharren auf einer unumstösslichen Ansicht und Meinung. Nun kann aber
gerade das Zeichnen eine plötzliche Veränderung zulassen, in dem das Bild eigene Wege
geht und der persönlichen Wahrnehmung Alternativen zuspielt. Im eigentlichen Sinne
ästhetisch und amoralisch wollen die Zeichen von Silex dem Wesen des Bildes und Bildnerischen das Eigentliche entlocken. Wahrscheinlich ist die zeichnerische Handlung und
Behandlung in den meisten Fällen wichtiger als das sogenannte Resultat. Oder anders : das
Resultat ist die Nachlese einer konzentrierten Annäherung und Auseinandersetzung. Das
Tun kommt zur Sache, nimmt es mit ihr auf, um ihr auf den Grund zu gehen. Mal sehen,
was dabei herausschaut. Alles Mögliche, Varianten und Variablen, die sich auch in einer
facettenreichen Auslegung des Schriftzuges spiegelt. Silex for ever. Und das Ganze von vorne.
Noch einmal anders.
Das Bild ist hier ein Gesellschaftsspiel, das die Beziehungen, die wir in aller
Form durch die aktive, aktivierte Wahrnehmung mit dem Da-Seienden unterhalten, zur
Gegenwart erklärt. An dieser Vorgabe und Vorlage hat sich die Erkenntnis darüber zu vergegenwärtigen, was gemeint ist, von Fall zu Fall, von Blatt zu Blatt. Das Andere nimmt sich
als ununterbrochene Differenzierung des Bestehenden aus, eine Differenzierung, in deren
Dienst sich die Form stellt. Der Teufel, so geht die Mär, sei es, der im Detail sitzt – wir meinen
eher, es seien Gott und die Welt, die ihre Beziehungen vor Bildern aushandeln und geteilter
9)
André Vladimir Heiz, Schwellenängste : Zur Wissenschaftlichkeit und Zeichenhaftigkeit
der „Wissenschaftlichen Zeichnung“, in : Wissenschaftliches Zeichnen,
Zürich 1990.
XIII
es kommt alles anders als
Meinung bleiben. Die Auslegungen von Silex sind Zwischenfälle und Einfälle, die oft auf der
Schwelle zwischen Skizze, Zeichnung, Bild und Illustration dem Einhalt frönen. Wir ziehen den Sammelbegrriff Zeichen vor und bleiben bei ikonographischen und ikonolgischen
Impressionen und Improvisationen als Manifest von Ansichten.
V E RFÜHREN, VORFÜHREN, AUSFÜHREN
Auf die Frage „Was ist ein Bild ?“ gibt es – je nach Zeit- oder Standpunkt – verschiedene
Möglichkeiten der Definition und der Interpretation. Solange es Bilder gibt, bleibt die Frage
gestellt. Im Windschatten der beeindruckenden Fülle lauern ja schon die nächsten Fragen
auf.
Wahrscheinlich ist der Ursprung aller Metapher, für die es ja kein Original gibt,
die Frage als solche. Die Gruppe Silex ist ein gutes Beispiel dafür. Die Fülle der dargestellten Einzelheiten und Eigenheiten, das Fundgut der Versuche und Versuchungen ist mehr
als die Summe der möglichen Antworten. Offensichtlich ist es die Aufgabe von Visualisierungen, die Frage nach dem Sinn und den Sinn der Fragwürdigkeit ununterbrochen aufrechtzuerhalten und da-durch ein eigenes Bild zu eröffnen. Bestimmten Ansichten bleiben
wir treu, andere verwerfen wir, um noch andere zu entwerfen und um weiteren Platz zu
machen.
Wir sind angesichts häufiger Täuschungen, zwangsläufiger Enttäuschungen und
einer hauptsächlichen Bilderflut verführt zu meinen, wir hätten (fast) alles schon einmal
gesehen. So oder anders, ähnlich oder gleich. Dieser theoretischen Ansicht widerspricht die
Überprüfung in der Praxis. Es genügt den Mitspielerinnen und Mitspielern von Silex über
die Schultern oder auf die Finger zu schauen, um festzustellen, dass dieses Andere sich nicht
als gegeben auf eine Seins-Behauptung stützen kann. Es muss hergestellt, bewerkstelligt
und getan werden. Es stellt sich nur dann ein und heraus, wenn es bezeichnet, ausgezeichnet und aufgezeichnet wird. Die Macht und die Magie des Bildes beruhen ausschliesslich
auf diesem unverwechselbaren Merkmal der Erkennbarkeit : es ist gemacht und entzieht
sich dem Zugriff der Vereinheitlichung. Aber auch der Übertragbarkeit. Das Andere ist nie
vollkommen erreicht ; es wird gestreift oder einmalig getroffen. Es ergibt sich auch nicht
freiwillig. Das Andere ist – wie wir sehen – flüchtig, immer bereit, die Flucht zu ergreifen,
um sich über Wasser zu halten. Das Andere aber ist machbar, es bleibt dem Tun anberaumt,
es muss gemacht, dem Dasein abgerungen und aufgedrängt werden. Wir wollen es mit Silex
nicht aus den Augen verlieren, um „es“ verbindlich der Aufmerksamkeit zu verpflichten.
XIV
du pareil au même, la différence se dessine
D É S I G N E R , D I S C E RNER ET DESSINER
Le signe fait la différence. La différence fait signe. Ce qui fait impression trouve sa succession dans un monde parallèle d’expressions que Silex met à l’épreuve et à disposition dans
ses carnets et publications au rythme des saisons. Juste pour voir, voir plus juste. Ces explorations à la main et à l’œil – comme un acte gratuit – sont à l’affût de la perception.
« Une rose est une rose est une rose… » Ce que Gertrude Stein dénichait dans la
répétition des phénomènes comme un éternel retour à la renaissance, s’avère à chaque fois
différent. Il suffit de voir, voir mieux, de suivre le regard et de le prendre au pied de la lettre.
Silex, d’une part cherche le type, le prototype, le mille dans l’icône, voire le signe
qui touche, mais il s’agit surtout de connotations à explorer et à exposer.
Au fait, lorsque nous parlons de « rose », nos connotations demeurent tacites.
Elles ne sont ni visibles ni explicitement avouées ou affirmées. Elles se font peut-être entendre par une traître vibration de l’intonation de notre voix, mais notre imagination est
libre de penser et de voir ce qu’elle veut. Devant cet écran intérieur où les reminiscences et
phantasmes imbibés par une rose déambulent. La nôtre. Silex nous montre la leur.
Passer à l’acte, faire passer le rayonnement des impressions à une expression palpable et visible, laisse donc entrevoir les dimensions et les abîmes de toutes connotations
qui hantent et habitent le sujet en question. Et nous-mêmes. La rose devient donc une rose
dont l’unicité est l’importance.
Que se passe-t-il donc, lorsque l’imagination intervient et que fait-elle passer au
juste ? C’est à voir. C’est ce que Silex fait voir. Nous assistons à un jeu et nous avons la joie
d’observer que les visualisations, de par leur fait accompli, ont du jeu, elles aussi. Les divagations et les digressions de Silex se développent, se découvrent. Devant nos yeux. Les dessins
et les traces, arrachés aux gestes premiers font arrêt sur image. C’est cette enveloppe qui connote le message d’une différence toujours retrouvée et rapportée du paradis perdu. C’est cela
de gagné : l’unique est précis et précieux. Il suffit de (le) voir.
XV
André Vladimir Heiz
R
XVI
E S KO MMT ALLES ANDERS ALS
E R K E N N T NISTHEORETISCHE SPUR ZU
D E N ZEICHEN VON SILEX
D U PA R E I L AU M ÊME, L A DIFFÉRENCE SE DESSINE
FA I RE SIGNE – LE GESTE
C O M M E INSTANT DE RECHERCHE
P:P – Praxis und Perspektiven, La pratique en perspectives
—
Eine Initiative der Schule für Gestaltung Bern und Biel
Gurzelenstrasse 31, CH – 2502 Biel / Bienne
—
Herbst 2004
Aude Lehmann
Bastien Aubry
Dimitri Broquard
Anna Albisetti
Manuel Krebs
Gregory Gilbert-Lodge
Dimitri Bruni
Bilder Roland Bart, Auswahl Roland Bart und André Vladimir Heiz
33
// Bernhard Giger – Fotograf, Journalist, Filmemacher
Thomas Pfister
Bernhard Giger, geboren 1952 in Bern.
Fotografenlehre bei Albert Winkler.
Kurse und Berufsschule an der Kunstgewerbeschule Bern. Freischaffender Fotograf mit Schwerpunkt Film, Kunst und
Theater. Fotos für Kulturzeitschrift «Der
Löwe», Künstlerporträts zu «Das Schubladenmuseum» von Herbert Distel etc.¶
Ab 1972 freie Mitarbeit beim Berner
Kellerkino: Dokumentationen und Jahrbücher zu den programmierten Filmen
und Filmzyklen.¶
Ab 1974 freier Film- und Fernsehkritiker für «Bund», «Zoom-Filmberater»,
«Tages-Anzeiger», 1974-1982 Mitherausgeber «Cinema». In den siebziger Jahren Konzept und Realisation von Ausstellungen: «Tatort Bern», 1976 (mit Urs
Dickerhof), Filmausstellung «Forschungsreise ins Paradies», Kunstgewerbemuseum Zürich, 1978, Douglas
Sirk-Retrospektive und -Ausstellung,
Filmfestival Locarno, 1978.¶
Ab 1979 Medienredaktor beim «Bund»,
1988–1996 Konzept, Aufbau und Leitung
des Ausgehmagazins «Berner Woche»,
1996–2000 Leiter Kulturressort Berner
Zeitung BZ, ab 2000 Leiter Stadtressort
BZ, seit 2002 auch stellvertretender
Chefredaktor.¶
Spielfilme: «Winterstadt», 1981; «Der Gemeindepräsident», 1984; «Der Pendler»,
1986; «Kampf ums Glück», TV-Film, 1988;
«Tage des Zweifels», 1991; «Gehirnwäsche», Tatort, 1993; «Time-out», Tatort,
2001; «Oeschenen», TV-Film, 2004.
