Theaterzeitung - Die Theater Chemnitz

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Theaterzeitung - Die Theater Chemnitz
Neueröffnung
Familienoper
Aktuelle Stücke zeigt das
Schauspielhaus jetzt im
Ostflügel … Seite 2
Figurentheater-Direktor
Dominik Wilgenbus
Manfred Blank im
inszeniert Mozarts
„Zauberflöte“ neu … Seite 3 Interview … Seite 4
Multitalent
Eine Beilage in der
Theaterzeitung
SEITE 2
EDITORIAL
HERBST 2011
Wandel mit Kontinuität
Das Schauspielhaus eröffnet mit dem Ostflügel eine neue Spielstätte
G
Liebe Theaterfreunde!
In diesen Tagen können Sie sich ein eigenes Bild von den Neuerungen machen,
die während der Sommerpause im
Schauspielhaus entstanden sind. Gerade
haben wir den Ostflügel eröffnet, der als
neue Spielstätte für aktuelles Regie- und
Autorentheater das Profil der früheren
Kleinen Bühne fortführt. Schon heute
gibt es dort die zweite Premiere, und der
Raum wird sich dafür gleich wieder verändern - auf Flexibilität, die den Anforderungen der einzelnen Stücke Rechnung
trägt, haben wir großen Wert gelegt. Der
Umbau ist binnen weniger Monate mit
großem Einsatz der technischen Abteilungen hervorragend gelungen - ich bin
sicher, dass Sie diesen Eindruck teilen.
Den Anstoß dazu gab der Umzug des
Figurentheaters, dessen früheres Quartier, der Luxor-Palast, geschlossen worden ist. Bereits seit dem 9. September ist
das Figurentheater auf der früheren Kleinen Bühne zu Hause. Auch sie wurde dafür umgebaut: Sie liegt jetzt tiefer, um
den kleinen Zuschauern beste Sicht zu
bieten. Der Umzug kam für das Figurentheater passend zu einem Jubiläum: Im
Dezember besteht es seit 60 Jahren. Diesen Geburtstag wollen wir am ersten Dezember-Wochenende mit Ihnen feiern.
Über den Veränderungen im Schauspielhaus kommt aber auch das Opernhaus nicht zu kurz. Hinter seine Kulissen
können Sie beim Theaterfest am 30. Oktober blicken. Mit ungewöhnlichen Events
wird das Haus für Sie den ganzen Zauber
einer großen Bühne entfalten.
So ereignisreich der Herbst aber auch
ist - vergessen Sie nicht, jetzt schon Ihre
Karten für die Weihnachtszeit zu buchen.
Mit der „Zauberflöte“ und der Deutschen
Erstaufführung von Jonathan Doves
„Swanhunter“ im Opernhaus, mit „König
Drosselbart“ oder „Drei Haselnüsse für
Aschenbrödel“ im Schauspielhaus verspreche ich Ihnen einen märchenhaften
Advent.
Bernhard Helmich
Generalintendant
egenwartsstücken war die Kleine
Bühne im Schauspielhaus Chemnitz gewidmet. Sie ist in der Sommerpause umgebaut worden zur neuen
Spielstätte des Figurentheaters. Dennoch
hat die junge, ganz im Hier und Heute lebende Dramatik weiter ihren Platz im
Haus – jetzt im Ostflügel, der ehemaligen
Probebühne.
Erst am 29. September 2011 wurde die
neue Spielstätte eröffnet: mit der Uraufführung der Komödie „Illusionen“ vom
russischen Dramatiker Iwan Wyrypajew.
Die Dramaturgin Esther Holland-Merten:
„Es ist etwas Besonderes, dass wir ein
Auftragswerk von ihm bekommen haben.
Wir sprachen ihn an, weil er eine spannende Art hat, die Welt zu sehen. Wir haben ihm keine Vorgaben gemacht – wir
lassen uns gern überraschen, und er hat
uns überrascht.“
Gleich am 1. Oktober folgt mit Anne
Nathers „Im Wald ist man nicht verabredet“ die zweite Ostflügel-Premiere. Holland-Merten: „Das Stück liegt seit zwei
Jahren auf meinem Schreibtisch, und
wenn es einen so lange nicht loslässt und
bis in die Träume verfolgt, muss man es
einfach machen. Dazu kommt, dass wir
mit Alexandra Wilke die richtige Regisseurin getroffen haben.“ Auch hier ist die
Dramaturgin von der Schreibweise der
Autorin begeistert: „Sie entwickelt Dialoge und ansatzweise auch eine Figurenpsychologie, aber sie stattet ihre Figuren
mit merkwürdigen Eigenheiten und Verhaltensmustern aus.“ So kommuniziert
im Stück eine junge Frau mit ihren Gesprächspartnern, indem sie Filme oder
Märchen nacherzählt – eigene Erfahrungen hat sie noch nicht gemacht, ihr Leben ist deshalb ein Stückwerk aus anderen Leben und Fiktionen.
