x.press Ausgabe 15.1
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x.press Ausgabe 15.1
AUSGABE 15.1 JANUAR 2015 4.80 Euro IT IN DER ÄRZTLICHEN PRAXIS. AAL E-Health-Gesetz geplant Wie die Politik die Digitalisierung des Gesundheitswesens voranbringen will. Intelligente Umgebung unterstützt Senioren. Diktieren Digitale Sprachverarbeitung in der Praxis. Wir vertrauen Ihnen als Arzt, vertrauen Sie uns bei Ihrer IT. Nur ältlich tner erh r a P A R R E T bei lhrem Als Hersteller und Distributor ist die WORTMANN AG ein kompetenter Partner für Systemhäuser in Deutschland, um den Bedürfnissen von Unternehmen, Selbstständigen und )UHLEHUXʗHUQJHUHFKW]XZHUGHQ TERRA PC + LCD TERRA MINISERVER TERRA MOBILE TERRA SERVER TERRA PAD Neuste N t T Technologie h l i von IIntel t ® und WORTMANN. In unseren Notebooks, PC-Systemen, ALL-IN21(V6HUYHUQXQG3$'VʖQGHQ6LHQHXHVWH Technologien von Intel®XQG:RUWPDQQ Qualität, Service und Support stehen für uns an HUVWHU6WHOOHGDPLW6LH,KUH,7XQEHVFKZHUWXQG SURGXNWLYQXW]HQN¸QQHQ www.wortmann.de WORTMANN AG_Bredenhop 20_32609 Hüllhorst Ultrabook, Celeron, Celeron Inside, Core Inside, Intel, Intel Logo, Intel Atom, Intel Atom Inside, Intel Core, Intel Inside, Intel Inside Logo, Intel vPro, Itanium, Itanium Inside, Pentium, Pentium Inside, vPro Inside, Xeon, Xeon Phi, and ;HRQ,QVLGHDUHWUDGHPDUNVRI,QWHO&RUSRUDWLRQLQWKH86DQGRURWKHUFRXQWULHV Inhalt Editorial E-Health, quo vadis? Es geht voran Die Interoperabilitätsstudie und das E-Health-Gesetz > 10 Sprechen statt schreiben Die Infografik zur digitalen Sprachverarbeitung in der Praxis >16 Intelligente Helfer Mit altersgerechten Assistenzsystemen den demografischen Wandel meistern >20 Kompakt 04 In eigener Sache 15 Porträt 18 bunt gemixxt 24 Kolumne, Impressum 26 v ielzählige E-Health-Projekte stecken seit Jahren im Stau. Obwohl wir inzwischen so viele Leuchtturmprojekte haben, dass wir damit die ganze Republik in gleißendem Licht erstrahlen lassen können, ging es mit den E-Health-Anwendungen bislang nicht „wirklich voran“. Wir haben eine elektronische Gesundheitskarte, die in der Praxis noch immer nicht mehr als die Möglichkeiten der guten alten KVK nutzt. Telemedizinische Leistungen wären sofort umsetzbar – wären da nicht unklare Vergütungs- und Haftungsfragen. Ganz zu schweigen von einem geregelten elektronischen Datenaustausch in den Sektoren und über die sektora len Grenzen hinweg. Auch hier sind technische Lösungen in großer – zuweilen zu großer – Fülle vorhanden – nur „irgendwie“ will sie niemand so recht. Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe hat im Som mer ein E-Health-Gesetz angekündigt. Die Erwartungen an ein solches Gesetz sind groß. Ärzteorganisationen, Krankenhäuser, Patienten und auch IT-Hersteller möchten praxistaugliche, wirtschaftliche und rechtssichere Regelungen im Gesetz sehen. In dieser Ausgabe stellen wir Ihnen die Hintergründe zum E-Health-Gesetz vor. Der Gesetzentwurf soll nach Stand Redaktionsschluss (Ende November) im Dezember 2014 vorgelegt werden. Ebenso in der Klärungsphase sind die Rahmenbedingungen für sogenannte „Ambient Assisted Living“-Systeme (AAL), die mit technischen Hilfsmitteln so lange wie möglich ein Leben in den eigenen vier Wänden ermöglichen sollen. Unser Autor Dr. Michael Lang hat Hintergründe zu AAL für Sie recherchiert. Wird E-Health durch das Gesetz seine Möglichkeiten endlich entfalten können? Ich wünsche Ihnen eine interessante Lektüre und ein glückliches, gesundes und erfolgreiches Jahr 2015. Jens Naumann Geschäftsführung medatixx 03 Rubrik Kompakt BVITG-transfer Standard zum Datenaustausch zwischen Praxissystemen angekündigt. D Kunsthand – Neue Prothese ermöglicht Tastsinn USA. Ein Forscherteam der Case Western Reserve Universität in Cleveland hat eine Handprothese mit Fingerspitzengefühl entwickelt. Dabei werden die den Tastsinn erzeugenden Hirnareale reaktiviert, die nach der Amputation der Hand brachliegen. Tastsensoren an den Fingern der Prothese setzen die beim Erfühlen oder Ergreifen empfangenen Reize in elektrische Signalmuster um. Das Team hat dazu spezielle Algorithmen entwickelt. Diese elektrischen Signale werden an Elektroden weitergeleitet, die auf drei Manschetten angebracht sind und die Hauptnerven im Unterarm umschließen. Insgesamt kann der Patient 19 verschiedene Stellen der Hand fühlen. Die von den Elektroden stimulierten Nerven erzeugen beim Patienten nach einer Eingewöhnungsphase im Gehirn ein Gefühl, das dem gewohnten Sinneseindruck nahekommt. Im Labor konnte der Patient drei verschiedene Oberflächenstrukturen unterscheiden und zwei verschiedene Oberflächen erkennen, die er gleichzeitig an unterschiedlichen Stellen mit der Prothese berührte. http://thedaily.case.edu/news/amputees-discern-familiar-sensations-across-prosthetic-hand Erfolgreiches Endoprothesenregister Die 2014 gestartete Einrichtung zur Erfassung aller Eingriffe im Bereich der Endoprothetik wird vom Bundesgesundheitsministerium mit 250 000 Euro gefördert. D as 2014 gestartete Endoprothesenregister Deutschland (EPRD) hat vom Bundesgesundheitsministerium (BMG) rund 250 000 Euro erhalten. Gesundheitsminister Hermann Gröhe sei davon überzeugt, dass solche Register einen wichtigen Beitrag zu einer noch besseren Versorgung von Patienten leisten können, hieß es zur Begründung. In dem Register sollen die rund 400 000 Eingriffe pro Jahr im Bereich der Endoprothetik bei Hüften und Knien erfasst werden. Das Register nimmt die Daten der registrierten Implantate über deren gesamte Lebensdauer auf. So erfahren Kliniken auch von Revisionen und Wechseloperationen bei Patienten, die dafür in ein anderes Krankenhaus gegangen sind. Zudem können Krankenhäuser, die am EPRD teilnehmen, ihre Patienten bei Bedarf einfacher und schneller über ihr Implantat informieren. Die gemeinsam mit der Industrie aufgebaute Implantat-Datenbank umfasst Informationen für mehr als 38 000 Einzelteile. Diese werden ergänzt durch Informationen zu Operationsverfahren und -anlässen sowie durch von den Krankenkassen gelieferte Patientenmerkmale wie Alter, Geschlecht und Vorerkrankungen, wobei der Schutz der Patientendaten sichergestellt ist. Bereits im April 2014 enthielt die Datenbank 22 500 Datensätze von über 240 Kliniken. www.eprd.de 04 er Datenaustausch zwischen Praxissoftwaresystemen soll einfacher werden. Deshalb hat der Bundesverband GesundheitsIT – bvitg e. V. die neue Standardschnittstelle „BVITG-transfer“ angekündigt. Beim Umstieg auf ein neues Praxisverwaltungssystem sollen die Daten komfortabler als bisher von der alten auf die neue Software übertragen werden können. Ein vollständiger Daten- Austausch: Daten verschiedener Praxissysteme transfer umfasst Abrechnungsdaten, die Patientenkartei mit der medizinischen Dokumentation sowie viele programmbezogene Daten der Praxen wie etwa Hausapotheken, eigene Diagnoselisten, Dokumentationsbausteine oder Daten aus Bildarchiven. In der neuen Schnittstelle haben die Softwarehersteller die bereits am Markt vorhandenen Schnittstellen zusammengefasst. Sie soll aber nicht nur den Systemwechsel erleichtern, sondern auch den Transfer von Medikationsdaten, zum Beispiel für übergreifende Prüfungen zur Arzneimitteltherapiesicherheit. BVITG-transfer ist nicht die erste Standardschnittstelle des Verbands. Schon vor Jahren wurde eine Schnittstelle zum sektorübergreifenden Austausch von Arztbriefen entwickelt, die heute als „Arztbrief 2014“ bekannt ist. www.bvitg.de kleine_Rubrik Kompakt Hilfe aus der Ferne Kolumne Dierks antwortet Kinderärzte der Uniklinik Greifswald unterstützen abends und nachts die Notaufnahme eines benachbarten Klinikums mittels Videokonferenz. Prof. Dr. Prof. Dr.Dr. Dr.Christian ChristianDierks Dierks D ie Notaufnahmen kleinerer Krankenhäuser im ländlichen Raum sind in der Nacht nicht immer mit Kinderärzten besetzt. Wird in einer solchen Situation nachts ein Kind eingeliefert, kann es problematisch werden. Unterstützung erhalten die diensthabenden Ärzte im AMEOS Klinikum in Anklam (Mecklenburg-Vorpommern) durch Kinderärzte der Universitätsmedizin Greifswald. Zwischen 18 Uhr abends und 8 Uhr morgens können die kleinen Patienten mittels Videokonferenz einem Kinderarzt der benachbarten Uniklinik vorgestellt werden. Dieser beurteilt anhand eines standardisierten, symptomorientierten Triage-Verfahrens die Dringlichkeit des Falls und entscheidet über die weiteren Schritte. Das Kind wird am nächsten Tag entweder von einem niedergelassenen Pädiater oder in der Pädiatrie im AMEOS Klinikum in Anklam behandelt. Das Modellprojekt ist auf sechs Monate angelegt. Es wird in einer Kooperation des Zentrums für Kinder- und Jugendmedizin und dem Integrierten Funktionsbereich Telemedizin (IFT) des Instituts für Community Medicine der Universitätsmedizin Greifswald (UMG) durchgeführt. Eine begleitende wissenschaftliche Studie soll zeigen, ob die telemedizinische Konsultation zu einer verbesserten regionalen pädiatrischen hen Versorgung führt. www.medizin.uni-greifswald.de Prof. Dr. Dr. Christian Dierks ist Rechtsanwalt und Facharzt für Allgemeinmedizin. Vorwiegend berät er mit seiner Kanzlei Leistungserbringer im Gesundheitswesen. Ein Schwerpunkt liegt dabei in den Rechtsfragen von Telemedizin und E-Health. ? Frage? Ist es eigentlich richtig, dass die Werbung für Fernbehandlung immer noch verboten Dierks: Antwort. ist? Wie passt das mit den Plänen der Bundesregierung zusammen, durch ein E-HealthGesetz der Fernbehandlung Auftrieb zu geben? DIERKS: Das ist in der Tat ein Thema. Während das Berufsrecht nur die „ausschließliche“ Fernbehandgilt das Verbot der Werbung lung verbietet, ve für ddie Fernbehandlung in § 9 HWG uneingeschränkt. So wurde ein Gynäkologe ge vom OLG Köln im Jahr 2012 verurteilt, vo dder sich auf einer Internetseite zu medizzinischen Fragen der Domainnutzer kkonkret und individuell diagnostisch Patienten sterben jährlich in oder mit Therapieempfehlung äußerte. od Deutschland aufgrund von Antibiotika-Resistenzen. Das Gericht unterschied dabei nicht, ob In Kaiserslautern befürworten Ärzte mehrheitlich die Patienten davor oder danach bei einem die Pa Quelle: BMG telemedizinische Betreuung von Herz-Kreislauf-Patienten. anderen Arzt in Behandlung waren, was die Beeine „nicht ausschließliche“ berufsrechtine Mehrheit der im Zusammenhang mit dem Projekt kt E E.He.R. He R ratung als ein lich wohl zulässig gemacht hätte. Mit anderen Wor(„Etablierung eines Versorgungskonzeptes für Patientinnen ten: Nach dem Arztrecht gibt es zulässige Fernbeund Patienten mit Herzinsuffizienz und Herzrhythmusstörungen handlungen, für die dann aber nicht geworben werin Rheinland-Pfalz“) befragten Ärzte befürwortet eine flächendeden darf. Unzulässig ist demnach, die Patienten darckende Einführung von Telemedizin zur Betreuung ihrer Patienüber zu informieren, dass ich am Wochenende per ten mit Herzinsuffizienz oder Herzrhythmusstörungen. Insgesamt E-Mail zu erreichen bin, um den Erkrankungsverlauf sprachen sich 58,3 Prozent dafür und nur 12,5 Prozent dagegen zu bewerten. Ein solches Werbeverbot ist aber nicht aus. Mit E.He.R. soll ein landesweites Versorgungsnetzwerk etanur unsinnig, sondern auch rechtlich nicht zu halten: bliert werden, in dem niedergelassene Haus- und Fachärzte mit Wenn eine Tätigkeit berufsrechtlich zulässig ist, darf Krankenhäusern in ihrer Region sowie einem