Weiter ein Videoclip mit Polo Hofer und
Schmetterband, 1985, «Zürich-Emmental», ein Beitrag für eine Schweizer Filmgeschichte über die Deutschschweizer
Spielfilme der Fünfzigerjahre, Cinémathèque Suisse, und «Balthasar Burkhard»,
ein Fotografenporträt für SF DRS, 2004.#
34
Thomas Pfister: Bernhard Giger, du
warst, als wir uns vor über dreissig Jahren als Cinephile im Umkreis des Kellerkinos kennenlernten, Fotograf, später
Filmkritiker und Medienredaktor beim
«Bund». Du hast einen sehr spannenden Berufsweg hinter dir, auf dem du
Persönlichkeiten wie dem Hollywood-Regisseur Douglas Sirk oder dem Künstler
Andy Warhol begegnet bist. Heute arbeitest du als Vize-Chefredaktor der Berner
Zeitung BZ und machst daneben noch
Spielfilme. Was war der Grund, weshalb
du eine Fotografenlehre machtest und
welche Rolle spielte dabei die damalige
Kunstgewerbeschule für dich?¶
Bernhard Giger: Vor meiner Fotografenlehre habe ich ein Jahr Kurse an der
Kunstgewerbeschule besucht. Weil meine
Zeichnungen zu ungenau waren, hatte
man mich leider nicht in den Vorkurs
aufgenommen. Dieses Jahr mit den Kursen hat mir in gestalterischer Hinsicht
sehr viel gebracht. Ich besuchte u.a. Malkurse bei Toni Grieb, und ich lernte, worauf man bei der Gestaltung eines Bildes
achten muss. Warum ich Fotograf wurde?
Mit vierzehn begann ich regelmässig ins
Kino zu gehen. Natürlich musste ich
«reinbrennen», weil die Kinos damals
nur ab sechzehn, oft gar erst ab achzehn
Jahren besucht werden durften. Meine
Mutter war eine grosse Kinogängerin,
sie hat sich vor allem europäische Filme
angeschaut und erzählte viel über ihre
Kinoerlebnisse. Diese Filme ging ich
mir dann selber anschauen. So habe ich
mich bereits mit vierzehn Jahren entschlossen, später Filme zu machen. Es
gab damals noch sehr wenige Ausbildungsmöglichkeiten für Filmemacher,
darunter litten die meisten, die den so
genannten neuen Schweizer Film geprägt haben. Deshalb habe ich mich entschieden, zuerst etwas Verwandtes zu
machen, die Ausbildung als Fotograf.
Für mich war das der erste Schritt zum
Film. Es hätte natürlich alles ganz anders
kommen können, aber bei mir hat sich
mein Wunsch erfüllt.
Nach der Fotografenlehre habe ich als
selbständiger Fotograf gearbeitet und
konnte auch einigermassen davon leben:
Das Schwergewicht war Theater und
Kunst, daneben habe ich für die von
Gerhard Johann Lischka herausgegebene
Kulturzeitschrift «Der Löwe» fotografiert
und habe Künstlerporträts für die Dokumentation zu Herbert Distels’ «Schubladenmuseum» gemacht.
Dann kam durch die Arbeit für das Kellerkino die Auseinandersetzung mit dem
Medium Film, später wurde ich Filmkritiker beim «Bund». Die Fotografie
blieb aber entscheidend und bei meinen
ersten Filmen, «Winterstadt» und
«Der Gemeindepräsident», stellten die
Filmkritiker fest, dass man hinter dem
Cineasten noch den Fotografen spüre.
Die Fotografie hat meine Anfänge
als Filmemacher wesentlich geprägt.¶
Thomas Pfister: Du hast scheinbar
einen Umweg gemacht, um zu deinem
Ziel, Filmemacher, zu gelangen. War
dieser Umweg verlorene Zeit oder eine
Chance? Hat sich die Ausübung eines
zweiten Berufs für dich gelohnt?¶
Bernhard Giger: Es war kein Umweg,
sondern ein ein bisschen längerer Weg
zu meinem Ziel. Zuerst kam die Fotografie, das Bild, dann kam die Filmkritik,
das Schreiben, das Wort dazu und
schliesslich kamen Bild und Wort zusammen. Die Sache begann sich zu bewegen
und wurde Film. Durch meine Erfahrung
als Fotograf konnte ich meine Vorstellungen den Kameramännern viel klarer
näher bringen. Ich weiss, was Gegenlicht
bedeutet und was Grau- und Farbabstufungen sein könnten. Der Kameramann
meiner ersten Filme, der bekannte Pio
Corradi, hat sich auf Grund meiner Fotografien und nicht wegen des Drehbuchs
dafür entschieden, mit mir als Regisseur
zu arbeiten.¶
Thomas Pfister: Du bist im weitesten Sinne ein Gestalter. Du hast Fotos
gemacht, Ausstellungen gestaltet, bei
Filmen Regie geführt, du bist Journalist
und arbeitest bei einer grossen Tageszeitung in der Chefredaktion. Welche
Bedeutung hat Gestaltung für dich?¶
Interview am 1. September 2004
in der Redaktion der Berner Zeitung
BZ in Bern
Bernhard Giger: Man muss sich
immer wieder überlegen, warum man
etwas so und nicht anders gestaltet.
Das finde ich etwas Entscheidendes.
Wählt man etwas aus, weil es so genannt
schön ist oder weil es einen tiefern
Sinn macht? Die Gefahr besteht, dass
man heute zu schnell gestalterische
Lösungen gut findet, weil es gut aussieht
und man sich zu wenig überlegt, warum
man ein Bild so macht und nicht anders.
Früher waren die Regeln fast zu streng
und heute ist eher das Gegenteil der Fall.
Man muss sich immer wieder fragen,
was der Hintergrund ist.#
Fernsehfilm Oeschenen
Regisseur Bernhard Giger (Mitte)
mit den beiden Hauptdarstellern,
Walo Lüönd (links) und
Martin Rapold
© SF DRS/Klaus Rózsa
35
// Von der Engelsburg zur Schwabgutspitze
Andreas Schärer
Nach der mir verhassten Volksschulzeit,
wo das Fach Zeichnen immer mit Rechnen ersetzt wurde, besuchte ich den Vorkurs in der Kunstgewerbeschule Bern.
Für mich bedeutete dieses Jahr eine Zeit
der Offenbarung, und es freut mich, dass
der «Vorkurs» offensichtlich bis heute für
viele seiner Absolventen und Absolventinnen, mindestens im Rückblick, immer
noch als solche wahrgenommen wird. Der
Direktor der Gewerbeschule vermittelte
damals noch persönlich für jede/n einzelne/n Vorkürsler/in eine Lehrstelle in einem kunstgewerblichen Beruf. Niemand
blieb «auf der Strecke».¶
Meine Lehrzeit als Grafiker, bei dem
damals in bernischen Gestalterkreisen
renommierten Hugo Wetli, öffnete mir
nochmals viele Türen. Zur Lehrzeit gehörte aber auch, «Mädchen für Alles» zu
sein, was heute sofort die Lehrlingskommission alarmieren würde. Da gab es wochenlanges Aufziehen von Leinwänden
auf grosse Rahmenchassis, bis die Handballen schmerzhaft geschwollen waren.
Wetli malte damals nur noch und hatte
sich von der Werbegrafik verabschiedet.¶
Mein Lehrlingslohn betrug im ersten
Lehrjahr monatlich zwanzig Franken und
wuchs bis zum letzten Lehrjahr auf achtzig Franken an.¶
36
Nach Abschluss der Lehrzeit fand ich
eine Anstellung als so genannter Allrounder in der Werbeabteilung der Warenhauskette Oscar Weber AG in Zürich.
Damit war die Möglichkeit verbunden,
Abschied zu nehmen vom Mief einer allzu bürgerlichen Herkunft. Ich erinnere
mich an riesige mittägliche Fressgelage,
welche zwischen sehr sensiblen Reinzeichnungen im Atelier stattfanden. Das
Team bestand aus zwei Grafikern, mich
eingerechnet und einer Grafikerin, einer
Werbetexterin, einem Werbeassistenten
und einer -assistentin und einem sehr liebenswürdigen Art Director, welcher mich
fast täglich flehentlich bat, meine Nächte
nicht in derart exzessiver Weise mit Malerei zu vergeuden, damit ich am nächsten
Tag doch bitte rechtzeitig am Arbeitsplatz
erscheinen könne. Ich erschien damals
meistens erst gegen 10 Uhr vormittags,
was die Stempeluhr erbarmungslos registrierte. Den Zahltag gab es aber trotzdem
monatlich, und man erhielt diesen auf
dem Lohnbüro in einer gelben Lohntüte ausgehändigt. Bei mir waren es damals
rund tausend Franken.¶
Taxifahrten auf Spesenrechnung des Warenhauses gab es à discretion, oft war man
ganztags unterwegs, z.B. beim Fotografen,
welcher unverzüglich Sachaufnahmen
von Unterwäsche oder Modelleisenbahnen vornehmen musste, anschliessend
wurden die Bilder zum Retoucheur gebracht und der bestellte Satz musste in
der Setzerei abgeholt werden, weil deren
Kurierdienst überlastet war. Ferner mussten Warenmuster, welche als Sonderangebot per Inserat erscheinen sollten, im
Lager des Warenhauses zum Fotografieren abgeholt werden. Da spielte es dann
keine Rolle mehr, wenn das Taxi einen
Abstecher zu einer Galerie machte, die
man im Eildurchgang besuchte, oder man
zum Globus fuhr, wo man sich in der Delicatessa für das nächste gemeinsame mittägliche Gelage eindeckte.¶
Mein Abgangszeugnis nach zweijähriger
Werbetätigkeit wurde sehr wohlwollend
verfasst. Sehr unvorhergesehen rief mich
dann ein junges Kollegenpärchen nach
Rom: Da gebe es Arbeit für Freelancer
noch und noch, und es bestehe die reelle
Chance, sich bei Feltrinelli und anderen
grossen Verlagshäusern einen Namen als
Illustrator zu machen. Von alldem war
dann aber leider nichts zu spüren. Es gab
nur spärliche Aufträge, um die wir uns sogar stritten, wie die Hühner um die besten Körner. Die mir zufallenden Aufträge
waren häufig sehr fremdartig: Da war z.B.
