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Mitgift vom Brautvater
Erst hü, dann hott: Nachdem zuletzt die Fusionsprämie für Kommunalhochzeiten gestrichen wurde, gibt es jetzt doch
wieder Geld. Das Innenministerium dreht bei - wovon Steinheid und Neuhaus profitieren dürften.
Von Andreas Beer
Scheibe-Alsbach/Steinheid/Neuhaus - Vor den Wahlen der ehrenamtlichen Bürgermeister im Sommer vergangenen Jahres war
die Welt noch in Ordnung. Es hatte Sinn gemacht, dass die Steinheider ihren Verwaltungsführer nicht nur bestätigten, sondern ihm
auch gleich den wichtigsten Arbeitsauftrag mit auf den Dienstweg gaben.
Bekanntlich war am 6. Juni in der Bergstadt darüber entschieden worden, dass Steinheid sich perspektivisch nach Neuhaus am
Rennweg eingemeinden lassen soll. Das damit absehbare bittere Ende der kommunalen Selbstständigkeit war zu diesem Zeitpunkt
immerhin noch ein wenig versüßt - durch die Aussicht auf eine nette Fusionsprämie. Im Spätsommer allerdings strich der damalige
Innenminister Peter Huber den Haushaltsansatz auf null Euro zusammen. Wer mit der Mitgift aus Erfurt gerechnet hatte, durfte
sich gekniffen fühlen.
Natürlich gab es Zwänge im Haushalt einzusparen, sagt Henry Worm. "Aber es hat schon etwas mit politischer Glaubwürdigkeit zu
tun, wenn man von Knall auf Fall sagt: Es gibt nichts mehr." Also, so der CDU-Landtagsabgeordnete aus Scheibe-Alsbach, habe
seine christdemokratische Fraktion das Thema noch einmal auf die Tagesordnung gehoben. Und siehe da: Auf die Kehrtwende folgt
eine neuerliche Kehrtwende. Das Innenministerium hat demnach für Gebietsreform-Willige im Freistaat erneut einen Haushaltstitel
freigeräumt - und mit einer Million Euro bestückt.
Nun spielt das Thema von Zusammenschlüssen im Wahlbezirk von Worm eine größere Rolle. Weswegen man dem 47-Jährigen,
zugleich CDU-Fraktionschef im Gemeinderat seines Heimatortes, gerne glauben darf, dass ihm das Thema ein ums andere mal
angedient wurde. "Es ist mir wichtig."
Die Verwerfungen, die sich ergeben, wenn einst Versprochenes hopplahopp wegfällt, wird er aus nächster Nähe beobachtet haben.
Zum Beispiel als Mitte November die Steinheider Räte die Abstimmung über den eigentlich schon fix und fertigen
Eingemeindungsvertrag kurzentschlossen vertagten.
Nunmehr aber kann doch wieder über Euros aus Erfurt geredet werden. Wie Worm äußert, wird die Fusionsprämie weithin zu den
einstigen Bedingungen gewährt. Kommunen mit einer künftigen Einwohnergrößenklasse über 5000 Bürgern können demnach mit
hundert Euro pro aufnehmender und einzugliedernder Gemeinde rechnen. Für den Rennsteig-Zweier aus Neuhaus (rund 5500
Einwohner) und Steinheid (rund 1200 Einwohner) sind das immerhin rund 670 000 Euro.
"Jetzt zu Potte kommen"
Zwar hieß es von manchem am Prozess Beteiligten hinter vorgehaltener Hand, so viel stehe nicht zu erwarten. Das Land habe
durchblicken lassen, jene eine Million Euro würde freistaatweit unter allen heiratswilligen Kommunen verteilt. Doch das sieht Worm
anders.
Der Abgeordnete ist zuversichtlich, dass gebenenfalls aufgestockt werden würde, ein jeder also gemäß der Regeln zum Zuge käme.
