Firmenautos
Transcription
Firmenautos
1/2014 Firmenautos g i d n ü b & z kur Firmenautos: Mythen und Wahrheit Die Abschaffung des sogenannten „Firmenauto-Privilegs“ soll 1,6 Milliarden Euro an zusätzlichen Steuern bringen. Das klingt verlockend, beruht aber auf falschen Zahlen und steuerlichen Fehlannahmen. In Wahrheit existiert kein Privileg. 8% 86 % Privat-Autos 6% 8% 86 % Privat-Autos Firmenautos ohne Privatnutzung Firmenautos mit Privatnutzung Firmenautos ohne Privatnutzung Quelle: Statistik Austria, ÖAMTC Abb. 1: Pkw-Bestand 2013 6 % und Institutionen) Firmenautos mit und ohne Privatnutzung (z.B. von Betrieben Firmenautos mit Vorführwagen machen zusammen rund 14 Prozent des Pkw-Bestandes aus. 10 % 15 % Abb. 2: Pkw-Neuzulassungen 2013 7% Kurzzulassungen (bis 30 Tage) Vorführwagen und Kundenfahrzeuge Privat-Autos 4015%% Kurzzulassungen (bis 30 Tage) Privat-Autos 40 % Privatnutzung Leihwagen 2% Polizei, Taxis, Gästewagen 10 % 26 % 7% Leihwagen Firmenautos mit 2 %/ohne Privatnutzung Polizei, Taxis, Gästewagen 26 % Firmenautos mit /ohne Privatnutzung Quelle: Statistik Austria, Eurotax, ÖAMTC und Kundenfahrzeuge Oft wird von „Dienstwagen-Privileg“ und dessen „Subventionierung“ in Milliardenhöhe gesprochen. Dabei wird meist schon die Anzahl an Firmenautos falsch eingeschätzt, weil die Neuzulassungen betrachtet werden und nicht der Pkw-Bestand. Wie viele Firmenautos dürfen privat genutzt werden? Auf Österreichs Straßen sind maximal 300.0001 Firmenautos unterwegs, die von Dienstnehmern auch privat genutzt werden können. Das sind rund sechs Prozent der zugelassenen Pkw. Schätzungen zur Anzahl der Firmenwagen auf Basis der Pkw-Neuzulassungen, die nicht von Privatpersonen angemeldet werden, führen unweigerlich zu überschießenden Ergebnissen. Denn nicht jedes Fahrzeug, das nicht auf eine Privatperson zugelassen wird, ist automatisch ein Firmenauto, das auch privat genutzt werden darf. In diese Gruppe fallen etwa auch Vorführwagen, Kundenfahrzeuge von Werkstätten, Leihwagen, Taxis, Polizeiautos, sowie rund 50.000 Tageszulassungen des Autohandels, denen keine Privatnutzung unterstellt werden kann. Relevant ist daher nur der Pkw-Bestand. Nicht jeder nicht-private Pkw ist ein Firmenauto mit Privatnutzung. Die meisten gehen rasch als junge Gebrauchtwagen in den Privat-Bestand über. 1 STATISTIK AUSTRIA: Die Konsumerhebung 2009/2010 ergab 290.000 Haushalte mit zumindest einem Firmenauto, EU-SILC ergab hingegen lediglich 223.000 Firmenautos, die auch privat genutzt werden können. Ein gutes Gefühl, beim Club zu sein. kurz & bündig Firmenautos sind betriebsnotwendig und für den Dienstnehmer nicht gratis Behauptete „Subventionen“ gehen von falschen Voraussetzungen aus Eine dänische Studie2 hat die „Subventionierung“ von Firmenwagen in Österreich mit 1,6 Milliarden Euro jährlich berechnet, jedoch auf Basis realitätsferner Annahmen. Erstens wurden sämtliche Neuzulassungen, die nicht auf Privatpersonen lauten, automatisch Firmenautos zugerechnet. Damit kommen die Dänen auf rund 460.000 Firmenfahrzeuge – was die tatsächliche Anzahl um mindestens 50 Prozent übersteigt. Zweitens wurden Abb. 3: Durchschnittliche Jahreskosten für einen VW Passat 1,60 € 12.000 1,00 € 6.000 0,80 0,60 € 4.000 0,40 € 2.000 €0 0,20 5.000 km 10.000 km 15.000 km 20.000 km 25.000 km 30.000 km Haftpflicht Versicherung Wertverlust Kraftstoff 0,00 