Nach diesem geballten Auftakt im Ostflügel ist dort erst der 2. Februar 2012
der nächste Premierentermin. „Radikale“
ist der dritte Stückauftrag an Ulrike Syha
– die Zusammenarbeit begann mit „Privatleben“, das gleich zu den Mülheimer
Theatertagen 2009 eingeladen wurde,
und ging mit „Fracht“ weiter. Noch ist das
neue Stück in der Entstehungsphase. Holland-Merten: „Das Thema ist die Sehnsucht nach Radikalisierung in vielen Le-
Die Ausstattung alter Chemnitzer Straßenbahnen lieferte die Inspiration für das
Design der Bänke im Foyer des Ostflügels und in seinen Seitengängen.
bensbereichen – das scheinbare Harmoniegebilde um uns funktioniert offenbar
nicht mehr.“
Am 16. März 2012 wird das gesamte
Schauspielhaus zum Schauplatz des Festivals „4+1“. Im Ostflügel wird dann Oliver
Klucks „Das Prinzip Meese“ aufgeführt,
aber auch die übrigen Stücke – „Die
Handgriffe der Evakuierung“ von Susanna Mewe, zunächst im Figurentheater zu
sehen, „Herr mit Sonnenbrille“ von Gerhild Steinbuch, zunächst auf der Hinterbühne, und ein noch zu entdeckendes
neues Stück für die Vorbühne – gehen ins
Repertoire der neuen Spielstätte über.
Holland-Merten: „’Das Prinzip Meese‘
war das Stück, mit dem wir Oliver Kluck
kennengelernt haben. Ich fand es großartig und riet ihm, sich damit bei Ausschreibungen zu bewerben. Beim Berliner Theatertreffen wurde es dann mit
dem Förderpreis für Junge Dramatik ausgezeichnet.“ Auch als Dank für diese Ermutigung schrieb Kluck für das Schauspiel Chemnitz „Zum Parteitag Bananen“
und „Feuer mit mir“.
„Die Handgriffe der Evakuierung“ ist
für Holland-Merten „die glückliche Fortsetzung einer Zusammenarbeit“ - mit der
uniT-Kulturinitiative der Karl-FranzensUniversität Graz, die den Retzhofer Dramapreis ausschreibt. Henriette Dushes
„Menschen bei der Arbeit“ gewann ihn
2009 und erlebte anschließend seine Uraufführung in Chemnitz. Das wiederholt
sich jetzt mit dem Gewinnerstück des
Jahres 2011.
Die Österreicherin Gerhild Steinbuch
stellt sich dem Chemnitzer Schauspielhaus-Publikum neu vor – aber gleich doppelt: Von ihr stammt die Bearbeitung des
Hauffschen Märchens „Das kalte Herz“
für die Große Bühne, das der Spielzeit ihr
Motto gibt. Über das Ostflügel-Stück
„Herr mit Sonnenbrille“ sagt HollandMerten: „Es beschreibt eine österreichische Gegend und Lebenswelt, die deutschen Regionen wie etwa Chemnitz nicht
so unähnlich ist – früher haben Industrie
und Tourismus floriert, jetzt steht eine
Neuorientierung bevor, wie sie Chemnitz
widerfahren ist.“ (HF)
HERBST 2011
Theaterzeitung
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Zielgruppe: Nichte, Neffe, Eltern
Dominik Wilgenbus inszeniert „Die Zauberflöte“ von Wolfgang Amadeus Mozart neu
S
eine erste Oper sah Dominik Wilgenbus mit sieben Jahren. „Der
Junge wird’s wohl aushalten“, dachten die Eltern, als sie ihn zu „Carmen“ ins
Freilichttheater Eutin mitnahmen - und
ihm, wie er heute sagt, ein „durchschlagendes“ Erlebnis boten. Er holte sich nun
Aufnahmen aus dem elterlichen Plattenschrank; eine davon war Mozarts „Zauberflöte“. „Ich konnte mit acht, zehn Jahren etwas damit anfangen“, erinnert er
sich.
Als er bei August Everding Theaterregie studierte, erfuhr er, dass „Die Zauberflöte“ zu den „Leib- und Magen-Stücken“
des Professors gehörte: „Wenn wir bei
ihm und seiner Frau zur Linsensuppe eingeladen waren, erörterten wir, ob man
die Ouvertüre inszenieren solle oder
nicht.“ Über die Jahre füllte sich Wilgenbus‘ Partitur mit Notizzetteln.
Heute erlebt er Mozarts Oper „auf einer anderen Ebene“ als in seiner Kinderzeit, und er ist sicher, dass ältere Menschen sie wieder anders erleben. Der
Märchencharakter der „Zauberflöte“ erklärt diese generationenübergreifende
Faszination.