überregionalen die Werbung dafür nur verboten sein, wenn hierin Dienstleister wie zum Beispiel einem Telemedizinzentrum zusameine Gefährdung des Patienten liegt. Die Verbotsmenarbeiten. Die befragten Mediziner versprechen sich eine Ervorschrift in § 9 HWG macht aus der Werbung sogar höhung der Therapietreue ihrer Herzinsuffizienz-Patienten durch eine Ordnungswidrigkeit, die mit einer Geldbuße bis die regelmäßige Übermittlung von Vitalparametern im Rahmen zu 50 000 Euro bestraft werden kann. Wenn wir der telemedizinischen Begleitung. Generell erwarten die MediE-Health in Deutschland befördern wollen, ist dieser ziner ein geschärftes Bewusstsein der Patienten für ihre medizialte Zopf endlich abzuschneiden. Das E-Health-Genische Situation und einen setz ist dazu eine gute Gelegenheit. selbstständigeren Umgang Zahl des Quartals Mediziner für Telemedizin 15 000 E mit der Erkrankung. www.eher-telemedizin.de 05 Kompakt Interview Ärztlicher Beirat Dr. Christiane Groß Dr. Christiane Groß, M.A. ist die Vorsitzende des Ärztlichen Beirats zur Begleitung des Aufbaus einer Telematikinfrastruktur für das Gesundheitswesen in Nordrhein-Westfalen. Sie ist außerdem Vorsitzende des Ausschusses E-Health der Ärztekammer Nordrhein. Welche Aufgaben hat der Ärztliche Beirat NRW? Der Ärztliche Beirat fordert praktikable und patientensichere Voraussetzungen für neue, insbesondere behandlungsrelevante Kommunikationsprozesse wie die elektronische Dokumentation, die elektronische Befundübermittlung, institutionsübergreifende Patientenakten und elektronische Fallakten und für telemedizinische Anwendungen. Zudem spricht er Empfehlungen aus an die gematik, an die Spitzenverbände der GKV, an das Ministerium für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Altern (MGEPA) in NRW, an das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) und natürlich auch an die IT-Industrie. Telemedizinpreis 2014 Die Auszeichnung geht in diesem Jahr an eine Klinik in Aachen sowie eine Berliner Hausärztin. D er von der Deutschen Gesellschaft für Telemedizin (DGTelemed) ausgeschriebene Karl Storz Telemedizinpreis ging im Jahr 2014 an die Klinik für Operative Intensivmedizin und Intermediate Care am Universitätsklinikum Aachen/NRW für das Projekt „TIM Telematik in der Intensivmedizin“ und an Irmgard Landgraf, Fachärztin für Innere Medizin in der Hausarztpraxis am Agaplesion Bethanien Sophienhaus Berlin für das Projekt „Vernetzte ärztliche Pflegeheimversorgung“. Das Preisgeld in Höhe von insgesamt 5 000 Euro stiftet das Unternehmen KARL STORZ GmbH & Co. KG. Im Projekt Telematik in der Intensivmedizin (TIM) stellen Krankenhäuser der Wie ist der Beirat aufgestellt? Der Beirat ist dank seiner Mitgliederschaft breit aufgestellt. Stimmberechtigt als Mitglieder des Ärztlichen Beirats NRW sind nur kurativ tätige Ärztinnen und Ärzte. Es sind Vertreter der beiden Ärztekammern, der beiden Zahnärztekammern, der beiden KVen, der beiden KZVen, der Kammer der Psychologischen Psychotherapeuten/KJP, der damaligen beiden Testregionen Bochum und Essen, der Krankenhausgesellschaft NRW und der ARGE eGK/Heilberufeausweis. Welche Rolle spielt der Beirat bei der aktuellen Erprobung der elektronischen Gesundheitskarte und des Aufbaus einer Telematikinfrastruktur (TI)? Der Beirat achtet darauf, dass alle Forderungen der Ärzteschaft beim Aufbau der TI beachtet werden. So ist beispielsweise eine Forderung die Freiwilligkeit des einzelnen Arztes bei den – für den Patienten freiwilligen – Anwendungen. Was passiert, wenn man den ärztlichen Sachverstand der kurativ Tätigen außen vor lässt, haben wir noch durch das Scheitern der ersten Tests vor Augen. Wir sprechen zurzeit nur von der Testung der Aktualisierung der Versichertenstammdaten. Wenn später noch elektronische Anwendungen zu beurteilen sind, die in die Behandlung der Patienten eingreifen, dann wird es erst richtig interessant. Hier arbeiten wir sozusagen im Vorfeld, wie man bei den Empfehlungen zum Notfallmanagement, eArztbrief und zur eFallakte sehen kann. Warum ist die aktive Beteiligung der Ärzte bei der Digitalisierung des Gesundheitswesens so wichtig? Ohne ärztlichen Sachverstand wird IT völlig anders geplant. Informationstechniker denken einfach anders als Ärzte. Behandlungen müssen nicht mathematischen oder technischen Regeln folgen. Diese Situation hatten wir zu Beginn der Krankenhausinformationssysteme in vielen Kliniken, ebenso wie bei den Praxissystemen. Ärzte mussten bei den Behandlungen umdenken oder sich später den IT-Systemen anpassen. Die Ärzte fühlten sich eingezwängt in ein System, welches ihrem Behandlungsdenken nicht entsprach. Gerade daher kommt das Engagement des Ärztlichen Beirates, im Vorfeld Angaben zu machen und unser ärztliches Denken den Entwicklern der IT-Systeme darzulegen. 06 Versorgung: Heimbewohner profitieren von der Telemedizin. Maximalversorgung ihre intensivmedizinische Expertise via Telemedizin auch Häusern der Grund- und Regelversorgung zur Verfügung. Irmgard Landgraf betreut als niedergelassene Ärztin die Bewohner eines Pflegeheims. Sie verbindet sich über ihren Laptop mit dem elektronischen Pflegedokumentationssystem des Heims und kann von der Praxis aus Patientendaten einsehen, die Medikation anpassen oder Nachrichten für das Pflegepersonal hinterlegen. Das Projekt leistet laut Jury „einen Beitrag zur nachhaltigen, zugleich mit einfachen Mitteln erreichbaren Verbesserung der Gesundheit und Lebensqualität von großen – in der Zukunft zunehmenden – Bevölkerungsgruppen im Pflegebereich in www.dgtelemed.de Deutschland“. Kompakt Kontakt per „Brille“ App-Förderung Eine App für die Datenbrille Google Glass soll es Ärzten ermöglichen, medizinische Daten während der Behandlung an andere Ärzte zu schicken. Bayer sponsert fünf Start-ups aus Europa, die mobile Gesundheits-Apps entwickeln. Ä D rzte in Harvard und an der University of Pennsylvania erproben derzeit eine neue Anwendung für Google Glass – das ist der Minicomputer, der zusammen mit einer digitalen Videokamera auf einem Brillenrahmen montiert ist. Der Computer kann Informationen auf einem kleinen Sichtfeld einblenden und sie mit den Bildern der Videokamera überlagern. Die vom Start-up Remedy entwickelte App „Beam“ soll es ermöglichen, dass ein Arzt während der Behandlung eines Patienten medizinische Daten auf Papier oder aus der Patientenakte mit der Datenbrille „abfilmt“ und sie an einen Kollegen überträgt. Auch ein mit der Brille aufgenommenes Video lässt sich mit diesem System übertragen. Die Rückmeldung des hinzugezogenen Arztes wird auf dem Sichtfeld der Datenbrille eingeblendet. Hausärzte sollen, so die Entwickler, auf diese Weise in Anwesenheit des Patienten mit einem Facharzt Kontakt aufnehmen und schnell einen medizinischen Sachverhalt klären. Aber auch eine Videokonferenz zwischen den beiden Ärzten unter Einbeziehung des Patienten während der Untersuchung soll mit diesem System möglich sein. www.remedyonglass.com IGeL unter der Lupe Unter „www.igel-aerger.de“ sammeln Verbraucherschützer Beschwerden von Patienten über IGeL-Angebote. V erbraucherschützer kümmern sich verstärkt um die Individuellen Gesundheitsleistungen, kurz IGeL. Gesetzlich krankenversicherte Patienten müssen diese vom Arzt optional angebotenen medizinischen Leistungen aus eigener Tasche bezahlen und werden so vom Patienten zum Kunden. Für die Unzufriedenen unter diesen „Kunden“ hat die Verbraucherzentrale NRW in Kooperation mit den Verbraucherzentralen Berlin und Rheinland-Pfalz das Internetforum „igel-aerger.de“ konzipiert. Seit September 2014 können sie dort ihren IGeL-Frust abladen – entweder mit persönlichen Angaben oder anonym. Die Verbraucherschützer wollen die Beschwerden auswerten und prüfen, ob die Ärzte bei ihren IGeL-Angeboten die geltende Rechtslage einhalten. Finanziert wird das Forum vom Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz. Die Verbraucherschützer betonen, dass sie nicht den medizinischen Nutzen der IGeL-Leistungen beurteilen, sondern die verbraucherrechtlichen Aspekte untersuchen: Welche Zusatzleistungen wurden angeboten? Wurden die Patienten über die Kosten informiert? Gab es eine schriftliche Vereinbarung? „Ärzte, die negativ auffallen, sollen abgemahnt werden“, kündigen die Verbraucherschützer an. Auf Knopfdruck: Zentrale www.igel-aerger.de Beschwerdestelle im Netz a s Pharmaunternehmen Bayer Healthcare fördert mit seinem Programm „Grants4Apps ®“ (auf deutsch: Zuschüsse für Apps) junge Unternehmen, die mobile Gesundheitsanwendungen entwickeln. Im Jahr 2014 wurden aus 78 Bewerbern fünf ausgewählt, die einen Forschungszuschuss von jeweils 50 000 Euro erhalten und für dreieinhalb Monate in der Firmenzentrale in Berlin forschen dürfen. Dabei bekommen sie auch Unterstützung von Berliner IT-Experten. Grants4Apps ® soll den Start-ups später als Hilfe zur Beschaffung von Risikokapital dienen. Die fünf Unternehmen und ihre Innovationen sind: Cortrium (Dänemark) hat einen tragbaren Sensor („C3“) entwickelt, der Herzschlag, Atmung und Pulsoxymetrie fortlaufend misst und die Daten per Bluetooth an ein iPad überträgt. Parica (Deutschland) entwickelt ein System, das Vitaldaten misst und den Patienten über schlechte Werte informiert, damit dieser einen Spezialisten aufsuchen kann. Qompium (Belgien) hat CardiMoni entwickelt, eine Smartphone-App, mit der Patienten selbst ihre Herzrate und ihren Herzrhythmus bestimmen und bei Verdacht auf Herzrhythmusstörungen die Werte an den Arzt schicken können. PharmAssistant (Portugal) ist eine vernetzte Pillendose. Sie erinnert vergessliche Patienten mit einem optischen und akustischen Signal an die Einnahme ihrer Medikamente. Durch Vernetzung mit einem Smartphone können Angehörige oder der Hausarzt die Medikationstreue aus der Ferne überwachen. FabUlyzer (Spanien) entwickelt ein Pusteröhrchen mit Nanosensoren, die Biomarker in der Atemluft wie zum Beispiel den Acetongehalt messen. Die Messwerte geben Aufschluss über die Fettverbrennung. Sie lassen sich auf einer Smartwatch anzeigen. www.grants4apps.com 07 Kompakt Noch ein Armband Das mit vielen Sensoren bestückte Microsoft Band misst Vitalparameter bei körperlichen Aktivitäten und zeigt die Auswertung auf dem Smartphone an. D ie IT-Industrie setzt voll auf Gesundheit. Nach Google und Apple hat jetzt auch Microsoft einen mobilen Aktivitätsmesser vorgestellt. Das in den USA für 200 Dollar erhältliche „Microsoft Band“ ist ein intelligentes Armband, das die körperliche Aktivität registriert. Sensoren im Armband messen Temperatur, Herzfrequenz, Hautwiderstand, Feuchtigkeit, GPS-Koordinaten sowie die Beschleunigung. Die Pulsmessung erfolgt im Unterschied zu anderen Modellen fortlaufend mithilfe von LEDs und einem optoelektronischen Sensor. Die Messwerte lassen sich auf jedem Smartphone (iOS, Android, Microsoft) anzeigen. Eine Akku-Ladung soll 48 Stunden halten. Das Gerät bietet nicht nur die Aufzeichnung von Joggingstrecken und die Messung der getätigten Schritte. Es kann auch die verbrannten Kalorien zählen und den Schlaf analysieren. Microsoft kooperiert mit Fitnessstudios, die dann die passenden Übungen für den Benutzer auf dem Armband anzeigen. www.microsoft.com/Microsoft-Band/en-us Sportlich: Neuer Trainingsassistent Online-Befundung übers Netz Forscher entwickeln eine Telemedizinplattform, auf der Langzeit-EKGs