Rolf Däppens Akkordeonwelt

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Rolf Däppens Akkordeonwelt
Handwerk
Besuch in Rolf Däppens Akkordeonwelt
Ein Fachmann mit Leib und Seele
Das Akkordeon spielte im Leben von Rolf Däppen
schon immer eine zentrale Rolle. Nach verschiedenen
anderen Stationen hat der 39-jährige Berner in der
eigenen Werkstatt seine berufliche Passion gefunden
und kann sein fachliches und musikalisches Können
optimal unter einen Hut bringen. Stefan Schwarz
Seit knapp einem Jahr betreibt Rolf Däppen
in Zollikofen bei Bern hauptberuflich eine eigene Werkstatt und widmet sich dort mehrheitlich der Reparatur und Restauration von allerlei
Akkordeons. Bei dieser Arbeit ist der gelernte
Klavierbauer und Klavierstimmer in seinem
Element, kann mit viel persönlichem Herzblut
so richtig aus dem Vollen schöpfen und seiner
wachsenden Kundschaft mit indivi­duell abgestimmten Dienstleistungen einen hervor-
ragenden Service bieten. Rolf Däppens
Augen strahlen freudig, wenn er von seiner heutigen beruflichen Situation erzählen darf.
Dies war nicht immer so. Der Spross einer vierköpfigen Familie aus Bolligen
wurde im bisherigen Leben immer mal
wieder mit Situationen konfrontiert, die
seinem sensiblen Wesen stark zu schaffen machten. Das zeitweilige Zerwürfnis
mit seinem Vater, der oft kompromisslose Alltag während 12 Jahren Polizeidienst oder auch die gescheiterte Ehe
hinterliessen seelische Wunden, deren
Schmerzen erst jetzt so langsam abklingen. Rolf Däppen kann derart heikle
persönliche Themen heute problemlos
«Ohne Musik wäre das Leben ein Irrtum»:
Dieser Spruch von Friedrich Nietzsche an der Wand von Rolf Däppens
Werkstatt hat für den Akkordeonfachmann eine tiefe Bedeutung.
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Handwerk
In seiner Werkstatt in Zollikofen
hat Rolf Däppen eine erfüllende
Berufung gefunden. Mit grosser
Leidenschaft werden nicht nur individuelle Kundenwünsche befriedigt,
sondern auch der Bau des eigenen
Akkordeons «ROLF» vorangetrieben.
ansprechen und beweist damit, dass er
wieder im Einklang mit sich selber ist.
Rückblickend ist er davon überzeugt,
dass ihn jeder Tiefschlag und jede Erfahrung auf seinem Weg einen wichtigen
Schritt weiter gebracht hat.
Die fachliche Basis
Die Volksmusik begleitet Rolf Däppen
seit Kindsbeinen. Sein Vater war selber
Akkordeonist und betrieb später eine eigene Reparaturwerkstatt. Nach den ersten musikalischen Gehversuchen auf
dem Schwyzerörgeli und einer Hohner
Piccolo griff Rolf 10-jährig zum Akkordeon und brachte sich das Spiel darauf autodidaktisch bei. Gleichzeitig
erlernte er bei Edgar Kremsa vom Sinfonieorchester Bern während vier Jahren von Grund auf den korrekten Umgang mit dem Kontrabass. Öffentlich
trat Rolf Däppen bis zum 20. Lebensjahr vorab im Duett mit seinem Vater in
Erscheinung. Später fand er bei Stubeten und anderen volkstümlichen Anlässen immer wieder Gelegenheiten, um
mit Gleichgesinnten musizieren zu können. Eine grosse Freude und Ehre war
es für den jungen Akkordeonisten, dass
alsbald grosse Vorbilder wie Walter Seewer (1938-2009), Ueli Stoller oder Fred
Stocker auf ihn aufmerksam wurden und
ihn als willkommene Aushilfe engagierten. Ebenso gerne musiziert Rolf Däppen
heute mit dem fast gleichaltrigen Christian Stäger, mit dem er sich auch ausgiebig über fachliche Belange in Sachen
Instrumente unterhalten kann.
Das während vielen Jahren gewachse­ne
musikalische und private Netzwerk vereinfachte Rolf Däppen im letzten September den Schritt in die Selbständigkeit. Denn schon vorher investierte er
einen Teil seiner Freizeit für die fachgerechte Instandstellung von Instrumenten
seiner Musikfreunde und entwickelte
dadurch das notwendi­ge Gespür für deren Anliegen. Die fachliche Basis hierzu
war mit der mehrjährigen Erfahrung als
Klavierbauer und Klavierstimmer oh-
Als Akkordeonist ist Rolf Däppen
heute sehr gerne auch mit grossen
Vorbildern wie Fred Stocker (links)
oder Ueli Stoller (oben) unterwegs.
