Jugendarbeit in Bosnien und Herzegowina
Transcription
Jugendarbeit in Bosnien und Herzegowina
Jugendarbeit in Bosnien und Herzegowina Bestandsaufnahme und Empfehlungen August 2005: Steffen Emrich Jugendarbeit in Bosnien und Herzegowina 2 Jugendarbeit in Bosnien und Herzegowina Jugendarbeit in Bosnien und Herzegowina Bestandsaufnahme und Empfehlungen Eine Studie im Auftrag des Deutschen Auswärtigen Amtes finanziert mit Mitteln des Stabilitätspaktes durchgeführt von Steffen Emrich August 2005 3 Autor: Steffen Emrich, Dipl. Ing. Stadt- und Regionalplanung, Trainer und Coach, selbstständiger Berater im Entwicklungsdienst. Von 9/2001 bis 10/2004 Projektleiter (Friedensfachkraft) von „Schüler Helfen Leben“ Sarajevo. Kontakt: Steffen Emrich Brucknerstr. 7 63477 Maintal Germany [email protected] www.procorde.net Tel.: +49 (0)176-23542060 Abbildungsnachweis: Copyright für alle Fotos bei Steffen Emrich Grafik S. 24 mit freundlicher Genehmigung der OSZE Titelbild: Brücke in Groažde Diese Studie wurde mit Mitteln des Stabilitätspaktes für Südosteuropa erstellt. Der Inhalt und die Empfehlungen dieser Studie liegen in der Verantwortung des Verfassers und geben nicht die Meinung des deutschen Auswärtigen Amtes, der deutschen Botschaft Sarajewo oder des Stabilitätspaktes für Südosteuropa wieder. EINFÜHRUNG 7 1. METHODIK 10 4. INTERNATIONALES ENGAGEMENT – FÖRDERPRAXIS 49 4.1 Monitoring Best and Bad Practices 2. RAHMENBEDINGUNGEN IN BOSNIEN UND HERZEGOWINA 12 4.2 Finanzierung und materielle Standards 50 4.3 Exit Strategie 50 2.1 Politische Rahmenbedingungen 12 4.4 Antragslyrik und lokale „Ownership“ 51 2.2 Arbeit mit Jugendlichen 14 4.5 Mitarbeiterfluktuation 51 16 4.6 Koordination 52 16 16 18 18 4.7 Zielformulierungen 53 4.8 Teilnehmerauswahl 53 4.9 Empfehlungen 54 20 21 22 5. SCHLUSSBETRACHTUNGEN 3. FÖRDERBEREICHE 3.1 3.2 Jugendpolitik 3.1.1 Problemanalyse 3.1.2 Erfahrungen 3.1.3 Empfehlungen 3.2.4 3.2.5 3.2.6 3.2.7 Schulbildung Zustand der Schulen Das Bildungssystem Unterrichtssprache/Common Core Curriculum Lehrerausbildung Schüler- und Lehrermitbestimmung Berufsvorbereitung Empfehlungen 24 25 26 27 27 3.3.1 3.3.1 Hochschulbildung Situation im Bereich Hochschulwesen Empfehlungen 28 28 31 3.2.1 3.2.2 3.2.3 3.3 3.4 Arbeitsmarktsituation/ berufliche Bildung 3.4.1 Problemanalyse 3.4.2 Erfahrungen 3.4.3 Empfehlungen 3.8 3.9 5.1 Wissensmanagement – Koordination 56 5.2 Wichtige Themenbereiche 57 5.3 Interessante Forschungsthemen 58 ABKÜRZUNGEN 59 LITERATUR 60 DANKSAGUNG 62 ANHANG 32 32 34 35 1. JUGEND IN SERBIEN UND MONTENEGRO & IN KROATIEN 63 Probleme von Jugendlichen 37 37 37 38 40 1.2 Schulsysteme in Kroatien und Serbien Montenegro 64 1.3 Jugend und politische Bildung 65 1.4 Einstieg ins Berufsleben 68 Freizeit: Sport, Kultur 3.6.1 Freizeitmöglichkeiten in BuH 3.6.2 Empfehlungen 40 40 43 1.5 Kurze Schlussbemerkung 69 Gesundheit: Ernährung, HIV/Aids, Drogen 3.7.1 Empfehlungen 43 45 Internationale Begegnungen 3.8.1 Erfahrungen 3.8.2 Empfehlungen 46 47 48 3.5.1 3.5.2 3.5.3 3.5.4 3.7 56 1.1 3.5 3.6 49 3.9.1 3.9.1. Zivilgesellschaft/Außerschulische, politische Bildung Zivilgesellschaft Präventive Arbeit Demokratie Empfehlungen Traumaarbeit Erfahrungen Empfehlungen 48 47 48 63 2. LISTE DER GESPRÄCHSPARTNER / INTERVIEWPARTNER 70 3. LISTE VON AKTIVEN ORGANISATIONEN 71 4. LISTE DER ZUSTÄNDIGEN MINISTERIEN FÜR BILDUNG UND JUGEND 71 5. AUSGEWÄHLTE JUGENDLOBBYGRUPPEN UND NETZWERKE 72 5. DEUTSCHE ORGANISATIONEN / PROJEKTE DEUTSCHER TRÄGER 73 6. MATERIALLISTE 76 Jugendarbeit in Bosnien und Herzegowina 6 Jugendarbeit in Bosnien und Herzegowina Einführung Abb.: Spielende Kinder in Goražde. Die Behelfsbrücke wurde während des Krieges gebaut, um die Drina vor Granatangriffen geschützt überqueren zu können. Mit der Unabhängigkeit der Republik Bosnien und Herzegowina (BuH) von Jugoslawien am 1. März 1992 betrat ein neuer Staat die politische Bühne Südosteuropas. Bereits kurz nach der Staatsgründung wurde Bosnien und Herzegowina mit einem Krieg konfrontiert, der erst mit der Ratifizierung in Dayton/Ohio und der Unterzeichnung des Friedensabkommen in Paris (kurz Dayton Peace Agreement – DPA) Ende 1995 formal sein Ende fand. Die Folgen dieser konfliktreichen, kriegerischen Entstehungsgeschichte des Landes sind heute noch überall zu merken und werden Bosnien und Herzegowina auch in den kommenden Jahrzehnten massiv in seiner Entwicklung behindern und in den Menschen noch über Generationen nachwirken. Parallel zu der schwierigen Entwicklung eines Nachkriegslandes sieht sich BuH mit den Herausforderungen eines Transformationslandes vom jugoslawischen Sozialismus zu einer kapitalistischen Gesellschaft in Südosteuropa konfrontiert. Dass Bosnien und Herzegowina als Staat mit seiner spezifischen Geschichte und seinen drei konstituierenden Bevölkerungsgruppen trotz aller Referenzen an historische Vorbilder seine Identität erst finden muss, erschwert diesen Prozess erheblich. Von diesen Entwicklungen mit am stärksten betroffen sind Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene. Geprägt von einer Zeit des Krieges und der extremen sozialen Verunsicherung leben sie heute in einer in weiten Teilen orientierungslosen Gesellschaft und haben in ihrer wichtigen Jugendzeit kaum Sicherheiten, an denen sie sich festhalten können. Gleichzeitig haben die meisten von ihnen schon in frühster Kindheit tief greifende traumatische Erlebnisse durchlebt, unabhängig davon, ob sie direkt im Kriegsgebiet, auf der Flucht in der Region oder im Ausland gewesen sind. Diese Generation, die an den Ereignissen im ehemaligen Jugoslawien und im neu gegründeten Bosnien und Herzegowina 7 Jugendarbeit in Bosnien und Herzegowina keinerlei Schuld trifft und die zugleich von zentraler Bedeutung für die Entwicklung des Landes ist, steht im Mittelpunkt der vorliegenden Arbeit. Nur wenn es gelingt, diese jungen Menschen im Land zu halten, ihnen eine berufliche Perspektive zu geben und sie von einer demokratischen Zukunft ihres Landes zu überzeugen, besteht die Hoffnung, dass sich Bosnien und Herzegowina mit seiner ethnischen Vielfalt, seiner landschaftlichen Schönheit und seinem kulturellen Reichtum langfristig von den Problemen eines Nachkriegslandes befreien und ein prosperierendes Land inmitten Europas werden kann. Bis dahin ist es noch ein weiter Weg. Der Vorsitzende des bosnischen Ministerrates Adnan Terzić betont: „Bosnia and Herzegovina has capable and competent young people who will play a key role in the EU integration process!”1 Aber der Eindruck bleibt, dass es sich hierbei um bloße Lippenbekenntnisse handelt. Die Jugendpolitik in Bosnien und Herzegowina führt (wenn überhaupt vorhanden) ein Schattendasein. Daran ist nicht nur der extrem komplexe und teilweise undurchschaubare Aufbau der politischen Institutionen schuld, sondern vor allem das fehlende Bewusstsein in der Politik und der Gesellschaft für die Bedeutung, welche die heranwachsende Generation für das Land hat. Die Jugendlichen haben keine Lobby und ihre Probleme kommen in der öffentlichen Debatte kaum vor. Dabei stellen die jungen Menschen unter 30 Jahren fast 20 Prozent der wahlberechtigten Bevölkerung und fast ein Viertel aller Einwohner von Bosnien und Herzegowina.2 Die katastrophale wirtschaftliche Lage des Landes hat direkte Auswirkungen auf das Bildungswesen und die Kultur. Über 60 Prozent der jungen Menschen geben an, das Adnan Terzić 9/2003 Newsletter of the EU Es wird geschätzt das im Jahr 2000 etwa 900.000 junge Menschen (zwischen 14 und 29 Jahren) in Bosnien und Herzegowina gelebt haben. Dies entsprach 23 % der Bevölkerung. Genaue Zahlen liegen allerdings nicht vor. 1 2 8 Land vorübergehend oder für immer verlassen zu wollen und ein nicht unerheblicher Anteil von ihnen hat diesen Schritt bereits vollzogen. So wird geschätzt, dass allein zwischen 1996 und 2001 etwa 92 000 junge Menschen das Land verlassen haben und bis 2004 sogar rund 120 0003. Mit diesen Menschen geht eine zentrale Ressource und ein Teil der Gesellschaft dem Land zumindest teilweise verloren, der für den Aufbau von neuen demokratischen Strukturen und für die soziale Zukunft des Landes von unschätzbarem Wert ist. Viele Millionen Euro sind in den letzten Jahren in Bosnien und Herzegowina investiert worden und doch ist es schwierig zu evaluieren, wohin dieses Geld geflossen ist und was für Auswirkungen die Investitionen mittel- und langfristig auf die Jugend im Land haben werden. 10 Jahre nach dem Friedensvertrag von Dayton und nach unzähligen Projekten und Programmen im Bereich der Jugendarbeit ist es Zeit eine Zieljustierung vorzunehmen und eine abgestimmte Strategie im Bereich der Jugendförderung zu entwickeln. Dies ist umso wichtiger in einer Zeit, in der immer mehr ausländische Hilfsprogramme eingestellt werden und stabile nationale Jugendförderprogramme nicht existieren. In diesem Spannungsfeld bewegt sich diese Studie. Sie möchte sowohl inhaltliche als auch strukturelle Anregungen für die Jugendarbeit in Bosnien und Herzegowina geben, aber vor allem zu einer Diskussion und einem Austausch unter den beteiligten Akteuren anregen. Aufbau der Studie Nach einem kurzen Überblick über die methodische Herangehensweise dieser Arbeit werden in Kapitel 3 die wichtigsten Bereiche in der Jugendarbeit genauer analysiert. Aufbauend auf einer kurzen Einführung wird beispielhaft beleuchtet, wie Internationale Organisationen sich dem jeweiligen Thema angenommen haben. Im Anschluss daran werden Empfehlungen für die entsprechenden Bereiche skizziert. 3 OIA Country Brief 2005 Jugendarbeit in Bosnien und Herzegowina Das Kapitel 4 setzt sich mit den spezifischen Ausgangsbedingungen und Problemen internationaler Organisationen der Jugendarbeit auseinander und versucht sowohl, ein Bewusstsein für die besonderen Rahmenbedingungen der internationalen Jugendarbeit zu schaffen, als auch Vorschläge für eine bessere Koordination und eine verstärkte Nutzung von möglichen Synergieeffekten zu erarbeiten. Das abschließende Kapitel 5 endet mit generellen Ideen und Vorschlägen für die Jugendarbeit in Bosnien und Herzegowina. Der ausführliche Anhang dient als kleines Nachschlagewerk und bietet konkrete Ansatzpunkte für die Weiterarbeit. Im ersten Kapitel wird ein kurzer Überblick über die Situation der Jugend in den beiden Nachbarländern Serbien Montenegro und Kroatien gegeben, deren Geschichte eng mit Bosnien und Herzegowina verbunden ist. Den Schluss bilden verschiedene Listen mit Kontaktadressen, Webadressen und eine Literatur-/Materialliste. Einschränkungen Die vorliegende Arbeit basiert zum großen Teil auf Erkenntnissen und Erfahrungen aus der praktischen Arbeit. Sie erhebt nicht den Anspruch, Jugendprojekte zu evaluieren oder zu bewerten. Die gewählten Beispiele sollen vor allem das Spektrum der möglichen Ansätze aufzeigen. Ein klarer Schwerpunkt bei den Interviews und Befragungen wurde auf die deutschen Organisationen gelegt sowie auf die lokalen Organisationen, die von deutschen Fördergeldern direkt unterstützt werden und die wichtigsten Internationalen Organisationen, die im Jugendbereich arbeiten. Deutschland als größtes Aufnahmeland von Kriegsflüchtlingen aus Bosnien und Herzegowina und als eines der wichtigsten Geberländer ist mit einer großen Anzahl an Hilfsorganisationen und vielen Projekten im Land vertreten. Obwohl die Reduzierung auf Organisationen aus einem Land für eine abgestimmte Jugendpolitik augenscheinlich zu wenig ist, hat sie sich als hilfreich erwiesen. Die dadurch schwerpunktmäßig erfassten Organisationen sind zum Teil schon vernetzt. Zwischen ihnen lässt sich der Kontakt und ein Diskussionsprozess leichter herstellen. Auch kann davon ausgegangen werden, dass sich die aufgezeigten Ansätze, Erfolge und Probleme in ähnlicher Form auch bei Organisationen anderer Länder wieder finden. Eine Ausweitung auf möglichst viele Organisationen der Jugendarbeit war aus Kapazitätsgründen nicht möglich, erscheint aber für eine weitere Studie durchaus sinnvoll. Viele Bereiche und Themen mussten in dieser Arbeit unberücksichtigt bleiben4. Dies ist keine Wertung, zeigt aber auf, dass diese Bereiche derzeit keine Schwerpunkte der interviewten Organisationen sind. Gleichwohl sind es Bereiche, die unbedingt der Aufmerksamkeit bedürfen. Stellvertretend sei hier der Umgang mit jungen Menschen mit Entwicklungsbeeinträchtigung genannt.5 Ähnliches gilt für den Umgang mit jugendlichen Gewaltopfern. Abb. Graffiti in Mostar 4 Vgl. hierzu auch „interessante Forschungsfragen“ Kapitel 5.3 5 Der Begriff „Mensch mit Entwicklungsbeeinträchtigung“ steht für das Anliegen an eine ganzheitliche Sicht des Menschen und seiner Entwicklung. Er beschreibt Menschen deren Entwicklungsfähigkeit und die Entwicklungsmöglichkeiten aus bestimmten Gründen beeinträchtigt sind. Die Gründe können im somatischen oder im psychischen Bereich liegen. Sie können aber auch im sozialen Bereich liegen, beim betroffenen Menschen oder bei seiner Umwelt. 9 Jugendarbeit in Bosnien und Herzegowina 1. Methodik Die vorliegende Studie wurde im Zeitraum Mai bis August 2005 mit Mitteln des Stabilitätspaktes für Südosteuropa erstellt. Sie basiert auf einer ausführlichen Materialrecherche von vorhandenen Studien zum Themenbereich Jugend sowie 33 leitfadengestützten Experteninterviews. Darüber hinaus wurden über 80 Fragebögen6 an Organisationen in BuH verschickt, die sich mit dem Thema Jugend befassen. An den Hochschulstandorten Sarajevo und Mostar Ost wurden Befragungen mit Germanistikstudierenden durchgeführt. Die Studie wurde von Steffen Emrich durchgeführt, ohne inhaltlich oder methodisch durch den Auftraggeber, der deutschen Botschaft Sarajevo, beeinflusst zu sein. Der Überblick über die Situation von Jugendlichen in den beiden Nachbarländern von Bosnien und Herzegowina, Serbien Montenegro und Kroatien (Anhang 1), basiert zu großen Teilen auf der Arbeit von Bojana Pajić-Rickerts, die für diese Studie angefertigt wurde. Neben den wichtigen deutschen und internationalen Organisationen sind noch vereinzelte nationale Organisationen angesprochen worden, die seit Jahren im Bereich Jugend und Bildung arbeiten. Konkret war damit auch der Wunsch verbunden, eine andere, regionale Perspektive mit einzubeziehen. Neben den speziell für diese Studie durchgeführten Erhebungen fließen auch Erfahrungen ein, die der Autor in seiner Zeit als Projektleiter von Schüler Helfen Leben mit Sitz in Sarajevo (11/2001 – 10/2004) vor Ort gesammelt hat. Datensammlung Die Daten wurden auf fünf verschiedenen Wegen erfasst: Semistrukturierte Experteninterviews mit Vertretern der verschiedenen Organisationen. 6 Die Fragebögen wurden in deutscher, in englischer und in lokaler Sprache verschickt. 10 Diese Interviews wurden in der Regel mit den Leitern der Organisation und/oder den Projektleitern der entsprechenden Jugendprojekte durchgeführt und haben die folgenden Bereiche abgedeckt: ⇒ Was hat die Organisation in der Vergangenheit im Jugendbereich gemacht? ⇒ Wo liegen die gegenwärtigen Arbeitsschwerpunkte? ⇒ Was sind die wichtigsten Arbeitsregionen? ⇒ Welche Visionen bestehen für die eigene Arbeit? ⇒ Welche Perspektiven existieren für die Jugendarbeit in Bosnien Herzegowina? ⇒ Welches sind zentrale Themen für die Jugendarbeit in BiH? ⇒ Welches sind die wichtigsten Akteure/Stakeholder? ⇒ Welches sind die wichtigsten Aufgabenfelder? ⇒ Was sind die größten Erfolge? ⇒ Gibt es Projektberichte, Evaluationen, Follow ups, klar fixierte Zielvorgaben? Die Gespräche wurden mit Organisationen in den Städten Sarajevo, Mostar, Banja Luka, Tuzla, Zenica, Trebinje und Jajce geführt. Weitere geplante Termine in Livno und Bijelina sind aufgrund kurzfristiger Absagen der angefragten beteiligten Organisationen nicht zu Stande gekommen. Der größte Teil der Interviews fand in Sarajevo statt, da hier die meisten internationalen Organisationen ihren Hauptsitz haben. Die Sondersituation von Sarajevo ist dem Autor aufgrund seiner mehrjährigen Erfahrung in dem Land bewusst und wird im Laufe der Studie immer wieder Erwähnung finden. Jugendarbeit in Bosnien und Herzegowina Anonymisierte Fragebögen für Organisationen Mit Fragebögen wurde zum einen versucht, über die Interviews hinaus ein umfassendes und vergleichbares Bild der unterschiedlichen Organisationen im Jugendbereich zu erstellen. Zum anderen sollten auch die Organisationen zu Wort kommen, die nicht besucht werden konnten. Um möglichst auch unbequeme bzw. selbstkritische Anmerkungen zu erfahren, wurden diese Fragebögen in einen öffentlichen Teil und in einen nicht öffentlichen Teil unterteilt. Die Ergebnisse aus dem nichtöffentlichen Teil fanden zwar Eingang in die Studie, wurden aber anonymisiert.7 Insgesamt 80 Fragebögen wurden verschickt, 15 Fragebögen kamen ausgefüllt zurück. Fragebögen zu Organisationsaufbau, Schwerpunktregion und Schwerpunktthema Um eine möglichst vollständige Übersicht über die Organisationen im Jugendbereich zu erstellen, wurde an die 80 Organisationen ein zweiter Fragebogen verschickt mit der Bitte um Angaben zu Zielgruppe, Thema, Region und Organisationsaufbau.8 Insgesamt 12 Fragebögen wurden zurückgeschickt. Fragebögen und kleine Arbeitseinheiten an den germanistischen Fakultäten in Sarajevo und Mostar-Ost Mit freundlicher Genehmigung und Unterstützung der dortigen Deutschlektoren wurde eine Arbeitseinheit bei den Germanistikstudierenden durchgeführt, um weitere Eindrücke, Ideen und Meinungen zu generieren.9 Alle Interviews mit Vertretern von Organisationen fanden in deutscher oder englischer Sprache statt. Die Interviews mit den Jugendlichen fanden zum Teil in ihrer Muttersprache statt. Weitere Informationsquellen Weiterhin wurde auf Primärliteratur und Internetrecherchen zurückgegriffen, vorrangig auf deutsch- und englischsprachiges Material und Literatur. Nur in Ausnahmefällen konnte das Material aus der jeweiligen Regionalsprache übersetzt werden und in die Studie aufgenommen werden. Eine CD mit wichtigen Texten, die als kostenloser Download im Internet stehen, wird dieser Studie beigelegt, bzw. kann beim Verfasser der Studie bestellt werden. Auch wurden ausführliche Gespräche mit Jugendlichen geführt, deren Ergebnisse mit in die Studie eingegangen sind. Qualität und Interpretation der Daten Die Antworten bei den semi-standardisierten Interviews führten meistens zu vergleichsweise normativen Aussagen, die dem gängigen Diskurs entsprachen. Die Aussagen im Text der Studie basieren eher auf einer Interpretation des Gesagten als auf einer überprüfbaren Datengrundlage. Die Anzahl der Fragebögen, die direkt an Jugendliche verteilt wurden, ist zu klein und zu zufällig, um an vergleichsweise objektive Daten zu gelangen. Gleichwohl bot die Auswertung wichtige Anregungen, die in die Experteninterviews eingeflossen sind und auch die Sichtweise des Autors maßgeblich erweitert haben. Die Aussagen aus den Fragebögen, die direkt an die Organisationen gegangen sind, können im Gegensatz dazu als vergleichsweise harte Fakten angesehen werden und wurden auch als solche behandelt und ausgewertet. Allerdings ist das Sample an Fragebögen, die ausgefüllt zurückgekommen sind, zu klein um statistisch haltbare Aussagen daraus ziehen zu können. 7 Der anonymisierte Fragebogen ist im Anhang beigelegt 8Der Fragebogen ist im Anhang beigelegt. 9 Für diese Möglichkeit möchte ich mich ausdrücklich bei dem DAAD-Lektor Christan Koller sowie dem Bosch-Lektor Christian Wochele bedanken sowie bei den Studierenden der Germanistik, die mit großem Engagement ihre Meinungen eingebracht haben. 11 Jugendarbeit in Bosnien und Herzegowina 2. Rahmenbedingungen in Bosnien und Herzegowina 2.1 Politische Rahmenbedingungen Bosnien und Herzegowina ist noch weit davon entfernt, ein „normaler“ Staat zu sein. Als Ergebnis des Friedensvertrags von Dayton (DPA), das die Ergebnisse des Krieges festgeschrieben hat, ist Bosnien nach einem ethnonationalen Prinzip machtpolitisch-, territorial und gesellschaftlich geteilt und den Kollektivrechten der „konstitutiven Völker“ wird ein Vorrang vor den Individualrechten eingeräumt. Eine Selbstdefinition entlang nationaler, ethnischer und religiöser Linien hat an Bedeutung gewonnen und beeinflusst die Chancen in der Politik oder auf dem Arbeitsmarkt nach wie vor radikal. Im Fall von Bosnien und Herzegowina ist das besonders stark zu spüren, existiert in ähnlicher Form aber auch in den anderen Nachfolgestaaten des ehemaligen Jugoslawiens. Der Schwerpunkt in der kulturellen Selbstdefinition in all diesen Ländern liegt auf den jeweiligen individuellen Eigenarten und nicht auf dem Verbindenden. Größere Teile der kroatischen und der serbischen Bevölkerung sehen Bosnien-Herzegowina nicht als ihren Heimatstaat an. Die ethnische Zugehörigkeit bestimmt das politische und gesellschaftliche Leben. 10 Dabei waren die religiösen Unterschiede im Fall von Bosnien und Herzegowina sicher nicht die eigentliche Konfliktursache, sind aber für den Verlauf der Auseinandersetzung sehr wichtig geworden. Die durch das DPA festgelegte staatliche Verwaltungsstruktur führt zu einer weltweit einmaligen Konstruktion mit insgesamt 13 Regierungen und einem Sonderbezirk (Brčko) innerhalb eines Staates mit weniger als 4 Millionen Einwohnern. Zwei konstitutive Landesteile (Entitäten), die bosniakisch10 Altmann, Franz-Lothar (2005) S. 28 12 kroatisch bosnische Föderation (FBuH) und die serbisch bosnische Republik Srpska (RS), zehn kantonale Regierungen innerhalb der Föderation sowie die gesamtstaatliche Regierung führen zu einem nur schwer überschaubaren Regierungsapparat, der sich häufig selbst blockiert und Veränderungen massiv erschwert. Fehlende gesamtstaatliche Institutionen wie Bildungs- oder Kultusministerium behindern eine einheitliche und schnelle Entwicklung. Die für die Überwachung der zivilen Implementierung des DPA zuständige internationale Verwaltung unter Führung des Office of the High Representative (OHR) mit seinen vielfältigen Eingriffsrechten führt zu der einmaligen Situation eines Halbprotektorats. Abb.: Minenwarnung bei Mostar Ökonomische Rahmenbedingungen In Bosnien und Herzegowina leben rund 20 Prozent der Menschen unter der Armutsgrenze.11 Der „Early warning Report“, der vierteljährlich im Auftrag der UNDP veröffentlicht wird, spricht sogar von rund 60 Prozent der Bevölkerung, die mit einem Haushaltseinkommen von weniger als 500 11 Weltbank (9/2004) Bosnia and Herzegovina Country Brief 2004; www.wordbank.ba Jugendarbeit in Bosnien und Herzegowina KM (ca 260 €) auskommen müssen und damit als arm zu bezeichnen sind.12 Hinter diesen statistischen Angaben, die im Einzelnen nur schwer zu überprüfen sind, aber eine deutliche Tendenz aufzeigen, verbirgt sich ein materielles Elend, das vor allem auch die Kinder und Jugendlichen betrifft, auf die sich Armut wesentlich intensiver auswirkt als auf Erwachsene. Wertewandel Mit dem Zusammenbruch Jugoslawiens und den Folgekriegen der 90er Jahre sowie den politischen Veränderungen in ganz Osteuropa hat sich für die Gesellschaft in Bosnien und Herzegowina der bis dahin gültige Orientierungsrahmen aufgelöst. „An die Stelle klarer politischer Vorgaben und Zwänge trat eine nicht gekannte individuelle Freiheit. Gefragt sind nunmehr eigene Entscheidungen, auf deren Grundlage ein persönliches Lebenskonzept Gestalt annehmen soll. Allerdings steht das neue Angebot in eklatantem Widerspruch zur ökonomischen Situation des Einzelnen.“13 Stadt-Land Die zunehmende wirtschaftliche Ungleichheit verstärkt in Bosnien und Herzegowina wie auch in vielen anderen Transitionsländern das ohnehin große Stadt-Landgefälle. Das Gesamtpaket an mangelnden Bildungschancen, ungenügender Zugang zum ohnehin begrenzten Arbeitsmarkt14 bei gleichzeitiger Auflösung familiärer Strukturen führt insbesondere bei Jugendlichen aus ländlichen Regionen zu großer UNDP 2005: Early Warning System, IV Quarterly Report October-December 2004. In dem Report wird auch deutlich, dass die Einkommensverteilung extrem zwischen den ethnischen Gruppen variiert. Während rund 65 Prozent der Bosniaken und der serbischen Bosnier mit einem Haushalteinkommen von unter 500 KM auskommen müssen, trifft das nur auf knapp über 20 Prozent der kroatischen Bosnier zu. Das führt dazu, dass die Gesamtzufriedenheit zur Lage im Land insgesamt bei den kroatischen Bosniern insgesamt am höchsten und ihr Interesse das Land zu verlassen relativ gesehen am geringsten ist. 13 Jochen Köhler (2002): GTZ Jahresbericht 2002, S. 39 14(Familiäre) Kontakte sind sehr wichtig um Chancen, insbesondere auf dem Arbeitsmarkt zu haben 12 Perspektivlosigkeit und Frustration. Insbesondere radikalen nationalistischen Gruppen bietet das einen guten Nährboden, um die Jugendlichen für ihre Belange zu instrumentalisieren. Gender Geschlechtsspezifische Benachteiligung ist ein in der Diskussion um die Jugend in Bosnien ein meist gering beachteter Aspekt15. Leider gibt es zu diesem Bereich nur sehr wenige Untersuchungen16 und besondere Förderprogramme für Frauen sind die Ausnahme. Gewalt gegen Frauen, innerfamiliäre Gewalt oder sexuelle Gewalt sind weitestgehend Tabuthemen in der bosnischen Gesellschaft und es gibt kaum Anlaufstellen für Mädchen und junge Frauen, die Gewalt ausgesetzt sind. Auch beruflich sehen die Chancen für Frauen oft schlechter aus als für Männer. Bestehende Jugendeinrichtungen werden in vielen Fällen von männlichen Jugendlichen mehr genutzt als von weiblichen Jugendlichen. Dabei unterscheidet sich auch hier die Situation zwischen Stadt und Land in extremer Art und Weise. Die patriarchale Struktur zwingt die Frauen insbesondere auf dem Land (aber durchaus auch in städtischen Regionen) häufig in eine untergeordnete Rolle. Kaum eine der untersuchten Organisationen betonte von sich aus den Genderaspekt. Hier sind weitere Untersuchungen unbedingt notwendig und gezielte Programme für junge Frauen sowohl im Bereich Berufsförderung als auch im Bereich Gesundheit im weitesten Sinne scheinen unbedingt geboten. So konzentriert sich zum Beispiel die UNDP Jugendstudie ausschließlich auf ethnische und geographische Unterscheidungen und ignoriert geschlechtspezifische Unterschiede. 