von Fachärzten befundet und die Ergebnisse Hausärzten zur Verfügung gestellt werden. D as Fraunhofer-Institut für Photonische Mikrosysteme IPMS in Dresden hat mit der intecsoft medical GmbH & Co.KG eine Telemedizinplattform für die Auswertung von Langzeit-EKGs durch „Online-Kardiologen“ entwickelt. Damit werden niedergelassene Ärzte bei der Abklärung von Herzerkrankungen wie zum Beispiel Herzrhythmusstörungen oder Herzmuskelentzündungen unterstützt, ohne dass der Patient einen Spezialisten aufsuchen muss. Das System besteht aus einem 3-Kanal-EKG-Rekorder und einem Online-Portal. Der Rekorder leitet Langzeit-EKGs im Heimbereich unter Alltagsbedingungen ab. Zusätzlich werden die körperlichen Aktivitäten des Patienten mit Sensoren Ampel: Grünes Licht signalisiert dem Arzt Entwarnung. gemessen. Bereits während des Tragens erfolgt die Datenauswertung im Rekorder. Veränderungen im EKG lassen sich der zugehörigen körperlichen Belastungssituation zuordnen. Auffällige Messwerte oder Unregelmäßigkeiten werden als EKG-Ausschnitt über ein Smartphone an das Portal geschickt und dort als Ampel angezeigt. Fachärzte werten die Daten auf dem Portal aus und erstellen einen persönlichen Befund. Der behandelnde Arzt soll die Daten jederzeit abrufen und seinen Patienten versorgen können, ohne dass dieser www.ipms.fraunhofer.de einen Facharzt aufsuchen muss. 08 Wissenschaftsticker +++ Wissenschaftler um Elia Gabarron vom Norwegian Centre for Integrated Care and Telemedicine haben rund 700 Tweets ausgewertet, die innerhalb von zwei Wochen Hashtags aufwiesen, die mit SEXUELL ÜBERTRAGBAREN ERKRANKUNGEN in Beziehung standen, also etwa #chlamydia oder #HIV (J Med Internet Res 2014; 16(10):e228). Neun von zehn dieser Tweets waren ernsthaft, und die große Mehrheit der Retweets zeigte sich ebenfalls sachlich. Dumme Witze wurden hauptsächlich von Twitterern gerissen, die ohne Klarnamen auftraten und nicht identifizierbar waren. + + + Kian Zarchi von der Universität Kopenhagen hat in einer clusterrandomisierten Studie ein Telekonsultationssystem bei 90 Patienten mit CHRONISCHEN WUNDEN evaluiert (J Invest Dermatol 2014; doi:10.1038 / jud.2014. 441). Nach einem Jahr war die Wunde bei 70 Prozent der telemedizinisch betreuten Patienten verheilt, gegenüber 45 Prozent in der Kontrollgruppe. + + + Individuelle SMS-Nachrichten gelten als Möglichkeit, bei einer Psychotherapie den Kontakt zwischen Therapeuten und Patienten zu intensivieren. Gareth Furber von der Universität Südaustralien hat ein derart supplementiertes Therapieregime bei Patienten in DEPRESSIVEN KRISEN untersucht (J Med Internet Res 2014; 16(10): e219). Er fand keinen Unterschied zu einem historischen Vergleichskollektiv ohne SMS-Reminder. + + + WARNMELDUNGEN BEI FEHLMEDIKATION sind vor etwa zehn Jahren in Verruf geraten, als ermittelt wurde, dass weit über 90 Prozent dieser Meldungen vom Arzt einfach weggeklickt werden. Alexander Bryant von der University of Washington hat jetzt untersucht, ob die modernen Systeme besser geworden sind (Appl Clin Inform 2014; 5(3):80213). Antwort: Nein. Insbesondere die Meldungen zu Arzneimittelinteraktionen wurden zu über 95 Prozent ignoriert. Dies könne nicht an „Alert Fatigue“ liegen, da die Ärzte im Schnitt nur eine Meldung pro Tag erhielten. Die Autoren fragen sich jetzt, ob Warnmeldungen zu Wechselwirkungen vor dem Hintergrund dieser Daten nicht grundsätzlich infrage gestellt werden sollten. + + + Kompakt Erster Rat per Videogespräch conhIT 2015 Die medizinische Recherche im Netz kann Patienten verunsichern. Mit einem neuen Angebot können sie von zu Hause aus klären, ob sie eine Behandlung benötigen. Die deutsche Leitmesse für Gesundheits-IT öffnet im April ihre Pforten in Berlin. D D as Lübecker Start-up Patientus hat eine Online-Plattform entwickelt, über die Ärzte Patienten eine Video-Sprechstunde anbieten können. Für die Browser-basierte Software wird nur ein PC mit Kamera und Internetanschluss benötigt. Außerdem muss der Arzt im Besitz einer gültigen Approbation sein und Sprechstunden in einer Praxis mit Sitz in Deutschland abhalten. Der Bundesverband Internetme- Komfortabel: Die virtuelle medizinische Fragestunde dizin sieht keine rechtlichen Bedenken in diesem Angebot. Der Patient sucht sich einen der bei Patientus angemeldeten Ärzte nach Fachgebiet und Wohnort heraus und bucht bei diesem einen Termin für die Video-Sprechstunde. Im ersten Gespräch werden alle Fragen des Patienten besprochen, und der Patient erhält Informationen über die verschiedenen Behandlungsmöglichkeiten. Bei Interesse an einer weitergehenden Diagnose oder Behandlung muss er in die Praxis einbestellt werden. www.patientus.de ie conhIT („Connecting Healthcare IT“), der jährliche Branchentreff rund um die IT im Gesundheitswesen, findet vom 14. bis 16. April in der Berliner Messe statt. Die Veranstaltung wendet sich nicht nur an IT-Fachleute, sondern auch an interessierte Ärzte, die sich über die aktuellen Entwicklungen der Informationstechnik im Gesundheitswesen informieren möchten. Sie ist keine reine Industriemesse, sondern bietet mit Kongressvorträgen und einer Seminarreihe der conhIT-Akademie die Möglichkeit zur Weiterbildung. medatixx ist auf der conhIT auch 2015 wieder mit einem eigenen Stand vertreten. www.conhit.de ANZEIGE 09 10 Titelgeschichte kleine_Rubrik D E-Health-Gesetz ie Eröffnung des Hauptstadtkongresses Medizin und Gesundheit in Berlin im vergangenen Sommer nutzte Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe nicht nur, um seine gesundheitspolitischen Ziele vorzustellen. Er kündigte auch den Entwurf eines E-Health-Gesetzes an, mit dem die Telematikinfrastruktur einen gesetzlichen Rahmen erhalten soll. „Unser Ziel sind klare Festlegungen und Vereinbarungen, um die Umsetzung zu erleichtern und zu beschleunigen“, so Gröhe. Gröhe ist weder Arzt noch gelernter Gesundheitspolitiker. Vor seiner Ernennung zum Bundesgesundheitsminister war er CDU-Generalsekretär, davor auch einmal Justiziar der CDU/ CSU-Bundestagsfraktion. Dass der studierte Jurist der Gesundheitstelematik per Gesetz auf die Sprünge helfen möchte, erscheint daher plausibel. Zumal er, wie er in einem Artikel der F.A.Z. sowie der eGK mit den zugehörigen Fachanwendungen wie beispielsweise dem elektronischen Arztbrief zuständig. Technische Schwierigkeiten und Interessenkonflikte zwischen den Beteiligten führten jedoch dazu, dass sich die Einführung der eGK um Jahre verzögerte. Ein Ende der Streitigkeiten ist nicht abzusehen. Jüngstes Beispiel: Die Kassenärztliche Bundesvereinigung hat parallel zum Ausbau der Telematikinfrastruktur ihr eigenes Netz – KV-SafeNet – aufgebaut, über das sie – teils mit hohen Förderungen – ihren Mitgliedern Mehrwertdienste anbieten möchte. Während die gematik dieses Netz vollständig in die Telematikinfrastruktur integrieren und damit auch betreiben möchte, besteht die KBV darauf, es nur anzudocken und weiterhin in Eigenregie zu betreiben. Damit liegt die KBV im Clinch mit dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik Es geht voran Das von Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe angekündigte E-Health-Gesetz soll dafür sorgen, dass es beim Aufbau einer flächendeckenden Telematikinfrastruktur sowie der Einführung von Online-Anwendungen in Verbindung mit der elektronischen Gesundheitskarte keine weiteren Verzögerungen gibt. vom 1. September 2014 durchblicken ließ, die Geduld mit den an der Einführung der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) beteiligten Parteien verloren hat und weitere Verzögerungen beim Auf bau der Telematikinfrastruktur nicht mehr hinnehmen möchte: „Ich erwarte, dass Selbstverwaltung und Industrie zu konkreten Ergebnissen und überzeugenden Lösungen kommen, damit endlich der Nutzen für die Patienten im Mittelpunkt steht.“ Hintergrund: In den vergangenen zehn Jahren kam die Gesundheitstelematik in Deutschland nur schleppend voran. Im Jahr 2005 gründeten die Spitzenverbände des Gesundheitswesens die Gesellschaft für Telematikanwendungen der Gesundheitskarte mbH, kurz gematik. Sie ist per Gesetz für die Einführung, den Betrieb und die Weiterentwicklung der Telematikinfrastruktur (TI) im Gesundheitswesen (BSI), das nach § 291b Absatz 1a SGB V für die Sicherheit von eGK und TI zuständig ist. Das BSI befürchtet, dass die TI in diesem Fall zu einem reinen Verbindungs- und Zugangsnetz degradiert werde und hat angekündigt, in diesem Fall nicht mehr die Sicherheit des Gesamtsystems zu gewährleisten. Es sind aber nicht nur diese Streitigkeiten, die das Projekt verzögern und den Minister zum E-Health-Gesetz veranlasst haben. Gröhe muss auch die im Koalitionsvertrag vereinbarten Punkte umsetzen, die in seinen Zuständigkeitsbereich fallen. Dort heißt es unter „2.4 Gesundheit und Pflege“: „Elektronische Kommunikationsund Informationstechnologien können die Leistungsfähigkeit in unserem Gesundheitswesen weiter verbessern. Dies gilt insbesondere für die Versichertenstammdaten, die Notfalldaten, die Kommunikation zwischen 11 ern, allen Leistungserbringern, eiVerbesserung der Arzneid mitteltherapiesicherheit und Use“ bezeichnet. Unter diesem Be Begriff läuft dort seit einigen J Jahren ein landesweites Pro- Daten für ein verbessertes Einweisungs- und Entlassmanagement. Hindernisse beim Datenaustausch und Schnittstellenprobleme werden beseitigt und der Anbieterwettbewerb zwischen IT-Anbietern befördert. Dabei muss ein hoher Datenschutz beachtet werden. Telemedizinische Leistungen sollen gefördert und angemessen vergütet werden.“ Bei Redaktionsschluss lag der as R eferentenent w u r f f ü r da E-Health-Gesetz noch nicht vor. Daher konnte zu diesem Zeitpunkt nicht eingeschätzt werden, ob das Gesetz ein „großer Wurf“ wird oder sich auf den kleinsten gemeinsamen Nenner aller Interessengruppen beschränkt. Gröhe hatte aber bereits am 28. Juli 2014 angekündigt, dass die Ergebnisse der „Planungsstudie Interoperabilität“ in das E-Health-Gesetz einfließen sollen. Interoperabilität ist eine wichtige Grundvoraussetzung für E-Health. Das amerikanische Institute of Electrical and Electronics Engineers (IEEE) definiert sie als „die Fähigkeit zweier oder mehrerer Systeme oder Komponenten, Informationen auszutauschen und die ausgetauschten Informationen auch sinnvoll nutzen zu können“. Diese Möglichkeit der Weiterverwendung elektronisch übertragener medizinischer Daten wird in den USA als „Meaningful „Das E-Health-Gesetz wird sich im Kern mit den Rahmenbedingungen der Einführung einer sicheren Kommunikationsinfrastruktur im deutschen Gesundheitswesen befassen. Hier ist für uns Ärzte von besonderer Bedeutung, dass die Infrastruktur und ihre Anwendungen uns Ärzte bei der Behandlung unserer Patienten unterstützen, zum Beispiel durch den sicheren Austausch von Befunden oder Röntgenbildern. Perspektivisch sollte die Infrastruktur auch neue Methoden der Versorgung, wie zum Beispiel die Telemedizin, ermöglichen. Ich erhoffe mir von dem E-Health-Gesetz weiterhin, dass der Gesetzgeber die notwendigen Anreize setzt, damit alle Beteiligten – Kassen, Ärzte und Krankenhäuser – die Infrastruktur für eine gute Versorgung unserer Patienten nutzen.