Allen Altersgruppen und damit der
ganzen Familie will der Regisseur nun etwas bieten: „Meine Zielgruppe sind meine elfjährige Nichte, die schon zwei meiner Inszenierungen gesehen hat, und
mein sechsjähriger Neffe, der noch nichts
von mir kennt. Aber auch seine Eltern,
die nicht sicher sind, ob eine Oper etwas
für sie ist. Dass sie alle anschließend ‚Super‘ sagen, ist mein Ehrgeiz.“
Befreien will sich Wilgenbus von den
vielen Deutungen, die Mozarts Oper über
die Jahrhunderte erfahren hat. Ihm liegt
am Originaltext: „Ich habe ganz genau
geguckt: Was steht da? Die eigene Fantasie beschränkt das gar nicht - zu den Bildern, Zeichen, Vorgängen im Stück fallen
Ein weiterer bewährter Partner ist der
Bühnenbildner Udo Vollmer, der in gleicher Funktion bereits an Wilgenbus‘
Chemnitzer Inszenierung der HändelOper „Alcina“ beteiligt war. Für die „Zauberflöte“ hat er einen abstrakten Raum
entworfen, dessen geometrische Formen
- zwei Dreiecke - sich als Berge sehen lassen. „Wir erzählen die Geschichte durch
ständige Bewegung“, erklärt der Bühnenbildner, „die Berge fallen auseinander,
drehen sich auf der Drehbühne.“
Solange sie sich in eine Richtung
dreht, bringt sie die Figuren auf ihrer Reise voran. Bewegt sie sich in der Gegenrichtung, dreht sich mit ihr die Zeit zurück. So, wie sich mit dem gesamten
Stück die Zeit zurückdrehen kann zu den
Märchen der Kindheit. (HF)
INFOS & TERMINE
Die Zauberflöte
Musikalische Leitung: Frank Beermann
Inszenierung: Dominik Wilgenbus
Bühne: Udo Vollmer
Kostüme: Andrea Fisser
Julia Bauer als Königin der Nacht und Guibee Yang als Pamina in Dominik Wilgenbus’ Neuinszenierung der „Zauberflöte“. Der Regisseur betont den Märchencharakter der Oper.
mir 1000 Sachen ein.“ Für Wilgenbus
steckt die Kernaussage in Paminas und
Papagenos Duett „Mann und Weib und
Weib und Mann“: „Die Gegensätze müssen in Einklang kommen. Müssen erkennen, dass sie einander brauchen, ergänzen, sich nicht bekämpfen sollten. Und
das Mittel zu dieser Erkenntnis kann nur
die Liebe sein.“
Die Figuren des Stücks erfahren dies
auf einer Reise. Sie beginnt als klassische
Abenteuerreise, auf der Drachen und andere Fabelwesen zu bekämpfen sind, bevor sie zur Metapher für eine innere Entwicklung wird. Für die Gestaltung der
mythischen Kreaturen arbeitet Wilgenbus
wie bei anderen Chemnitzer Inszenierungen, der Oper „Rusalka“ und dem Kinderstück „Der Zauberer von Oz“, mit dem Figurentheater zusammen. „All diese Stücke sind Märchen“, benennt er die Gemeinsamkeit.
Mit: Kouta Räsänen (Sarastro), André Riemer (Tamino), Martin Gäbler (Sprecher / 3. Priester), Peter
Heber (1. Priester), Stephan Hönig (2. Priester), Julia
Bauer (Königin der Nacht), Guibee Yang (Pamina),
Johanna Stojkovic (1. Dame), Tiina Penttinen (2. Dame), Kathleen Glose (3. Dame), *** / Josephine Brüning (1. Knabe), *** / Julia Böhme (2. Knabe), *** /
Sarah Kaulbarsch (3. Knabe), Susanne Thielemann
(Papagena), Andreas Kindschuh (Papageno), Tommaso Randazzo (Monostatos), Edward Randall (1.
Geharnischter), Thomas Mäthger (2. Geharnischter)
***: Dresdner Kapellknaben
Termine: 07.10. / 16.10. / 25.10. / 04.11. / 20.11. /
06.12. / 16.12. / 25.12.2011 / 10.01. / 28.01. / 04.03.
/ 30.03. / 09.04. / 27.05.2012
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Theaterzeitung
HERBST 2011
„Eine Truppe, die funktioniert“
Das Figurentheater feiert sein 60-jähriges Bestehen – Manfred Blank ist 28 Jahre dabei und seit 16 Jahren Direktor
H
err Blank, Sie sind nicht nur
Direktor des Figurentheaters, sondern auch Schauspieler,
Puppenspieler, Musiker, Komponist und Regisseur. Diese vielen
Fähigkeiten verdanken Sie einem
bunten Vorleben. Angefangen haben Sie 1978 als Schauspieler in
Karl-Marx-Stadt. Wie haben Sie
die Stadt damals, im Unterschied
zu heute, wahrgenommen?
Ich war sehr froh, nach dem Schauspielstudium hier engagiert zu werden. Das
Theater war sehr angesagt in der DDR.
Wir lebten im Theater, zwischen Probe
und Vorstellungen. Die Stadt habe ich
daneben kaum wahrgenommen, aber
schon damals nicht als unangenehm
empfunden. Nach der Wende hat sich
dann doch enorm viel getan. Freunde,
die lange nicht hier waren – zum Beispiel
aus London, die die Stadt zuletzt zu
DDR-Zeiten gesehen haben – finden es
unglaublich, was passiert ist und wie interessant die Stadt geworden ist.