16 Die Untersuchung von Star Pilot Research ist eine der seltenen Ausnahmen. (Bakšić-Muftić, Jasna u.a.) 15 13 Jugendarbeit in Bosnien und Herzegowina 2.2 Arbeit mit Jugendlichen Die Bedeutsamkeit der Zielgruppe Die politische Bedeutung der Jugendförderung in der Entwicklungshilfe und der Konfliktprävention ist unbestritten. Sie sind häufig eine zentrale Zielgruppe in der Arbeit internationaler Organisationen. Jugendliche bieten Potential für gesellschaftliche Innovationen und sind Hoffnungsträger in ihrem Land, in dem sie nicht aktiv am Krieg beteiligt gewesen sind. Dabei wird davon ausgegangen, dass die Jugendlichen leichter für (interethnischen) Dialog zu gewinnen sind und Lagerdenken leichter überwinden können.17 Gleichzeitig sind Jugendliche besonders anfällig für extremes nationalistisches und rassistisches Gedankengut und lassen sich leicht für entsprechende Gruppen instrumentalisieren. Gleichzeitig sind Jugendliche aber auch besonders anfällig für extremes nationalistisches und rassistisches Gedankengut und lassen sich relativ leicht für entsprechende Gruppen instrumentalisieren. So oder so sind Jugendliche die Bevölkerungsgruppe, die in späteren Jahren die Verantwortung für ihr Land übernehmen werden. Ihre Wichtigkeit kann somit kaum überbewertet werden. Diese Studie geht davon aus, dass Jugendlichen eine Schlüsselrolle bei der sozialen Transformation einer Nachkriegsgesellschaft zukommt. In Anlehnung an Y. Kemper18 wird eine Verknüpfung von Rechtsgrundlagen (Rechtssicherheit), wirtschaftsorientierten Ansätzen und sozio-politischen Ansätzen in der Jugendarbeit für notwendig gehalten. Dabei sollten die Jugendlichen nicht primär als Opfer, ausgebeutete Ressource oder Hemmnis gesehen werden, sondern vielmehr ihr Potential als sozialer und ökonomischer Akteur sowie als Friedensförderer im Vordergrund stehen. Vgl. Fischer, Tummler 2001, S. 1 Yvonne Kemper 2005:Youth in War-to-Peace Transitions – Apporaches of International Organizations, Berghof Forschungszentrum für konstruktive Konfliktbearbeitung, Berghof Report Nr. 10 17 Definition der Zielgruppe Jugendliche sind eine sehr heterogene Gruppe. Auch im internationalen Vergleich gibt es keine eindeutige inhaltliche Definition dieser Altersgruppe, da die Lebensumstände in den unterschiedlichen Regionen nur selten vergleichbar sind. Abweichend von der UN-Definition, die Menschen zwischen 14 und 25 Jahre als Jugendliche definiert19, betrachtet diese Studie junge Menschen in einer transformativen Phase zwischen Kindheit und Erwachsensein als Jugendliche. Dieses Stadium ist extrem abhängig von dem entsprechenden soziokulturellen Umfeld. Im Fall Bosnien kann aufgrund der Kriegsgeschehnisse nicht von einer geregelten Transformationsphase ausgegangen werden. Angelehnt an die UNDP Jugendstudie von 2003 wird darum in dieser Studie das Altersspektrum von 15-30 Jahre (und damit fast 25 % der gesamten bosnischen Bevölkerung) behandelt20, wobei die Zielgruppe abhängig von Lebensstil und familiärer Situation situativ anders eingegrenzt wurde. Diese Altersgruppe war zu Kriegsbeginn zwischen 2 und 17 Jahre alt und somit in der Regel nicht aktiv in Kriegshandlungen involviert. Ausnahmen (insbesondere bei den heute Ende 20-Jährigen) bestätigen aber auch hier die Regel. Viele der Jugendlichen und jungen Erwachsenen in Bosnien und Herzegowina haben während und nach dem Krieg eine wichtige Phase ihrer Sozialisation im westeuropäischen Ausland verbracht und sind dort mit einem komplett anderen Sozial- und Konsumverhalten konfrontiert worden. Nach einer in vielen Fällen unfreiwilligen Rückkehr nach Bosnien und Herzegowina stehen sie nun oft orientierungslos zwischen zwei Systemen: glorifizieren häufig das Eine und sind frustriert über das Andere. Durch Fernsehen, Internet, andere Medien und ihre eigenen Erfahrungen sind sie mit dem westlichen Konsumverhalten vertraut und wünschen es herbei, verlieren aber gleichzeitig 18 14 19 UN General Assembly Resolution no. 40/14 von und 50/81 von 1995 20 UNDP (2003), S. 7 Jugendarbeit in Bosnien und Herzegowina auch die realistische Einschätzung der Situation in ihren jeweiligen Gastländern. Der häufig geäußerte Wunsch, nach Westeuropa oder Nordamerika auszuwandern, ist zum Teil darauf zurückzuführen. Die von der UNDP publizierten und von Prism Research Institut ermittelten Zahlen von fast 65 % ausreisewilligen Jugendlichen sind dabei aber mit Vorsicht zu interpretieren. Zahlen zwischen 60 und 70% ausreisewilligen jungen Menschen werden seit Jahren als ein zentrales Argument in der Debatte um Jugendliche in Bosnien und Herzegowina von der internationalen Gemeinschaft genannt. Bei dieser Argumentation wird übersehen (und das ist der Fall in fast allen vorliegenden Studien), dass diese hohe Quote in der betreffenden UNDP Studie sehr wohl differenziert wird. Bei der 2003 erstellten Befragung antworteten von 1000 Befragten (zwischen 15 und 30 Jahren) insgesamt knapp 25 % 21, sie würden das Land gerne für immer verlassen, und rund 40 % 22 erklären, sie würden gerne zeitweise zum Arbeiten ins Ausland gehen. Zu Studienzwecken würden gerne weitere rund 12 % zeitweise ins Ausland gehen23. Von denjenigen, die das Land gerne für immer verlassen würden, gaben rund die Hälfte (50,8 %) grundsätzliche Perspektivlosigkeit und über 42,2 % ökonomische Gründe an. Nur 3,3 % hatten politische und 2,5 % Sicherheitsgründe angeführt.. Auch zeigt die Studie, dass nur ein geringer Teil der Befragten (17,6 %) bereits konkrete Schritte unternommen hat um das Land zu verlassen.24 Diese Zahlen zeigen sehr deutlich, das der weitaus größte Teil der Jugendlichen, die das FBiH 24,8 %; RS 23,7 % FBiH 34,7 %; RS 49,2 % 23 FBiH 14,7 %; RS 9,5 % 24 UNDP 2003: Annex S. 49 21 Land zumindest temporär verlassen wollen, dies aus ökonomischen Gründen tun würde. Gleichzeitig spielen „nur“ rund 25 % mit dem Gedanken, das Land endgültig zu verlassen. Aber auch 25 Prozent sind eine relevante und beängstigend große Zahl, die sehr ernst genommen werden muss. Diese Zahlen zeigen vor allem die Wichtigkeit der ökonomischen Perspektiven für die Jugendlichen und damit einen sehr konkreten Ansatzpunkt für die Förderpolitik. Abb.: Sonntags für den Einkaufsstraße in Zvornik Verkehr gesperrt. Fakt ist die extrem hohe Unzufriedenheit junger Menschen und die scheinbare Lösung dieser Probleme durch Wegzug. Diese Perspektive behindert in starker Weise Investitionen in das eigene Land und das eigene Umfeld. Fast alle der befragten Organisationen benennen fehlende Energie, Lethargie und mangelnde Eigeninitiative als ein große Probleme bei der Arbeit mit der Zielgruppe. Erklärungsversuche wie Perspektivlosigkeit, Traumatisierung und massive soziale und finanzielle Probleme gehen vermutlich in die richtige Richtung, aber eine genauere Untersuchung fehlt hier. 22 15 Jugendarbeit in Bosnien und Herzegowina 3. Förderbereiche Junge Menschen müssen ernst genommen werden und systematisch in die Verantwortung genommen werden. Viele Organisationen versuchen, Jugendliche in ihre Programme zu integrieren bzw. legen gezielt Jugendprogramme auf. Häufig basieren diese Programme aber eher auf zufälligen ad hoc Entscheidungen. Wirkliche Strategien zum Umgang mit jungen Menschen in Nachkriegsländern liegen hingegen kaum vor. Bosnien und Herzegowina braucht eine Jugendpolitik. Bisher gibt es keine überregional oder gar national verankerten politischen Gremien, die sich originär für Jugendliche und junge Erwachsene zuständig fühlen und für diese Gruppe einsetzen. Zwar existieren auf Entitätsebene mittlerweile offiziell zuständige Stellen (das Bildungsministerium in der RS sowie das Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Kultur und Sport in der FBuH), aber diese treten kaum öffentlich in Aktion und sind auch personell schwach besetzt. Auf zentralstaatlicher Ebene ist das Ministerium für Zivile Angelegenheiten zuständig, allerdings gehen von hier kaum Impulse aus. Auch die Internationalen Organisationen haben keinen ausdifferenzierten Ansatz für die Jugendarbeit. In diesem Kapitel werden unterschiedliche Arbeitsfelder der Jugendarbeit in Bosnien und Herzegowina kurz skizziert und beispielhaft Arbeitsansätze von Jugendorganisationen vorgestellt. Zu jedem Bereich werden Empfehlungen gegeben, die überwiegend auf den Interviews und Gesprächen basieren. 3.1 Jugendpolitik 3.1.1 Problemanalyse Noch immer gibt es in Bosnien Herzegowina keine staatliche Koordination und kein klar formuliertes Jugendprogramm. Die im Sommer 2005 gegründete Kommission 16 zur Koordinierung von Jugendbelangen (unter anderem von der GTZ unterstützt) soll in diese Richtung arbeiten. Minister Halilović vom Ministerium für Zivile Angelegenheiten hat die GTZ im März 2004 beauftragt, einen Vorschlag für eine staatliche Institution zur Erarbeitung einer youth policy zu machen. Die GTZ hat daraufhin einen Vorschlag erarbeitet, der u.a. die Gründung einer Jugend Kommission empfohlen hat und diesen Vorschlag mit UNDP, Weltbank und anderen relevanten Akteuren im Jugendbereich beraten. Basierend auf diesem Vorschlag der GTZ wurde im Sommer 2005 vom Ministerium für Zivile Angelegenheiten die Gründung der Kommission zur Koordinierung von Jugendbelangen beschlossen. Die Kommission beschäftigt sich neben der Jugendarbeit vor allem mit Jugendförderung d.h. mit allen Angelegenheiten, die die Jugend betreffen von Arbeitslosigkeit, Jugendbeschäftigung bis hinzu Mobilität. Ziel der Kommission ist es eine youth policy und ein Jugendförderprogramm zu erarbeiten. Die Kommission setzt sich zusammen aus je einem Vertreter aus der Präsidentschaft, des Ministerrats von BuH, des Ministeriums für zivile Angelegenheiten, des Außenministeriums, der Direktion für europäische Integrationen, der Distriktverwaltung Brčko, der Regierung der RS und der Regierung der FBiH. Weiterhin gehören 10 Jugendvertreter der Gesamtgruppe an, die von Jugendorganisationen ausgewählt und vorgeschlagen wurden. Noch bleibt abzuwarten wie erfolgreich dieser Versuch letztlich sein wird. Gleichwohl unterstreicht dieser erste staatlich getragene Ansatz die Wichtigkeit einer abgestimmten Youth Policy und zeigt gleichzeitig wie schwer dies unter den derzeitigen politischen Verhältnissen in BuH zu erreichen ist. Jugendarbeit in Bosnien und Herzegowina Jugendpolitik (Youth Policy) steht für das Verhältnis der Regierung(en) zur Jugend. Um ein sinnvolles Jugendkonzept und eine Entwicklungsstrategie für die Jugendpolitik im Land zu haben, müssen Regierungs- und Verwaltungsstrukturen geschaffen werden. Die Kommission zur Koordinierung von Jugendbelangen ist dafür ein erster Schritt. Es ist sehr schwer, die Werte und Bilder aus der sozialistischen Vergangenheit trotz der vielfältigen Demokratisierungsprozesse zu verändern. Die Jugend ist mehr oder weniger aus den politischen Strukturen ausgeklammert und allgemein sehr wenig oder überhaupt nicht an Politik interessiert, geschweige denn politisch engagiert. Politik ist schon fast ein Schimpfwort und wird oft mit Korruption und Nationalismus gleichgesetzt. Die Jugendlichen setzen gesellschaftliches Engagement, Umweltengagement etc. meist nicht in einen politischen Kontext. Politik wird in der Regel parlamentarischer Politik gleichgesetzt. In Bosnien und Herzegowina gibt es keine Tradition von aktiver und partizipativer Teilhabe von Jugendlichen an der Gesellschaft, keine langjährigen Erfahrung von Schulparlamenten oder von vom Staat unabhängige Jugendorganisationen. Es ist deswegen für die Jugendlichen sehr schwer, selbstständig eigene neue Ansätze zu entwickeln bzw. die Instrumentarien das durch die Internationale Gemeinschaft (International Community, IG) in die Länder gebracht wurde, schnell zu akzeptieren und aktiv zu benutzen. Beteiligung Jugendlicher Die Beteiligung Jugendlicher und junger Erwachsener an der Entwicklung der Jugendpolitik muss zu einer Selbstverständlichkeit werden. Aktive Teilhabe von jungen Menschen an Aktionen und Entscheidungsprozessen auf lokaler und regionaler Ebene ist von zentraler Bedeutung beim Aufbau einer demokratischen Gesellschaft. Darüber hinaus müssen die lokalen und regionalen Autoritäten sich aktiv für die Förderung von Jugendbelangen einsetzen.25 Jugendpolitik in diesem Zusammenhang beinhaltet alle Bereiche, die die Entwicklung junger Menschen innerhalb der Gesellschaft betreffen sowie die Schaffung eines positiven Lebensumfeldes. Konkret betrifft das die Bereiche formale und informelle Bildung, Sozialpolitik, Gesundheitsvorsorge (auch im Bereich Familienplanung/Verhütung), Beruf, Kultur, Sport, Freizeit und andere. Die Berichte der UNDP von 2000 und 200326 kommen zu dem Ergebnis, das sich die jungen Menschen marginalisiert und von Entscheidungsprozessen ausgeschlossen fühlen. Auch wenn sich die Situation langsam bessert, ist die Situation nach wie vor bedenklich. Die geringe Teilhabe an politischen Prozessen und die geringe Aufmerksamkeit, die diese Gruppe erfährt, sind wichtige Gründe für die vielbeschworene Apathie und Frustration (nicht selten Depression), unter der die jungen Menschen leiden. Öffentlichkeit Die Probleme der jungen Menschen finden in der Öffentlichkeit kaum Aufmerksamkeit. Jugendthemen sind in den bosnischen Medien kaum vertreten. Zwar schaffen es einzelne Projekte aufgrund ihrer Größe und/oder ihrer guten Öffentlichkeitsarbeit immer wieder, in den Medien repräsentiert zu werden. Dabei geht es aber meist um die Aktion respektive das konkrete Projekt, die dahinter liegende Problematik bleibt aber unberücksichtigt. Das Bewusstsein für die schwierige Situation junger Menschen in BuH ist darum in der Öffentlichkeit kaum vorhanden. Gleichzeitig fühlen sich die jungen Menschen weder in den Medien noch in der Politik ausreichend repräsentiert. 25 OSZE und CoE 2002: European Charter on youth participation in local and regional life, 2002 und UNDP 2004: JAZVAC Javno zagovaranje za akcioni plan mladih na lokalnom nivou, S. 5 26 UNDP 2000: Human Development Report Bosnia and Herzegowina 2000, Youth, S. 5 und UNDP 2003: Youth in BiH, S. 7 17 Jugendarbeit in Bosnien und Herzegowina 3.1.2 Erfahrungen Ansätze der Internationalen Gemeinschaft Verschiedene Organisationen versuchen diese Themenkomplexe aufzugreifen. Ein weiteres Beispiel ist der Ansatz der GTZ, ein Netz von Jugendpflegern auszubilden und in ausgewählten Gemeinden zu etablieren. Im Gegensatz zu anderen Multiplikatorenprogrammen bildet die GTZ als erste und bisher einzige Organisation in BiH, kommunale Mitarbeiter der Administration zu Jugendpflegern bzw. Youth Officern (Referenten für Jugendfragen) aus. Der Kurs wurde von der GTZ entwickelt und durchgeführt. Bis dato sind 20 Personen ausgebildet. Der Kurs wurde von einer italienischen Organisation, die auch mit Jugendlichen arbeitet, für weitere 30 Gemeinden übernommen. Das weiter oben erwähnte Youth Council ist ein Ansatz. Ein weiteres Beispiel ist der Ansatz der GTZ, in einer Beispielregion ein Netz von Jugendpflegern auszubilden und in ausgewählten Gemeinden zu etablieren. Die UNDP vertritt das Modell der Youth Officer, die in die derzeit 5 Municipalities sogenannte Youth Info Center betreiben. In der Vergangenheit hat die UNDP mit der Omladinska Informativna Agencija (OIA) Jugendparlamente gefördert, die heute keine Relevanz mehr haben. Das stark von der OSZE getragene LOV Programm der lokalen Jugendvertretungen (Lokalne 27 Omladinski Vijećne) zur Koordination auf kantonaler Ebene ist ein weiterer Ansatz, der versucht, lokale Koordinationsstrukturen zu etablieren und die Jugendpolitik zu stärken. Das LOV Programm wurde von den meisten Befragten als gut gemeinter, aber gescheiterter Ansatz angesehen. Der Versuch, sich auf regionaler Ebene zu koordinieren, sei grundsätzlich zu begrüßen, aber oft mangels Geld (Fahrtkosten), fehlender Vernetzung (fehlender Telefonanschluß oder Internetzugang) oder Personal (fehlende feste Jugendarbeiter) gescheitert. Der Wunsch der IG hat die Voraussetzungen im Land nicht genug berücksichtigt. 27 18 Unzählige Trainingsseminare versuchen Jugendarbeiter mit der Problematik vertraut zu machen. Gleichwohl fehlt ein koordinierender Ansatz. Viele Ausbildungsprogramme sind selbstgestrickt und arbeiten zum Teil ohne Absprachen in der gleichen Region (teilweise wissen sie nicht von einander), während andere Regionen komplett unberücksichtigt bleiben. So engagiert diese Programme oft starten, scheitern sie oft an dem Punkt, an dem das ausländische Engagement ausbleibt. Oft versuchen diese Ansätze ein neues System zu etablieren, das die bestehenden lokale Strukturen nur ungenügend berücksichtigt und nach dem Rückzug der internationalen Geldgeber wieder zusammenbricht. 3.1.3 Empfehlungen Um die Situation der Jugendlichen im Bewusstsein der Öffentlichkeit besser zu verankern und ihre Wahrnehmung im politischen System zu verbessern, werden folgende Vorschläge gemacht: ⇒ Förderung von gesamtstaatlichen und von der Regierung getragenen Konzepte zur Formulierung und Implementierung einer einheitlichen Youth Policy ⇒ Austauschprogramme und Partnerschaften mit deutschen Behörden und mit Jugendeinrichtungen. Ziel: Praktikumsmöglichkeiten für Jugendarbeiter aus Bosnien Herzegowina in deutschen Organisationen. Bereitstellung von fachlichem Know How für die Behörden. ⇒ Entwicklung eines mit den lokalen Behörden abgestimmten Konzepts für Jugendinfobüros und Jugendzentren. Ziel: Einrichtungen, in denen sich Jugendliche informieren können und die ihnen als Anlaufstelle dienen. (abgestimmt mit Ansätzen von GTZ, UNDP u.a.) Eine langfristige Finanzierung und eine Verankerung in lokale Strukturen muss gesichert sein. ⇒ Ausbildung von Jugendarbeitern. Ziel: Qualifizierte Jugendarbeiter im Jugendarbeit in Bosnien und Herzegowina ganzen Land. Erstellung eines Ausbildungskonzepts, das von bosnischen Organisationen mitentwickelt wird und mittelfristig von diesen umgesetzt werden kann. Den Hochschulen kommt hier eine Schlüsselrolle zu. ⇒ Lobbying auf internationaler Ebene durch große Organisationen (UNDP, OSZE, CoE, OHR, Weltbank) Ziel: Aufbau von Jugendministerien bzw. klaren Zuständigkeiten in den bestehenden Ministerien. Vereinheitlichung der Jugendgesetzgebung und Aufbau eines eigenen Budgets für Jugendförderung. ⇒ Ausbildung und Förderung von (jungen) Journalisten nd Politikerprogramme gezielt zum Thema Jugend und Junge Erwachsene. Ziel: Die Sichtbarkeit der Jugendlichen zu erhöhen und ihre spezifische Situation und ihre Probleme ins Bewusstsein der Öffentlichkeit zu bringen. 19 Jugendarbeit in Bosnien und Herzegowina 3.2 Schulbildung Das Recht auf Bildung ist ein Grundrecht.28 Die Schulbildung spielt dabei eine herausragende Bedeutung. Investitionen in diesem Bereich sind der beste und direkteste Weg eines Landes zur Förderung seines ökonomischen und sozialen Gewinns und zudem zentraler Baustein einer demokratischen Gesellschaft.29 Das Verhältnis von Bildung und ökonomischer Situation eines Landes steht in direkter Korrelation. Es ist unumstritten, dass das Recht auf Bildung die Grundlage bei der Entwicklung von zivilen, kulturellen, politischen, sozialen und ökonomischen Werten einer Gesellschaft darstellt. Bildung und Kultur spielen eine zentrale Rolle, wenn es darum geht, das gegenseitige Verständnis und Vertrauen zwischen verschiedenen Völkern zu stärken. Dies trifft insbesondere auch auf Bosnien und Herzegowina zu. Dabei ist die Erziehung zur demokratischen Staatsbürgerschaft von besonderer Bedeutung.30 Eine funktionierende Demokratie braucht gut informierte, verantwortungsbewusste, 28 Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, Artikel 26. (1) Jeder Mensch hat das Recht auf Bildung. Der Unterricht muss wenigstens in den Elementar- und Grundschulen unentgeltlich sein. Der Elementarunterricht ist obligatorisch. Fachlicher und beruflicher Unterricht sollen allgemein zugänglich sein; die höheren Studien sollen allen nach Maßgabe ihrer Fähigkeiten und Leistungen in gleicher Weise offen stehen. (2) Die Ausbildung soll die volle Entfaltung der menschlichen Persönlichkeit und die Stärkung der Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten zum Ziele haben. Sie soll Verständnis, Duldsamkeit und Freundschaft zwischen allen Nationen und allen rassischen oder religiösen Gruppen fördern und die Tätigkeit der Vereinten Nationen zur Aufrechterhaltung des Friedens begünstigen. (3) In erster Linie haben Eltern das Recht, die Art der ihren Kindern zuteil werdenden Bildung zu bestimmen 29 UNICEF 2000: The state of Worlds´s children 2000, UNICEF Report S. 47 30 Vgl. Council of Europe, Final Declaration of the Heads of State and Government der Mitgliedsstaaten des CoE. Straßburg, 11. Oktober 1997 S. 1 ff www.coe.int. 20 engagierte und kritische Bürgerinnen und Bürger, denen bewusst ist, dass das Leben in einer Gemeinschaft auch bestimmte Pflichten miteinschließt. Die „zentrale Aufgabe aller pädagogischen und andragogischen Aktivitäten muss deshalb sein, heutige und zukünftige Bürger für ihre aktive Mitwirkung an und ihren Beitrag zur Gemeinschaft bei der Gestaltung ihrer Angelegenheiten und bei der Lösung ihrer Probleme zu befähigen.“ 31 Bildung in Bosnien und Herzegowina Das Schul- und Bildungssystem in Bosnien und Herzegowina ist einem starken Wandel unterworfen. Der Wechsel von einem sehr direktiven Schulsystem zu einem eher demokratischen, partizipativen System stellt sowohl Lehrer als auch Schüler vor viele Probleme. Das Thema Bildung ist in BuH viel zu spät mit der notwendigen Aufmerksamkeit bedacht worden. Die Architekten des DPA scheinen die zentrale Bedeutung der Bildung überhaupt nicht beachtet zu haben, dabei kann die Wichtigkeit eines modernen und gerechten Bildungssystems bei der Entwicklung eines demokratischen Staatswesens kaum überschätzt werden. Im Frühjahr 2002 erklärte der 1. Stellvertreter des Hohen Repräsentanten Donald Hays in einer Rede: „Wir bearbeiten dieses Thema sehr spät, eines, das als ein zentrales Thema für die Nachkriegserholung BuHs angesehen werden sollte und das definitiv den Erfolg oder Misserfolg aller Anstrengungen für ein freies, demokratisches und stabiles BuH beeinflussen wird.“32 Die OSZE bekam 2002 die Aufgabe übertragen, die Bildungsreform zu koordinieren. Ihre Aufgabe ist, als vermittelnde und koordinierende Instanz zwischen den landesweit insgesamt 14 (2 Entitiäten, 10 Kantone, Brćko und Gesamtstaat) für Bildung zuständigen Ministerien aufzutreten. 31 32 Dürr ua.a. 2004: S. 11 Zitiert nach Perry 2003: 3. Übersetzung Emrich Jugendarbeit in Bosnien und Herzegowina 3.2.1 Abb: Karneval in Mostar Dieses Nachkriegsbildungssystem ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt extrem unübersichtlich aufgebaut. Die rechtliche und curriculare Verantwortung ist in der Föderation verteilt auf die 10 kantonalen Ministerien. Das Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Kultur und Sport der Föderation übernimmt eine überwiegend koordinierende Rolle ohne größeren Einfluss. In der RS wird der Bildungsbereich zentral über das Bildungsministerium in Banja Luka geregelt. Zusätzlich gibt es noch das Amt für Bildung im unabhängigen Distrikt Brčko. Ein gesamtstaatliches Ministerium fehlt derzeit noch und die Aufgabe wird vom Ministerium für zivile Angelegenheiten mit übernommen. Das daraus resultierende Bildungssystem ist nicht nur fragmentiert, sondern hat auch qualitativ stark eingebüßt: so sind die Lehrmethoden und Curricula des alten Jugoslawiens in weiten Teilen übernommen worden33 und haben sich seit den 80iger Jahren nicht weiterentwickelt. Die Rolle der Lernenden ist häufig auf die Rolle des Zuhörers reduziert, der das auswendig lernen soll, was er vorgesetzt bekommt. Der Lernprozess wird nicht interaktiv gestaltet, die Kenntnisse der Lernenden werden nicht aktiv mit einbezogen. Für eine Demokratieerziehung ist es jedoch von absoluter Wichtigkeit, dass die Lernenden auch in der Schule befähigt werden sich ein eigenes Bild zu machen, eigene Gedanken zu formulieren und ihre Urteilskraft zu stärken. 33 Vgl. UNDP2003: S. 8 Zustand der Schulen Der Zustand an den 295 weiterführenden Schulen mit ihren rund 170.000 Schülern in Bosnien ist nur schwer in ein paar Sätzen zusammenzufassen. Es gibt, insbesondere in den großen Städten, hervorragend ausgestattete Schulen und motivierte Lehrer. Gleichzeitig gibt es aber nach wie vor viele Schulen, die weit hinter jedem europäischen Standard zurückfallen und kaum adäquate Lehr- und Lernmöglichkeiten bieten. Grundsätzlich kann sowohl von einer regionalen Ungleichheit gesprochen werden (so ist laut OSZE die Situation im Kanton 5 noch wesentlich schlechter als in anderen Landesteilen) als auch vor allem von einem massiven Stadt- Land-Gefälle, mit einer wesentlich schlechteren Ausstattung der Schulen in den ländlichen Regionen. Dazu kommt die spezielle Situation von nach wie vor 5434 Schulen in der Föderation, die jeweils eine bosniakische und eine kroatisch bosnische Schule beherbergen, aber von der Administration, dem Lehrkörper und dem Curriculum her völlig unabhängig funktionieren (2 Schulen unter einem Dach). In manchen Städten sind die Schulen so überbelegt, dass die Schüler nur im Schichtbetrieb die Schule besuchen können. Dazu kommt die extrem komplexe Frage der Curriculumsentwicklung unter Berücksichtigung der sprachlichen Unterschiede und der so genannten „vitalen nationalen Interessen“. Eine OSZE-Erhebung vom Herbst 2003 bestätigt, dass eine erhebliche Anzahl von Schulen über völlig unzureichende Bedingungen verfügen. Leider wurde diese Untersuchung, die alle Schulen in BuH ein34 Stand 5/2005 Die Schulen sind in den Kantonen: Zenica-Doboj (Canton 4); Central Bosnien (Canton 6) und Herzegovina-Neretva (Canton 7). In diesen Schulen haben die überwiegend bosniakischen bzw. kroatisch Bosnischen Schüler und Lehrer praktisch keinen direkten Kontakt. In einigen Schulen betreten die Schüler die Räumlichkeiten durch getrennte Eingänge. In den meisten Fällen sind beide Schulen auch juristisch komplett getrennte Rechtspersonen (Ausnahmen sind die Schulen in Vareš und Žepče sowie das erste Gymnasium in Mostar). Weiterhin gibt es viele Schulen in der FBuH die ursprünglich zusammen gehört haben und nun auch räumlich getrennt sind. 21 Jugendarbeit in Bosnien und Herzegowina schloss und umfangreiche Daten über den materiellen Zustand der Schulen umfasst, nie adäquat ausgewertet. Insgesamt hat die Qualität des Schulsystems durch den Krieg und die Kriegsfolgen in allen Bereichen massiv gelitten.35 Eine unzureichende Bildungs- und Schulpolitik führt zu Frustration und verstärkt die vielfach beklagte Apathie sowohl bei Schülern als auch bei Lehrern. 3.2.2 Das Bildungssystem Die Verwaltungsebenen konkurrieren miteinander bzw. behindern sich gegenseitig.36 Das Bildungssystem ist deswegen im Vergleich zu anderen europäischen Ländern extrem ineffizient und teuer. (UNDP 2003:83) Bislang scheiterte die Umsetzung von Reformvorhaben oft an der mangelnden politischen Bereitschaft. So wichtig die politischen Bekenntnisse zu einem einheitlichen modernen bosnischen Bildungssystem sind, so schwierig gestaltet sich die praktische Umsetzung. Im Schulbereich wurde zwar mittlerweile ein Rahmengesetz auf der Bundesebene erlassen, das ein einheitliches Rahmencurriculum für alle Schulen in BiH und erweiterte Partizipationsmöglichkeiten Tageszeitung San vom 17.08.2003 / Seite 3 Es kann nur angenommen werden, wie viele Analphabeten es in BuH gibt, weil niemand genaue Angaben hat. Es gibt allerdings einige Hinweise darauf, dass sich die Zahl sich um etwa 25 % von der gesamten Bevölkerung bewegt. Eine noch alarmierendere Einschätzung ist, dass in BuH zur Zeit etwa 20 % der Kinder des Lesens und Schreibens unkundig sind. 36 In der RS wurde die Zuständigkeit dem Bildungsministerium der Entität übertragen. In der FBiH sind die zehn kantonalen Bildungsminister zusammen mit den Gemeinden und dem Föderationsministerium für Bildung, Wissenschaft, Kultur und Sport zuständig. Der Distrikt Brčko hat zudem eine eigenständige Bildungsverwaltung. Zusammen mit dem Ministry for civil affairs auf Gesamtstaatlicher Ebene sind so in BosnienHerzegowina insgesamt 14 Ministerien für Bildung zuständig, ohne dass eine nennenswerte Koordination stattfindet. von Eltern, Schülern und Lehrern vorsieht37, aber die Ratifizierung und die Umsetzung gestaltet sich als äußerst problematisch. Das ist auch im Herbst 2003 durch die Verweigerung der gesetzlich vorgesehenen administrativen Vereinigung der Grund- und Mittelschulen in gemischten bosniakisch – kroatisch bosnischen Gebieten deutlich geworden. Die Internationale Gemeinschaft hat unter der Leitung der OSZE in den letzten Jahren versucht in diesem Bereich einen Reformprozess einzuleiten. Obwohl die OSZE intensiv versucht die unterschiedlichen Interessensgruppen aktiv in den Prozess einzubeziehen, kann bisher kaum von einem Erfolg gesprochen werden. Teilweise scheint es sogar, dass die OSZE Verantwortungsbereiche der zuständigen Ministerien übernommen hat bzw. Verantwortungsbereiche auf die OSZE übertragen wurden, die sie qua Mandat gar nicht umsetzen kann. Die Komplexität der Bildungssituation wird gut in der Grafik auf der nächsten Seite deutlich: 35 22 37 Framework Law on Primary and Secondary Education in Bosnia and Herzegovina 2003: Artikel 51. Jugendarbeit in Bosnien und Herzegowina Abb: Struktur des Bildungssystems in Bosnien und Herzegowina 38 Mit freundlicher Genehmigung der OSZE. Entnommen OSZE 2005: Raising Debate: Is BiH Respecting its international commtments in the field of Education. Questions for the Citizens of BiH”; S. 21 38 23 Jugendarbeit in Bosnien und Herzegowina 3.2.3 Unterrichtssprache / Common Core Curriculum Aufgrund der Vereinbarungen im Dayton Peace Agreement haben die Schüler in BuH das Recht, in ihrer eigenen Sprache unterrichtet zu werden. Dies führt, sollten die Lehrer, Eltern, Schüler und Ministerien nicht kooperationsbereit sein, teilweise zu sehr großen Hindernissen. In direkter Folge zum Europaratbeitritt 2002 ist im Jahr 2003 ein so genanntes „Common Core Curriculum“ verabschiedet worden, das als Rahmengesetz der Vereinheitlichung und der Überwindung ethnischer Differenzen zwischen den Volksgruppen dienen soll. Von einem landesweit einheitlichen Schulsystem jedoch, in dem ohne Diskriminierung unterrichtet wird, kann bei weitem nicht geredet werden. Aus OSZE-Kreisen ist außerdem eine Reduzierung des Engagements im Bildungsbereich im Hinblick auf die nähere Zukunft zu vernehmen. Das Rahmencurriculum, das auch erweiterte Partizipationsmöglichkeiten von Eltern, Schülern und Lehrern vorsieht, ist nach wie vor nicht von allen zuständigen Ministerien ratifiziert.39 Die Fächer Geographie, Geschichte, Sprache/Literatur, Gesellschaftskunde, Politik, Musik und Kunst wurden durch Kernlehrpläne zwar teilweise angeglichen, aber nach wie vor bleiben große Teile in der Verantwortung der jeweiligen pädagogischen Institute. 