eine Grusskarte zu gestalten für einen
Teigwarenkonzern, welcher nur klerikale
Kundschaft mit seinen Produkten belieferte; dabei sollte das Motiv auf der Karte
den Gekreuzigten in persona darstellen.¶
Am mühsamsten erschien mir der Auftrag eines Möbelkonzerns, wobei aus
unerfindlichen Gründen die Meinung
vorherrschte, die Interieurs mit den
ohnehin scheusslichen Möbel, würden
besser zeichnerisch interpretiert statt fotografisch. Unzählige Male musste ich die
Zeichnungen wiederholen, weil einmal
die dargestellte Dame des Hauses auf dem
falschen Sofa sass, das Sofa selbst nicht
das gemeinte Produkt repräsentierte, die
Meinung darüber geändert wurde, wer
sich genau wohin und in welcher Pose
setzten solle.¶
Für die schliesslich «erledigten» Aufträge musste ich oft monatelang auf eine
Entschädigung warten und ass dabei nur
noch Linsengerichte in einer Trattoria,
wo sich Schwerabeiter, welche sich an
der unteren Existenzgrenze befanden, ernährten.¶
Bekam ich vom Auftraggeber endlich den
ersehnten Scheck, den ich möglicherweise am anderen Ende der Stadt persönlich
abholen musste, was eine zweistündige
Busfahrt hin und eine ebenso lange zurück bedeutete, wurde diese Bank vielleicht gerade bestreikt. Wenn die Bankangestellten nicht streikten, musste man
häufig eine Serie von katholischen Feiertagen erdulden, während welchen sowohl
die Bank als auch die Trattoria mit den
Linsengerichten geschlossen blieben.¶
Als sich schliesslich das ansonsten umgängliche Kollegenpärchen mit mir verkrachte, landete mein Bett (eine Matratze)
auf der Strasse und ich damit. Ich mietete
somit selbst ein Zimmer, ohne zu wissen,
womit ich die Mietkosten bezahlen sollte.
Dort kam ich in engen Kontakt mit meinen Nachbarn, Existenzialisten und Underground-Filmer, welche zum Kreis um
Pier Paolo Pasolini zählten und die sich
«cavallieri del nulla» nannten.¶
Irgend einmal erschien mir dann die ewige Stadt aber doch zu «ewig» (im Hinblick auf das permanent in Frage gestellte
materielle Überleben), so dass ich mich
entschloss, dahin zurückzukehren, wo ich
das Terrain als Heimat empfand, trotz aller Vorbehalte gegenüber diesem Begriff.
Ich fühlte mich zudem dazu berufen,
mein gestalterisches Wissen weiterzugeben: natürlich dort, wo ich selbst soviel
erfahren durfte, an der Kunstgewerbeschule der Stadt Bern.¶
Zu meiner Bewerbung als Lehrkraft
«Zeichnen und Kunstgeschichte» hatte
ich vor einer der beiden Vorkursklassen,
vor der Schulleitung und vor Mitgliedern
der Schulkommission ein Referat über
Surrealismus zu halten, mit anschliessender praktischer Aufgabenstellung für
die Schüler/innen. Der Diaprojektor, ein
sehr wichtiges Gerät zur Bebilderung des
Gesagten, war plötzlich blockiert, dann
streikte die Projektionslampe und – um
das Unglück zu vervollkommnen – fielen
die Dias auch noch aus der Kassette.
Trotzdem wurde ich gewählt.¶
Zunächst unterrichtete ich in kleinem
Pensum am Vorkurs und in einigen
Kursen der Fort- und Weiterbildung.
Daneben befasste ich mich mit Illustrationsaufträgen und der Gestaltung von
Buchumschlägen. Parallel zu diesen Tätigkeiten absolvierte ich die methodischdidaktische Ausbildung am damaligen
Zeichenlehrer-Seminar.¶
Bald einmal setzte ich alle Karten auf das
Unterrichten und fand als sogenannter
Hauptlehrer mit Vollpensum (was heute
möglicherweise im Zusammenhang mit einer gestalterischen Lehrtätigkeit exotisch
anmuten mag) eine meinen Vorstellungen
und meinem Engagement entsprechende
Anstellung. Parallel zum Vorkurs-Unter-
37
richt arbeitete ich während Jahren auch
in der Abteilung Berufsschule und vermittelte den Dekorateuren und Dekorateurinnen Kenntnisse in Sachbereichen wie
der Konstruktion zentralperspektivischer
Räume, regulärer und irregulärer Vielecke, Kenntnisse über Begriffe des goldenen Schnitts und der Seitenverhältnisse
der DIN-A-Formate, über Zusammenhänge und Herstellung platonischer und
archimedischer Körper, über die subtraktive und additive Farbenlehr-Theorie und
vieles andere.¶
Von vielen Dingen hatte ich anfänglich
selbst keine Ahnung und musste mich
fortlaufend in die Materie hineinknien,
wobei mir seitens des damaligen Kollegiums in liebenswürdiger Weise geholfen
wurde. Einige dieser Kollegen sind bis
heute berufliche Weggefährten geblieben.
Die Kurstätigkeit in den Gestaltungsbereichen «Figur, Akt, Porträt» bildet den
konstantesten Teil meiner Arbeit an unsere Gestalterschule. Nächstes Jahr werden
es dreissig Jahre sein.¶
Seit Anbeginn meiner Lehrtätigkeit führe
ich konsequent ein Buch mit Lektionsprotokollen: Es ist sehr interessant zurückverfolgen zu können, welche Materie
wann und bei welcher Klasse vermittelt
wurde.¶
Die Direktion hat während dieser Jahre
mehrmals gewechselt, ebenso veränderte
sich die Zusammensetzung des Schulleitungskaders immer wieder. Oft waren
Umstellungen aus meiner persönlichen
Sicht schwer zu akzeptieren.¶
Im Vorkursbetrieb ist der Frontalunterricht längst der Förderung individueller
Fähigkeiten gewichen. Sicher ist dies besser so und auch zeitgemässer, doch vielleicht ging dabei auch einiges an früherer
Wissensaneignung verloren. Die Schule
hat sich durch den Wandel der Technologien, aber auch durch den Wandel des
Zeitgeistes, permanent verändert und
muss dies natürlich auch weiterhin tun.¶
38
Persönlich denke ich oft an die Engelsburg in Rom zurück, deren Anblick mich
damals bei Spaziergängen am Tiberufer
fasziniert hat. Natürlich steht sie unverrückt nach wie vor an ihrem Platz. Die
Engel von damals sind hingegen grösstenteils entflogen und finden nur noch
selten zu mir zurück ... in den seltenen
Träumen verdeutlichter Erinnerung.¶
Dafür entstehen neue Träume, wie es z.B.
die Berge von Bümpliz sind, dem neuen Vorkurs-Standort. Gibt es da möglicherweise die Schwabgutspitze oder das
Bümplizer-Nordhorn?¶
In solcher Weise werden, bei Studierenden und Unterrichtenden gleichermassen, stets neue bildhafte Assoziationen
entstehen, aus welchen gestalterische
Formulierungen resultieren ...¶
Das ist es, was uns weiterführt, ganz
ausdrücklich im Hinblick auf den persönlichen Berufsweg, aber auch ganz
allgemein, auf dem Weg der Persönlichkeitsentfaltung.#
39
// Chantal Michel – Künstlerin
Thomas Pfister
Die Foto-, Video- und PerformanceKünstlerin Chantal Michel wurde
1968 in Bern geboren. Sie liess
sich zuerst als Floristin ausbilden,
dann absolvierte sie die Fachklasse
Keramik der Schule für Gestaltung
in Bern und wurde daraufhin in die
Bildhauerklasse von Harald Klingelhöller
an der Staatlichen Kunstakademie in
Karlsruhe aufgenommen. Die Reihe
der Auszeichnungen begann mit dem
Kiwanis-Preis für Keramik und in der
Kunst mit dem Aeschlimann/CortiStipendium der Bernischen Kunstgesellschaft, 2001 wählte Harald
Szeemann eine Videoarbeit von Chantal
Michel für die Biennale di Venezia aus
und 2004 wurde ihr, nach vielen anderen
Auszeichnungen und Werkbeiträgen, der
Kunstpreis der Stadt Thun verliehen.¶
Schon als Floristin begann Chantal
Michel mit Blumen zu gestalten und
musste von ihrer Lehrmeisterin immer
wieder gebremst werden, weil die
Blumenobjekte nicht den Konventionen
entsprachen. Zu dieser Zeit spielte
sie mit dem Gedanken, anschliessend
an die Lehre den gestalterischen
Vorkurs in Bern zu besuchen. Zu ihrer
Überraschung wurde die Floristin-Lehre
als ausreichende gestalterische Vorbildung betrachtet, und so konnte sie in die
Fachklasse Keramik eintreten.¶
Aber auch da hielt sie sich nicht an die
Regeln, produzierte extrem viel, stellte
über den Mittag Vasen her, die sie an
Blumengeschäfte verkaufte, und machte
bei Wettbewerben mit. Als einzige
Schülerin war sie ausserhalb der Schule
aktiv. Ihr Lehrer, Aschi Rüfenacht, der sie
besonders förderte, habe jeweils gesagt,
dass sie wie «aus dem Truckli» aussehe:
Schon damals seien für sie Kleider,
ihre «Verpackung», wichtig gewesen.