Nach drei Jahren am Theater sind
Sie aber 1981 gegangen. Warum?
Ich bin nicht über mittlere Rollen hinausgekommen. Ich wollte, wie jeder junge
Schauspieler, immer den „Hamlet“ spielen und habe ihn nicht gekriegt.
Sie haben damals das Metier gewechselt und sich der Leipziger
Band „Schwarzer Pfeffer“ angeschlossen. Hatten Sie mit Rockmusik schon Erfahrung?
Ich hatte nie professionellen Unterricht,
aber wollten wir nicht alle wie John Lennon sein? Schon mit 14 hatte ich bei mir
auf dem Dorf eine Band gegründet. Und
nun kam aus Leipzig diese Anfrage. Ich
kannte keinen aus der Band persönlich,
aber es spielten Leute mit, die seinerzeit
sehr bekannt waren. Der Trommler zum
Beispiel kam von „Automobil“ und hatte
mit Nina Hagen getourt.
Nach zwei Jahren ging auch diese
Phase zu Ende. Warum so schnell?
In der DDR gab es eine „Konzert- und
Gastspieldirektion“. Vor einer Kommission musste man vorspielen, wenn ein Programm fertig war, und sie gestattete es
oder auch nicht. Gegen unsere Musik
hatte sie nichts, aber die Texte waren politisch nicht konform, obwohl für mich
immer noch zu vorsichtig. Also wurde
uns jemand geschickt, der uns die „richtigen“ Texte schreiben sollte. Wir haben
ihn einfach wieder weggeschickt. Und
wir hatten schon – wie gesagt, die Musiker waren bekannt – Verträge gemacht.
Diese Verträge haben wir erfüllt und einfach gespielt. Aber die DDR hatte ja einen
Trick: Sie zog drei von uns gleichzeitig
zur Armee ein. Damit war es vorbei.
Und Sie kamen 1983 da an, wo Sie
noch heute sind: am Puppentheater Karl-Marx-Stadt, wie es damals hieß.
Ich wohnte nach wie vor in Karl-MarxStadt und traf zufällig Manfred Stopf
vom Puppentheater, der mir einen Vertrag anbot. Für mich war das eigentlich
Eine der gelungensten Inszenierungen war „Der Abendkranich“ nach einem MärFOTO: FARKAS
chen von Junji Kinoshita mit Figuren von Peter Gemarius de Kepper.
nur Kaspertheater, und ich wollte „große
Kunst“ machen. Aber ich dachte: Halt
dich damit ein Jahr über Wasser, bis du
etwas anderes findest. Sie sehen ja, was
daraus geworden ist!
Wie sahen die Stücke damals aus?
Das Angebot für Kinder war eher niedlich, häufig mit erzieherischem Charakter. Die Anekdote, dass an einem Puppentheater der DDR die sieben Zwerge
allesamt Jungpioniere waren, erzeugt
heute Heiterkeit, war damals aber
durchaus ernst gemeint. Für Kindergärten war der Besuch im Puppentheater
ein Pflichttermin, was nicht heißt, dass
die Kinder ungern hingingen. Für Erwachsene zu spielen, wurde damals zwar
schon begonnen, aber eher sporadisch,
und inhaltlich waren es hauptsächlich
Komödien. Inzwischen haben wir Stücke
wie „Striptease“ von Mrozek, Büchners
„Woyzeck“ und Shakespeares „Hamlet“
mit Figuren und Objekten gespielt. So bin
ich, zumindest als Regisseur, doch noch
zu meinem „Hamlet“ gekommen.
Mussten Sie trotz der Erfahrungen, die Sie mitbrachten, für das
neue Metier dazulernen?
Die Unkenntnis des Genres hat Vor- und
Nachteile. Ein Vorteil: Wer von nichts
weiß, kann eingefahrene Gleise verlassen, den Kollegen sagen: „Macht es mal
anders.“ Lernen musste ich aber vor allem, dass jede Puppe eigene Bewegungsgesetze und ein eigenes Tempo hat. Eine
Marionette zum Beispiel ist langsam. Ich
bekam einen Vertrag als Schauspieler –
zum Puppenspiel war ich nur bei Not am
Mann verpflichtet. Aber diese Not war
permanent. So bekam ich gleich eine Marionette, die hohe Schule. Ich habe Tag
und Nacht geübt.
1993 wurde das kommunale Puppentheater den Städtischen Theatern Chemnitz als Sparte angegliedert. Was wurde dadurch anders?
Ich glaube nicht, dass es uns sonst noch
gäbe. Die Strukturen sind dadurch professioneller geworden. Wir mussten uns
verschlanken – eine Verwaltung haben
die Theater ja, die brauchen wir nicht extra. Dafür hatten wir plötzlich Werkstätten, die wir mitnutzen können.
1995 haben Sie dann die Leitung
des Figurentheaters übernommen.
Manfred Blank
Direktor Figurentheater
„Im Figurentheater im
Schauspielhaus sind
wir nah am Publikum
und haben eine ganz
fantastische Akustik.“
Ich hatte doch immer was zu meckern,
und dann kommt jemand und sagt: „Jetzt
kannste Chef werden.“ Sollte ich da kneifen? Also habe ich gesagt: „Ich mach’s.“
Aber es war keine leichte Entscheidung.