40 Offiziell wurden auch die Einzugsbereiche der Schulen klar geregelt, aber noch immer ist es keine Seltenheit, dass Eltern ihre Kinder lieber in Schulen schicken, in denen ihre jeweilige Volksgruppe die Mehrheit bildet und sie dafür lange Wege in Kauf nehmen. Der Unterricht erfolgt in der Föderation abhängig von der ethnischen Mehrheit der 39 Framework Law on Primary and Secondary Education in Bosnia and Herzegovina 2003 40 Die Kinder und Jugendlichen lernen heute häufig nur noch jeweils "ihre" Seite der Wirklichkeit kennen, d.h. kroatische Kinder die kroatische, bosniakische die bosniakische etc. Die Kultur ihrer Nachbarn kennen sie nicht. 24 Schüler in bosnisch oder kroatisch und richtet sich entsprechend nach den Lehrplänen der entsprechenden Ministerien. In der Republika Srbska findet der Unterricht ausschließlich in serbischer Sprache und nach eigenen RS Lehrplänen statt. Wie in der vorausgegangenen Grafik deutlich wird, beziehen sich die Schulen je nach Region u.U. selbst innerhalb eines Kantons auf unterschiedliche Pädagogische Institute. Theoretisch besteht die Möglichkeit, dass in Schulen Sonderklassen eingerichtet werden, wenn 20 oder mehr Schüler einer ethnischen Minderheit im gleichen Alter vorhanden sind, in denen sie dann in ihrer Muttersprache unterrichtet werden. Das Problem geht weit über die praktische Frage der richtigen Unterrichtssprache hinaus. Fragen sind z.B.: In welcher Schrift lernt mein Kind das Schreiben? Welche Schreibweise wird richtig und welche als fehlerhaft bewertet? Wie lernt mein Kind bei einem Schulortwechsel die möglicherweise neue Sprache/neuen Worte? Was für ein Geschichtsbild bekommt mein Kind vermittelt? Wird mein Kind vorurteilsfrei unterrichtet? In welcher Form kann mein Kind religiöse Feiertage begehen bzw. wie wird darauf Rücksicht genommen? (z.B. Essenszeiten während des Ramadan) etc. Sonderfall: Kultur der Religionen Aufgrund der besonderen Relevanz der Religionen in Bosnien Herzegowina wurde mit relativ großem Aufwand und unter der Koordination der OSZE und dem Goethe Institut versucht, das Fach „Kultur der Religionen“ als Ergänzungsfach zum bestehenden Religionsunterricht zu etablieren. Mit einem sehr detailliert ausgearbeiteten Curriculum wurde 2003 begonnen, 20 Lehrer aus ganz Bosnien für dieses Fach weiterzubilden, die dann in den 10. Klassen ihrer Schulen mit einer Wochenstunde dieses Fach unterrichten sollten. Das Angebot war freiwillig und richtete sich an interessierte Schulen. Aufgrund einer Blockade der katholischen Kirche gelang es nicht, kroatisch-bosnische Lehrer in dieses Projekt zu integrieren. Nach vielen Anlaufschwierigkeiten wurde im Schuljahr 2004/2005 an 5 Schulen mit dem Unterricht Jugendarbeit in Bosnien und Herzegowina begonnen, wovon die 3 teilnehmenden Schulen in Sarajevo nach einem eigenen Curriculum unterrichten. Für das nächste Jahr ist eine weitere Ausbildungsstaffel geplant, aber die Zukunft des Projektes ist noch vollkommen unklar. Schulbücher Eine sehr große Bedeutung kommt hier auch den Schulbüchern zu. „Schulbücher und andere Lernmaterialien wirken über den Klassenraum hinaus. Sie vermitteln nicht nur Faktenwissen, sondern auch dominante Geschichtsbilder, Raum- und Zeitvorstellungen. Sie enthalten Bilder historischer Akteure und politische und soziale Werte, die eine Gesellschaft an die nächste Generation weitergeben will. Sie tragen dazu bei, nationale Selbst- und Fremdbilder zu konstruieren. In der Geschichte sind Schulbücher immer wieder für die Kriegsführung instrumentalisiert worden“41. Auch nach dem Krieg in Bosnien Herzegowina werden sie zum Teil gezielt für nationalistische Propaganda und Geschichtsfälschung und häufig zu einer sehr einseitigen Darstellung missbraucht. Davon unabhängig erschweren die unterschiedlichen Schulbücher den Schülern einen problemlosen Wechsel zwischen den Schulen. 3.2.4 Lehrerausbildung Das hohe Niveau der Ausbildung an Schulen und Berufsschulen von der Zeit vor dem Krieg konnte nicht gehalten werden. Viele (Hochschul-)Lehrer haben das Land verlassen, arbeiten für internationale Organisationen oder in der freien Wirtschaft, zumal die Gehälter vor allem in staatlichen Einrichtungen und damit auch Schulen nach wie vor sehr schlecht sind. Mit der Veränderung des Schulsystems und der pädagogischen Erfordernisse kommt es auch in den Schulen zu massiven Veränderungen des Lehrstils, die von vielen, vor allem älteren Lehrern, nicht mitgetragen werden. Aber auch die Ausbildungsstätten für Pädagogen 41 Georg Eckert Institut, Braunschweig: http://www.gei.de/deutsch/index1.shtml (Zugriff am 18.08.2005) sind noch nicht ausreichend mit den neuen partizipativen Lehrstilen vertraut. Weiterhin gibt es nur unzureichende Bildungsmöglichkeiten für Schüler, die einer besonderen Förderung bedürfen. Eine Weiterentwicklung insbesondere im pädagogischen Bereich hat praktisch nicht stattgefunden. Frontalunterricht, lehrer- und nicht schülerzentrierter Unterricht, häufig veraltete Lehrinhalte und unmotivierte bis frustrierte Lehrer führen dazu, dass die Qualität an das alte Niveau nicht mehr anknüpfen kann. Die Lehrerausbildung fokussiert stark auf theoretisches, inhaltliches Wissen und hat nur einen geringen pädagogischen und didaktischen Anteil.42 Die Pädagogischen Institute (7 in der FBuH und 1 in der RS) sind jeweils nur für eine ethnische Gruppe zuständig. Eine Studie der OSZE kommt zu dem Ergebnis, dass an keinem der Pädagogischen Institute alle im Bildungsrahmengesetz verankerten Verordnungen übernommen wurden.43 Das bestehende Bildungssystem verfestigt die Unterschiede zwischen den Bevölkerungsgruppen und produziert eher Vorurteile, als dass es sie abbaut. Das Bildungssystem ist für Kinder aus gemischten Ehen besonders problematisch. Die ethnische Zusammensetzung des Lehrkörpers ist, insbesondere in den ländlichen Regionen, extrem unausgeglichen mit einer Tendenz zu national homogenen Lehrerteams. Dazu kommen teilweise nationalistisch/rassistische Lehrbücher und Lehrinhalte. Von verschiedenen Organisationen (Step by Step, Civitas, CoE, EC, KulturKontakt) werden Lehrerweiterbildungen angeboten. Aber hier, wie in den meisten anderen Bereichen, finden keine regelmäßigen Absprachen zwischen den Anbietern statt: 42 Erschwerend kommt hinzu, das ein großer Teil der alten Lehrer aufgrund ökonomischer Gründe (Wechsel der Arbeitsstelle) oder Emigration den Schulen nicht mehr zur Verfügung stehen. 43 OSZE 19.April 2005: „Raising Debate: Is BiH Respecting its International Commitments in the Fields of Education: Questions fort he Citizens of BiH.“ Appendix 2 25 Jugendarbeit in Bosnien und Herzegowina weder in regionaler noch in inhaltlicher Hinsicht. Auch arbeiten die Anbieter von Lehrerweiterbildung nur in Ausnahmefällen mit den Pädagogischen Ausbildungsstätten des Landes zusammen. Dies beeinflusst sowohl die Nachhaltigkeit der Weiterbildung (wenn die Organisationen ihre Projekte reduzieren oder einstellen werden auch die entsprechenden Strukturen verschwinden) als auch die Inhalte. So entsteht eine gewisse Willkür, die der jeweiligen Donatorenlogik unterliegt, aber nicht unbedingt mit den zuständigen Behörden abgesprochen ist. Weiterhin genügen die Lehrpläne oft nicht mehr den Anforderungen des Arbeitsmarktes. Insbesondere im Umgang mit Computern und Nutzung des Internet sind starke Missstände zu beklagen. Noch lange nicht jede Schule verfügt über einen Internetanschluss geschweige denn einen Computerraum. Das Verhältnis von berufsbildenden und allgemeinbildenden Schulen (Gymnasien) ist unausgewogen. Das derzeitige Verhältnis von ca. 80:20 weicht stark von der Situation in den EU Ländern (50:50) ab44. 3.2.5 Schüler- und Lehrermitbestimmung Die Demokratisierung der Schule wird von der internationalen Steuerungsgruppe EISSG45 als ein wichtiger Bestandteil der Reform im Bildungssektor verstanden.46 Vor diesem Hintergrund kennt das neue Rahmengesetz für den Schulbereich neue Schulgremien bzw. neue Befugnisse. Speziell die Mitbestimmung aller Beteiligten an schulischen Prozessen und eine größere Autonomie der Schule sollen Bestandteil des Schulalltages werden. Die Minister aller Worldbank Report 2004: Worldbank Report for Bosnia and Herzegovina, S. 183 45 Education Issues Set Steering Group. Einberufen von OHR und OSCE zur Koordinierung der Bildungsreform 46 Vgl. dazu UNDP 2003: 81: “As a result of the fragmented and ideologised education system in BiH, some of the principles that have become sine qua non of education in most European countries have been pushed to the background. These include a democratisation of education.” 44 26 Bildungsebenen erklärten die aktive Teilhabe in einer demokratischen Gesellschaft (ECTAER 2003:9) zu einem der primären Ausbildungsziele. Das neue Rahmengesetz sieht aus diesem Grund sowohl eine Schülervertretung (vijeće učenika) als auch eine Elternvertretung (vijeće roditelja) sowie eine gewählte Schulkonferenz als höchstes Gremium der Schule vor.47 Auch wenn in vielen Schulen mittlerweile Eltern- und Schülervertretungen formal existieren, ist das Wissen über diese Gremien oft minimal und es hat teilweise den Anschein, als ob diese Gremien nur der internationalen Gemeinschaft zuliebe bzw. aufgrund von äußerem Druck gebildet wurden, aber völlig sinnentleert sind. Schüler Helfen Leben arbeitet seit 1999 im Bereich Schülervertretung und ist mittlerweile einer der zentralen Ansprechpartner in diesem Bereich geworden. Durch die gezielte Förderung und Weiterbildung von aktiven Schülern, internationalen Seminaren mit Schülervertretern aus anderen Ländern, Erstellung eines SV Handbuchs und Vernetzung von aktiven Schülervertretungen konnten viele Jugendliche beim Aufbau einer SV in ihrer Schule unterstützt und das Bewusstsein für Schülervertretungen insgesamt erhöht werden. Die Maßnahmen werden alle von den zuständigen Ministerien und von der jeweiligen Schulleitung genehmigt. Mittlerweile fragen Lehrer und Schulleitungen aktiv bei SHL an und bitten um Informationen. Aber es gibt auch viele Schulleitungen, die dem Engagement kritisch gegenüber stehen. Der von SHL verfolgte Peer-Ansatz konnte in diesem Bereich erfolgreich eingesetzt werden. Einschränkend muss bemerkt werden, dass eine landesweite Vernetzung trotz intensiver Bemühungen bisher nicht erreicht werden konnte und viele Schülervertretungen nach einiger Zeit auch wieder verschwinden. Über regelmäßige Kontakte mit den aktiven Schülern wird versucht dieser Entwicklung entgegenzuarbeiten. 47 Vgl. Emrich, Rickerts: 2005 Jugendarbeit in Bosnien und Herzegowina 3.2.6 Berufsvorbereitung Eine Vorbereitung auf die Zeit nach der Schule, Unterstützung bei Bewerbungsverfahren sowie Hilfe bei der Berufsentscheidung fehlen fast vollständig. Auch sind die Lehrer nicht ausreichend qualifiziert, um den Schülern dabei zu helfen sich auf die Zeit nach der Schule vorzubereiten. (vgl. dazu den Abschnitt Hochschule und Berufsbildung) Berufsqualifizierende Praktika existieren praktisch nicht. Schüler der berufsbildenden Schulen haben meist keine oder unzureichende Möglichkeiten, die Praxisanteile ihrer Ausbildung zu absolvieren. Die Curricula orientieren sich kaum am aktuellen Bedarf. Moderne IToder Wirtschaftsberufe werden überhaupt nicht ausgebildet. Dies verringert die Berufschancen auf dem inländischen wie ausländischen Arbeitsmarkt, so dass viele Schüler aus Perspektivlosigkeit die Motivation verlieren, eine höhere Ausbildung zu Ende zu bringen. Ohnehin stellen Schulund Hochschulabsolventen, d.h. junge Menschen auf der Suche nach ihrer ersten regulären Arbeitsstelle, derzeit über 50 % der Arbeitslosen. Das im alten Jugoslawien unbekannte Konzept der Berufspraktika hat sich bisher nicht durchsetzen können. Junge Arbeitnehmer haben darum kaum die Möglichkeit, außerhalb einer Anstellung Berufserfahrungen zu sammeln. Die Praktika in den Berufsschulen werden häufig nicht als hilfreich oder praxisnah eingestuft. Nicht selten reduziert sich die Praktikumsphase auf Kaffeekochen oder Saubermachen. Ausnahmen bestätigen hier wie überall die Regel. 3.2.7 Empfehlungen ⇒ Weiterbildung der Multiplikatoren/Lehrer im Bereich Demokratieerziehung, Menschenrechte (EDC) ⇒ Unterstützung von (berufsbegleitender) Lehrerweiterbildung in interaktiven und partizipativen Lehrmethoden, auch mit Blick auf die Anforderungen der modernen Informationsgesellschaft. Etablierung einer Lehreraus- und Weiterbildung mit Blick auf moderne Lehrmethoden und neue Curricula. ⇒ Unterstützung beim Aufbau von Schüler- und Elternvertretungen ⇒ Hilfe bei der Ausstattung von Schulen in abgestimmten Aktionen (insbesondere im ländlichen Raum) und unter Einbeziehung der lokal zuständigen Autoritäten. ⇒ Unterstützung im Bereich Schulbuchentwicklung ⇒ Hilfe bei der Erstellung von Lehrplänen, Unterrichtseinheiten und Seminarprogrammen zur politischen Bildung. Ziel: Die Jugendlichen müssen auf ihre Rolle als aktive Bürger vorbereitet werden. ⇒ Entwicklung von Programmen zur Menschenrechtserziehung. (vgl. Human Rights School, Helsinki Committee Belgrad) Ziel: Das Bewusstsein der Jugendlichen für Menschenrechte und Grundfreiheiten muss entwickelt werden und diese Werte internalisiert werden. ⇒ Erarbeiten von Seminarprogrammen für interkulturelle Fragen, Antirassismus, Friedenspädagogik, Toleranz. Ziel: Die Jugendlichen in Bosnien Herzegowina müssen wieder eine gegenseitige Achtung für die kulturelle Vielfalt ihres Landes entwickeln. Der Segregation in den Schulen und auch im Freizeitbereich muss aktiv entgegengewirkt werden und ein Wissen um die kulturellen Unterschiede und Gemeinsamkeiten gefördert werden. ⇒ Umsetzung der Ziele der Internationalen Gemeinschaft: Freie Schulwahl, gemischte Schulen, Sensibilisierung für die spezifischen Probleme von Minderheiten (z.B. Roma) usw. ⇒ Unterstützung bei der Erstellung und Implementierung eines landesweiten Rahmengesetzes. 27 Jugendarbeit in Bosnien und Herzegowina ⇒ Maßnahmen zur Entpolitisierung des Bildungssystems Ziel: Die nationalistische Instrumentalisierung der Schulen verhindern. Abb.:Jugendliche in Križevići 3.3 Hochschulbildung 3.3.1 Situation im Bereich Hochschulwesen Nach Beendigung der weiterführenden Schulen besteht die Möglichkeit, an einer der sieben Hochschulen in BuH zu studieren. Das Studium dauert in der Regel vier Jahre (Medizin sechs) und der Abschluss ist in etwa mit einem deutschen Diplom, Staatsexamen oder Magister vergleichbar. Diese Abschlüsse berechtigen allerdings nicht direkt zur Promotion. Vor einer möglichen Promotion steht noch ein Postgraduiertenstudium, das mit dem Titel Magister abgeschlossen wird. Die Promotion ist eher mit unserer Habilitation vergleichbar, da man damit an den Hochschulen prüfungs- und unterschriftenberechtigt ist. 28 An den sieben bosnischen Hochschulen studieren rund 67 000 Vollzeitstudierende. Die Situation an der Hochschule ist in vielerlei Hinsicht geprägt durch den vergangenen Krieg und den politischen Bedingungen der Nachkriegszeit. Viele Fakultäten führten Ihren Lehrbetrieb während des Krieges unter sehr schwierigen Bedingungen fort – obwohl viele Kollegen ins Ausland flohen, viele Gebäude zerstört wurden und oftmals die Ausstattung komplett verloren ging. Die primäre Aufgabe der Nachkriegsjahre war zunächst der materielle Wiederaufbau. Der zweite Schritt besteht darin technische Ausstattung, Forschungslabore etc. wieder zu erlangen. Wichtige Hilfen gibt es im Programm „Akademischer Wiederaufbau Südosteuropas“ im Rahmen des Stabilitätspaktes, unter anderem unter Federführung des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD). Tempus Jugendarbeit in Bosnien und Herzegowina fördert von europäischer Seite aus Projekte des Wiederaufbaus, allerdings ist das erforderliche Antragsvolumen sehr hoch und die Antragsprozedur sehr langwierig. Teilweise versuchen Akademiker, die im Ausland geblieben sind, von dort aus Netzwerke zur materiellen und intellektuellen Unterstützung aufzubauen, so gibt es nicht nur mit deutschen, sondern z.B. mit schwedischen Universitäten wichtige Kooperationen. Das schwerwiegendste Problem heute scheint nicht unbedingt die Ausstattung zu sein, sondern der Mangel an Hochschullehrenden einerseits, die Abhängigkeit der Hochschulbildungslandschaft von politischen Gegebenheiten andererseits. Beides bedingt sich gegenseitig. Ein drittes wichtiges Thema sind die Reformbemühungen im Sinne des Bologna Prozesses. Das stark verschulte System ließe durchaus die Modifizierung in einen Bachelor-Studiengang zu, viele bürokratische Hindernisse müssen aber beseitigt werden. Die Zahl der Studierenden steigt kontinuierlich. Einerseits werden immer mehr außerordentliche Studierende aufgenommen, die der Universität hohe Studiengebühren zahlen müssen. Andererseits sehen Schulabgänger immer weniger eine dritte Alternative neben dem Studium oder der Arbeitslosigkeit. Dem steht die Lehrsituation diametral gegenüber. Es gibt wenige Professoren und einen oft hochbegabten Nachwuchs, der allerdings noch nicht prüfungsberechtigt ist. Der Mittelbau fehlt an vielen Abteilungen infolge von Krieg und Emigration fast komplett. Die älteren Professoren stehen nach jahrzehntelanger Lehre Innovationen des Hochschulwesens nicht immer offen gegenüber, sind aber für die Fortführung der Abteilungen unersetzlich. Frontalunterricht und Wissensvermittlung sind die Regel, Anleitung zum kritischen wissenschaftlichen Denken die Ausnahme. Die Studierenden sind ähnlich wie an den Schulen an einen hierarchischen Frontalunterricht gewöhnt können mit Freiheiten im Studium nur schlecht umgehen. In vielen Fällen können die Professoren kaum in die Rente entlassen werden, da für sie keine Nachfolger zur Verfügung stehen. Auf dem akademischen Nachwuchs (Assistenten) liegt ein hoher Druck, sehr viele Aufgaben zu übernehmen und dabei sehr zügig zu promovieren, um dann die ältere Generation ersetzen zu können. Selbst wenn es die Möglichkeit zur Promotion im Ausland gibt, gibt es oft Probleme, ob dieser Titel anerkannt wird. Hier gibt es keine durchschaubaren Regelungen. Teilweise scheitern Stipendienprogramme zur Förderung des akademischen Nachwuchses daran, dass zwar postgraduales Studium im Ausland gefördert wurde, dann aber das Geld zur Nostrifizierung der Abschlüsse fehlt. Die Problematik der fehlenden Hochschullehrer wurde verschärft, indem sich nach dem Krieg immer mehr Fakultäten und Lehrstühle gründeten. Ausschlaggebend sind nicht der Bedarf oder die Realisierungsmöglichkeiten (Lehrkörper und Ausstattung, Bibliotheken), sondern der politische Wille. Oft wird dann die Wahl des Studienortes nach ethnischen Zugehörigkeiten entschieden. Besonders brisant ist dieses Problem in Mostar mit seinen zwei Universitäten in Ost und West. Viele Abteilungen gibt es an beiden Universitäten, obwohl Ausstattung und Hochschullehrer schon für eine nicht reichen würden. Gelöst wird der Dozentenmangel oft durch Gastprofessoren. Zum Einen gibt es Gastprofessoren aus dem Ausland, die dann kompakt in einigen Tagen den Lehrstoff eines Semesters oder gar Studienjahres vermitteln. Um damit umgehen zu können, wäre eine Modularisierung des Curriculums notwendig. Zum Anderen wird sich mit Reiseprofessoren aus BuH und aus der Region beholfen. Erfreulich ist daran, dass die Notwendigkeit ethnische Grenzen zum Teil außer Acht lässt und zum Beispiel Gastprofessoren aus Kroatien und Serbien an die Universität Tuzla reisen. Verheerend ist daran, dass es oft ein mangelndes Verantwortungsbewusstsein gegenüber den Studierenden gibt und die Reisedozentur vor allem als guter Nebenverdienst geschätzt wird. 29 Jugendarbeit in Bosnien und Herzegowina Die Zusammenarbeit über Grenzen hinweg funktioniert oft besser als die innerhalb des Landes. Hier wäre dringend eine Steuerungsfunktion durch die Donatoren erforderlich. Bei Gerätespenden etwa sollte diskutiert werden, wie und von wem Geräte am ergiebigsten genutzt werden können. Es kann nicht sinnvoll sein, dass beispielsweise alle landwirtschaftlichen Fakultäten autonom voneinander agieren wollen und alle die gleichen Geräte anschaffen müssen – mit internationaler Hilfe. Ein Einfordern von Kooperationen zur sinnvollen Ausnutzungen neuer Labore etc. ist zumindest für die beiden Universitäten in Mostar sowie die Universität in Sarajevo und in Sarajevo Ost sinnvoll. Das Modell der „außerordentlichen Studierenden“ zeigt deutlich, wie verschult und rein wissensorientiert das Studiensystem ist: Durch eine Art Fernstudium können Studierende (gegen relativ hohe Bezahlung) ihr Studium absolvieren ohne an Lehrveranstaltungen teilzunehmen. Das Studium besteht darin, die angegebenen Leselisten abzuarbeiten und das Wissen aus den Büchern möglichst exakt wiedergeben zu können. Eigenständige Arbeiten werden während des Studiums außer bei der Diplomarbeit nicht erwartet Studierende beklagen häufig die fehlende Motivation ihrer Dozenten, selbst Bestechlichkeit bei der Notengebung ist ein häufig benanntes Problem. Viele Studierende gehen nur mit einer geringen Ausgangsmotivation in das Studium. Häufig ist das Studium eine Möglichkeit, der drohenden Arbeitslosigkeit für ein paar Jahre zu entfliehen. Mangels Studienberatung erfolgt die Studienwahl oft eher willkürlich und die mangelnden Perspektiven auf dem Arbeitsmarkt sind ein weiterer Grund für die fehlende Motivation. Durch das Fehlen größerer Förderprogramme müssen viele Studierenden neben dem Studium arbeiten und versuchen, das Studium mit einem möglichst minimalen Aufwand zu absolvieren. Trotz der oft sehr schlechten Studienbedingungen, einem oft sehr streng hierarchischen Verhältnis zwischen Lehrenden und 30 Studierenden und hohen Frustration kommt es praktisch nie zu einem Protestverhalten der Studierenden. Streiks, autonome Seminare - wie in manchen anderen Ländern – kommen praktisch nicht vor. Insbesondere von Seiten der OSCE und von WUS Austria (World University Service), aber auch von den politischen Stiftungen und im Bereich von Studentenzeitungen von SHL wurde viel zur Unterstützung von Studentenvertretungen getan. Oft scheitert diese Arbeit jedoch an dem geringen Bewusstsein der Studierenden davon, dass es Möglichkeiten gibt, Kritik zu artikulieren und Rechte einzufordern. Ein erfolgreiches Beispiel einer selbstorganisierten überregionalen Plattform ist das „prvi studentski portal za slobodnu i besplatnu razmjenu informacija na podruèju ex-yu“ (das erste Studentenportal für den freien und kostenfreien Informationsaustausch im Gebiet Ex-Yugoslawiens“. ( www.4study.info ) Ein großes Problem ist das Fehlen einer einheitlichen Rahmengesetzgebung für den Hochschulbereich. Eine landesweite Gesetzgebung war für Mitte 2004 vorgesehen, konnte aber aufgrund einer „extremen Politisierung“ bisher nicht durchgesetzt werden. Im Juni 2004, haben kroatisch bosnische Politiker mit dem Argument „der bedrohten vitalen nationalen Interessen“ die Annahme des neuen Hochschulrahmengesetzes verhindert. Daraufhin verweigerte die Weltbank den für die Bildungsreform bereits zugesagten Kredit über 12 Mio. US Dollar. In diesem Vakuum haben einige Bildungsministerien angefangen die Gesetzesvorlagen an ihre Vorstellungen anzupassen und teilweise auch zu ratifizieren (z.B. Kanton West-Herzegowina). Die regionale Implementierung von Gesetzen erschwert aber die geplante Harmonisierung auf Bundesebene, die dringend notwendig ist. Eine einheitliches Gesetzgebung und entsprechendes Monitoring ist auch für die Einhaltung der Bologna Vorgaben (gegenseitige Anerkennung von Studienabschlüssen) dringend notwendig. Bosnien Herzegowina ist zwar im September 2003 dem Bologna Prozess beigetreten, aber bis- Jugendarbeit in Bosnien und Herzegowina her ist nur in einzelnen Hochschulen und Fakultäten ein Bemühen zu spüren, die damit verbundenen Vorgaben auch zu erfüllen. Bisher ist nur die Universität Tuzla eine einheitliche autonome Institution. Im übrigen Land sind bisher die einzelnen Fakultäten eigenständige juristische Personen und folgen teilweise eigenen Interessen was unter anderem zu einer teilweise sehr undurchsichtigen Finanzpolitik führt. Der DAAD und die Boschstiftung haben Lektorenstellen an Germanistikabteilungen in Banja Luka, Mostar und Sarajevo. Im Rahmen des Stabilitätspaktes für Südosteuropa fördert der DAAD trilaterale Hochschulkooperationen zwischen einem deutschen und einem bosnischen Hochschulpartner und mindestens einem weiteren in der Region. Weiterhin werden über den DAAD über 400 Stipendien für Studierende im Abschlußjahr, Promovierende und Hochschullehrer vermittelt. Es gibt verschiedene Sonderprogramme wie Sachmittelprogramme und alumniprogramme. Mit dem „GoEast“Programm wird versucht, der einseitigen Wanderungsbewegung von Südosteuropa nach Deutschland entgegenzuwirken. Bei Austauschprogrammen der Hochschulen ist ein hohes Interesse bei den Studierenden aus Südosteuropa zu verzeichnen, dem ein relativ geringes Interesse bei den deutschen Studierenden gegenübersteht. Weitere Stipendienprogramme gibt es von der Konrad Adenauer Stiftung und von der Heinrich Böll Stiftung. Im Gegensatz zum DAAD zielen diese Programme darauf ab, junge Eliten durch Stipendien im Land zu fördern. Dies geschieht durch die Vergabe von Stipendien und die Förderung der Stipendiaten durch inhaltliche Seminare. Seit 1997 führt die Konrad Adenauer Stiftung Programme zur Förderung von Postgraduierten aus Bosnien und Herzegowina durch, die seit 2002 durch ein allgemeines Stipendienprogramm für Studierende erweitert wurde. Diese so genannten Sur-Place-Stipendien werden als wichtige Maßnahme gegen die andauernde Abwanderung von hochqualifizierten jungen Menschen gesehen und durch begleitende Seminare zu gesellschaftspolitisch relevanten Themen ergänzt. Die KAS konzentriert sich dabei auf potentielle Führungskräfte überwiegend aus Politik, Jura und wirtschaftswissenschaftlichen Studiengängen und will diese dabei unterstützen, sich in die Gestaltung des Gemeinwohls einzubringen. Für Graduierte gibt es Stipendien für Aufbaustudiengänge in Deutschland und die Möglichkeit für bis zu drei Monate ein Forschungsstipendium zu erhalten. Das Regionalbüro der Heinrich Böll Stiftung in Sarajevo bietet seit 2001 ein Studienstipendienprogramm für Studierende aus ganz Bosnien und Herzegowina an, das sich an Studierende der Geistes- und Naturwissenschaften wendet. Die bisher 100 Stipendiaten und Stipendiatinnen bekommen ein Grundstipendium und regelmäßige interdisziplinäre Begleitseminare, die sie dazu bewegen und dabei unterstützen sollen, sich für den Aufbau eines demokratischen Landes zu engagieren. Ein weiteres Ziel des Programms ist es, der Tendenz entgegenzuwirken, dass junge Menschen aus Bosnien und Herzegowina ihr Land verlassen. 