motorbezogene Versicherungssteuer Wartungskosten Kilometerkosten Quelle: ÖAMTC ø Gesamtkosten p.a. 1,20 € 8.000 Kosten je Kilometer 1,40 € 10.000 Die Kosten pro Kilometer sinken, je mehr Kilometer gefahren werden. Abb. 4: Pkw-Kosten bei privater und var. betrieblicher Nutzung € 7.500 Sachbezug € 5.500 € 2.500 €0 5.000 km betrieblich 10.000 km betrieblich Kosten für private 15.000 km 15.000 km betrieblich Kosten für variable betriebliche km Der Vorteil aus einem Firmenauto muss entsprechend der Fahrleistung anteilig dem Privatnutzer und dem Unternehmen zugerechnet werden. Quelle: ÖAMTC ø Gesamtkosten p.a. € 10.000 die jährlichen Kosten von Fahrzeugen unrealistisch hoch angenommen – fast ein Viertel über den tatsächlichen Jahreskosten. Und drittens wird abstrakt angenommen, den Nutzen eines Firmenautos hätte – ungeachtet jeglicher betrieblichen Nutzung – alleine der Dienstnehmer. So wird etwa der gesamte Wertverlust des Fahrzeuges dem Dienstnehmer zugerechnet, auch wenn dieser das Firmenauto nur zum Teil privat nutzt. Ergebnis der dänischen Rechnung: Dem Dienstnehmer wird ungeachtet der gültigen steuerlichen Betrachtungsweise ein „Riesenvorteil“ unterstellt, für den er viel zu wenig Abgaben zahlt. Firmenautos nicht zum Privatvergnügen Oft wird das Firmenauto als freiwillige betriebliche Zusatzleistung für Dienstnehmer und damit ausschließlich als Gehaltsbestandteil dargestellt. Tatsächlich werden Firmenautos jedoch angeschafft, um betrieblich notwendige Fahrten durchzuführen und nicht, um den Mitarbeitern Privatfahrten zu ermöglichen. Laut Firmenwagenreport 20133 gaben 84 Prozent der befragten Unternehmen an, dass die aufgabenbezogene Notwendigkeit zentral für die Gewährung eines Firmenautos ist. Ein Firmenauto ist nicht gratis Ein Firmenauto kann einem Dienstnehmer zwar zur privaten Nutzung kostenlos überlassen werden, dennoch ist es für ihn nicht gratis. Der geldwerte Vorteil erhöht das zu versteuernde Einkommen. Zur einfachen Handhabung sind in der Sachbezugswerteverordnung (Prozent-)Sätze festgelegt, die vom Ausmaß der Privatnutzung ausgehen, um den geldwerten Vorteil zu ermitteln. Aktuell sind monatlich 1,5 % der Anschaffungskosten (inkl. NoVA und USt.), maximal jedoch 720 Euro, zu versteuern. Umfassen die privaten Fahrten nachweislich (Fahrtenbuch!) weniger als 6.000 Kilometer pro Jahr, dann sind es 0,75 % bzw. maximal 360 Euro. Bei sehr geringer privater Kilometerleistung kann überhaupt ein Kilometersatz von 50 Cent angesetzt werden. 2 3 Company Car Taxation, Copenhagen Economics 2009, im Auftrag der DG TAXUD Firmenwagenreport 2013, Kienbaum Management Consultants Das typische Firmenauto ist ein alltagstauglicher Mittelklassewagen. Welche Kosten verursacht ein Pkw? Die Kosten eines Pkw ergeben sich zum einen aus variablen Kosten, die überwiegend oder gänzlich von der Nutzung abhängen – z.B. Kraftstoffkosten oder Wartungsund Reparaturkosten. Zum anderen gibt es fixe Kosten, die unabhängig von der Nutzung sind, wie zum Beispiel Versicherungsprämien, die motorbezogene Versicherungssteuer, aber auch der Löwenanteil des Wertverlusts. So kann allein schon der Wertverlust, über vier Jahre gerechnet, 50 bis 60 Prozent der Gesamtkosten ausmachen. Der hohe FixkostenAnteil bei Pkw ist auch der Grund für die bei steigender Fahrleistung fallenden Kosten pro Kilometer (Abb. 3). Diese liegen für einen