Mobilität im Umbruch

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Mobilität im Umbruch
Das Elektroauto wird alltagstauglich
Elektromobilität
Mobilität im
Umbruch
Die Zukunft ist elektromobil. Derzeit schaffen Experten mit
Hochdruck die technischen Voraussetzungen für die Kopplung von
Stromnetz und Elektroauto. Dabei sollen die Fahrzeuge auch als
Speicher für schwankende Windstrommengen dienen.
Elektromobilität im
Alltagstest: Siemens
und ein dänisches
Forschungsinstitut
forschen an praktikablen Lösungen
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E-Installation | 03-2010
C. Andersen
I
m Jahr 2020 sollen Hunderttausende vor. Beide – Dänemark und der Harz – be- Elektroauto Abhilfe schaffen – als ideaElektrofahrzeuge über Europas Stra- ziehen einen Großteil ihres Stroms aus ler Speicher für schwankende Stromßen rollen. Damit diese noch vor we- regenerativen Energien, und beide pro- mengen. Bei Starkwind könnten Taunigen Jahren fantastisch anmutende Vor- duzieren bei Starkwind einen Überschuss sende Fahrzeuge vor allem nachts ihre
Batterien aufladen und bei Flaute den
stellung Wirklichkeit werden kann, wird an Windenergie.
derzeit das Elektroauto fit für den AllDamit das Netz nicht überlastet wird, Strom zu höheren Preisen zurück ins
tagseinsatz gemacht. Dass gleichzeitig werden in diesem Fall die Anlagen im Netz speisen.
seine Energiequelle zum „intelligenten Harz abgestellt. Die dänischen EnergieStromnetz“ – Smart Grid – ausgebaut wird, versorger müssen das Zuviel an Wind- Große Kooperationsprojekte
gibt der Entwicklung zusätzlichen An- strom an die europäischen Nachbarn abtrieb. Vor allem zwei europäische Regio- führen und dafür auch noch Leitungs- Wie aber können Elektroauto und
nen bereiten die elektromobile Zukunft gebühren zahlen. Hier könnte das Stromnetz zuverlässig kommunizieren?
Lösungspakete für Ladestationen
Als einziges Unternehmen weltweit deckt Siemens die
gesamte Prozesskette der Elektromobilität ab – von der
Ladeschnittstelle bis zur Ausrüstung der Elektroautos
selbst. Bereits heute ist ein breites Standardportfolio
normgerechter Niederspannungsprodukte für Ladesäulen bzw. Wandboxen verfügbar, mit dem diese in
Garagen oder auf Parkplätzen einfach und sicher
errichtet und betrieben werden können. Vordefinierte,
skalierbare Lösungspakete sorgen dafür, dass je nach
Ladeleistung und Funktionalität die passenden
Komponenten verwendet werden. Zu den bewährten,
qualitativ hochwertigen Schutz-, Schalt-, Mess- und
Überwachungsgeräten gehören ein umfassendes
voran. Mit Gleichstrom ließe sich eine vor. Sie wollen die Frage beantworten,
Batterie ganz ohne Laderegler im Fahr- wie man das Stromtanken zugleich komzeug betanken. Allerdings ist Gleich- fortabel, intelligent und zuverlässig
strom gefährlicher, vor allem weil er macht. Dazu müssen Auto und Ladesich wegen der im Kurzschlussfall ent- säule automatisch eine Kommunikastehenden Lichtbögen nicht mit den üb- tionsverbindung aufbauen. Inzwischen
lichen Wechselstromsicherungen kon- hat man sich europaweit auf einen Stetrollieren lässt. Sven Holthusen und cker-Standard geeinigt. Der Stecker verseine Kollegen arbeiten deshalb auch an fügt neben einem Ladekabel für maxisicheren Ansätzen für eine Gleichstrom- mal 44 kW auch über einen Kanal zum
Datenaustausch. So erkennt die Säule
versorgung.
anhand eines Kommunikationsprotokolls,
dass es sich um ein ladebereites
Kommunikation zwischen Auto und
Elektroauto
handelt. Umgekehrt signaZapfsäule
lisiert die Säule dem Fahrzeug, welche
Im Projekt Harz.EE-Mobility bereiten Leistung sie für das Laden zur VerfüForschungsinstitute und Universitäten, gung stellen kann.