3.3.1 Empfehlungen ⇒ Förderung von Kooperationsprojekten verschiedener Hochschulen innerhalb BuHs und der Region Südosteuropa. Sinnvoll wäre zum Beispiel die bessere Vernetzung der einzelnen Abteilungen des Landes untereinander (z.B. aller Maschinenbaufakultäten): ⇒ Austauschprogramme auch bei Sachund Gerätespenden. Ziel: Gemeinsame Nutzung von bestimmter Infrastruktur z.B. im Laborbereich ⇒ mehr Sur Place-Stipendien, vor allem für die Förderung des akademischen Nachwuchses (nach Stiftungsvorbild: Kopplung von akademischem Nachwuchspotential und gesellschaftlichem Engagement) 31 Jugendarbeit in Bosnien und Herzegowina ⇒ Förderung von aktiven Studentenvertretungen Ziel: Unterstützung beim Aufbau einer demokratischen Hochschule. Aktiven Rückhalt geben. ⇒ Alumniarbeit, Netzwerke von ehemaligen Geförderten der verschiedenen deutschen Organisationen etablieren und als Innovationsnetzwerk fördern ⇒ Austauschprogramme für Hochschullehrer Ziel: Vernetzung im internationalen Rahmen. Konfrontation mit internationalen Standards Unterstützung bei der Curricularentwicklung und Modularisierung ⇒ Unterstützung von Hochschulpartnerschaften ⇒ Infrastrukturelle Unterstützung von Hochschulen ⇒ Unterstützung bei der Einhaltung der Bologna Bestimmungen 3.4 Arbeitsmarktsituation / berufliche Bildung Ein Arbeitsplatz und ein eigenes Einkommen sind zentrale Anliegen von jungen Bosniern nach Beendigung der Ausbildungszeit. Diese machen maßgeblich den Status eines Erwachsenen aus, beeinflussen das Selbstwertgefühl und beweisen die Unabhängigkeit. Jugendliche, die vom Arbeitsmarkt abgeschnitten sind, büßen häufig die Möglichkeit ein, neue Perspektiven zu entwickeln und sich positiv in die Gesamtgesellschaft zu integrieren. Aus diesen Gründen ist der Förderung von beruflichen Perspektiven für junge Menschen ein besonders hoher Stellenwert zuzurechnen. 3.4.1 Problemanalyse Im Vergleich zu den westeuropäischen Ländern sind die Phasen der Vorbereitung auf das Berufsleben und die damit verbundenen Prozesse in BuH bisher kaum 32 untersucht. Das Problem des Berufseinstiegs wurde sowohl von den staatlichen als auch von den nichtstaatlichen Organisationen hauptsächlich mit den akuten Problemen der Arbeitslosigkeit verbunden. Die Situation auf dem Arbeitsmarkt ist geprägt von der ökonomischen Transformation hin zu Kapitalismus und Marktwirtschaft. Zudem herrscht die Vorstellung vor, dass Schule und Universität als Vorbereitung auf das Arbeitsleben ausreichen. Der Eintritt ins Berufsleben sollte somit die logische Fortsetzung der Schul- und Hochschulbildung sein, was er aber in der Realität nur in Ausnahmefällen ist. Die Jugendarbeitslosenzahlen schwanken zwischen 45 und 60 Prozent.48 Stellensuche Die bosnische Gesellschaft ist derzeit kaum imstande, ihrer Jugend konkrete Möglichkeiten auf dem Arbeitsmarkt anzubieten. Im Gegenteil, die grundsätzlich hohe Arbeitslosigkeit in Bosnien und Herzegowina trifft die Berufsanfänger besonders hart. Dabei besteht die Gefahr, in einen Teufelskreis aus Arbeitslosigkeit, Marginalisierung und Unzusozialer Spaltung zu geraten.49 reichende Berufsperspektiven, ein sehr geringes Lohnniveau und unbefriedigende Arbeitsbedingungen sind wichtige Gründe für die hohe Unzufriedenheit, Perspektivlosigkeit und Apathie bei jungen Menschen. Verstärkt wird dieses Problem durch eine relativ geringe Mobilität innerhalb des Landes (u.a. aus familiären und ethnischen Gründen) und die immer noch häufig auf Beziehungen und familiären Verpflichtungen beruhende Einstellungspolitik. Neben der Qualifikation und dem Wohnort sind ethnische Zugehörigkeit, aber auch familiärer Hintergrund häufig Gründe, die über Einstellung oder Nichteinstellung entscheiden. Weiterhin sind familiäre Verpflichtungen bzw. Verbindlichkeiten und Stellung und Position innerhalb der GesellVgl. OIA 2005, basierend auf Angaben der UN WPAY Youth Unit http://www.un.org/esa/socdev/unyin/documents/ wpaysubmissions/bosnia.pdf Zugriff: 20.09.2005 49 Vgl. Europäische Kommission (2002) Weißbuch, S. 49 48 Jugendarbeit in Bosnien und Herzegowina schaft (Partei, religiöse Gruppe etc.) Gründe, die oft noch vor der fachlichen Kompetenz den Ausschlag für eine Einstellung geben können. „Ohne Vitamin B (stela) bekomme ich sowieso keine Arbeit“ ist ein häufig gebrauchtes Argument für die fehlende Motivation bei Bewerbungen. Berufseinstieg Junge Menschen werden fast orientierungslos in die Berufswelt entlassen. Unterstützung bei der Berufswahl, bei der Arbeitssuche, bei der Entwicklung von eigenen berufsrelevanten Ideen oder beim Start eines eigenen Unternehmens ist praktisch nicht vorhanden. Veraltete Lehrmethoden, schlechte Praktikumsstellen und weltfremde Übungsbeispiele während der Schulzeit sowie eine kaum vorhandene Berufsberatung erschweren den jungen Leuten den Einstieg in die Arbeitswelt zusätzlich. Bietet ihnen die Schule noch einen gewissen Schutzraum, sind sie nach Beendigung der Schulzeit komplett auf sich allein gestellt. In der Übergangsphase erhalten sie praktisch keinerlei Unterstützung. Da sie auch keine Berechtigung auf staatliche Unterstützung haben, bleiben viele Jugendliche zu Hause wohnen und versuchen sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser zu halten. Je länger diese Phase dauert, desto schwerer wird es ihnen später fallen, sich in einem regulären Beruf zurecht zu finden. Die Tatsache, dass insbesondere öffentliche Arbeitgeber eine mindestens zweijährige Arbeitserfahrung erwarten, macht den Einstieg teilweise gar unmöglich. So bleibt nur noch der Weg in die Schwarzarbeit und in Jobs, die weit unter dem Qualifikationsniveau der Berufseinsteiger liegen. Selbstständigkeit Selbständigkeit ist eine Möglichkeit, die nur für einen kleinen Teil der Berufseinsteiger eine Option darstellt. Nichtsdestotrotz oder gerade deswegen ist es richtig, den Unternehmergeist der Jugendlichen zu fördern und ihnen dabei zu helfen Selbstvertrauen zu entwickeln, darüber hinaus ihre unternehmerischen Ideen umzusetzen und sich und gegebenenfalls anderen Stellen zu kreieren.50 Auch bei einer freiberuflichen Tätigkeit ist der Einstieg für junge Menschen extrem schwer. Probleme, mit denen sie konfrontiert werden sind: Fehlendes Wissen in grundlegenden betriebswirtschaftlichen Fragen, hohe Hürden bei der Beantragung von Krediten sowie hohen Steuern, teilweise eine auch für Fachleute undurchschaubare Bürokratie. Ausbildung Dem Bereich Berufsausbildung wird in BuH noch viel zu wenig Aufmerksamkeit gewidmet. Die Berufsschulen arbeiten nur selten eng mit den Betrieben zusammen. Es gibt praktisch keine richtigen Ausbildungsbetriebe. Einzelne Firmen nehmen regelmäßig oder unregelmäßig (Tage- oder Stundenweise) Berufsschüler auf. Seit der wirtschaftlichen Transformation sind die früheren staatlichen Strukturen für die staatlich organisierte Berufsausbildung nicht mehr vorhanden. Betriebspraktika oder Betriebstage für Berufsschüler sind von höchst unterschiedlicher Qualität, und auf Grund der schwachen Wirtschaft oft gar nicht vorhanden. Entsprechend ist das vermittelte Wissen in den Berufsschulen kaum an der Praxis orientiert. Zwischen Fachtheorie und Fachpraxis besteht keine ausreichende Verbindung. Dabei ist das theoretische Wissen oft sehr gut, kann dann aber nicht angewandt werden. Kreativität, eigenständiges Denken und selbstständige Arbeit werden nicht gefördert. Es fehlen hier, wie in dem gesamten Bildungsbereich, Institutionen und klare Konzepte. Dabei geht es nicht unbedingt darum neue Strukturen zu schaffen, sondern eher die Vorhanden auszuweiten und zu nutzen. Ideal wäre es, diese Struktur landesweit abzustimmen. Auch fehlen abgestimmte und anerkannte Konzepte für eine methodische, fachliche oder pädagogische Lehrerfortbildung. 50 Vgl. UN 2003: Youth in BiH 2003: Are you part of the problem or part of the solution? S. 15 ff 33 Jugendarbeit in Bosnien und Herzegowina 3.4.2 Erfahrungen Im Bereich Berufsförderung und Berufsbildung engagieren sich einige der deutschen Organisationen: die deutsche Caritas/AGEF, IPAK in der ostbosnischen Gemeinde Križevići, die GTZ, um nur einige zu nennen. Wenn man den Bereich Internetkurse, Trainings in Projektmanagement oder Moderation dazunimmt, sind fast alle Jugendorganisationen mehr oder weniger in diesem Sektor aktiv. Die deutsche Caritas und die AGEF haben zum Beispiel im Rahmen des Projektes „Der Jugend eine Chance“ in Berufspädagogischen Zentren innerhalb der Jugendzentren Banja Luka, Presnace, Prijedor und Kotor Varoš insgesamt über 400 Jugendliche in die Lage versetzt, arbeits- und berufspädagogische Arbeit zu leisten. Weiterhin wurden Workshops für die Arbeitsverwaltungen in Tuzla, Sarajevo, Banja Luka und Mostar organisiert. Über eine Bewerberdatenbank sowie durch Investitions- und Lohnkostenzuschüsse konnten Arbeitsplätze für Rückkehrer aus Deutschland geschaffen werden. Existenzgründungstrainings überwiegend für Rückkehrer haben dieser Zielgruppe bei der Kreditbeantragung, bei Businessplänen und dem Start in die eigene Selbstständigkeit unterstützt. Für Jugendliche wurden gezielte Weiterbildungen über einen Zeitraum von 6 bis 7 Monaten angeboten. Vom Bereich Landwirtschaft, Landwirtschaftsmaschinen und -technik über Bauhauptgewerbe, Baunebengewerbe, Technisches Zeichnen bis hin zu Büroadministration und Bürokommunikation wurden Praktika in ausgewählten Betrieben angeboten. Außerdem wurden Praktika im Bereich Holzverarbeitung, Schreinerei, Druckerei, Textilverarbeitung, Kochen und Alten- und Krankenpflege durchgeführt. Nach den Praktika konnte ein großer Teil der Jugendlichen durch gezielte Maßnahmen bei der Arbeitssuche unterstützt oder über spezielle Förderprogramme vermittelt werden. 34 Durch Infrastrukturhilfen zugunsten der Schulen und anderer Bildungseinrichtungen konnte auch Jugendlichen außerhalb des Programms geholfen werden. Als zentral für das Gelingen der durchgeführten Projekte wurde u.a. die sorgfältige Auswahl der Praktikumsstellen die ständige Betreuung durch Jugendsozialarbeiter Motivation und Selbstbewusstsein durch Auswahl für den Kurs, bestandene Tests und deutsches Zertifikat genannt. Auch wird angegeben, dass die „deutsche Trägerschaft“ der Kurse eine erhebliche Rolle gespielt hat. Die GTZ ist seit 2004 ebenfalls im Ausbildungsbereich aktiv. Basierend auf Sektorenanalysen at sie die Schwerpunktbereiche Holzverarbeitung, Metalltechnik und Elektrotechnik ausgewählt. Das Wirtschaftsförderungsprogramm der GTZ arbeitet in den Branchen Holz- und Möbel, Metallverarbeitung, Automobilzulieferindustrie, Textil und Schuhe sowie Tourismus. Im Rahmen dieses Programms wurden Existenzgründungsseminare durchgeführt und ein eigener Verband entwickelt. Das GTZ Berufsbildungsprojekt unterstützt die Bildungsministerien in BiH bei der Umsetzung der Berufsbildungsreform. Ziel des Projektes ist es, die Beschäftigungsfähigkeit der Absolventen/ innen staatlicher Berufsmittelschulen zu erhöhen. Der Schwerpunkt des Ansatzes liegt dabei auf Wirtschaftsorientierung, und der Beteiligung der Wirtschaft. Die Durchführung erfolgt im Rahmen einer multiplen Trägerstruktur gemeinsam mit den zuständigen Bildungsministerien, ausgewählten Berufsmittelschulen und Unternehmen sowie Unternehmerorganisationen. Zu den Projektmaßnahmen zählen z.B.: • Neuentwicklung oder Modernisierung von Lehrplänen (Curricula), arbeitsprozess- und kompetenzorientiert • Training von Lehrpersonal in modernen Unterrichtsmethoden, sowie in Jugendarbeit in Bosnien und Herzegowina fachlichem know-how, Verzahnung von Theorie und Praxis - Handlungsorient Umsetzung von Konzepten und Methoden zur Verbesserung der Berufsausbildung, -Qualitätsmanagement Zertifikate sowohl bei Teilnehmern als auch beispielsweise bei Arbeitgebern. Durch die Etablierung von Berufsbildungsdialogen, in denen Vertreter von Staat und verfasster Wirtschaft gemeinsam an der Gestaltung betriebsnaher und wirtschaftsorientierter Berufsbildung arbeiten, sollen die Ergebnisse und Erkenntnisse auf mehreren Ebenen einwirken. Bisher sind ausgewählte Berufsmittelschulen aus Banja Luka, Gradiška, Bijeljina, Živinice, Stolac und Livno im Projekt beteiligt. Bei allen Projektmaßnahmen wird auf einen entitätsübergreifende Herangehensweise geachtet. ⇒ Entwicklung von Modellen für die Arbeitsbeschaffung. Ziel: in diesem zentralen Bereich müssen gemeinsame Anstrengungen aller Akteure gebündelt werden und den Jugendlichen Perspektiven aufgezeigt werden. Die Konzepte der verschiedenen Ausbildungs-, Weiterbildungs- und Praktikaprogramme sind nur wenig koordiniert. Absprachen mit lokalen Ausbildungsanbietern oder mit pädagogischen Einrichtungen existieren längst nicht bei allen Projekten, wobei hier eine Verbesserung bereits zu erkennen ist. Eine landesweit anerkannte Zertifizierung von Praktika oder Weiterbildungen und Ausbildungen existiert in der Regel nicht. Viele der Organisationen machen es sich bei der Ausstellung von Teilnahmebestätigungen relativ leicht. Da dies für alle Internationalen Anbieter in diesem Feld zutrifft verlieren diese Bestätigungen, Zertifikate, Urkunden etc massiv an Wert und an Relevanz. Eine Zertifizierung durch einen qualitätsgeprüften Träger würde hier gute Dienste tun. Die Weiterbildungskurse des IIZZ DVV51 sind durch die Weiterbildung Test Systeme Frankfurt (WBT) im Bereich Sprache und durch Xpert Business Skills resp.Telc im Bereich Management und Computer zertifiziert. Diese anerkannten Zertifizierung garantieren ein einheitlich hohes Niveau der Kurse und damit eine Akzeptanz der ⇒ Unterstützung von potentiellen Jungunternehmern. Förderung von Unternehmergeist und Vermittlung von betriebswirtschaftlichen Grundkenntnissen. Ziel: Förderung von Eigeninitiative und Schaffung von positiven Beispielen. 51 Institut für Internationale Zusammenarbeit des Deutschen Volkshochschulverbandes 52 Vgl. Europäische Kommission (2002) Weißbuch S. 88 • 3.4.3 Empfehlungen ⇒ Beratung für Berufseinsteiger und Hilfe bei der Arbeitssuche u.U Kopplung von Jobcentern an die Arbeitsämter Ziel: Jugendliche unmittelbar nach ihrer Schulzeit nicht alleine lassen, sondern sie entsprechend ihrer Eignung weiterfördern. ⇒ Vermittlung grundlegender betriebswirtschaftlicher Kenntnisse und unternehmerische Initiativen u.a. an Schulen und Hochschulen52 ⇒ Entwicklung und Verbreitung von Ideen für Existenzgründer. Bedarfsanalysen und Hilfe bei der Projektauswahl. ⇒ Verbindung von beruflicher Förderung mit politischer Bildung ⇒ Konzepte für eine methodische, fachliche und pädagogische Lehrerfortbildung an berufsbildenden Schulen. ⇒ Gründungsdarlehen, Mikrokreditlinie speziell für die Zielgruppe junge Berufseinsteiger mit gezielter Förderung und zielgruppenspezifischer Beratung sowie Monitoring (ähnliches gibt es für inhaltliche Bereiche – z.B. spezielle 35 Jugendarbeit in Bosnien und Herzegowina Förderung im Bereich Landwirtschaft, oder Büro- und Verwaltungstätigkeiten) ⇒ Kleinprojektförderung durch Kredite und Zuschüsse für Projekte unter 2 . 500,-€ (Die meisten Förderlinien setzen erst bei rund 2 500,- € an, was für junge Berufseinsteiger oft ein zu großes Risiko darstellt) ⇒ Gezielte Förderung von Ausbildungsberufen für Mädchen und Junge Frauen ⇒ Förderung genossenschaftlicher Arbeitsansätze (gemeinsame Nutzung von Maschinen, gemeinsamer Vertrieb etc.) ⇒ Förderung einer infrastrukturellen Grundausstattung (gebrauchte Maschinen, evtl. Partnerschaften mit deutschen Organisationen). Mittlerweile sind Strukturen vorhanden, die diese Hilfe aufnehmen können. ⇒ Entwicklung von Ausbildungsstandards Ziel: Schaffung anerkannter Ausbildungen für ganz BuH oder noch besser angelehnt an EU Standards. ⇒ Zertifizierung von Aus- und Weiterbildungsangeboten. Idealerweise eine Anerkennung durch bosnische Strukturen. (Ministerium, pädagogisches Institut, Wirtschaftskammer, Arbeitsamt, 36 oder das in Entstehung begriffene Bildungsinstitut -vormals Center for Standards and assessments- etc.). ⇒ Erstellung von Unterrichtsmaterial und Sammlung bisher erstellter Materialien (HBS, Caritas, GTZ, UNDP u.a.) Abb: Jugendzentrum Dom Mladih in Trebinje Inhaltliche Schwerpunktbereiche Wirtschaft Von den meisten Organisationen werden die folgenden Bereiche für die Berufsausbildung bevorzugt: ⇒ Holzverarbeitung ⇒ Elektro ⇒ Metallverarbeitung ⇒ Landwirtschaft ⇒ Textil ⇒ Büro- und Verwaltungsarbeit (bzw. Angebote gezielt für Frauen) ⇒ Tourismus (hier allerdings mit Einschränkungen aufgrund der Minenproblematik und nur punktuell vorhandener Infrastruktur sowie der großen Konkurrenz durch die Nachbarländer) Jugendarbeit in Bosnien und Herzegowina 3.5 Zivilgesellschaft / Außerschulische, politische Bildung Da Jugendliche traditionell nicht als aktive Teilnehmer in der Gesellschaft wahrgenommen werden und gleichzeitig sehr massiv von den sozial-politischen Resultaten der Transformationsprozesse in der Region betroffen sind, müssen sie eine neue aktive Rolle in der Politik und der Gesellschaft bekommen und bei der Entwicklung des eigenen Potentials unterstützt werden. Politische Bildung ist dabei ein wichtiges Instrument, um Jugendliche auf die notwendigen gesellschaftlichen Veränderungen vorzubereiten, Werte der Demokratie zu vermitteln und die eigene Rolle in der Gesellschaft zu stärken. 3.5.1 Zivilgesellschaft Der ursprünglich vom italienischen Theoretiker Antonio Gramsci entwickelte Begriff der Zivilgesellschaft bezeichnet die Gesamtheit aller nichtstaatlichen Organisationen, die auf den „Alltagsverstand und die öffentliche Meinung“ Einfluss haben. Heute wird mit diesem Begriff meist die Gesamtheit des Engagements der Bürger eines Landes jenseits von staatlichen Entscheidungsprozessen bezeichnet. Dazu gehören alle Aktivitäten, die nicht profitorientiert und unabhängig von parteipolitischen Interessen sind. Die Institutionen der Zivilgesellschaft sind demokratisch strukturiert. Verschiedene Politikwissenschaftler beschreiben die Zivilgesellschaft als Komponente, die neben dem Staat und den Kräften des Marktes notwendig ist, um eine ideale pluralistische Gesellschaft von engagierten Bürgern zu schaffen. In der Geschichte Jugoslawiens wie in den meisten anderen Ländern Ost- und Südosteuropas wurde das zivilgesellschaftliche Engagement außerhalb der Einflusssphäre des Staates nicht gefördert und teilweise sogar massiv unterbunden. In der Nachkriegszeit förderte die IG, die zum Teil vertraglich verpflichtet war, mit lokalen Organisationen zu kooperieren, in massiver Art und Weise den Aufbau zivilgesellschaftlicher Organisationen. Im Zuge dessen ließen sich zeitweise über 10 000 lokale Nichtregierungsorganisationen (NROs) in BuH registrieren. Für viele von ihnen bot sich vor allem die Möglichkeit eine bezahlte Stelle oder zumindest ein Projekt zu bekommen. Häufig war die inhaltliche Ausrichtung Nebensache und wurde je nach Funding Line auch gerne verändert. In nicht unerheblichem Maße wurden Gelder veruntreut und für private Belange ausgegeben. An dieser Entwicklung hat die IG eine gehörige Mitverantwortung, hat sie doch durch fehlende Absprachen, fehlende Kenntnisse der lokalen Situation und fehlendes Monitoring diese Entwicklung teilweise sogar ungewollt gefördert. Gleichwohl soll daraus kein Generalverdacht abgeleitet werden. Viele Organisationen arbeiten hervorragend und die Tatsache, dass mit einer lokalen Stelle in einer NRO der Lebensunterhalt gesichert werden kann, ist weder verwerflich noch lässt er Schlüsse auf die Qualität der Arbeit zu. Außerdem soll auch an dieser Stelle ausdrücklich betont werden, daß in der Zusammenarbeit mit lokalen Organisationen und der Förderung lokaler Projekte und Strukturen einer der zentralen Schlüssel für den Aufbau einer funktionierenden Zivilgesellschaft gesehen wird. Aber es hat nach dem Krieg einige Jahre gedauert, um ein gewisses Fundament an Strukturen zu schaffen und die Förderpolitik der IG hat in einer Anfangsphase vielfach zu schnell und zu unkontrolliert Gelder an unerfahrene NGOs vergeben. 3.5.2 Präventive Arbeit Bei der Konzentration auf schulische Belange und den Anstrengungen im ökonomischen Bereich dürfen die kulturellen Präventionsmechanismen nicht außer Acht gelassen werden. „Eine kulturelle Krisenprävention allein erscheint unrealistisch, 37 Jugendarbeit in Bosnien und Herzegowina doch sie muss mitentwickelt werden, wenn wirtschaftliche, soziale, militärische und auch kulturelle Faktoren international zusammengeführt werden“53 Es muss endlich mit aller Sensibilität auf warnende Stimmen aus der jeweiligen Region gehört werden, wenn es langfristig zu einer funktionierenden Krisenprävention kommen soll, die auf unterschiedlichen Wahrnehmungsmechanismen basieren. Ethnische Zuordnungen entwickeln sich früh. Sobald sich positive oder negative Vorurteile gebildet haben, haben sie die Tendenz, sich mit der Zeit zu verstärken. Erfahrungen der frühen Sozialisation sind aus diesem Grund mitentscheidend für die Bildung einer ethnischen Einstellung. Auch wenn das Hochschulwesen oder die Berufsausbildung modernen und liberalen Anforderungen genügen würden, reicht das nicht aus. Wenn die Studenten aus einem dogmatischen und politisierten Schulsystem in ein liberales System wechseln, sind die Grundlagen ihrer politischen Entwicklung bereits gelegt und unter Umständen bereits gefestigt.54 3.5.3 Demokratie Demokratie ist mehr als eine Regierungsform und ein politisches System, das darauf basiert, dass der Staatsbürger zur Wahl geht. Sie muss als eine Lebensform verstanden werden, die nur dann sinnvoll wird, wenn aktiver Gebrauch von bestimmten politischen Freiheitsrechten gemacht wird und wenn die Bürger bewusst und aktiv an der Entwicklung dieser Rechte und Pflichten mitarbeiten. „Die Bereitschaft von Bürgern sich zu engagieren, zur Freiwilligenarbeit und zum Gemeinschaftssinn hängt direkt mit der demokratischen Stabilität zusammen.“55 Aber ohne ein Mindestmaß an politischer Bildung ist Demokratie nicht denkbar.56 Demokratie muss regelrecht gelernt werden und stellt sich insbesondere in einem komplizierten Staatsgebilde wie Bosnien und Herzegowina nicht von alleine ein. Jugendliche müssen mit Wissen, Fähigkeiten und Kompetenzen ausgestattet werden, die für eine aktive Beteiligung in der bosnischen Gesellschaft erforderlich sind. Eine demokratische Erziehung muss Gelegenheiten bieten für Dialog und Diskurs, Konfliktlösung und Konsens, Kommunikation und Interaktion und muss ein Bewusstsein für Rechte und Pflichten sowie für Verhaltensnormen und Werte, für ethische und moralische Fragen innerhalb der Gesellschaft schaffen. Dabei muss sowohl die kognitive Dimension (Wissenserwerb über Ideen, Konzepte, System), die soziale Dimension (die Fähigkeit Demokratie in verschiedenartigen Formen und Lebensgebieten zu erkennen und auszuüben, z.B. in der Schule oder der Ausbildung) und die affektive Dimension (Erkennen und Verinnerlichen von Werten) berücksichtigt werden.57 Für viele Jugendliche in BiH ist Politik ein Schimpfwort: Der überwiegende Anteil der für diese Untersuchung befragten jungen Erwachsenen gab an, bei der letzten Wahl nicht gewählt zu haben. Hauptgrund für den Wahlboykott war das fehlende Vertrauen in die bestehenden Parteien. Unklare Politikkonzepte, teilweise fragwürdige Kandidaten und die zwangsweise ethnische Zuordnung waren für viele der Grund, der Wahl fern zu bleiben. Auch die unklare politische Situation mit dem OHR an der Spitze des politischen Systems macht für viele der befragten Jugendlichen die Wahl uninteressant. Letztere wird zwar meist als wichtig, aber auch als undurchschaubar angesehen und bietet keine Motivation für ein politisches Engagement.58 Breit, Schiele 2004, S. 3 Vgl. Dürr u.a. (2004) S. 12 58 Zum Beispiel ist es (August 2005) nach wie vor unklar, ob und in welcher Form der OHR nach der Jahreswende weiter in BuH präsent sein wird. Frank Hofmann berichtet in der taz vom22.8.2005 auf S. 9: Nach Angaben aus Diplomatenkreisen in Bosniens Hauptstadt Sarajevo sollen diese Woche zahlreiche 56 57 Koschnik 2001: S. 86. Vgl. Kenneth D. Bush; Diana Saltarelli „The Two Faces of Education in Ethnic Conflict“ UNICEF 2000. übernommen von Valery Perry 2003: S. 5 55 Dürr u.a. 2004. S. 11 53 54 38 Jugendarbeit in Bosnien und Herzegowina Bosnien und Herzegowina ist genauso wie Serbien Montenegro und Kroatien an der „Education for Democratic Citizenship“ beteiligt. Dieses Programm hat der Europarat 1997 entwickelt59. Es zielt ab auf die Stärkung der demokratischen Entwicklung in den Ländern durch die Stärkung von demokratischen Werten in der Ausbildung. Education for Democratic Citizenship (EDC) ist ein Ansatz, um Schülern, Jugendlichen und Erwachsenen das Wissen und die Kompetenzen zu vermitteln, „die sie befähigen, aktiv und verantwortungsvoll am Entscheidungsbildungsprozess in ihren Gemeinschaften mitzuwirken, zu ihrem eigenen Wohl und zum Wohl der Gesellschaft als Ganzes.“60 Bildungsaktivitäten – u.a. zu den Themenbereichen Menschenrechte, Demokratie, Entwicklung und Frieden – sollen Menschen auf eine informierte, aktive und verantwortungsbewusste Partizipation in einer Demokratie vorbereiten, die auf der Achtung der universalen Menschenrechte, der Gleichheit, Gerechtigkeit und des Pluralismus beruht. Es geht nicht darum, junge Menschen zu loyalen Bürgern zu erziehen, sondern ihnen zur Mündigkeit zu verhelfen und einen offenen Blick für soziale Marginalisierung und Ungerechtigkeiten zu schulen. Die Organisation D@dalos arbeitet seit Mitte 1997 in Südosteuropa. Neben anderen Arbeitsbereichen stellt sie über eine Internet gestützte Datenbank Lehrern und anderen Multiplikatoren in Südosteuropa eine riesige Auswahl an Informationen zu den Themengebieten Demokratieerziehung, Menschenrechte und Zivilgesellschaft in den jeweiligen Landessprachen zur Verfügung. Die Materialien können sowohl online (ca internationale und nationale Beschäftigte informiert werden, dass ihre Ende 2005 ablaufenden Verträge nicht verlängert werden. Ein Sprecher Ashdowns wollte den Schritt nicht bestätigen: "Wir kommentieren keine Fragen zu unserer Struktur", sagt Mario Brkic. (….)Auf dem internationalen Parkett wird über eine Fortführung des BosnienEngagements der internationalen Gemeinschaft verhandelt. 