“ Dr. Franz-Joseph Bartmann Vorsitzender des Ausschusses Telematik der Bundesärztekammer 12 jekt zur Einführung und Nutzung von interoperablen elektronischen Patientenakten. Mit Blick auf die 170 verschiedenen Praxissoftwaresysteme und 30 Krankenhausinfor mationssysteme in Deutschland sagte Gröhe am 1. September 2014 in der F.A.Z. auch: „IT-Inseln helfen niemandem, wir brauchen mehr technische I nt er op er a bi l it ät . Au s Sc Schnittstellen müssen Verbin bindungen werden.“ Se Seit Sommer vergangenen Jahres liegen die Ergebnisse der „Planungsstudie Interoperabilität“ auf dem Tisch. Die im Auftrag des Bundesgesundheitsministeriums von der Unternehmensberatung BearingPoint GmbH mit Unterstützung des FraunhoferInstituts für Offene Kommunikationssysteme durchgeführte Studie sollte klären, woran es bei der Umsetzung von E-Health-Anwendungen in Deutschland hapert und welche Maßnahmen getroffen werden sollten, um die Entwicklung und Verbreitung dieser Anwendungen zu beschleunigen. Wichtigstes Ergebnis: Die Verfasser der Studie empfehlen, der gematik einen sogenannten E-HealthRat zur Seite zu stellen. Dieses Expertengremium soll letztendlich darüber entscheiden, welche Standards in E-Health-Anwendungen verwendet werden dürfen, um einen reibungslosen Datenaustausch innerhalb des Gesundheitswesens zu ermöglichen. Laut Empfehlung soll der 15-köpfige Rat breit aufgestellt werden: neun vom Bundestag eingesetzte E-Health-Experten, drei Vertreter der gematik, jeweils ein Abgesandter der Bundesländer und des Bundesgesundheitsministeriums sowie ein Patientenvertreter. Für das operative Geschäft, sprich die Zulassungsverfahren der E-HealthAnwendungen, wäre nach wie vor die gematik zuständig. Allerdings würde der E-Health-Rat die gematik dabei von Titelgeschichte Anfang an beraten, die Standards und Schnittstellen festlegen und den gesamten Zulassungsprozess überwachen. Durch diese Kontrollfunktion sollen Fehlentwicklungen und Verzögerungen vermieden werden. Um die Entscheidungswege kurz zu halten wird vorgeschlagen, den E-Health-Rat räumlich bei der gematik anzusiedeln. Was bringen den Patienten E-Health und Interoperabilität? Neben der verbesserten Versorgung, beispielsweise durch Telemedizinanwendungen, versetzt die Interoperabilität die Patienten auch in die Lage, leichter den Arzt zu wechseln. Bisher konnten Patienten von ihrem Arzt Papierkopien ihrer Unterlagen verlangen, etwa um sie einem anderen Arzt zur Weiterbehandlung vorzulegen. Die Studie schlägt jetzt ein „Anspruchsrecht des Versicherten“ vor. Das bedeutet, dass der Patient ohne Angaben von Gründen vom Arzt die Herausgabe seiner elektronischen Krankenunterlagen verlangen kann. Aber auch dem Arzt bringt die Interoperabilität Vorteile. Einheitliche Standards und Schnittstellen würden auch ihm die „Portabilität“ seiner Daten ermöglichen. Patientendaten wären dann nicht mehr an ein Praxissoftware- oder Kliniksystem gebunden, sondern könnten prinzipiell mit jedem anderen System genutzt werden. Dies soll dem Arzt einen Anbieterwechsel erleichtern. Wenn Gröhe dieser Empfehlung der Studie folgt, erfüllt er einen weiteren Punkt des Koalitionsvertrages, nämlich den Wettbewerb zwischen den IT-Anbietern zu befördern. Ein weiterer Punkt aus dem Koalitionsvertrag betrifft das Versichertenstammdatenmanagement, das als erste E-Health-Anwendung im Jahr 2015 erprobt wird. Dazu werden in verschiedenen Testregionen Arztpraxen an die TI angeschlossen („Online-Rollout“). Die Selbstverwaltung hat sich darauf geeinigt, dass beim jeweils ersten Arztbesuch im Quartal die Versichertendaten online aktualisiert werden. Die Verwaltung der Daten erfolgt nach wie vor bei den Krankenversicherungen. Nach den Vorgaben der gematik soll die Aktualisierung der Versichertendaten auf der „Der GKV-Spitzenverband fordert verbindliche Termine für alle Teilnehmer für die Einführung und Nutzung der TI/ eGK – auch für Leistungserbringer. Damit eGK-Anwendungen auch den erhofften Mehrwert leisten können, ist eine nahezu flächendeckende Einführung zwingend notwendig. Von daher müssen auch schon für die ersten administrativen Anwendungen verbindliche Termine genannt und eingefordert werden. An die haben sich dann nicht nur die Kostenträger mit der Bereitstellung der Dienste und die Industrie zu halten, sondern auch die Leistungserbringer mit der Nutzung. Wie will man sonst den Versicherten vermitteln, dass man intelligente Karten ausgibt, die zum Beispiel Missbrauch durch elektronische Sperrung verhindern oder medizinische Notfalldaten aufnehmen können, aber leider kaum ein Arzt in Deutschland mitmacht und das System somit sinnlos wäre? Eine weitere Forderung: finanzielle Strafen, wenn die eGK nicht benutzt wird. Es muss hier eine Regelung geschaffen werden, die klar vorgibt, bis wann die Leistungserbringer sich an die TI anzuschließen und diese zu nutzen haben. Sollte dies bis zu einem solchen Termin nicht erfolgt sein, müssen Sanktionen angewendet werden, wie sie bei den Kassen auch gegolten haben. Wenn die Anbindung an die TI mit einem Termin festgesetzt wurde, dann muss im gleichen Schritt auch die Nutzung der TI verbindlich festgelegt werden. Hier müssen klare Regelungen her, dass der Prüfnachweis der Versichertenstammdaten (Online-Abgleich) im Rahmen der Abrechnung auch an die Kassen zu übermitteln ist. Wenn der Prüfnachweis nicht vorhanden ist, muss von Seiten der Kassen eine Reduzierung der Abrechnung möglich sein.“ GKV-Spitzenverband Karte zwischen 7 und 13 Sekunden dauern. Damit diese Anwendung zugelassen wird, muss sie sich in der Testphase als praktikabel erweisen. Sobald sich diese erste Online-Anwendung in der Praxis bewährt hat, geht es in die nächste Testphase. Dann wird die elektronische Unterschrift erprobt – Voraussetzung für die Einführung elektronischer Arztbriefe und Überweisungen. Eine der zentralen Anwendungen, die nach dem Willen von Gröhe bald realisiert werden soll, betrifft die Notfalldaten auf der eGK. „Wenn es nach einem Unfall schnell gehen muss, soll der Arzt überlebenswichtige Notfallda- ten sofort von der Karte abrufen können“, sagte der Minister der Bild-Zeitung. Ärzte können mithilfe der Karte auch direkt sehen, welche Medikamente ein Patient einnimmt. Ebenso ist geplant, die Verbesserung der Arzneimittelsicherheit, ein weiteres Vorhaben der Großen Koalition, in das E-Health-Gesetz aufzunehmen. Nach den Plänen des Ministers erhalten künftig alle Patienten, die mindestens fünf Arzneimittel verordnet bekommen, einen Medikationsplan – eine gedruckte Übersicht mit patientenverständlichen Anwendungshinweisen. Ärzte und Apotheker sollen diesen Medikationsplan 13 „Laut Aussage des Bundesministers für Gesundheit auf dem IT-Gipfel in Hamburg wird das geplante E-Health-Gesetz Anreize für die Einführung medizinischer Anwendungen setzen. Dazu gehört die elektronische Bereitstellung von Notfalldaten, die Einführung eines Medikationsplans und die Verbesserung des Informationsaustausches zwischen den mehr als 200 verschiedenen IT-Systemen im Gesundheitswesen. Gerade Letzteres ist wesentliche, aber nicht hinreichende Voraussetzung für die flächendeckende Nutzung von sinnvollen Anwendungen. Viel wichtiger ist es, die Infrastruktur nun endlich bundesweit und bundeseinheitlich flächendeckend nutzbar zu machen, damit die zum großen Teil schon entwickelten Lösungen eingesetzt werden können. Hierzu gehört selbstverständlich auch die Klärung der noch völlig offenen Refinanzierungsfragen für die jeweiligen im Gesetz genannten Pflichtanwendungen ebenso wie die flächendeckende Umsetzung der Pflichtanwendungen selbst. Wenn es dann noch gelänge, ein innovationsfreundliches Klima zu schaffen, in dem verschiedene in freiem Wettbewerb angebotene Mehrwertdienste und Lösungen Eingang in die Regelversorgung fänden, wäre das in der Tat ein großer Wurf. Denn letztlich entscheidet die Nachfrage der Anwender, ob die angebotenen Systeme einen Mehrwert und einen positiven Nutzen für ihn und seine Prozesse haben. Und wenn der Mehrwert unter anderem in einem verbesserten Informationsaustausch mit anderen Anwendern – einrichtungsübergreifend, intra- und intersektoral – gesehen wird, dann wird die Industrie liefern, solange für sie das Geschäftsmodell stimmt.“ Ekkehard Mittelstaedt Geschäftsführer Bundesverband Gesundheits-IT – bvitg e. V. leichter aktualisieren können. In diesem Fall muss das geplante E-Health-Gesetz Regelungen enthalten, wie in Zukunft ein elektronischer Medikationsplan mit der eGK bereitgestellt werden kann. Gröhe kann dabei auf die Interoperabilitätsstudie zurückgreifen, die sich mit dem elektronischen Medikationsplan ausführlich beschäftigt hat. Die Autoren der Studie machen aber auch konkrete Vorschläge zur Umsetzung ihrer Empfehlungen. Als Erstes fordern sie, die rechtlichen Grundlagen für E-Health zu schaffen. Diesem Rat kommt Minister Gröhe mit dem E-Health-Gesetz nach. Auf dieser Basis erfolgt die Gründung des E-Health-Ra14 tes. Um keine Zeit zu verlieren, empfehlen die Autoren der Studie, die gematik solle schon einmal loslegen und mit den Vorarbeiten beginnen, noch bevor der Rat sich konstituiert hat. Alle generellen Prozesse für die Entwicklung und Zulassung von E-Health-Anwendungen sind in der Studie detailliert aufgeführt. So weit die Empfehlungen der Interoperabilitätsstudie. Was davon in das geplante E-Health- Gesetz einfließen wird, war zum Zeitpunkt der Drucklegung dieser Ausgabe noch unbekannt. Der Referentenentwurf lag ebenfalls noch nicht vor. Die Interessenvertreter – wie zum Beispiel die Ärzteschaft, die gesetzlichen Krankenkassen oder die Anbieter von Gesundheits-IT – erhalten die Gelegenheit, ihren Kommentar zu diesem Entwurf abzugeben. Die Politik erhält dadurch nicht nur wertvolle Rückmeldungen, sondern auch die Gelegenheit, auf konstruktive Kritik im Vorfeld zu reagieren und Verbesserungsvorschläge in das Gesetz einfließen zu lassen. Die Positionen der Verbände zur Telematikinfrastruktur sind bekannt. Sie spiegeln sich auch in den Aussagen und Forderungen wider, die zum geplanten E-Health-Gesetz veröffentlicht wurden. Der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen zum Beispiel fordert „verbindliche Termine“ für die Einführung und Nutzung der Telematikinfrastruktur und der elektronischen Gesundheitskarte – und zwar für alle Beteiligten. Mit Blick auf die geplante Online-Anbindung der Arztpraxen verlangen die Kassen finanzielle Strafen für Ärzte, die sich den Online-Anwendungen wie zum Beispiel dem Versichertenstammdatenmanagement verweigern und damit den gesamten Zeitplan gefährden. Der Bundesärztekammer hingegen ist wichtig, dass die Telematikinfrastruktur einen praktischen Nutzen für die Ärzte bei der Behandlung ihrer Patienten hat. Dazu gehört auch die ärztliche Schweigepflicht, weshalb die Ärzteschaft großen Wert darauf legt, dass der Austausch von Patientendaten innerhalb der Telematik sicher erfolgt. Die IT-Hersteller wiederum erinnern den Gesetzgeber daran, die Refinanzierungsfragen für die Pflichtanwendungen nicht zu vergessen und wünschen sich, dass auch Mehrwertdienste und Lösungen zu einem Teil der Regelversorgung werden, sodass sich in diesem Bereich ein Markt entfalten kann. Die Erwartungen an das geplante E-Health-Gesetz sind groß. Ob es ein großer Wurf oder nur ein Würfchen wird, bleibt abzuwarten. Fest steht: Das Ringen um die praktikabelste Lösung, den besten Datenschutz und die Wahrung der eigenen Interessen wird auch nach Verabschiedung des E-Health-Gesetzes weitergehen. Dr. Michael Lang In eigener Sache Spannende Wettkämpfe beim PRAXISRAUSCH 2014 Praxisteams aus dem gesamten Bundesgebiet waren nach Bamberg gekommen, um sich in sieben Wettbewerben zu messen. M ögen die Spiele beginnen! Mit diesem Aufruf eröffnete Susanne Hartmann, Bereichsleitung medatixx-akademie, den Wettkampf. 