Seit 1996 waren Sie im Luxorpalast untergebracht, jetzt bespielen Sie die ehemalige Kleine Bühne des Schauspielhauses. Welche
Erinnerungen haben Sie an die alte Spielstätte?
Als die Oper umgebaut wurde, hat sie
den Luxorpalast als Interims-Spielstätte
genutzt, danach wollte ihn ein Kinobetreiber haben. Die Stadt hat clever reagiert und gesagt: Du kriegst ihn, wenn
du das Puppentheater reinnimmst. Nur
hatte er keine Vorstellung von den Anforderungen. Er dachte, Puppenspieler
kommen mit dem Koffer und holen den
Kasper raus. Das eigentliche Problem
war aber der Saal, ein Kinosaal, in dem
ab 18 Uhr Filme liefen. Also konnten wir
abends nicht probieren, nicht umbauen,
nicht spielen. Und der Saal hatte eine gedämpfte Kino-Akustik, sodass wir nur
schwer zu verstehen waren. Ausgestattet war er mit Kinositzen, bei denen Kinder kaum über die Lehne sehen konnten
– wir haben uns mit Sitzkissen beholfen.
Und schon die erste Reihe war vier bis
fünf Meter von der Bühne entfernt. In der
letzten Reihe war nur noch zu ahnen,
was wir spielten. Dagegen sind wir im Figurentheater im Schauspielhaus ganz
nah am Publikum und haben eine absolut fantastische Theater-Akustik.
2001 wechselte das Puppentheater auf Ihre Initiative seinen Namen in Figurentheater. Warum?
Seitdem ich die Leitung übernommen
habe, machen wir eine andere Art von
Theater, nicht mehr ausschließlich mit
Hand- oder Stabpuppen oder Marionetten. Ich habe international auf Festivals
geschaut, was läuft, und das Objekt- und
Materialtheater entdeckt, das Spiel mit
Gegenständen.
Das Puppentheater feiert im Dezember sein 60-jähriges Bestehen, das Figurentheater gibt es
seit zehn Jahren. Was hat diese
zehn Jahre besonders geprägt?
Es wurden Stellen abgebaut - zwei Jahre
nach der Wende waren wir noch 15 Leute,
jetzt sind wir neun. Also muss man heute
genauer überlegen, welche Stücke mit
dieser Besetzung machbar sind. Und die
Chemie muss stimmen, weil man bei so
wenigen Leuten immer miteinander zu
tun hat. Als wir den „Kleinen Horrorladen“ machten, waren wir eine gute Truppe, die aber über die Jahre auseinandergefallen ist. Mein Bestreben war immer,
ein ähnlich kreatives Ensemble auf hohem künstlerischen Niveau zusammen
zu stellen. Jetzt sind wir wieder eine
Truppe, die funktioniert.
Was sind Ihre Lieblingsstoffe, Ihre
Lieblingsstücke?
Meine Lieblingsdramatiker sind Büchner
und Kleist. Gern gemacht habe ich Büchners „Woyzeck“, gern machen würde ich
„Leonce und Lena“ von ihm und den
„Prinz von Homburg“ von Kleist. Gern
gemacht habe ich auch „Der Abendkranich“, das Märchen eines Japaners um
individuelle, zwischenmenschliche Beziehungen. Generell bringe ich sehr gern
Märchen, vor allem in Bearbeitungen
von Christian Martin. Seine Adaptionen
geben einen neuen Blick auf den Stoff.
Ist diese Vorliebe der Grund, sich
in der laufenden Spielzeit ganz auf
Märchen zu konzentrieren?
Unser Publikum möchte gern Märchen
sehen. Wir haben es über die Jahre geschafft, ihm auch andere Stoffe nahe zu
bringen. Aber in dieser Jubiläumsspielzeit möchte ich mich bei unserem Publikum mit einem Spielplan bedanken, den
es von vorn bis hinten toll finden kann.
(HF)
Theaterzeitung
HERBST 2011
Ein Dresdener
mit englischem
Ruhm
Uraufführung von Torsten
Rasch im Sinfoniekonzert
Dass Torsten Rasch „sicherlich eine der
größeren schöpferischen Kräfte in
Deutschlands Musikleben“ ist, war nicht
im eigenen Land über den Komponisten
zu hören, sondern in England: Dort stellte
ihm Robert Cowan im BBC-Radio 3 dieses
Qualitätszeugnis aus. Zu Hause ist Rasch
dagegen kaum bekannt - vielleicht, weil
er nicht in den elitären Zirkel der Gegenwartskomponisten passt. 1965 in Dresden geboren, begann er ganz klassisch
mit Klavierunterricht, gehörte dem
Dresdner Kreuzchor an und studierte
Komposition und Klavier an der Carl Maria von Weber-Universität seiner Heimatstadt. Dann aber ging er 1990 nach Japan
und komponierte dort mehr als 40 Filmund TV-Soundtracks. Eine Filmmusik
brachte ihm auch den Durchbruch in
England: Gemeinsam mit dem Elektropop-Duo „Pet Shop Boys“ unterlegte er
2006 Sergej M. Eisensteins StummfilmKlassiker „Panzerkreuzer Potemkin“ live
mit neuen Tönen für eine Open-Air-Aufführung auf dem Londoner Trafalgar
Square. Ein Auftragswerk der BBC für das
Cheltenham Festival folgte im selben
Jahr.