59 mehr auf: http://www.coe.int/T/E/Cultural_Cooperation/education/E.D.C/ 60 Dürr u.a. (2004) S. 13 150 000 Besucher monatlich) als auch offline über eine CD ROM abgerufen werden und kostenlos weiterbenutzt werden. Weit über 2000 Lehrer und Lehrerinnen wurden bereits in die Nutzung dieser Datenbank eingeführt und ein regionsweites Netzwerk etabliert. Weiterhin werden in Kooperation mit der deutschen Partnerorganisation AGORA Trainings für Multiplikatoren in der politischen Bildung angeboten. Über mehrere Trainingsmodule werden Trainer aus der ganzen Region Südosteuropa sowohl didaktisch als auch inhaltlich in der politischen Bildungsarbeit weiter gebildet. Die meisten Programme in Bosnien und Herzegowina berücksichtigen mehr oder weniger bewusst diese Dimension. Sie zielen auf die Ausbildung von Multiplikatoren, Aufbau und Arbeit von Schülervertretungen, Förderung von Jugendmedien, Arbeit mit Jungen Politikern etc. Die kognitive Dimension steht in der Regel im Vordergrund der Bemühungen, eine systematische Herangehensweise findet nicht statt, und der Austausch der jeweiligen Akteure untereinander fehlt ebenso. Schüler Helfen Leben hat sich seit 1999 stark auf die Bereich Schülervertretung und Jugendmedien konzentriert. Eine der Hauptmotivationen für den Bereich Schülervertretung war die Überzeugung, das Schülervertretungen ein wichtiges Lernfeld bieten, sich bereits in der Schule aktiv mit Demokratie zu beschäftigen. Es reicht nicht einen Klassensprecher zu wählen, sondern SV heißt: sich für Themen einsetzen, diese aktiv in die Schulpolitik einbringen und vertreten. Folgerichtig sind Einheiten über Menschenrechte und Demokratie integrale Bestandteile der SHL Arbeit im Bereich Schülervertretung. Die Programme der verschiedenen Organisationen finden in der Regel unkoordiniert voneinander statt, dabei würde es in vielen Situationen Sinn machen, komplementäre Angebote anzubieten, interessierte Teilnehmer weiter zu vermitteln etc. 39 Jugendarbeit in Bosnien und Herzegowina Neben anderen haben sich die politischen Stiftungen gezielt der Förderung von jungen Multiplikatoren verpflichtet. Insbesondere mit Nachwuchspolitikern werden intensive Weiterbildungen und Trainings durchgeführt. Der Sonderfall EUFOR Fast unbeachtet von den Organisationen der Jugendarbeit und kaum vernetzt mit der Jugendarbeit in BuH erstellt die deutsche EUFOR und früher die SFOR im Lager Butmir die größte Jugendzeitschrift auf dem Balkan. In Vierfarbendruck und mit einer Auflage von über 150 000 Exemplaren wurde zehnmal jährlich die Zeitschrift Mirko herausgegeben. Mirko berichtete über große Jugendveranstaltungen im Land, aber vor allem auch über internationale Jugendthemen von Britney Spears über Formel 1 bis zum neusten Mobiltelefon. Die Zeitschrift wurde in lokaler Sprache in kyrillischer und lateinischer Schrift sowie in einer kleinen Anzahl auch in deutsch und in englisch publiziert und überwiegend an Schulen verteilt. Neben dem zivilen Aspekt, der Themensetzung im Bereich Minenbewusstsein, Toleranz und Versöhnung, war es ein Anlegen der Zeitschrift, die ausländischen Truppen im Land besser zu positionieren. Die zu ihrer Zeit größte Jugendzeitschrift der Region wurde Ende 2005 ersatzlos gestrichen. 3.5.4 Empfehlungen ⇒ Förderung von Programmen politischen Bildung ⇒ Unterstützung von Strukturen Selbstorganisation ⇒ Unterstützung und Förderung Jugendzentren ⇒ Unterstützung von Jugendmedien ⇒ Förderung von jungen Politikern Multiplikatoren ⇒ Weiterbildung von Lehrern Multiplikatoren der Jugendbildung der der von und und 3.6 Freizeit: Sport, Kultur 3.6.1 Freizeit ist ein zentraler Aspekt jugendlichen Lebens. Jugendliche ihre Interessen vor allem in ihrer Freizeit aus.61 Eine qualitativ hochwertige Freizeitgestaltung ist darum essentiell für eine gute und gesunde Entwicklung eines jungen Menschen. Im Gegenzug kann eine ungenügend befriedigende Freizeitgestaltung auch dazu führen, dass sich die jungen Menschen mit destruktiven Formen der Freizeitgestaltung auseinandersetzen. Neben der Schule bietet die Freizeit eine Möglichkeit sich sportlich oder kulturell zu betätigen und soziale Fähigkeiten zu erlernen. Die Möglichkeiten für eine angeleitete positive Freizeitgestaltung in BuH sind extrem gering. Dazu kommt, dass viele Jugendliche auch nicht proaktiv ihre Freizeit selbst in die Hand nehmen bzw. eigene Ideen entwickeln. Schaufensterbummel, Einkaufen, Freunde treffen, Kaffee trinken werden am häufigsten als Freizeitaktivitäten von Jugendlichen genannt, die in den Städten wohnen. Auf dem Land reduziert sich der Freizeitbereich oft auf Fernsehen und falls möglich Café-Besuche. Freizeiteinrichtungen wie Sportvereine, Kultureinrichtungen (Theater, Kinos), Jugendzentren etc. existieren fast ausnahmslos in den großen Städten und selbst hier in der Regel nicht in ausreichender Zahl. Mittelgroße Städte wie Zvornik, Foča, Livno oder Goražde verfügen praktisch über keine nennenswerten Jugendeinrichtungen. Wenn es einzelne Einrichtungen gibt wie z.B. das Dom Mladih in Trebinje oder das COD in Jajce sind diese normalerweise weder mit Material noch mit Infrastruktur ausreichend ausgestattet. Die vor dem Krieg verbreiteten Häuser der Jugend (Dom Mladih) und Häuser der Kultur (Dom Kultura) haben nur in wenigen Fällen wieder ihre alte Funktion übernommen und werden 61 40 Freizeitmöglichkeiten in BuH Deutsche Shell (Hrsg.) 2002: Jugend 2002, S. 76 Jugendarbeit in Bosnien und Herzegowina meist wenn überhaupt nur sporadisch genutzt. Am ehesten noch sind Internetcafés oder normale Cafés zu zentralen Treffpunkten der Jugendlichen geworden. Die freie Zeit wird von vielen vor dem elterlichen Fernseher verbracht. Dem fehlenden Antrieb der Jugendlichen (der psychologisch durchaus zu erklären ist) wird viel beklagt, aber es wird kaum gegengesteuert. Die vorhandene Frustration und latente Depression oder gar Apathie wird durch das fehlende Freizeitangebot eher verstärkt. Die Gemeinden nehmen dieses Problem nicht ernst. Nur in seltenen Fällen stellen sich die lokalen Autoritäten von sich aus dieser Problematik. Bei ausreichendem Druck von Initiativen und Jugendgruppen kommt es aber immer mehr dazu, dass in einem erstem Schritt zumindest Räume kostenlos oder günstig zur Verfügung gestellt werden. (Dom Mladih Fojnica, COD Jajce u.a.). Viele Jugendzentren oder Begegnungsräume, die nach dem Krieg von der Internationalen Gemeinschaft gestartet wurden, mussten aufgrund der fehlenden Finanzierung wieder schließen oder sich massiv verkleinern. Projekte, die mit viel Anfangskapital und zum Teil hohen Mieten ins Leben gerufen wurden, haben es nicht geschafft, sich eigenständig weiter zu entwickeln. Wiederum andere Projekte, die mit international bezahltem Personal gestartet wurden, mussten radikal eingeschränkt werden, nachdem die Finanzierung aus dem Ausland ausblieb. Bei den wenigsten Projekten wurde von Anfang an auf eine lokale Anbindung gedrängt. Zum Teil hängt das mit den in vielen Fällen extrem unkooperativen Behörden zusammen, zum Teil liegt hier aber auch ein klares Versäumnis von Seiten der IG vor. Erwartungen, die bei den Jugendlichen geweckt wurden konnten so nicht erfüllt werden. Der Mangel an Jugendeinrichtungen führt unter anderem dazu, dass die Jugendlichen ein einfaches Ziel für extreme Gruppen werden (religiöse und politische Gruppen), die in manchen Städten als Einzige den Jugendlichen eine Anlaufstelle bieten. Sport Sportangebote sind ebenfalls dünn gesät in BuH. Obwohl ein großes Interesse am Leistungssport (v.a. Basketball und Fußball) vorhanden ist, fristen auch Sportvereine eher ein Schattendasein. Unzureichende Sportstätten, insbesondere fehlende Sporthallen oder schlecht ausgestattete Schwimmbäder und Schulsporthallen bestimmen das Bild. Wie in allen anderen Bereich betrifft dies in extremer Weise die ländlichen Regionen, wo es praktisch kein Sportangebot gibt. Kultur Häufig wird eine „Provinzialisierung“ der Stadt bemängelt. Durch den Wegzug eines beträchtlichen Teils der Bevölkerung ins Ausland bzw. der internen Migration hat die Kulturszene in den größeren Städten extrem gelitten. Ein eigenständiges Kulturleben findet nur noch selten statt und ist nur noch ein Abklatsch früherer Tage. Die Kulturhäuser (Dom Kultura), wenn überhaupt noch vorhanden, werden nur spärlich genutzt. Theaterprogramme und entsprechend auch Theatergruppen, Tanz etc. werden nur in Banja Luka, Sarajevo, Mostar und bedingt in Tuzla regelmäßig angeboten und auch das nur in bescheidenem Ausmaß. Abb: Filmfest Sarajevo –Eingang Nationaltheater Die wenigen Kinos spielen überwiegend Blockbuster. Anspruchsvollere internationale Filme sind außer beim Sarajevo Filmfest, dem Kurzfilmfestival in Mostar und bei seltenen Spezialveranstaltungen der IG in Banja Luka, Mostar oder Sarajevo kaum zu sehen. Dabei darf aber auch nicht übersehen werden, das gelegentliche Festivals wie das 41 Jugendarbeit in Bosnien und Herzegowina Jazzfest, Theaterfest, Filmfest u.a. vor allem in Sarajevo hochrangige Akzente setzen. Aber die Konzentration auf die Hauptstadt, die zu einem großen Teil auch der IG zu verdanken ist und von dieser in großem Maße genutzt wird, reicht bei weitem nicht aus. Es gibt nur wenige Musikschulen und privater Musikunterricht ist für einen großen Teil der Bevölkerung nicht bezahlbar. Ganz schlecht sieht die Situation in den ländlichen Regionen aus, wo praktisch überhaupt kein kulturelles Angebot besteht. Projekte wie der Mobile Kultur Container, der jetzt in Mostar seine permanente Bleibe gefunden hat, sind die Ausnahme und auch nur temporär. Das von Freimut Duve (OSZE Beauftragter für die Freiheit der Medien) initiierte Projekt mobile.culture.container bereiste mit insgesamt 16 Containern 2001 und 2002 verschiedene Städte in Bosnien und Herzegowina, Kroatien und dem damaligen Jugoslawien. Die Container blieben für jeweils fünf Wochen in den Städten und boten den Jugendlichen vor Ort ein abwechslungsreiches Angebot. Leider war auch dieses Projekt nicht nachhaltig in einer Form, dass es zu einer ständigen Einrichtung wurde, aber der Ansatz, abseits der großen Städte ein qualitativ hochwertiges Kultur und Freizeitangebot anzubieten, ist unbedingt unterstützenswert. Das in Sarajevo ansässige Goethe Institut möchte im Bereich Kultur gezielt auch junge Leute ansprechen. Das Angebot reicht von der Unterstützung von Jugendprojekten oder der gezielten Förderung von qualitativ hochwertiger lokaler Musik als Gegenpol zum häufig nationalistischen Turbo Folk zu Imagekampagnen für Bosnien Herzegowina. Das Goethe Institut bemängelt wie viele andere der untersuchten Organisationsvertreter das fehlende Engagement junger Menschen und die Schwierigkeit entsprechendes Zielpublikum zu den Veranstaltungen zu bekommen. Deshalb konzentriert 42 es sich im Kulturbereich gezielt auf gesellschaftliche Eliten und will damit potentielle Multiplikatoren erreichen und Themen anregen. Über Medienkampagnen wird versucht eine breite Öffentlichkeit zu erreichen. Kulturelle Großveranstaltungen In den letzten Jahren sind unabhängig von der Internationalen Gemeinschaft verstärkt große Events durchgeführt worden, die auf das ganze Land ausgestrahlt haben. Die Rolle von großen Musikveranstaltungen in Bosnien insb. die Konzerte von Dino Merlin (Burek Konzert in Sarajevo 2004) mit mehr als 50 000 Besuchern oder Bijelo Dugme (Revivial Tournee 2005 in Sarajevo, Zagreb und Belgrad) mit gesamt weit über 300 000 Besuchern zogen Fans aus allen Bevölkerungsgruppen und aus der ganzen Region an, die unabhängig von ihrer kulturellen und regionalen Herkunft zusammen gefeiert haben. Dies zeigte, was für ein gutes Medium Kulturveranstaltungen im Bereich Versöhnung sein können. Auch Sportveranstaltungen können diese Funktion übernehmen. Im Gegenstück zu den Sportveranstaltungen wie z.B. den Fußballländerspielen zwischen Bosnien Herzegowina und Serbien Montenegro, bei denen es immer wieder zu gewalttätigen Auseinandersetzungen kommt, hatte zum Beispiel das Fußballqualifikationsspiel gegen Dänemark um die letztlich verpasste Teilnahme an der Europameisterschaft ein enorm verbindendes Moment. Nicht nur kamen Fans aus dem ganzen Land und aus ganz Europa zum Spiel zusammen nach Sarajevo, auch das eigens komponierte Lied Haj'mo Bosno i Hercegovino62 wurde zur inoffiziellen Nationalhymne des ganzen Landes. Gleiches gilt für den Oscar von Danis Tanović für Nićija Zemlja (No man`s land) der das ganze Land auf eine besondere Art miteinander verbunden hat. Diese Beispiele zeigen, was für ein Potential sich hinter Kultur- und Sportveranstaltungen versteckt. Ein Potential, das durchaus auch in kleinerem Rahmen genutzt werden kann. 62 MP3 Version des Liedes unter: http://www.sarajevo-x.com/mp3/hajdebosno.mp3 Jugendarbeit in Bosnien und Herzegowina Das von Viakult veranstaltete Kid´s Festival ist die größte Einzelveranstaltung in Bosnien und Herzegowina, die explizit Kinder und Jugendliche anspricht. 2005 zum zweiten Mal veranstaltet erreicht Viakult innerhalb einer Woche rund 30 000 junge Menschen (überwiegend Kinder). Mit der klaren Zielsetzung Versöhnung und Vertrauensbildung der Nachkriegsgeneration werden Kinder und Begleitpersonen aus allen Landesteilen nach Sarajevo eingeladen. Durch einen gemeinsamen Erlebnisraum sollen konkrete Berührungspunkte und gemeinsame Erinnerungen geschaffen und Vorurteile abgebaut werden. (Über die Zielgruppe Kinder sollen auch die Begleitpersonen, Lehrer, Pädagogen, Polizei erreicht werden). Über gratis Kinderzüge und Busse wird auch Kindern aus abgelegenen Orten die Möglichkeit gegeben einmal nach Sarajevo zu kommen. Das Kid’s Festival bietet eine Vielzahl von Aktivitäten, Workshops und Rahmenveranstaltungen. Über Kooperation mit Regierungs- und Nichtregierungsorganisationen werden inhaltliche Schwerpunkte wie z.B. Menschenrechtserziehung kindgerecht dem jungen Publikum nahe gebracht. 3.6.2 Empfehlungen ⇒ Förderung und Erhalt bestehender Jugendeinrichtungen sowie Aufbau und Etablierung neuer Jugendeinrichtungen (mit local Ownership und in enger Zusammenarbeit mit den lokalen Behörden) ⇒ Aus- und Weiterbildung von Jugendarbeitern (in Absprache mit lokalen Ausbildungsinstitutionen, falls vorhanden) Ziel: Schaffung eines staatlich anerkannten Berufsbildes ⇒ Förderung von langfristigen dezentralen Angeboten (mobile Projekte). Spielmobil, fahrbare Bibliotheken etc. Ziel: dezentrales Jugendangebot und Möglichkeiten Jugendliche auf dem Land gezielt anzusprechen und zu fördern. ⇒ Förderung von jungen Trainern (Peer Ansatz) und Jugendprogrammen ⇒ Austausch mit internationalen Jugendgruppen ⇒ Förderung von Kulturaustauschprogrammen. Evtl. Aufbau von Organisationen analog zum DeutschFranzösischen Jugendwerk. ⇒ Austausch mit Jugendgruppen und gemeinsame Projekte mit Jugendlichen aus den Nachbarländern. ⇒ Förderung und Aufbau von Sport- und Freizeitangeboten auf dem Land (langfristige Angebote). 3.7 Gesundheit: Ernährung, HIV/Aids, Drogen Das Thema Gesundheit umfasst ein breites Spektrum an Themen von Ernährung und Hygiene über den Umgang mit Empfängnisverhütung, Prävention von Geschlechtskrankheiten (insbesondere HIV/Aids), Umgang mit Suchtmitteln bis hin zu psychischen Krankheiten. Die Zuständigkeit für den Bereich Gesundheit ist ähnlich wie bei der Bildung auf 14 Ministerien verteilt. An erster Stelle steht das Ministerium in Banja Luka für die RS und die Ministerien auf Kantonalebene in der FBuH. Das führt dazu, dass auch in diesem Bereich nicht von einer einheitlichen Qualität im ganzen Land gesprochen werden kann. Die Versorgung unterliegt einem starken StadtLand-Gefälle, insbesondere qualifizierte Ärzte sind im ländlichen Bereich kaum zu finden.63 Zudem sind grundlegende Hygienestandards wie zum Beispiel der Zugang zu sauberem Trinkwasser und sauberen Hygieneeinrichtungen (Bäder, Toiletten) ist noch lange nicht im ganzen Land gewährleistet. Noch 2003 waren nur 63 UNDP 2003: Millenium Goals, S. 61ff 43 Jugendarbeit in Bosnien und Herzegowina rund 50 % der Haushalte an ein Abwassersystem angeschlossen.64 Die Perspektivlosigkeit vieler Jugendlicher, die Unzufriedenheit mit ihrer Lebenssituation, Probleme in der Schule und in der Familie, das Leben in oft sehr beengten Verhältnissen und das Fehlen von Jugendeinrichtungen, in denen sie sich Unterstützung holen könnten, führen bei einer erheblicher Zahl von jungen Menschen zu psychischen Problemen (Depressionen) und/oder zu Fluchtversuchen aus diesem Teufelskreis. Suchtverhalten Neben der viel beschriebenen Flucht ins Ausland, die mit der Hoffnung auf eine Verbesserung ihrer gesamten Lebenssituation verbunden ist, ist die Flucht in ein Suchtverhalten bisher noch recht wenig beleuchtet. Offizielle Zahlen existieren nicht bzw. basieren auf unzureichenden Erhebungen. Dabei gibt es ein breites Spektrum an Süchten, in die sich junge Menschen flüchten: Kaffee und Nikotinkonsum sind dabei gesellschaftlich zwar akzeptiert, aber insbesondere der Anteil an Rauchern liegt weit über dem Durchschnitt anderer europäischer Länder. Spielsucht/Computerspiele und ein extrem hoher Fernsehkonsum sind ebenfalls nicht zu unterschätzen: Die Konsumenten fallen zwar im öffentlichen Raum nicht auf, aber der Rückzug von vielen jungen Menschen aus dem öffentlichen Raum in die privaten vier Wände und damit der sukzessive Rückzug aus der Gesellschaft werden langfristige Folgen haben. Der Alkoholkonsum ist extrem hoch und wird von vielen Jugendlichen selbst als Problem benannt, allerdings liegen hier ebenfalls keine gesicherten Daten vor. In diesen Zusammenhang gehören auch Ess-Störungen wie Magersucht und Essbrechsucht65, die kaum untersucht sind, Ebda. S. 65 f Die Unterscheidung zwischen Anorexie und Bulemie ist dabei oft schwierig. Zeichnet sich die Magersucht/Anorexie durch einen rasanten Gewichtsverlust aus ist Bulemie von abwechselnden Eßanfällen und Maßnahmen zur Gewichtsreduktion (z.B. erbrechen) gekennzeichnet. Die Übergänge zwischen beiden Störungen ist dabei fließend. Treten 64 65 44 aber insbesondere bei jungen Frauen ein großes Problem darstellen. Neben „legalen“ Drogen nimmt der Konsum von illegalen Rauschdrogen, wie Jugendliche bestätigen, immer weiter zu. Halluzinogene (insbesondere Marihuana) sind dabei am leichtesten zu erwerben, am weitesten verbreitet und auch am wenigsten stigmatisiert66 . Opiate, insbesondere Heroin, stellen nach Angabe vieler Jugendlicher ein Problem dar. Weiterhin scheint der Zugang zu Designerdrogen67 (Extacy, Happy Pills, Speed) relativ leicht zu sein. Über Schnüffelstoffe68 gibt es keinerlei Untersuchungen, realistisch ist von einem relativ hohen Konsum auszugehen. Trotz dieser problematischen Situation gibt es kaum Einrichtungen, die sich offensiv mit diesem Thema befassen. Auffällig werden die Nutzer der illegalen Drogen nur in den Polizeistatistiken bzw. im Zusammenhang mit Beschaffungskriminalität. Da dieses Thema nach wie vor weitestgehend tabuisiert ist, gibt es praktisch keine qualifizierten Beratungen für Betroffene und deren Angehörige. Antidrogenkampagnen der internationalen Gemeinschaft setzen in der Regel bei einer Ächtung der Drogen an bzw. versuchen auf die Gefahren der Drogen hinzuweisen. Dies geschieht zumeist in einer sehr pauschalen Art und Weise und hilft den Konsumenten nur wenig. sie gemeinsam auf wird auch von Bulemanoroxie gesprochen. 66 Angaben basieren auf einer Vielzahl von Gesprächen mit Jugendlichen und jungen Erwachsen, geben aber letztlich einen subjektiven Eindruck des Verfassers wieder. 67 Als Designerdrogen werden Substanzen bezeichnet, die auf chemischem Weg hergestellt wurden und ähnliche Eigenschaften wie natürliche oder halbsynthetische Drogen haben. 68 Als Schnüffelstoffe werden Dämpfe bezeichnet, die durch das Einatmen im Gehirn Rauschzustände auslösen. Die Wirkungen reichen von innere Unruhe bis zur Erregtheit reicht, bei Fortdauern des Rauschzustandes aber zumeist in einen als angenehm empfundenen Entspannungszustand übergeht. Die eingeatmeten Lösungsmittel findet man u.a. in Klebstoffen, Lacken, Farbverdünnungen, Putzmitteln, Haarsprays etc. Jugendarbeit in Bosnien und Herzegowina Die auf Initiative der Schweizer Ordensschwester Madeleine Schildknecht (Schwester Magdaleine) gegründete Organisation Narko Ne ist eine der wenigen Organisationen, die sich explizit diesem Thema annehmen. Über Jugendprogramme und Patenschaftsprogramme versucht Narko Ne ein Bewusstsein über die negativen Folgen von Drogenkonsum und Sucht zu entwickeln und über aktive Jugendarbeit, jungen Menschen andere Perspektiven zu eröffnen. Das Programm ist allerdings sehr regional verankert und nur für eine kleine Zielgruppe zugänglich. Durch die gute regionale Verankerung, Zusammenarbeit mit Behörden und die intensive Einbeziehung von bosnischen Freiwilligen ist davon auszugehen, dass sich das Programm auch perspektivisch durchsetzen kann. Narko Ne setzt dabei sehr stark auf Prävention. Für aktive Konsumenten ist Narko Ne nur bedingt ein qualifizierter Ansprechpartner. Immerhin besteht durch eine telefonische Hotline die Möglichkeit einer anonymen Kontaktaufnahme. HIV/AIDS Die Anzahl an HIV infizierten Menschen nimmt in Bosnien stark zu. Eine 2003 durchgeführte Untersuchung von Weltbank und IBHI69 kommt zu dem erschreckenden Ergebnis, dass zwar weit über 90 Prozent der jungen Frauen70 von HIV/Aids gehört haben, aber nur rund 27 Prozent der 15- bis 19-Jährigen und rund 36 Prozent der 20- bis 29-Jährigen ausreichend wissen, wie sie sich davor schützen können.71 Genaue Zahlen über die Anzahl der HIV-Infizierten liegen nicht vor. In diesem Zusammenhang sei erwähnt, dass es für junge Menschen mit einer homosexuellen Orientierung praktisch überhaupt keine Möglichkeiten der Information gibt. Homo69 World Bank/IBHI 2003: Youth Initiative Assessment, Sarajevo, Annex 2, S. 8ff 70 Die Befragung hat sich leider bei dieser Frage auf Frauen beschränkt 71 Der Zugang zu Kondomen ist in großen Städten relativ problemlos möglich. In kleinen Städten ist zum Einen der Zugang zu Kondomen oft schwieriger und zum Anderen ist es dort kaum möglich anonym an Kondome zu gelangen. sexualität ist gesellschaftlich hochgradig geächtet und gibt es offiziell nicht. Eine Untersuchung der UNDP72 kommt zu dem Ergebnis, dass 63 Prozent der befragten jungen Menschen mehr Aufklärung im Bereich Sucht und Verhütung für notwendig halten. Auch bei den Befragungen für diese Studie wurde das Interesse bestätigt, allerdings fehlt es an ausgebildeten Jugendarbeitern und Lehrern oder anderen Multiplikatoren, die diese Aufgabe übernehmen können. 3.7.1 Empfehlungen ⇒ Unterstützung von Gesundheitskampagnen ⇒ Beratungsangebote im Bereich Empfängnisverhütung und Vorbeugung von Geschlechtkrankheiten ⇒ Beratungsmöglichkeiten für traumatisierte Jugendliche ⇒ Niederschwellige Angebote in der Drogenberatung. Evtl. Angebote der akzeptierenden Drogenarbeit in Zusammenarbeit mit staatlichen Behörden und der Polizei ⇒ Erarbeitung von Konzepten für die Drogenprävention ⇒ Informationsmöglichkeiten für Drogenkonsumenten und deren Angehörige (Webseiten, Infobroschüren, Beratungstelefon) ⇒ Ausbildung von Psychologen, aber auch von Jugendarbeitern und Lehrern im Umgang mit Traumatisierten 72 UNDP 2004, Jazvavac, S. 19 45 Jugendarbeit in Bosnien und Herzegowina 3.8 Internationale Begegnungen Austausch mit jungen Menschen aus anderen Ländern ist ein wichtiger Beitrag zum Aufbau einer weltoffenen Jugend. Jugendbegegnungen fördern freundschaftliche Beziehungen zwischen den Jugendlichen, unterstützen ein tolerantes Miteinander und die Neugierde auf andere Kulturen und Lebensweisen. Sie ermöglichen die Welt aus der Perspektive eines anderen Menschen zu entdecken. So wird bei der internationalen Zusammenarbeit immer wieder auf den Zusammenhang von Versöhnung, Solidarität zwischen den Völkern und auch die Wichtigkeit hinsichtlich einer gesamteuropäischen Entwicklung betont.73 Sowohl der Austausch mit den Nachfolgestaaten des ehemaligen Jugoslawiens als auch der Austausch mit den EU-Staaten ist von großer Wichtigkeit für die jungen Menschen Abb: Straßenschilder in Bratunac Partnerschaften, Kooperationen, Austauschprogramme, internationale Konferenzen und Seminare in Bosnien und Herzegowina und darüber hinaus auch mit dem (europäischen) Ausland sind eine Möglichkeit, über den eigenen Tellerrand hinauszublicken. Einseitige Informationen über das Ausland führen oft zu einseitigen Zuschreibungen, Vgl. z.B. Präambel zum Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik über die Deutsch-Französische Zusammenarbeit. vom 22.01.1963 http://www.dfjw.org/page.php?nav=commun/script s/pages_dyn.php?page=accord.htm&lng=de 73 46 die Probleme in Ländern wie Deutschland ausklammern. Insbesondere solange eine Visumspflicht für Bosnier besteht, ist es wichtig einen Austausch zu fördern und den jungen Menschen die Möglichkeit zu geben, Kontakte in andere Länder zu knüpfen. Das fördert sowohl das Wir-Gefühl innerhalb der bosnischen Gruppe, als auch Interesse und Neugier anderen Nationen gegenüber. Viele junge Menschen haben bereits aufgrund ihrer persönliche Geschichte als Kriegsflüchtlinge und durch Verwandte, die im Ausland leben und arbeiten vielfältige, zumeist positive Erfahrungen in anderen europäischen Ländern gemacht. Aber auch durch das Fernsehen flimmern dank Satellit täglich Bilder aus Deutschland in viele Haushalte. Insbesondere in Bezug auf eine Europäische Vereinigung, die früher oder später auch Bosnien und Herzegowina mit einschließen wird, wäre es unverantwortlich, dieses positive Verhältnis nicht weiter zu fördern. Die Auseinandersetzung mit den kulturellen Werten und Besonderheiten in anderen Ländern Europas ist für bosnische Jugendliche ein wichtiger Impulsgeber. Im umgekehrten Fall ist es für junge Menschen aus der EU ein oft einmaliges Erlebnis und eine große Erfahrung, sich mit dem kulturell so heterogenen BuH auseinanderzusetzen und die Probleme, aber auch die Schönheiten dieses häufig unbekannten europäischen Nachbarn zu entdecken. Was der ehemalige deutsche Außenminister Joschka Fischer für Deutschland formuliert, gilt mindestens im selben Maß für Bosnien und Herzegowina: „Ohne Austausch, ohne Neugier, ohne grenzüberschreitende Vernetzung werden wir in Wissenschaft und Wirtschaft verkümmern und kulturell verarmen.“74 Geistige Isolierung ist ein wichtiger Auslöser für übersteigerten Nationalismus, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit in BuH wie auch in vielen anderen Ländern. Partnerschaften und Austausch zwischen Organisationen und dadurch eine Einbettung in internationale Kreise, aber auch Fischer, Joschka 2001: Sensibel in der Form, fest in der Sache In: KulturAustausch 2/01; ifa, S. 25 74 Jugendarbeit in Bosnien und Herzegowina das Lernen voneinander und aktive Integration sind wichtige Aspekte für eine Integration von BuH in das demokratische Europa. In einer so schwierigen Transitionsphase ist dies u.a. auch für die Multiplikatoren, Jugendarbeiter, Trainer und Lehrer von elementarer Wichtigkeit. Ein großes Hemmnis bei internationalen Austauschprogrammen ist die Schwierigkeit insbesondere für bosniakische und serbisch bosnische Jugendliche, ein Visum für die Schengenländer zu bekommen.75 Die Behinderung bei Reisen frustriert viele (nicht nur) junge Menschen und gibt ihnen das Gefühl, ausgegrenzt zu sein. Eine Reise in die Türkei oder Tunesien ist problemlos möglich, aber eine Reise in die Schengenländer zu Verwandten oder auch zu Jugendprogrammen ist nur mit relativ viel Aufwand möglich. Lange Wartezeiten an den Botschaften, teilweise extrem lange Anfahrtswege und die mit der Besorgung des Visums und dem Visum selbst verbundenen Kosten stellen häufig ein großes Hindernis dar. In vielen Fällen hilft die deutsche Botschaft, indem sie aktiven Jugendgruppen und Jugendaustauschprogrammen die Visa unentgeltlich zur Verfügung stellt. Diese erfreuliche Kann-Regel trifft leider nicht auf alle Botschaften zu. Viele Organisationen wissen auch gar nichts von dieser theoretischen Möglichkeit und fragen dementsprechend nicht nach. Eine grundsätzliche Befreiung von den Visagebühren für Jugendliche, die an Jugendveranstaltungen teilnehmen bzw. für alle Jugendarbeiter wäre ein kleiner Schritt und ein Signal in die Richtung eines solidarischen Europas. 