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nehin gegeben. Schon im ursprünglich
erlernten Beruf gehörten Arbeiten in
Fachgebieten wie Feinmechanik, Holzverarbeitung oder Spengler- und Schlosserarbeiten ebenso zum Alltag wie ein
feines Gehör für die optimale Stimmung
der jeweiligen Instrumente.
Mit viel Herzblut am Werk
Diese vielen handwerklichen Facetten
machen für Rolf Däppen den Reiz seiner
heutigen Tätigkeit aus, denn bei der auf
Gesetzbüchern und internen Weisungen
basierenden Polizeiarbeit fehlten ihm in
den letzten Jahren mehr und mehr die
individuell differenzierbaren Schattierungen. Aus diesem Grund nimmt sich
der Akkor­deonspezialist heute gerne die
nötige Zeit, um im steten Austausch mit
seiner Kundschaft die jeweiligen Möglichkeiten einer Reparatur genauestens
zu besprechen. Meistens wachsen Rolf
Däppen diese Kundeninstrumente so
sehr ans Herz, dass er sie manchmal am
liebsten nicht mehr hergeben würde.
Manchmal aber trifft er auch auf Instrumente, deren Innereien längst nicht mehr
aus Originalteilen bestehen und der Preis
einer sinnvollen Restauration den eigentlichen Wert des Akkordeons übersteigen
würde. In solchen Fällen hilft der Fachmann seinen Kunden gerne auf der Suche nach einer alternativen Lösung, die
er nach entsprechender Kontrolle in der
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Werkstatt mit gutem Gewissen und Garantie weitergeben kann. Ebenso wichtig
wie die enge Beziehung zu seinen Kunden ist Rolf Däppen der direkte Kontakt
zu seinen Lieferanten. Beispielsweise
Hölzer wie Fichte, Ahorn oder Kirschbaum bezieht er vorab aus Beständen des
heutigen Lebenspartners seiner Mutter.
Filze stammen aus der nahen Filzfabrik
in Enggistein und auch die Qualität des
verwendeten Alluminiums hat Däppen
schon mehrmals vor Ort in der Fabrik
in Solothurn begutachtet. Dank dieser
nachhaltigen Arbeitsweise ist sein Betrieb heute Mitglied beim SWISS Label.
So richtig schweizerisch erklingen soll
bereits in wenigen Wochen am Schweizer Ländlermusikfest in Aarau auch das
erste Akkordeon der Marke Eigenbau.
Seit Jahren nämlich träumt Rolf Däppen
von einem Instrument in der Art seiner
60-jährigen und 5-chöri­gen Swiss Record Novastar mit Cassotto. Er analysierte dieses Vorbild bis ins kleinste Detail und arbeitete in den letzten Monaten
fast jede freie Minute an seinem Akkordeon «ROLF». Die Gehäuseteile wurden
mit auserlesenen Hölzern in der eigenen
Werkstatt hergestellt, die aufwändig fabrizierten Stimmstöcke sind aus langjährig gelagertem Tonholz gefertigt und die
Mechaniken wurden durch Rolf Däppen
auf einem CAD-Programm gezeichnet
und mit der eigenen CNC-Portalfräse gefräst. Erste Spielversuche waren vielversprechend und der neue Akkordeonbauer
schliesst nicht aus, dass in seiner Werkstatt dereinst weitere neue Instrumente
nach altem Vorbild entstehen werden.
Mit der bereinigten privaten und beruflichen Situation scheint für Rolf Däppen
definitiv wieder die Sonne, selbst wenn
er es durchaus auch liebt, einmal bei strömendem Regen mit seinen zwei Hunden
durch die Gegend zu ziehen. Seine Werkstatt befindet sich im gleichen Quartier in
Zollikofen, in welchem auch er und seine
Ex-Frau mit ihren heutigen Lebenspartnern ihre Wohnungen haben. Vom guten
Verhältnis ihrer getrennten Eltern profitiert insbesondere die gemeinsame Tochter Simone (7), die während dem Tag von
Rolf betreut wird und die Nacht bei ihrer
Mutter verbringt.
Kontakt
Akkordeon- und
Pianoservice Däppen
Reichenbachstrasse 48
3052 Zollikofen
Telefon 079 103 81 18
www.akkordeonwelt.ch
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