"Bloß über eines muss man sich im Klaren sein: Wer im ersten Quartal 2011 nicht zu Potte kommt, für den ist der Zug
abgefahren." Für die Ewigkeit gilt das handwarme Angebot aus Erfurt demnach nicht. Es bleibt einmalig auf jene Städte und
Gemeinden beschränkt, die ihren "Ringetausch" schon soweit abgewickelt haben, dass deren Anträge bis zum Frühjahr im
Innenministerium liegen, damit dieses wiederum die weitere Gesetzgebung im Landtag vorbereiten kann.
Dass sich das zuletzt ins Stocken geratene Miteinander zwischen Steinheid und Neuhaus auflösen lässt - am Montag tagt der
Gemeinderat Steinheid erneut zum Eingemeindungsvertrag - glaubt Worm durchaus. "Ich gehe davon aus, dass die
Unstimmigkeiten geklärt sind und die Dinge jetzt ihren Gang gehen." Was die beiden Partner nun miteinander ausgemacht haben ob die Prämie vorrangig für die dringendsten Dinge in Steinheid, zum Beispiel die Poststraße, ausgegeben wird oder "alles in einen
Topf gerührt wird" - das wisse er zwar nicht. Aber von Seiten des Landes bleibt immerhin kein Versprechen mehr offen. Für
Scheibe-Alsbach hingegen ist in Fusionsdingen nicht mehr mit Butter zum Brot zu rechnen. Zwar hatte Worm im Sommer
angekündigt, seine Fraktion wolle im Rat beantragen, möglichst rasch eine Bürgerbefragung zu Gebietsfragen durchzuführen.
Doch nachdem das Land seine Draufgabe kanzelte, wäre mit derlei Anläufen kaum Beifall zu gewinnen gewesen. Der Antrag wurde
also aus dem Rennen genommen. Möglicherweise, so Worm, werde sich in ein oder zwei Jahren die Haushaltslage in ScheibeAlsbach ohnehin wieder so darstellen, dass man von einer Schieflage, wie sie in Steinheid Dauerzustand ist, nicht mehr sprechen
muss. "Über kurz oder lang wird ein Zusammenschluss trotzdem kommen, das bleibt uns nicht erspart." Den Vorteil hätte die
Region dabei aber auf ihrer Seite: Ein starkes Neuhaus am Rennweg brächte mehr Gewicht auf die Waage.
Kontra Kreisgebietsreform
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Ein Stichwortgeber für Schnellschüsse ist Worm in Fragen einer Verwaltungsstrukturreform ansonsten nicht. So sieht er auch einen
immer mal wieder erwogenen Kreiszusammenschluss von Hildburghausen und Sonneberg eher skeptisch. Zwar wird wohl die
Einwohnerzahl des SON-Kreises in naher Zeit die 60 000er-Marke nach unten durchstoßen, doch "deswegen etwas übers Knie zu
brechen, das wird nichts bringen".
Ihm habe noch niemand plausibel erklärt, an welcher Stelle denn die Effizienzgewinne geschöpft werden sollen. So müsste man in
ein Gebäude für einen neuen Kreissitz Millionen investieren, da sowohl die Landratsämter in Sonneberg wie auch in Hildburghausen
zu klein sind, um die dann deutlich größere Beamtenschar zu beherbergen. Und mit Außenstellen zu operiereren, mache eindeutig
keinen Sinn. "Das sieht man ja in Neuhaus am Rennweg."
Der größte Einsparposten aber, nämlich die Betriebskosten einer bisher als Behördenstube genutzten Immobilie, würde
aufgefressen durch Investitionen in einen Neubau. "Von daher mache eine Konzentration wenig Sinn. Kurz und mittelfristig gibt es
gar keine Einspareffekte. Im Gegenteil: Wir legen erst einmal mehrere Millionen hin, um einen neuen Sitz zu schaffen."
Der CDU-Landtagsabgeordnete Henry Worm. Foto: camera900.de
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