30 Praxisteams aus dem gesamten Bundesgebiet waren der Einladung nach Bamberg gefolgt, um am PRAXISRAUSCH teilzunehmen. Die Teams aus Kiel und Bad Doberan hatten die weiteste Anreise. In spannenden Spielen rund um das Thema Arztpraxis kämpften Ärzte und ihre MFAs mit viel Engagement unter dem Motto „Gemeinsam sind wir stark“ um Goldbarren. In sieben Disziplinen galt es, Teamgeist und Geschicklichkeit unter Beweis zu stellen. Besonders spannend ging es zum Beispiel bei der Disziplin „Betriebsausflug“ zu. Jeweils drei Mitglieder eines Teams mussten in OP-Kittel, Kopfhaube und Mundschutz gemeinsam auf einem Paar Skier stehend einen abgesteckten Parcours durchlaufen und einen „Buchstabentisch“ erreichen. Dort galt es, aus einem Buchstabensalat ein sinnvolles medizinisches Wort zu bilden und anschließend wieder in voller Montur zum Startpunkt zurückzulaufen. Den ersten Platz und damit einen Goldbarren im Wert von 1 000 Euro gewann die Praxis Dres. med. Münich/Brandl/ Fischer-Schießl/Kraus, die mit dem kompletten Praxisteam angereist war. Den zweiten Platz und einen Goldbarren im Konzentriert: Die Disziplin „Betriebsausflug“ erforderte viel Geschicklichkeit. Wert von 750 Euro erkämpfte sich die Praxis Lohse. Den dritten Platz und einen Goldbarren im Wert von 500 Euro konnte sich die Praxis Dr. Böhm nach einem Stechen mit dem punktgleichen Team der Praxis Dr. Akkermann sichern, welches den Sonderpreis „Teamauszeichnung für besondere Leistungen“ erhielt. Parallel zum Wettbewerb ließen sich neun Medizinische Fachangestellte in Seminaren der medatixx-akademie zu zertifizierten Qualitätsmanagement-Beauftragten ausbilden. Darüber hinaus fanden auch Fortbildungen zu den Themen EBM, Notfallmanagement und Hygienemanagement statt. Aufgrund der vielen positiven Rückmeldungen ist der nächste Praxisrausch für 2016 geplant. www.praxisrausch.de Betriebliche „Nachwuchsförderung“ Gegen die Kälte In Bamberg hat medatixx zusammen mit der Mediengruppe Oberfranken für die Kinder ihrer Mitarbeiter eine „betriebliche Großtagespflegestelle“ eingerichtet. Mitarbeiter haben wärmende Kleidung für bedürftige Kinder in Albanien gestrickt. B M erufstätige Eltern haben es oft schwer, einen Betreuungsplatz für ihren Nachwuchs zu organisieren. Plätze in Kindertagesstätten (Kitas) oder ähnlichen Einrichtungen sind rar gesät. Unternehmen wiederum können mit einem Betreuungsangebot für die Kinder ihrer Mitarbeiter Fachkräfte an sich binden. In Bamberg haben sich deshalb vor zwei Jahren die beiden Unternehmen medatixx und Mediengruppe Oberfranken zusammengetan, um ihren Mitarbeitern eine „betriebliche Großtagespflegestelle“ anzubieten. Hinter dem sperrigen Begriff verbirgt sich eine clevere Idee. Denn die Einrichtung einer Kita ist mit vielen gesetzlichen Auflagen wie vorgeschriebenen Raumgrößen oder besonders qualifizierten Fachkräften verbunden. Bei der Tagespflege hingegen sind die Vorschriften weniger streng. Hier betreut eine Tagesmutter bis zu fünf Kinder in ihrer eigenen Wohnung. medatixx und die Mediengruppe Oberfranken haben für ihre Großtagespflegestelle „Sonnenkäfer“ Räume gemietet, in denen bis zu acht Kinder von zwei selbstständigen Tagesmüttern betreut werden. Die Frauen haben in mehreren Kursen eine Qualifizierung zur Tagesmutter durchlaufen. medatixx und die Mediengruppe Oberfranken stellen jeweils vier Betreuungsplätze im Sonnenkäfer. www.medatixx.de/news/detail/show/sonnenkaefer itarbeiter von medatixx haben auch 2014 wieder für einen guten Zweck fleißig die Nadeln geschwungen und wärmende Kleidung für bedürftige Kinder und Familien in Albanien gestrickt oder gehäkelt. Insgesamt 101 Mützen, 22 Schals, zehn Paar Strümpfe, 17 Paar Babyschuhe, ein Paar Filzschuhe, ein Handwärmer und ein Paar Handschuhe gingen über den Christlichen Hilfsverein Wismar auf die Reise in entlegene albanische Bergdörfer. Die Aktion geht auf eine Mitarbeiterin zurück, die 2011 mehr Mützen gestrickt hatte, als sie an Weihnachten im Freundeskreis verschenken konnte. 2012 schickte sie die ersten 33 Mützen nach Albanien. www.chwev.de 15 Digitale Sprachverarbeitung Sprechen statt schreiben Der Aufwand für die Dokumentation in den Arztpraxen nimmt zu. Eine Entlastung für Ärzte und Schreibkräfte bietet die digitale Sprachverarbeitung. Sie konvertiert digital aufgezeichnete gesprochene Wörter und Sätze automatisch in Text. Dies erspart nicht nur das Abtippen von Diktaten, auch der Computer und die Praxissoftware lassen sich damit steuern. Die eingesparte Zeit kommt nicht zuletzt den Patienten zugute. So macht es medatixx medatixx hat zusammen mit Nuance, ein führender Anbieter von digitaler Sprachtechnologie, das Produkt x.voice powered by Nuance entwickelt. Es integriert digitales Diktatmanagement und Spracherkennung in die Praxissoftware und enthält einen medizinischen Wortschatz. x.voice erlaubt sowohl die Online-Spracherkennung als auch das mobile Diktat. Das Programm ist mit virtuellen Diktatbegleitzetteln ausgestattet, die ein schnelles Auffinden der Aufnahmen ermöglichen. Über die Sprachsteuerung ordnet der x.voice-Assistent Eingabetexte direkt den Feldern in der elektronischen Patientenakte zu. 16 Mobiles Diktieren en Neben der Online-Spracherkennung besteht die Möglichkeit, auf herkömmliche Weise einen Arztbrief zuerst vollständig zu diktieren und ihn anschließend am PC in Text umzuwandeln. Das Diktat kann am Arbeitsplatzrechner mithilfe einer Aufnahmesoftware wie dem medatixx-Software-Recorder erfolgen oder mit einem mobilen Diktiergerät. Der Arzt hat dann die Möglichkeit, Diktate auch außer Haus, beispielsweise bei Hausbesuchen, aufzunehmen. Nach dem Überspielen in den PC stehen die erzeugten Audiodateien über den Diktat-Workflow der Praxissoftware zur Weiterbearbeitung zur Verfügung. Infografik Diktatmanagement und Weiterverarbeitung Sprachsteuerung Digitale Sprachverarbeitung umfasst neben dem Diktat mit anschließender Sprachumwandlung auch die Sprachsteuerung des Computers. Dies ermöglicht es dem Anwender, in der elektronischen Patientenakte zu navigieren und einzelne Felder gezielt mittels Sprachbefehl anzusteuern. Darüber hinaus kann die Sprachsteuerung auch für andere Programme, wie etwa die Textverarbeitung oder zur Navigation im Internet, genutzt werden. Spracherkennungssysteme für die Arztpraxis beinhalten einen medizinischen Wortschatz, der an das spezifische Vokabular der niedergelassenen Ärzte angepasst ist. Ein Vo individuelles in der Spracherkennungssoftware hinterlegtes in Sprachprofil S ermöglicht eine optimale Qualität der Spracherkennung. Gesprochene Eintragungen in die elektronische Patientenakte kontrolliert der Arzt am besten direkt während der Dokumentation. Diktierte Arztbriefe und Überweisungen können von einer Mitarbeiterin überprüft werden, wenn sie die Texte ins Praxislayout setzt und weiterbearbeitet. OnlineSpracherkennung Mit der Online-Spracherkennung kann der Arzt über ein angeschlossenes Mikrofon beispielsweise Arztbriefe direkt in den PC diktieren. Jedes gesprochene Wort wird automatisch in Text umgewandelt. Ist die digitale Sprachverarbeitung in das Praxissystem integriert, kann der Arzt darüber auch in der elektronischen Patientenakte dokumentieren. Das System ordnet dann mittels Sprachbefehlen die einzelnen Textpassagen den Feldern in der Patientenakte zu. 17 Porträt mich.“ Nachdem sie ihr Studium beendet, geheiratet und eine Tochter zur Welt gebracht hatte, fand sich schnell Arbeit. Vor den Toren von Tuttlingen gab es ein Kinderdorf, in dem 370 Waisen und verhaltensauffällige Kinder lebten. Die Hausärztin dort war die Mutter einer guten Bekannten. Als die bisherige ärztliche Betreuerin im Kinderdorf aufhörte, übernahm Elisabeth Henke und bot zweimal in der Woche Sprechstunden an: „Das Gute an der damaligen Organisation war, dass ich als Ärztin die Kinder unter meiner Obhut hatte, ich kannte sie alle. Heute werden sie zu zehn verschiedenen Ärzten geschickt, das ist viel schwerer zu handhaben.“ Bei dieser Tätigkeit allein sollte es nicht lange bleiben, denn im Kinderdorf suchte man einen Betriebsarzt. „‘Sie kennen uns doch gut‘, haben sie zu mir gesagt, und gefragt, ob ich das nicht übernehmen wolle. Also habe ich eine dreimonatige Weiterbildung gemacht und die Arbeit übernommen“, erzählt Elisabeth Henke. Drei Jahre nach der Geburt ihres zweiten Kindes, kurz vor der Zulassungssperre für Ärzte in Tuttlingen, eröffnete sie 1987 eine eigene Praxis – ohne ihre Arbeit im Kinderdorf deswegen aufzugeben. „Ich konnte die Praxis in unserem Haus einrichten, dort waren Mieter im ersten Stock ausgezogen, sodass ich meinen Arbeits- Umtriebig: Dr. Elisabeth Henke Ä rztin wäre der Traumberuf ihrer Mutter gewesen: „Meine Mutter war Jahrgang 1915, und sie hatte zwei Brüder, die studiert haben. Ein Studium kam für sie deswegen nicht mehr infrage“, erzählt die Allgemeinärztin Dr. Elisabeth Henke. Also wurde die Mutter Medizinisch-technische Assistentin. Sie habe oft von ihren Forschungstätigkeiten geschwärmt. Die Tochter hat sich von dieser Begeisterung anstecken lassen und Medizin studiert. „Es ist bis heute auch mein Traumberuf.“ Nachdem sie zunächst mit der Gynäkologie geliebäugelt hatte – „dort kann man um 18 Uhr die Praxistür schließen, das ist nicht unwichtig“ –, merkte die damalige Studentin doch sehr bald, dass ihr dieses Fachgebiet weniger lag. „Zu dieser Zeit, in den 1970er-Jahren, etablierte sich gerade der Facharzt für Allgemeinmedizin in der akademischen Lehre. Das war genau das Richtige für 18 Die Ehrenamtliche Dr. Elisabeth Henke ist Rentnerin. Ihre Arztpraxis in Tuttlingen hat sie geschlossen, ihren Beruf deswegen aber noch lange nicht an den Nagel gehängt. Sie arbeitet unter anderem ehrenamtlich in einer Wärmestube für Obdachlose und Durchreisende. Die Finanzlage ist schwierig – die Medikamente organisiert sie trotzdem. Und wenn sie diese aus eigener Tasche zahlt. platz direkt über unserer Wohnung hatte“, berichtet die engagierte Ärztin. Ihre Praxis hielt sie absichtlich klein – um der Familie willen: „Finanziell war das kein Problem, denn ich war nicht die Brötchenverdienerin. Meine Arbeit ist der reine Luxus für mich – er war es schon immer und ist es auch heute noch. Es ist die Freude meines Lebens“, betont Dr. Henke. Das erklärt, warum ihr Rentnerdasein so gar nicht einem „Ruhestand“ gleicht. Zwar hat die heute 65-Jährige zum 31. Dezember 2012 die Türen ihrer Praxis geschlossen, ihren Beruf übt sie dennoch weiter aus: in der Porträt Engagiert: Dr. Elisabeth Henke misst den Blutdruck eines Patienten in der Wärmestube in Tuttlingen. Wärmestube von Tuttlingen, unter anderem. Dort bietet sie zweimal in der Woche eine dreistündige Sprechstunde für Wohnungslose und Durchreisende an, „für Menschen, die sich zum Beispiel in Hamburg auf den Weg nach Rom gemacht haben und in Tuttlingen vorbeikommen; für Menschen, die ihren Beruf oder ihr Leben insgesamt nicht auf die Reihe bekommen.“ Wenn sie nicht dort ist, ist sie auf Abruf erreichbar. Die Wärmestube hat ihre Telefonnummer, und wenn Not am Mann ist, „gehe ich eben hin. Es ist nicht weit von mir.