Geburtstags- Strauss

Transcription

Geburtstags- Strauss
Das
Klassik
& Jazz
Magazin
6/2013
C h r i st i an T h i e l e man n
GeburtstagsStrauss
Janine Jansen:
Familienbande
Dorothee Oberlinger:
Gemischtes Doppel
Ragna Schirmer:
Georg Friedrich
Hammond
50 Jahre Berliner
­Philharmonie:
Der helle Klang
Immer samstags aktuell
www.rondomagazin.de
KONZERT-HIGHLIGHTS 2013
Die
Zauberflöte
- KLASSIK TOURNEE 2014 MIT WERKEN U.A. VON
IN BEGLEITUNG DES
Verbier Festival Orchestra
Eine Inszenierung der Deutschen Oper Berlin
Foto: Thomas Sabo/Philipp Mueller
Niccòlo Paganini
und Antonio Vivaldi
10.05.2014 STUTTGART | 11.05.2014 HANNOVER
13.05.2014 BERLIN | 16.05.2014 KEMPTEN
18.05.2014 MÜNCHEN | 19.05.2014 DÜSSELDORF
20.05.2014 FRANKFURT/M. | 27.05.2014 MANNHEIM
30.05.2014 KÖLN | 31.05.2014 NÜRNBERG
In Association
with The Agency
Group
Eine Kooperation der Deutschen Oper Berlin
und concert concept Veranstaltungs GmbH
23.08.2014 – WALDBÜHNE BERLIN
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LICH au
nun END
02.12.2013 Zürich (CH), 03.12.2013 München
04.12.2013 Wien (A), 05.12.2013 Essen
06.12.2013 Hamburg, 07.12.2013 Düsseldorf
09.12.2013 Berlin
04.03.2014 HAMBURG, LAEISZHALLE
11.04.2014 MÜNCHEN, HERKULESSAAL
15.04.2014 BERLIN, PHILHARMONIE
BERLINER PHILHARMONIKER
27.06.2014 – WALDBÜHNE, BERLIN | 28.06.2014 – LORELEY FREILICHTBÜHNE, ST. GOARSHAUSEN
Tickets unter www.
.de, 01806 - 999 000 555*,
sowie an den bek. VVK-Stellen | Weitere Informationen unter www.deag.de
*(0,20€/Anruf
aus dem dt. Festnetz / max. 0,60€/Anruf aus dem dt. Mobilfunknetz)
Themten
Da Capo:
Gezischtes Doppel der
RONDO-Opernkritik
Pasticcio:
Meldungen und Meinungen
aus der Musikwelt
4
Leserreise:
Heidelberger Frühling
5
Christian Thielemann:
Strauss entspannt
6
Semperoper Dresden:
Neun Sträusse
7
Dorothee Oberlinger:
Gemischtes Doppel
8
50 Jahre Berliner Philharmonie:
Der helle Klang
10
Janine Jansen:
Das Mädchen mit dem
Perlenohrring
12
Albrecht Mayer:
Bin ich Farbe,
bin ich Geräusch?
14
Diana Damrau:
Knallbunte Tüte
15
Blind gehört:
Mark Padmore
Ragna Schirmer:
Georg Friedrich Hammond
Senta Berger:
Musik, der Liebe Nahrung
Comic:
Momente der
Musikgeschichte
16
18
20
22
Antje Weithaas:
Zwei Wiener Gipfel
23
Hörtest:
Richard Strauss „Elektra“
24
Duskan Goykovich:
Mit Herz und Seele
26
Oper, Festival,
Konzerte
32
Fanfare:
Proben, Pleiten und Premieren
34
aus Oper und Konzert
hülsta woodwinds:
„Wir lieben Holz!“
35
CDs, Bücher &
Sammlerboxen
RONDO-CD: Abonnenten
kriegen was auf die Ohren
38
Klassik-CDs
mit „CD des Monats“
39
Klavierklassiker:
Kulturanschlag auf
die Anschlagskultur
42
Vokal total:
Neuerscheinungen
für Stimmfachleute
47
Jazz-CDs
mit dem „Meilenstein“
50
Weihnachts-Neuheiten:
Alle Jahre bieder?
54
Bücher:
Musik für Leseratten
56
Magazin: Schätze für
den Plattenschrank
57
Boulevard:
Bunte Klassik
58
Doktor Stradivari:
Musik-Krimi
59
Termine
Christian Thielemann:
Strauss entspannt
8
WeihnachtsOratorium
J.S. Bach
Dorothee Oberlinger:
Gemischtes Doppel
30.11.13– 29.12.13
Termine in ganz Deutschland
18
Ragna Schirmer: Georg
Friedrich Hammond
My Fair Lady
Kammeroper Köln
23
16.11.13– 26.05.14
Termine in ganz Deutschland
Antje Weithaas:
Zwei Wiener Gipfel
Termine:
Opernpremieren
60
Termine:
Konzerte Klassik
63
Musikstadt:
Český Krumlov
28
Termine:
Konzerte Jazz
Ferdinandeum:
Das Musikmuseum
65
30
Impressum
64
31
Zugabe:
Nettigkeiten von den
Hinterbühnen dieser Welt
66
Café Imperial:
Stammgast im Wiener
Musiker-Wohnzimmer
6
Lust auf Klassik?
www.reservix.de
26
The 12 Tenors
19.12.13– 15.03.14
Termine in ganz Deutschland
Dusko Goykovich:
Mit Herz und Seele
www.reservix.de
3
Karten für 30.000 Veranstaltungen.
Meldungen und Meinungen aus der Musikwelt
Fundstücke
Ein Herz und
eine Stele:
Ensemble
musikFabrik
mit Kreneks
„Symeon“
Es gibt sie weiterhin, diese musikalischen Zeugnisse auch von großen
Meistern, die lange in den dunklen Kanälen verstummen, bis sie endlich das Licht der Öffentlichkeit erblicken können. So wurde bei den
Kasseler Musiktagen erst jetzt das Oratorium „Symeon der Stylit“ von
Ernst Krenek in Deutscher Erstaufführung präsentiert. „Der Inhalt
des Oratoriums ist die Geschichte des heiligen Symeon, der im 5. Jahrhundert n. Chr. in Syrien 37 Jahre seines Lebens auf einer Säule stehend
verbracht haben soll“, so der Österreicher Krenek über das 40-minütige
Werk, das er 1936 und damit zwei Jahre vor seiner Emigration in die
USA komponiert hatte. Nach der späten Salzburger Uraufführung 1988
urteilte die „Süddeutsche Zeitung“: „ein Kunst-Stück großen Formats,
[…] überwältigend in seiner unmittelbaren Wirkung, trotz formaler
Strenge von mitreißendem dramatischen Elan.“ Erstmals nach schon
260 Jahren erklang hingegen in Weimar das Singspiel „Das Orakel“ von
Johann Adam Hiller. Und bedanken für diese Fundsache muss man sich
zuallererst bei den Mitarbeitern einer Thüringer Recycling-Firma. Die
hatten nämlich den jahrhundertealten Klavierauszug vom Sortierband
gezogen. gf
Blue Notes statt Beethoven
Pop Camp:
Der Deutsche
Musikrat veranstaltet einen
eigenen Meisterkurs für Pop-Nachwuchstalente
Mit den musikalischen Interessen ändern sich auch die Institutsbezeichnungen. Adé, muffige Musikhochschule – heutige Institute
versprechen schon im englischen Namen eine Neuorientierung. In
München ist das „Institute of Media and Musical Arts“ beheimatet, in
Hamburg die „School of Music“ und in Aschaffenburg die „Future Music
School“. Was sie auch mit der Popakademie Baden-Württemberg verbindet, ist die Konzentration auf die Ausbildung im Pop, Rock und Jazz.
Und wie das zum Deutschen Musikrat gehörende Musikinformationszentrum (MIZ) jetzt gemeldet hat, ist die Nachfrage nach solchen
Studienplätzen enorm gestiegen. Waren es 2003 noch 500 Studenten,
sind es heute mehr als doppelt so viele. Dementsprechend ist die Ausbildungslandschaft für populäre Musik gewachsen. Um sich über das
Angebot der Schools und Hochschulen zu informieren, hat das MIZ
daher eine umfangreiche Datensammlung angelegt, die im Internet abrufbar ist – unter www.miz.org/fokus_pop_rock_und_jazzausbildung.
html rl
Schumann digital
Schumann digital:
Prof. Dr. Wolfgang
Sandberger, Leiter
des Lübecker
Brahms-Instituts
4
Nachdem man im Lübecker Brahms-Institut das umfangreiche Archiv
des Namenspatrons digitalisiert und ins Internet gestellt hat, ist
man jetzt ähnlich mit den Werken Robert Schumanns verfahren, von
denen man immerhin 128 Erst- und Frühdrucke besitzt. Und manche
Exemplare sind mit eigenhändigen Widmungen von Schumann
und handschriftlichen Besitzvermerken, unter anderem von Clara
Schumann, versehen. Achtzig Prozent von den insgesamt 156 Werken
Schumanns sollen innerhalb von zwei Jahren digitalisiert und bibliothekarisch erschlossen werden. Das macht bis auf wenige Lücken von
op. 1 (Abegg-Variationen) bis op. 148 (Requiem) 8176 Seiten, die man
nun in aller Ruhe unter „www.brahms-institut.de“ studieren kann. Wer
aber auch einen unmittelbaren Blick auf die Originale werfen will, der
hat dazu noch bis zum 14. Dezember die Möglichkeit. In den institutseigenen Räumen an der Musikhochschule Lübeck zeigt man in einer
kleinen Ausstellung ausgewählte Notendrucke, die größtenteils auch
aus dem Nachlass des Brahms-Freundes Theodor Kirchner stammen. gf
Leserbriefe
Zu „Musikstadt: Ludwigshafen“ in RONDO, Heft
4/2013
Celebidache belauscht
Ihren Artikel im Klassik-Magazin RONDO, Heft
4/2013 habe ich mit großem Interesse gelesen,
und ich möchte Ihnen dazu eine kleine Geschichte erzählen. […] Zu meiner Ausbildung
gehörte ein einjähriges Praktikum in einer
Hotel- oder Großküche. So kam ich für ein
halbes Jahr zu BASF, das war 1959 – 1960. […]
Eines Tages hörte ich, dass Sergiu Celibidache
eine Probe im Festsaal abhielt. Meine Kollegen hatten nichts dagegen, dass ich mir das
anhören und -sehen wollte. Ich schlich mich
also in den Saal – im weißen Kittel – ringsum
rote Polster! Celibidache hatte damals schon
den Ruf, streng zu sein, aber der Meister hat
mich wohl nicht bemerkt. An mein damaliges
Herzklopfen kann ich mich noch gut erinnern,
aber ich musste das erleben! […] Um sehr viel
wunderbare Musik hören zu können, habe ich
nun in unserem Dortmunder Konzerthaus viel
Gelegenheit und nutze sie!
Christel Stengel, Dortmund
Zu einem Leserbrief in RONDO 04/2013
Aufruf zu mehr Operette
Ich möchte mit Ihrem Leser Philippe Ravenna (4/2013) konform gehen, der da konstatierte, dass die Operette durchaus Widerhall findet!
Vor langen Jahren haben wir (par exemple) die
„Dubarry“ in Brüssel erlebt und sind noch heute
ganz introvertiert und restlos begeistert, selbst
vom Text her, läßt sich nichts schöneres denken.
Auch Kreissler’s „Apfelblüten“, „Tea for Two“
oder die „Hochzeitsnacht im Paradies“ harren
einer Renaissance. Könnte RONDO bitte nicht
nochmals darauf hinweisen; die hiesigen Theaterdirektoren dünken mir das doch recht schlafmützig, welche Bereicherung stünde solchen
lobenswerten Bemühungen zur Verfügung.
Johannes von Saiten, Baden-Baden
Zu „Wahnsinnig in Form“ in RONDO 4/2013
Netrebko als Dubarry
Einmal ganz abgesehen davon, dass die neueste modische „Création pour Mme Netrebko“
fantastisch ist, fänden wir es doch wesentlich besser, wenn Anna Netrebko sich einem
lieblicherem, anmutigerem Image zuwenden
würde, als pragmatische, depressive Rollen zu
übernehmen. Ohne Zweifel wäre eine solche
Alternative viel beglückender als ein schwülstiges non plus ultra! Jedenfalls pfeifen wir da
auf Verdi; wir wünschen uns Anna Netrebko
als die Dubarry zu hören […].
Traute & Joachim Nüver, Schwelm
Fotos: Ralph Kalinski (M.); DTN/Mathias Brösicke (u.)
Pasticcio
19. Dezember 2013 11. Januar 2014
RONDO-Leserreise Heidelberger
Frühling
D
ie nächste Leserreise führt vom
27. – 31. März 2014 nach Heidelberg. Erleben Sie zusammen mit
RONDO einige interessante Tage
in der besonderen Atmosphäre Heidelbergs
mit seiner zum UNESCO-Weltkulturerbe gehörenden Altstadt und seiner Vergangenheit als kurpfälzische Residenzstadt, die
im Laufe der Jahrhunderte Wirkungsstätte
einer Reihe bekannter Dichter und Musiker
wurde – und nicht zuletzt Veranstaltungsort des renommierten Musikfestivals „Heidelberger Frühling“. Cadenza Tours hat für die
RONDO-Leser ein Programm aus vier Festival-
konzerten und einem Rahmenprogramm mit
literarischer und musikalischer Führung,
Weinprobe und einer Neckarrundfahrt zusammengestellt. RONDO-Chefredakteur Car­
sten Hinrichs wird vor jedem Konzert eine
kurze Einführung in das Programm geben.
Außerdem haben Sie Gelegenheit, den
Intendanten des Heidelberger Frühlings bei
einem Kaffee persönlich kennen zu lernen.
Detaillierte Informationen erhalten Sie unverbindlich unter [email protected]
oder postalisch bei RONDO, Johannisplatz 3a,
81667 München
Klaus Doldinger‘s Passport • Spark
Berliner Symphoniker • Viva Voce
Klazz Brothers & Cuba Percussion
Jocelyn B. Smith • Pe Werner
Marina Chiche • u.v.a.
TICKETS UND INFO UNTER:
Bayer. Staatsbad Bad Kissingen GmbH
Am Kurgarten 1
Die Reise im Überblick:
0971 8048-444
Mo - Fr: 8:30 - 20:00 Uhr, Sa/So 10:00 - 14:00 Uhr
1. Tag: Donnerstag, 27.03.
individuelle Anreise
Programmänderung: Ballettabend mit dem Bundesjugendballett: entfällt
Stattdessen: Liederabend
Luca Pisaroni, Bassbariton,
Lieder von Beethoven,
Reichardt, Brahms und Liszt
2. Tag: Freitag, 28.03.
Führung Literat(o)ur in der
Altstadt
Weinprobe + zünftiges
Mittagessen
Konzert: Magdalena Kožená,
Mezzosopran: „Claudio
Monteverdi und seine Zeit“
3. Tag: Samstag, 29.03.
Führung Musikleben in
Heidelberg mit Klangerlebnis
in der Heiliggeistkirche
Kaffeestunde mit dem
Intendanten des Heidelberger Frühlings
Konzert: Martin Grubinger,
Percussion + BBC Philharmo­
nic Orchestra: Werke von HK
Gruber, K. Abe und A. Dvořák
4. Tag: Sonntag, 30.03.
Rundfahrt mit dem Solarschiff „Neckarsonne“
Konzert: David Fray, Klavier:
Werke von J. S. Bach
[email protected]
www.kissingerwinterzauber.de
Veranstalter:
Bayer. Staatsbad Bad Kissingen GmbH
im Zusammenwirken mit der Stadt Bad Kissingen
5. Tag: Montag, 31.03.
individuelle Abreise
�
Sparkasse
Bad Kissingen
Ihr verlässlicher Partner vor Ort.
Wählen Sie zwischen drei
Optionen:
Tag 1 – 4, Tag 1 – 3 oder Tag 2 – 4
3 oder 4 Ü/HP im 4*+ Hotel
Crown Plaza Heidelberg
5
Auch „Salome“
(hier: Wolfgang
Schmidt und Evelyn
Herlitzius) wird
2014 wieder
aufgenommen –
dann singt
Herlitzius
die „Elektra“
Christian Thielemann über „Elektra“ und das
Richard-Strauss-Jahr an der Semperoper Dresden.
Von Robe rt F r au n hol z e r
Herr Thielemann, wie viel von Richard
Strauss als Privatperson steckt in „Elektra“?
Mehr als man glaubt. Man muss bedenken,
dass Strauss zuhause eine ähnliche Über-Frau
hatte wie diejenigen, um die es in „Elektra“
geht. Pauline Strauss war eine dominante
Frau. Auf die Frage, wie er die burschikosen
Umgangsformen seiner Ehefrau aushalte,
soll Strauss geantwortet haben: „Ich brauch’
das.“
Im Gespräch mit Karajan sagte Strauss über
„Elektra“: „Sie nehmen das alles viel zu
genau. Rühren Sie nur einfach ordentlich drin
rum!“ Hatte Strauss Recht?
Nein, auch bei Strauss reicht es nicht, rumzurühren. Ich glaube, dass sich bei Strauss
hinter einer gewissen, lustspielhaften Attitüde
immer ein komplizierter Charakter verbarg.
Allerdings ist „Elektra“ tatsächlich eine Spur
leichtfertiger und spielerischer als man denkt.
Es ist wie beim „Tatort“. Wenn das Luder in
„Salome“ zur Strecke gebracht wird, freuen wir
uns. Die Bösen kriegen ihr Fett weg. Auch bei
„Elektra“.
Kein ernstes Stück!?
Ernst schon, aber nicht so ernst wie bei
Wagner. Strauss will immer dazu anleiten,
mit einem gewissen Augenzwinkern zu
musizieren. „Elektra“, finde ich, wird heute
oftmals zu schwer genommen.
6
2014 feiert man Strauss’ 150. Geburtstag
– auch an der Dresdner Semperoper. Wer
braucht ein Strauss-Jubiläumsjahr?
Ich brauch’s nicht, eigentlich. Andererseits
glaube ich, dass Strauss selbst das sehr unverbiestert gesehen hätte. Er war auch Geschäftsmann. Wir sind, wenn wir ein StraussJahr feiern, ganz auf der Linie des
Komponisten. Ich empfehle:
Sehen wir es ‚straussisch‘
entspannt!
Sie werden oft als „Kapellmeister“ tituliert.
Hören Sie es gerne? Und was bedeutet es?
Es bedeutet: Handwerk, Handwerk und nochmals Handwerk. Und dann kommt vielleicht
noch ein bisschen Inspiration mit dazu.
Beim Nachwuchs ist der Kapellmeister leider
nicht so sehr in Mode. Es gibt aber trotzdem welche, z. B. Franz Welser-Möst in Wien,
Philippe Jordan in Paris und Antonio Pappano
in London. Der Kapellmeister hängt ziemlich
eng mit der Oper zusammen. Weil man dort
sehr flexibel steuern und gegensteuern muss,
sonst läuft alles unweigerlich auseinander.
Ich bekenne mich zum Kapellmeister. Auf den
scheinbar mangelnden Glamour dieses Typus
pfeife ich.
Sie achten sehr darauf, nicht
zu häufig zu diri­gie­ren. Was
passiert mit Ihnen, wenn
Sie zu viel machen?
Dann werde ich lust- und
kraftlos. Der Körper meldet
Sind Sie, da Sie ein be­
sich. Das habe ich schon
rühm­ter Wagner-Dirigent
in Berlin zu dosieren gesind, automatisch ein
lernt. Und werde immer
guter Strauss-Dirigent?
Christian
noch selektiver. Ich dirigiere
Unsinn! Das wird nur immer
Thielemann
fast nur noch Orchester, die ich
gesagt. Es wäre genauso falsch
sehr gut kenne und mit denen es
wie die Ansicht, wer Verdi gut
menschlich stimmt. Ich mache, wenn Sie
dirigieren kann, kann auch Puccini. Es
mich fragen, immer noch zu viel.
ist alles viel komplizierter. Das Einzige, was
immer gleich bleibt, ist die Tatsache, dass ein
Orchester bei Richard Strauss, egal wie man es
Musiker privat haben es meist am liebsten,
macht, immer unverschämt gut klingt.
wenn Ruhe herrscht. Sie auch?
Sehr richtig! Bei mir zuhause läuft nie Musik.
Im Auto vielleicht mal Pop-Musik. Von
Warum ist die Staatskapelle Dresden als
Coldplay bis Madonna. Aber eher der NachStrauss-Orchester so besonders?
richten-Kanal. In der „Schweigsamen Frau“
Durch Biegsamkeit, Flexibilität und Erfahrung.
heißt es: „Wie schön ist doch die Musik, aber
Die Staatskapelle Dresden rühmt sich tatsächwie schön erst, wenn sie vorbei ist!“ Strauss
lich einer gewissen Strauss-Kompetenz. Es
hat Recht.
ist ein Orchester, bei dem man als Dirigent
oft gesagt bekommt: „Das machen wir hier so
Foto: Matthias Creutziger
Jubiläumsjahr 2014 Strauss ­entspannt
und so.“ Ausgeprägt ist die Begeisterung für
Sänger. Der unaufdringliche Klang. Es ist ein
süßer, aber nicht übersüßer Klang. Man hat
ein Verständnis von Schlichtheit. Wenn ich
den Musikern sage: „Haut doch mal richtig
rein!“, dann schauen sie erst einmal unerfreut
aus der Wäsche. Sie können es natürlich doch.