Verpackung war auch ein Thema, dass
ihr an der Abschlussprüfung gestellt
wurde.¶
Zu dieser Zeit begann sie, inspiriert von
Oskar Schlemmers’ Bauhausbühne,
Strassentheater zu spielen. In den
Ferien reiste sie jeweils mit ihrem
Partner, Martin Lüthi (auch er Künstler,
er gewann das A / C-Stipendium 2004),
zwei bis drei Monate in Frankreich und
Deutschland herum; mit Strassentheater
verdienten sie schönes Geld, logierten in
Hotels, genossen die urbane Umgebung
und besuchten überall die Kunstmuseen.
Und Chantal Michel kaufte bei
Gelegenheit ausgefallene Kleider, die ihr
heute als Fundus für ihre künstlerischen
Arbeiten dienen. Dieses Leben war
ein sehr befruchtender Gegensatz zur
Wohnsituation in der Schweiz, wo
die beiden ein abgelegenes altes Bauernhaus mit einem grossen Blumen- und
Gemüsegarten in der Nähe eines kleinen
Dorfes am Fusse des Stockhorns
bewohnten.¶
Beim Tingeln durch Deutschland
besuchten die beiden wohl gegen
zwanzig Kunstakademien und
Hochschulen, aber keine wollte ihnen
gefallen. Der Zufall wollte es, dass sie
unterwegs in einem Speisewagen den
bekannten Videokünstler Klaus vom
Bruch kennen lernten, der sie einlud,
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auch in die Hochschule der Künste
in Karlsruhe, wo er unterrichtet,
hereinzuschauen. Doch wegen der
fehlenden Matura konnte Chantal
Michel nicht in seine Klasse eintreten.
So liess sie sich in der Staatlichen
Kunstakademie, die am gleichen Ort
ist, von Harald Klingelhöller in die
Bildhauerei einführen.¶
In einer schwierigen Phase des
Studiums stiess sie auf ein Buch über
Bruce Nauman, der in einer seiner
Arbeiten versuchte, mit dem Boden zu
verschmelzen. Sie war fasziniert von ihm,
wie er auch aus einer künstlerischen
Krise heraus ein Kunstwerk schaffen
konnte. Vorher meinte sie, dass man ein
«Thema» haben und «etwas Gescheites»
machen müsse. Von da an begann sie mit
dem Medium Video zu arbeiten. Körper
und Raum, Kleider und Verpackung
begannen die Künstlerin intensiv zu
beschäftigen.¶
Nach dem Video kam die Performance als
Kunstform dazu. Sie war eine logische
Fortsetzung des Strassentheaters.¶
Die Verkleidung half Chantal Michel
auch da, denn im Grunde genommen
ist die Künstlerin eher schüchtern und
tritt nicht gerne vor Publikum auf. Die
Video-Performance, wo sie allein vor
der laufenden Kamera ihren Auftritt
gestalten konnte, entsprach ihr. Für
ihre ersten Foto-Inszenierungen, mit
denen sie auf Anhieb einen furiosen
Erfolg in der Kunstwelt hatte, arbeitet
sie manchmal mit Fachleuten zusammen.
Immer wieder zieht Chantal Michel
jedoch vor, allein zu arbeiten, sich die
Zeit für die Verarbeitung neuer Räume
und Environments zu nehmen und
dann für einen Moment eins mit ihren
Inszenierungen zu werden.#
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// Bildlegenden
Seite 41_Fotografie von Chantal Michel¶
Seite 42 bis 45_Fotografien von Roland Bart¶
Seite 46 / 47_Goldschmiedearbeiten Bern¶
Seite 48_Olma-Plakat von Michael Ziska#
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// Geschäft mit Emotionen
Berufsbild der Goldschmiedin / des Goldschmieds im Wandel der Zeiten
Urs Liechti
Gold als Nimbus
Eitelkeit, Aberglauben und das Streben nach materiellem
Besitz waren seit jeher die Gründe, sich zu schmücken. Wie an
Höhlenmalereien oder Alkohol konnten sich die Menschen am
Schmuck berauschen.¶
Das tiefe Bedürfnis, Gold zu besitzen, veranlasste die Menschen, das Gold zu sammeln und zu horten oder als Amulett in
seiner Rohform auf sich zu tragen; das Bedürfnis, sich damit zu
schmücken, zwang den Menschen, Techniken der Metallbearbeitung zu erlernen.¶
Schon im 4. Jahrtausend v. Chr. entwickelten die Goldschmiede in Ägypten und Nubien die Technik des Metallschmelzens. Fortan waren also auch kleinste Goldflitter wertvoll, da sie sich zu grösseren Goldmengen vereinigen liessen.
Ab dem 3. Jahrtausend v. Chr. war man bereits in der Lage,
aus Bienenwachs hergestellte Formen in Gold zu giessen oder
Goldobjekte aus einzelnen Teilen zusammen zu löten: die
beiden grundsätzlich verschiedenen Bearbeitungstechniken,
wie wir sie noch heute kennen und anwenden.¶
Entwicklung des Formalen
Die allerersten Schmuckstücke aus Gold waren objets trouvés,
d.h. gefundene Goldnuggets, die gebohrt und auf Haare aufgezogen um den Hals getragen wurden.¶
Die Auftraggeber der ersten eigentlichen Goldschmiede, die
das Metall zu bearbeiten wussten, waren Könige und Priester.
Diese brauchten die goldenen Objekte, um ihre Herrlichkeit
und ihre Macht zu demonstrieren, und hatten klare Vorstellungen, welcher Art die Schmuckstücke zu sein hatten. Die
Goldschmiede waren also willenlose Werkzeuge in den Händen
der Besitzenden und formten das Gold nach deren Absichten,
Wünschen und Ideen. Im Verlauf der Jahrhunderte und der
verschiedenen Epochen kamen als Auftraggeber die Adeligen
dazu. Die Goldschmiede blieben aber Ausführende von konkreten Wünschen und damit von vorgegebenen Motiven und
altbekannten Formen.¶
Soziale Stellung des Goldschmieds
Unter allen Handwerkern nahm der Goldschmied stets eine
Sonderstellung ein. Als Handwerker der Privilegierten war er
– aus diesem Grund – stets ein Privilegierter unter den Handwerkern, zu Beginn als einzelner Berufsmann, mit steigender
Nachfrage nach Goldschmuck, ab dem 4. Jahrtausend v. Chr., mit
einer Schar von Gehilfen und Sklaven, die er beispielsweise als
Sauerstoff-Lieferanten für die Temperatursteigerung von
Feuern brauchte: Es entstanden erste Goldschmiede-Werkstätten. Diese Werkstätten waren allerdings noch sehr einfach
eingerichtet, die Arbeitsverfahren entsprachen jedoch im
Wesentlichen bereits den heutigen.¶
Über die einzelnen Goldschmiede ist, mit ganz wenigen Ausnahmen, wie bei allen Schöpfern von künstlerischen Objekten
nichts bekannt, waren sie doch alle namenlose Handwerker, die
einzig der höheren Ehre der Auftraggeber zu dienen hatten.
Ab dem Mittelalter schlossen sich die Goldschmiede, wie alle
übrigen Handwerker, zu Zünften zusammen und unterlagen
damit der strengen zünftischen Ordnung. Selbständiger Goldschmied konnte praktisch nur werden, wer, wie beispielsweise
Albrecht Dürers Vater in Nürnberg, nach langjähriger Gesellenschaft als neuer Meister in die Familie eines etablierten
Meisters einheiraten konnte.¶
Nach der Französischen Revolution verloren Kirche und Adel
ihre Vormachtstellung und die Bourgeoisie hatte von nun an
die finanziellen Möglichkeiten, sich mit Luxus zu umgeben.
Doch sie ahmte noch vorwiegend altbekannte historische
Vorbilder nach.¶
Erst die Weltausstellungen ab der Mitte des 19. Jahrhunderts
führten zu neuen Impulsen bei der Gestaltung von Schmuck.
Zum ersten Mal in der Geschichte der Goldschmiedekunst
kreierten die Handwerker Einzelstücke nach ihren eigenen
Vorstellungen. Die zu dieser Zeit stattfindende industrielle
Revolution brachte neue maschinelle Herstellungsverfahren für
die Massenproduktion. Dies führte zu einer Zweiteilung bei der
Schmuckherstellung in Serien- und Unikat-Schmuck. Für Serien-Schmuck entwarfen Schmuckdesigner Objekte und meist
nur angelernte Handwerker überwachten den maschinellen
Fertigungsprozess dieser Objekte. Dagegen wurde der Unikat-Schmuck weiterhin und wird er heute noch von gelernten
Goldschmiedinnen und Goldschmieden in den traditionellen
Techniken angefertigt.¶
50
Aktuelle und zukünftige Situation im Goldschmiedeberuf
Heute ist der Strukturwandel, der in den letzten Jahren stattgefunden hat, abgeschlossen. Wie in der Uhrenindustrie Ende
der sechsziger Jahre sind mehrere veraltete und verkrustete
Goldschmiede-Betriebe, meist kleinere Fabrikationsbetriebe mit bis etwa zwanzig Mitarbeitern, die nach altväterischer
Tradition Serienschmuck für Bijouterien ohne eigenes Atelier
mit hohen Kosten produzierten und die auf die neue wirtschaftliche Situation nicht reagieren konnten, verschwunden.