VW Passat – ein von der Führungsebene bis hin zum Außendienstmitarbeiter häufig als Firmenauto genutztes Modell3 - bei einer Jahreskilometerleistung von 20.000 bei 43 Cent, bei 25.000 bei 38 Cent, und bei 30.000 bei 34 Cent. Welche Kosten verursacht die Privatnutzung? Der geldwerte Vorteil aus einem Firmenauto besteht für den Dienstnehmer darin, dass er dem Unternehmen die Kosten für die privat gefahrenen Kilometer mit diesem Auto nicht ersetzen muss. Um die Höhe dieses Vorteils zu ermitteln, müssen die Gesamtkilometerleistung (betrieblich und privat) und die Gesamtkosten in Relation gesetzt werden. Nur diese Betrachtung wird dem Umstand gerecht, dass ein Firmenauto vorrangig zu betrieblichen Zwecken angeschafft wird. In Abb. 4 wird wieder von einem VW Passat als Firmenauto ausgegangen, der zwischen 5.000 und 15.000 km betrieblich und 15.000 km privat4 pro Jahr genutzt wird. Da die private Kilometerleistung in diesem Beispiel über der Grenze von 6.000 liegt, ist der höhere Sachbezugswert von 1,5 Prozent des Anschaffungswertes (Listenpreis: 32.460 Euro), also 487 Euro monatlich (5.843 Euro pro Jahr), anzusetzen. Die Kosten, die dem Unternehmen durch die Privatnutzung entstehen, entsprechen somit den Kilometer4 Die durchschnittliche Kilometerleistung eines dieselbetriebenen Privat-Pkw lag laut Statistik Austria 2011/2012 bei 14.875 Kilometern. kostensätzen w.o., multipliziert mit der privaten Fahrleistung. Für die anteiligen Kosten der Privatnutzung wäre der Sachbezugswert, der quasi als „zusätzlicher Lohn“ zu versteuern ist, bei 5.000 betrieblichen Kilometern etwas zu gering. Bei 10.000 oder gar 15.000 betrieblichen Kilometern (zusätzlich zu den 15.000 privat gefahrenen Kilometern) wäre der per Verordnung veranschlagte Sachbezugswert zu hoch. Keinesfalls jedoch ist der Sachbezugswert unrealistisch oder lebensfern. Daher existiert auch kein „Dienstwagen-Privileg“ in Milliardenhöhe. Und noch etwas fällt auf: Würde der Dienstnehmer seine mit dem Privat-Pkw dienstlich gefahrenen Kilometer per amtlichem Kilometergeld (42 Cent pro km) abrechnen, käme dies dem Unternehmen schon ab einer Kilometerleistung von ca. 7.000 Dienst-Kilometern teurer, als dieselbe Kilometeranzahl mit einem Firmenauto (Abb. 5). Würde gar der Sachbezugswert drastisch erhöht, würden viele auf ein Firmenauto verzichten und dienstliche Kilometer per Kilometergeld abrechnen. Ergebnis: Geringere Steuereinnahmen und höhere Kosten für die Unternehmen. Abb. 5: Kosten eines VW Passat (10.000 km betrieblich und 15.000 km privat) pro Jahr Wertverlust Wartungskosten Kraftstoff Haftpflicht Versicherung Motorbezogene Versicherungssteuer Ø Gesamtkosten p.a. Kosten des Unternehmens für betriebliche Nutzung: ca. 38 Cent/km Alternativ Abgeltung der betrieblichen Fahrten durch Kilometergeld: 42 Cent/km Firmenauto 4.852 1.877 1.442 876 394 9.442 -3.777 Privatauto 4.852 1.877 1.442 876 394 9.442 -4.200 Für ein Unternehmen kommt es bei der angenommenen Nutzung günstiger, für betriebliche Fahrten ein Firmenauto einzusetzen, als dem Mitarbeiter für die dienstliche Nutzung seines Privatautos Kilometergeld auszuzahlen. kurz & bündig Streichung der Pendlerpauschale für Firmenautos gerechtfertigt? Vom Dienstauto profitieren Unternehmen und Mitarbeiter. Seit 1. Mai 2013 wird Arbeitnehmern, denen ein Firmenauto für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsplatz - die als Privatfahrten gelten - zur Verfügung steht, keine Pendlerpauschale mehr gewährt. Ob diese Regelung dem verfassungsrechtlich garantierten Gleichheitsgebot entspricht, darf bezweifelt werden. Denn kurz gesagt: Wer ein Firmenauto privat nutzt, bezahlt ohnehin dafür. Ein Firmenauto ist nie gratis. Die Kosten des Weges von und zur Arbeit fallen für den Nutzer trotzdem an. Der Entfall der Pendlerpauschale trifft außerdem nicht nur Generaldirektoren, sondern zigtausende Mitarbeiter sozialer Hilfsdienste sowie Außendienst-Mitarbeiter. Interessant ist die neue Gesetzesbestimmung auch deshalb, weil selbst das Finanzministerium eine „Doppelförderung“ durch Firmenauto und Pendlerpauschale noch kurz vor deren Streichung in einer parlamentarischen Anfragebeantwortung in Abrede stellte. Zitat: „Das Bestehen einer Doppelförderung Firmenwagen/ Pendlerpauschale kann nicht nachvollzogen werden. Da einerseits für die Privatnutzung eines arbeitgebereigenen Kraftfahrzeuges ein Sachbezug zu versteuern ist, ist es anderseits auch sachgerecht, bei Vorliegen der Voraussetzungen für den entstehenden Aufwand ein Pendlerpauschale zu gewähren.“5 Unter Rechtsexperten wird daher bezweifelt, ob die Streichung der Pendlerpauschale einer Prüfung durch den Verfassungsgerichtshof standhalten würde. Eine sachliche Rechtfertigung für die neue Bestimmung ist jedenfalls nicht erkennbar. 5 Anfragebeantwortung des BMF vom 03.09.2012 (GZ. BMF-310205/0204-I/4/12) FIRMENAUTOS: MYTHEN UND WAHRHEIT Es gibt gar nicht so viele Firmenautos wie manche behaupten Nicht alle Pkw, die von nicht-privaten Personen erworben werden, sind automatisch Firmenautos, schon gar nicht solche mit Privatnutzung. Von der manchmal kolportierten Stückzahl bleiben bei genauerer Rechnung nicht einmal mehr zwei Drittel übrig: Maximal 300.000 Fahrzeuge sind es wirklich. ELISABETH BRANDAU Abteilungsleiterin Verkehrswirtschaft „Gerade weil Firmenautos ein wichtiges Thema für Unternehmen und Mitarbeiter sind, muss die Diskussion darüber seriös geführt werden und soll nicht für billige Polemik herhalten müssen.“ Das typische Firmenauto ist kein Luxusschlitten Typische Firmenautos sind keine hochpreisigen und leistungsstarken Luxusschlitten, sondern alltagstaugliche Mittelklassefahrzeuge um die 30.000 Euro Anschaffungspreis. Vor allem die Firma braucht die Autos Firmenautos mit Privatnutzung sind kein Geschenk des Unternehmens an die Mitarbeiter, sondern werden aus betrieblichen Notwendigkeiten angeschafft und durch die Privatnutzung insgesamt effizienter eingesetzt. Würde stattdessen Kilometergeld bezahlt, käme dies dem Unternehmen in den meisten Fällen teurer. Es gibt gar kein „Dienstwagen-Privileg“ Die privat gefahrenen Kilometer sind keineswegs kostenlos, sondern es wird der geldwerte Vorteil durch den Sachbezug (Erhöhung des zu versteuernden Einkommens) des Firmenautonutzers in adäquater Höhe ausgeglichen. IMPRESSUM: Medieninhaber/Verleger: Österreichischer Automobil-, Motorrad- und Touring Club (ÖAMTC), 1010 Wien, Schubertring 1-3, ZVR 730335108. Für den Inhalt verantwortlich: MMag. Bernhard Wiesinger, Konsumentenschutz, Mitgliederinteressen und Kommunikation. Offenlegung: http://www.oeamtc.at/impressum Druck: digiDruck GesmbH, Triester Straße 33, 1100 Wien Gestaltung: ÖAMTC Grafik. Vorbehaltlich Satz- und Druckfehler. Stand: September 2014.