3.8.1 Erfahrungen Im Laufe der letzten 10 Jahre sind eine große Anzahl von Internationalen Seminaren, Workcamps und Austauschpro- grammen durchgeführt worden. Zum Teil fanden diese aufgrund persönlicher Initiativen statt (Schulen, Kirchekreise, Partnergemeinden) zum Teil waren und sind sie Bestandteil von Programmen der Jugendorganisationen. Schüler Helfen Leben, IPAK, das Jugendzentrum Jajce/Friedenskreis Halle, Wings of Hope, Mladi Most aber auch die Stiftungen haben Jugendaustauschprogramme durchgeführt. Neben wenigen großen Veranstaltungen mit über 100 Teilnehmern dominieren kleine Veranstaltungen in Seminarstärke mit ca. 20 Teilnehmern. Allen Programmen ist gemeinsam, dass dem Erfahrungsaustausch und dem Kennenlernen viel Raum gegeben wird. Insgesamt sind Programme zwischen Jugendlichen aus BuH und EU-Europa von denen zu unterscheiden bei denen Jugendliche aus verschiedenen Staaten des ehemaligen Jugoslawiens zusammen kommen. Für Jugendliche aus den westlichen Ländern ist es oft der erste Kontakt mit BuH und der Situation in einem Nachkriegsland und bietet vielfältige Anreize sich sowohl mit der eigenen als auch der fremden Kultur/Religion zu befassen und Verständnis für die Situation in BuH zu entwickeln. Für Jugendliche aus Bosnien ist es oft eine Möglichkeit an Erfahrungen aus der eigenen Zeit im Ausland anzuknüpfen. Auch bietet sich ihnen die Chance anderen ihre Heimat zu zeigen und gleichzeitig das Gefühl zu haben nicht vergessen zu sein. Für Seminare mit Jugendlichen aus mehreren Ex-Jugoslawischen Ländern gilt in besonderer Weise der Aspekt der Versöhnung und der Toleranzschulung. Oft ist es das erste Mal nach dem Krieg, das Jugendliche z.B. aus Serbien mit Jugendlichen aus Bosnien Herzegowina ins Gespräch kommen und sie die Möglichkeit haben sich kennen und schätzen zu lernen. Die Anwesenheit von Jugendlichen aus anderen Ländern erleichtert häufig diesen Prozess als neugierige, neutrale Personen. Viele kroatische Bosnier besitzen auch die kroatische Staatsbürgerschaft und dürfen auch mit beiden Pässen reisen. Da Kroaten kein Visum für die Schengenländer benötigen, trifft dieses Problem auf sie nicht zu. 75 47 Jugendarbeit in Bosnien und Herzegowina 3.8.2 Empfehlungen ⇒ Förderung und Unterstützung von Jugendcamps und Jugendfreizeiten Ziel: Die Jugendlichen sollen sich als Bosnier fühlen und als Teil einer europäischen Jugend ⇒ Förderung und Unterstützung von Schulpartnerschaften ⇒ Förderung insbesondere von Freizeiten mit Jugendlichen aus verschiedenen Ländern des ehemaligen Jugoslawiens. ⇒ Schaffung eines Deutsch-Bosnischen Jugendwerkes nach Vorbild des Deutsch-Französischen, DeutschTschechischen etc. ⇒ Förderung und Unterstützung von Austauschprogrammen mit inhaltlichem Angebot ⇒ Nutzung der Städtepartnerschaften für internationale Austauschprogramme 3.9 Traumaarbeit Der Bereich Traumarabeit ist im Zusammenhang mit dieser Studie nur am Rand bearbeitet worden. Derzeit arbeitet keine der deutschen Organisationen explizit zu diesem Bereich. Ein genauere Studie wäre sehr wichtig, zumal viel Engagement und viel Geld in früheren Jahre in die Traumaarbeit geflossen ist. Eine Evaluation der Ergebnisse und eine Auswertung der gemachten Erfahrungen nicht vorliegt. In Bosnien und Herzegowina sind mehrere 100 000 Kinder und Jugendliche schwer traumatisiert. Nachdem sich in einer Anfangsphase viele Projekte dem Thema direkt oder indirekt angenommen haben, geht das Interesse an diesem Problemfeld immer mehr zurück. Viele der Projekte waren befristet auf wenige Tage oder bis zu ein paar Jahren. Es gab kaum Projekte, die eine nachhaltige Struktur aufgebaut haben. Für traumatisierte Menschen gibt es daher nur vereinzelt Anlaufstellen bzw. Hilfsangebote. Immer wieder stellen sich 48 Einzelpersonen oder kleine kurzfristige Projekte dieser Thematik mit Erzählcaffees oder kurzen Weiterbildungen. Eine Koordination und ein Erfahrungsaustausch wären hier von zentraler Bedeutung. 3.9.1 Erfahrungen Da sich deutsche Organisationen kaum noch explizit mit dem Thema Trauma beschäftigen, ist dieser Bereich in der Studie nicht berücksichtigt worden. Daraus sollen und dürfen keine Rückschlüsse auf die Wichtigkeit dieses Bereichs gezogen werden. Über mehrere Jahre, bis 2002, war die gtz mit dem Projekt Trauma und Versöhnung in diesem Feld aktiv, hat dann die Arbeit in diesem Bereich aber beendet. Die Niederländisch/Deutsche Organisation Wings of Hope arbeitet noch in dem Bereich Traumaarbeit. Die Stiftung Wings of Hope Deutschland hilft Kriegstraumatisierten Kindern. Dies geschieht durch Therapie in verschiedenenTherapiezentren und durch psychosoziale Eingliederungshilfe für rückkehrende Flüchtlinge. Weiterhin bietet Wings of Hope Gruppentherapie in Schulen an sowie Jugendprojekte, multiethnische und interreligiöse Friedenscamps und Erholungsfreizeiten. 3.9.2. Empfehlungen ⇒ Needs Assessment im Bereich Traumarbeit ⇒ Evaluation der gemachten Projekte und Sammlung der Ergebnisse und Erfahrungen. ⇒ Entwicklung eines abgestimmten Programms für die Traumaarbeit in BuH Jugendarbeit in Bosnien und Herzegowina 4. Internationales Engagement – Förderpraxis Die Arbeit von Regierungs- und von Nichtregierungsorganisationen findet im Idealfall ganz unauffällig statt. Stille Arbeit ist für die Medien nicht sonderlich interessant und ist deshalb nur schwer zu vermitteln. „Schlechte Nachrichten sind gute Nachrichten“, dieser zynische Satz aus der Medienbranche macht deutlich, wie schwierig es ist, die kleinen Arbeitsschritte, die in den letzten Jahren gemacht wurden, zu präsentieren. Dies gilt insbesondere für Tätigkeiten im Konflikt-Präventionsbereich. Im besten Falle, nämlich dem Nichtstattfinden eines Konfliktes, ist diese Arbeit nicht einmal zu spüren. Daraus zu folgern, dass Krisenpräventionsarbeit, Versöhnungsoder Traumaarbeit nicht mehr notwendig sei, wäre ein fataler Trugschluss. Es liegt wohl in der Natur dieser Arbeitsfelder, dass sie vor allem kurz nach gewalttätigen Auseinandersetzungen am meisten nachgefragt werden, praktisch jedoch nur sehr selten in der Prävention eingesetzt werden. Von einer „Kultur der Prävention“, wie vom UNGeneralsekretär Kofi Annan zu verschiedenen Anlässen gefordert, ist die Entwicklungshilfezusammenarbeit noch weit entfernt. Unabhängig davon müssen in Bosnien aber auch andere Bereiche gestärkt werden, die bisher in der Förderung eher ein Schattendasein gefristet haben. Allem voran stehen hier die Bereiche Bildung und Ausbildung, Job Creation, und politische Bildung. lichen Beziehungen bzw. persönlichem Engagement Einzelner aufbauen. Aus der Sicht der Initiatoren steht fast immer (und das trifft genauso auf große Organisationen zu) die Projektlogik im Vordergrund. Dass über einseitige Förderung, nicht abgestimmten Wiederaufbau uns zufällige Hilfslieferungen teilweise Ungleichheiten verstärkt und gewachsene Strukturen zerstört werden und darüber hinaus Einzelpersonen beispielsweise aufgrund ihrer Sprachkenntnisse in Machtpositionen gelangen, wird in diesem Zusammenhang nicht berücksichtigt und taucht in den Projektberichten nicht auf. Dabei ist das Wissen um die möglichen negativen Folgen von Entwicklungshilfe nicht erst seit der „Do no harm Debatte“76 ein bekanntes Phänomen. Nur in seltenen Ausnahmen gibt es eine Vorabanalyse die die möglichen negativen Folgen mit einbezieht und Projektberichte, die über etwaige negative Folgen eines Projektes informieren könnten, werden nicht öffentlich zugänglich gemacht. Der Zwang zur positiven Selbstdarstellung führt dazu, dass aus negativen Erfahrungen und konstruktiver Kritik nicht gelernt werden kann. Während „best practices“ in aller Munde ist, ist von „bad experiences“ nie die Rede. Es fehlt, angelehnt an Hazel Rosenstrauch 77 und frei nach dem Muster der Technologiefolgenabschätzung, eine „Entwicklungshilfefolgenabschätzung“, das heißt, die kritische Beobachtung der Arbeit in der Entwicklungszusammenarbeit, der Hindernisse und nicht zuletzt der unbeabsichtigten Nebenfolgen gut gemeinter Initiativen. 4.1 Monitoring Best and Bad Practices Nach dem Krieg wurde Bosnien und Herzegowina von Hilfsaktionen bzw. Hilfsorganisationen geradezu überschwemmt. Nach dem Motto „viel hilft viel“ wurde zum Teil völlig unkoordiniert wiederaufgebaut und Hilfslieferungen organisiert. Auch heute gibt es noch viele Hilfsaktionen, die auf persön- Vgl. Mary B. Anderson: 1999: Do no harm – How Aid can support peace – or war, Boulder London 77 Rosenstrauch, Hazel 2001: Die Restposten einer Illusion S. 45; In: ifa, Zeitschrift für KulturAustausch S. 44 ff 02/2001 76 49 Jugendarbeit in Bosnien und Herzegowina 4.2 Finanzierung und materielle Standards Hotels sind auch in westlichen Industrieländern kein Standard. Der hohe Einsatz finanzieller Mittel gerade in der Jugendarbeit hat sehr hohe Standards gesetzt. Bedruckte T-Shirts und vierfarbige Einladungskarten gehören zum Standard einer mit internationalem Geld geförderten Jugendorganisation, überdurchschnittliche Löhne sowieso. Ein beträchtlicher Teil an qualifizierten Fachkräften wurde insbesondere durch die Lohnstruktur der IG in fachfremde Bereiche abgeworben. Mit dem Rückzug der IG fallen auch diese Stellen wieder weg. Den Jugendlichen fällt es sehr schwer, diese hohen Standards wieder herunterzuschrauben. Da sie aber nicht in der Lage sind selbstständig die damit verbundenen Investitionen einzuwerben, fallen viele der mit großen Engagement und finanziellem Input gestarteten Programme wieder weg. Ehrenamtliches Engagement wurde nur selten gefördert und entsprechend fehlt jetzt eine Struktur, die das entstehende Vakuum ausfüllen kann. Hochbezahlte und geförderte Jugendarbeiter haben sich auf einen gewissen materiellen Standard eingerichtet und sind nicht bereit, für die Hälfte des Lohns weiterzuarbeiten, sondern suchen sich lieber Stellen in der Wirtschaft. Dabei ist es zweifellos in vielen Fällen wichtig, dass eine Organisation auch nach außen als internationale Organisation auftritt und damit einen ethnisch und kulturell vergleichsweise neutralen Raum zur Verfügung stellt. Dies war direkt nach dem Krieg von entscheidender Wichtigkeit und ist auch heute in vielen Regionen ein wichtiger Aspekt. Gleichwohl muss die Verantwortung zunehmend in die Hände gut ausgebildeter bosnischer Mitarbeiter übergeben werden. Nur so ist eine „local ownership“ mittelfristig gewährleistet, und der Aufbau von Strukturen einer funktionierenden Zivilgesellschaft möglich. In den allerwenigsten Fällen wurde von Anfang an mit dem klaren Ziel einer Lokalisierung gearbeitet. Lokale Behörden wurden nicht in die Verantwortung für diese essentielle Arbeit genommen und haben die Verantwortung auch gerne abgegeben. Jetzt kann es eigentlich nicht verwundern, dass dieses Bewusstsein nicht gewachsen ist und etwaige Töpfe schon von anderen Interessensgruppen belegt sind. Auch die Ausstattungsstandards der Einrichtungen müssen auf einem vertretbaren Niveau liegen, bei dem auch staatliche Stellen und lokale Träger wenigstens annähernd mithalten können. Hochglanzbroschüren, kostenlose T-Shirts und teure 50 Fördermittel großer Internationaler Geldgeber EU/Cards etc. liegen in der Regel bei einem Projektvolumen von 10 000 € bis 100 000 €. Dieser Betrag ist insbesondere für kleine Organisationen oft zu groß und mit der normalen Struktur nicht sinnvoll zu implementieren. Dies führte in der Vergangenheit häufig zur Überforderung der Organisationen oder zu einem künstlichem Aufblasen der Programme, um überhaupt antragsberechtigt zu sein. Abb: Multifunktionsraum Jugendzentrum Jajce 4.3 Exit Strategie Eine klare Exit-Strategie der internationalen Organisationen wurde in den seltensten Fällen formuliert. Dies trifft auf die großen internationalen Organisationen wie OSZE, UNDP etc. genauso zu wie auf die vielen großen und kleinen Organisationen und Förderprogramme in der Jugendarbeit. Viele Organisationen planen von Projektantrag zu Projektantrag und die Unsicherheit über die Arbeitsverhältnisse erschwert eine klare Identifikation mit dem Projekt. Jugendarbeit in Bosnien und Herzegowina Nachhaltigkeit der Programme ist häufig nur in der Antragslyrik zu finden. Es gibt praktisch keine Projekte, die mit einem gewissen Abstand zum durchgeführten Projekt die Auswirkungen evaluiert haben. Nicht einmal Evaluationen am Ende eines Projektes gehören zum Standard. Wenn sie durchgeführt werden, sind sie in aller Regel nicht öffentlich und werden auch nur selten von externen Gutachtern durchgeführt. Obwohl die meisten Gelder direkt oder indirekt von der öffentlichen Hand zur Verfügung gestellt werden, sind die Ergebnisse der Arbeit nur selten öffentlich und andere Organisationen können nicht daraus lernen. gegen den Wehrdienst bzw. für das Recht auf den verfassungsmäßig verankerten Zivildienst eintritt, ist innerhalb kürzester Zeit zu einem wichtigen Ansprechpartner für die IG geworden. Angepasst an lokale Lohnstrukturen und vom inhaltlichen Engagement der Aktivisten getragen, hat der Verein sowohl eine enorme Glaubwürdigkeit erreicht als auch viele ehrenamtliche Aktive einbinden können. (Förderung derzeit überwiegend durch HBS) 4.4 Antragslyrik und lokale „Ownership“ Die Antragsformalia der großen Geldgeber zwingen dazu, sich bereits beim Projektantrag an die Vorgaben der Ausschreibung anzupassen. Im ungünstigsten Fall wird dann der Antrag auf die Fundingline zugeschnitten und nicht auf den Bedarf vor Ort. Dies trifft sowohl für die internationalen Organisationen zu als auch für die vielen tausend lokalen Nichtregierungsorganisationen, die zum Teil äußerst erfolgreich versucht haben von dem großen Kuchen der Entwicklungsgelder etwas abzubekommen. Das Profil dieser Organisationen hat sich teilweise extrem den jeweiligen Schlüsselwörtern der Donatoren angepasst. Versöhnung, Gender, Umwelt, Bildung wurden austauschbar, wenn es um den Erhalt der eigenen Stellen ging. Dies führt dazu, dass es heute nur wenige Organisationen gibt, die für ein klares Ziel stehen und in lokaler Verantwortung als Ansprechpartner für ein bestimmtes Thema gesehen werden können. Eine Expertise baut sich nur langsam auf und erfordert entsprechend eine gewisse Kontinuität, auch wenn das Thema gerade nicht modern ist. Mit Hilfe von Schüler Helfen Leben und der Heinrich Böll Stiftung hat sich 2001 die bosnische NGO Prigovor Savjesti gegründet – von Beginn an inhaltlich in lokaler Verantwortung. Der Verein, der sich für das Recht auf Entscheidungsfreiheit für bzw. Abb: Aktion von Prigovor Savjesti in Sarajevo 4.5 Mitarbeiterfluktuation Der hohe Turnover bei den Organisationen im Jugendbereich, aber auch insgesamt bei den internationalen Organisationen ist ein weiteres riesiges Problem. Das institutionelle Gedächtnis einer Organisation verliert enorm, wenn die Mitarbeiter wechseln. Wenn es dazu noch an aussagefähigen Bericht und Evaluationen mangelt, kann aus den gemachten Erfahrungen kaum gelernt werden. Dies ist besonders dramatisch, wenn die häufig kontinuierlich arbeitenden lokalen Mitarbeiter nicht voll inhaltlich 51 Jugendarbeit in Bosnien und Herzegowina eingebunden sind. Da der Austausch zwischen Institutionen häufig den internationalen Mitarbeitern vorbehalten ist, wird weder Wissen nachhaltig aufgebaut noch aus den Erfahrungen wirklich gelernt. In der Regel sind die Mitarbeiter (insbesondere die Ausländischen) nur auf Projektbasis angestellt und viele verlassen das Land noch bevor sie sich ausreichend mit der Kultur und den Gegebenheiten geschweige denn mit der Landessprache vertraut gemacht haben. Viele Projektanträge und Projekte wären sicher bei einem besseren Wissensmanagement und einem stärkeren und ehrlicherem Austausch qualifizierter ausgefallen. 4.6 Koordination Die Arbeit der Mittlerorganisationen im Ausland muss mit den unterschiedlichen Organisationen besser abgestimmt werden, um Doppelarbeit zu vermeiden und zwar so international wie möglich. Zwischen den Organisationen der Jugendarbeit gibt es innerhalb von BuH keinen organisierten Erfahrungsaustausch. Erhebungen werden von jeder Organisation eigenständig gemacht (so überhaupt eine ausführliche IST-Analyse durchgeführt wird), Regionen individuell angesprochen und Multiplikatoren, Seminarteilnehmer, Kontaktpersonen etc. jeweils eigenständig gesucht. Weiterbildungen und Kurse werden jeweils eigenständig entwickelt und sind entsprechend auch nicht kompatibel. Lokale Autoritäten werden individuell kontaktiert und auch Absprachen zum Teil mit den gleichen Akteuren individuell getroffen. In manchen Regionen gibt es viele Projekte, in anderen gar keine. Wer mit wem kooperiert, hängt auch stark davon ab, ob man mit nationalen und internationalen Vertretern spricht. Hier scheint es durchaus eine Parallelstruktur zu geben. Rein formal wird natürlich miteinander geredet, aber der Austausch der internationalen Organisationen untereinander scheint wesentlich intensiver zu sein als der Austausch mit den lokalen/nationalen Stakeholdern. Die lokalen Organisationen sind wiederum in einigen Regionen sehr gut miteinander vernetzt, aber dies ist meist 52 stark von ethnisch/religiösen Faktoren abhängig. Konferenzen, die dem Erfahrungsaustausch dienen, finden (wenn überhaupt) meist im Ausland statt bzw. werden auf relativ hoher Ebene angesetzt. Auch gibt es relativ wenig Kooperation zwischen dem Mittlerem Level/Top Level und dem Grassroute Level. Alle arbeiten eher horizontal an ihren Themen, (institutionalisierte) Vernetzung gibt es kaum. Im Bereich der Förderung der deutschen Sprache (StaDaF) gibt es einen Ansatz, die verschiedenen deutschen Akteure (Goethe Institut, Deutschlektoren vom DAAD und der Robert Bosch Stiftung, die Bundesanstalt für Auslandsschulwesen und die Botschaft) zusammen zu bringen. Diese Treffen sind ein seltener Versuch die Arbeit in einem inhaltlichen Bereich zu koordinieren. Ein Problem eines solchen Zusammenschlusses stellt häufig die Frage der Kompetenzverteilung und der Einladungsliste dar: es gibt keine klaren Zielvorgaben für diesen Arbeitskreis. Gleichwohl ist er als seltener Ansatz unbedingt zu erwähnen. Für einen direkten Austausch im Land fehlt scheinbar die einladende Institution, aber auch der Wille. Vielleicht ist es auch die Angst sich in die Karten gucken zu lassen und etwaige Fehler zugestehen zu müssen. Dabei wären die Koordination und der Erfahrungsaustausch von unschätzbarer Bedeutung. Bestehende Vernetzungsangebote wie der Jour Fixe der deutschen Botschaft oder das NGO Forum ICVA werden nur sporadisch oder gar nicht besucht. Durch die dünne Besucheranzahl erreichen diese bestehenden Foren nicht die kritische Masse, um effektiv arbeiten zu können. In diesem Zirkelschluss – das Treffen ist nicht interessant, weil sowieso so wenig Gruppen kommen, also komme ich auch nicht – ist ohne verstärkte Bemühungen nicht davon auszugehen, dass sich irgendetwas ändert. Verschiedene Akteure nehmen sporadisch an den Treffen Jugendarbeit in Bosnien und Herzegowina teil, stellen fest, dass sich nichts geändert hat und bleiben wieder fern. 4.7 Zielformulierungen Jugendarbeit wohin? Es gibt kein Jugendkonzept für Bosnien und Herzegowina. Die oft lobenswerte und engagierte Arbeit im Jugendbereich ist nicht integriert in ein landesweites Konzept. Jedes Projekt folgt einer eigenen Logik. Um eine besser Koordination zu gewährleisten und die Arbeit transparenter zu machen, müssen folgende Fragen beantwortet werden: ⇒ Woran können langfristig Erfolge in der Jugendarbeit gemessen werden? Ziel: Klare Kriterien erstellen und Erfolge auch klar beurteilen zu können ⇒ Wann hat die Internationale Gemeinschaft im Jugendbereich erfolgreich gearbeitet und kann, zumindest in größerem Maße das Land verlassen? Ziel: Transparenz für die Menschen im Land, Möglichkeit der Erfolgskontrolle, Planbarkeit für andere Akteure ⇒ Welche Ziele sollen erreicht werden und warum? Treffen diese Ziele die Bedürfnisse der Jugendlichen? Ziel: Besseres Monitoring. Zielgruppenorientierung und nicht Fundingline orientiertes Arbeiten ⇒ Welche langfristigen Ziele verfolgt die IG mit der Jugendarbeit? Ziel: Klarheit schaffen für andere Akteure. Signale setzen an die kommunalen, regionalen und nationalen politischen Gremien. Was sind die genauen Ziele, wie und mit wem und bis wann sollen sie umgesetzt werden? Diese Fragen nach Ziel, Kriterien und End, die in jedem von der IG veranstalteten Projektplanungsworkshop als zwingend in der Projektplanung vermittelt werden müssen von den internationalen Organisationen im Jugendbereich dringend berücksichtigt werden. 4.8 Teilnehmerauswahl Ein großes und wenig behandeltes Problem stellt die Auswahl von Teilnehmern an Jugendprojekten dar. In den seltensten Fällen kann von einer gezielten und sinnvollen Auswahl gesprochen werden. Im Gegenteil, meistens ist die Zusammensetzung der Seminare, Förderprogramme und Projekte relativ zufällig. Neben dem häufigen Ausschlusskriterium Sprache (viele Seminare finden in Englisch oder Deutsch statt) ist Zugang zum Internet und damit der am weitesten verbreiteten Informationsressource bzw. dem wichtigsten Kommunikationsmedium (Email) fast schon ein Muss. Wer einmal in den relevanten Verteilern drin ist, bekommt relativ zuverlässig Informationen zu den interessanten Veranstaltungen. Wer ohne Internetanschluss auf dem Land lebt, hat kaum eine Chance von dem Seminarangebot zu erfahren. Auch kommt es immer wieder vor, dass durchaus interessante Seminare Schwierigkeiten bekommen ihre Teilnehmerzahlen zusammen zu bekommen und dann auch auf teilweise unqualifizierte Bewerber zurückgreifen um ihre Teilnehmerlisten voll zu bekommen. Die niedrige Hemmschwelle zu einer Anmeldung (oft reicht ein ganz formloses Anschreiben) und in der Regel keine Teilnahmegebühren bzw. gar finanzielle Folgen bei Nichtteilnahme führen dazu, dass angemeldete Teilnehmer oft nicht anreisen oder sich für mehrere Seminare gleichzeitig anmelden und am Ende das Interessanteste rauspicken. In diesem Zusammenhang hat sich ein richtiger Seminartourismus entwickelt. Jugendliche, die es geschafft haben in die Verteiler der Organisationen zu kommen und möglichst noch Englisch oder Deutsch sprechen, besuchen eine Vielzahl von Seminaren, unabhängig von den Inhalten, aus Interesse und Lust an den Jugendgruppen, den Tagungsorten oder anderen Gründen. Bei den Seminaren darf weiterhin nicht vergessen werden, dass Jugendliche in vielen Fällen die Erlaubnis ihrer Eltern für die Seminarteilnahme benötigen. Durch die 53 Jugendarbeit in Bosnien und Herzegowina Formulierungen in den Ausschreibungen werden aber gerade nationalistisch eingestellte Eltern ihre Kinder oft nicht zu interethnischen Veranstaltungen schicken. Diese Kinder, die eigentliche eine besonders wichtige Zielgruppe darstellen, müssen u.U. über andere Themen angesprochen werden und auch die Sichtweise der Eltern muss berücksichtigt werden. Es muss gezielt versucht werden Jugendliche aus den ländlichen Regionen anzusprechen. Dafür müssen neue Strategien für die „Werbung“ entwickelt werden. Aufgrund der vorherrschenden Verfahren zur Teilnehmersuche ist der Anteil an Jugendlichen, die während des Krieges im Ausland waren, überproportional hoch, während andere Gruppen strukturell benachteiligt werden. Das Kriterium der ethnischen Zugehörigkeit scheint bei vielen Seminaren ein entscheidendes Kriterium zu sein. Unabhängig davon, dass dies die Unterschiede der Teilnehmer betont und nicht die Gemeinsamkeiten (wie zum Beispiel das Interesse an einem Thema), zwingt es die jugendlichen Bewerber auch systematisch, sich der ethnischen Kategorisierung unterzuordnen. Insbesondere für Leute, die sich nicht über eine ethnische Gruppe definieren, aus Mischehen kommen, einer Minderheit angehörigen etc. ist das immer wieder ein Problem. Veranstaltungen im Jugendbereich finden in der Regel kostenlos statt. Die Jugendlichen bekommen Anreise, Unterkunft und Verpflegung gestellt. Der Wunsch, dass die Veranstaltungen für alle Jugendlichen offen sind und materielle Voraussetzungen kein Ausschlusskriterium sein sollen, steht meist hinter diesem Ansatz. Allerdings kommt es oft auch dazu, dass die Veranstaltungen von den Teilnehmern nicht wert geschätzt werden. Jugendliche tauchen nicht auf, machen nicht mit, sind nur an dem Freizeitteil interessiert. Außerdem wurde hier ein Standard etabliert, der langfristig nicht zu halten ist und es lokalen Organisationen extrem erschwert gegen die internationale Konkurrenz zu bestehen. 54 Außerdem gilt auch in BuH oft, dass etwas, das nichts kostet, auch nichts wert ist. 4.9 Empfehlungen ⇒ Exit Strategie ⇒ Zielformulierungen ⇒ Externe Evaluationen ⇒ Nachhaltige Personalpolitik ⇒ Interne Vernetzung ⇒ Regelmäßige Treffen ⇒ Förderung von vernetzenden Strukturen (OIA, OKC u.a) ⇒ Abgleichung von Programmen ⇒ Entwicklung gemeinsamer Standards in der Jugendarbeit und der Ausbildung ⇒ Klare regionale Konzepte ⇒ Gemeinsam koordinierte Strategien und Vorgehensweisen beim Umgang mit lokalen Behörden (Für einen Bürgermeister ist es auch nicht erquicklich, wenn alle 3 Monate jemand anderes ein Jugendkonzept vorstellt). ⇒ Regelmäßiger Erfahrungsaustausch ⇒ Austausch von erstellten Arbeitsmaterialien, gemeinsame Entwicklung und Verteilung von Materialien für die Jugendarbeit ⇒ Strategie-Entwicklung für die Teilnehmerauswahl ⇒ Erschließung neuer Werbeformen für die Teilnehmerauswahl ⇒ Erhebung von Teilnahmegebühren Anmerkung Es geht bei den Empfehlungen zur Koordination nicht um eine Gleichschaltung, sondern um eine Bündelung der knapper werdenden Ressourcen und der Hoffnung Dopplungen zu vermeiden und mehr voneinander zu lernen. Jugendarbeit in Bosnien und Herzegowina Gleichzeitig muss der Austausch mit lokalen Organisationen und den Behörden massiv verbessert und die Öffentlichkeitsarbeit in größerem Maße unterstützt werden. Das sind wichtige Grundvoraussetzungen, um das Thema Jugend / junge Erwachsene an sich, aber auch ihre Bedeutung für Bosnien und Herzegowina in die Gesellschaft zu tragen und ein Bewusstsein für die Probleme der Jugend und letztlich für die Notwendigkeit von Unterstützungsmaßnahmen zu schaffen. Abb.: Qualifikationsspiel BuH – Dänemark um EM Teilnahme 55 Jugendarbeit in Bosnien und Herzegowina 5. Schlussbetrachtungen Jugendliche gelten in den Projekten der Entwicklungshilfe oft als „friedensförderndes Potential“, aber viel zu selten als zukünftige Erwachsene. Das Lippenbekenntnis, „die Jugend ist die Zukunft des Landes“ reicht nicht aus. Selbstverständlich ist es wichtig, in jungen Jahren ethische, moralische und politische Grundlagen zu legen und sich in der Jugendarbeit intensiv mit Toleranz, Demokratie und Menschenrechten zu beschäftigen, aber nur wenn die jungen Menschen auch Perspektiven für ihre eigene Zukunft aufgezeigt bekommen und sich selber zu eigen machen können, werden sie in der Lage sein, für sich und letztlich für die Gesellschaft Verantwortung zu übernehmen. Strategievorschläge Internationaler Organisationen von UNDP bis Weltbank legen starken Wert auf eine weitere Verbesserung der Schulsysteme, Unterstützung der Gründung neuer Schüler- und Studentenorganisationen und allgemeine Stärkung der politischen und sozialen Rolle der Jugendlichen. Weiterhin fordern sie die Verabschiedung neuer Gesetze zum Schutz von Berufseinsteigern, die Unterstützung von Unternehmerinitiativen, Hilfe beim Weg in die berufliche Selbstständigkeit und die Entwicklung von Strategien zur Bekämpfung der Jugendarmut.78 Die wichtigsten Prämissen dieser Strategien sollten vor allem der politische Wille sein, die Jugend als bedeutenden Teil der Gesellschaft zu betrachten und ihr mehr Freiräume zu schaffen, die Durchführung von Bedarfsanalysen, die regional abgeglichen werden sollten, sowie ein umfassender Ansatz zur Zusammenarbeit zwischen “Izviješce o društvenom razvoju – Mladi u Hrvatskoj 2004”, UNDP Hrvatska i CMS, Zagreb, 2005, Ministry of Education and Sports, Republic of Serbia, Youth Section: “Priorities and Proposals for Constructing National Youth Strategy and Policy”, Report and Agenda for 2002 – 2003, Belgrade, 2002 78 56 nationalen, staatlichen, nichtstaatlichen und internationalen Organisationen. Konkret Im Folgenden werden ein paar konkrete Vorschläge vorgestellt. Um den Start zu erleichtern, wird dabei das Hauptaugenmerk auf die Möglichkeiten der deutschen Organisationen gelegt. Eine Ausweitung ist wünschenswert. 