“ Medizinische Notfälle sind keine Seltenheit. So kann es sein, dass eine Überweisung in eine psychiatrische Behandlung oder eine Entzugsbehandlung für einen Alkoholiker notwendig wird. „Wenn ich jemanden in eine Therapie einweise, dann gibt es keine Wartezeiten. Ich habe noch Connections zu meinen früheren Kollegen, die ich nutze. Wenn ich einen von ihnen anrufe, hat der Patient spätestens am nächsten Morgen einen Termin.“ Die üblichen wochenlangen Wartezeiten sind nach Ansicht der geborenen Saarländerin nicht notwendig. „Es muss jemand da sein, der sich kümmert. Dann funktioniert es auch.“ Geld verdienen kann sie nicht mit der Wärmestube, im Gegenteil. „Das Geld ist sehr knapp, wir müssen schauen, wie wir die Medikamente organisieren. Das klappt aber in aller Regel. Ich weiß, wo ich Antibiotika herbekomme. Ich frage Kollegen nach Ärz- temustern, oder ich zahle sie eben selbst, das ist kein Problem.“ Was zunächst nicht funktionierte, war die organisatorische Umstellung von der Praxis auf die ehrenamtliche Tätigkeit. „Ich habe zum Beispiel die Software vor Schließung meiner Praxis abgemeldet. Von der Kassenärztlichen Vereinigung habe ich zwar eine Ermächtigung für die Wärmestube erhalten, aber nicht die Erlaubnis, die Patienten manuell abzurechnen“, erzählt die Ärztin im Ruhestand. Da nur noch Online-Abrechnungen erlaubt sind, musste eine neue Software her. „In meiner Praxis bin ich mit x.concept sehr gut gefahren, es war für mich die perfekte Software, ich kam toll mit ihr zurecht.“ Kennengelernt hatte die Ärztin die Software über die Comretix GmbH in Tuttlingen, wo ihr Sohn sein Schülerpraktikum absolvierte. „Nun arbeite ich mit medatixx, einer neuen Software, die ich flexibler nutzen kann für meine Arbeit in der Wärmestube.“ Das Softwarehaus und die Comretix GmbH haben ihr die Kosten für Software und Schulungen erlassen, um ihre ehrenamtliche Tätigkeit zu unterstützen. „Die Umstellung lief zwar nicht ganz reibungslos“, meint Dr. Henke, „doch gab es immer fachkundige Hilfe und mittlerweile klappt auch die Abrechnung“. Die Wärmestube ist ihr die wichtigste, aber beileibe nicht die einzige Tätigkeit im sogenannten Ruhestand. Elisabeth Henke arbeitet weiterhin als Betriebsärztin für mehrere Tuttlinger Unternehmen aus der medizintechnischen Branche. „Die Arbeitsmedizin hat sich nach und nach immer weiter entwickelt und läuft seither parallel zu meinen anderen Tätigkeiten.“ Ach ja, und sie betreut zwei Herzsportgruppen in Tuttlinger Sportvereinen. Von ihrem Ruhestand hat sie trotzdem etwas. Ihr Mann, ehemaliger Geschäftsführer eines mittelständischen Unternehmens, ist ebenfalls Rentner. Und nun können sie mit ein wenig mehr Muße ihrem Hobby nachkommen. Die Henkes haben ein Motorschiff im Rhein bei Breisach am Kaiserstuhl liegen. Dort sind sie fast jedes Wochenende, schon seit sehr vielen Jahren. Und ab und zu fahren sie durch Europa mit ihrem Schiff, an die Ostsee oder nach Südfrankreich, nach Paris oder Berlin. Und das Schöne am Ruhestand ist: „Jetzt habe ich doch den enormen Druck nicht mehr, dass nach dem Urlaub drei Wäschekörbe voll Post auf mich warten.“ Gerda Kneifel Das ist schon viel wert. Menschen ohne Krankenversicherung In Deutschland sind derzeit nach Schätzungen der Nationalen Armutskonferenz (nak) rund 100 000 Menschen nicht krankenversichert – Tendenz steigend. Viele Zugewanderte, aber auch immer mehr Rentner und Selbstständige können sich die Beiträge nicht mehr leisten. Im Januar 2014 führten die privaten Krankenkassen den sogenannten Notlagentarif ein, den jedoch nur wenige Ärzte kennen. Wer als privat Versicherter einige Monate lang seine Beiträge schuldig bleibt, wird automatisch in diesen Tarif eingestuft, der 100 bis 150 Euro monatlich kostet. Die gesetzlichen Krankenkassen hatten zum 31. Dezember 2013 eine Frist für eine Amnestie für Beitragsschuldner gesetzt. Wer sich bis dahin meldete, dem wurden seine bis dahin angefallenen Beitragsschulden erlassen. Dieses Angebot nutzten gerade einmal 5 000 Personen. www.nationalearmutskonferenz.de 19 AAL (Ambient Assisted Living) Intelligente Helfer AAL-Systeme sollen es Senioren ermöglichen, möglichst lange ein selbstständiges Leben im eigenen Zuhause zu führen. Obwohl die Politik die Bedeutung dieser Technik angesichts des demografischen Wandels erkannt hat und seit Jahren Pilotprojekte in diesem Bereich fördert, sind die rechtlichen Rahmenbedingungen für eine Finanzierung noch nicht geklärt. D eutschland im Jahr 2030. Jürgen B. ist 72 Jahre alt und seit drei Jahren in Rente . Er versorgt sich noch allein, wie viele seiner Altersgenossen. Vor ein paar Jahren hat sein Hausarzt einen Altersdiabetes diagnostiziert, ansonsten ist er mehr oder weniger gesund. Aber er wird zunehmend wackeliger auf den Beinen und befürchtet, dass er langsam vergesslich wird. Vorsorglich hat er seine Wohnung barrierefrei umgebaut, sodass auch einmal ein Rollstuhl durch die Türen passt. Das kommt ihm jetzt zugute, weil auch der neue Serviceroboter die größere Türbreite benötigt. Den hat er sich von einem Teil seiner Altersrücklagen – anstelle eines neuen Autos – angeschafft. Der Roboter hält sich die meiste Zeit in der Küche auf, wo er kocht und die Geschirrspülmaschine bedient; er kann aber auch bügeln, Hemden zusammenlegen und in den Schrank einräumen und vieles mehr. Die andere Elektronik, die Jürgen B. das Älterwerden in den eigenen vier Wänden erleichtert, stammt noch vom Vorbesitzer: eine Sturzerkennungstechnik, die im Notfall Hilfe herbeiholen kann, und Sensoren, die ihm einen Warnhinweis aufs Smartphone senden, wenn er wieder einmal die Wohnungstür oder ein Fenster offen gelassen hat. Während er nachts schläft, messen Sensoren im Stoff seines Schlafanzugs fortlaufend die wichtigsten Vitalparameter. Die beschriebenen Sensoren und Techniken werden heute schon in Forschungsprojekten erprobt. Der Roboter existiert als Prototyp an einer deutschen Universität, auch wenn er noch nicht alles kann. Mit derartigen technischen Assistenzsystemen, so hoffen Wissenschaftler und Politiker, soll die medizi- 20 nische und pflegerische Versorgung alter Menschen in der Zeit des demografischen Wandels gelingen, der wohl größten Herausforderung in den nächsten Jahrzehnten. Die Deutschen schaffen sich zwar nicht ab, wie unlängst behauptet wurde, aber ihre Zahl wird in den kommenden Jahren beträchtlich schrumpfen. Einer Schätzung des Statistischen Bundesamtes zufolge wird das einstige 82-Millionen-Volk (Stand 2008) im Jahr 2030 nur noch 77 Millionen zählen. Mindestens genauso gravierend wird sich die geänderte Bevölkerungsstruktur auf alle Bereiche der Gesell- Im Jahr 2030 wird es nur noch 77 Millionen Deutsche geben. schaft auswirken. Es mangelt am Nachwuchs, der Schätzungen zufolge bis 2030 um rund 17 Prozent gegenüber 2008 abnimmt. Ärzte müssen sich aber vorerst nicht sorgen, dass ihnen die Patienten ausgehen. Im Gegenteil: In den Wartezimmern drängen sich dann noch mehr Senioren als heute. Die Zahl der über 65-Jährigen wird nach Meinung der Statistiker bis 2030 um rund ein Drittel steigen – von 16,7 Millionen (2008) auf 22,3 Millionen (2030). Im selben Zeitraum würde die Zahl der Erwerbstätigen voraussichtlich um rund 15 Prozent sinken. Das bedeutet nicht nur weniger Ärzte, Medizinische Fachangestellte und folglich weniger Arztpraxen, sondern auch weniger Pflegekräfte und damit weniger Plätze in Pflegeheimen. Der Fachkräftemangel, der heute schon im Bereich der Pflege sichtbar ist, wird sich in den nächsten Jahren verschärfen. Das Rheinisch-Westfälische Institut für Wirtschaftsforschung hat für 2030 einen zusätzlichen Bedarf von 170 000 bis 290 000 Vollzeitkräften in der stationären Pflege und 73 000 bis 122 000 zusätzlichen Vollzeitkräften in der ambulanten Pflege errechnet. Durch Zuwanderung lässt sich dieses Problem nicht lösen, zumal Deutschland mit vielen anderen europäischen Ländern, die ebenfalls rückläufige Bevölkerungszahlen haben, um Fachkräfte konkurriert. Die meisten älteren Menschen in Deutschland werden von ihren Angehörigen gepflegt. In Zukunft wird das nicht mehr so sein. Viele haben keine Kinder, oder diese leben berufsbedingt weit entfernt vom Wohnort ihrer Eltern. Alles läuft darauf hinaus, dass sich die alten Menschen dann möglichst lange in den eigenen vier Wänden selbst versorgen müssen und nur im Notfall auf fremde Hilfe angewiesen sind. Deshalb fördern das Bundesministerium für Bildung und Forschung und auch die Europäische Kommission schon seit Langem Projekte zur Entwicklung von „altersgerechten Assistenzsystemen für ein gesundes und unabhängiges Leben“, kurz AAL. Die Strategie „ambulant statt stationär“ ist auch in der Pflegeversicherung (§ 3 SGB XI) festgelegt. In den vergangenen Jahren kam AAL jedoch nicht so recht voran. Die in Projekten erprobten technischen Lösungen konnten oft nicht zur Marktreife entwickelt werden, weil die Projektdauer dazu nicht ausreichte und es keine Anschlussfinanzierung gab. Auch fehlten Geschäfts- und Finanzierungsmodelle. Denn klar ist auch, dass sich viele Senioren die technischen Unter stützu ngssysteme n icht Thema Abnahme der Gesamtbevölkerung (in Millionen, statistische Untergrenze) 82,260 81,752 79,914 77,350 73,829 69,412 64,651 Zunahme des Anteils älterer Menschen ab 65 Jahre Anteil der Altersgruppe an der Gesamtbevölkerung 17 % 21 % 23 % 32 % 34 % 5% 8% Zunahme des Anteils älterer ererr Menschen Mens hen ab 80 Jahre Jahre Anteil der Altersgruppe an der Gesamtbevölkerung 4% 11 % 14 % 21 leisten können. Hier gibt es eine Parallele zu telemedizinischen Anwendungen, die ebenfalls seit Jahren in vielen Projekten erforscht, aber mangels Abrechnungsmöglichkeit nicht genutzt wurden. Inzwischen hat sich das geändert. Im Herbst 2014 verhandelten die Spitzenverbände im Gesundheitswesen über die ersten EBM-Ziffern für telemedizinische Anwendungen. Später sollen die AAL-Systeme folgen. Die Große Koalition hat das Thema auf ihre To-do-Liste gesetzt: „Wir wollen, dass ältere und pflegebedürftige Menschen ihren Alltag in der eigenen Wohnung weitgehend selbstbestimmt bewältigen können. Die Entwicklung von Angeboten altersgerechter Begleitung und technischer Unterstützungssysteme wollen wir daher weiter fördern und sie in den Leistungskatalog der Pflegeversicherung aufnehmen“, heißt es im Koalitionsvertrag unter „2.4 Gesundheit und Pflege“. Welche AAL-Systeme in den Leistungskatalog der Sozialen Pflegeversicherung aufgenommen werden sollen, steht noch nicht fest. Um diese Frage zu klären, hat das Bundesministerium für Gesundheit bereits Ende 2012 bei der VDI/VDE Innovation + Technik GmbH und dem Institut für Europäische Gesundheits- und Sozialwirtschaft GmbH (IEGUS) eine Studie in Auftrag gegeben. Die Autoren der Studie machten zunächst eine Bestandsaufnahme der im Hilfsmittelverzeichnis (HMV) des Spitzenverbands der gesetzlichen Krankenkassen aufgeführten technischen Assistenzsysteme. Ergebnis: „Die heute im HMV aufgeführten technischen Assistenzsysteme sollen eine körperliche Einschränkung ausgleichen, sie werden von den Kassen nur im Falle einer spezifischen Erkrankung oder Behinderung bezahlt. Wer nur alt oder pflegebedürftig ist, hat keinen Anspruch darauf.