Dieser ganze Wirtschaftszweig der seriellen Massenproduktion
wurde, meist unter westeuropäischer Führung, nach Ostasien
ausgelagert, wo dieser Schmuck zu einem Bruchteil der früher
anfallenden Kosten in gleicher Qualität hergestellt wird. Dieser
Massenschmuck wird nach wie vor in Grossbijouterien oder
ländlichen Bijouterie-Uhren-Optik-Läden ohne eigenes Atelier
angeboten und findet Käufer, die für relativ wenig Geld Goldschmuck ohne Anspruch auf Exklusivität erstehen wollen.¶
Die übriggebliebenen oder neu entstandenen Goldschmieden
sind Kleinbetriebe mit meist wenigen, selten bis zu ungefähr
acht Mitarbeitern, wo in den altbewährten und zeitaufwändigen Fertigungstechniken Einzelstücke zu hohen Kosten kreiert
werden. Der Umsatz solcher Luxusgüter ist stark Konjunktur
abhängig. Nach dem konjunkturellen Einbruch Anfang der
neunziger Jahre stieg er wieder stark an, um nach dem
11. September 2001 wieder massiv einzubrechen. Momentan
scheinen sich die Umsätze wieder zu beleben. Nach wie vor gibt
es nicht wenige Kunden, die bereit sind, viel Geld auszugeben,
um in den Besitz eines Einzelstückes zu gelangen. Die Anbieter
dieser exklusiven Objekte haben begriffen, dass sie nie mit Serienprodukten aus Billiglohnländern konkurrenzieren können,
sondern dass ihr Geschäft nicht eigentlich, oder zumindest
nicht ausschliesslich, ein Geschäft mit teuren Edelmetallwaren
und Edelsteinen, sondern ein Geschäft mit Emotionen sein
muss.#
Zu den Abbildungen auf Seite 46 und 47:
Unter anderen ist die Farbenlehre ein Thema im Gestalterischen Unterricht. Ziel ist es, dass die Schülerinnen und
Schüler des 3. Lehrjahrs die Farbe als Element der Schmuckgestaltung erkennen, mit dem Gestaltungsmittel Farbe bewusst
umgehen und dieses gezielt bei der Schmuckgestaltung umund einsetzen.¶
In einem theoretischen Teil lernen die Schülerinnen und
Schüler die Primär-, Sekundär- und Tertiärfarben, den Farbkreis, die additive und die subtraktive Farbmischung und die
sieben Farbkontraste nach Johannes Itten kennen. Alle haben
erkannt, dass mit Farbe als Gestaltungsmittel in unserem Auge,
in unserem Hirn und letztlich wohl auch in unserem tiefsten
Inneren Harmonien oder Dissonanzen erzeugt werden können.
Allen ist bewusst geworden, dass Farbe ein Gestaltungsprinzip
sein kann, nach welchem ein Schmuckobjekt für eine bestimmte
Person mit ihrer ganz eigenen Haut-, Haar- und Augenfarbe
gestaltet werden muss.¶
In einem praktischen Teil sollten die Erkenntnisse umgesetzt werden zu einem Schmuckobjekt. Der Auftrag lautete
«Schmuck und Farbe – Schmuck aus Farbe». Bereits der
Arbeitstitel sollte verdeutlichen, dass bei dem zu gestaltenden
Schmuckobjekt nicht mit Metall oder einem anderen Material, sondern «mit Farbe» gestaltet werden sollte und zwar so,
dass ein klares Konzept der Farbwahl und ein oder mehrere
Farbkontraste klar erkennbar würden. Als Arbeitsmaterial für
den Ring verwendeten die Schülerinnen und Schüler farbiges
opakes oder transparentes Acrylglas.¶
51
// Le grand départ:
Roland Bart
Urs Dickerhof
Weg von Deiner Schule, weg von uns! Viele, sehr viele
Geschenke haben Dich begleitet. Ein Fest war auch dabei,
voller Freundschaft, Hochachtung und Dankbarkeit, mit viel
Lachen, Lächeln und nicht wenig heimlichen Tränen.
Während 38 Jahren hast Du Dich in immer grösserem Mass
für unsere Schule eingesetzt, unermüdlich, mit Haut und Haar.
Wenn es einstmals gelungen ist, die Neuorientierung der
Bieler Schule in die Wege zu leiten, dann hatte dies sehr viel
mit Menschen wie Dir zu tun – unser Klima der gegenseitigen
Wertschätzung ist auch Dein Verdienst. Du warst der etwas
Vorsichtige unter uns. Sturm und Drang mündeten nicht
selten dank Dir in geordneten Bahnen. Wahrscheinlich ist
Dein Tempo jenes Deines Herzschlags und dementsprechend
erträglich und human.
Lehrer für Fotografie, der erste, bist Du gewesen.
Die Erfahrungen Deiner Arbeit als erfolgreicher Fotograf
hast Du vorbehaltlos weiter vermittelt. Technische Kenntnisse
und Systematik, selbstverständlich. Fotografie als Abbildung
und Interpretation, als Inszenierung und Dokumentation.
Fotografie als eine Schule des Sehens, von der Intensität des
Augenblicks bis zur Kreation einer eigenen Wirklichkeit. Mit
Dir erlebten wir ein vagabundierendes en route zum Kontinent
der Wahrnehmung, das Nutzen des Zufalls als eine Begabung
und die Kraft der Lernenden als ein inspirierendes Geschenk.
Dann war da noch die Sache mit dem neuen Bieler Schulhaus.
Meistens hast auch Du daran geglaubt und als es endlich soweit war, wurde der Umbau Dein Fall, der Umzug, das Einrichten, die ganzen technischen Belange – um es kurz zu machen:
Ohne Dich hätte wohl kaum alles einen dermassen geordneten
Verlauf genommen.
Hellhörig, achtsam, umsichtig: Aufmerksamkeit ist ein kostbares Gut. Du hast es gepflegt. Für und mit uns. Menschen
hinterlassen Spuren. In der Erinnerung beginnen neue Geschichten. Unsere schönsten Erinnerungen gelten dem treuen
Freund unserer Schule in guten wie in schwierigen Zeiten.
Lieber Roland: Zum Abschied einen Strauss bunter Blumen,
einen Strauss, gebunden von vieler Hände Finger, für einen
Verbündeten im Wirken zum Wohl einer prosperierenden
Schule. Blumen zum Abschied, bedauerlicherweise.
Von uns, Deiner Bieler Schule.#
52
Erwin Hänni
Anna-Marie Kappeler
Seit Mitte Jahr 2004 ist Erwin Hänni im Ruhestand.
Ich habe mit Erwin Hänni nur ein Jahr zusammengearbeitet.
In diesem einen Jahr aber habe ich ihn ausserordentlich
schätzen gelernt. Ich möchte ihn hier so charakterisieren:
souverän, gelassen, geduldig, zuverlässig, humorvoll.
Wann immer ich ihm eine Frage stellte – und ich habe ihm
viele Fragen gestellt – antwortete er mir kenntnisreich und mit
einer profilierten persönlichen Meinung. Ich habe mit ihm ein
sehr gutes Jahr gehabt, und die Diskussionen mit ihm haben
mir in meinem ersten Jahr als Direktorin der Schule für Gestaltung Bern und Biel ausserordentlich viel geholfen.
Es gibt viele, die Erwin länger kennen als ich. Erwin Hänni
kam 1987 an unsere Schule, und zwar als Abteilungsvorsteher
Vorkurse und Fachklassen. Bald wurde er auch Mitglied der
Schulleitung, was er bis zu seiner Pensionierung blieb.
Zuvor war er Art Director und Atelierleiter verschiedener
Werbeagenturen.
Die Schule hat ihn angestellt und sich beim Kanton für ihn
eingesetzt, obwohl er damals noch nicht alle Wahlvoraussetzungen erfüllte. Ihm fehlte die didaktische Ausbildung, die er dann
natürlich nachholte. Bis vor drei Jahren (2001) hat er Schule
gegeben, zuletzt Atelierunterricht in der Fachklasse Grafik in
Biel. Es war ein weitsichtiger Entscheid, Erwin Hänni anzustellen. Man hat offenbar erkannt, was er aus seiner beruflichen
Erfahrung alles in die Schule einbringen konnte.
Wenn einer so lange an einem Ort ist, macht er auch Veränderungen mit. Die Fusion der Schulen in Bern und Biel vor
rund fünf Jahren waren verständlicherweise auch für ihn nicht
ganz einfach. Aus Konkurrenten mussten Kollegen, musste eine
Schule werden. Er hat auch diese Aufgabe souverän gemeistert.
Vorbildhaft war Erwin Hänni für uns (noch) Jüngere auch bei
seinem schrittweisen Abbau des Pensums. Er hat loslassen und
sich in seinem letzten Jahr mit einem kleineren Pensum bereits
auf die Zeit ab August vorbereiten können – und seine Frau
hoffentlich auch.
Wenn einer so lange an einem Ort ist, gestaltet er die Schule
wesentlich mit. Besonders erwähnen möchte ich das Portfolio,
das Erwin Hänni aufgebaut hat, das heisst die Möglichkeit,
sich aus dem reichhaltigen Angebot von Weiterbildungskursen
einen individuellen Ausbildungsgang zusammenzustellen und
sich ein Zertifikat zu erwerben. Neben dem Umbau des
53
Kurswesens in ein kundenorientiertes
Angebot, das neben künstlerisch-gestalterischen auch die computergestützten
Kommunikationstechniken umfasst,
nahm er in Zusammenarbeit mit den
Lehrkräften stetige Anpassungen bei
den Vorkursklassen und Fachklassen
Keramik und Grafik vor. Er leitete den
Aufbau der Fachklasse für Konservierung und Restaurierung von Schriftgut,
Grafik und Fotografie und führte sie zur
Anerkennung als Höhere Fachschule.
Unter seiner Leitung entwickelte sich die
Fachklasse für Kunst zu der Bedeutung,
welche notwendig war zur Aufnahme in
die Hochschule für Kunst und Konservierung, der jetzigen Hochschule der
Künste. Er war massgeblich beteiligt an
der Initiierung und Entwicklung dieser
Hochschule. Und er leitete den Wechsel
vom Zeichenlehrerseminar zum Studiengang Bildnerisches Gestalten.
Im Namen der Schule für Gestaltung
Bern und Biel, jedoch auch ganz
persönlich, danke ich Erwin Hänni
für alles, was er für uns und die Schule
geleistet hat, was er für uns als Mensch
und Kollege war. Zu seinem neuen
Lebensabschnitt wünsche ich Erwin
Hänni viel Freude – sei es beim Lesen
oder beim Reisen, am Computer oder an
einem unserer Kurse, wo wir ihn sicher
hin und wieder treffen werden.#
Jörg E. Kocher
Beat Küffer
Nur etwa 150 m neben der heutigen Schule für Gestaltung
aufgewachsen ahnte Jörg Kocher wohl noch nicht, dass er seinem Quartier treu bleiben würde und den grössten Teil seiner
Arbeitszeit an der Schänzlihalde und dem Filialbetrieb in der
Enge, an der damaligen Kunstgewerbeschule Bern, leisten
würde.