5.1 Wissensmanagement – Koordination Unbedingt notwendig sind Veränderungen im Wissensmanagement. Hierbei muss mehr darauf geachtet werden, dass die unterschiedlichen Programme im Bereich Jugendarbeit in Bosnien und Herzegowina besser koordiniert werden. Es muss ein regelmäßiger Erfahrungsaustausch stattfinden, Projekte müssen evaluiert werden und die praxisrelevanten Ergebnisse sollten möglichst offen diskutiert werden. Selbst wenn koordinierende Arbeiten Zeit und Geld kosten, ist es unverantwortlich, wenn in der Zukunft die Arbeit nicht besser koordiniert wird. Zeit und Kosten, die aufgrund unabgesprochener und unkoordinierter Aktionen investiert werden und Projekte, die aufgrund fehlender Anbindung nicht nachhaltig funktionieren, sind langfristig mit wesentlich höheren Aufwendungen verbunden. Vorschläge ⇒ Mindestens zweimal im Jahr sollte ein Erfahrungsaustausch zum Thema Jugend stattfinden. Die Einladung könnte z.B. über die deutsche Botschaft erfolgen. Ziel: Erfahrungsberichte aus der Praxis sammeln und zu diskutieren. Gegenseitiges Kennenlernen. Jugendarbeit in Bosnien und Herzegowina ⇒ Jährlich ein kurzer Arbeitsbericht mit Zielgruppe, Zielregion und Arbeitsfeldern von jeder Organisation in dem Bereich. Entwicklung einer regelmäßigen aktualisierten Datengrundlage, die sowohl neuen Projekten als auch neuen Mitarbeitern der Organisationen einen Überblick über die derzeitige und die geleistete Arbeit verschafft. Außerdem würde das zu mehr Transparenz untereinander führen und wäre langfristig ein wichtiger Überblick sowohl zur Evaluation der geleistete, als auch zur Planung der zukünftigen Arbeit. ⇒ Konferenzen zum Thema Jugend mit Vertretern der Jugendarbeit aus den Nachbarländern und anderen zentralen Akteuren. (z.B. alle 2 Jahre) Zumindest grob müssen gemeinsame Zieldefinitionen gefunden, Strategien und Wege diskutiert werden. ⇒ Abgleich der Datenbanken und Erstellung einer zentralen Sammlung (Website) zu den aktiven Gruppen in dem Bereich. Grundlage kann die Datenbank von OIA sein. ⇒ Erstellung einer Übersicht über alle publizierten Broschüren und Arbeitspapiere zum Thema Jugend, um Überschneidungen zu vermeiden und Synergieeffekte besser nutzen zu können. ⇒ Überprüfung der Nachhaltigkeit der Projekte (zum Beispiel 3 Jahre nach Beendigung: Was ist übrig geblieben?) Kopplung von Theorie und Praxis Es fehlen in der Jugendarbeit Analysen, politische Updates etc. in Zusammenarbeit mit anderen Organisationen, Wissenschaftlern usw. Viele der Projekte haben ihren theoretischen Anteil mit der Erarbeitung des Projektantrags bereits abgeschlossen. ⇒ Gezielte wissenschaftliche Begleitforschung mit Studierenden, Promovierenden und Wissenschaftlern aus der Region sowie aus Deutschland. Ziel: Durch eine fundierte und möglicherweise für alle Beteiligten fruchtbare Begleitforschung die Arbeit voran bringen und auch international von den gemachten Erfahrungen profitieren zu können. ⇒ Gemeinsame Erarbeitung von Länder- papieren mit klaren Zielformulierungen, Evaluationskriterien, Exit-Strategien. Nur ein von allen Stakeholdern gemeinsam erarbeitetes Papier wird mittelfristig auch von allen getragen. Gute Vorschläge gibt es bereits zu Hauf, aber sie werden in den seltensten Fällen gelesen geschweige denn berücksichtigt bzw. zirkulieren nur in relativ kleinem Rahmen. (vgl. Papiere von Weltbank, EU, UNESCO, UNDP,OSZE, u.a.) 5.2 Wichtige Themenbereiche Themenfelder isoliert zu benennen wird der Komplexität der Situation nicht gerecht und würde auch die Wertigkeit einzelner Themen in Frage stellen. Auch geht es nicht darum einzelne Bereiche gegeneinander auszuspielen. Die Praxis der Vergangenheit hat gezeigt, wie politisch gewollt oder der jeweiligen Fundingline entsprechend die inhaltlichen Schwerpunkte variiert haben. Insbesondere in den ersten Jahren stand Versöhnung und Traumaarbeit noch recht hoch auf der Agenda. Mittlerweile ist dieser Themenbereich kaum noch im Fokus und Berufsbildende Maßnahmen sowie Bildungspolitik haben ein höheres Gewicht bekommen. Umwelt oder EDV-Trainings waren weitere Schlagworte, die gekoppelt mit den Worten Interethnische Arbeit fast automatisch zu einer Bewilligung der Projekte geführt haben. Aufgrund der Interviews und Fragebögen ist es deutlich geworden, dass Berufsorientierung und Berufsfördernde Maßnahmen das zentrale Anliegen der meisten Akteure (sowohl der direkt betroffenen Zielgruppe als auch der anderen Stakeholder) sind. Jetzt gilt es diesen Bereich aufzuwerten und mit 57 Jugendarbeit in Bosnien und Herzegowina Projekten zu koppeln, die Bereiche wie Politische Bildung / EDC mit einbeziehen. ⇒ Förderung von Programmen zur Berufsauswahl und zum Berufseinstieg ⇒ Schaffung und Unterstützung von Räumen für Jugendliche und Jugendorganisationen. ⇒ Erarbeitung und Durchführung von Qualifizierungsmaßnahmen für Multiplikatoren in Koordination mit lokalen Organisationen, pädagogischen Instituten etc. und mit anerkannter Zertifizierung Hier könnte ein Trainingsnetz entstehen z.B. für die Bereiche Lehrerweiterbildung, Jugendleiterausbildung, Drogenberatung etc. ⇒ Arbeitsschaffung / Berufseinstieg: z.B. durch Genossenschaftsgründungen, qualifizierte betriebswirtschaftliche Weiterbildungen, Förderung von Enterpreneurship durch Mikrokredite, Weiterbildung in Marketing, Businessplan etc. – in Form abgestimmter Strategien. ⇒ Förderung von Modellvorhaben im Bereich Berufseinstieg (Genossenschaftsmodelle, Projekte mit Pilotcharakter im Bereich Selbstständigkeit) 5.3 Interessante Forschungsthemen Viele Fragestellungen konnten im Rahmen dieser Studie nicht angerissen werden und viele Fragen sind erst mit der intensiven Beschäftigung aufgetaucht. Daraus entwickeln sich Forschungsfragen, die für die Jugendarbeit in Bosnien und Herzegowina von großer Hilfe sein könnten. Dazu zählen unter anderem folgende Themen: ⇒ Langfristige Erfolge der Entwicklungszusammenarbeit im Bereich Jugend ⇒ Mögliche Kriterien zur Erfolgskontrolle in der Jugendarbeit ⇒ Erfahrungen im Bereich Traumaarbeit ⇒ Unterschiede im nationalistischen Denken bei verschiedenen Jugendgruppen (Stadt-Land; Rückkehrer, intern Vertriebene, junge Menschen mit direkter Kriegserfahrung) ⇒ Gründe für die viel beschworene Lethargie bei jungen Menschen ⇒ Jugendliche Opfer häuslicher Gewalt ⇒ Verankerung der Tätigkeiten mit Programmen aus der politischen Bildung zum Aufbau einer Zivilgesellschaft und zur Stärkung der Jugend allgemein. ⇒ Umgang mit jugendlichen Gewaltopfern ⇒ Aufbau regionaler Infozentren die zu bestimmten Themen wie Arbeit und Wirtschaft, Umwelt, Gesundheit etc. (in Absprache mit lokalen Autoritäten) Unterstützung anbieten. ⇒ Gendersensible Jugendarbeit – genderspezifische Jugendarbeit Die Probleme sind bekannt. Jetzt müssen klare Ziele gemeinsam definiert, koordiniert und umgesetzt werden. Dabei dürfen Vernetzung, local Ownership und Nachhaltigkeit nicht wie so oft Schlagworte bleiben, die zwar von den Projektpartnern gefordert werden, aber selbst nicht beachtet werden, sondern zukünftige Projekte müssen sich öffentlich daran messen lassen, ob sie diese Voraussetzung erfüllen. 58 ⇒ Probleme von und Fördermöglichkeiten für im Krieg geborene Kinder ⇒ Situation von Jugendlichen mit unterschiedlichen sexuellen Orientierungen (Homosexualität, Transsexualität etc.) ⇒ Fördermöglichkeit von jungen Menschen mit Entwicklungsbeeinträchtigung ⇒ Jugendarbeit auf dem Land – in strukturschwachen Gegenden. ⇒ Großereignisse und ihre Wirkung in der Entwicklungszusammenarbeit Jugendarbeit in Bosnien und Herzegowina Abkürzungen A AA AGDF B BMZ BuH C Caritas CBO CAN CoE CoM D DED DSE E EDC Auswärtiges Amt Aktionsgemeinschaft Dienst für den Frieden Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Bosnien und Herzegowina Deutscher Caritasverband e.V. Community Based Organisation Center for non Violent Action Council of Europe Council of Ministers Deutscher Entwicklungsdienst Deutsche Stiftung für internationale Entwicklung Education for democratic Citizenship EIRENE Internationaler Christlicher Friedensdienst EU Europäische Union EUFOR European Forces – Schutztruppen der Europäischen Union (seit 12/2005) s.a. SFOR EUPM European Union Police Mission F FES Friedrich Ebert Stiftung FRIENT Gruppe FriedensEntwicklung G GTZ Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit GmbH H HBS Heinrich Böll Stiftung HR High Representative / Hoher Repräsentant der Vereinten Nationen HSS Hans Seidel Stiftung I InWEnt Internationale Weiterbildung und Entwicklung K KAS Konrad Adenauer Stiftung KfW Kreditanstalt für Wiederaufbau M MoCA N NATO O OHR OSCE OSZE P PCIA PCM S SHL SFOR Ministry of Civil Affairs North Atlantic Treaty Organisation Office of the High Representative (s.a. HR) Organisation for Security and Cooperation in Europe (vgl. OSZE) Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (vgl. OSCE) Peace and Conflict Impact Assessment Project Cycle Management Schüler Helfen Leben Security Forces – Schutztruppen der Vereinten Nationen (bis 12/2004) s.a. EUFOR U UNDP United Nations Development Program UNHCR United Nations High Commissioner for Refugees UNICEF United Nations Childrens Fund USAID United States Agency for international Development Z ZIF Zentrum für internationale Friedenseinsätze 59 Jugendarbeit in Bosnien und Herzegowina Literatur Aleksic, I. (2002) “Youth Development in Transition Countries Case of Serbia”, Draft Report, Social Development Unit, World Bank, Belgrade 2002 Altmann, Franz-Lothar (2005): EU und Westlicher Balkan Von Dayton nach Brüssel: ein allzu langer Weg? SWPStudie Stiftung Wissenschaft und Politik Deutsches Institut für Internationale Politik und Sicherheit, Berlin Anderson, Mary B. (1999): DO NO HARM – How aid can cupport peace – or war; Boulder,; London; Lynne Rienner Publishers Antic, S. (1995): Skolstvo u Hrvatskoj „Skolstvo u svijetu“, Hrvatsko pedagosko-knjizevni zbor, Zagreb Bakšić-Muftić, Jasna; Ler-Sofronić, Nada u.a. (2003) …. Because we are women: Socio-Economic Status of Women in Bosnia and Herzegovina; Star Pilot Research 2002 Freit, Gotthard; Schiele Siegfried (2004) Demokratie braucht politische Bildung; Lizenzausgabe der Bundeszentrale für politische Bildung Demirović, Mujo; Savanović, Gojko; Lovrenović, Dubravko (21.11.2002): Education Reform, A Message to the People of Bosnia and Herzegovina Djurovic, G; Radovic, M.; Boskovic, P.: Unemployment and Labour Market in Montenegro, (http://facta.junis.ni.ac.yu/facta/eao/ eao2002/eao2002-10.pdf) Dürr, Karlheinz; Ferreira Martins, Isabel; Spajić-Vrkas, Vedrana (2004): Demokratie-Lernen in Europa: Council for Cultural Co-Operation (CDCC); Project on „Education for democratic Citizenship“, Strasbourg Europäische Kommission (2002): Neuer Schwung für die Jugend Europas; 60 Amt für amtliche Veröffentlichungen der Europäischen Gemeinschaft, Luxemburg Fischer, Joschka (2001): Sensibel in der Form, fest in der Sache S.25 In:ifa; Zeitschrift für KulturAustausch 2/2001 Fischer, Martina and Scott, Giovanni (Hrsg) (2000): Southeast European NGOs for the Stability Pact, Berlin: Berghof Forschungszentrum für konstruktive Konfliktbearbeitung Fischer, Martina und Tumler, Julie (2000): Friedensförderung in BosnienHercegovina: Ansätze der Jugend-, Bildungs- und Kulturarbeit, Berlin: Berghof Forschungszentrum für konstruktive Konfliktbearbeitung Grassmuck, Volker (2002): Freie Software zwischen Privatund Gemeineigentum; Bundeszentrale für Politische Bildung, Bonn GTZ (2002): Jahresbericht 2002, Zukunft gestalten – Jugend als Partner Kemper, Yvonne (2005): Youth in War-toPeace Transitions:Approaches of International Organizations; Berlin: Berghof Forschungszentrum für konstruktive Konfliktbearbeitung Koschnik Hans (2001): Chronik einer angekündigten Krise S. 86f. In: ifa; Zeitschrift für KulturAustausch 02/2001 Ministry of Education and Sports, Republic of Serbia, Youth Section (2002): “Priorities and Proposals for Constructing National Youth Strategy and Policy”, Report and Agenda for 2002 – 2003, Belgrad Omladinski Informatia Agencija (2005) Independant Evaluation of the national Youth Policy in Bosnia Hercegovina Jugendarbeit in Bosnien und Herzegowina Palekcic, M., Zekanovic, N. (2004): „Kroatien“ In: Döbert H., Hörner, W., von Kopp B., Mitter W. (Hrsg.) Die Schulsysteme Europas, Schneider Verlag Hohengehren GmbH, Blatsmannweiler, S: 242-256 Perry, Valery (2003): Reading, Writing and Reconciliation: Educational Reform in Bosnia and Herzegovina; European Centre for Minority Issues, working Paper # 18, Flensburg Petrovic, A, Hebib, E., Spasenovic V. (2004): „Serbien“ In: Döbert H., Hörner, W., von Kopp B., Mitter W. (Hrsg.): Die Schulsysteme Europas, Schneider Verlag Hohengehren GmbH, Blatsmannweiler, S: 494-506 Popadic, D., Mihailovic, S. (2003) Youth in Serbia, National Report 2002, PRONI, Belgrad Reit, Gotthard; Schiele Siegfried (Hrsg.) (2004): Demokratie braucht politische Bildung. Wochenschau Verlag, Schwalbach Sterland, Bill (1/2003): Serving the Community: An Assessment of Civil Cociety in Rural BiH; D@dalos. Association for Peace Education Work, Sarajevo UNDP (2002): Human Development Report Bosnia and Hercegovina UNDP (2003): Youth in BiH, Are you part of the problem or part of the solution?; Sarajevo UNDP (2005): Early Warning Systems, Quarterly Report IV 2004. October – December UNDP Hrvatska i CMS (2005): “Izviješce o društvenom razvoju – Mladi u Hrvatskoj 2004”, Report, Zagreb Wils, Oliver (2004): War Veterans and Peacebuildingin Former Yugoslavia; A Pilot Project of the Centre for Nonviolent Action (CNA), Berlin: Berghof Forschungszentrum für konstruktive Konfliktbearbeitung Republika Crna Gora (2004) Savjet za opšte obrazovanje, Plan i program za gradjansko obrazovanje, Podgorica, 2004 Seitz, Klaus; GTZ (Hrsg.) (2004): Bildung und Konflikt – Die Rolle von Bildung bei der Entstehung, Prävention und Bewältigung gesellschaftlicher Krisen – Konsequenzen für die Entwicklungszusammenarbeit. Smith, A., Fountain, Mclean H. (2002) „Gradjansko vaspitanje u osnovnim i srednjim skolama u Republici Srbiji“ Evaluacija prve godine , 2001-2002 i preporuke, UNESCO, UNICEF, OSI Spajic-Vrkas, V. (2002): Stocktaking Research on Policies for Education for Democratic Citizenship and Management of Diversity in Southeast Europe – Country Report: Croatia (Council of Europe) IV/EDU/CIT (2001) 45 Croatia, Zagreb – Faculty of Philosophy, 61 Jugendarbeit in Bosnien und Herzegowina Danksagung Es ist mir ein großes Anliegen mich bei allen Menschen zu bedanken, die mich bei der Recherche zu dieser Studie unterstützt haben. Die Kooperationsbereitschaft und die Unterstützung haben mich immer wieder positiv überrascht und gefreut. Während der Arbeit an der Studie ist die Überzeugung gewachsen, dass eine bessere Koordination und ein gegenseitiges Voneinanderlernen nicht nur notwendig ist, sondern von vielen gewünscht wird. Dabei wünsche ich mir, dass trotz der hohen Fluktuation innerhalb der IG der Bereich Jugend immer mehr zu einem zentralen Bereich der Entwicklungszusammenarbeit wird. Die Bedeutung dieser Zielgruppe für die Zukunft eines Landes, für Versöhnung und Demokratisierung ist nicht zu überschätzen. Unabhängig davon liegt es in der Verantwortung der Menschheit, allen jungen Menschen in der Welt eine schöne, hoffnungsvolle und liebevolle Zukunft zu ermöglichen. Konkret möchte ich mich bedanken bei den Vertreterinnen der deutschen Botschaft in Sarajevo, Margit Häberle und Verena Frick, die sich für diese Studie eingesetzt haben. Ohne Hans Jürgen Möller, der mir mit kollegialem und freundschaftlichem Rat immer wieder zur Seite stand und der sich für eine Bestandsaufnahme immer wieder stark gemacht hat, wäre diese Studie nicht zu Stande gekommen. Katja Huning hat mich in unterschiedlichen Phasen der Arbeit immer wieder motiviert, beraten und mich in vielfältiger Art und Weise unter- und gestützt und nicht zuletzt große Teile der Arbeit redigiert und korrigiert. Während der Arbeit durfte ich das Büro von D@dalos in Sarajevo mitbenutzen, wofür ich mich bei meinen Freunden Ingrid Halbritter und Nihad Mesić besonders bedanken möchte, die mir auch immer mit fachlichem Rat zur Seite standen. Ohne die vielen Interview- und Gesprächspartner und -partnerinnen, mit denen ich zum Teil freundschaftlich verbunden bin, wäre diese Arbeit nicht möglich gewesen. 62 Danke an Adnan Huskić, Alida Čović, Azra Djaić, , Blair Blackwell, Caroline Hornstein, Christian Koller, Christian Wochele, Christian Rickerts, Dagmar Troglauer, Edin Durmo, Elana Hviv, Emir Avdagić, Georg Schiel, Goran Tinjić, Hans Jürgen Möller, Marcus Becker, Markus Heintzer, Ingrid Halbritter, Massimo Morati, Nihad Mesić, Jan Zlatan Kulenović, Jeanette Burmester, Katharina Koprić, Lahira Sefija, Maria Prsa, Marija Kolobaric, Melissa Bajić, Meša Begić, Michael Schroen, Milan Mirić, Miriam Schroer, Nicola Tiezzi, Omar Filipović, Pedrag Puić, Renato Linkeš, Rubeena Ismael Arndt, Samir Agić, Schwester Madeleine Schildknecht, Ševala Hasanović, Susanne Prahl, Wam Kat, Yaelle Link, Zoran Jakšić, Zoran Kulundžić, die Germanistikstudentinnen (und die 2 Studenten) aus Sarajevo und Mostar Ost. Aida Babić und Arletta Muminović für Übersetzungen, Bojana Pajić-Rickerts für die Arbeit zum Teil Jugend in Serbien Montenegro und in Kroatien, Angelika Wagener für Korrekturhinweise und all den vielen anderen, die ich vergessen habe. Vor allem aber danke ich den vielen Menschen aus Bosnien und Herzegowina, die ich während meiner Zeit in diesem wunderschönen, aber auch gebeuteltem Land begegnet bin und die mir geholfen haben unterschiedliche Sichtweisen und Problemlagen ein bisschen zu verstehen und die mir gleichzeitig die Komplexität von Veränderungsprozessen deutlich gemacht haben und dabei immer Zeit für einen Kaffee hatten. Jugendarbeit in Bosnien und Herzegowina ANHANG 1. Jugend in Serbien und Montenegro & in Kroatien79 1.1 Probleme von Jugendlichen In Transitionsländern, die häufig80 unter Verarmung, unzureichenden sozialen Sicherungssystemen, Organisierter Kriminalität, hohen Quoten von Drogenabhängigkeit leiden, ist die Jugend der verletzbarste und der ärmste Teil der Bevölkerung. Speziell in den Ländern Südosteuropa hat das politische, soziale und ökonomische Geschehen seit den 90er Jahren die Jugendlichen bis heute stark in ihrer Entwicklung behindert und zu ihrer Marginalisierung beigetragen. Was in dieser Form für Bosnien und Herzegowina gilt, gilt genauso auch für seine beiden Nachbarländer Serbien Montenegro und Kroatien. Da die Politik und die jüngste Geschichte auf das Engste mit den beiden Nachbarländern verbunden ist und die Entwicklung in diesen Ländern direkten Einfluss auf die Entwicklung von BuH nimmt, lohnt es sich, die Situation in diesen beiden Ländern etwas genauer anzuschauen und Probleme und Lösungsansätze sowie Parallelen in der Entwicklung zu betrachten. Rahmenbedingungen In Serbien und Montenegro hat das 10jährige Regime von Slobodan Milosević ein sehr spezielles Lebensumfeld für die Heranwachsenden geschaffen. Im Jahr 2000 ist es zwar zu einem Regimewechsel gekommen, aber stabile politische und wirtschaftliche Strukturen, die die wichtigsten Voraussetzungen für eine stabile Dieser Teil basiert vollständig auf der Vorarbeit von Bojana Pajić Rickerts, die gezielt für diese Studie recherchiert hat. Die inhaltliche Verantwortung und Auswahl liegt beim Verfasser der Studie. 80 UNDP-Kroatien und CMS: “Izviješce o društvenom razvoju – Mladi u Hrvatskoj 2004”, Bericht, Zagreb, 2005, S.10 79 Demokratie sind, sind noch immer nicht vorhanden und das politische Umfeld ist speziell in Serbien auch weiterhin durch die Machtkämpfe zwischen den rechten Parteien gekennzeichnet. Die Jugend hat nicht viel mit den politischen Änderungen und den bisherigen Transformationsprozessen gewonnen. In Kroatien hat der Krieg, der in die Unabhängigkeit des Landes geführt hat, eine starke wirtschaftliche Krise verursacht, die trotz des Regierungswechsels 2000 noch immer zu spüren ist. Diese Instabilität wirkt sich auch auf die Jugend aus. Obwohl in den drei Ländern bzw. Landesteilen neue nationale Pläne für die Jugendpolitik als Teil der Strategie zur Annäherung an die EU entstanden sind und obwohl in diesem Feld deutlich mehr als in den 90er Jahren staatlich organisiert und initiiert wird, hat das Thema Jugend wie in BuH noch immer nicht genügend Priorität auf den politischen Agenden. Trotz des Umstandes, dass die untersuchten Länder auf unterschiedlichem Niveau bei ihrem Beitrittsvorhaben zur EU sind, können gemeinsame Problemfelder benannt werden, die sich grob in psycho-soziale, politische und wirtschaftlichen Felder unterteilen lassen. Politische, psychische und soziale Probleme Wie in BuH gibt es auch in Serbien, Montenegro und Kroatien keine Tradition von aktiver und partizipativer Teilhabe von Jugendlichen an der Gesellschaft, keine langjährige Erfahrung von Schulparlamenten oder vom Staat unabhängige Jugendorganisationen. Die Perspektivlosigkeit hat zudem zu zunehmenden Drogenprobleme geführt und die Abwanderung unter Jugendlichen verstärkt. Das serbische Ministerium für Aus63 Jugendarbeit in Bosnien und Herzegowina bildung und Sport hat 200281 veröffentlicht, dass von den ca. 400 000 Menschen, die in der letzten Dekade das Land verlassen haben, 30 000 Jugendliche waren und, dass noch immer viele Serbien verlassen wollen, wenn sie die Gelegenheit dazu bekommen. Wirtschaftliche Probleme Die Arbeitslosigkeit ist, ähnlich wie in BuH, eines der größten Probleme der Region (Kroatien: 18,6 %82, Serbien: 32%83, Montenegro: 21.2%84), wobei Jugendliche auch hier die am stärksten betroffene Gruppe bilden85 Sowohl die unqualifizierten jungen Arbeiter, die nur begrenzte Möglichkeiten haben, um legal auf dem Arbeitsmarkt eine Beschäftigung zu bekommen und die eigene Perspektive auf den grauen Markt richten müssen, als auch junge Akademiker teilen dieses Problem. Der Mangel an außerschulischen und staatlich anerkannten Qualifizierungsangeboten und eine noch immer starke Diskrepanz zwischen den Bedürfnissen des Arbeitsmarkts und der Ausbildungspolitik der jeweiligen Länder verschärfen diese Situation. Die Jugend ist auch der ärmste Teil der Gesellschaft und Armutsprogramme für Jugendliche gibt es fast keine. Aufgrund der allgemein schweren wirtschaftlichen Lage bleiben die Jugendlichen sowohl in Kroatien als auch in Ministry of Education and Sports, Youth Section: Report and Agenda for 2002 – 2003., “Priorities and Proposals for Constructing National Youth Strategy and Policy” Belgrade, 2002 82 “Izviješce o društvenom razvoju – Mladi u Hrvatskoj 2004”, UNDP Hrvatska i CMS, Zagreb, 2005 S. 19. 83 Business Information on Central and Eastern Europe, Number 2-2004, http://www.hvb.ro/pdf/CEE204.pdf, S. 26. 84 Djurovic, G; Radovic, M.; Boskovic, P.: Unemployment and Labour Market in Montenegro, 81 http://facta.junis.ni.ac.yu/facta/eao/eao2002/e ao2002-10.pdf, S. 4. In allen Ländern mehr als 1/3 von den Arbeitslosen sind die Jugendlichen, in Montenegro sogar mehr als 70% (vergleiche: http://www.helpev.cg.yu/projekte.php?subaction=s howfull&id=1115657214&archive=&start_from=&u cat=&) 85 64 Serbien und Montenegro länger in ihrer Rolle als Jugendliche als anderswo. Wegen der Hindernisse, eine eigene Karriere zu starten, wohnen sie länger bei den Eltern, gründen später ihre eigene Familie als die Generation zuvor und sind erst sehr spät in der Lage die Verantwortung für ihr eigenes Leben zu übernehmen. 1.2 Schulsysteme in Kroatien und Serbien Montenegro Die Schulsysteme von Kroatien, Serbien und Montenegro sind überwiegend staatlich und zentralistisch organisiert und noch immer von dem politischen Geschehen der 90iger Jahre in Ex-Jugoslawien geprägt. Sie vollführen einen Spagat zwischen den Nachkriegsproblemen (in Kroatien) bzw. den sehr schweren ökonomischen und politischen Transformationskrisen (in Serbien Montenegro) auf der einen Seite und den Reformen in Richtung einer EU-Mitgliedschaft auf der anderen Seite. Verwaltung, Finanzierung und Aufbau In den Ländern sind die jeweiligen Bildungsministerien für die Erstellung der Lehrpläne und administrative und fachliche pädagogische Aufsichten zuständig. In Serbien greifen allerdings diese Befugnisse tiefer als in Kroatien in die schulische Organisation ein. So hat z.B. die so genannte Schulverwaltung, die sich aus Schulleiter, Schulausschuss (fünf Vertreter, die von der Regierung benannt wurden), Elternbeirat und einem Teil des Lehrkörpers zusammensetzt, nur organisatorischen Kompetenzen. Die Lehrer- und Elternbeiräte sind an keiner Entscheidung beteiligt und haben keine Rechte. In Kroatien werden die Lehrpläne im Unterschied zu Serbien von Ausschüssen und Arbeitsgruppen des Kultusministeriums entwickelt, öffentlich zur Diskussion gestellt und erst dann implementiert. In Kroatien haben die Verwaltungsgremien an jeder Schule, die aus Vertretern der Lehrer und der Eltern sowie des Bildungsträgers bestehen, eigene Rechte und Befugnisse. So können sie z.B. unter anderem die Verab- Jugendarbeit in Bosnien und Herzegowina schiedung der jährlichen Lehrpläne und Schulprogramme kontrollieren. Träger der meisten Schulen in beiden Ländern sind die Kommunen. Durchschnittlich werden von staatlicher Seite zwischen 3,2 und 5,6 % des Bruttosozialproduktes in die Schulsysteme investiert. Es besteht in beiden Ländern die gesetzlich geregelte Möglichkeit, private Ausbildungsträger zu gründen und zu leiten. In beiden Ländern sind die Schulsysteme zwischen Primär-, Sekundar- und Postsekundarschule aufgeteilt. Die Primarschulen umfassen dabei eine obligatorische 8-jährige allgemein bildende Grundschulausbildung. Die Lehrpläne werden in obligatorische und optionale Curricula und extra-curriculare Aktivitäten (d.h. Pflichtund Wahlfächer sowie unterschiedliche fakultative Programme, Ergänzungsunterricht für schwächere SchülerInnen usw.) unterteilt. Die Sekundarschulen dauern in der Regel 3 - 4 Jahre und können grob in Gymnasien, Berufsschulen mit sehr unterschiedlichen praxisbezogenen Programmen und Kunstschulen unterteilt werden. In Kroatien gibt es zudem noch Ausbildungsprogramme für qualifizierte Arbeitskräfte, die bis zu zwei Jahre dauern. Alle Länder haben zusätzliche Sonderschulen für körperlich oder geistig behinderte Kinder (bis zu 3 Jahren). Probleme und Reformen Das zentralisierte Schulsystem und die überfrachteten Curricula werden in allen Ländern als Problem genannt. Unterschiedlicher Reformbedarf wird in folgenden Feldern geschildert: In Kroatien werden als wichtigste Probleme das Fehlen von gesetzlich vorgeschriebenen pädagogischen Standards auf der Staatsebene, der Mangel an Schulgebäuden insbesondere Sporthallen, die fehlende Ausstattung an Lehrmitteln und Medien, an qualifizierten Lehrkräften, und die Zergliederung des Schulsystems benannt.86 Neben den oben genannten Problemfeldern werden in Serbien und Montenegro die hierarchische Verwaltungsstruktur und der große Bürokratieapparat als dringendste Probleme gesehen, die direkte Beteiligung an den Entscheidungen in der Schule verhindern. Es gibt zu viele Richtlinien, von denen einige zudem widersprüchlich sind, da in diesem Land die Rechtsreformen noch immer nicht vollendet worden sind. Die juristische Situation wurde 2000 noch verschärft, da es seitdem zu einigen Regierungsänderungen in Serbien gekommen ist, die immer auch neue Bildungsminister und Gesetzesinitiativen hervorgebracht hat. Die Instabilität in der Beziehung zwischen den Republik Serbien und Republik Montenegro spielt zusätzlich noch eine große Rolle in der politischen Kontinuität. Diese hat dazu beigetragen, dass die Probleme im Bildungswesen noch nicht einmal im Ansatz gelöst sind.87 In allen Ländern wurden viele einzelne Projekte von lokalen NGOs initiiert und durchgeführt. Beispiele sind die Organisation von Lehrmitteln, die Verbesserung der Schulbibliotheken und Schuleinrichtungen, Weiterbildung von Lehrern, regionale Kooperationen, Unterstützung der nationalen Minderheiten (hauptsächlich Roma) und geschlechtspezifische Arbeit. Diese Initiativen werden hauptsächlich durch den Stabilitätspakt, den Europarat, Open Society Fund, UNICEF, UNESCO, OSZE, Education Sector Support Program (ESSP) und CIDA finanziell unterstützt. 