Darüber hinaus wird ein weiterer KomStadtwerke, der Netzbetreiber E.ONAvacon, die Deutsche Bahn, Siemens und munikationskanal aktiviert, über den das
das Mobilfunkunternehmen Vodafone automatische Bezahlen abgewickelt wird
die Elektromobilität in der Region Harz oder andere Fahrzeugdaten übertragen
Tanken mit „Zapfhahn“: Siemens testet unterschiedliche Ladetechniken
C. Andersen
Wie lassen sich Fahrzeuge schnell und
sicher laden? Und wie soll die Stromverrechnung funktionieren? Zwei große
Kooperationsprojekte sollen die Antworten liefern.
Im Forschungszentrum Risø der Dänischen Technischen Universität (DTU)
bringt das Projekt EDISON (Electrical vehicles in a Distributed and Integrated
market using Sustainable energy and
Open Networks) mithilfe von SiemensExperten erstmals einen Fahrzeugpool
an die Steckdose. Derzeit werden Elektrofahrzeuge üblicherweise noch mit
einer Leistung von 11 kW gespeist. Bei
einer typischen Batterie mit 25 kWh
Speicherkapazität dauert eine volle Aufladung gut zwei Stunden. Da das Elektroauto aber erst attraktiv sein wird,
wenn es sich innerhalb weniger Minuten laden lässt, entwickeln die Forscher
um Sven Holthusen vom Siemens-Sektor Energy eine Technik, die mit 120 kW
lädt und so die Ladezeiten drastisch verkürzt. Der Praxistest startet 2011 auf der
Insel Bornholm.
Beim Wechselstrom ist die Wärmeentwicklung beim Laden eine der derzeit
größten Herausforderungen. Getestet
werden sowohl Laderegler, die im Fahrzeug sitzen, als auch solche, die außerhalb an der Ladestation angebracht sind.
Laderegler im Auto senken die Kosten
für die Infrastruktur, da die Technik
nicht in Ladesäulen eingebaut werden
muss. Zudem regelt sich jedes Fahrzeug
mit der für seinen Batterietyp optimierten Bordtechnik selbst. Bei externen
Reglern hingegen kann man die Wärme
besser abführen und damit höhere Ladeleistungen realisieren.
Noch weiß niemand, welche Ladetechnik sich durchsetzen wird. Siemens
treibt daher in den ElektromobilitätsTeams „Inside Car“ und „Outside Car“
unterschiedliche Techniken parallel
Spektrum an Leitungsschutzschaltern mit Zubehör wie
Fernantrieb und Hilfsstromschalter, allstromsensitive
FI-Schutzschalter Typ B (Siquence) und E-Zähler mit
Kommunikationsschnittstelle. Selbstverständlich
erfüllen die Produkte die grundlegenden Anforderungen an die Errichtung und die Funktionalität von
Ladestationen für Elektrofahrzeuge nach den Normen
IEC 61851 und IEC 60364. Alle Komponenten sind für
die einfache Hutschienenmontage geeignet. Das
Produkt- und Systemportfolio ist in über 190 Ländern
verfügbar. Es wird für die zukünftigen Anforderungen
der Elektromobilität kontinuierlich weiterentwickelt.