Nach der obligatorischen Schulzeit und den vier Jahren in der
Primarlehrerausbildung in Hofwil unterrichtete Jörg Kocher
neun Jahre an der Oberschule in Bowil. Seine Fortbildung
in den Staats- und Wirtschaftskursen des BIGA befähigte ihn
zur Berufsschullehrerkarriere. Zuerst noch zwei Jahre, von
1966 – 1967 als Nebenamtlehrer, ab dem 1. April 1968 als vollamtliche Lehrkraft an der Kunstgewerbeschule Bern, begann
seine 38 Jahre dauernde Tätigkeit als Gewerbelehrer.
«Ich bin jeden Tag gerne arbeiten gegangen», war eine seiner
wichtigsten Aussagen anlässlich seiner Pensionierungsfeier im
Restaurant Dählhölzli, in der letzten Januarwoche 2004.
Und es stimmte! Dies vermögen all die Hunderten von Lehrlingen bestätigen, die seinem Unterricht folgten. Mit seiner
Persönlichkeit und dem grossen Engagement verstand er es,
ohne viel Aufhebens direkte Kontakte zu knüpfen, zu fördern,
zu helfen, aber auch zu fordern. Besonders am Herzen lagen
ihm die schwachen Lehrlinge oder jene, die eben besondere
Betreuung und Hingabe brauchten. Gerade deshalb unterrichtete er immer wieder an den Stützkursen, auch als seine
Tätigkeiten mehr organisatorisch und planerisch wurden.
Einen besonderen Verdienst errang er mit seiner Funktion ab
1984 als Chefexperte der Allgemeinbildenden Prüfungen der
Region Bern Mittelland. Seine korrekte und präzise Arbeit
schätzten nicht nur die Lehrlinge, nein, auch alle betroffenen
Lehrkräfte und Beteiligten der Verbände und der kantonalen
Verwaltung. Mit grossem Engagement und Präzision bereitete
er jahrelang die Lehrabschlussprüfungen vor, reservierte
Räume, kontrollierte tausende von Lehrabschlussprüfungen,
gab Noten weiter und konnte auch im grossen Stress seinen
Humor nicht verlieren, wie damals, als der besorgte Lehrer
nach den Noten einer Klasse fragte: «Eue Unterricht het ne nid
gschadet, es si au zäme gnüegend gsi!»
Ab 1. Februar 1996 wurde Jörg Kocher zum Stv. Leiter der
Abteilung Berufsschule und zum Stundenplaner befördert.
Seine persönliche Einschätzung in der Bewerbung sollte sich
mehr als bewahrheiten: «Da ich als Chefexperte... erfahren
habe, dass mir Organisieren, Planen, Verwalten und Arbeiten
54
im Team ... nicht nur Freude bereitet,
sondern, dass ich dazu offenbar auch
eine Begabung in die Wiege gelegt
bekommen habe, bewerbe ich mich.
So hoffe ich denn gerne, der Schule
für Gestaltung in Bern einen Dienst zu
erweisen». Das tat er auch – in ganz
besonderem Mass. Aus dem Organisator und Stundenplanverwalter wurde
mehr: Ansprechpartner für Lehrlinge,
Lehrkräfte und alle Mitarbeitenden der
SfGBB: «die gute Seele der Berufsschule» eben.
Lieber Jörg, Deine Aussage ganz am
Anfang unserer Zusammenarbeit galt
bis zum letzten Arbeitstag: «Ich will in
den verbleibenden sieben Jahren noch
etwas bewegen!» Und dies können wir
alle, die mit Dir zusammengearbeitet
haben, wahrlich bestätigen. In Deinem
neuen Lebensabschnitt wird es Dir nicht
langweilig. Wir wissen um Deine fantastischen Fähigkeiten als Schauspieler, wir
kennen Deine Begabung als Organisator
und wir wissen, dass wir auch zukünftig
mit Spannung auf einem Theaterstuhl
Platz nehmen können, und Dir in einer
Deiner Lieblingstätigkeit begegnen
werden.
Mit herzlichem Dank
wünschen wir Dir alles Gute!#
// Abschiedsfeste
Fotos: Roland Aellig
Roland Bart
Erwin Hänni
Jörg E. Kocher
55
// Ausstellungen/Expositions
In Bern
realisiert durch Klaus F. Pressmann, Ausstellungsleiter SfG BB u.a.
Übergänge/Transitions
19. 8. 2003, Foyer SfG BB, Bern
Fachklasse Grafik, Ausstellung der Lehrabschlussarbeiten
BAM Bernische Ausbildungsmesse
16. – 18. 8. 2003, Kursaal, Bern
Schule für Gestaltung Bern und Biel
Jeune céramique au parcours
céramique carougeois
20. 9. – 5. 10. 2003, Carouge
Fachklasse Keramik
Bern plakativ
30. 10. – 20. 12. 2003,
Kornhausforum, Bern
Fachklasse Grafik (Gestaltung der Ausstellung)
Classe professionelle de graphisme (mise au point de l’exposition)
Keramik Willisau 2003
31. 10. – 9. 11. 2003, Willisau
Fachklasse Keramik und Fachlehrer
Projektwoche Skulptur im Sandstein
Oktober 2003, 1. OG SfG BB, Bern
Goldschmiedinnen/Goldschmiede
Projektwoche Fiesch 2003
2. – 11. 12. 2003
Foyer und 1. UG SfG BB, Bern
Polygrafinnen/Polygrafen, 4. Lehrjahr,
Kiwanis-Förderpreis 2003/04
für junge Gestalterinnen und Gestalter
23. 1. – 13. 2. 2004, Foyer SfG BB, Bern
Kiwanis-Club Bern-Aare
Fotoausstellung GENUA
Projektwoche
21. 2. – 9. 3. 2004, Foyer SfG BB, Bern
Fotografinnen/Fotografen 4. Lehrjahr
Fotoausstellung: Plätze einer Stadt
Projektwoche Köln und Karlsruhe
18. – 26. 3. 2003, 2. UG SfG BB, Bern
Fotofachangestellte und
Fotolaborantinnen/Fotolaboranten, 3. Lehrjahr
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Projektwoche in Pesmes
6. 5. 2004, Pesmes (F)
Dekorationsgestalterinnen/Dekorationsgestalter 1. Lehrjahr
1. Portfolio - Ausstellung
Weiterbildung
15. 5. – 5. 6. 2004, Fover SfG BB, Bern
Angela Blattner, Margrith Kulczyk und Eva Scheuter
Diplomarbeiten und individuelle
praktische Arbeiten
19. 6. – 2. 7. 2004
Foyer und 1. UG SfG BB, Bern
Fachklasse Keramik
Sonderausstellung «Maloney» und
Jahresausstellung
30. 6. 2004, Schwabstrasse SfG BB, Bern
Vorkurse Bern
In Biel
A Bienne
realisiert durch die Fachlehrerinnen/Fachlehrer
réalisé par les professeurs des cours concernés
31 voies
31 voix
1 exposition
29. 4. – 4. 5. 2004
Forum SfG BB, Biel/Bienne
4. Fachklasse Grafik
4e classe professionelle de graphisme
Fach: Bildsprache / langage visuel
Umwege/Détours
Ausstellung der Diplomarbeiten 2004
Exposition des travaux de diplôme 2004
19. – 29. 5. 2004
Forum SfG BB, Biel/Bienne
4. Fachklasse Grafik
4e classe professionelle de graphisme
Persönliche Vertiefungsarbeiten
Projets personnels
30. 6. – 1. 7. 2004
Vorkursatelier SfG BB, Biel/Bienne
Vorkurse Biel / Cours préparatoire Bienne
Privé-public
Portfolio-Präsentationen
Présentation des dossiers
24. 6. 2004
Forum SfG BB, Biel/Bienne
3. Fachklasse Grafik
3e classe professionelle de graphisme
57
// Auszeichnungen – Vermischte Meldungen
Prix – Faits divers
Die Bratwürste, die für die OLMA-Messe 2003 in St Gallen
warben, kamen aus Biel, aus der 3. Fachklasse Grafik.¶
In einem Wettbewerb, an dem alle Schulen für Gestaltung
der Deutschschweiz mitmachen konnten, wurde der Entwurf
des Bieler Lernenden Michael Ziska ausgezeichnet und
ausgeführt.¶
Als Sujet wählte der angehende Gestalter eine aufgerissene
Bratwurstpackung aus Plastik, in der sich noch zwei rohe
Kalbsbratwürste befinden.¶
Mit diesem mutigen Entscheid, der zu reden gab, hat
sich die Wettbewerbs-Jury von den traditionellen folkloristischen Plakat-Sujets (Kühe und Sennen) gelöst.