1.3 Jugend und politische Bildung Die bisherigen Angebote an politischer Bildung in Kroatien und Serbien und Montenegro lässt sich auf die zwei Hauptebenen unterteilen: Petrovic, A, Hebib, E., Spasenovic V.: „Serbien“ im Hrsg. Döbert H., Hörner, W., von Kopp B., Mitter W.: Die Schulsysteme Europas, Schneider Verlag Hohengehren GmbH, Blatsmannweiler, 2004, S. 503 87 Palekcic, M., Zekanovic, N.: „Kroatien“ im Hrsg. Döbert H., Hörner, W., von Kopp B., Mitter W.: Die Schulsysteme Europas, Schneider Verlag Hohengehren GmbH, Blatsmannweiler, 2004, S. 242 86 65 Jugendarbeit in Bosnien und Herzegowina Staatliche, formelle (schulische) politische Bildung Obligatorische und nicht-obligatorische schulische Angebote wurden als neue bzw. Erweiterung von bestehenden Fächern als Teil der Schulcurricula eingeführt. Zivilgesellschaftliche, informelle politische Bildung Außerschulische Programme, die hauptsächlich von NROs durchgeführt werden Schulische politische Bildung Die Situation der politischen Bildung in den Grund- und Mittelschulen in Serbien, Montenegro und Kroatien ist sehr unterschiedlich und spiegelt den Grad der Annähung zur EU und den damit verbundenen Grad des Demokratisierungsprozesses wieder. In allen Ländern wurde die Initiative des Europarat Education for Democratic Citizenship (EDC), übernommen und in Form von Kooperationsprojekten zwischen lokalen NROs88, dem Staat und internationalen Organisationen (hauptsächlich dem Europarat, UNESCO, UNICEF, OSZE und Open Society Fund) auf unterschiedliche Weise implementiert. Serbien und Montenegro Obwohl es in Serbien in den Grundschulen keine obligatorischen Fächer gibt, die den Namen politische Bildung tragen, beinhalten einige entsprechende Elemente. Der Geschichtsunterricht in Südosteuropa beinhaltet qua Definition politisch gefärbte Sichtweisen. Das Fach Natur und Gesellschaft (Priroda i društvo) beinhaltet zudem politisch gefärbte Themenblöcke, da dieses Fach mit Fragen der Staatlichkeit sowie nationaler Werte und Symbole verbunden ist. In Montenegro gibt es in den Grundschulen zudem in der 6. und 7. Klasse obligatorisch das Fach Bürgerliche Erziehung (Gradjansko vaspitanje), das eng mit 88 In Kroatien, u.a.: Centre for Peace Studies, Small Step, Forum for the Freedom of Education, Amnesty International - Croatia, European House, European Movement - Croatia, Europe Youth Club, Step by Step, Croatian Helsinki Committee, Croatian Debate Society; in Serbien und Montenegro: Jugoslovenski centar za prava deteta neben den UNICEF (Serbien), Open Society Fund (Serbien) 66 dem EDC-Programm verbunden ist und als Kooperationsprojekt zwischen dem Staat und NROs in der Schule implementiert wurde. In allen Mittelschulen Serbiens und Montenegros gibt es ein einjähriges obligatorisches Fach, das sich „Verfassung und Bürgerrechte“ (Ustav i prava gradjana) nennt und sich dem verfassungsrechtlichen Rahmen und den Bürgerrechten widmet. Dieses Fach bezieht sich auf den nationalen Rahmen, bringt aber gleichzeitig der Jugend nur wenig Wissen über die praktische Politik des Landes, die Parteienlandschaft oder einen Überblick über die wichtigsten politischen Fragen. Dieses Fach wird 2006 in Montenegro im Zuge der Ausbildungsreformen abgeschafft. Stattdessen wird das nicht obligatorische Fach Bürgerliche Erziehung angeboten. Gradjansko vaspitanje wurde in Serbien erstmals im Schuljahr 2001/02 unterrichtet.89 Ähnliche Initiativen, die verstärkt Demokratiewerte unterrichten wollen, gab es allerdings bei unterschiedlichen NROs seit 1992. Als nichtobligatorisches Fach und Teil des Curricula gibt es heute Demokratieerziehung in der ersten, zweiten und dritten Klasse der Grund- und Mittelschulen sowie als außercurriculare Aktivität in Form von unterschiedlichen Projekten (z.B. „Projekt Bürger“), die durch NROs in die Schule gebracht wurden. Für diese Projekte wurden Lehrer speziell trainiert und vorbereitet. Als wichtigste Probleme bei der Implementierung dieser Fächer werden der Mangel an einer einheitlichen Ausbildungsstrategie, die Notwendigkeit der Verbesserung dieser Programme, Training von Lehrern und die Offenheit für alle Schüler genannt. 90 89 mehr auf: http: http://www.coe.int/T/E/Cultural_Cooperation/education/E.D.C/Country_profiles/ country_profile_SERBIA.asp#TopOfPage, Concil of Europe A., Fountain, Mclean H: “Civic Education in Primary and Secondary Schools in the Republic of Serbia, An Evaluation of the First Year 2001-2002, and Recommendations, UNESCO, UNICEF, OSI, Belgrade 2002 oder unter http://www.see90Smith, Jugendarbeit in Bosnien und Herzegowina Eine deutliche Schwierigkeit besteht zudem daran, dass Bürgerliche Erziehung häufig als Alternative zum Religionsunterricht angeboten wurde, so dass viele Kinder nicht die Möglichkeit haben, beide Fächer zu besuchen. Religionsunterricht in Serbien bedeutet allerdings nicht nur eine Unterrichtung in der nationalen serbisch-orthodoxen Religion, die für traditionelle und konservative Werte in der Gesellschaft eintritt, sondern gleichzeitig eine Demokratieerziehung z.B. durch die Thematisierung der Frauenrolle in der Gesellschaft, der Rolle der Familie und multikultureller Werte in der Gesellschaft. Die Konkurrenz zwischen diesen beiden Fächern hat bisher dazu geführt, dass die Mehrheit der Schüler sich für das Fach Religion entschieden hat. Demokratieerziehung hat sich so eher als ein Unterrichtsfach für die nationalen Minderheiten und Kinder von Intellektuellen, die mehrheitlich das Gymnasium besuchen, entwickelt. In Montenegro gibt es keinen Religionsunterricht an den Schulen. Kroatien Kroatien ist das einzige Land, das seit Mitte der 90er Jahre ein breites nationales Programm für die Ausbildung in Menschenrechten (Nacionalni program odgoja i obrazovanja za ljudska prava) entwickelt hat. Dieses Programm besteht aus einem komplexen Ausbildungskonzept zur Erziehung von demokratischen Bürgern, das auf allen Ausbildungsebenen (von der Vorschule bis zur Erwachsenenbildung) umgesetzt wird91. 1999 wurde unter dem Namen „Ausbildung für Menschenrechte und eine demokratische Bürgerschaft“ (Education for Human Rights and Democratic Citizenship) ein übergreifendes Programm als Teil der Grundschulcurricula erdacht, das über Menschenrechte und Grundprinzipien der Demokratie aufklärt und individuelle Aktivitäten und eine aktive Partizipation fördert. Dieser Ansatz versteht sich als educoop.net/education_in/pdf/civic-edu-seryug-srb-t05.pdf mehr auf: //www.coe.int/T/E/Cultural_Cooperation/education/E.D.C/Country_profiles/count ry_profile_CROATIA.asp#TopOfPage, Councile of Europe interdisziplinär, und wurde als nicht-obligatorisches Fach, das auch außerschulische Aktivitäten umfasst, in die Grundschulen implementiert. Zudem wurde in den Mittelschulen als obligatorisches Fach Politik und Wirtschaft (Politika i gospodarstvo) eingeführt, das ähnlich wie in Serbien die Verfassung und Bürgerrechte, das politische System und Bürgerrechte thematisieren soll. Als Kooperation zwischen NROs (z.B. GONG NRO Netwerk, www.gong.hr ) und dem Staat gibt es zudem für Schüler, die kurz vor der Volljährlichkeit stehen und damit die Wahlberechtigung erlangen (18 Jahre), in den letzten Klassen der Mittelschulen die Möglichkeit, mehr über die eigenen politischen Rechte und eigene Partizipationsmöglichkeiten zu erfahren. (z.B. das Projekt „I vote for the first time“92). Analog zum serbischen System gibt es in Kroatien Religionsunterricht, der hier allerdings nicht in Konkurrenz zur staatsbürgerlichen Erziehung steht, sondern in der Grundschule als nichtobligatorisches Fach und in den Mittelschulen als Alternative zum Ethikunterricht als fakultatives Fach (d.h. eins von diesen beiden Fächern ist obligatorisch) gewählt werden kann. Interessante Organisationen diesem Bereich Serbien „Gradjanske inicijative“, www.gradjanske.org; Studentska unija Srbije“, www.sus.org.yu Fond Centar za Demokratiju“, http:www.centaronline.org Politeia, skola za civilno drustvo“, www.centaronline.org/politeia „Centar za antiratnu akciju“, www.caa.org.yu Beogradski centar za ljudska Belgrad: www.bgcentar.org.yu Beogradska otvorena skola“, www.bos.org.yu in Belgrad: Belgrad: Belgrad: Beograd: Belgrad: prava“, Belgrad: Kroatien 91 92 mehr auf: http://www.gong.hr/ 67 Jugendarbeit in Bosnien und Herzegowina Demokratska incijativa mladih“, Zagreb: www.dimonline.hr Centar za mirovne studije“, Zagreb: www.cms.hr Gong“, Zagreb: www.gong.hr “ZUM- Udruga za poticanje zapošljavanja i strucno usavršavanje mladih“ , Pula : www.zum.hr „Mreza mladih Hrvatske“, Zagreb: www.mmh.hr Montenegro „Centar za gradjansko Podgorica: www.cgo.cg.yu obrazovanje“, Nichtschulische politische Bildung Die Programme lokaler Nichtregierungsorganisationen sind die wichtigsten außerschulischen Angebote politischer Bildung für Jugendlichen in den beiden Ländern. In Kroatien und Serbien und Montenegro lassen sich die Programme grob in Ausbildung zur Demokratie und Stärkung der eigenen Rolle in der Gesellschaft unterteilen: Die Angebote umfassen das Lernen von Bürgerrechten, aktive Teilhabe am politischen und gesellschaftlichen Leben, Multikulturalität, Menschenund Minderheitenrechte, Genderthemen und Ausbildung der jungen politischen Elite. Methodisch werden diese Programme hauptsächlich durch unterschiedliche Seminare, Schulen und regionale Austauchprogramme betrieben. Das Spektrum der Organisationen ist sehr breit und kann hier nur exemplarisch anhand von potentiellen Partnern in diesem Feld umrissen werden 1.4 Einstieg ins Berufsleben Staatliche Initiativen und Initiativen privater Unternehmen Nach dem Schul- und Universitätsabschluss ist seit den Zeiten des ehemaligen Jugoslawiens eine einjährige Praxisphase (pripravnicki staz) staatlich vorgeschrieben, die in allen Ländern rechtlich in groben 68 Zügen durch Arbeitsgesetze geregelt wird93. Die Arbeitsbedingungen (Mindestlohn, Arbeitszeiten usw.) sind zudem durch Rahmentarifverträge gewerkschaftlich auch für die Berufseinsteiger ausgehandelt worden. Diese Phase kann mit einem Volontariat verglichen werden und wird in der Regel bezahlt (wenn nicht, besteht die Möglichkeit, Geld bei staatlichen Arbeitsämtern (Zavod za zaposljavanje) zu beantragen). Praktika im westlichen Sinn gibt es nur selten, da sie nicht als Voraussetzung betrachtet werden, um einen Job zu bekommen. Vakante Positionen staatlicher Unternehmen müssen zwar öffentlich ausgeschrieben werden, sind allerdings häufig schon vorher vergeben worden. Die Zavodi za zaposljavanje in den jeweiligen Ländern bieten außer Stellenvermittlung zumindest theoretisch unterschiedliche Ausbildungs- und Weiterbildungsmöglichkeiten an, um sowohl jungen Arbeitslosen als auch Volontären den Berufseinstieg zu erleichtern. Dazu kommen Angebote professioneller Orientierung, unterschiedlicher online-Jobpools, die als Plattform zwischen den Arbeitgebern und Arbeitnehmern fungieren sowie finanzielle Unterstützung während des Volontariats.94 Wegen der großen Anzahl an Menschen, die eine Stelle suchen, sind die Unternehmen grundsätzlich nicht gezwungen, Strategien zur Rekrutierung von Arbeitnehmern zu entwickeln – es werden höchstens ohnehin freie Stellen ausgeschrieben. Da die jeweiligen Staaten noch keine Schutzmechanismen für Berufsanfänger entwickelt haben, die gleichzeitig in der Praxis von privaten Unternehmen respektiert sind, stoßen die Jugendlichen gerade bei einer Tätigkeit für nichtstaatliche Firmen oft auf eine Reihe von Problemen. 93 http://www.jpm.co.yu/documents/1/laws/Zak on_o_radu.pdf, Arbeitsgesetz, Serbien http://www.hus.hr/DesktopModules/MonoX/i mages/Hrvatska+udruga+sindikata/Repository /docs/zor2004.doc, Arbeitsgesetz, Kroatien 94 mehr auf: http://www.rztr.co.yu, Nacionalna sluzba za zaposljavanje, Serbien http://www.zzzcg.org, Zavod za zaposljavanje, Montenegro www.hzz.hr, Zavod za zaposljavanje, Kroatien Jugendarbeit in Bosnien und Herzegowina In Serbien und Montenegro z.B. bedeutet das, dass Arbeitnehmer mit einer mittelfristig angelegten Stelle oft (länger als ein Jahr) mit einer großen Unsicherheit rechen müssen – viele private Firmen kommen ihrer Pflicht, Kranken- und Sozialenversicherungsbeiträge für ihre Mitarbeiter zu zahlen, nicht nach, melden sie nicht an und schließen keine Arbeitsverträge ab. Hinzu kommt das Phänomen der so genannten „Probezeit“, die bis zu sechs Monate dauert (in der Praxis sind es oft nur drei), die in vielen Fällen stark unterbezahlt wird. Da für die Unternehmen diese Art von Beschäftigung am profitabelsten ist, werden nach Ablauf der Probezeit viele junge Leute entlassen und durch einen neuen, unterbezahlten Berufseinsteiger ersetzt. Selbstverständlich erhalten die Arbeitnehmer, die nach Ablauf der Probezeit aus unterschiedlichen Gründen (wie z.B. oft wegen der „schlechten Arbeit“) von den Unternehmen entlassen werden, in denselben Unternehmen keine Aussicht auf ein angemessen entlohntes längerfristiges Arbeitsverhältnis. Mit oder ohne provisorischen Arbeitsvertrag und ohne staatlichen Schutz vor dieser Art moderner Ausbeutung sind viele junge Menschen in der Situation, jahrelang von „Probezeit“ zu „Probezeit“ zu wandern. zivilgesellschaftliche Initiativen beteiligen sollten. 1.5 Kurze Schlussbemerkung Grundsätzlich ist, wenig überraschend, zu beobachten, dass die Probleme in Serbien und Montenegro und Kroatien denen in Bosnien und Herzegowina sehr ähneln. Gerade darum ist es wichtig in einen intensiveren Austausch zu treten. Aufgrund der gemeinsamen Geschichte und der in vielen Bereichen vergleichbaren politischen und ökonomischen Situation muss der Kontakt zwischen den Akteuren dringend verbessert werden. Genauso wie bei vielen Jugendbegegnungen die Teilnahme von Jugendlichen aus den Nachbarländern als Erfolg gewertet wird, sind ein Austausch der Konzepte und Erfahrungen und ein Kontakt zwischen den Akteuren, hier besonders auch den lokalen Multiplikatoren ein wichtiges Ziel für die Zukunft der gesamten Region. Nichtregierungsorganisationen Auch Nichtregierungsorganisationen bieten unterschiedliche Programme und Seminare an, z.B. zur Weiterbildung, Vorbereitung für den Bewerbungsprozess sowie zu Interviews, Jobsuche, beruflicher Selbstständigkeit. Um Jobeinsteigern zu helfen, bieten auch studentische Organisationen Weiterbildungsmöglichkeiten z.B. bezüglich Bewerbungsstrategien an. Spezielle Online-Jobpools, die in Zusammenarbeit mit den regionalen studentischen Arbeitsgenossenschaften aufgebaut worden sind, stellen Kontakte zu potenziellen Arbeitgebern her und bieten praxisbezogene Mentorenprogramme und Seminare an. Zusammenfassend lässt sich in den jeweiligen Ländern noch großer Bedarf an Unterstützung für Berufseinsteiger feststellen, an der sich nicht nur staatliche Einrichtungen, sondern auch Unternehmer und 69 Jugendarbeit in Bosnien und Herzegowina – Anhang: Kontaktadressen 2. Liste der Gesprächspartner / Interviewpartner Organisation Caritas /Arbeitsgruppe Entwicklung und Fachkräfte, AGEF Centar za Obrazovanje i Druženje, COD Jajce cooperazione e sviluppo, CESVI Council of Europe Dadalos Name Hans Jürgen Möller Samir Agić Dagmar Troglauer Melissa Bajić Ingrid Halbritter, Nihad Mesić Deutscher Akademischer Austauschdienst, DAAD Christian Koller Dom Mladih / Trebinje Pedrag Puić European Union Forces, EUFOR Hauptmann Becker Friedrich Ebert Stiftung, FES Zoran Kulundžić Gesellschaft für technische Zusammenarbeit, Rubeena Ismael Arndt, GmbH; gtz Jeanette Burmester Goethe Institut Michael Schroen Goethe/OSZE Katharina Koprić Heinrich Böll Stiftung, HBS Azra Dzajić , Alida Čović Institut für Internationale Zusammenarbeit des Emir Avdagić Deutschen Volkshochschulverbandes, IIZDVV International Council of Voluntary Agencies, ICVA Milan Mirić IPAK Lahira Sefija Kids Festival / Viakult Susanne Prahl Kolaps Meša Begić Konrad Adenauer Stiftung; KAS Caroline Hornstein Narko Ne Schwester Madeleine Schildknecht Omladinski Informatia Agencia OIA Jan Zlatan Kulenović Omladinski Kulturni Centar Abrašević, OKC Marija Kolobaric Mostar interculture Festival, Mifoc Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Blair Blackwell Europa OSZE – Education – Headquarter Pax Christi / Flüchtlingshilfe Langen Georg Schiel Robert Bosch Stiftung Christian Wochele Schüler Helfen Leben Omar Filipović Ševala Hasanović Scorpio Extremsport Edin Durmo United Nations Development Program, UNDP, Nicola Tiezzi Unitied Nations Volunteers, UNV Weltbank Goran Tinjić Youth Forum / Trebinje Zoran Jakšić 70 Ort Banja Luka Jajce Banja Luka Sarajevo Sarajevo Sarajevo Trebinje Butmir Sarajevo Sarajevo Sarajevo Sarajevo Sarajevo Sarajevo Sarajevo Tuzla Sarajevo Travnik Sarajevo Sarajevo Sarajevo Mostar Sarajevo Zenica Mostar Sarajevo Ilidža Zenica Sarajevo Sarajevo Trebinje Jugendarbeit in Bosnien und Herzegowina 3. Liste von aktiven Organisationen Listen zur besseren Übersicht und Vernetzung der Projekte im Jugendbereich werden aus Platzgründen nur in der Digitalen Version angefügt. Die Omladinska Informativna Agencija hat unter http://oiabih.info/org/ eine Datenbank mit Adressen von Jugendorganisationen aus ganz BiH zusammengestellt, die sowohl nach Städten, als auch nach Themen sortiert werden kann. Das Helsinki Citizen Assembly – Omladina BiH Net hat ebenfalls eine Liste zusammengestellt, die Online abrufbar ist. Unter http://www.omladina-bih.net/eng/englishFrameset.htm finden sich, nach Städten geordnet, Kontaktdaten zu über 150 Organisationen die im Mitglied im Youth Network sind. 4. Liste der zuständigen Ministerien für den Bereich Bildung und Jugend Gesamtstaatliche Ebene Ministerium für civil Affairs Gesamtstaatliche Ebene Vorsitzender des Ministerrats von BuH Republika Srpska Sekretär für Sport und Jugend der Republika Srpska Vuka Karadžića 4 78000 Banja Luka Tel: +387 51 331 769) Tel: +387 (0)51-331422 Fax: +387 (0)51-331423 Pädagogisches Institut der Republika Srpska Miloša Obilića 39, 78000 Banja Luka Tel/Fax: +387 (0) 51 430100 Ministerium für Kultur und Sport Büro Sarajevo Obala Maka Dizdara 2 71000 Sarajevo Tel: +387 (0)33 254189 Föderation Kanton 1: Una-Sana kanton) Tel: +387 (0)33 221074 www.mcp.gov.ba Tel: +387 (0)33 663519, www.vijeceministara.gov.ba Büro Mostar Tel/Fax: +387 (0)36 580012 Adema Buće 34 88000 Mostar Alije Đerzeleza 2; 37000 Bihać Tel/Fax: +387 (0)37 331 077 (Unsko-sanski Kanton 2: Posavina (Posavski kanton) Kanton 3 Tuzla (Tuzlanski kanton) III Ulica 27 76270 Orašje Slatina 2 75000 Tuzla Tel/Fax: +387 (0)31 713356 Tel: +387 (0)35-281293 Fax: +387 (0)35 283340 71 Jugendarbeit in Bosnien und Herzegowina – Anhang: Kontaktadressen Kanton 4 Zenica-Doboj dobojski kanton) Kučuković 2, 72000 Zenica (Zeničko- Tel: +387 (0)32 415202 Fax: +387 (0)32 413202 Pädagogisches Institut Sarajevska 77, 72000 Zenica Kanton 5 Kulina Bana 3 Bosnisches Podrinje 73000 Goražde (Bosansko-podrinjski kanton) Pädagogisches Institut Kulina Bana 3 73000 Goražde Kanton 6: Stanicna 43 Mittelbosnien 72270 Travnik (Srednjobosanski kanton) Tel: +387 (0)32 414477 Fax: +387 (0)32 401627 Tel/Fax: +387 (0)38 224259 Kanton 7 Herzegowina-Neretva (Hercegovačko-neretvanski kanton) Tel: +387 (0)36 310194 Stjepana Radića 3 88000 Mostar Tel/Fax: +387 (0)38 224259 Tel: +387 (0)30 518675 Fax: +387 (0)30 510452 Pädagogisches Institut Ost Mostar Kralja Zvonimira 14 88000 Mostar Kanton 8 Stjepana Radića 3, 88220 West-Herzegowina (Zapadno- Široki Brijeg hercegovački kanton) Tel: +387 (0)36 316655 Kanton 9 Sarajevo (Sarajevski kanton) Reisa Džemaludina Ćauševića 1, 71000 Sarajevo Tel: +387 (0)33 443634 Fax: +387 (0)33 211487 Pädagogisches Institut Maršala Tita 54/II 71000 Sarajevo Stjepana II Kotromanića bb, 80101 Livno Tel: +387 (0)33 233827 Fax: +387 (0)33 214890 Kanton 10 72 Tel: +387 (0)39 705801 Fax: +387 (0)39 703235 Tel/Fax:+387 (0)34 200900 Jugendarbeit in Bosnien und Herzegowina 5. Ausgewählte Jugend Lobbygruppen und Netzwerke Omladinska Informativna Agencija (OIA) Omladinski Komunikativni Centar Banja Luka (OKC) Helsinki Citizen Assembly (HCA) hCa Banja Luka Svjetskog univerzitetskog servisa 6. Branilaca Grada 19b 71000 Sarajevo Tel: +387 (0)33 209753 Fax: +387 (0)33 209753 Email: [email protected] Web: http://www.oiabih.info Youth Communication Center Tel: +387 (0)51 347431 (YCC-OKC) Fax: +387 (0)51 347 432 Kralja Petra I Karađorđevića e-mail: [email protected] 113-115 web: http://www.okcbl.org 78000 Banja Luka Youth resource Centre (ORC) Tel/Fax: +387 (0)35 258077 TUZLA e-mail: [email protected], hCa Tuzla [email protected] Hadzi Bakirbega Tuzlica 1, 75000 Tuzla Krfska 84 Tel: +387 (0)51 432 751 78000 Banja Luka Fax: +387 (0)51 432 752 e-mail: [email protected], [email protected] web: http://www.omladinabih.net Zmaja od Bosne bb 71000 Sarajevo Tel: +387 33 266 441 Fax: +387 33 200 070 Email: [email protected] Web: http://www.sus.ba Deutsche Organisationen / Projekte deutscher Träger Nachfolgende Liste enthält Anschriften und Kontaktdaten von deutschen Organisationen bzw. lokal registrierten Organisationen, die überwiegend von deutschen Geldern finanziert werden bzw. von diesen gegründet wurden. Eine ausführlichere Selbstdarstellung einiger der Organisationen ist in digitaler Form zu erhalten. Organisation Deutsche Botschaft Sarajevo Stiftugen Friedrich Ebert Stiftung, FES Friedrich-Naumann-Stiftung SOE Kontakt und Anschrift Buka 11-13, 71000 Sarajevo 00387 (0)33 275 000 [email protected] www.sarajewo.diplo.de Michael Weichert 00387-(0)33-264050 Bulevar Mira 13/A8, 11000 Belgrad, Serbien und Montenegro Tel./Fax: 00 381.(0)11.3066824 [email protected] 73 Jugendarbeit in Bosnien und Herzegowina – Anhang: Kontaktadressen Heinrich Böll Stiftung, HBS Regionalbüro Sarajevo Cekalusa 42 71000 Sarajevo 00387 (0)33 260-450 [email protected] , www.boell.de Konrad Adenauer Stiftung, Dr. Christina Catherina Krause KAS Dijana Prljic Cobanija 6, 71000 Sarajevo 00387 (0)33 215 240 [email protected], [email protected] www.kas-sarajevo.com Rosa Luxemburg Stiftung Fritz Balke Franz-Mehring-Platz 1, 10243 Berlin Tel. 0049 (0)30 - 44310-153 Fax 0049 (0)30 - 44310-180 [email protected], www.rosalux.de NGOs Bosch Stiftung Christian Wochele Hadomerovica 16, 88 000 Mostar 00387-(0)61-499143 [email protected], www.boschlektoren.de Caritas Hans Juergen Moeller Mladena Stojanovica 6, 78000 Banja Luka 00387-(0)51-318 211 [email protected] [email protected], www.wiso-bosnien.com Dadalos Udruzenje Gradjana D@dalos – Udruzenje za mirovno pedagogski rad Ingrid Halbritter Mravovac 1, 71000 Sarajevo 00387-(0)33-441 268 [email protected], www.dadalos.org Deutscher Akademischer Christian Koller Austauschdienst, DAAD Filozofski Fakultet Sarajevo Franje Rackog 1, 71000 Sarajevo 00387-(0)33- 253259 [email protected] www.daad.de Filosofski Fakultet Banja Luka Heiko Nauth, [email protected] Friedenskreis Halle U.G. „OMLADINSKI CENTAR – JAJCE“ SAMIR AGIĆ A.B. BUSICA B.B., 70101 JAJCE 00387 (0)30 654-027 [email protected] oder [email protected] http://oc.jajce.info Gesellschaft für technische Projekt zur Förderung der Beruflichen Bildung in BiH Zusammenarbeit, GTZ Jeanette Burmester Splitska 14, 71000 Sarajevo 00387-(0)33- 216 162 74 Jugendarbeit in Bosnien und Herzegowina [email protected]; www.gtz.de Gesellschaft für technische Jugendprogramm Zusammenarbeit, GTZ Rubeena Esmail-Arndt Splitska 6, 71000 Sarajevo 00387 (0)33 443 992 [email protected] www.gtz-mladi.org Goethe Institut Michael Schroen Bentbasa 1a, 71 000 Sarajevo 00387 (0)33 570 000 [email protected] www.goethe.de/sarajevo Institut für Internationale Emir Avdagić Zusammenarbeit des Branilaca Sarajeva 24/2, 71 000 SARAJEVO Deutschen Volkshochschul- +387 33 215 252 Verbandes e.V., IIZ DVV www.inebis.org, www.iiz-dvv.de IPAK Tuzla Lahira Sejfija Patriotske lige 10, 75 000 Tuzla 00387-(0)35- 257 474 [email protected] www.ipak.de, www.krizevici.com Pax Christi - Flüchtlingshilfe Georg Schiel Langen Zavno BiH - 113 Zenica 00387-(0)32-418-935 [email protected] www.paxchristi.de , www.fhl-langen.de PONS Bijelina U druženje građana “ Pons” Bijeljina Kokoruš Slavica, Ilić Dragana Beogradska 38, 76 300 Bijeljina 00387-(0)55 – 220 - 251 [email protected], www.ponsbih.org Schüler Helfen Leben, SHL Omar Filipović / Ševala Hasanović Lepenićka 89 BuH - 71210 Sarajevo / Ilidža 00387-(0)33-773000 (Haus) 00387-33-550660 (Office) [email protected]; [email protected] www.shl.ba www.schueler-helfen-leben.de Südost Europa Kultur Suedost Europa Kultur e.V. Bijeljina Centre Danijela Colakovic Beogradska 38, 76 300 Bijeljina 00387 (0)55 220 [email protected] Viakult – Kids Festival Susanne Prahl Halilbasica 52 - 71000 Sarajevo 00387-(0)33-232644 [email protected] www.kidsfest.ba Zentralstelle für das Rainer Strobelt Auslandsschulwesen (ZfA) 00387- (0)33 665289 [email protected], www.zfa-sarajewo.dasan.de 75 Jugendarbeit in Bosnien und Herzegowina – Anhang: Kontaktadressen 6. Materialliste In den letzten Jahren wurden von vielen Organisationen Trainingsmaterialien erstellt. Viele der Publikationen wurden nur für ein spezifisches Training erstellt, andere sind für eine größere Zielgruppe nutzbar. Folgende Liste listet eine kleine Auswahl der erstellten Publikationen. Organisation Caritas / AGEF Caritas / AGEF Centar za nenasilnu Akciju (CNA) Omladinski Kulturni Centar (OKC) Schüler Helfen Leben (SHL) Schüler Helfen Leben (SHL) Material Businessplan Handout Stellendatenbank www.wiso-bosnien.com Trainingsmanual Gewaltfreie Aktion http://www.nenasilje.or g/publikacije/pdf/CNA -prirucnik.pdf Freiwilligen Broschüre SV Handbuch http://www.shl.ba/dow nloads/file_14.pdf Medien Handbuch Schüler Helfen Leben (SHL) Trainer Handbuch http://www.shl.ba/dow nloads/file_19.pdf UNDP Dadalos Broschüre Businessplan Demokratie – Menschenrechte CD – ROM OHR / Care International Broschüre für Selbstständige 76 Inhalt Sprache lokal Online Datenbank für Stellensuche und Stellenangebote für deutschsprachige Trainingsübungen Trainerhandbuch Deutsch/ lokal 5 regionale Sprachen lokal Was ist SV? Wie arbeitet SV? Aktions- und Projektplanung Kleine Einführung Journalismus Recherche Finanzierung Druck Zeitungsjournalismus Gruppen- und Seminarleitung, Veranstaltungsorganisation Porjektmanagement Teammanagement Wie gestalte ich einen Businessplan (Handout) Informationen und Arbeitsmaterialien zum Bereich Demokratie, Menschenrechte und Zivilgesellschaft Businessplan Marktanalyse Registrierung, Kosten, Steuern etc. lokal lokal lokal lokal 8 regionale Sprachen, Englisch, Deutsch Englisch