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Elektromobilität
A.Loos
Der erste American Chopper mit
Elektroantrieb – eine gemeinsame
Entwicklung von Siemens und dem USamerikanischen Motorradhersteller
Orange County Chopper – erreicht dank
eines Reihenschlussmotors mit einer
Höchstleistung von 27 PS eine
Höchstgeschwindigkeit von 160 km/h
werden. Wenn künftig viele Autos in
einem Parkhaus gleichzeitig Strom tanken, kann das Stromnetz lokal überlastet
werden. Aus diesem Grund müssen sich
die Fahrzeuge entsprechend dem Bedarf
auch untereinander abstimmen. Hierfür
treibt Siemens zusammen mit einer Vielzahl von Firmen die internationale ISO/
IEC-Standardisierung eines Kommunikationsprotokolls voran, mit dem sich die
Ladesäulen und Fahrzeuge über das
Stromkabel oder eine Funkverbindung
verständigen können.
Etwa 30 zum Elektroauto umgerüstete
Audi A2 sind von 2010 an im Harz und in
Nachbarregionen unterwegs – ein Projekt von dieser Größe hat es noch nicht
gegeben: Inklusive aller Windräder, Biogas- und Solarstromanlagen, kleiner
Kraftwerke und den Autos sind etwa 2000
elektrische Einheiten miteinander verknüpft.
Prinzipien der Wahrscheinlichkeitsrechnung voraussehen, wann und wo wie
viele Fahrzeuge Strom benötigen.
Um den Fahrern das Tanken zu erSo simpel wie Benzinzapfen
leichtern, steht auch die BenutzerDank der Kommunikationslösungen, die freundlichkeit im Fokus. Der Autofahrer
Bedarf und Nachfrage anpassen, könnte wird zwischen höchstens drei oder vier
über den bereits 50-prozentigen Öko- Lademodi wählen müssen, und die Nutstromanteil im Harz hinaus noch mehr zung der Ladesäule wird wie beim Handy
lokal erzeugte, erneuerbare Energie vor automatisch abgerechnet. 2011, sobald
Ort genutzt werden. Eine übergeordnete alle Autos unterwegs sind, soll das ProKontrollinstanz zum Steuern ist bei einer jekt Harz.EE-Mobility zeigen, dass
solchen Anzahl von Erzeugern und Ver- Stromtanken schon heute so einfach ist
brauchern allerdings kaum noch prakti- wie Benzinzapfen.
+
kabel. Ohne vorausschauende Algorithmen geht es nicht. Vor allem interessiert
die Forscher das Verhalten des Netzes
beim Ab- und Zuschalten der ElektroauLINK ZUM THEMA:
tos. Im Projekt werden dafür mathemati+www.siemens.de/beta
sche Regeln entwickelt, die nach den
Elektromobilität als Chance
Präsentation auf der 55. Generalversammlung des EUEW
EUEW
Auf der diesjährigen, 55. Generalversammlung des Europäischen Verbands der
Elektrogroßhändler (EUEW) im portugiesischen Porto beschrieb Rudolf-Martin
Siegers, Leiter Siemens Deutschland, das enorme Geschäftspotenzial von Energieeffizienz und Elektromobilität für das Elektrohandwerk und den Elektrogroßhandel.
Vor gut 150 Elektrogroßhändlern machte er deutlich, dass Siemens aufgrund
seines breiten Produktportfolios und umfassenden Know-hows ein starker Partner
auf dem Weg in die elektromobile Zukunft sein kann und bereits heute über
Antworten auf die neuesten Trends verfügt.
Als Beispiel nannte und präsentierte er aufeinander abgestimmte Komponenten
für unterschiedliche Typen von Elektrofahrzeug-Ladestationen. Außerdem erläuterte er den interessierten Zuhörern, wie mithilfe von Produkten und Systemen von
Siemens Energie in bestehenden Gebäuden eingespart werden kann und wie
bereits „grüne“, energieeffiziente Gebäude sogar noch „grüner“ werden können, so+
fern sie beispielsweise Elektrofahrzeuge als Energiespeicher nutzen.
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E-Installation | 03-2010
Um zu symbolisieren, dass Siemens
Antworten auf neue Trends hat, begann
Rudolf-Martin Siegers seinen Vortrag auf
einem Elektroroller