Die Wettbewerbseingaben, die mit viel Witz die Ostschweizer
Bratwurstolympiade thematisieren, sind im Unterricht bei den
Grafik-Fachlehrern Fritz Bürki (Bern) und Urs Strähl (Luzern)
entstanden.#
Dimitri Bruni und Manuel Krebs, ehemalige Absolventen der
Bieler Fachklasse Grafik, werden für ihr Buchprojekt «NORM/
ABC», nach diversen Auszeichnungen im In- und Ausland, mit
dem Design Preis Schweiz 2003 ausgezeichnet.#
Der Thuner Filmemacher Luki Frieden, Kursleiter «Short
Story – Vom Drehbuch zum Filmfestival» an der Schule für
Gestaltung, gewinnt mit seinem Spielfilm NOVEMBER (mit
Max Rüdlinger, Charlotte Heinimann u.a.) den Filmpreis 2003
des Kantons Bern.#
Mit dem Film/Video-Werkbeitrag des Kantons Bern 2003 wird
die Filmemacherin Gabriele «Saba» Schärer, Kursleiterin
«Die Welt der bewegten Bilder – Visuelles Storytelling»
ausgezeichnet. Sie hat 2004 für die Krebsliga den Kurzfilm
«Busenfreundinnen», ein Film über das Tabu Brustkrebs,
realisiert. Er lief als Vorfilm im Kino.#
Thomas Pfister, Lehrbeauftragter für «Bilder in Bewegung»
an der Fachklasse Grafik in Biel, wird im April 2004 vom
Filmfestival «Visions du Réel» Nyon in die internationale Jury
«Regards neufs» berufen.#
Christiane Hamacher, Künstlerin und Lehrbeauftragte
am Vorkurs in Biel, realisiert im Erdgeschoss des WocherPanoramas in Thun die Wand-Installation GEGENSTÜCK
(April – Oktober 2004).#
58
Le Musée des Beaux-Arts de La-Chaux-de-Fonds présente une
exposition avec 400 oeuvres de Rolf Blaser, ex-élève de la classe
professionelle de graphisme de Bienne.#
Mit ihrem Beitrag «Sagen Sie’s durch die Zeitung» gewinnt
Esther Zimmermann aus der 3. Fachklasse Grafik Bern und
Biel den «Bund»- Grafik-Förderpreis.#
Am 19. Mai 2004 wurden im Centre PasquArt in Biel die Louise
Aeschlimann- / Margareta Corti -Stipendien der Bernischen
Kunstgesellschaft und der Rotary-Kulturförderpreis 2004
verliehen. Drei der vier Ausgezeichneten sind ehemalige
Schüler der Bieler Schule. Es sind dies Mirjam Gottier und
Claude Hohl (A/C-Stipendium) sowie Stefan Guggisberg
(Rotary-Preis). Inzwischen wurde Stefan Guggisberg auch
noch der Kulturförderpreis der Stadt Thun zugesprochen,
und Claude Hohl kann eine Auswahl seiner Werke im
Kunstmuseum Bern zeigen.#
Alexander Jaquemet, ehemaliger Absolvent der
Berufsfachschulklasse der Fotografen, gehörte zu den sechs
Preisträgern die von Fernand Rausser, Bürgi-WillertKulturpreisträger 2004, gewählt wurden.#
In Radebeul bei Dresden werden Europas 100 beste Plakate
2003 ausgewählt. Unter den prämierten Arbeiten befindet
sich auch das OLMA-Plakat von Michael Ziska aus der Bieler
Fachklasse Grafik.#
// Grafik Diplomtag
Am Mittwoch, 19. Mai 2004, wurden nach vierjähriger Ausbildungszeit in der Schule
für Gestaltung in Biel die Diplomarbeiten der Fachklasse Grafik präsentiert.¶
Von den 15 Diplomandinnen und Diplomanden haben alle das Diplom bestanden.
Die Arbeiten belegen die hoch stehende und kreative Ausbildung in der alten
SAFAG-Fabrik an der Gurzelenstrasse 31 in Biel. Mit Bedauern nimmt man zur
Kenntnis, dass diese Abschlussklasse zum letzten Mal eine vierjährige Ausbildung
erhielt. Vor drei Jahren wurde eine um zwei Semester verkürzte Lehrzeit eingeführt.
Im Rahmen des Diplomtages wurde der renommierte deutsche Kernphysiker
und das «Club of Rome»-Mitglied Prof. Dr. Hans-Peter Dürr zu einem Vortrag
eingeladen. Er sprach zum Thema «Das schöpferische Prinzip – Das Geistige der
Natur». In seinem anregenden Vortrag betonte er, wie kreativ-feindlich die klassische
Naturwissenschaft in der Regel ist. Doch die Disziplinen stehen heute nicht mehr
isoliert nebeneinander, sondern gehen
immer mehr ineinander über. Gerade
die Kunst sei für die Naturwissenschaft
von eminenter Bedeutung, könne sie
doch auf etwas weisen, das man nicht
begreifen könne. Erstaunt nahm man
zur Kenntnis, dass der Kernphysiker
nach fünfzig Jahren Forschung zum
Philosophen geworden ist.#
59
// proForma: 2003
Förderverein Schule für Gestaltung Bern und Biel
Förderpreise
Der Förderverein proForma der Schule für Gestaltung Bern
und Biel hat Ende 2003 sein neuntes Tätigkeitsjahr erfolgreich
beendet.¶
Dem Verein gehören derzeit 90 Aktivmitglieder inkl. Paarmitgliedschaften, 28 Gönnerinnen und Gönner, 17 Firmen / juristische Personen und 2 Kollektivmitglieder an. Demnach zählt
proForma zu Beginn des Jahres 2004 total 137 Mitgliedschaften
(1.1.2003: 145 Mitgliedschaften).¶
Ausgetreten, resp. den Mitgliederbeitrag seit mindestens
zwei Jahren nicht mehr entrichtet: 8 Mitglieder.¶
Der Vorstand ist im Jahr 2003 zu vier Sitzungen zusammengetreten.¶
Richard Schmitt, Beisitzer und Vertreter der Valiant-Bank, ist
auf die letzte Mitgliederversammlung hin zurückgetreten. Der
Vorstand von proForma dankt ihm ganz herzlich für seinen
Einsatz.¶
Im Sommer wurde Hans-Ueli Herrmann als Direktor der
SfG BB von Anna-Marie Kappeler abgelöst. Auch Hans-Ueli
Herrmann dankt der Vorstand im Namen aller Vereinsmitglieder ganz herzlich für die stets ausgezeichnete und
kompetente Zusammenarbeit.¶
Der Verein proForma dankt weiter:¶
Allen Vereinsmitgliedern für ihre Treue,
der SfG BB für die zur Verfügung gestellte Infrastruktur,
der VALIANT Bank Bern für Sponsoring und Gratiskontoführung.¶
Bern, März 2004
Marianne Burkhard, Präsidentin#
Joseph Jeker-Preis 2002
An der Lehrerinnen- und Lehrerkonferenz von Dienstag,
13. Mai 2003, in der Aula des Botanischen Gartens der Universität
Bern, konnte der Joseph Jeker-Preis 2002 zu gleichen Teilen an
Oliver Glauser und Olivier Maier, ehemalige Polygrafenlehrlinge, verliehen werden.¶
Joseph Jeker-Preis 2003
Preisträgerin ist Julia Hänni aus Burgdorf, bis Juli 2003
Lernende in der Goldschmiedeklasse.¶
Linck-Preis
Am 21. März 2003 wurde der mit 1000 Franken dotierte LinckPreis an Karin Lehmann, Lernende in der Fachklasse Keramik, verliehen.¶
Grafik-Preis
Mit dem Grafik-Preis von 1000 Franken für die beste Vordiplom-Arbeit wurde ausgezeichnet: Monika Stalder, 4. Lehrjahr der Fachklasse Grafik in Biel.¶
Den Stiftern der Förderpreise, Familie Lidia und Peter Jeker
(Joseph Jeker-Preis), Frau Lisa Bellwald (Grafikpreis) und Frau
Regula Linck (Linck-Preis) sei für ihre Grosszügigkeit ganz
herzlich gedankt.¶
Dank der Unterstützung durch Vereinsmitglieder und
Sponsoren konnten folgende Unternehmungen von proForma
finanziell gefördert werden:¶
Mediothek SfG BB: Benutzerkarten an Lernende und Vorkursschülerinnen und -schüler der Schule für Gestaltung Bern
und Biel. Fr. 2000.– / Beitrag an das Projekt P:P – Perspektiven
und Praxis am Standort Biel. Fr. 250.– / Vergolder-Abschlussklasse: Beitrag an Studienreise nach Prag. Fr. 400.– / Vorkurse
Schwabstrasse Bern: Beitrag an Anlass der Studierenden.
Fr. 500.– / Unterstützung der Öffentlichkeitsarbeit der SfG BB
Fr. 1000.– / Starthilfe für das «Forum Biel» Fr. 1000.–¶
60
// Dank
Altstadtleist, Biel
Antikensammlung des Instituts für Archäologie des Mittelmeerraumes der Universität Bern, Bern
Lisa Bellwald, Bern
Bernisches Historisches Museum, Bern
Bijoux Stadelmann AG, Jürg Stadelmann, Bern
Bundesamt für Kultur, Sektion Kunst und Gestaltung, Bern
Bündner Kunstmuseum, Chur
Comedia, Die Mediengewerkschaft, Bern
Ediprim AG, Biel
Galerie Kornfeld, Bern
Gewerbemuseum der Stadt Winterthur, Winterthur
h.e.p. verlag AG, Bildung Medien Kommunikation, Bern
Historisches Museum Bern, Bern
Peter Hügli, MASANI’S, Zürich
Lidia und Peter Jeker, Jeker Natursteine AG, Bern
Kulturstiftung des Kantons Thurgau, Frauenfeld
Kunsthalle Zürich, Zürich
Kunsthaus Aarau, Aarau
Kunsthaus Langenthal, Langenthal
Kunstmuseum Bern, Bern
Kunstmuseum Luzern, Luzern
Kunstmuseum Thun, Thun
Linck Keramik Reichenbach, Regula Linck, Zollikofen
Museum für Kommunikation, Bern
Museum für Kulturen Basel, Basel
Museum Rietberg, Zürich
proForma – Förderverein der Schule für Gestaltung Bern und Biel
Rigips AG, Mägenwil
Witschi Druck, Beat Witschi, Nidau
61
// Nachwort
Jürg Engi / Präsident der Schulkommission
Bildung – Weiterbildung: Wohin führen die Wege?¶
Ein Vorwort zum Nachwort: Im Jahresbericht 2003/2004 haben wir eingeführt, dass
der Präsident nicht – wie sonst üblich – das Vorwort schreiben darf, sondern eben
das Nachwort. Damit wollen wir ganz bewusst die Kultur in unserer Schule in Bern
und Biel dokumentieren. Nicht der Präsident mit seiner Schulkommission hat das
erste Wort; er lenkt im Hintergrund. Und folgerichtig schreibt er deshalb auch das
Nachwort.¶
Bildung und Weiterbildung wurden in den letzten Jahren noch nie so stark thematisiert wie heute. Wir hören von Bologna, von Pisa und längst wissen auch Nichteingeweihte, dass es sich hier nicht um die traumhaft schönen Städte in Italien handelt...