Im 2. Sinfoniekonzert dieser Spielzeit,
das am 13. Oktober, 20 Uhr von Deutschlandradio Kultur live übertragen wird,
kann nun das Chemnitzer Publikum die
Uraufführung einer Rasch-Komposition
genießen. „Wouivres“ – ein keltisches
Wort – sind vier Orchesterstücke mit einer Gesamtdauer von 25 Minuten, entstanden 2006 als Auftragswerk des London Philharmonic Orchestra; für eine
Aufführung fehlte dann aber das Geld.
Über den britischen Musikverlag Faber
Music konnte sich die Chemnitzer Robert-Schumann-Philharmonie die Uraufführungsrechte sichern.
Generalmusikdirektor Frank Beermann, der das Konzert dirigiert, kombiniert Raschs Werk mit Peter Tschaikowskys Konzert für Klavier und Orchester Nr.
1 b-Moll op. 23 und mit Claude Debussys
„Images“. Bei Rasch hat er ein „impressionistisches Klanggebilde“ entdeckt, das
mit den „feinen Bildern Debussys“ korrespondiert, Tschaikowskys „russische
Voll-Emotionalität“ bildet den „entspannt-besinnlichen“ Kontrast. (HF)
SEITE 5
Begegnung mit Beethoven
Zum Spielzeitende erklingen binnen zwei Wochen alle neun Sinfonien
D
ass die Chemnitzer im Konzert
zum Jahreswechsel Beethovens
Neunte zu hören bekommen, ist
Tradition. Weil die ungebrochen bleiben
soll, erklingt die Komposition in dieser
Spielzeit mehrfach: Auch beim zehnten
und letzten Sinfoniekonzert der Saison
steht sie auf dem Programm. Dass das
keine bloße Wiederholung wird, garantieren der Ortswechsel vom Opernhaus in
die Stadthalle, eine größere Orchesterbesetzung, andere Chöre und Solisten.
Dass es überhaupt eine zweite Neunte
gibt, hat einen guten Grund: Sie eröffnet
die „Begegnungen mit Beethoven“ des
Generalmusikdirektors Frank Beermann
und der Robert-Schumann-Philharmonie.
Innerhalb von zwei Wochen führen sie alle neun Sinfonien des Komponisten auf.
Nach dem Auftakt in der Stadthalle
wechseln sie an außergewöhnliche Spielorte wie die Kreuzkirche.
Beermann gibt dem Projekt einen kulturpolitischen Aspekt: „Vor Beethoven
gab es keine so großen Orchester; sein
Schaffen machte sie erst möglich und nötig. In Chemnitz, wo die Philharmonie
1833 gegründet wurde, ist diese Tradition
fast ebenso lang wie europaweit. Es ist
len eine Verpflichtung dar, und die liegt
bei der Politik.“ (HF)
INFOS & TERMINE
Stieler, Joseph Karl: Beethoven mit der
Missa solemnis; Ölgemälde, 1819
eine lebendige Tradition: Die RobertSchumann-Philharmonie ist ständig im
Alltag der Stadt präsent. Dennoch wird in
Chemnitz heute die Frage gestellt: Brauchen wir die Philharmonie? Warum muss
sie so groß sein? Unsere Antwort sind die
‚Begegnungen mit Beethoven‘. Tradition
und Lebendigkeit der Philharmonie stel-
Konzert zum Jahreswechsel
Ludwig van Beethoven: Sinfonie Nr. 9 d-Moll op. 125
Solisten: Johanna Stojkovic, Sopran; Tiina Penttinen, Alt; Edward Randall, Tenor; Kouta Räsänen,
Bass
Chor der Oper Chemnitz (Einstudierung: Simon
Zimmermann), Singakademie Chemnitz (Einstudierung: Maja Sequeira)
Dirigent: Domonkos Héja
Termine: 31.12.2011 / 01.01.2012
Opernhaus
10. Sinfoniekonzert
Ludwig van Beethoven: Sinfonie Nr. 9 d-Moll op. 125
Solisten: N.N., Sopran; Tiina Penttinen, Alt; Bernhard Berchtold, Tenor; Oliver Zwarg, Bass
Kantorei der St.-Pauli-Kreuz-Kirchgemeinde Chemnitz (Einstudierung: Steffen Walther), Philharmonischer Jugendchor Dresden (Einstudierung: Jürgen
Becker)
Dirigent: Frank Beermann
Termine: 13.06. / 14.06.2012
Stadthalle Chemnitz, Großer Saal
Stilerprobt
Erkan Kurt ist als 1. Solist neu im Ballett Chemnitz
E
r war schon 1. Solotänzer an der
Semperoper in Dresden, der Oper
Leipzig und der Bayerischen
Staatsoper in München. Jetzt hat sich Erkan Kurt für Chemnitz entschieden: „Ich
mag den Stil des Ballettdirektors Lode
Devos und möchte mit ihm arbeiten.“
Kennen gelernt haben sich die beiden, als
Kurt hier zwischen 2008 und 2010 als
Gast in „Schwanensee“ und „Kaddish/Serenade“ tanzte.