Klassik picknickt wieder
– am 12. Juli mit
Rudolf Buchbinder und
der StraussBurleske in
der Gläsernen
Manufaktur
von Volkswagen, dem
Partner der
­S emperoper
Neun Sträusse
R
ichard Strauss in Dresden – ein
Ideal! Dass bei der Staatskapelle an
der Dresdner Semperoper ein hinreißender, historisch verbriefter
Strauss gespielt wird, wird jeder gern bestätigen, der in der Semperoper jemals
einen „Rosenkavalier“, eine „Arabella“ oder
„Capriccio“ gehört hat. Der zart flimmernde,
dezent beseelte und changierende Klang der
Staatskapelle, der niemals laut wird, vermag
Strauss zum Leuchten zu bringen, ohne ihn
zu verstrahlen. Er hat Schmelz, ohne zu zerfließen. Und leichte Füße. In summa: kitschfrei
und Kult!
Das liegt an der Historie. Schon Richard
Wagner hatte die Staatskapelle Dresden
bekanntlich seine „Wunderharfe“ genannt. Die
Qualitäten eines Orchesters, das nie brachial
spielt, passen großartig auch zum Klang bei
Richard Strauss. So entwickelte sich Dresden
zum wichtigsten Uraufführungsort zu Lebzeiten dieses Opernkomponisten.
Foto: Archiv Gläserne Manufaktur Volkswagen; Marco Borggreve
9 von 15 Uraufführungen
Pionierarbeit leistete schon der heute weitgehend vergessene Ernst von Schuch. Ab
1901 sorgte er an der Hofoper für
die Weltpremieren von „Feuersnot“ als Koproduktion mit
den Dresdner Musikfestspielen, danach „Sa­lo­me“
(1905), „Elektra“ (1909)
und
„Rosenkava­lier“
(1911). Eine verblüf­fende
Serie. Damit nicht genug.
Der mit Strauss befreundete
Fritz Busch brachte als
Dresdner Gene­ralmusikdirektor
die Uraufführungen von „Intermezzo“
(1924 mit Lotte Lehmann) und „Ägyptische
Helena“ (1928 mit Elisabeth Rethberg) heraus.
Die ihm gewidmete „Arabella“ konnte Busch
1933 nicht mehr dirigieren. Man hatte ihn ins
Exil vertrieben.
Statt Busch widmeten sich nun Clemens
Meir Wellber), einer wiederaufgenommenen
„Ariadne“ (Regie: Marco Arturo Marelli) und
Peter Mussbachs „Salome“ zunächst vor
allem die halbszenische Aufführung des zumeist übersehenen Frühwerks „Feuersnot“ im
Schlosshof der Dresdner Residenz Aufmerksamkeit (eine Koproduktion mit den Dresdner
Musikfestspielen). Außerdem widmet man
dem Meister mit „Legenden“ eine BallettHommage (unter Verwendung der „JosephsLegende“). Neben Stijn Celis wird mit Alexei
Ratmansky einer der international gefragtesten Choreografen eine Neukreation für
das Semperoper Ballett schaffen – und erstmals in Deutschland arbeiten.
Zwei Jahre Dresden im
­Strauss-Taumel
Und so geht der Strauss-Taumel in der daraufKrauss und danach Karl Böhm weiteren
folgenden Saison 2014/15 weiter. Dann wird
Strauss-Uraufführungen („Die schweigsame
Thielemanns zu den Osterfestspielen in SalzFrau“ 1935, „Daphne“ 1938). Mit dem Ergebburg herausgebrachte „Arabella“ nach Dresden
nis, dass neun von insgesamt 15 Straussübernommen – in der Premierenbesetzung
Opern für Dresden geschrieben und hier erstmit Renée Fleming und Thomas Hampson
mals aufgeführt wurden. Auf eine derart
(Regie: Florentine Klepper). Ebenfalls mit
profunde Deutungshoheit kann nicht
einmal Bayreuth bei Wagner pochen.
Aus Anlass des 150. Geburtstages
von Richard Strauss, der am 11. Juni
1864 in München geboren wurde, eröffnet man im Januar in Gestalt von
„Elektra“ unter Christian Thielemann: mit dem ‚härtesten‘ Werk des
Komponisten. Schon unter Leitung
Karl Böhms produzierten die Dresdner
einst die wohl beste Studio-Aufnahme
19.1.
Elektra (Thielemann, Frey; Meier, Herlitzius,
des Werkes (1960 mit Inge Borkh,
Schwanewilms, Pape)
Jean Madeira und Dietrich Fischer23.2.
Guntram (Meir Wellber; Zeppenfeld, Owens,
Dieskau). Jetzt inszeniert die Zürcher
Butter, Müller)
Schauspiel-Intendantin Barbara Frey
9.3.
Ariadne auf Naxos (Meir Wellber, Marelli;
den Atriden-Schocker. Es ist erst ihre
Owens, Petrick, Senator, Fritz Dorn)
zweite Oper (nach „Jenůfa“ 2009 an der
21.3.
Salome (Meister, Mussbach; Müller, Vaughn,
Bayerischen Staatsoper). Mit Waltraud
Sunnegårdh, Tómasson)
Meier (Klytämnestra), Evelyn Herlitzius
7.6.
Feuersnot (Klingele; Müller, Eder, Willis(Elektra) und Anne Schwanewilms
Sørensen)
(Chrysothemis) verfügt sie
11.6.
Sonderkonzert der Staatskapelle Dresden
über ein derzeit unschlag­(Ausschnitte aus 9 Strauss-Opern: Thielemann;
bar
erscheinendes
Stemme, Harteros, Nylund)
Damen-Trio.
Just
28.6.Legenden – Ballettabend (Connelly,
am Geburtstag des
Ratmansky & Celis; Semperoper Ballett)
Jubilars
erklingen
mit Nina Stemme,
Anja Harteros und Camilla
Fleming und Thielemann folgt „Capriccio“.
Nylund
als
Solistinnen
unter
Auch „Daphne“ und „Elektra“ kehren zurück.
Anja
der
Leitung
von
Christian
Für den „Rosenkavalier“ unter Thielemann
Harteros
Thielemann Ausschnitte aus
schließlich steht eine Neubesetzung mit Anja
den neun Dresdner Strauss-Opern
Harteros als Marschallin ins Haus.
– sicher ein Höhepunkt des KonzertViele Aufführungen werden zu kleinen
Programms der Sächsischen Staatskapelle.
Zyklen gebündelt. Mit neun „Sträussen“ entKonsequenterweise feiert man in Dresden
spricht die Zahl der Produktionen genau derdas Strauss-Jahr gleich in zwei aufeinanderjenigen der Strauss-Uraufführungen in der
folgenden Spielzeiten. 2013/14 verdient neben
Stadt: Eine echt Dresdner Jubiläumsfeier also.
„Elektra“ und einem konzertanten „Guntram“
rfr
(dirigiert von Barenboim-Schüler Omer
Das Strauss-Jubiläum
2014 an der Dresdner
Semperoper
(Highlights)
7
Dorothee Oberlinger Gemischtes Doppel
Die Wahl-Kölnerin Dorothee Oberlinger ist
die Paganina der Blockflöte. Und auch
auf ihrer neuen CD verleiht sie Georg
Philipp Telemann wieder ungeahnte ­Flügel.
Von G u i d o F i s c h e r
Lange war es ja um den Ruf der Blockflöte
nicht gerade bestens bestellt. Woher rührt
ihre plötzliche Popularität?
Frans Brüggen hat das Instru­ment schon in
den 60er Jahren wieder sehr populär gemacht!
… von dem Sie sogar ein Poster im Jugendzimmer hängen hatten!
(lacht …) Ja, das stimmt, er sah ja auch als
junger Mann wirklich nicht schlecht aus! Und
Brüggen hatte sehr viele gute Schüler. Ich habe
auch bei einem von ihnen, Walter van Hauwe,
studiert. Es scheint aber schon zutreffend zu
sein, dass die Blockflöte nun eine größere Aufmerksamkeit erlangt hat – nicht nur durch
mich, auch durch Kollegen wie z.B. Maurice
Steger oder Giovanni Antonini.
Der Alte Musik-Boom war sicherlich hilfreich.
Eindeutig. So laden etwa Festivals, die vorher
auf das klassische und romantische Repertoire
gesetzt haben, schon seit Längerem verstärkt
Barockensembles ein, und hier spielt die
Blockflöte natürlich häufig eine wichtige Rolle.
Wobei sie nicht nur ein Instrument der Alten
Musik oder Barockmusik ist, sondern auch
eines der Moderne. In der Zeit des Barock war
die Blockflöte eher eine Flauto dolce, ein süßes,
sanftes Instrument, das in den berückendsten
Momenten, die von existenziellen Dingen wie
Tod oder Liebe handelten, zum Einsatz kam.
In der Neuen Musik kann sie durchaus auch
extrem herbe klingen!
8
Auf einigen Ihrer 100 Barockblockflöten haben Sie jetzt Ihre immerhin
schon fünfte Telemann-CD eingespielt
– darunter drei Doppelkonzerte. Woher
rührt dieser musi­ka­lische Appetit auf
einen Komponisten, der zu Leb­zeiten
ein Star war und heute doch wei­ter­
hin verkannt wird?
Georg Philipp Telemann konnte
der Musik verschiedene Gewän­
der anlegen. Er war in allen Stilen
zu Hause, dem italienischen,
französischen, deut­schen und
im osteuro­
päischen Stil.
Diese Vielfalt, von Johann
Joachim Quantz „vermischter Geschmack“
genannt, ist das Tolle
an Telemann. Seine
Musik ist nicht nur gefällig und unterhaltsam und somit etwas
für den Kenner wie
für den Liebhaber. Sie
ist extrem rhetorisch
und affektreich, und
sie singt, auch ohne
Worte.
Sein
berühmter Satz „Das
Singen ist das Fundament aller Dinge“
bringt das auf den
Punkt.
Die kann auch
anders – Dorothee
Oberlinger ist
Ensembleleiterin,
Professorin,
Intendantin –und
Zauberin auf der
Blockflöte
Auf der Blockflöte war Telemann Autodidakt.
Trotzdem hat er sie glänzend in Szene setzen
können.
Bei ihm kann sie sehr virtuos, fast geigerisch
auftrumpfen. Auf der anderen Seite ist sie bei
ihm dann wieder wie eine Gesangsdiva. Das
eigentlich Faszinierende ist aber vielleicht
die ungemeine Vielfalt seiner Motivik. Er
reiht unglaublich viele kleine Einfälle mit unerwarteten Wendungen fast wie bei einem
Flickenteppich aneinander.
Neben Solo-Karriere und der
Professur für Blockflöte mit
Leitung der Alte-Musik-Abteilung an der Salzburger
Universität
Georg Philipp Telemanns
Mozarteum sind Sie
musikalischer Appetit war so
in Köln auch im Vorgrenzenlos, dass er sich autostand der Kölner Gedidaktisch quer durch die große
sellschaft für Alte
Instrumentenfamilie spielte –
Musik, die 2012 das
angefangen von der Flöte, das
Zentrum
für
Alte
Chalumeau und die Oboe über die
Musik (ZAMUS) mit ins
Gambe bis hin zur Posaune. Und
Leben gerufen hat. Warum
seine Neugier spiegelte sich ebenwar die Gründung eines solches
falls in Konzerten für ungewöhnliche BeZentrums in Köln nötig, das ja als
setzungen wider. Eins dieser „exotischen“
Nabel der deutschen Alte-MusikDoppelkonzerte hat auch Dorothee
Szene gilt?
Oberlinger aufgenommen. Es ist das
Ich finde, dass die Alte-MusikKonzert für Block- und Traversflöte. Denn
Szene genauso unterstützungsdieser Kombination begegnet man in der
würdig ist, wie etwa die großen
Barockmusik so gut wie gar nicht. Der
Orchester. Viele Jahre wurde die
besondere Reiz aber ist, dass Telemann
freie Szene, auch die der Alten
erst die gute alte Blockflöte gegen das
Musik, stiefmütterlich behandelt.
neue Modeinstrument, die TraversKöln hatte und hat hier deutschflöte ins musikalische Rennen
landweit bei weitem die meisten
schickte – um sie schließlich geAkteure! Daher finde ich es fabelmeinsam brillant über die Zielhaft, dass man mit der Gründung
linie fliegen zu lassen.
des ZAMUS durch die Hilfe von
Geldgebern wie der Stadt Köln
und dem Land NRW der Kölner Szene ein Zuhause gegeben hat. In den Räumlichkeiten
des ZAMUS gibt es Probenmöglichkeiten, man
kann auf Leihinstrumente zurückgreifen, es
gibt dort Konzertreihen und Vorträge und
einmal im Jahr wird das Kölner Fest für Alte
Musik ausgerichtet. So wird die Kölner Alte
Musik in ihrer Heimatstadt wesentlich sichtbarer, und das wurde nun auch mal wirklich
Zeit!
Neuheiten bei
Berlin Classics
Dorothee Oberlinger im Konzert:
28.11. Schloss Goldegg (A)
11.12. Ingolstadt, Stadthalle
20.12. Zürich (CH), Tonhalle
12.01. Ulm, Villa Roth
8.2. Köln, Balloni-Hallen
(Kölner Fest für Alte
Musik)
RAGNA SCHIRMER
»Concertos«
Orgelkonzerte auf verschiedenen
Instrumenten
Georg Friedrich Händel
1 CD · 0300564BC
Die Orgelkonzerte von Händel interpretiert auf
unterschiedlichen Tasteninstrumenten:
Hammerflügel, Konzertflügel und Hammond-Orgel.
Händels Orgelkonzerte auf 3 CDs neu entdeckt.
BLECHBLÄSERENSEMBLE
LUDWIG GÜTTLER
Vom Himmel hoch,
da komm ich her
Das große Live-Weihnachtsalbum
Die Live-CD der Weihnachtstournee: Stimmungs
volle Musik mit kunstvollen Sätzen liebgewonnener
Lieder – glanzvoll dargeboten in erleuchteter
Atmosphäre.
1 CD · 0300553BC
Neu erschienen: Telemann: Doppelkonzerte,
Suite a-Moll (mit Ensemble 1700), dhm/Sony
Abonnenten-CD: Track 12
3CD · 0300554BC
Flöten-Showdown
VOCAL CONCERT DRESDEN
Lob, Ehr und Preis sei Gott
Die schönsten deutschen Kirchenlieder
Foto: Johannes Ritter
Eine Auswahl der schönsten Lieder der
protestantischen Kirche. Schlicht, aber ergreifend
– wie von einer idealen Gemeinde angestimmt.
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9
Videos auf youtube.com/berlinclassics
9
Extrem
metallischer
Klang, zart
gespielt: Lang
Lang bei den
Aufnahmesitzungen mit
den Berliner
Philharmonikern
Berliner Philharmonie Der helle Klang
Vor 50 Jahren wurde der Scharoun-Bau eingeweiht. Ein
Blick mit Tonmeister Christoph Franke hinter die Kulissen und in die Akustikstudios. Von M at t h i a s S i e h l e r
10
dem Akustiksegel aufgehängt,
die heute den hippen SixtiesCharakter des asymmetrischen
und trotzdem harmonischen,
schlichten und doch festlichen
Saales unterstreichen.
Kaninchenstalldraht
und Putz
Einen weiteren Akustikkrieg gab
es, so erinnert sich Christoph
Franke – Tonmeister in der Philharmonie und Klangverantwortlicher ihres virtuellen Pendants
im Netz, der Digital Concert Hall
mit ihren bereits über 200 archivierten Konzerten –, als Anfang
der Neunzigerjahre ein Teil der
abgehängten Decke herabstürzte.
Man entdeckte, dass die eigentlich
nur aus Kaninchenstalldraht und
Rabitzputz bestand und wundert
sich bis heute, dass sie noch nicht
früher herunterkam. Als alles
repariert war, mokierten sich
manche über die grellere, härtere
Akustik. „Das lag aber wohl hauptsächlich an der Beleuchtung,
die war nämlich heller eingestellt“, lacht Franke. So viel zum
subjektiven Eindruck des Hörens.
Obwohl Franke natürlich ganz
objektiv zugibt, dass es einige
Plätze im Hause gibt, wo man
nach wie vor Flatterechos hört,
oder falsche Entfernungen. Nobody is perfect, nicht einmal einer
der nach wie vor vollkommensten
Konzertsäle der Welt.
Ein Konzertsaal, in dem
trotzdem anfangs nur wenig
aufgenommen wurde, obwohl
es eigentlich gleich zwei Tonstudios gab: eines für die Radioübertragungen und ein leeres
für die Plattenfirmen, wo die
jeweils mit allem Equipment anrückten. Tatsächlich entstanden
die meisten CD-Aufnahmen dann
doch in der modernen JesusChristus-Kirche in Dahlem, die
heute noch gern genutzt wird.
Denn auch damals war in der
teuren Halle ein stetes Kommen
und Gehen, man musste für die
Konzerte immer wieder umbauen, im Villenvorort hatte man
es leichter. Und länger als die fünf
Tage bis zum nächsten Gottesdienst brauchte man selten.
3 Stunden Mikrofon­
einstellung
Vierzig Mikrofone hängen als
ferngesteuerter Kabelwald über
dem Podium, erklärt Christoph
Franke. Etwa drei Stunden
müssen die vor jeder Konzertund jeder Studioaufnahme eingerichtet werden – nachdem sich
der Tonmeister in einer Probe
über die Orchesteraufstellung
informiert hat. Die ist heute
längst nicht mehr so festgezurrt
wie früher, wo man höchstens in
amerikanischer oder deutscher
Sitzordnung saß. Dirigenten wie
Simon Rattle wollen es heute subtiler, schieben die Pauken mal
in die Mitte, mal an den Rand,
platzieren die Kontrabässe rechts
vorn oder links hinten, je nachdem welches Repertoire gefragt ist.
Viele Künstler und Orchester
vertrauen heute dem Tonmeister,
es wird ja auch viel mehr aufgenommen in immer weniger
Stunden, da ist meist nicht
Zeit für große Akustikexperimente. Dabei machen manchmal
schon zehn Zentimeter Mikro-
Foto: Harald Hoffmann
S
tellen wir doch mal eines
klar. Auch wenn die
Berliner Philharmonie
im 50. Jahr ihres Bestehens nur Bestnoten bekommt
und nach wie vor als wichtigster
und modernster Saal unserer
Zeit gefeiert wird: Das war nicht
immer so. Als am 17. Oktober
1963 im Schatten der Mauer
der später als „Zirkus Karajani“
titulierte Zentralbau nach den
Zerstörungen des zweiten Weltkriegs auf dem leergeräumten,
als
neues
„Kulturforum“
imaginierten Potsdamer Platz eröffnet wurde, da war der Sturm
der Kritiker groß und schrill.
Auch in Hans Scharouns so
demokratisch tönendem Weinberg
mit seinen gestaffelten Zuschauerterrassen, wo keiner mehr als 30
Meter vom Orchester weg sitzt und
der Dirigent auf dem tief gelegten
Orchesterpodium die Mitte des
Raumes markiert, musste später
einiges nachjustiert werden, bis
alle zufrieden waren. Das Podium
wurde umgebaut und vergrößert,
fahrbar gemacht, es wurden zu-
fonabstand beim räumlichen
Deswegen wird der Ton ebenfalls
Etwas mehr Zeit war kürzHören sehr viel aus, sagt Franke.
vom Hauptstudio gegenüber ge- lich, als die Philharmonie der AufZwischen den verschiedenen
fahren.
nahme-Raum für die erste BeRundfunkanstalten
wird
gegnung
zwischen
heute nicht mehr so viel
Simon Rattle und Lang
hin und her gebaut, es sei
Lang war. Da hatte
denn, ein Produzent besteht
dann auch der Klavierauf einer ganz eigenen Hör- Motorischer Witz, Maschinenrhythmik, das ist
stimmer richtig zu tun,
ästhetik. Selbst die Platten- von Lang Lang zu erwarten, wenn er als Tastendenn der chinesische
firmen, die nur noch ihre
Turbopianist, der mit
teufel loszaubert. Doch der chinesische Pianist
Mikros mitbringen, aber
dem 2. Klavierkonzert
mit der unfehlbaren Technik kann auch anders.
meist das 2005 komplett
von Béla Bartók und
Für seine erste Aufnahme mit Simon Rattle und
erneuerte und um 180
dem 3. von Sergei
den Berliner Philharmonikern hat er Tom und
Grad gedrehte Tonstudio
Jerry sowie alle anderen Cartoon-Flitzer, die
über
der
Ehrentribüne
ihm sonst gern ästhetisches Vorbild sind, in
nutzen, sind heute viel un- der Schublade gelassen. Er findet im 3.
komplizierter. Man nimmt
Konzert von Prokofjew und im 2. von
ja meist sowieso Proben und
Bartók bei aller Rasanz und ForteKonzerte auf, und dann gibt
Härte zu einer nonchalanten Gees noch eine Patch-Session
lassenheit und souverän ausohne Publikum, in der ge- balancierten Eleganz, die man
putzt wird, Übergänge oder
durchaus als sophisticated bevon Hustern überdeckte
zeichnen kann. Auch Rattle
Stellen noch einmal wieder- und die Seinen lassen zwar die
Sir Simon
holt werden. Im zweiten
Dynamik-Anzeiger ausschlagen,
Rattle und
Studio hat sich deshalb heute
das aber mit Delikatesse und
Lang Lang
das Videoteam der Digital
Geschmack. Eine DVD-Dokumentation
Concert Hall eingenistet, „da
lässt den Zuschauer einmal in’s aufgeht es laut zu“, so Franke, wändige Getriebe einer hochrangigen CD-Auf„da hört man kaum was“.
nahme blicken.17.10.13 16:53 Seite 1
AVI_Weithaas_Rondo_1/2S_AVI_Weithaas_Rondo_1/2S
Blick in’s Getriebe
Prokofjew
zwei
motorische
Schwer­
gewichte des Repertoire
ausgewählt hatte, wollte „einen
extrem metallischen, harten
Klang“,
analysiert
Christoph
Franke. „Ich war erst etwas
skeptisch, doch der hat mir versprochen, er würde ganz zart
und sanft spielen. Und so war es
dann auch. Trotzdem hörte man
ihn sehr gut in den turbulenten,
knalligen Orchestertutti. Da hatte
einer seine klanglichen Hausaufgaben wirklich gemacht. Das ist
eher selten“, lobt der Tonprofi anerkennend.