Fachhochschulen werden lanciert und per Gesetz den Universitäten gleichgestellt, ein
neues Bildungsgesetz ist offiziell seit Anfang 2004 in Kraft. Kurz und gut: Alles ist im
Wandel begriffen. Zukunftsforscher, wie der bekannte Matthias Horx, sagen voraus,
dass junge Leute, die heute in das Berufsleben eintreten, bis zu Ihrem Ausscheiden
aus der Arbeitswelt drei bis fünf verschiedene Berufe ausgeübt haben werden. Für
Ausbildungs-Verantwortliche, wie wir das an der Schule für Gestaltung Bern und
Biel sind, ist das eigentlich Musik in den Ohren, ruft doch diese These – mit der Horx
nicht alleine da steht – geradezu nach weiteren und vor allem permanenten Aus- und
Weiterbildungen.¶
Leider ist dem aber zumindest heute in der Schweiz nicht so. Es scheint, man realisiert in unserem Lande nicht oder mindest zuwenig, dass wir nur ein Kapital haben:
nämlich unsere Köpfe! Und die gilt es ständig und auf hohem Niveau aus- und
weiterzubilden. Nur so können wir Schritt halten im internationalen Vergleich, und
wir müssen sehr wohl aufpassen, dass wir den Anschluss nicht verpassen. Leider – so
muss man feststellen – sind wir auf bestem Wege dazu.¶
Wie unsere Direktorin im Vorwort anmerkt ist gerade deshalb unser Jahresbericht –
der Almanach – ein Plädoyer für Bildung und Weiterbildung. Wir haben versucht, das
was uns am Herzen liegt zu thematisieren.#
62
// Postface
Jürg Engi / Président de la Commission scolaire
Formation – Formation continue: Quels chemins prendre?¶
La préface de la postface: pour le rapport annuel 2003/2004, nous avons décidé que le
président n’écrirait pas la préface, comme le veut la coutume, mais la postface. Par là,
nous voulons consciemment documenter la culture existant dans nos écoles à Berne
et à Bienne. Ce n’est pas le président avec sa commission qui a le premier mot, mais il
oriente à l’arrière-plan. C’est pourquoi il rédige la postface.¶
Durant les 20 dernières années, le thème de la formation et de la formation continue
n’a jamais été aussi présent qu’aujourd’hui. On entend parler de Bologne, de Pise, et
il y a longtemps que même les non-initiés savent qu’il ne s’agit pas simplement de ces
villes de rêve en Italie…Des hautes école spécialisées sont créées et décrétées équivalentes aux universités par la loi, une nouvelle loi sur la formation professionnelle est
entrée en vigueur au début de l’année 2004. Bref, tout est en mouvement.
Des futurologues comme le célèbre Matthias Horx prédisent que les jeunes gens qui
commencent aujourd’hui leur vie professionnelle auront exercé trois à cinq professions jusqu’au moment où ils se retireront du monde du travail. C’est du baume au
cœur des responsables de la formation que nous sommes à l’Ecole d’Arts Visuels
puisque cette thèse – que Horx n’est pas seul à défendre – sollicite plus de formations
et formations continues et ceci en permanence.¶
Mais, malheureusement, la situation actuelle en Suisse ne reflète pas cette analyse. On
dirait qu’on ne se rend pas assez compte que dans notre pays nous n’avons qu’un seul
capital: nos têtes! Or, il s’agit de donner à celles-ci en continuité des possibilités de
formation et de perfectionnement de haut niveau. Ce n’est qu’ainsi que nous pouvons
suivre le rythme international et nous devons tout faire pour ne pas rater le coche.
Malheureusement, nous devons constater que nous sommes en passe de le rater.¶
Comme le dit notre directrice dans la préface, c’est pour cela que notre rapport annuel, l’almanach, est un plaidoyer pour la formation et la formation continue dans lequel
nous nous sommes efforcés de dire ce qui nous tient à cœur.#
63
// Impressum
Copyright © 2004
Schule für Gestaltung Bern und Biel /
Ecole d’Arts Visuels Berne et Bienne
Projektteam / Groupe de projet:
Anna-Marie Kappeler, Urs Dickerhof,
Thomas Pfister (Leitung), Roland Aellig,
Markus Beer, Dario Bortoli, Stefan Gelzer,
Thomas Jsaak, Francesco Micieli, Damir Milicevic,
Heinz Wyder, Beat Trummer
Redaktion / Rédaction: Thomas Pfister
Fotos / Photos: Roland Aellig u.a.
Übersetzungen / Traductions: Marguerite Zaugg-Diener
Konzept und Gestaltung / Conception et création visuelle:
2. Fachklasse für Grafik / 2e classe professionnelle de graphisme
Alain Aebersold, Miriam Affolter, Maya Arber,
Andrea Bachofner, Jonas Bechstein, Georges Blunier,
Nicole Brand, Lucas Canepa, Cornelia Diethelm, Susanne Gafner,
Tobias Huber, Yannic Joray, Emanuel Künzi, Barbara Pfander,
Victoria Reisle, Andrea Stebler, David Walter
Fachbegleitung / Conseil professionnel:
Beat Trummer, Heinz Wyder, Markus Beer
Druck / Buchbinderische Arbeiten / Exposition / Impression / Reliure:
Schule für Gestaltung Bern und Biel
Dario Bortoli, Thomas Jsaak, Damir Milicevic
Auflage / Tirage: 500
ISBN 3-033-00295-1
#
Schule für Gestaltung Bern und Biel /
Ecole d’Arts Visuels Berne et Bienne
Bern
Schänzlihalde 31
3013 Bern
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Biel-Bienne
Gurzelenstrasse 31, rue Gurzelen
2502 Biel/Bienne
Tel 032 344 20 10
Fax 032 344 20 11
offi[email protected]
www.sfgb-b.ch
eine Institution des Kantons Bern
une institution du canton de Berne
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48
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10
13
3
28
11
1
179
160
31
40
10
9
13
24
Siebdruckerin/Siebdrucker
Steinbildhauerin/Steinbildhauer
Steinhauerin/Steinhauer
Steinmetzin/Steinmetz
Töpferin/Töpfer
Vergolderin/Vergolder
Buchbinderin/Buchbinder
Dekorationsgestalterin/Dekorationsgestalter
Druckausrüsterin/Druckausrüster
Druckerin/Drucker
Drucktechnologin/Drucktechnologe
Fotofachangestellte/Fotofachangestellter
Fotografin/Fotograf
Fotolaborantin/Fotolaborant
Glasmalerin/Glasmaler
Goldschmiedin/Goldschmied
Grafikerin/Grafiker (duale Ausbildung)
Grafikerin/Grafiker (Vollzeitausbildung)
Industriekeramikerin/Industriekeramiker
Kartografin/Kartograf
Keramikerin/Keramiker (duale Ausbildung)
Keramikerin/Keramiker (Vollzeitausbildung)
Keramikmalerin/Keramikmaler
Keramikmodelleurin/Keramikmodelleur
Die Berufsziele der Lernenden
Polygrafin/Polygraf
Schrift- und Reklamegestalter/in
Ausbildungen im tertiären Bereich
Berufsfachschule Standort Bern: 24 Berufe
Vorkurse Standort Bern (Vollzeitausbildung)
Vorkurse Standort Biel (Vollzeitausbildung)
Fachklasse Keramik Standort Bern (Vollzeitausbildung)
Fachklasse Grafik Standort Biel (Vollzeitausbildung)
3608
2350
und Stützkurse in 159 Tages- und Abendkursen
Total
Gestaltungs-, Fort- und Weiterbildungskurse, Freifach-
85
Technikerschule TS für Medienwirtschaft und Medienmanagement
14 Vorbereitung auf die eidg. Berufsprüfung Techno-Polygrafin/Techno-Polygraf
9 Vorbereitung auf die Berufsprüfung zur Fotofachfrau/zum Fotofachmann
12 Vorbereitung auf die eidg. Berufsprüfung Multimedia-Koordinatorin/Multimedia-Koordinator
11 Vorbereitung auf die eidg. Berufsprüfung Typografische Gestalterin/Typografischer Gestalter
933
61
36
28
69
Pflichtunterricht
In Ausbildung
// Schule für Gestaltung Bern und Biel 2003/2004
// Jahresrechnung 2003/2004
Aufwand
Gehälter Lehrkräfte
Gehälter administratives Personal
Beiträge Sozialversicherungen
Weiterbildung
übriger Personalaufwand
9 587 206.00
1 398 419.00
1 614 267.00
74 304.00
5 215.00
Personalaufwand
12 679 411.00
Lehrmittel, Fachliteratur, Material
Anschaffungen Maschinen,
Mobilien, Informatik
Wasser, Energie, Heizung
Betriebs- und Verbrauchsmaterial
Baulicher Unterhalt
Unterhalt Maschinen,
Mobilien, Informatik
Mieten
Exkursionen, Spesen
Dienstleistungen Dritter
übriger Sachaufwand
559 395.00
Sachaufwand
3 162 969.00
Total
15 842 380.00
621 730.00
244 125.00
61 544.00
140 193.00
121 282.00
879 334.00
57 341.00
471 723.00
6 302.00
Erträge
1 355 326.00
2 142 140.00
3 161 097.00
539 257.00
Kurs- und Schulgelder
Ausserkantonale Beiträge
Bundesbeitrag
übrige Einnahmen
7 197 820.00
Total Erträge
8 644 560.00
Finanzierung Kanton
a
Total
15 842 380.00
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