Der 1976 in Leverkusen geborene türkische Staatsbürger tanzte zunächst am
Staatsopernballett in Izmir, wo er auch
das Konservatorium besucht hatte. Sein
„Abenteuer Europa“, wie er es nennt, begann in Antwerpen, doch es zog ihn in
sein Geburtsland. Er bewarb sich an der
Semperoper und wurde 1. Solotänzer.
„Bei den Proben bekommen viele diese
Chance“, sagt er. „Mir haben die Dresdner dann auch auf der Bühne gleich Solo-
rollen anvertraut.“ Als er bei ihnen in einem Stück des damaligen Leipziger
Chef-Choreografen Uwe Scholz tanzte,
holte der ihn in sein Ensemble. „Aber
nach ein paar Jahren wird es immer Zeit,
einen anderen Stil kennenzulernen“, sagt
Kurt. So wechselte er nach München und
dann weiter in die Ferne, nach Toronto
ans kanadische Nationalballett. Diesen
Abstecher beendete der Armeedienst in
der Türkei. Seinen Einstand als festes
Mitglied der Chemnitzer Company gibt er
in Jochen Ulrichs Choreografie „Anna Karenina“, die am 29. Oktober im Opernhaus Premiere hat, als Offizier Wronskij.
Als „selbstverliebten Typ“ charakterisiert
er seinen Part. „Er bekommt jede Frau
herum, doch Anna ist für ihn kein Flirt.
Die beiden verlieben sich wirklich.“ Dem
Chemnitzer Publikum dürfte es mit Erkan
Kurt ähnlich ergehen. (HF)
INFOS & TERMINE
INFOS & TERMINE
2. Sinfoniekonzert
Torsten Rasch: Wouivres - Four pieces
for orchestra (2006, UA)
Peter Tschaikowsky: Konzert für Klavier
und Orchester Nr. 1 b-Moll op. 23
Claude Debussy: Images
Solist: Bernd Glemser, Klavier
Dirigent: Frank Beermann
Liveübertragung durch Deutschlandradio Kultur
Termine: 12.10. / 13.10., jeweils 20 Uhr
Stadthalle Chemnitz, Großer Saal
Anna Karenina
Als Gast tanzte Erkan Kurt bereits die Partie des Prinzen Siegfried in „Schwanensee“ mit Anne-Frédérique Hoingne (Odette/Odile).
Musikalische Leitung: Domonkos Héja
Choreografie und Inszenierung: Jochen Ulrich
Bühne: Alexandra Pitz
Kostüme: Marie-Therese Cramer
Es tanzt das Ballett Chemnitz
Termine: 29.10. / 31.10. / 05.11. / 16.11. / 09.12. /
17.12. / 20.12. / 26.12. 2011 / 15.01. / 29.01. /
03.02.2012
Opernhaus
SEITE 6
Theaterzeitung
HERBST 2011
Theaternacht
im Opernhaus
IMPRESSUM
Herausgeber:
Städtische Theater Chemnitz gGmbH
Generalintendant Dr. Bernhard Helmich
(verantwortlich)
Das traditionelle Theaterfest wird in
diesem Jahr zur Theaternacht: Erst um
18.00 Uhr beginnt am 30. Oktober das
Programm im Opernhaus – der folgende
Feiertag gibt Gelegenheit zum Ausschlafen. Die Ensembles aller Sparten
der Theater Chemnitz füllen nicht nur
die Bühne, sondern das gesamte Gebäude mit ungewöhnlichen Events, die
Mitarbeiter der technischen Abteilungen geben Einblick in ihre Arbeit. Bei
Führungen können die Gäste auch hinter die Kulissen blicken und Teile des
Hauses kennenlernen, die dem Publikum sonst verschlossen bleiben.
In der Nacht steigt dann eine große
Party. (HF)
Redaktion:
Dr. Henning Franke (HF)
Tel.: 0371-6969-833
Email: [email protected]
Fritz Frömming
Grafik:
Nicole Schreyer, Nicole Lappöhn
Dieter Wuschanski (Fotos)
Satz, Druck und Vertrieb:
Chemnitzer Verlag & Druck GmbH & Co KG
Anzeigen:
Torsten Müller (verantwortlich)
Redaktionelle Bearbeitung:
Marianne Schultz
SERVICE
NACHRICHT
K OCHSHOW
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Tourist & Ticket Service
Am Markt 1, 09111 Chemnitz
Mo - Fr 9.00 - 19.00 Uhr; Sa 9.00 - 16.00 Uhr
So 11.00 - 16.00 Uhr
DER MIT DEM WOLF KOCHT
Im neu gestalteten Schauspielhaus-Bistro
„Exil“ findet am Donnerstag, 13. Oktober
2011 um 22 Uhr, erstmals die Kochshow
„Der mit dem Wolf kocht“ statt. Als Moderator interviewt Dirk Lange aus dem
Schauspiel-Ensemble jeweils ein Mitglied
des Schauspiel-Teams; am ersten Abend
wird es Schauspieldirektor Enrico Lübbe
sein. Dieser Gast muss dem „Exil“Küchenchef Torsten Wolf bei der Zubereitung von Gerichten assistieren.