Neu erschienen: Prokofjew,
Bartók: Klavierkonzerte
(Lang Lang, Rattle, Berliner
Philharmoniker), Sony
Abonnenten-CD: Track 14
Tagebuch einer CD-Aufnahme: „At The Highest
Level“ (Dokumentarfilm von
Christian Berger; Prokofjews
Klavierkonzert Nr. 3, mit Lang
Lang, Rattle Berliner Philharmoniker), Sony
Avi - Service for music · www.avi-music.de
ANTJE WEITHAAS
BEETHOVEN & BERG
LUDWIG VAN BEETHOVEN Violinkonzert D-Dur op. 61
ALBAN BERG Violinkonzert „Dem Andenken eines Engels“
Foto:Ruben Marti
Stavanger Symfonieorkester · STEVEN SLOANE
NEU CAvi 8553305 auch als digital download
11
Janine Jansen Das Mädchen mit
dem Perlenohrring
Mit Bach-Konzerten kehrt Jansen zum Barock
­zurück. Und verabschiedet sich vom Image
als holländisches Geigen-„Meisje“.
Von Robe rt F r au n hol z e r
A
bgenommen hat sie. Sehr sogar.
Besser nicht fragen, oder? Janine
Jansen kommt direkt vom Flughafen. Kurzer Interview-Stopp in
Berlin, bevor es am Abend weitergeht nach
Stockholm. Wo ihr schwedischer Freund sie
erwartet. Aus der Familie (in Utrecht) in die
Familie. Und für die Familie. Der private Zusammenhalt war schon immer für kaum eine
große Solistin so wichtig wie für sie.
Darin besteht auch ihr Erfolg. Sympathisch
nahbar, so kommt Janine Jansen beim
Publikum formidabel ‚rüber’, seit sie im Alter
von zehn Jahren öffentlich debütierte. Ihr Spiel
verströmt nichts Primadonnenhaftes. Kaum
Glamouröses. „Ich bin eine alte Frau und habe
graue Haare“, scherzte sie selbstironisch vor
wenigen Jahren. Wenn auch mit einem gewissen Überdruss gegen die immer äußerlicher werdenden Markt-Gepflogenheiten der
Klassik.
Ihr kühler, weltläufig offener Ton blieb
aufgeschlossen vor allem zur Alten Musik.
Allem Kratzenden, Schabenden, Katzendarmhaften der historischen Aufführungspraxis ist
sie trotzdem abhold. Heute, mit 35 Jahren, ist
Janine Jansen der große Darling der Geigenwelt insgesamt. Eine der wenigen Integrationsfiguren, auf die sich fast alle Lager von Fachleuten bis Liebhabern verständigen können.
Und lachlustig wie eh und je. Auf die Frage,
was eigentlich „historisch informierte Aufführungspraxis“ bei ihr bedeutet, prustet sie
los: „Im Englischen klingt es noch lächerlicher! Dort sagt man ‚historically informed
performance’, abgekürzt: ‚hip’“. Wir verständigen uns leicht auf einen guten Titel
für ihre künftige Autobiografie: What does it
mean to be hip! Es enthielte die beste MusikerAntwort auf derlei akademische Fragen: Lach
es weg!
12
„Traditionen stellen Grenzen dar“, so
Jansen. „Ich muss aufpassen, ich selbst zu
bleiben.“ Daher speißt dieses Selbst sich bei
kaum einer Spitzen-Musikerin so stark aus
regionalen Wurzeln wie bei ihr. Die Musikerfamilie, aus der sie stammt, war so stark, dass
man den Eindruck gewinnen könnte, es habe
kein Entrinnen gegeben: Der Großvater leitete
einen Kirchenchor, in dem die Mutter
sang; deren Bruder
ist der holländische
Bach-Bass Peter Kooy.
Vater Jan und beide
Brüder folgten jeweils
ihrem Vater ans Cembalo.
Besonders zuhause in
Utrecht – alle zusammen.
Bis heute.
Jedem
ihrer
Weihnachtsfeste gibt Janine
Jansen seit rund zehn
Jahren den Charakter eines
Kammermusikfestes.
„Am
25. Dezember kriegen alle
probenfrei“, so die Festspielchefin generös. „Das Festival
ist praktisch bei mir zuhause,
meine Familie kommt also zu
mir.“ Diese innenpolitischen Vorlieben haben aber für Jansen
einen musikalischen Grund.
„Man muss für Kammermusik
die Musiker sehr gut kennen,
um nicht immer wieder von
vorne anzufangen“, meint sie.
„Erst mit Freunden kann ich
tief genug in das Verständnis
der Werke eindringen.“
Vor wenigen Jahren erfuhr sie, dass diese Prämissen für sie nicht nur
eine hübsche, luxu­riöse Sache sind. Sondern
notwendig. „Ich hatte den Eindruck, mit
voller Geschwindigkeit gegen die Wand zu
laufen, fühlte mich ausgepowert und musste
eine sechsmonatige Pause einlegen.“ Kein
bloßes Burnout-Syndrom, so wie es heute
jeder Finanzbeamte für sich beansprucht.
Sondern eine echte Krise, die ein Umdenken
erforderte und einleitete. „Ich gab damals etwa
120 Konzerte pro Jahr, das ist einfach zu viel.“
Heute sind es in etwa 80.
„Man muss immer noch fähig sein, die
eigenen Erfahrungen zu verdauen“, so Jansen.
Dabei hilft ihr ein hoher Prozentsatz von
Kammerkonzerten – vermutlich höher als
Kommt
selten so
allein:
Familienmensch
Janine
Jansen
Profil
bei fast jedem ihrer berühmten Kollegen.
In Berlin etwa trat sie in den letzten Jahren
hauptsächlich innerhalb der von Frank
Dodge begründeten Kammermusikreihe
„Spectrum Concerts“ auf. Eine Treue und ein
Engagement, das sich direkt auf ihre anderen
Berlin-Aktivitäten auswirkte. Denn als
Solistin wird eine Künstlerin, die so häufig in
kleineren Besetzungen präsent ist, nicht mehr
so leicht verpflichtet (um den Markt nicht zu
übersättigen).
Derlei ergab eine eher mutige Mischung,
da diese Künstlerin offenbar einerseits ebenso
anspruchsvoll wie andererseits kommerziell
dachte. Eine sehr niederländische Herangehensweise, könnte man vermuten – ohne Berührungsscheu. Die regelmäßig eingestreuten
Barock-Erkundungen setzt sie jetzt konsequent
fort mit einer Mischung von Bach-Konzerten
und Sonaten. Natürlich nicht mit irgendeinem
Spezial- oder Universal-Orchester. Sondern, getreu ihrer Marschrichtung, mit „Janine Jansen
& Friends“.
Dazu gehören Vater Jan Jansen,
Bruder Maarten sowie der Geiger
Boris Brovtsyn und KontrabassSpieler Rick Stotijn (Bruder der
Johann Sebastian Bach plünderte und zweitverwertete
Mezzo-Sopranistin
Christianne
gern eigene Werke. Seine Violinkonzerte etwa, in
Stotijn). Ausgetrieben wird Bach
Köthen entstanden, arbeitete er zu Cembalokonzerten
bei dieser Gelegenheit alle konum. So konnten sich eine Generation, nachdem er auf
ventionelle Glätte, alle Vehikeldem Streichinstrument damit glänzte, seine Söhne im
haftigkeit (für einen brillierenden
Zimmermannschen Kaffeehaus zu Leipzig als Solisten
Solisten). Und aller opaker Glanz.
präsentieren – echte Familienkonzerte also. Im Fall des
Dies ist ein Bach der Familienrekonstruierten c-Moll-Konzertes für Violine und Oboe
bande, unaufgeregt ausgefeilt
BWV 1060 ist freilich der umgekehrte Weg beschritten
bis ins Letzte. Enthaltend ist
worden. Hier ist die Originalpartitur verloren. Nur von
auch das rekonstruierte Doppeleiner Bearbeitung für zwei Cembali konnte auf die urkonzert für Violine und Oboe csprüngliche Fassung zurückgeschlossen werden.
Moll BWV 1060 (sonst für zwei
Tasteninstrumente).
Selten klingt Bach so zutraulich aufgeraut.
Janine Jansen gehört damit zu den
So anheimelnd kratzbürstig und transparent.
wenigen Künstlern, die ihre Karriere freiMelancholische Farben, spröde Stimmungen
willig in engeren Grenzen halten als üblich.
kennt dieser Bach ebenso wie furiose Anfälle
Es gibt einen guten Humus, könnte man dazu
von Galopp. Freilich: Einen goldenen Annesagen. Tatsächlich hat es Jansen in Holland
Sophie Mutter-Ton darf man hier nicht erdurch Integrität und eine verbindliche Aufwarten. Sie kann ihn. Aber will ihn nicht. Und
trittspolitik zu einer landesweiten Zelebrität
im Duo mit Vater Jan (in den Sonaten BWV
gebracht. Man kann die Niederlande kaum
1016 und 1917) würde er wohl dem Familienbereisen, ohne dass einem von irgendeiner
umgang auch wenig entsprechen.
Plakatwand oder Litfass-Säule Janine Jansen
Früher sah Janine Jansen immer ein
entgegenlächelt. Gute Sache.
bisschen aus wie ein dralles, holländisches
Immer schon liebäugelte Jansen mit den
Meisje, das frech geworden ist. Oder, ums
populären (Barock-)Klassikern des Repertoires.
diplomatischer auszudrücken: wie Vermeers
Ihr Debüt-Album 2003 bei der Decca stürzte
sich erstaunlich bereitwillig in den himmel- „Mädchen mit dem Perlenohrring“. Heute eher
wie ein universaler Geigen-Star, der nachblauen Pool von „Violin Favorites“ – also von
hause kommt. Wer einen radikalen und verGusto- und Zugaben-Stücken von Tschaitraulichen Weg zu Bach einschlagen will, sollte
kowski bis Chatschaturjan, Vaughan Williams
ihr folgen. Und wird nicht enttäuscht.
bis Ravel. Ein Jahr später folgten Vivaldis
„Vier Jahreszeiten“ (in der Oktett-Besetzung).
Um von hieraus – aber nicht umgekehrt
Neu erschienen: Bach: Violinkonzerte E-Dur
– die sättigenden Schinken von Tschaiund a-Moll, Doppelkonzert mit Oboe c-Moll
kowski bis Beethoven, von Prokofjew bis
u. a. (mit Ramon Ortega Quero, Janine Jansen
Bruch anzuschneiden. Zumeist
and friends), Decca/Universal
mit den prestigeträchtigsten
Abonnenten-CD: Track 5
Dirigenten wie Riccardo
Chailly,
Vladimir
Janine Jansen mit Bach-Konzerten:
Jurowski oder Paavo
2.12. Berlin, Philharmonie
Järvi.
4.12. München, Prinzregententheater
5.12. Wien (A), Konzerthaus
08.12. Baden-Baden, Festspielhaus
12.12. Bielefeld, Rudolf-OetkerHalle
Foto: Harald Hoffmann
Familienkonzert
13
Edition
Günter
Hänssler
NEU
FERUCCIO BUSONI,
Nocturne symphonique op. 43
HANS PFITZNER,
Klavierkonzert op. 31
MAX REGER,
Eine romantische Suite op. 125
Tzimon Barto, Klavier
Staatskapelle Dresden
CHRISTIAN THIELEMANN
2 CD PH12016
NEU
Günter Wand –
The Radio Recordings
Mozart, Messiaen, Webern,
Fortner, Stravinsky, Beethoven,
Orff, Saint-Saëns, Koechlin,
Berlioz, Cherubini, Brahms,
Weber, Zimmermann, Ligeti,
Bruckner, Haydn, Braunfels,
Hindemith, Strauss, Baird,
Schubert, Bach
WDR Sinfonieorchester Köln,
NDR Sinfonieorchester,
Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks,
Radio-Sinfonieorchester Stuttgart des SWR
20 CD PH 13038
NEU
Anton Bruckner Collection
Sinfonien 0 - 9, Werke für Klavier,
Streichquartett, Messe in C-Dur,
Messe in F moll, Messe in E moll,
Te Deum, Lateinische Motetten,
Orgelwerke und Motetten, Missa
solemnis, Psalm 112, Psalm 150, Requiem)
Fine Arts Quartet, Fritz Wunderlich,
Christiane Oelze, Pamela Coburn,
Matthias Goerne, Michael Schade,
Andreas Schmidt, Dresdner Kreuzchor,
Symphonieorchester des Bayerischen
Rundfunks, Deutsches Symphonie-Orchester Berlin, Staatskapelle Dresden,
Wiener Philharmoniker, Gächinger Kantorei, Radio-Sinfonieorchester
Stuttgart des SWR, Bach-Collegium Stuttgart, Philharmonie Festiva,
Bamberger Symphoniker, Herbert von Karajan, Christian Thielemann,
Bernard Haitink, Günter Wand, Klaus Tennstedt, Kurt Sanderling,
Helmuth Rilling, Gerd Schaller
20 CD PH13007
Jubiläumssampler zum Sonderpreis:
Berühmte geistliche Chöre und die schönsten Klavierkonzerte
Die Himmel rühmen
2 CD PH12065
Piano Concertos
2 CD PH13033
Richard Wagner –
Der Ring des Nibelungen
Hans Swarowsky
14 CD PH10034
Joseph Haydn –
die Klaviersonaten
Ekaterina Derzhavina
9 CD PH12037
Erhältlich im Fachhandel!
Profil
Edition
Günter
Hänssler
Profil Medien GmbH
Edition Günter Hänssler
www.haensslerprofil.de
Vertrieb: NAXOS DEUTSCHLAND GmbH . www.naxos.de
Ein Fan der King’s Singers ist Albrecht Mayer schon seit
langem – doch jetzt hat sich der Star-Oboist sogar bei
ihnen eingereiht. Von C a r s t e n N i e m a n n
H
o ho ho ho – hat sich
da etwa wieder ein
Musiker zum Weihnachtsgeschäft
die
rote Zipfelmütze übergezogen,
um sich und seinen Fans zum
Fest einen musikalischen Bunten
Teller zu bescheren? Nun, ganz so
einfach hat es sich Albrecht Mayer
nicht gemacht. Ursprünglich, so
versichert er, stand noch nicht
einmal fest, dass sein Projekt mit
den King‘s Singers ein Winteralbum werden würde. Umso
bewusster war ihm, dass die Zusammenarbeit mit der legendären
britischen A-Capella-Gruppe für
jeden Instrumentalisten eine
handfeste musikalische Herausforderung
bedeutet.
Mayers
Respekt war umso größer, weil
Ein Stern
Singer:
Albrecht
Mayer & die
King’s Singers
14
das Ensemble schon in seiner
Kinder- und Jugendzeit zu seinen
musikalischen Vorbildern gehörte. Im Knabenchor, in dem
er damals sang, und auf dem
Musikgymnasium, auf das er
ging, kursierten nicht nur die Aufnahmen der King‘s Singers – er
habe sie sich auch ganz praktisch
zum Vorbild genommen, als er
mit seiner Clique wild gemischte
Programme ausprobiert und zum
Teil auch auf der Fußgängerzone
vorgetragen habe.
Heute ist Albrecht Mayer selbst
ein großer „Sänger“– allerdings auf
der Oboe, deren kantable Qualitäten er wie kein zweiter Solist in
seiner Generation erprobt und
erweitert hat. Gerade dieser Erfahrungen wegen kam für Mayer
eine Rollenverteilung, wie sie etwa
Jan Garbarek und das HilliardEnsemble auf ihrem Album vornahmen, nicht in Frage: „Sie sind
damit extrem erfolgreich gewesen
und für das Publikum hat es auch
funktioniert. Aber den Ensemblegesang und den vermeintlichen
Solisten hätte man nach meinem
Geschmack auch getrennt voneinander aufnehmen können –
das hätte für mich ebenso viel Zusammenhang gehabt.“
Das andere Extrem, nur eine
siebente Stimme im Ensemble zu
sein, habe er jedoch auch zu vermeiden gesucht: „Das kann man
ein oder zwei Mal machen, aber
nicht ständig – sonst fragt man
sich ja, warum singt der nicht
gleich selbst?“ Bewusst habe er
Neu erschienen: Let It Snow!
Mayer, The King’s Singers, DG/
Universal
Abonnenten-CD: Track 7
Foto: Harald Hoffmann
Albrecht Mayer „Bin ich Farbe, bin ich
Geräusch?“
daher von Stück zu Stück mit verschiedenen Rollen experimentiert.
„Mir war wichtig herauszufinden:
Worauf reagiere ich im Ensemble?
Was passiert, wenn die gerade
mal schweigen? Kann ich einen
Kommentar abgeben? Oder kann
ich eine weitere Stimme sein?
Kann ich ein Kontrapunkt oder
eine Farbe sein? Kann ich ein Geräusch sein?“
Hört man genau hin, kann
man tatsächlich in jedem Stück
einen anderen Albrecht Mayer erleben – mal präzise am Notentext, wie in dem herausfordernd
instrumental geschriebenen Ar­
ran­gement des (Albinoni nur zugeschriebenen) Adagios, aber auch
mal freier improvisierend, wie in
dem Evergreen „Baby It‘s Cold Outside“. Um diese Experimente umzusetzen, bedurfte es nicht nur
musikalischen
Fingerspitzengefühls: Fasziniert berichtet Mayer,
der sich gerade im Studio als impulsive Persönlichkeit entpuppt,
von der musikalischen Flexibilität sowie der „extremen britischen
Lie­
benswürdigkeit und Höflichkeit“, mit der sich das Ensemble
auf dieses Projekt einließ – ein
Projekt, möchte man hinzufügen,
das trotz seiner schlussendlich
gefälligen Durchhörbarkeit eine
durchaus herausfordernde Winterexpedition gewesen sein dürfte.
Jetzt wird’s
bunt: Diana
Damrau (Moll
Hackabout) und
Nathan Gunn
(James Dalton)
in „A Harlot’s
Progress“
Diana Damrau Knallbunte Tüte
Mit „Forever“ kehrt die Damrau zu
ihren Musical-Wurzeln zurück. Eine
solch gewagte Mischung hätte sich
nicht mal die Rothenberger getraut.
Von Robe rt F r au n hol z e r
Foto: Werner Kmetitsch
D
as kommt von meinem
Vater“, lacht Diana
Damrau und meint
damit die Frohnatur,
mit der ihre neue CD überschüttet
scheint. „Mein Album ‚Forever’“,
sagt sie über die Melange aus
Strauß, Kálmán, Loewe, Lloyd
Webber und „Mary Poppins“,
„soll nichts bieten außer schönen
Melodien.“ Ein Grundsatz, mit
dem schon Anneliese Rothenberger ihre Programme machte.
Nur war selbst diese HaarsprayLady von einst nicht so verwegen, neben großer Operette
auch Musical und sogar Filmmusik auf eine einzige Platte zu
pressen. Wem wäre so ein Spagat
je zuvor gelungen? „Hm, weiß
ich auch nicht“, sinniert Diana
Damrau und wird richtig ernst.
„Ich nehm’s als Kompliment!“
Und lacht schon wieder.
Die gute Laune hatte bei
ihr von jeher eine bayerisch
pragmatische Seite. „Eine positive
Einstellung ist auf alle Fälle
besser“, sagt die geborene Günzburgerin. „Man kriegt einen
Schnupfen, wenn man sagt, ich
hab’ die Nase voll.“ Nicht mit ihr.
Und da sie ihr Bühnen-Debüt
1986 mit Szenen aus „My Fair
Lady“ in den Donaulichtspielen
Offingen gab, worauf etliche
Adelen
(„Fledermaus“)
und
Valenciennes („Lustige Witwe“)
im Mainfranken Theater Würzburg folgten, kann Diana Damrau
mit Fug und Recht als eine in
der Provinz groß gewordene
Operetten-Soubrette gelten.
Wobei es nicht blieb. Denn
inzwischen bevorzugt Damrau
für neue Rollen wie Traviata,
Lucia di Lammermoor oder
Sonnambula ganz große Hütten,
wie die Metropolitan Opera in
New York. „Verstecken kann ich
mich sowieso nicht mehr. Überall
filmen oder schneiden die Leute
mit Handys die Auftritte mit.“
Lieber gleich ins kalte Wasser.
Selbst unser Interview findet
am Mittag direkt vor einer Aufführung von „A Harlot’s Progress“
am Theater an der Wien statt.
Das würde kaum eine andere
Sängerin machen, die am selben
Abend mehrere Stunden ununterbrochen auf der Bühne stehen
muss. Das atonale Werk wurde für
Damrau komponiert. „Es ist NeoVerismo, aber das habe ich noch
niemandem gesagt“, plaudert
sie, indem sie ihren Mann, Bassbariton Nicolas Testé, nachhause
zu den beiden Kindern schickt.
Ihr „Durchbruch“, sagt die
Sängerin, sei mit dem folgenden
Satz erfolgt, den der damalige
Wiener
Staatsoperndirektor
Ioan Holender zu ihr sagte:
„Damrau’chen, du wirst an der
Scala singen! Eben hast du
Riccardo Muti vorgesungen!“ So
geschehen 2002 bei einer Vorstellung des „Riesen vom Steinfeld“ von Friedrich Cerha, wo
Diana Damrau mitwirkte. Die
Prophezeiung Holenders hat sich
erfüllt. Nach einigen Jahren in
Wien und einer letzten, festen
Ensemble-Station in Genf lebt
Damrau mittlerweile in Zürich.
Mit
ihrer
vielfach
bejubelten
„Forever“-CD
kehrt
Diana Damrau zu ihren leicht
luftigen Wurzeln zurück. Nicht
mit allen ihren bisherigen CDs
hatte sie Glück. „Ich weiß auch
nicht, warum meine Stimme
eher schwer aufzunehmen ist.“
Bei ihrer „Coloraturas“-CD, klagt
sie, war sie die meiste Zeit krank.