“ Die Autoren der Studie verschafften sich auch einen Überblick über die neuen AAL-Systeme. Dazu stellten sie fest: „Das Angebot an technischen Assistenzsystemen nimmt stetig zu. Am weitesten verbreitet sind Lösungen zur Sicherheits- und Kommunikationstechnik. 22 Lösungen in den Bereichen Gesundheit und Pflege haben mehrheitlich noch nicht die Marktreife erreicht.“ Deshalb können solche Systeme auch noch nicht den Nachweis erbringen, dass sie ihr Geld wert sind, und folglich nicht ins Hilfsmittelverzeichnis aufgenommen werden. Jede AAL-Lösung, so die Empfehlung an die Politik, soll unter realen Bedingungen im Rahmen einer klinischen Studie den Nachweis erbringen, dass sie dem Anwender einen Nutzen bringt. Bei dieser Betrachtung sollen auch ethische Aspekte, wie etwa die Akzeptanz und Würde des Anwenders, sowie rechtliche Faktoren, wie der Datenschutz und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, berücksichtigt werden. Eine Kosten-Nutzen-Analyse auf der Grundlage einer Studie würde auch andere mögliche Investoren mit ins Boot Die Überlegungen gehen in Richtung Mischfinanzierung. holen. Die Überlegungen der Studienautoren gehen in Richtung einer Mischfinanzierung, bei der sich mehrere Akteure die AAL-Investition teilen. Als mögliche Finanziers würden infrage kommen: Senioren oder ihre Angehörigen, weil sie unmittelbar davon profitieren. Die Soziale Pflegeversicherung, die in jedem Einzelfall über eine Beteiligung entscheidet. Die Wohnungswirtschaft, weil die Nachfrage nach altersgerechtem Wohnraum steigt. Private Versicherer, weil AAL-Technik hilft, Schadensfälle zu vermeiden. Sie kann zum Beispiel bei Installation einer automatischen Herdabschaltung die Versicherungsprämie senken. Pflegedienstleister, weil AAL die Versorgung effizienter macht. Haushaltsnahe Dienstleister – AAL eröffnet ihnen neue Angebote bei der hauswirtschaftlichen Versorgung. Infrastrukturanbieter wie Supermärkte oder Getränkelieferanten – sie profitieren davon, dass viele alte Menschen in ihrer Nähe wohnen bleiben. Wie sich AAL-Systeme in der Realität bewähren, wurde in der klinischen Studie SmartSenior unter Leitung der Forschungsgruppe Geriatrie der Charité Universitätsmedizin Berlin 2012 in Potsdam untersucht. Die Studie war Teil des SmartSenior-Projekts, dem bis dato größten AAL-Projekt in Deutschland mit vielen Teilprojekten. Über einen Zeitraum von sechs Wochen wurden die Lösungen in insgesamt 35 Seniorenhaushalten getestet. Die Teilnehmer hatten keine größeren gesundheitlichen Beeinträchtigungen, alle Wohnungen gehörten einer der größten Wohnungsbaugesellschaften in Potsdam. Die AAL-Lösungen stammten von mehreren Anbietern aus der Industrie, die einen offenen Standard zur Nutzung ihrer Systeme entwickeln wollten. Noch stapelten sich im Wohnzimmer der Probanden hinter dem TV-Gerät, das als Kommunikationszentrum genutzt wurde, vier Geräte von unterschiedlichen Anbietern, die mit der Haustechniksteuerung verbunden waren. Ziel ist ein Standard, der eine AAL-Plattform bietet, an die sich alle Lösungen andocken. Im Test erhielten die Senioren eine speziell entwickelte Armbanduhr, die ihnen eine Nachricht anzeigte, falls beim Verlassen der Wohnung ein Fenster offen stand oder noch Licht eingeschaltet war. Im Schlaf- und Arbeitszimmer waren zwei unauffällige Kästchen angebracht, die Gassensoren enthielten. Die Forscher wollten damit herausfinden, ob einzelne Tätigkeiten wie Kochen oder Essen oder die Anzahl von Personen im Raum anhand einer Analyse der Raumluft erkannt werden. Alle gesammelten Daten wurden innerhalb der Wohnung gespeichert und vertraulich behandelt. Über das WLAN-Funknetz der Wohnung konnten die Senioren mit der Uhr sogar das Licht ausschalten. Dreh- und Angelpunkt für die Kommunikation war der Fernseher, ein für die Senioren vertrautes Gerät, mit dem sie ein Serviceportal aufrufen konnten. Thema Unter dem Menüpunkt „Gesundheit“ konnten sie Blutdruck-, Gewichts- und EKG-Messungen direkt an das Telemedizinische Zentrum der Charité schicken. Die Messgeräte wurden für die Dauer des Tests gestellt. „Gesundheit“ war die in der Studie am häufigsten genutzte Funktion. Der Menüpunkt „Zuhause“ stellte die Verbindung zur Wohnungsbaugesellschaft her, etwa wenn eine Glühbirne gewechselt werden musste, um Einkäufe zu tätigen oder Essen zu bestellen. Erprobt wurde außerdem die Televisite – der Arztbesuch zu Hause via Videokonferenz. Dazu war über dem TV-Gerät eine kleine Videokamera angebracht. Die telemedizinische Betreuung der Senioren lohnt sich nach Auffassung von Prof. Dr. Elmar Erkens von der APOLLON Hochschule der Gesundheitswirtschaft für die niedergelassenen Ärzte. Durch automatisiert übermittelte Messdaten erhalten die Ärzte einen intensiveren Kontakt zu ihren chronisch kranken Patienten. Bei einem Diabetiker zum Beispiel verfügen sie über durchgängige Zuckerwerte und können ihn besser einstellen. So lassen sich akute Gesundheitszustände durch eine schlechte medikamentöse Einstellung des Patienten verhindern. Geschieht dies unzureichend, entsteht der sogenannte „Drehtüreffekt“ zwischen Krankenhaus und Wohnung. Hier besteht die Gefahr, dass dem Hausarzt Patienten verloren gehen, wenn ältere Patienten oft nahtlos vom Krankenhaus in ein Pflegeheim überstellt werden. „Die telemedizinische Betreuung setzt natürlich voraus, dass diese Leistung auch vergütet wird“, erklärt Erkens. „Ich hoffe, dass dies endlich im Sozialgesetzbuch verankert wird.“ Aber auch AAL-Technik kann den Drehtüreffekt verhindern, der zum Beispiel auch dann einsetzt, wenn ein älterer Mensch stürzt und Nachbarn den Rettungsdienst alarmieren. Ist hingegen eine Sturzerkennungstechnik in der Wohnung installiert, wird zuerst ein Dienstleister informiert, der dann gemäß einer Alarmierungskette die Angehörigen oder den Hausarzt informiert. „Die meisten Stürze passie- ren im Bad“, weiß Verena Pfister von der BruderhausDiakonie in Reutlingen. Die gestürzten Senioren sind in der Regel nicht oder nur wenig bekleidet und scheuen sich oftmals, den Hausnotrufknopf zu drücken. Sie berichtet von einem Projekt im Betreuten Wohnen, bei dem ein älterer Herr von einem Sturzerkennungssystem über wacht wird. „Das gibt ihm ein Gefühl der Si- Sturzsensoren geben dem älteren Menschen Sicherheit. cherheit“, sagt Pfister. Die im Projekt safe@home (Leitung: Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA) entwickelten 3D-Sensoren sind in zwei gegenüberliegenden Ecken jedes Raumes angebracht und können den Körperschwerpunkt des Seniors bestimmen und erkennen, ob er stürzt – selbst dann noch, wenn sich weitere Personen im Raum befinden. „Das System funktionierte in der Projektphase noch nicht perfekt“, erklärt Pfister. Das Hinsetzen neben einem Rollstuhl beispielsweise löste einen Fehlalarm aus. Dass das Stuttgarter Sozialministerium ein Nachfolgeprojekt zu safe@home finanziert, um das System in der Häuslichkeit breitflächig erproben zu können, sei ein absoluter Sonderfall, berichtet sie. Die BruderhausDiakonie ist an einem weiteren Projekt beteiligt, in dem eine vernetzte Kommunikation zwischen den unterschiedlichen Hausgeräten hergestellt wird. Beispielsweise kommunizieren der Kühlschrank und die Wohnungstür miteinander. Diese starke Vernetzung ermöglicht komplexe Lösungen, von der auch partiell dementiell Erkrankte profitieren. Jürgen B. muss sich weder um Technik noch um Geschäftsmodelle kümmern. 2030 ist die AAL-Technik ausgereift und auch die Finanzierung steht. Zu schaffen macht ihm dann nur, dass sein langjähriger Hausarzt nicht mehr praktiziert und er sich auf einen neuen einstellen muss. Dafür gibt es auch 2030 keine techDr. Michael Lang nische Lösung. AAL und Telemedizin AAL-Systeme sind Teil einer intelligenten Umgebung. Sie dienen dazu, altersbedingte Einschränkungen zu kompensieren. Ziel ist es, ältere Menschen dabei zu unterstützen, möglichst lange in der gewohnten Umgebung leben zu können. Systeme zur Sturzerkennung geben allein lebenden älteren Menschen zudem Sicherheit. AAL-Systeme erhöhen also den Lebenskomfort. Im Falle einer Pflegebedürftigkeit unterstützen sie den Patienten, die pflegenden Angehörigen und die Pflegedienstleister. In der Regel sind AAL-Systeme auf ihren Nutzer zugeschnitten und können auch eine Erinnerungsfunktion beinhalten, etwa zur Medikamenten- oder Flüssigkeitsaufnahme. Darüber hinaus ist es möglich, kognitive Fähigkeiten zu trainieren mit dem Ziel, die geistige Leistungsfähigkeit zu erhalten oder die Beweglichkeit und Mobilität zu stärken. Oftmals ist eine Unterscheidung zwischen Assistenzsystemen zur Lebensführung oder zur Pflege aber nicht möglich. Ein Teilbereich der Telemedizin, das Telemonitoring, ist ebenfalls ein Teil von AAL. Denn Telemonitoring kann den Gesundheitszustand von chronisch kranken Patienten verbessern und dazu führen, dass sie länger zu Hause bleiben können. Beim Telemonitoring werden in regelmäßigen Abständen oder sogar fortlaufend medizinische Parameter der Patienten erfasst, zum Beispiel durch am Körper angebrachte medizinische Sensoren. Diese Sensoren kommunizieren über ein Netzwerk sowohl untereinander als auch mit einem Empfänger, der die Daten an eine Arztpraxis oder ein telemedizinisches Zentrum weiterleitet. Telemonitoring kann zum Beispiel dazu verwendet werden, die Therapietreue der Patienten zu fördern oder deren Medikamenteneinstellung zu verbessern. 23 bunt gemixxt Meldungen aus aller Welt Depression Spielend gegen Malaria USA. Patienten, die an einer Depression leiden, fühlen sich oft antriebslos und erschöpft. Die Liste der Symptome ist lang. Da die Symptome nicht andauernd, sondern periodisch auftreten, ist es manchmal schwer, eine Depression zu erkennen. Carol Espy-Wilson von der University of Maryland in College Park hat mit ihren Kollegen nach einem Weg gesucht, eine Depression besser zu er- NIGERIA. Das nigerianische Unternehmen Mobile Software Solutions Ltd. hat ein preisgekröntes Smartphone-Spiel entwickelt, mit dem die Zahl der Malariatoten sowohl im Land als auch auf dem gesamten Kontinent eingedämmt werden soll. Das Malaria Destroyer Game besteht aus mehreren Ebenen. Ein Quiz gehört ebenso dazu wie Abenteuerspiele, in denen es darum geht, den Malaria übertragenden Stechmücken auszuweichen oder sie zu töten. Spielerisch sollen sowohl Erwachsene als auch Kinder über die Krankheit aufgeklärt werden und die richtigen Verhaltensregeln lernen, um eine Ansteckung zu vermeiden. Hintergrund: Jährlich sterben laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) rund eine Million Menschen an Malaria, davon 300 000 in Nigeria. Für das Malaria Destroyer Game wurde das UnterLebensrettend: Das Malaria-Spiel nehmen im Herbst 2014 in Rabat (Marokko) mit dem Worldd Summit Award Africa 2014 in der Kategorie m-Entertainment/Lifestyle ausgezeichnet. www.mobilesoftware.com.ng Krebsdiagnose Hilfreich: Per Stimmanalyse eine Depression erkennen kennen. Die Ergebnisse ihrer Arbeit hat sie auf dem 168th Meeting of the Acoustical Society of America in Indianapolis im Oktober 2014 vorgestellt. Bei der Auswertung von Tonbandaufzeichnungen von 35 Patienten mit chronischer Depression stellte sie fest, dass sich eine Depression durch charakteristische akustische Veränderungen der Stimme und des Sprechens der Patienten bemerkbar macht. Die stimmlichen Unterschiede zwischen den depressiven und nicht-depressiven Perioden waren so eindeutig, dass sie