Anregungen für den Speisezettel liefern historische Ereignisse: Was gab es
beim letzten Menü auf der „Titanic“?
Oder mit welchem Festessen wurde die
Mondlandung gefeiert? Das Motto für
den ersten Abend liefert der „Welttag des
Eis“: Wolf erzählt Wissenswertes und Anekdotisches über diese Zutat, die Schauspieler bieten ein buntes Unterhaltungsprogramm dazu. (HF)
Sachsen-Allee
Thomas-Mann-Platz 1, 09130 Chemnitz
Mo - Fr 9.30 - 20.00 Uhr; Sa 9.00 - 20.00 Uhr
Tageskasse im Opernhaus
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Héja ist Generalmusikdirektor in Budapest
In dieser Spielzeit dirigiert Domonkos Héja noch als 1. Kapellmeister in Chemnitz
B
eim Galakonzert zur Spielzeiteröffnung gab Dr. Bernhard Helmich,
Generalintendant der Theater
Chemnitz, eine Überraschung bekannt:
Stunden zuvor war Domonkos Héja zum
Generalmusikdirektor der Ungarischen
Staatsoper in Budapest ernannt worden.
Vor sechs Jahren hatte Héja die Stelle des
1. Kapellmeisters an der Chemnitzer Oper
übernommen, eben erst war er aus einem Urlaubsjahr zurückgekehrt. Sein
neues Amt ist sicher auch der Lohn dafür,
dass er in dieser Zeit nicht gefaulenzt hat.
Er nahm sich Zeit für seine kleine Tochter, die 2009 in Chemnitz geboren wurde. Aber ganz ließ ihn die Musik nicht los:
„An der Ungarischen Staatsoper habe ich
ausgeholfen und ehrenamtlich dirigiert.“
Verdis „Rigoletto“ stand auf dem Programm, aber auch eine Oper, die außerhalb Ungarns kaum bekannt ist: das His-
torienepos „Bánk Bán“ von Ferenc Erkel,
das 1861 uraufgeführt wurde und im
13. Jahrhundert spielt. In der Spielzeit
Domonkos Héja
1. Kapellmeister der
Robert-SchumannPhilharmonie
2012 / 2013 soll das Werk in Los Angeles
aufgeführt werden, wo es eine große ungarische Gemeinde gibt.
Zunächst aber absolviert Héja – bis
auf wenige Einzeltermine – sein Programm in Chemnitz. Besonders freut er
sich auf ein Stück, das den denkbar größten Kontrast zum historischen Epos darstellt: Im Dezember – dem Monat, in dem
er 37 wird – übernimmt er die Musikalische Leitung bei der Deutschen Erstaufführung von Jonathan Doves „Swanhunter“. „Wer ‚Pinocchios Abenteuer‘ von
Dove kennt, erlebt jetzt etwas ganz anderes als diese Märchenoper für ein Riesenorchester und viele Solisten“, sagt Héja.
„Diesmal stehen nur wenige Sänger auf
der Bühne, und eine solche Kammeroper
habe ich – außer Strawinskys ‚Geschichte
vom Soldaten‘ in Ungarn – noch nicht dirigiert. Das ist endlich mal etwas anderes, als ich es bisher gewohnt bin – neue
Sachen sucht man ja immer.“ Während er
an vielen zeitgenössischen Werken Publikumsfreundlichkeit und Wohlklang vermisst, weckt Doves moderne, aber hörbare Musik seinen Spaß am Dirigieren.
Diesen Spaß findet Héja auch an dem
Werk, dessen Musikalische Leitung er am
Ende der Spielzeit übernimmt: Mit „Na-
bucco“ kehrt er dann zu Verdi zurück,
den er „immer gern dirigiert – seine Musik ist eine Quelle der Inspiration.“ (HF)
INFOS & TERMINE
Swanhunter
Musikalische Leitung: Domonkos Héja
Inszenierung, Ausstattung und Choreografie:
Jürgen R. Weber
Video Artist: Sven Klaus
Akrobatik und Pyroeffekte: Felix Häckell
Mit: Guibee Yang (Schwan / Chorus), Tiina Penttinen (Mutter), Monica Brett-Crowther (Louhi / Chorus), André Riemer (1. Hund / Feuchtmütze / Tods
Sohn / Chorus), Martin Gäbler (2. Hund / Tod /
Schmied / Chorus), Michael Heim (Lemminkainen)
Termine: 03.12. / 04.12. / 13.12. / 14.12. / 19.12. /
22.12. / 28.12.2011 / 08.01. / 09.01. / 21.01.2012
Opernhaus