„Meine beste Platte bisher war die
Strauss-CD mit Christian Thielemann.“ (Eine Fortsetzung ist geplant.) Auch die knallbunte Tüte
von „Forever“ rangiert ganz oben.
Für immer.
Neu erschienen: „Forever“
– mit Abell, Royal Liverpool
Philharmonic Orchestra: Erato/
Warner
15
Intelligente
Interpretationen,
mit leidenschaftlicher Bewegung
vorgetragen:
Tenor Mark
Padmore
mehr. ... Die Aufnahme hat mir
gefallen. Ich fürchte aber, dass
dieser Klang, der in den 80er
Jahren
sozusagen
erfunden
wurde, weit von dem entfernt ist,
wie es ursprünglich geklungen
hat. Manchmal wünsche ich mir,
es gäbe Ensembles, die uns ein
bisschen
mehr
schockieren
würden. Dieser Klang ist uns inzwischen so vertraut. Er ist ja
auch sehr schön, rund und sauber,
aber man könnte es vielleicht auf
eine andere Art machen, die eine
rauere, dringlichere Qualität
hätte.
Bach
„Und er kam und fand
sie aber schlafend“, aus:
Matthäus-Passion
Blind gehört – Mark
Padmore „Ich bin auch ohne
Opern glücklich.“
Verständlichkeit, Expressivi­t ät,
leidenschaftliche Gestaltung:
Wenn der englische Tenor Mark
Padmore in Berlin die Rolle des
Matthäus-Evangelisten übernimmt , erfüllt er den Bericht
vom Tod Jesu mit haarsträuben­
d e r G e g e n wä r t i g ke i t . N a c h
seinem Start in der Barockmusik
führte ihn seine Leidenschaft
für intensive Wort-Tongestal­
tung seit 2000 quer durch das
Liedrepertoire von Schubert bis
Britten. Für das „Blind gehört“
während der Proben zur MatthäusPassion in Berlin nahm sich der
52-Jährige die Zeit, immer erst
nach Ende des jeweiligen Stückes
zu kommentieren. Arnt Cobbers
16
Gesualdo
Responsoria 1611,
In monte Oliveti
Collegium Vocale Gent, Herreweghe (2012), Phi/Note 1
Das bringt mich
zurück in die 80er
Jahre, als ich diese
Musik viel gesungen
habe. In dieser Aufnahme war
viel Freude an der Musik zu
spüren. Es hat Atmosphäre, ist
sauber gesungen, sehr homogen.
Was ich an dieser Musik liebe –
ich kenne das Stück nicht –, sind
die unerwarteten Harmoniewechsel. Jeder Akkord kommt
überraschend, deshalb ist die
Intonation sehr wichtig, und
wenn das funktioniert, ist es für
die Sänger sehr befriedigend. ...
Das war eine schöne Zeit, als ich
mit den Tallis Scholars, The
Sixteen oder The Hilliards gesungen habe, wir sind viel getourt,
haben
viel
aufgenommen:
Gesualdo, Perotin usw. Es gab jede
Woche neue Stücke zu entdecken.
Und man steht nicht so unter
Druck wie als Solist. Andererseits
steht immer der Gruppenklang
im Vordergrund, nicht die Persönlichkeit des einzelnen Sängers.
Wahrscheinlich hätte ich heute
noch Spaß daran, im Ensemble zu
singen. Aber das ergibt sich nicht
Peter Pears’ Stimme
erkennt man nach
einer Sekunde. Ich
habe viel Lebenszeit
mit historisch informierter Aufführungspraxis verbracht, mit
Philippe Herreweghe, William
Christie, John Eliot Gardiner und
anderen. Als Roger Norrington
Beethovens Neunte machte, sang
ich im Chor mit. Diese Leute
nahmen sich die Stücke, die in
einer ganz bestimmten Art Teil
des Repertoires waren, warfen
alle Traditionen über Bord und
setzten nochmal völlig neu an.
Das war hochinteressant, das
waren aufregende Zeiten. Aber
wichtig ist: Bach hat keine Aufführungspraxis definiert, er ist
nicht davon ausgegangen, dass
seine Werke nach ihm weiterleben würden. Ich habe mit Paul
McCreesh die Matthäus-Passion
mit acht Sängern aufgenommen.
Und jetzt arbeite ich mit Simon
Rattle, Peter Sellars, den Philharmonikern und einem Chor
von 80 Sängern. Wir sind an
einen Punkt gekommen, wo wir
nicht mehr in eine bestimmte
Richtung gehen müssen.
Als ich angefangen habe,
Platten zu kaufen, suchte man
nach der „besten“ Aufnahme
eines Stücks, der „Referenzaufnahme“. Wir sollten nicht länger
in dieser Richtung denken, es gibt
Foto: Mark Padmore
Pears, Prey, Messthaler, Stuttgarter Kammerorchester, Münchinger (1965), Decca/Universal
heute eine weite Bandbreite an
Aufnahmen. Und die sollten uns
zu Live-Aufführungen führen. Ich
denke, es ist nicht wirklich möglich, ein Stück wie die MatthäusPassion in seiner ganzen Tiefe
und Fülle vor dem CD-Player zu
erleben. Dies hier klingt sehr
altertümlich mit dem Streichervibrato, das alles begleitet, der
Fokus liegt auf dem Klang, nicht
auf der Geschichte, die da erzählt
wird. Es ist so langsam, damit
alle „schöne“ Klänge produzieren
können. Aber in der Passion geht
es nicht um Schönheit. Wichtig
ist, die Geschichte zu erzählen in
all ihrer Dramatik. Aufnahmen
waren ein großer Segen für uns,
aber sie sind auch eine Gefahr:
Alles soll perfekt sein, wir haben
Unmittelbarkeit verloren, die
Lust, Risiken einzugehen. Dies
hier ist das Gegenteil von riskant.
Ich freue mich, dass wir heute der
Musik ihre Wichtigkeit zurückgeben können. Die MatthäusPassion erzählt von Freundschaft,
Liebe, Betrug, Tod, Humanität
und so weiter. Das darf nicht nur
schön klingen. Wenn Leute sagen:
Ich liebe dieses ‚Ach, erbarme
dich‘, das ist so schön – das geht
am Werk vorbei.
... Ich denke, man muss die
Passionen nicht unbedingt inszenieren, ein sehr gutes Konzert
kann das auch transportieren.
Aber ich liebe das intensive
Proben, wie es bei Konzerten
nicht möglich ist. Ich hasse es,
wenn man nur einen Tag probt
– weil ja doch alle wissen, wie
es geht. Man braucht trotzdem
diesen Prozess, man muss immer
wieder über alles nachdenken,
damit es funktioniert. Es gibt
diese wunderbaren Zeilen von T.
S. Eliot: „We shall not cease from
exploration ...“, das ist so wichtig
fürs Musikmachen. Auch wenn
wir dann wieder zum Ausgangspunkt kommen, sind wir doch
weitergekommen. ... Ich liebe
die Rolle des Evangelisten, der
erzählt die Geschichte, und das
ist es, was mich interessiert. Da
brauche ich keine Arie. Die besten
Evangelisten, Ernst Haefliger,
Peter
Schreier,
Christoph
Pregardien, haben nicht unbedingt die schönsten Stimmen.
Aber sie haben die Fähigkeit, den
Text zu transportieren.
Britten
„Near the Black Mountains there I dwelt”, aus:
Curlew River
Langridge, Academy of St. Martin in the fields, Marriner (1996),
Philips/Universal
Philip Langridge ist
sozusagen mein Held.
Ich habe mir noch als
Schüler eine erste
Platte von ihm gekauft, mit
Tippett-Songs. Er war einer der
intelligentesten Sänger, da zählte
jedes Wort. Wiederum nicht die
allerschönste Stimme, aber sie
packt einen. Sein Captain Vere in
Billy Budd und sein Peter Grimes
waren unübertroffen. Er hatte ein
erstaunliches Repertoire und war
ein guter Schauspieler. Ich liebe
das Theater auch und stehe sehr
gern auf der Bühne, aber es gibt
nicht viele Opernrollen, die ich
gern singen würde. Billy Budd in
Glyndebourne war toll, und ich
freue mich, dass wir das bald an
der Met bringen werden. Aber als
Opernsänger ist man sehr oft und
lange von zu Hause weg. Ich bin
auch ohne Oper glücklich. Britten
werde ich in den nächsten Jahren
noch viel singen. Er hat so viel für
Peter Pears geschrieben, das ist
ein tolles Geschenk für die
britischen Tenöre.
Schumann
„Aus meinen Tränen
sprießen“ und „Die Rose,
die Lilie, die Taube“, aus:
Dichterliebe
Behle, Bjelland (2010), Capriccio/
Naxos
Es klingt wie ein
junger Peter Schreier,
aber das ist sicherlich
eine neue Aufnahme.
Gefällt mir sehr. Sehr unmittelbar.
Peter Schreiers Schubert-Aufnahmen mit András Schiff wären
übrigens meine Referenz-Aufnahmen für dieses Repertoire,
viel mehr als die von FischerDieskau. Ich mag den Klang
dieser Stimme hier, der Sänger
dient den Worten und der Musik,
auch das Klavier war gut, da war
ein echtes Team am Werk, nicht
ein Star und sein Begleiter. ... Es
ist eine Schande, dass das Liedrepertoire nicht bekannter ist.
Nicht
nur
Schubert
und
Schumann, auch die Lieder von
Brahms, Liszt und Beethoven –
das ist so tolle Musik! Ich schätze
mich glücklich, dass ich damit
arbeiten darf. Auch die Qualität
der Gedichte ist meist unglaublich hoch, und ich liebe es, tief in
die Texte einzusteigen.
Schubert
„Im Frühling“, D882
Anders, Raucheisen (ca. 1943),
Berlin Classics/Edel
Eines meiner Lieblingslieder! Das hat
mir wirklich gefallen,
es klingt, als würde er
in einem kleinen Zimmer singen.
Man bekommt den Text kristallklar mit. Dieses Portamento gibt
dem ganzen so einen ChansonTouch.
Heute
würde
das
sentimental klingen, aber dies
hier zu hören, macht mich irgendwie fröhlich. Das ist ja auch eines
von Schuberts wirklich fröhlichen
Liedern. Es gibt viele Arten zu
singen, die ich überhaupt nicht
mag, aber bislang war noch
nichts dabei.
Boyce
„Softly rise, O southern
breeze“, aus: Solomon
Bostridge, The English Concert,
Labadie (2010), EMI Classics
Was zum Teufel ist
das? Händel? Das ist
schön! Es klingt wie
eine
der
großen
Händel-Arien. Der „englische
Tenor“ – das wird oft negativ benutzt. Und ich verstehe auch,
warum. Das ist ein weißer Klang,
nicht opernhaft, mit wenig
Vibrato und Ausdruck. Aber
andererseits: Man erkennt viele
Details, und da wird es
interessant. Ein opernhafter
Klang ist nicht sehr natürlich.
Fürs Opernhaus mag er passen,
aber Schubert-Lieder waren nicht
für große Säle gedacht. Mozart
war nicht für die Met gedacht,
nicht mal Wagner. Die Idee, dass
man vor 4000 Leuten singt, ist
etwas anderes als die Intimität,
für die die meiste Musik geschrieben ist. Vor 200 Leuten
kann man eine interessante
Intimität schaffen, und das gelingt Ian wunderbar, finde ich. Er
ist ein intelligenter Sänger – auch
das ist für einige ein Schimpfwort.
Schubert
„Gute Nacht“, aus: Winterreise
Schäfer, Schneider (2003), Onyx/
Note 1
Das ist schnell ... Ich
liebe diese Dringlichkeit. Ich finde es
spannend, solch ein
Stück neu zu entdecken – wenn
ich merke, da hat sich jemand
wirklich Gedanken gemacht und
eigene Ideen entwickelt und führt
das Stück auf, als wäre es neu geschrieben. Und das hier hat diese
Qualitäten. Natürlich darf ein
Sopran das singen, ohne Zweifel.
Die Kraft der Musik muss spürbar
werden, sie muss den Zuhörer
elektrisieren. Und sie muss wie
ein Teil unseres täglichen Lebens
wirken. Was ich überhaupt nicht
mag, ist, wenn jemand nur
schöne Klänge produziert. Dann
wird es ein Museumsstück, und
dafür ist diese Musik zu großartig.
Neu erschienen: Vaughan Williams, Dove, Warlock: On Wenlock Edge, The End, The Curlew
(mit Daniel, Watkins, Britten Sinfonia, Shave), harmonia mundi
Abonnenten-CD: Track 6
Mark Padmore im Konzert:
19./20.12. München, Herkulessaal (Die Schöpfung)
27./28.2. Berlin, Philharmonie
(Johannes-Passion,
mit Rattle)
1.3. Berlin, Philharmonie
(Matthäus-Passion,
mit Harding)
22.3. Wien (A), Konzerthaus
(Turn of the Screw)
13./18.4. Baden-Baden, Festspielhaus (JohannesPassion, mit Rattle)
30.4. Celle, Schlosstheater (Rezital mit
Bezuidenhout)
17
Wehe, wenn
sie losgelassen:
Ragna
Schirmer
lässt
Händels
Bässe
swingen
Ragna Schirmer Georg Friedrich
Hammond
Im Klang gleich dreier Epochen spiegelt die
­Pianistin Händels Orgelkonzerte. Und der Großmeister des melodischen Einfalls zeigt sich
­unverwüstlich. Von C a r s t e n H i n r ic h s
D
ie einleitende Frage, ob sie gerne
nach Rezept koche, empfindet
Ragna Schirmer nicht als abwegig –
nicht, wenn es um Händel geht. Der
barocke Sinnenmensch liegt ihr ganz offensichtlich. Die Einspielung seiner Klaviersuiten,
die die inzwischen in Halle – der Geburtsstadt
des Weltenbürgers – lebende Pianistin vor vier
Jahren veröffentlicht hatte, war ein intimer
Dialog mit der Vergangenheit, und zwar im
wiegenden Tanzschritt. Mit Stolz nimmt sie für
sich in Anspruch, in Sachen Händel eine der
erfahrensten und belesensten Interpretinnen
auf dem modernen Flügel zu sein. Dass sie nun
Händels Orgelkonzerte opp. 4 und 7 auf gleich
drei Instrumente und Klangwelten verteilt anbietet, wirkt aber nur auf den ersten Blick wie
ein freizügiger Umgang mit der Urtext-Autorität.
Orgelkonzerte lösen bei manchen viel­leicht
das Vorurteil kirchenmusikalischer Muffigkeit aus – diese hier glänzen verführerisch,
18
denn sie sind für das Musiktheater entstanden,
und zwar aus reiner Notwehr. Denn die in
Konkurrenz zu Händels Opernunternehmen
gegründete „Opera of the Nobility“ machte
ihm 1734 nicht nur viele Sänger abspenstig, sie
konnte auch den Starkastraten par excellence
nach London und damit das Publikum in die
Vorstellung locken: Farinelli. Dass Händel sich
darauf langfristig von der italienischen Oper
ab- und dem englischen Oratorium zuwandte,
war nur ein Teil seiner Strategie. In den Umbaupausen führte er, vielleicht ja als Ersatz für
den virtuosen Sopranistengesang, sein verlässlichstes Zugpferd in’s Rennen: sich selbst,
und zwar als Organist. Schon als junger Mann
auf Besuch in Rom machte Händel an der
Orgel von sich reden, sein Spiel sei glänzend,
funkelnd und von „beeindruckender Vollstimmigkeit und nachdrücklicher Stärke“ gewesen, so Johann Mattheson. Der heiklen
Situation angemessen, brachte der Komponist
nun in London seine ganze Kunst an Farbigkeit, melodischen Einfällen und Virtuosität
auf seinem Instrument in Stellung. Und die
Rechnung ging auf: Die Orgelkonzerte wurden
zum Publikumsmagneten der Oratorienaufführungen.
Auch Ragna Schirmer konnte sich dem
Reiz dieser Musik nicht entziehen. Mit andauernder Beschäftigung wuchs ihr Wunsch,
diese Musik auf dem Flügel zu spielen, sie
heutigen Hörgewohnheiten anzupassen. Und
das könnte durchaus im Sinne der Zeit gewesen sein. Bis 1770 erschienen dreizehn Neuauflagen, davon zwölf der Solostimme – ein Beleg, dass die Werke von Liebhabern auch am
heimischen Cembalo allein oder mit wenigen
Streichern musiziert wurden. „Händels
Konzerte sehen bis auf eine Ausnahme kein
Pedal vor. Es sind einfach Konzerte für ein
Tasteninstrument, und ich wollte sie einmal von dieser Sphäre des Orgelklangs befreien.“Doch das ist gar nicht so einfach. Denn
im Gegensatz zum Klavierton, der nach dem
Anschlag verklingt, lässt sich der Orgelklang
beliebig halten. „Gerade mit einem Orchester
würde das Klavier dann doch eher nackt
klingen. Ich habe also Verschiedenes ausprobiert, um den Klang zu verlängern, mal
durch Verzierungen, mal durch Ergänzungen
in der linken Hand, oder durch Zusätze wie
Skalen und Tremoli. Außerdem habe ich mir
bei erfahrenen Bandleadern und Arrangeuren
Anregungen geholt und aus diesen Gesprächen wieder ganz neue Ideen entwickelt.“
Dazu zählt auch der ungewöhnliche
Wunsch, einige der Konzerte für Jazzband
arrangieren zu lassen. Den Zündfunken zu
dieser Grenzerfahrung lieferte der zweite Satz
aus Konzert op. 7/V, eine riesige, um sich selbst
kreisende Chaconne. „Es gibt von diesem Satz
sehr viele Lesarten, fast jeder Organist macht
das etwas anders. Die gezupften Streicher
haben einen eigenwilligen Groove, etwas unbeirrt Vorwärtstreibendes, und ich dachte
jedes Mal beim Anhören: ‚Das müsste man mal
mit Schlagzeug machen.‘ Nun, und dann haben
wir’s gemacht!“. Doch Jazz ist ein riskantes
Unterfangen für eine klassische Musikerin.
„Für mich war klar, dass ich mich da nicht zu
weit aus dem Fenster lehnen möchte. Also
habe ich Stefan Malzew gebeten, Arrangements zu schreiben, bei denen ich die Originalstimme spielen kann. Die jazzigen Einwürfe
und Rhythmen steuert die erfahrene Band
bei.“ Auf diesem Wege kam Ragna Schirmer
kurzerhand auch in den Besitz eines kostbaren
Instruments, einer Hammond-Orgel B3, auf
der sie die Jazzband stilvoll ergänzt.
Im Gegenzug inspirierte das „JazzPeriment“
zum Blick zurück, mit Versionen für Hammerflügel und Barockensemble. Und auch innerhalb der jeweiligen Klangwelten gibt es Überraschungen: „In einem Konzert lässt Händel
Solo-Violine und Solo-Cello hervortreten, das
haben wir kammermusikalisch besetzt. Bei
einem anderen ist ein Flötenregister der Orgel
gefordert, was mich auf die Idee brachte, den
Orgelpart für drei Holzbläser arrangieren zu
lassen, da übernimmt der Hammerflügel die
Rolle des Orchesters. Dafür spiele ich zum
Beispiel die Konzerte HWV 295 und 296a
komplett alleine.“ So überträgt sich Händels
Farbigkeit bis in die Bearbeitungen hinein.
ist es um einen Ausbildungszweig bestellt,
der kaum Musikpädagogen, aber viel zu viele
Solisten produziert, dafür die Stellen aber im
Verhältnis 9:1 mit Studenten aus dem Ausland besetzen muss?“, so Schirmer zu ihren Erfahrungen. Inzwischen konzentriert sie sich
seit 2009 auf die Begabtenförderung, eine
Tätigkeit, die sie als weitaus befriedigender
und sinnvoll erlebt.
Ihr neues Projekt wird natürlich die
Puristen auf den Plan rufen: Händel auf
der Hammond-Orgel – und wo bleibt
die Authentizität? Ragna Schirmer hat
darauf eine gelassene Antwort: „Man
kann die Intentionen eines Komponisten
trotz historischer Instrumente ebenso
Das wohl berühmteste Orgelkonzert F-Dur HWV
verfehlen, wie man sie mit modernen
296a verdankt seinen Beinamen den darin entInstrumenten treffen kann. Mir geht
haltenen Vogelstimmen-Imitationen: „The Cuckoo
es allein um diese Intention.“ Das kann
and The Nightingale“. Während Händel für die
für Schirmer bedeuten, dass man ein
Außensätze seiner Triosonate HWV 401 zu Leibe
Konzert sogar mit Augenzwinkern auf
rückte, präsentiert der zweite Satz Programmmusik.
links dreht. „Mit Verlaub, ich bin mir
In den Kontrast zwischen kunstvoll umspielten und
sicher, dass Händel diesen hüpfenden
ausgezierten Passagen und den wiederkehrenden
Anfang von op. 4/VI nicht bierernst gefallenden Terzen lässt sich schon mit wenig Fantasie
meint haben kann. Da steckt so viel Witz
ein Sängerwettstreit zwischen Kuckuck und
drin, so viel Swing, und wenn man das
Nachtigall ausmachen.
für Jazzband arrangiert und kurz vor
Schluss noch eine bayerische Blaskapelle
In der Aufnahmephase schließlich mauser­ zitiert, kann das durchaus den Kern treffen.