eine Smartphone-App entwickeln möchte, welche die aufgezeichnete Stimme eines Patienten automatisch analysiert. Die App soll Patienten dabei helfen, sich besser einzuschätzen und den Therapeuten unterstützen. www.acousticalsociety.org 24 Wie gefällt Ihnen x.press? Wir freuen uns über Ihre Meinung, Ihre Verbesserungsvorschläge und Ihre Anregungen: [email protected] USA. Forscher des Start-ups Miroculus haben einen Schnelltest entwickelt, mit dem sie eine Reihe von Krebserkrankungen auch im frühen Stadium diagnostizieren können. Dazu extrahieren sie mit einem handelsüblichen Kit aus 1 Milliliter Patienatientenblut die Gesamt-RNA (Ribonukleinsäure) und pipettieren sie in die 96 Näpfchen einer Mikrotiterplatte. Jedes dieser Näpfchen ist biochemisch so präpariert, dass es eine spezifische microRNA (miRNA) chemisch bindet. miRNAs kodieren nicht für Proteine, sondern sind an der Regulation der meisten zellulären Prozesse beteiligt. Anhand des Mengenverhältnisses der miRNAs im Blut – des miRNA-Profils – können Krebsforscher eine bestimmte Krebsart diagnostizieren. Sobald eine miRNA im Näpfchen chemisch gebunden ist, leuchtet dieses grün. Im Verlauf der nächsten 60 Minuten nimmt ein Smartphone, welches auf das Gerät gelegt wird, eine Serie von Bildern auf. Anschließend werden die Daten zur Auswertung an einen Cloud-Server von Miroculus geschickt. Dort analysiert eine Software das Leuchtprofil – und damit, welche miRNA in der Blutprobe über- oder unterreguliert ist. www.miroculus.com Einfach: Krebsbestimmung durch Fotografieren einer Mikrotiterplatte bunt gemixxt IT nachgefragt Was ist eigentlich ... ... VoIP? Voice over IP, kurz VoIP, steht für das Telefonieren über eine Datenleitung wie zum Beispiel das Internet. Die Digitaltechnik ermöglicht eine Reihe neuer Telefonie-Funktionen. VoIP wird auch als IP-Telefonie bezeichnet, weil die gesprochenen Wörter nach dem Internetprotokoll (IP) über ein Computernetz transportiert werden. Voraussetzung zum Telefonieren ist ein Breitband-Internetanschluss sowie ein Internetrouter, der IP-Telefonie unterstützt. Zum Telefonieren können spezielle IP-Telefone verwendet werden, die wie ein PC über ein Netzwerkkabel oder WLAN mit dem Praxisnetz verbunden werden. Unterstützt die IP-Telefonanlage den Telefonstandard DECT, lassen sich auch die alten Schnurlostelefone weiter verwenden. Die VoIP-Anlage kann zur Kommunikationszentrale werden, beispielsweise mit einer automatischen Ansage bei Besetzt, wenn sich gerade alle Mitarbeiter im Gespräch befinden. Außerhalb der Praxiszeiten können Ansagen über Sprechzeiten, Vertretungen oder Notrufnummern informieren. Ist die Telefonanlage mit dem Praxis-PC verbunden, kann beim Annehmen eines Anrufs automatisch die digitale Patientenakte des Anrufers aufgerufen werden, sofern die Rufnummer des Anrufers im System hinterlegt ist. Alternativ kann der PC zum Telefonieren über das Internet verwendet werden. Man benötigt dann ebenfalls eine Breitband-Internetverbindung, eine Software für die IP-Telefonie („Softphone“) sowie ein Headset. Die Software bildet das IP-Telefon oder sogar eine IP-Telefonanlage ab und kann auch die Kontaktdaten, beispielsweise aus dem Programm Outlook, verwenden. In die Kategorie Softphone fällt zum Beispiel die Skype-Software. Nach den „Empfehlungen der Bundesärztekammer zur ärztlichen Schweigepflicht, Datenschutz und Datenverarbeitung in der Arztpraxis“ ist die Telefonie mit einem IP-Telefon in Deutschland datenschutzrechtlich unbedenklich. Nicht empfohlen wird hingegen, mit einem Softphone wie Skype über das Internet zu telefonieren, weil eine eingeschleuste Schadsoftware das Mithören der Telefonate ermöglichen könnte. Das medatixx-Quiz ? ? ? A) Wie heißt der Nachfolger des Betriebssystems Windows 8? 1. Windows 9 2. Yosemite 3. Ubuntu 4. Windows 10 B) Welchen Spitznamen hat die Pathologin im Münsteraner Tatort? 1. Walküre 2. Alberich 3. Brünhild 4. Kriemhild C) Welche Krankheit hat den „Schwarzen Tod“ gebracht? 1. Pest 2. Pocken 3. Cholera 4. Ebola App Aktuell Die ROTE LISTE® gibt es jetzt auch als App für iOS (ab Version 6.1) und Android (ab Version 4.0.3). Sie wird, wie auch die gedruckte Ausgabe, von der Rote Liste® Service GmbH herausgegeben. Die App „ROTE LISTE® Medikamente“ enthält ein Verzeichnis von in Deutschland auf dem Markt befindlichen Arzneimitteln. Da die Einträge von den pharmazeutischen Unternehmen auf freiwilliger Basis vorgenommen werden, ist die Liste zwar umfangreich, aber nicht vollständig. Nach der Installation der App sind alle Daten auf dem Smartphone verfügbar, ohne dass dazu eine Internetverbindung bestehen muss. Die „ROTE LISTE® Medikamente“ ist damit auch unterwegs nutzbar. Die bisher verfügbaren Apps mit den Inhalten der ROTEN LISTE® erfordern hingegen eine Onlineverbindung. Mit der App lassen sich Präparate, Stoffe und Hersteller suchen. Sie kostet 7,99 Euro. www.rote-liste.de/smartphone 25 A) 4.Windows 10 B) 2. Alberich C) 1. Pest Kolumne Fortbildung im Supermarkt kleine_Rubrik Impressum ixx.press IT in der ärztlichen Praxis. Herausgeber: N eulich bei Aldi. Es galt, einen neuen Kassierer auszuprobieren, der es einem äußerlich nicht einfach machte. Sie kennen bestimmt diese riesigen intralobären Auricula-Auris-Reifen, bei denen man in der S-Bahn immer aufpassen muss, dass man sich nicht aus Versehen daran festhält. Mit Fachbegriff heißen die Fleischtunnel englisch „plug and tunnel piercing“. So was, dann noch ein paar Tattoos und die üblichen Stecker im Gesicht. Was soll ich sagen, der Mann war fantastisch. Ich war Nummer fünf in meiner Reihe. Als ich bezahlt hatte, war die Nummer vier an der Nachbarkasse noch meilenweit entfernt vom Zieleinlauf. Ein wahrer Virtuose am Barcode-Scanner. Womit wir beim Thema wären. Sie werden das nämlich künftig auch machen müssen. Nein, nicht die Fleischtunnel. Obwohl das manchmal ganz praktisch wäre, wenn man gerade nicht weiß wohin mit seinem Otoskop. Ich meine das Barcode-Scannen. Falls alles nach Plan verläuft, das weiß man ja nie bei IT-Projekten, wird irgendwann Anfang 2015 in den KV-Bezirken Sachsen und Thüringen die Stufe 3 des ARMIN-Projekts gezündet, jenem Großprojekt von AOK PLUS, Ärzten und Apothekern, das es sich zum Ziel gesetzt hat, bei der Arzneimitteltherapiesicherheit (AMTS) neue Maßstäbe zu setzen. Ab Stufe 3 kommt im ARMIN-Projekt der einheitliche Medikationsplan der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft ins Spiel. Und dann heißt es ran an die Scanner. Denn eingesetzt wird dafür nicht etwa die elektronische Gesundheitskarte. Nein, es wird Zettelchen geben, auf denen ein 2D-Barcode abgedruckt ist, mit dessen Hilfe Sie die Arzneimittelliste des Patienten einscannen können. So ein 2D-Barcode hat naturgemäß Kapazitätsgrenzen. Mehr als 10 bis 15 Medikamente passen nicht drauf, je nachdem, wie man die Liste anlegt. Der Name des verordnenden Arztes wird auch nicht verraten. Wo kämen wir denn da hin. Bevor Sie jetzt mit dem Finger in Richtung Politik zeigen: Dass Sie Ihre MFAs demnächst zu Aldi in die Fortbildung schicken müssen, haben Ihnen Ihre eigenen Interessenvertreter eingebrockt, niemand sonst. Kein anderes IT-Projekt im deutschen Gesundheitswesen trägt so deutlich die ärztliche Handschrift wie der Arzneimittelbarcode. Also: DEMNÄCHST Schön Beifall klatschen und den Scanner schwingen. MÜSSEN SIE Nun wollen wir nicht zu polemisch werden. DeutschIHRE MFA lands Ex-Chefarzt Helmut Kohl hat in den goldenen ZU ALDI IN DIE 80er-/90er-Jahren nicht nur Angela Merkel das Essen mit FORTBILDUNG SCHICKEN! Messer und Gabel beigebracht, sondern sich auch als unsterblicher Ernährungsaphoristiker hervorgetan: Wichtig ist, was hinten rauskommt, das gilt bei der AMTS genauso wie in der Gastroenterologie. Und hier kann Aldi, Verzeihung die Barcode-Scannerei, durchaus punkten. An der Harvard Medical School konnte gezeigt werden, dass ein Scanner am Patientenbett die Rate an Fehlern bei der Medikationsvergabe um 41 Prozent verringert. Stand im New England Journal of Medicine im Jahr 2010. Aus demselben Jahr stammen übrigens die beiden einzigen Fachartikel zum „plug piercing“, die bisher in der internationalen MEDLINE-Datenbank zu finden sind. Thema: Wie repariere ich so was eigentlich wieder? Falls Sie zufällig Chirurg sind, könnte das ein interessanter Markt werden. medatixx GmbH & Co. KG Kirschäckerstraße 27; 96052 Bamberg Im Kappelhof 1; 65343 Eltville/Rhein www. medatixx.de; E-Mail: [email protected] Verlag: HEALTH-CARE-COM GmbH Goethering 58; 63067 Offenbach am Main Tel.: 069-405 631-157; Fax: 069-405 631-105 www.health-care-com.de Redaktion medatixx: Kornelia Kremer, Jens Naumann (V.i.S.d.P.), Monika Nolte Redaktion HEALTH-CARE-COM: Hans-Peter Bröckerhoff (Objektleitung), Philipp Grätzel von Grätz, Dr. Michael Lang, Silke Weidner (Korrektorat) Weitere Autoren dieser Ausgabe: Prof. Dr. Dr. Christian Dierks, Gerda Kneifel Satz und Layout: Katharina Doering Bildnachweis: HEALTH-CARE-COM bzw. medatixx, OX.11 (Dr. DoxxIllustration), Fotolia: © Dreaming Andy (S. 4)/kebox (S. 5)/Robert Kneschke (S. 6)/Julia Tim (S. 7)/boygostockphoto (S. 7)/Sebastian Gauert (S. 10)/Der Dilettant (S. 10)/psdesign1 (S. 10)/apfelweile (S. 11)/bramgino (S. 24)/Maksim Kabakou (S. 25), Russell Lee/Case Western Reserve University (S. 4), Dr. Christiane Groß (S. 6), Microsoft (S. 8), Fraunhofer IPMS (S. 8), Patientus GmbH (S. 9), BÄK (S. 12), GKV-Spitzenverband (S. 13), bvitg (S. 14), Dr. Elisabeth Henke (S. 18 und S. 19), Mobile Software Solutions Limited (S. 24), Miroculus (S. 24), Rote Liste® Service GmbH (S. 25) Erscheinungsweise: Quartalsweise, 4 Ausgaben pro Jahr Preis: Einzelheft 4,80 Euro, Jahresabonnement (4 Ausgaben) 18,80 Euro, inklusive Versand (innerhalb Deutschlands) Aboservice: Per E-Mail: [email protected] Per Telefon: 069-405 631-157 Per Post: Abo Service x.press, HEALTH-CARE-COM GmbH, Goethering 58, 63067 Offenbach am Main Anzeigen: Beate Gehm Tel.: 069-405 631-103; Fax: 069-405 631-105 E-Mail: [email protected] Auflage: 36.000 Aufgrund der besseren Lesbarkeit verzichten wir teilweise auf die geschlechtsspezifische Differenzierung, zum Beispiel Benutzer/innen. Sämtliche Rollenbezeichnungen gelten im Sinne der Gleichbehandlung grundsätzlich für beide Geschlechter. Eine Haftung für die Richtigkeit der Veröffentlichungen kann trotz sorgfältiger Prüfung durch die Redaktion nicht übernommen werden. ISSN: 2192-0397 NEU Da gibt‘s doch was von ratiopharm! Pregabalin® ratiopharm Aripiprazol® ratiopharm Celecoxib® ratiopharm VIELMEHRWERT Dr. med. Claudia Gentner, Augenärztin in Weil am Rhein „Schau‘ mir in die Augen ...!“ „Eine funktionale und individuell konfigurierbare Praxissoftware sowie ein verlässlicher Service sind das A und O, um in der hektischen Realität eines Praxistages den Überblick zu behalten. medatixx bietet all das und noch mehr. Meine Entscheidung für medatixx habe ich nie bereut.“ Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der medatixx setzen sich mit ihrem Know-how und ihrer Erfahrung dafür ein, Sie mit unseren IT-Lösungen bei der Organisation Ihres Praxisalltags zu unterstützen. Das Vertrauen von 36.000 Ärzten und über 75.000 medizinischen Fachangestellten in unsere Produkte und Dienstleistungen ist Ansporn und Verpflichtung zugleich. Damit die Praxis läuft. www.medatixx.de | www.facebook.de/medatixx