Jedenfalls hoffe ich sehr, dass auch Händels
te sich das Projekt durch die drei Ensembles
Humor sich darin widerspiegelt.“
und die vielen Besetzungsvarianten zum
logistischen Großmanöver. „Über eine ganze
Weile war ich die einzige, die im Kopf hatte,
Neu erschienen: Händel: Die Orgelkonzerte
wie das Projekt am Ende klingen sollte. Und
(auf Hammerklavier, Flügel und Hammond B3,
ich wusste, welche Musiker bei welcher Probe
mit Händelfestspielorchester Halle, Ensemble
oder Aufnahmesitzung dabei sein mussten, als
DaCuore, Matzew & The Strings), edel/Berlin
selbst die Tonmeister schon längst aufgegeben
Classics
hatten, da durchzusteigen.“
Abonnenten-CD: Track 1
Gerade erst ist die Rundumkürzung an
Baden-Württemberger Musikhochschulen vom
Ragna Schirmer im Konzert:
Tisch, wo die Standorte Stuttgart und Mann21.–23., 28.11., Halle, Puppentheater
heim auf die Richtungen Klassik und Pop/Jazz
19.–21.12. & („Konzert für eine taube
konzentriert werden sollten. Begegnungen
24.–26.1. Seele“)
zwischen den Genres, wie Schirmers Händel15.12. Jena, Rathausdiele (Rezital
projekt, können im Uni-Alltag dann nicht
Bach, Händel, Haydn,
mehr entstehen. Schirmer selbst, die mit 28
Schumann)
Jahren in Mannheim Klavierprofessorin wurde,
22.12. Coswig, Villa Teresa
schmiss nach acht Jahren hin, entnervt vom
6.2. Hamburg, St. Michaelis
universitären Betrieb. Das „Problem Musik16.2. Heilbronn, Kongresshochschule“ sieht sie dennoch zwiespältig: „Bei
zentrum Harmonie (Gershwin,
einem Anteil der Kultur am öffentlichen HausConnesson)
halt von gerade einmal rund einem Prozent
1.3. Eisleben, Theater (Chopin)
lehne ich Kürzungen rigoros ab. Zu viel wird da
2./3.3. Halle, Georg-Friedrichdurch Unachtsamkeit zerstört, was nur mühHändel-Halle (Chopin)
sam wieder herzustellen ist, wenn die Gelder
14.04. Heppenheim, Kurfürstensaal
einmal wieder bewilligt werden.“ Auch miss(Rezital)
traut sie der Kompetenz der Beamten in Kultur15.3. Suhl, Congress-Zentrum
belangen: „Ich selbst wurde eingeladen, in ver(Chopin)
schiedenen Gremien kulturpolitisch zu beraten.
16.3. Kempen, Kulturforum
Doch ich musste einsehen, dass ich damit gar
(Rezital)
nichts bewegen konnte.“ Aber: Sie sieht ganz
23.3. Flensburg, Stadttheater
generell die deutschen Hochschulen ebenso
(Rezital)
in der Pflicht zur Selbstkontrolle und eine Not27.3. Mannheim, Christuskirche
wendigkeit zur Ausrichtung am Markt. „Wie
(Rezital)
n spielt
e
e
V
n
a
v
n
e
o
Jer
zum
Minimal Music nuss
rge
Maximalen Hö
Foto: Edel/Robert Dämmig
19
5029365945226
Kuckucksuhr mit
Manualen
7 CDs
Youtube Video Jeroen
van Veen Play´s Einaudi!
Der niederländische Minimal-Music-Spezialist
Jeroen van Veen hat für diese Sammlung die
kompletten Klavierstücke von Ludovico Einaudi
auf insgesamt 7 CDs aufgenommen.
3 CDs
Philipp Glass
Solo Piano Music
5029365941921
2 CDs
Arvo Pärt
Für Anna Maria
Complete Piano Music
5028421947754
5 CDs
Simeon ten Holt
Solo Piano Music Vol. I-V
5029365943420
Mehr Information gibt es unter:
http://de.brilliantclassics.com
Das offizielle deutschsprachige Blog von Brilliant Classics
Senta Berger Musik, der Liebe
Nahrung
Kein Dichter hat die Musiker mehr beflügelt als
­William Shakespeare. Nicht zuletzt, weil Musik
die Sprache seiner Dramen durchzieht wie ein
Gold­faden. Von C a r s t e n H i n r ic h s
L
ange wurde die Person, deren GeDramen besitzt das dichterische Wort selbst
burtstag in Stratford-upon-Avon sich
musikalische Dimensionen“, schwärmt der
2014 zum 450. Mal jährt, und deren
Shakespeare-Forscher Hans Walter Gabler
eigenhändige Spur auf Manuskripten,
in seinem Artikel über „Shakespeare und
Verträgen und Taufregistern man
die Musik“. Will sagen: Auch wenn
unter dem Namen „William
keine der ursprünglich von den
Shakespeare“
zusammenSchauspielern vorgetragenen
fasst, kritisch beäugt.
Melodien seiner zahlKaum zu glauben, dass
reichen in die Stücke einder Kosmos seiner 38
gestreuten Liedverse erDramen – Komödien,
halten sind. Da diese
Tragödien, Romanzen
meist – als kurzes
–, die das Theater so
Innehalten der Handradikal
verändert
lung – die Gefühle der
und geprägt hatten,
handelnden Person wie
einem Mann aus einLiebe im Wort verdichten,
fachsten Verhältnissen zuhat sich ihnen Musik selbst
zuschreiben waren. Woher
als poetisches Moment einhatte dieser gewiefte Impresario,
geschrieben. Schon die ZeitSchauspieler und Autor, der sich
genossen
nahmen dies als AnLeiht Shakespeare
im London des späten 16. Jahrregung auf. Noch zahlreicher ist
ihre Stimme:
Senta Berger
hunderts erfolgreich neben John
der Nachhall in der Musik der
Burbage und Edward Alleyn in
Romantiker. Sie ließen sich eher
der hart umkämpften Theaterlandschaft bevon den Grundstimmungen der Dramen inhauptete, seine enorme Kenntnis antiker
spirieren und zeichneten sie – mal feenfein,
Mythen und historischer Stoffe? Fakt ist, dass
mal leidenschaftlich wild und düster – in sinkeinem seiner Zeitgenossen diese Wirkung
fonischen Dichtungen oder Ouvertüren nach.
auf die Nachwelt beschieden war – weder im
Und doch ist es mit Senta Berger eine
Theater, noch in der Musik.
Schauspielerin, die den runden ShakespeareWoher das kommt? „In Shakespeares
Geburtstag zum Anlass nimmt, den Ver-
20
bindungen von Wort und Musik in zwei
Programmen nachzugehen. Ein barockes mit
der Lautten Compagney Berlin mit Musik der
Zeitgenossen, während ein romantisches mit
den Nürnberger Symphonikern Ouvertüren
und Orchesterwerke von Berlioz, Tschaikowski,
Dvořák und Walton versammelt. Berger, die als
eine der wenigen deutschsprachigen Schauspielerinnen den Sprung nach Hollywood geschafft hat und an der Seite von Charlton
Heston, Kirk Douglas, Yul Brunner und Alain
Delon drehte, ist bereits seit einigen Jahren in
der ZDF-Krimi-Reihe „Unter Verdacht“ zu erleben. Für die Rolle der gleichermaßen hypersensiblen wie kämpferischen Kommissarin
der internen Ermittlung wurde sie 2003 mit
dem Grimme-Preis geadelt.
Der vom Kino abgeschaute Titel „Shake­
speare In Love“ bringt es hingegen auf den
Punkt: Liebe in allen Auswirkungen ist das
Thema der 154 Sonette, aus denen sie im
Konzert vorträgt. „Die Themen der Sonette
sind archaische Themen, die unwandelbar
uns auch heute noch berühren“, erzählt Berger.
„Natürlich muss man sich auf die Sprache einlassen. Meine Aufgabe ist genau das: den Zuhörern die Texte der Sonette zu erschließen.“
Die meisten der Sonette verherrlichen einen jungen Mann, bis am Ende der
Sammlung eine geheimnisvolle Frau ins
Spiel kommt, die dark lady. „Sonette wurden
in der Zeit Shakespeares verschickt, wie man
heute Blumen der Angebeteten sendet. Ein
junger, schöner, blonder Mann? Auch das ist
möglich – und warum nicht?“ Spielt das in
der Rezitation eine Rolle? Senta Berger muss
nicht lange überlegen. „Ich nehme eine bestimmte Haltung zu den Texten ein. Und das
muss man auch, wenn man sie vortragen will.
Ich glaube an die ‚dark lady‘ und ich will daran
glauben.“ Der Musik des Abends kann sie sich
als Rezitatorin natürlich auch nicht entziehen.
„Auf der Bühne zu sitzen, das Schnauben der
Kontrabässe zu hören, zu spüren, wie der
Bühnenboden unter mir vibriert – das ist so
aufregend! Ich muss mich zusammenreißen,
wenn dann wieder die Reihe an mir ist und ich
mit nichts als meinem Sprachinstrument ausgestattet vor das Publikum trete.“
www.carpeartem.de
Senta Berger auf Tournee
mit der Lautten Compagney (LC) und den
Nürnberger Symphonikern (NbS)
11.1.
14.6.
11.10.
16./17.10.
19.10.
7.11.
22.11.
23.11.
Potsdam, Nikolaisaal (LC)
Bad Kissingen, ORT (LC)
Lindau (LC)
Salzburg (A), Festspielhaus (NbS)
Linz (A), Brucknerhaus (NbS)
Viersen, ORT (LC)
Nürnberg, Meistersingerhalle (NbS)
Ludwigsburg, Forum (LC)
Foto: Torsten Hönig
Verliebt in
Shakespeare:
Die Nürnberger
Symphoniker
und Alexander
Shelley
Die besten Klassik-Tipps zu Weihnachten
– CDs und DVDs im Vertrieb von NAXOS –
Christian
Tetzlaff und
Lars Vogt
begeistern
erneut!
Herzerwärmende
Musik
für kalte
Wintertage.
ODE1205-2
DSL92173
SCHUMANN Violinsonaten
Surrounded by Angels
Die zweite gemeinsame Aufnahme des Traum-Duos, diesmal mit den
Violinsonaten von Robert Schumann. »Eine wunderbare CD mit grandioser
Interpretationskunst.« (Ensemble zu ODE 1204-2)
Herzzerreißende Schönheit und besinnlich langsame Tempi: Traditionelle
weihnachtliche Melodien mit dem Ensemble Galilei
Weltberühmte
Weihnachtslieder mit
den Wiener
Sängerknaben
Romantische
Sonaten zum
Fest: Boris
Giltburgs
zweite CD
CD: C5160
DVD: C9004
ORC100035
Christmas with the Vienna Boys’ Choir
Romantische Sonaten für Klavier
Die glanzvollsten Melodien zur Weihnachtszeit zusammen mit den Höhepunkten
des Messias von Händel, gesungen von den schönsten Knabenstimmen der Welt.
AUCH ALS DVD ERHÄLTLICH!
Zum Träumen unter dem Weihnachtsbaum: Der junge russische Pianist Boris
Giltburg spielt die schönsten romantischen Klaviersonaten
Eine traumhafte
»Hochzeit des Figaro«
aus der Glyndebourne
Festival Opera
ORC100036
OA1102D
JANÁČEK Die zwei Streichquartette
MOZART Le Nozze di Figaro
Mit seiner neuen CD für das Label Orchid Classics widmet sich das Arcadia
Quartet mit den Streichquartetten Leoš Janáčeks den Themen Liebe, Lust und
Sehnsucht.
Im Stil der 60er Jahre inszeniert war Mozarts romantische Oper das Highlight
der Saison 2012. Michael Grandages Produktion „steckt voller wunderbarer
Einfälle“ (London Evening Standard)
Im Vertrieb der Naxos Deutschland GmbH www.naxos.de www.naxosdirekt.de
manun / www.photocase.com
Das Arcadia
Quartet
erobert mit
Janáček
die Herzen
und Gemüter
der Zuhörer
Große Momente der Musikgeschichte (38)
*
Der Legende nach war Cäcilie , etwa 200 – 230, eine adlige Römerin, die
sich schon als Kind Christus weihte. Die Eltern verheirateten sie mit Valerianus,
der den Engel, der ihre Jungfräulichkeit beschützte, zu sehen bekam und sich wie
auch sein Bruder Tiburtius zum Christentum bekehrte. Bald wurden sie aber verfolgt und getötet; der Präfekt Almachius, auf der Suche nach dem hinterlassenen
Geld, traf auf Cäcilie, die ihn mit ihren Glaubensargumenten in Wut brachte. Er
ließ sie in ein (heute als Reste zu besichtigendes) Bad sperren und dieses tödlich
beheizen. Sie aber trat unbeschadet hervor und überlebte auch drei Versuche des
Henkers, ihr den Kopf abzuschlagen. Schwerverletzt verteilte sie ihr Gut drei Tage
lang unter die Armen und starb.
Cäcilie ist eine der volkstümlichsten Heiligen, in Trastevere ist das Fest ihr zu
Ehren bereits 545 nachgewiesen. Das Patronat über die Kirchenmusik verdankt
sie ihrem Gesang während der Hochzeitsfeier: „Lass, Herr, mein Herz und meinen
Körper unbefleckt bleiben ...“; auch soll sie die Engel haben singen hören.
22
* „Das Leben ist nicht zu wünschen, die Wünsche sind zu leben!“
Antje Weithaas Mit Adrenalin auf
zwei Wiener Gipfel
Die deutsche Violinistin hat nach viel
Kammermusik nun ihre erste Orchester-CD
aufgenommen – und dafür die Violinkonzerte von Beethoven und Berg
gekoppelt. Von G u i d o F i s c h e r
W
er sich einen Überblick über
das Repertoire von Antje
Weithaas schafft, der kommt
rasch zu dem Schluss, dass es
sich bei ihr um eine vorbildliche Allrounderin
handelt. Die klassische Konzertliteratur hat
sie genauso im Blut wie Zeitgenössisches von
György Ligeti, Wolfgang Rihm und Jörg Widmann. Und auch in der Kammermusik besitzt
die begeisterte Teamplayerin einen riesigen
Erfahrungsschatz. Immerhin bildet sie unter
anderem seit 2002 mit Tabea Zimmermann,
Daniel Sepec und Jean-Guihen Queyras das
Arcanto Quartett, eine der spannendsten
Streichquartett-Formationen derzeit. Regel­
mäßig trifft sie sich mit musikalisch engsten
Vertrauten wie Lars Vogt, Silke Avenhaus und
Christian Tetzlaff, um sich mit dem kammermusikalischen Spektrum vom 18. bis zum
frühen 20. Jahrhundert zu beschäftigen. Und
auf welch hohem Niveau die selbsternannte
„Instinktmusikerin“ dabei zu Werke geht, ist
auf vielen CDs dokumentiert.
Umso verblüffter ist man daher zu erfahren,
dass die 1966 in der Nähe von Cottbus geborene
Violinistin jetzt tatsächlich ihr AufnahmeDebüt als Konzertsolistin im Studio gab. „Es ist
meine erste Orchester-CD, die nicht ohne Absicht so spät kommt“, so Antje Weithaas. „Die
beiden Konzerte von Beethoven und Berg sind
geradezu prädestiniert, um meine Art des
Musikmachens zu verdeutlichen. Mir ist immer
der Dialog wichtig – ob mit einem Orchester,
einem Dirigenten oder mit meinen Kammermusikpartnern. Und das Dialogische ist auch
das Entscheidende bei diesen beiden sinfonisch
gestalteten Werken, bei denen die Violinstimme eine obligate Rolle einnimmt.“
In den letzten Jahren haben schon manche
ihrer Kolleginnen wie Arabella Steinbacher
und zuletzt 2012 Isabelle Faust die Violinkonzerte von Ludwig van Beethoven und Alban
Berg auf einer CD eingespielt. Was dramaturgisch auf dem Papier zunächst etwas gewagt wirkte, entpuppte sich – wie nun auch bei
Weithaas – schnell als gelungene Koppelung.
Nicht nur weil es die jeweils einzigen Violinkonzerte des Wahl-Wieners Beethoven und
des gebürtigen Wieners Berg sind. Neben dem
gestalterisch inneren Zusammenhang sieht
Weithaas vor allem im Ausdruck Parallelen.
„Beethoven schafft es, aus der klassischen
Form eine romantische Emotion zu erzeugen,
ohne dabei die Stilistik der klassischen Form
zu verlieren. Bei Berg ist es fast ebenso. Er
kommt zwar aus der Neuen Wiener Schule.
Doch er schafft es mit seiner strukturengen
Kompositionsweise, für den Hörer eine
gleichermaßen emotional romantische Welt
zu öffnen.“
Gerade das Beethoven-Konzert kennt
Antje Weithaas schon eine halbe Ewigkeit.
Schließlich konnte sie es noch zu DDR-Zeiten,
während ihres Studiums an der Hanns Eisler
Hochschule für Musik, rund zwanzig Mal mit
kleineren Orchestern spielen. Und speziell
diese Bühnenerfahrungen waren für sie enorm
wertvoll. Heute ist Weithaas selber Professorin
an ihrer alten Hochschule. Und auch da kehrt
die Star-Geigerin ohne Starallüren nicht etwa
die Autoritätsperson heraus, sondern setzt auf
den Dialog mit den Studenten.
Nun also hat Weithaas, die seit 2009
auch künstlerische Leiterin der Camerata
Bern ist, die für sie absoluten Gipfelwerke
der Konzertliteratur des 19. bzw. 20. Jahrhunderts eingespielt. Aufnahmeort war das
norwegische Stavanger, wo sie 2012 mit
dem Stavanger Symfonieorkester unter der
Leitung des Bochumer GMDs Steven Sloane
die beiden Konzerte zunächst live aufgeführt
hatte. „Im Konzert haben wir die Stücke mit
viel Adrenalin gespielt und danach in den
nächsten Tagen auch für die CD produziert“, so
Weithaas. „Und damit wurde eine Lebendigkeit gewonnen, die der CD sehr gut tut, wie ich
finde.“
Neu erschienen: Beethoven, Berg: Violinkonzerte (mit Stavanger Symfoniorkester,
Sloane), CAvi/harmonia mundi
Abonnenten-CD: Track 11
23
Hörtest Richard Strauss
„Elektra“
Bei Richard Strauss’ „Elektra“ ist es fast so wie bei
guten Wagner-Aufnahmen: je älter der Jahrgang,
desto besser. Von Robe rt F r au n hol z e r
S
trauss’ blutrünstigste, lauteste und –
fast – kürzeste Oper war viele Jahrzehnte ein beliebtes Bravourstück
großer Dirigenten. Fantastische Aufführungen der „Elektra“ waren so selbstverständlich, dass der Dirigent Hans Knap­
perts­
busch einst gefragt wurde, ob er an
einem Abend nacheinander „Salome“ und
„Elektra“ dirigieren könne. Er lehnte mit den
lakonischen Worten ab: „Nur, wenn danach
gleich noch die ‚Meistersinger’ kommen.“
Knap­pertsbusch wusste, dass man die Schwie­
rigkeiten von „Elektra“ unterschätzt.
Wie schlecht es heute um dieses Werk
steht, musste der späte Karajan erfahren, als er
ihm – es war einer seiner letzten Schallplattenpläne – eine Studio-Produktion widmen wollte.
Hildegard Behrens hatte für Elektra zugesagt.
Die vorgesehene Sängerin der Chrysothemis
indes, Anna Tomowa-Sintow, fand die Rolle
für sich zu schwer. Sie sagte ab. Und
besiegelte so gewissermaßen
die Schallplattengeschichte
der „Elektra“. Denn heute erscheinen die
diskografischen Akten des Werkes mehr oder
weniger geschlossen.
Elektra, eine Killer-Partie
Natürlich wegen der Titelpartie. Wohl und
Weh’ jeder „Elektra“-Gesamtaufnahme hängt
von der Durchschlagskraft, vom Gesangs- und
Stehvermögen der Titel-Heldin ab: Elektra,
eine Killer-Partie. So urteilte Christian Thielemann (am Rande unseres Interviews in dieser
Ausgabe) auf die Frage, welches seiner
Meinung nach die beste
Ge­s amtaufnah­
me
der
„Elektra“
sei, konsequent nach Maßgabe der Hauptdar­
stel­lerin: „Wohl diejenige mit Birgit Nilsson.“
Gemeint ist die Studioaufnahme mit den
Wiener Philharmonikern, mit der Georg Solti
1966 ein – wenn auch einseitiges – Meisterstück gelang. Bissig, brachial und ohne jeden
Anflug von Betulichkeit, geht diese Aufnahme
direkt zum Angriff über. Die Wonnen des
Fortissimo schlagen in Gestalt der Wiener
Philharmoniker süffig und scharf über den
Protagonisten zusammen. Diese machen
trotzdem bella figura, denn es handelt sich
neben Birgit Nilsson immerhin um die
grandiose Regina Resnik und die zwar etwas
blassere, aber auch lyrischere (angeblich aus
optischen Gründen engagierte) Marie Collier.
Solti festigte mit seiner geradlinigen und
aggressiven Deutung den Ruf des Werkes als
Sturmgeschütz. Eine Sichtweise, die nur bedingt richtig ist. Denn die Rache-Geschichte
Hugo von Hofmannsthals, die als Schauspiel
schon ein Erfolg war, bevor Strauss an die Vertonung heranging, ist kein so negativer, bluttriefender Stoff wie man denkt. Gemäß den
Gesetzen der antiken Tragödie findet der Mord
Elektras an ihrer Mutter durchaus nicht auf
offener Bühne statt. Sondern dahinter. (Bei
Solti hört man die ihr Leben ausröchelnde
Regina Resnik, dass einem der Atem stockt.)
Der Rachevorsatz, den Elektra mithilfe des
zurückgekehrten Orest ausführen lässt, geht
im Grunde genommen gut aus. („Die Bösen
kriegen ihr Fett weg“, so Thielemann.)
Feinsinn contra Fortissimo
Feinsinnigere, auch lässigere und
Wienerische Qualitäten der Partitur traf
1960 Karl Böhm. Mit der ingeniösen
Inge Borkh, einmal mehr in der
Rolle ihres Lebens, stand
ihm
eine
Foto: Sebastian Terfloth
Olymp der
Strauss-Deutung
und sein bevorzugtes Haus für
Uraufführungen:
Die Semperoper
Dresden
24
Foto: Metropolitan Opera/Louis Mélancon
glühend engagierte, spitzig intensive und
fast mädchenhafte Atridentochter zur Verfügung. Inge Borkh sang damals diese Rolle,
auf die sie sich spezialisiert hatte, in unzähligen Produktionen und – wie sie belustigt
erzählte – in immer demselben Kleid (es war,
damaligen Bühnen-Bräuchen folgend, ihr
eigenes und wurde von ihr für jede Vorstellung
mitgebracht). Eine Besonderheit der Aufnahme besteht in Dietrich Fischer-Dieskau als
logisch kalkulierendem Orest. Böhms Autorität als ausgefuchster Straussianer erweist sich
in seiner Fähigkeit, Zwischentöne und Pastellfarben zu entdecken, die sonst meist geopfert
werden. Dafür war die Staatskapelle Dresden,
mit der das Werk 1909 uraufgeführt wurde,
die denkbar beste Basis. Die beste Aufnahme
einer Strauss-Oper durch dieses Orchester.
Spätere Studio-Annäherungen reichten
an diese Großtaten der frühen Stereo-Ära
nicht heran. Das gilt für Daniel Barenboims
luxuriöses Set mit der Berliner Staatskapelle
von 1995, welches unter der unsteten,
stimmlich ausladenden Deborah
Polaski in der Titelrolle leidet
(eine wunderbare Sängerin,
deren große Stimme im Studio
nie optimal abgebildet werden
konnte).
Waltraud
Meier
präsentiert sich als vollmundig
attraktive Klytämnestra auf der
Höhe ihres Könnens.
Kly­
tämnestra
immerhin
die
letzte
Mödl. Oder 1957 in Salzburg mit einem schier
große Opern-Partie ihrer Karriere dokumen­
unschlagbaren Quintett, bestehend aus Inge
tieren.
Borkh, Lisa della Casa, Jean Madeira, Kurt
Weiter bergab ging es in den folgenden
Böhme und Max Lorenz
Jahren. Unter Valery Gergiev sind weder
Wenn man schließlich an dem einzigen
Dokument Herbert von Karajans mit dieser
Jeanne-Michèle Charbonnet noch Angela
Denoke der Rosskur gewachsen, der sie hier
Oper nicht vorbei gehen kann (Live in Salzunterzogen werden. Felicity Palmer als
burg 1964), so liegt dies an der Fülle
Klytämnestra reicht (auch ihrer
süffiger Lyrismen, am Wienerischen
eigenen Einschätzung nach) an
Schwung Karajans, durch den
die Aufnahme unter dem gleichman plötzlich frappiert vor
falls gewalttätigen Semyon
der „Rosenkavalier“-Nähe des
Werkes steht. Selbst wehrBychkov nicht heran (2004,
hafte Sänger wie Astrid Varnay,
wiederum
mit
Deborah
Hildegard Hillebrecht und
Polaski).
Martha Mödl integriert Karajan
Eine positive Ausnahme
in einen beinahe pastoralen Anmag die Produktion von 1989
satz antiker Helligkeit und Klarmit Eva Marton, Cheryl Studer
heit. Man hört das Werk mit anderen
und Marjana Lipovsek bilden, schon
Inge Borkh
als Elektra
Ohren. Kocht man all diese Ergebdeshalb, weil sie unter Leitung von
Wolfgang Sawallisch einen Meister
der Besonnenheit am Pult zeigt.
Sawallisch trumpft mit dem kompakten
Klang des BR-Orchesters effektvoll auf, vermag aber als der
zyklisch denkende StraussKapellmeister, der er war, eine
energetische
Geschlossenheit zu suggerieren, die beeindruckt.
Unter den DVDs verdient
vor allem der Wiener Mitschnitt
unter Claudio Abbado AufVon nun an geht’s
merksamkeit: wegen der
Uraufführung 1909:
bergab
hinreißenden
Plastizität
Ernestine Schumann-Heingk
Brigitte Fassbaenders als
Und auch Alessandra Marc
(Klytemnästra) und Annie
Klytämnestra,
ebenfalls
macht als Chrysothemis
Krull (Elektra)
von 1989. Christoph von
unter
Barenboim
weit
bessere Figur als im selben
Dohnányis straighter ZuJahr 1995 bei den Wiener Philharmonikern
gang 2005 in Zürich überzeugt durch die
unter Giuseppe Sinopoli. Sinopoli ging
Regie von Martin Kušej (weniger durch Eva
Johannson). In Christian Thielemanns BadenStrauss’ Partituren vermutlich grundsätzlich
zu differenzialdiagnostisch an. Zu sehr im
Badener Produktion mit der wabernden
Sinne Mahlers. Alessandra Marc in der TitelLinda Watson von 2010 begegnet man der
rolle fehlt es an Eloquenz, Deborah Voigt als
streng-klassischen Inszenierung von Herbert
Chrysothemis an textlicher Präsenz. Einzig
Wernicke. Auch bei den DVDs lohnt es sich, auf
wegen Hanna Schwarz als geifernder
ältere Jahrgänge auszuweichen. Nicht gerade
Klytämnestra kommt dieser
zu Götz Friedrich und dem steinalten Karl
Aufnahme ein Sammlerwert
Böhm von 1981 (mit Leonie Rysanek, Astrid
zu. Ähnliches gilt für Seiji
Varnay und Catarina Ligendza). Wohl aber zur
1980 aufgezeichneten Met-Ausgrabung mit
Ozawas ältere Darstellung
Birgit Nilsson und Leonie Rysanek (hier als
mit dem Boston Symphony
Klytämnestra); die Leitung hat James Levine.
Orchestra (1988, eine der
wenigen
Opern-Aufnah­
Noch uferloser ist die Situation bei den
men dieses Orchesters).
historischen Live-Mitschnitten. Wirklich
In Gestalt von Hildewichtig sind nur drei. Erstens die 1947 in
gard Behrens jagt er
London entstandene Aufnahme unter dem
eine leicht hysterisch
sanguinisch zudrückenden Thomas Beecham
über
ihre
Mittel – mit Erna Schlüter, Elisabeth Höngen als
hinaussingende
Klytämnestra und einer nicht minder großElektra ins Breitartigen Ljuba Welitsch als Chrysothemis. Ein
wand- Getümmel.
Dirigent, der wenig ins Studio ging, war zuChrista
Ludwig
dem der beherzte Dmitri Mitropoulos; hinkonnte hier als
reißend 1950 mit Anny Konetzni und Martha
nisse herunter, so kommt man zum
vereinfachenden Schluss: entweder
Solti und Böhm. Oder Karajan live 1964.
Elektrisierend:
Solti, Wiener Philharmoniker; Nilsson,
Resnik, Collier (1966),
Decca
Böhm, Staatskapelle
Dresden; Borkh, Madeira,
Schech (1960), Deutsche
Grammophon
Karajan, Wiener Philharmoniker; Varnay, Mödl,
Hillebrecht (1964), Orfeo
Heimspiel:
Sawallisch, Symphonieorchester des
Bayerischen Rundfunks; Marton, Lipovsek,
Studer (1989), EMI
Mitropoulos, Wiener Philharmoniker; Borkh,
Madeira, della Casa (1957), Orfeo
Abbado, Orchester der Wiener Staatsoper;
Marton, Fassbaender, Studer (1989), Arthaus
Barenboim, Staatskapelle Berlin; Polaski,
Meier, Marc (1995), Teldec
Für Mutter:
Gergiev, London Symphony Orchestra; Charbonnet, Palmer, Denoke (2010), LSO Live
Bychkov, WDR Sinfonieorchester; Polaski,
Palmer, Schwanewilms (2004) Profil
Sinopoli, Wiener Philharmoniker; Marc,
Schwarz, Voigt (1995), Brilliant
25
Ganz was
anderes:
Dusko
Goykovich
jetzt neu mit
Streichern
Dusko Goykovich Mit Herz und Seele
Nach dem Erfolgsalbum
»Celebrate Bach« jetzt
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F
ast jede Art von Projekt hatte er schon
in seiner beispiellosen Karriere verwirklicht, war gefeierter Big Band
Trompeter auf beiden Seiten des
Atlantiks. Sein International Sextet mit
Kenny Clarke und Francy Boland war Keimzelle der legendären Clark-Boland Big Band.
Mit Swinging Macedonia spielte er die erste
Platte des Balkan Jazz ein; er machte sogar Aufnahmen mit sinfonischen Bläsern, doch eine
Platte mit Streichern, das fehlte noch in seiner
Diskografie.
„Ich wollte immer schon einmal soft music
mit strings machen.“ Wir haben uns im Büro
von Enja, seiner Plattenfirma, getroffen. Wie er
das sagt, ist klar, dass er dabei nichts mit Kaufhaus-kompatiblem Smooth Jazz im Sinn hat.
„Ich spiele auf vier Schienen: Ethno Balkan
Jazz, Balladen, Bebop und Latin.“ In der Zeit
vor seinem 80. Geburtstag hielt man dann
bei Enja angesichts der Lücke in seiner Diskografie die Zeit für gekommen, die Stilistik des
Trompeters mit einer Streichergruppe zu verbinden.
Das Programm war schnell umrissen: „Ich
wollte eigene Stücke spielen, also Material,
bei dem ich mich wohlfühle und das ich gut
spielen kann.“ Der geeignete Arrangeur fand
sich quasi zufällig. „Ich hatte zu meinem 80.
Geburtstag den Altsaxofonisten Peter King
zum Festival nach Belgrad eingeladen. Die
Rede kam auf mein Großprojekt. Peter sagte:
‚Du bist doch Arrangeur, warum machst Du
das nicht selber?’ Ich aber sagte ihm, dass
ich jemanden wolle, der das richtig könne.
Da stellte sich heraus, dass Peter schon tolle
Sachen in dieser Richtung gemacht hat, wie
die Arrangements für die Jazzprojekte von
26
Stones-Drummer Charlie Watts.“ Zu den geeigneten Streichern kam Produzent Uwe
Schwidewski mittels eines zufälligen MesseGesprächs mit dem Geschäftsführer des
Stadttheaters Brandenburg und seinen Symphonikern. Die hatten plötzlich eine Terminlücke in diesem Frühjahr, und die Live-Einspielung des Programms konnte über die
Bühne gehen.
„Wir wollten bewusst ein Konzept nur mit
Streichern und dem Quintett. Peter hat die
Symphoniker souverän mit unserer ternären
Phrasierung vertraut gemacht, und alle
waren schließlich mit Herz und Seele dabei.“
Angesprochen auf Anklänge an Miles Davis mit
Gil Evans bekennt Goykovich mit leuchtenden
Augen: „Miles war mein master, mein teacher.
Wir waren Freunde seit Mitte der fünfziger
Jahre, als er mich in einem Münchner Club
gehört, mit mir gespielt und mich nach New
York eingeladen hat. Ich hab viel von ihm gelernt, besonders was das Timing angeht und
das Prinzip, dass es nicht wichtig ist, was du
spielst, sondern wie du, genau du, es spielst
und dass es gilt, sich auf das zu begrenzen, was
wesentlich ist für das Stück.“
Und wie hält sich ein Trompeter bis
ins hohe Alter fit? „Ich habe nie Drogen genommen. Das negative Beispiel meines
Freundes Chet Baker hat mir da Riesenangst
gemacht. Ich sorge für ausreichend Schlaf,
vermeide mithilfe meiner Frau und meines
Managements Stress und übe wie immer
schon mindestens zwei Stunden am Tag.“
Neu erschienen: Dusko Goykovich With
Strings: The Brandenburg Concert, enja/soulfood
Foto: Unterfahrt
Mit seiner neuen CD erfüllt sich für den Spitzentrompeter und -flügelhornisten zum 82. Geburtstag ein Lebenstraum. Von T hom a s F i t t e r l i ng
HERAUSRAGENDE
NEUERSCHEINUNGEN
BEI SONY MUSIC
MOZART: ARIEN
NEUJAHRSKONZERT 2014
So wunderschön hat man Mozarts einzigartige Konzertarien noch nie gehört!
Die berühmte Klarinettistin Sabine
Meyer hat sie speziell für Klarinette und
Orchester arrangieren lassen und mit
dem Kammerorchester Basel eingespielt.
Das Neujahrskonzert 2014 verspricht ein herausragendes Konzertereignis zu werden. Die Wiener
Philharmoniker treffen auf eine der bekanntesten
Persönlichkeiten unserer Zeit, den Stardirigenten und
Pianisten Daniel Barenboim.
www.sabine-meyer.com
Erhältlich ab Januar 2014
BEETHOVEN: EGMONT
Beethovens Vertonung von Goethes berühmten Freiheitsdrama Egmont in Starbesetzung. Sopranistin
Simone Kermes und der Schauspieler Christian Quadflieg erzählen die tragische Geschichte des Grafen
Egmont und seiner Geliebten Clärchen gemeinsam mit
dem Göttinger Symphonie Orchester unter ChristophM. Mueller.
www.simone-kermes.de
VIVALDI:
TROMBA VENEZIANA
Wie neu das Alte klingen kann, zeigt der herausragende Trompeter, wenn er Konzerte von Antonio
Vivaldi, die ursprünglich für Violine, Laute oder sogar
für Gesangsstimme geschrieben wurden, auf der
Trompete spielt und ihnen zusammen mit der Cappella
Gabetta eine neue glänzende Stimme verleiht.
www.gabor-in-concert.com
BACH: THE
SILENT CANTATA
Fagottist Burak Ozdemir und das Berliner Ensemble Musica Sequenza haben
Choräle und Arien aus Bach-Kantaten
für Fagott und Orchester eingerichtet.
www.musicasequenza.com
WWW.SONYMUSICCLASSICAL.DE
Wo die Moldau
und die Zeit
eine Schleife
machen:
Český Krumlov
(Böhmisch
Krumau)
Fast unbemerkt an der Lieblingsstrecke der Übersee-Touristen von Prag nach Wien liegt Český
Krumlov – und dort das besterhaltene Barocktheater überhaupt. Von M at t h i a s S i e h l e r
O
rpheus ist müde. Wie oft hat er
heute schon seine geliebte, aber
tote Euridice betrauert. Noch einmal lässt er seine Stimme anschwellen: „Euridice, Euridice!“ und wirft
sich auf die Brust der Frau, die vor ihm unbeweglich unter einem Schleier auf einem
Marmorkatafalk liegt. Hinter ihm flackern
Feuerschalen, neben ihm stehen stumm die
Freunde. Es ist dunkel, nur die wie versteinert
wirkende Gruppe ist in unwirkliches Licht getaucht, von wehen Klängen umschwebt.
„Und danke, das war’s“, sagt eine Stimme
aus dem Nichts auf Tschechisch. Leben kommt
in die Szene, Licht geht an, das Team stellt die
Handkamera ab, die ihren Träger und Führer
mit einem mächtigen System aus Gewichten
und Gegengewichten gefangen hält. Die Feuerwehrmänner treten vor, denn schließlich gilt
28
es, hier ein einmaliges, über 250 Jahre altes
Ambiente zu schützen. Die leichtbekleidete
Tote ist fröstelnd aufgesprungen, in unförmige
Isolierstiefel und eine Daunenjacke geschlüpft.
Die Chormitglieder holen sich Kaffee aus dem
Feenreiche und
Meeresstürme auf
30 qm
Spender, und Orpheus kontrolliert seine Szene
auf dem Monitor. Ja, auch Bejun Mehta ist
zufrieden.
Der Countertenorstar, der auf den
großen Opernbühnen Europas und Amerikas
Märchenhafte Illusion vor 200
Plätzen
Hier ist ein immer noch schlafendes Schmuckstück zu bewundern, herausgeputzt, aufgefrischt in seinen Farben und doch von
einer ganz anderen Epoche erzählend.
Während draußen die Horden japanischer
und chinesischer Touristen, zum Teil mit
Wikingerhelmen, alle aber mit Fotoapparaten
und Handys bewehrt, vorbeiströmen, scheint
hier drinnen immer noch der Geist des 18.
Jahrhunderts wie in einer Zeitkapsel eingefangen. Durch den gleichen langen Gang ist
Foto: Marcin Szala
Musikstadt Český Krumlov
brilliert, der vor allem für seine packenden
dramatischen Darstellungen der einst von
den Kastraten gesungenen Barock-Heroen
gefeiert wird, ist diesmal nicht nur Akteur,
sondern auch Produzent. Und im außergewöhnlichen Ambiente des ehemals Fürstlich
Schwarzenbergschen
Schlosstheaters
in
Böhmisch Krumau, dem tschechischen Český
Krumlov, wird nicht nur eine Oper inszeniert
und live gesungen. Hier wird gleichzeitig ein
Film gedreht, dessen heimliche Hauptperson
nicht aus Fleisch und Blut ist – sondern die
alte Barockbühne mit ihrer funktionierenden
Kulissenmechanik und der Originalausstattung.
Und deshalb brennen jetzt auch ausnahmsweise bei den Einstellungen, die die
Bühne von rückwärts zeigen, sogar die Feuerschalen an der Rampe und die Kerzen in
den Blechkisten der ersten drei Kulissengassen – unter den Argusaugen der extra verstärkten Feuerbrigade wie auch des wachsamen Schlosskastellan, der dieses 1992 unter
die Ägide des UNESO-Kulturerbe gestellte
Schmuckstück hütet wir seinen Augapfel.
rat und erster Hofmeister bei Kaiserin Maria
Theresia in Wien. Natürlich hielt er sich viel
dort auf, doch im Sommer weilte man auf
dem Stammschloss in Südböhmen, heute
eine Autostunde von Linz entfernt. Und weil
die Kaiserin immerhin 16 Mal schwanger war
und dann immer alle Vergnügungen in der
Hauptstadt vorbei waren, ließ er sich seinen
eigenen Theaterbetrieb immer mehr kosten
und professionalisierte ihn.
Für die Hochzeit seines Erben Johann
Nepomuk ließ er, der vor allem die Buffa liebte,
1768 von seinem Hofkomponisten Giuseppe
Scarlatti, wohl ein Enkel Alessandros und
Neffe Domenicos, die Oper „Dove è amore è
gelosia“ schreiben. Diese kam kürzlich auch
auf DVD heraus, aufgezeichnet am Ort der Uraufführung und versehen mit einem wunderbaren Dokumentarfilm über Schloss und
Theater. Das war freilich nur der erste Streich:
Das Barocktheater, das besterhaltenste der
Welt, mit einem noch vollständigeren Fundus
als dem im schwedischen Drottningholm,
ist nämlich kaum sichtbar. Schon um 1800
war dort das spielerische Vergnügen wieder
vorbei, die Schwarzenbergs zogen kurz danach
in ein bequemeres, moderneres Schloss. Die
Wunderkiste, hinten, im fünften Hof des lang
gezogenen Komplexes, der über der auf einer
Halbinsel der Moldauschleife sich duckenden
Altstadt thront, fiel in einen fast 150-jährigen
der Fürst vom Schloss auf einer dreistöckigen
Mantelbrücke trockenen Fußes über einen
tiefen Abgrund in die Loge gekommen. Und
die befindet sich im Theater, das isoliert am
Ende des – gleich nach dem Prager Hradschin –
zweitgrößten böhmischen Schlosses liegt.
Hier, in dem kleinen, nur 200
Plätze fassenden Auditorium, ist
bis heute alles Illusion, die sich im
trüben Licht der Wachskerzen (die
jetzt durch flackernde Elektroden er- Bejun Mehta als Orpheus, das ist eine besondere
setzt sind) noch märchenhafter an- Konstellation. Der gerade für seine Expressivität
sah. Ein fein marmorierter Raum,
und Darstellungskraft gefeierte Counterdie Fortsetzung des mit über
tenor hat die Rolle schon öfter ge134 maskierten Gestalten
sungen, auch unter René Jacobs.
geschmückten Festsaales
Nach dem Film wird er sie das
im Schloss, in dem sich
nächste Mal bei der Salzburger
ein Himmel auftut, durch
Mozartwoche verkörpern (23./31.1.),
den
triumphierende
in einer Inszenierung von Ivan
Götter, allen voran Apoll
Alexandre unter der Leitung von
als Herr der Musen, fliegen.
Marc Minkowski, danach im Mai
Der Bühnenrahmen, gebei den Wiener Festwochen in einer
schirmt von Leuchter haltenden
Produktion von Romeo Castellucci.
Putti, glänzt golden und rot. Auf
Gleichzeitig wird er mit dem Programm seiner
der Bühne scheint sich ein herr- neuesten, mit René Jacobs und der Akademie für Alte
licher Saal aus goldumwundenen
Musik Berlin aufgenommenen CD unterwegs sein. Die
kannelierten Säulen im Unend- heißt – nach einer „Orfeo“-Arie – „Che puro ciel“ und
lichen zu verlieren.
versammelt Ausschnitte aus Reformopern von Gluck,
Wenn dem Herrn dieses
sowie packende Szenen von Mozart, Traetta, Hasse
Spektakel mal nicht gefiel, ließ er
und Johann Christian Bach.
den Vorhang seiner Loge herunter
und alles stoppte, der Zauber fiel
Neu erschienen: „Che puro ciel“ (mit Jacobs, Akademie
zusammen. Man sah jetzt, dass
für Alte Musik Berlin) - hm
alles nur Holz, Gips, Farben und
Leinwand, Latten, billige Stoffe
und ein wenig Glitzer war. Und doch erSchlaf, dem sich eine fast drei Jahrzehnte
standen hier Feenreiche und Meerstürme,
währende Generalsanierung anschloss.
historische Städte und wilde Wälder. Joseph
Heute kann das Theater von maximal 100
Adam von Schwarzenberg war höchster HofPersonen am Tag besucht werden, die sich
Foto: Jiři Hubac
Der neue Orpheus
zudem auf drei Sprachgruppen (tschechisch,
englisch und deutsch) verteilen. Da kein
Theater in der Nähe ist, wird es nur sporadisch
bespielt, mit Oper so gut wie nie. So ist die
DVD ein einzigartiges Medium, um die Tricks
und Finessen, den Zauber und die Faszination
dieser Bühne vorzuführen. Was mit der Scarlatti-Lustbarkeit gelang, die sofort mit dem
Jahrespreis der Deutschen Schallplattenkritik
ausgezeichnet wurde, soll nicht nur fortgesetzt,
sondern auch gesteigert werden.
„Orfeo“ als Gesamtkunstwerk
So entschieden sich die tschechische
Produktionsfirma BVA International und die
Firma Clasart Herbert Kloibers im Vorfeld des
kommenden Gluck-Jahres (und dessen 300.
Geburtstags am 2. Juli) für eine Verfilmung
von „Orpheus und Euridice“. Aber eben nicht
nur für eine Oper im historischen Ambiente,
sondern für einen Film, bei dem der antike
Sänger das barocke Ambiente verlässt, es als
Theaterwelt entlarvt und in die Ungewissheit entschwindet – so wie auch Gluck das
zu enge Korsett der Opera seria mit seinen
Reformwerken sprengte, allen voran dem
„Orfeo“. Und man wollte jetzt mit Stars arbeiten,
neben Mehta singt Eva Liebau die kokette
Euridice, die sich am Ende von Amors (Regula
Mühlemann) olympischem Prunk verführen
lässt und sich nicht weiterentwickelt, während
Orpheus durch kahle Gänge in eine künstlerische Zukunft schreitet. So wie er vorher auf
der nackten Bühne, zwischen Lattengerüsten
und im Schnürboden, in Kavernen und auf
Treppen mit den Geschöpfen der Unterwelt gekämpft hatte.
Das alles wird live gesungen, von dem in
Perücken und nachgeschneiderten Livreen
musizierenden Alte-Musik-Orchester Collegium
1704 unter Václav Luks bei Kerzenschein auch
befeuernd gespielt. Geprobt hatte man ab
Mitte September in Prag, dann wurde alles ins
160 Kilometer entfernte Böhmisch Krumau geschafft, wo man in nur sieben Tagen bei einem
strengen Zeitplan die 90 Opernminuten drehte.
Auch wenn es draußen herbstlich schön war,
im Theater, das nur in den Sommermonaten
bespielbar ist, wird es nicht eben warm. Das
war – da bei jedem Take wieder gesungen
und musiziert werden musste, weil man den
künstlichen Playback-Eindruck vermeiden
wollte – eine ordentliche Anstrengung für alle
Beteiligten, besonders für den kaum in einer
Szene fehlenden Bejun Mehta. Doch auf so
hohem Niveau wurde hier schon lang nicht
mehr Oper gespielt. Fast schien es, als ob das
alte Theater stolz noch ein wenig mehr strahlte.
http://www.ckrumlov.info/
Website des Schlosstheaters:
http://www.castle.ckrumlov.cz/docs/de/
zamek_5nadvori_bd.xml
29
Tiroler Landesmuseen
Ferdinandeum Das Musikmuseum
Kein anderes österreichisches Landesmuseum
hat eine hauptamtlich betreute Musiksammlung.
Die Tiroler bringen ihre sogar auf CD zum Klingen.
Von C a r s t e n H i n r ic h s
W
er bei Tiroler Musikgeschichte
gleich mal an Blaskapellen
denkt, liegt vielleicht gar
nicht falsch. Zumindest die
Innsbrucker Hofkapelle zur Zeit Erzherzog
Maximilians, des späteren Kaisers, war reichlich mit Flöten, Pommern, Dulzianen und
Schalmeien ausgestattet. Von jenen ruhmreichen Tagen, als Innsbruck mit den Niederlanden, München, Wien und den norditalienischen Städten einen regen Austausch
unterhielt, bis in die jüngste Gegenwart reicht
der Bestand der Musiksammlung im Landesmuseum Ferdinandeum. Hier kann man am
wohl berühmtesten Monteverdi-Porträt vorbeischlendern (von Bernardo Strozzi), einen
Hammerflügel Conrad Grafs von 1835 aus der
Nähe betrachten oder eine beeindruckende
Sammlung von Streichinstrumenten des Absamer Geigenbauers Jakob Stainer. Dem Besucherauge weitgehend verborgen liegt im
Notenarchiv ein gewaltiger Schatz von über
20.000 Drucken und Handschriften.
30
Statt all dies in Vitrinen und Archivschränken nur wie Edelschimmel reifen zu
lassen, geht das Ferdinandeum seit einigen
Jahren mit seinen Schätzen in die Öffentlichkeit.
Gleich mehrere Fliegen mit einer Klappe schlägt
die hauseigene Konzertreihe, aus der auch die
CD-Aufnahmen des gleichnamigen Labels
„musikmuseum“
hervorgehen.
„Während
andernorts Konzerte aus fertigen Angeboten
Kein Edelschimmel:
Dieses Museum
wird bespielt.
der Künstleragenturen bestückt werden“, meint
Dr. Franz Gratl, der Kustos der Musiksammlung,
„fängt bei uns alles mit Noten eines Werks an,
das vielversprechend aussieht.“
Dafür geht Gratls Arbeit auch weit über
die zurückgezogene Quellenforschung hinaus,
http://www.tiroler-landesmuseen.at
Neu erschienen: Musica Ferdinandea
(Wessel, Kleinlein, Gerchen, Capella de la
Torre), MusikMuseum/Note 1
Abonnenten-CD: Track 15
Foto: Tiroler Landesmuseen
Ferdinands
Schmuckstück:
die Innsbrucker
Hofkirche
ist über
450 Jahre alt
denn er arbeitet auf konkrete Aufführungen
hin. Bis die Noten aufbereitet, die Musiker und
der akustisch richtige Ort gefunden, Budgetklippen umschifft und Kooperationspartner
ins Boot geholt worden sind, absolviert er die
Aufgaben eines Kulturmanagers. „Spannend
finde ich, die Schnittstelle zu bilden zwischen
der vorangegangenen Theorie und der
musikalischen Praxis. Und wir kommen mit
der CD-Reihe auch in Berührung mit dem
Musikmarkt.“
Im neuen Programm begegnet einem auch
die Blaskapelle wieder, aber ganz anders als erwartet: frühromantischer sinfonischer Bläserklang in der Kirchenmusik des Südtirolers
Jakob Schgraffer – und wortwörtlich „Unerhörtes“ von Felix Mendelssohn Bartholdy.
„Blasinstrumente waren im 19. Jahrhundert
einfach gut verfügbar, sie konnten für Freiluftmusik bei Umzügen und Prozessionen eingesetzt werden und waren weniger empfindlich“, entkräftet Gratl das Klischee. „Allerdings
hatten die Kapellen noch eine andere Zusammensetzung, wie bei Schgraffer sind oft
auch tiefe Streicher beteiligt.“
Auch Mendelssohn komponierte seine
Trauermusik op. 103 für eine sinfonische
Bläserbesetzung, die nun mit 25 Musikern
erstmals aufgeführt werden wird. „Wir haben
kein unbegrenztes Budget, aber können doch
mit Partnern größere Projekte stemmen“.
Mit dem Verein „Innsbrucker Abendmusik“
geht es auf Entdeckungsreise im Barock, ein
anderes Konzert ist Zeitgenossen wie Werner
Pirchner und Haimo Wisser gewidmet – und
bietet zugleich frischer Kammermusik junger
Tiroler Komponisten Gehör. Einmalig ist
die Möglichkeit, die Sonderausstellungen
musikalisch zu reflektieren. Statt lustloser
Streichquartett-Massenware zum Einstandssekt denkt die Konzertreihe die Inhalte weiter.
So ergänzt die Ausstellung „Druckfrisch“ zum
Beispiel ein Pasticcio aus Musik berühmter
Komponisten – die sämtlich beim Innsbrucker
Hofbuchdrucker Wagner verlegt wurden.
Die neuste CD ist der Hofmusik Kaiser
Ferdinands gewidmet, der vor genau 450
Jahren die Innsbrucker Hofkirche vollenden
ließ. Gemeinsam mit Katharina Bäuml entwarf Franz Gratl ein Programm für ihr
Ensemble Capella de la Torre, das genau
auf diesen ebenso kaiserlichen wie intimen
Raum und seine Geschichte zugeschnitten
ist. Natürlich ist auch Heinrich Isaacs heimliche Hymne darauf vertreten: „Innsbruck, ich
muss Dich lassen“. Aber so, wie hier Musik verstanden wird, kommt man immer wieder.
Café Imperial
Fotos: Wiener Staatsoper/Michael Pöhn (o. l.); Schott Promotion/Gaby Gerster (u. l.); Philippe Jordan (o. r.); Seefestspiele Mörbisch_Lichtstark (u. r.)
Unser Stammgast im
Wiener Musiker-Wohnzimmer:
Robe rt F r au n hol z e r
La Fanciulla
del West: Nina
Stemme (Minnie),
Jonas Kaufmann
(Dick Johnson)
Heimlicher ToscaFan: Der Komponist
Aribert Reimann
Western-Minnie trägt in diesem Herbst JeansLatzhosen und rote Locken. Ihr Steh-Imbiss
serviert keine Käsekrainer in Marco Arturo
Marellis Goldsucher-Lager für Puccinis
„Fanciulla del West“. Es ist Puccinis undankbarste, weil arienloseste Oper. Mit Nina
Stemme in der Titelrolle und dem schmalhüftigen Jonas Kaufmann als Cowboy fällt
das freilich kaum auf. Stemme zeigt vokale Beweglichkeit (trotz zurückliegender WagnerAusflüge). Kaufmanns Drei-Tage-Bart stand
ihm nie besser als im wilden Westen, wo
man sich die Beine ohnehin nur mit Whisky
wäscht und Langhaarfrisuren von durch
die Luft fliegenden Revolverkugeln getrocknet werden. Tomasz Konieczny als Sheriff hat
leichte Schieß- und Treffschwierigkeiten kurz
vor „High Noon“.
Neben mir in der Staatsopern-Loge sitzt
ausgerechnet Aribert Reimann. Auch er
ist angetan von Franz Welser-Mösts effektvoll genauer Hand. Tatsächlich sein bestes
Dirigat seit langem (wenn nicht überhaupt
an diesem Haus). Die Tatsache, dass WelserMöst nicht eben als Temperamentsbombe
gilt, harmoniert bestens mit Puccinis Neigung
zur Tonal-Eruption. Denn es wirkt ordnend –
und klärend. Um die Gelegenheit nicht verstreichen zu lassen, flüstere ich Reimann zu,
ich könne mir eigentlich nicht recht vorstellen,
dass er sich viel aus Puccini mache? „Doch!“,
flüstert Reimann zurück. „Am liebsten ist
mir ‚Tosca’“. Ausgerechnet!, verkneife ich mir
zu sagen. Puccinis größten Schmachtfetzen
würde man dem modernen Reimann kaum zugetraut haben. Irrtum!
Überhaupt sorgt Marellis himmelblaue
Wellblech-Ästhetik dafür, dass die Wiener
Oper ihrem Ruf als internationaler KlassikSalon bestens gerecht wird. Auch Renée
Fleming, Christoph Eschenbach und Regisseur
Marelli selbst tummeln sich im Publikum
der Repertoirevorstellung. Was für ein herrlicher, viel zu selten gespielter Puccini – ein
Komponist, den man immer viel zu sehr als
gegebene Größe hinnimmt. Und unterschätzt.
Obwohl die Stammräume unseres
Lieblingscafés (im Hotel Imperial) immer noch
renoviert werden, brauchen wir uns klassische
Aussichten nicht zu versagen. Das Hotel will
seinen rückwärtigen Übergang zum Musikverein wieder öffnen. So dass man bald direkt
vom Kaffeehaus-Tisch in den Konzertsaal gelangen kann. Im Musikverein selbst steht derweil das gewohnte Stelldichein von Harnoncourt bis Nelsons, von Rattle bis Barenboim
ins Haus (Letzterer beim Neujahrskonzert).
Am Pult der Wiener Symphoniker nimmt
deren designierter Chefdirigent, Philippe
Jordan (offiziell ab 2014), seine erste CD
auf – mit Tschaikowskis „Pathétique“
(14./15.12.). Während sein Vorgänger
Fabio Luisi sich mehr auf Mahler
kaprizierte (und wenig Aufsehen erregte),
will sich Jordan in den kommenden
Jahren mit Schubert und mit der Wiener
Klassik beschäftigen. Er hat einen Ruf
zu gewinnen. Denn er profilierte sich bislang hauptsächlich als Opern-Fex in Paris. Nur
munter ans Werk! Die großen Zeiten der Wiener
Symphoniker (unter Karajan, Sawallisch, Giulini
und Prêtre) liegen allzu weit zurück. Sie bedürfen dringend der Auffrischung.
Auch schön: In Baden bei Wien zündet
man Paul Burkhards „Feuerwerk“. So dass
Dagmar Schellenberger bei „O mein Papa
war eine wuunderbaarre Kiienstler“ die Lilli
Palmer in sich zum Ausbruch bringen kann.
In Graz bietet man das Rodgers & Hammerstein-Musical „Carousel“ (nach Molnárs
„Liliom“): eine rare Abwechslung. Da MusicalSänger heutzutage meist als Gäste eingekauft
werden müssen, sind derartige Produktionen
so teuer, dass besonders die groß besetzten
Meisterwerke Mangelware geworden sind. In
diesem Fall singt der Bayreuther Hans SachsDarsteller James Rutherford die Hauptrolle
(ab 7.12.). Kompliment! Wem das zu weit entfernt ist von Wien, dem kann an der Volksoper mit einer neuen „Nacht in Venedig“ geholfen werden (ab 12.12.). Inszeniert immerhin von Hinrich Horstkotte, der nach „Madame
Pompadour“ (und nach „La Calisto“ in Innsbruck) schon wieder darf. Ober, zahlen!
Klassische Auffrischung: Der
Schweizer Dirigent
Philippe Jordan
kommt nach Wien
Spielt sich frei
im Badener
‚Feuerwerk‘:
Die Seefestspiel-Intendantin
Dagmar Schellenberger
31
Der virtuelle
Potentat:
Die Zarenbraut in
Berlin
Da Capo
Vokalfantasmagorie
auf Goldgrund
Madrid, Teatro Real
Rihm: „Die Eroberung
von Mexico“
„Die Eroberung von Mexico“, Wolfgang Rihms
sechstes Bühnenwerk, uraufgeführt 1992,
jetzt am Teatro Real in Madrid neuerlich gespielt, hat nichts von seiner gleißenden Härte,
seiner bruitistischen Gewalt, aber auch seiner
mystischen Sinnlichkeit verloren. Nach anfänglichen Perkussionswirbeln und hohlen
Quinten wandelt die „Melodie einer Landschaft, die das Gewitter kommen spürt“ durch
die vier, im Graben und im Raum verteilten
Orchestergruppen – was der argentinische
Dirigent Alejo Pérez so faszinierend traumsicher wie klangmagisch beherrscht. So entwickelt sich eine Klanggetöse-Kantate, die
mehr Oratorium ist als handfestes Drama.
Unter Verwendung von Antonin Artauds
gleichnamigem Dramenentwurf, seinem „Se­ra­
phim-Theater“, einem Gedicht von Octavio Paz
sowie altmexikanischen Gesängen hallu­zinierte
Rihm den abstrakten, aber prototypi­schen Zusammenprall zweier einander sehr frem­
der
Kulturen. Und obwohl hier der von einer Frau
gesungene Priesterkönig Montezu­
ma und
der spanische Offizier Cortéz namentlich auftreten, ebenfalls die durch Tanz übersetzende
Mestizen-Vermittlerin Malinche, geht es eher
allegorisch um die Prinzipien von Anziehung
und Abstoßung, Unterwerfung und Machtmissbrauch. Was in eine offene, liebestodähnliche
Vereinigung der Protagonisten mündet.
32
Wo Rihm offen und exemplarisch bleibt,
da versucht der Regisseur Pierre Audi etwas zu
erzählen ohne konkret zu werden. Alexander
Polzin schuf eine bunte Bühne mit einem
Paul-Klee-Stadtprospekt, einer Erhebung im
Graben, so wie das aztekische Tenochtitlán
einst in einem See lag.
Der von Wojciech Dziedzic mit Plateausohlen, Schlangenhelm und Goldstola ausstaffierte Montezuma der lauten, herrischen
Nadja Michael sieht aus wie eine Mischung
aus Anita Berber, Björk und unter den Rasenmäher gekommener Gisela Elsner. Der Cortéz
des manisch-martialischen Georg Nigl ähnelt
dem Vampirjäger van Helsing.
Lauter Opernuntote irren hier herum. Das
sieht allerdings sehr manierlich aufgeräumt
aus, schrammt sogar hart am heiligen
Kitsch vorbei. Ist aber ein prima Goldgrund
für Wolfgang Rihms betörend flüsternde,
knallig aufkreischende Instrumental- wie
Vokalfantasmagorie.
Roland Mackes
Zaren-Dummy
Berlin, Staatsoper
Rimski-Korsakow: „Die Zarenbraut“
Dmitri Tschernjakov, der 2011 das BolschoiTheater wiederöffnete (mit Glinkas „Ruslan
und Ludmila“), ist der zurzeit angesagteste –
und wohl teuerste – Opernregisseur aus Russland. Umso mutiger seine Idee eines ‚ZarenDummys fürs Volk’ in seiner Inszenierung der
„Zarenbraut“ von Nikolai Rimski-Korskakov.
Geradezu putinkritisch, denn es geht in dieser
Aktualisierung um die Erschaffung eines nur
medial existierenden, steuerbaren und gänzlich fiktiven Fernsehkopfes als Führungspersönlichkeit. Nur die „Zarenbraut“, so die
Entscheidung der russischen Medienexperten,
soll echt sein – und wird in einem landesweiten Casting ausgesucht.
Der Abend ist derart aufwendig, dass
beim ZDF ein ganzes Fernsehstudio ausgebaut werden musste, um die flimmernden,
computeranimierten Rasterfantasien szenisch
glaubhaft zu machen. Die Figuren entwickelt
Tschernjakov stark aus den Personen seiner
Darsteller heraus. So kann Olga Peretyatko als
kühle Braut den Abend sinnlich dominieren.
Mit Johann Martin Kränzle als herrlich deklamierendem Bösewicht (Grjasnoj) und
der georgischen Weltklasse-Altistin Anita
Rachvelishvili geht der Abend ab wie nichts.
Sogar zwei Altstars hat man aufzubieten:
Anatoli Kotscherga (Abbados „Boris Godunov“)
und – erstaunlich gut imstande – Anna
Tomowa-Sintow (Karajans Marschallin in den
80er Jahren). Sie liefern ausgefeilte Rollenporträts, die den Abend zu einem der gelungensten der letzten Jahre in Berlin machen.
Das Werk war ein Wunsch von Daniel
Barenboim, der hier angriffslustig, expressionistisch aufgrellend und beißend
dirigiert. Man merkt die Lust, mal wieder
etwas Ungewohntes in Händen zu halten.
Rimskis
antiwagnerische
Klangwülste
repräsentieren
ein
Meisterwerk
der
romantischen Oper zwischen Tschaikowski
und Mussorgski. Schön, dass man sich in
Berlin wieder stärker einem Repertoire zuwendet, in dem offenbar herrliche Wiederentdeckungen zu machen sind.
Robert Fraunholzer
Fotos: Monika Rittershaus
Gezischtes Doppel: Premieren­
notizen der RONDO-Opernkritik
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Proben, Pleiten und Premieren:
Höhepunkte in Oper und Konzert
Von Rol a n d M ac k e s
Olivier Pys ‚Aida‘
in Paris: Marcelo
Álvarez (Radamès)
und Roberto
Scandiuzzi (Ramfis)
34
Nein, am Abend des 200. Geburtstages von
Giuseppe Verdi hat die von ihm „grande
boutique“ genannte Pariser Opéra nicht gestreikt. Im Gegenteil, das Orchester unter
Philippe Jordan hat fein gespielt. Schließlich
war diese „Aida“ in der Opéra Bastille die
erste neue seit 74 (!) Jahren. Delikat lässt
Jordan Streicherwellen säuseln, das Holz singt
in stimmungsvollen Melismen, Blech und
Percussion dürfen sich austoben, das aber
schlank und diszipliniert.
Auftritt des Inszenators, Auftritt Olivier
Py, gegenwärtig der am meisten gehypte
französische, etwas überbeschäftigte Regis­
seur. Deshalb vielleicht kommen uns viele
Versatzstücke und Tricks bekannt vor. Sein
ständiger Szenograf Pierre-André Weitz lässt
goldene Neoklassizismus-Fassaden glänzen.
Diese heimatlose „Aida“ ohne Ägypten beginnt
im Italien ihrer Entstehungszeit. Oberpriester
Ramphis segnet im katholischen Bischofsornat
einen goldenen Panzer, Putzfrauen wienern
einen Arc de Triomphe, in dessen Katakomben
die Berge nackter Leichen wachsen.
Das ist sehr „grande boutique“-Stil, aber
ergibt wenig Sinngehalt. Py führt Asso­
zia­
tionstrümmer vor, wofür er wüst ausgepfiffen
wurde, an der Rampe retten sich die Sänger in
stereotype Riesengesten. Oksana Dykas Aida
ist oft zu hoch und zu schrill, Marcelo Alvarez
scheint als routinemüder Radamès geistig gar
nicht da, Luciana D’Intinos Mezzo klingt ältlich und flau in der Mittelage. Bei Roberto
Scandiuzzis Ramphis kommt nur heiße Weihrauchluft, Sergey Murzaevs Amonasro hört
sich ebenfalls angeschlagen an. Vielleicht gab
Dirigentin Simone
Young
La Battaglia
di Legnano
in Hamburg:
Yonghoon Lee
(Arrigo) und Alexia
Voulgaridou (Lida)
Fotos: Opéra Paris/Elisa Haberer (o. l. u. r.); Staatsoper Hamburg /Bertold Fabricius (r. Mitte); Staatsoper Hamburg_ Bernd Uhlig (r. u.)
Fanfare
es auch deshalb so lange keine „Aida“ mehr in
Paris, weil einfach die Sänger mit pharaonisch
großen Stimmen und entsprechenden Egos
fehlen?
Noch niemals gespielt wurde an der
Covent Garden Opera in London Verdis klangsatte, aber auch problematische Grand Opéra
„Les vêpres siciliennes“ von 1855. Man hat sie
dem auch in den englischsprachigen Ländern
wegen seiner verspielten Opulenz begehrten
Stefan Herheim anvertraut. Der ist nicht
sonderlich originell, inszeniert Theater auf
dem Theater, Zuschauerraum und Bühne der
alten Paris Oper, in dem sich die Zeitgenossen
spiegeln, aber auch wir uns selbst, die Italiener
und die Franzosen, die sich hier feindlich
gegenüberstehen.
Doch gerade bei dieser Gattung mit ihren
Schauwerten macht das Sinn, ereignet es sich
in einer rauschhaften, dabei zielgenau geradlinigen Inszenierung im Geist der Oper als
gigantischer Illusionsmaschine des 19. Jahrhunderts. Was freilich ohne die bunte, dunkel
glühende und brillant strahlende Dirigierleistung Antonio Pappanos nicht möglich gewesen wäre.
Der Procida, hier ein dandyhafter Tanzmeister, wird bei Erwin Schrott als ambi­
valente Figur plastisch. Michael Volles einsamer Montford ist ein selten gebrochener
Charakter, vokal sehr präsent. Der höhensatte
Tenor von Bryan Hymel (Henri) mischt sich
apart mit dem dunkel aufblühenden Sopran
Lianna Haroutounians als Hélène.
Zwei Erstaufführungen auch in Hamburg
beim interessantesten, spannendsten und
mutigsten Projekt, das die über achtzig deut­
schen Opernhäuser anlässlich des 200. Geburtstages des Musiktheater-Titanen Verdi
anzubieten haben. Weltweit einzigartig ist es
sowieso.
Da gibt man unter dem martialischen Titel
„Verdi im Visier“ in drei Wochen drei Frühwerke. Alle mit Simone Young balanciert
am Pult und in der Regie David Aldens:
Young „La battaglia di Legnano“ zum Auftakt souverän zwi­schen blechsatt knatternden
Banda-Hym­nen und zärtlich keuschen Holzbläserkantilenen. Als Einheitsset gibt es ein im
zweiten Weltkrieg angesengtes Theater. Graue
Volksmassen tasten sich in ihre Rollen, der
Herrenchor singt als patriotische Liedertafel
aus den Noten. Man soll nicht zu romantisch
glühen, Alden liebt es diesmal minimalistisch
und mit wenigen Andeutungen zwischen Entstehungszeit und Vierzigerjahren.
Yonghoon Lee ist der mit seinen Reserven
verschwenderisch umgehende Tenor Arrigo.
Giorgio Caroduro gibt mit durchschlagskräftigem Bariton den Freund und Ehemann Rolando. Alexia
Voulgaridous
mauerblümchenfade Lida kämpft mit Verzierungen und kurzen Noten, singt aber anrührende Legatokurven.
Frischer Wind:
Der polnische
Saxophonist
Bartek Dus
gewann 2011
den ersten
Preis
hülsta woodwinds „Wir lieben Holz!“
Seit 2008 findet in Münster ein internationaler
Holzbläserwettbewerb statt. Pate steht passenderweise ein Unternehmen, dem Holz sehr am
Herzen liegt. Von G u i d o F i s c h e r
Foto: Wojtek Kibitlewski BlackImages.pl
B
eim Namen dieses Wettbewerbs muss
man sofort an Erik Satie denken.
Denn der französische Komponistensonderling schrieb 1917 sein
erstes von fünf Musikstücken mit dem Titel
„Musique d’ameublement“. Was übersetzt so
viel heißt wie „Möbelmusik“, „Einrichtungsmusik“. Doch im Gegensatz zu Satie, der damit
Musik als unauffällige, dezent im Hintergrund
dahinschwingende Klangtapete im Sinn hatte,
kommt es bei „hülsta woodwinds“ auf jeden
Ton an. Schließlich greifen die Talente bei dem
vom Möbelhersteller Hülsta mitinitiierten,
internationalen Holzbläserwettbewerb nicht
nur nach dem Siegerlorbeer. Neben jeweils
mit 5.000 Euro dotierten ersten Preisen winkt
eine Aufnahme beim Label „CC ClassicClips“,
mit dem die den Wettbewerb federführend
veranstaltende Gesellschaft zur Förderung
der Westfälischen Kulturarbeit (GWK) jungen
Musikern ein nachhaltiges Forum bietet.
Bereits zum dritten Mal findet nun in
Münster dieser Wettbewerb statt, der allein
schon von seiner Ausrichtung her ziemlich
einzigartig sein dürfte. Denn während sich bei
ähnlichen Ausscheidungskämpfen ausschließlich Flötisten oder Saxofonisten untereinander
aus dem Rennen zu kegeln versuchen, tritt
hier die gesamte Holzbläserfamilie gegeneinander an. Vom 26. bis 30. März 2014 stellen
sich erneut die ausgewählten Endrundenteilnehmenden auf ihren Instrumenten Querflöte, Blockflöte, Klarinette, Saxofon, Oboe und
Fagott den hellwachen Ohren einer Fachjury.
Westfälische Gastfreundschaft
2008 ging der alle drei Jahre veranstaltete
Wettbewerb zum ersten Mal über die Bühne.
Und wie sich die Geschäftsführerin der GWK,
Susanne Schulte, erinnert, war bereits bei
der ersten Ausschreibung die internationale
Resonanz groß. Um die 150 Bewerber aus
ganz Europa, aber auch aus China und Russland hatten sich angemeldet. Glücklicherweise
hatte man von Beginn an aber nicht nur das
Traditionsunternehmen Hülsta zum Partner,
das seinen Firmensitz im Westen des Münsterlands hat. Auch die Münsteraner Bevölkerung
nahm regen Anteil, und die Musiker konnten
kostenfrei bei Familien unterkommen.
In den Genuss der westfälischen Gastfreundschaft kommt man auch 2014. Der
Wettbewerb wird dagegen erneut kein Zuckerschlecken. Zumal bereits bei der letzten Ausgabe „das Niveau sehr hoch“ war, wie damals
Jurymitglied Dorothee Oberlinger feststellte.
In diesem Jahr haben ebenfalls international
renommierte Solisten und Professoren eine
Menge Arbeit vor sich. In fünf Tagen stellen
sich ihnen rund 40 Musiker, die es aus dem
Bewerberkreis in die Vorrunde geschafft
haben. Und bis in die Finalrunde ist der Weg
weit wie anspruchsvoll. Immerhin zählen zu
den Pflichtstücken bei den Oboisten wahlweise Poulencs Oboensonate oder eine
konzertante Verdi-Paraphrase von Antonio
Pasculli. Die Saxofonisten müssen sich bei
Bach oder Jacques Ibert beweisen, während
die Klarinettisten sich zwischen Konzerten
von Copland, Nielsen, Veress und Françaix entscheiden müssen.
Wer es dann im Laufe der öffentlichen
Wettbewerbstage schafft, immer mehr
Konkurrenten aus dem Feld zu blasen, der
kann zum Schluss nicht nur mit dem ersehnten Preisgeldregen rechnen. Wie bei den
bisherigen Gewinnern erhöhen sich auch die
Jobchancen: So ist der armenische Saxofonist
Koryun Asatryan, der seit 2005 Mitglied des
Alliage Quintetts ist, als Solist international gefragter denn je. Und die türkische Fagottistin
Zeynep Köylüoglu bekam schon zwei Jahre
nach ihrem „hülsta woodwinds“-Sieg 2008
eine Festanstellung bei der Deutschen Radio
Philharmonie. Wer ähnliche Ambitionen hat,
sollte daher bis zum 10. Dezember seine Bewerbungsunterlagen losgeschickt haben.
hülsta woodwinds: 26.–30. März 2014
www.huelsta-woodwinds.com
35
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Das
Klassik
& Jazz
Magazin
6/2013
Die Rondo-CD wird 10 Jahre alt!
… und wir feiern das mit einer großen Verlosung!
1 Ragna Schirmer, The Strings, Stefan
Malzew
Orgelkonzerte (Berlin Classics/edel),
Händel: Concerto B-Dur op. 4/VI HWV
293 (Arr. Stefan Malzew), Andante –
Allegro 5:38
2 David Orlowsky Trio,
Kammerakademie Potsdam
Symphonic Klezmer (Sony), Orlowsky:
„Happiness“ 4:02
7 Albrecht Mayer, The King’s Singers
„Let It Snow” (DGG/ Universal), Rutter:
„The Wild Wood Carol“ 3:16
8 Chor des Bayerischen Rundfunks,
Florian Helgath
„Hört! Die Engel singen” (BR
Klassik/Naxos), Praetorius: „Es
ist ein Ros entsprungen“ (Arr. Jan
Sandström) 4:37
#60
3 Tzimon Barto, Sächsische
Staatskapelle Dresden, Christian
Thielemann
Busoni, Pfitzner, Reger: Orchesterwerke
(Profil/Naxos), Pfitzner: Klavierkonzert
Es-Dur op. 31, Heiterer Satz 6:51
4 Vocal Concert Dresden, Peter Kopp
„Lob, Ehr und Preis sei Gott“ (Berlin
Classics/edel), Nicolai/Praetorius:
„Wachet auf, ruft uns die Stimme“ 3:38
5 Janine Jansen, Jan Jansen
Bach: Violinkonzerte (Decca/Universal),
Sonate für Cembalo und Violine c-Moll
BWV 1017, Adagio 3:00
6 Mark Padmore, Britten Sinfonia,
Jacqueline Shave
Vaughan Williams u. a. (hm), „Is my
team ploughing?“ aus: „On Wenlock
Edge“ 3:32
10 Dorothee Mields, Paul Agnew,
Lautten Compagney, Wolfgang
Katschner
„Wie schön leuchtet der Morgenstern“
(dhm/Sony), Praetorius: „Wie schön
leuchtet der Morgenstern“ 2:38
11 Antje Weithaas, Stavanger
Symfoniorkester, Steven Sloane
Beethoven, Berg: Violinkonzerte (CAvi/
hm), Beethoven: Violinkonzert D-Dur
op. 61, Rondo. Allegro (Auszug) 5:07
12 Dorothee Oberlinger, Vittorio
Ghielmi, Ensemble 1700
Telemann (dhm/Sony), Concerto a-Moll
TWV 52:a1, Dolce 3:13
14 Lang Lang, Berliner Philharmoniker,
Simon Rattle
Prokofjew, Bartók: Klavierkonzerte
(Sony), Prokofjew: Klavierkonzert
Nr. 3 C-Dur op. 26, Andante - Allegro
(Auszug) 4:54
15 Kai Wessel, Achim Kleinlein,
Matthias Gerchen, Capella de la
Torre, Katharina Bäumle
Musica Ferdinandea (musikmuseum/
Note 1), Isaac: „Innsbruck, ich muss
dich lassen“ 4:07
16 Anne Schwanewilms, Orquesta
Sinfónica de Bilbao, Günter Neuhold
Schönberg: Gurrelieder (Thorofon/
Naxos), „O, wenn des Mondes Strahlen“
(red. Orchesterfassung von Erwin
Stein) 2:28
17 Falk & Sons
Toccata (Emarcy/Universal), Händel:
Largo aus der Oper „Xerxes“ 3:37
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Die Rondo-CD #60 (November 2013)
ist eine Produktion von
RONDO – Das Klassik- & Jazz-Magazin
Johannisplatz 3a · 81667 München.
Sampling: audiamus Tonstudio, München. Herstellung: SCS Media, Thierhaupten
Und das gibt’s zu gewinnen:
1.Preis: Gardiners „Bach Cantata ­P ilgrimage“ –
auf 56 CDs (harmonia mundi)
John Eliot Gardiners maßstabsetzende Gesamteinspielung der Kantaten
Johann Sebastian Bachs mit den English Baroque Soloists und dem Monteverdi Choir liegt nach den benötigten 13 Jahren erstmals komplett vor. Die
limitierte und nur vorübergehend erhältliche Box enthält eine CD-Rom
mit allen Gesangstexten (mit Agnew, Daniels, Fink, Genz, Finley, Gilchrist,
Henschel, Kožena, Lee Ragin, McFadden, Stutzmann, Taylor u. a.)
2. Preis: Wolfgang Amadeus Mozarts komplette
Werke – auf 170 CDs (Brilliant/edel)
Hörbeispiele aus aktuellen CDs
M
Me
1
Ragna Schirmer, The Strings,
Stefan Malzew
Orgelkonzerte
(Berlin Classics/
edel), Händel:
Concerto B-Dur op.
4/VI HWV 293
(Arr. Stefan Malzew), Andante
– Allegro 5:38
2
David Orlowsky Trio, Kammerakademie Potsdam
Symphonic
­Klezmer (Sony),
Orlowsky: „Happiness“ 4:02
3
Wer möchte, kann sich hier einmal durch’s Köchelverzeichnis hören:
Mozarts Gesamtwerk in mustergültigen Interpretationen als Box,
dazu eine CD-Rom mit allen Gesangstexten (mit Oelze, Hendricks,
Piau, Donath, Schreier, Hampson, Hadley, Holl, Pregardien, Schellenberger, Chamber Orchestra of Europe, Mozart Akademie Amsterdam,
Philharmonia Orchestra, La Petite Bande, Camerata Bern, Scottish
Chamber Orchestra, Concertgebouw Orchestra unter der Leitung von Ter
Linden, Freeman, Leppard, Mackerras, Koopman, Wentz u.a.)
Tzimon Barto, Sächsische
Staatskapelle Dresden,
Christian Thielemann
Busoni, Pfitzner,
Reger: Orchesterwerke (Profil/Naxos), Pfitzner:
Klavierkonzert
Es-Dur op. 31, Heiterer Satz 6:51
3. Preis: Ludwig van Beethovens komplette
Werke – auf 86 CDs (Brilliant/edel)
4
Die Musik Beethovens ist durch seinen unbedingten humanistischen
Anspruch zum Gipfel nicht nur der Wiener Klassik geworden. Nun gibt
es alle seine Meisterwerke in hochkarätigen Einspielungen als Box vereint (mit Brendel, Bronfman, Tetzlaff, Ameling, Würtz, Barati, Adam,
Schreier, Moser, Mörk, Staatskapelle Dresden, Wiener Philharmoniker,
Blomstedt, Haitink, Masur, Zinman, von Dohnányi u.a.)
38
#60
13 Nuria Rial, Kammerorchester Basel,
Julia Schröder
Arien für Anna Magdalena Bach (dhm/
Sony), Bach: „Schafe können sicher
weiden“ aus Kantate BWV 208 „Was mir
behagt, ist nur die muntre Jagd“ 3:47
Auf der aktuellen CD hat sich ein Ständchen versteckt, das uns
von einem berühmten Komponisten angestimmt wird. Wir wollen von Ihnen wissen, welcher Komponist das ist und welche Originalkomposition von ihm da augenzwinkernd zum Geburtstagslied verwandelt wurde.
Wenn Sie die Lösung wissen, schreiben Sie sie an verlosung@
rondomagazin.de oder postalisch an RONDO, Johannisplatz 3a,
81667 München, Stichwort „RONDO-CD“ – Ihre Kontaktdaten
nicht vergessen! Unter allen Zuschriften verlost RONDO in Kooperation mit harmonia mundi und Brilliant Classics drei gewichtige
Preise. Einsendeschluss ist der 19. Dezember.
9 Andreas Sieling, Berlin Brass, Lucas
Vis
Music For Brass & Organ (Pentatone/
Naxos), Gabrieli: Sonata XX à 22 6:08
plus
Vocal Concert Dresden,
Peter Kopp
„Lob, Ehr und Preis
sei Gott“ (Berlin
Classics/edel),
Nicolai/Praetorius:
„Wachet auf, ruft
uns die Stimme“ 3:38
5
Janine Jansen,
Jan Jansen
Bach: Violinkonzerte (Decca/Universal), Sonate für
Cembalo und Violine c-Moll BWV
1017, Adagio 3:00
6
7
Mark Padmore, Britten Sinfonia, Jacqueline Shave
Vaughan Williams
u. a. (hm), „Is my
team ploughing?“
aus: „On Wenlock
Edge“ 3:32
Albrecht Mayer, The King’s
Singers
„Let It Snow”
(DGG/ Universal),
Rutter: „The Wild
Wood Carol“ 3:16
8
Chor des Bayerischen
Rundfunks, Florian Helgath
„Hört! Die Engel
singen“ (BR Klassik/Naxos), Praetorius: „Es ist ein Ros
entsprungen“
(Arr. Jan Sandström) 4:37
9
Andreas Sieling, Berlin
Brass, Lucas Vis
Music For Brass &
Organ (Pentatone/
Naxos), Gabrieli:
Sonata XX à 22 6:08
12
orothee OberlinD
ger, ­Vittorio Ghielmi,
­Ensemble 1700
Telemann (dhm/
Sony), Concerto
a-Moll TWV 52:a1,
Dolce 3:13
13
uria Rial, KammerN
orchester Basel, Julia
Schröder
Arien für Anna
Magdalena Bach
(dhm/Sony), Bach:
„Schafe können
sicher weiden“ aus
Kantate BWV 208 „Was mir behagt, ist nur die muntre
Jagd“ 3:47
14
Lang Lang, Berliner Philharmoniker, Simon Rattle
Prokofjew, Bartók:
Klavierkonzerte
(Sony), Prokofjew:
Klavierkonzert Nr.
3 C-Dur op. 26,
Andante - Allegro (Auszug) 4:54
15
ai Wessel, Achim KleinK
lein, Matthias Gerchen,
Capella de la Torre, Katharina Bäumle
Musica Ferdinandea (musikmuseum/Note 1), Isaac:
„Innsbruck, ich
muss dich lassen“ 4:07
10
16
11
17
Dorothee Mields, Paul
Agnew, Lautten Compagney, Wolfgang Katschner
„Wie schön leuchtet der Morgenstern“ (dhm/Sony),
Praetorius: „Wie
schön leuchtet der
Morgenstern“ 2:38
Antje Weithaas, Stavanger
Symfoniorkester, Steven
Sloane
Beethoven, Berg:
Violinkonzerte
(CAvi/hm), Beethoven: Violinkonzert
D-Dur op. 61, Rondo. Allegro (Auszug) 5:07
nne Schwanewilms,
A
Orquesta Sinfónica de
Bilbao, Günter Neuhold
Schönberg: Gurrelieder (Thorofon/
Naxos), „O, wenn
des Mondes Strahlen“ (red. Orchesterfassung von Erwin
Stein) 2:28
Falk & Sons
Toccata (Emarcy/
Universal), Händel:
Largo aus der Oper
„Xerxes“ 3:37
K
KLASSIK
Johann Sebastian Bach
Matthäus-Passion
●●●○○
Sunhae Im,
Bernarda Fink,
Werner Güra, Topi
Lehtipuu, Johannes Weisser, Konstantin Wolff,
RIAS Kammerchor, Staats- und
Domchor Berlin, Akademie für
Alte Musik Berlin, René Jacobs
u. a.
harmonia mundi
(3SACDs, 200 Min, 8 & 9/2012)
Schon allein aus musikalischer
Perspektive ist jede Neuaufnahme der Bachschen Matthäus-Passion zwangsläufig so aspektreich,
dass ihre Bewertung immer nur
Fragment sein kann. Wenn aber,
wie im vorliegenden Fall, auch
noch ein revolutionäres räumliches Konzept mit theologischer
Konnotation hinzukommt, dann
kann Rezension immer nur Assoziation sein.
Konrad Küsters Forschungsergebnisse über die wahrscheinlichen originalen Aufführungsbedingungen des Werks in der
Leipziger Thomaskirche – dass
nämlich die beiden getrennten
Ensembles, die die Partitur verlangt, nicht nebeneinander auf
der großen Empore, sondern vielmehr vorne und hinten (auf der
großen sowie auf der schon abgebrochenen Schwalbennestempore) gestanden hätten – sind
nicht neu: Schon im Jahre 1999
wurde sein maßgeblicher Beitrag dazu veröffentlicht. Dennoch
regt die hier nun vorliegende erste aufnahmetechnische Umsetzung dieser Positionierung des
Aufführungsapparates noch einmal nachdrücklich zur Auseinandersetzung mit der These an: Die
in Picanders Libretto angelegte
„Rollenverteilung“ der Texte auf
„Zion“ und „die Gläubigen“ gewinnt eine neue Dimension, indem „die Gläubigen“ als ideell
vom tatsächlichen Passionsgeschehen getrennte Betrachter nun
auch in der Aufführungssituation
weit abseits (in der Thomaskirche hätte es sich um ca. 28 Meter
gehandelt) situiert sind. Ob aber
der Hörer dieser CD-Einspielung
deshalb einige der interessantesten Stücke der Passion („Gerne
will ich mich bequemen“, „Gebt
mir meinen Jesum wieder“, „Geduld!“) wirklich aus der Ferne hören möchte, obwohl der historisch
reale Höreindruck in der Thomaskirche ja allein von der Sitzplatznähe zur einen oder anderen Empore abgehangen hätte, sei dahingestellt.
Konzentrieren wir uns also
lieber auf die rein musikalischen
Einstellungen der Aufnahme. Wie
es von René Jacobs nicht anders zu
erwarten war, gibt es auch auf dieser Ebene eine Menge elaborierter Details und Spezialitäten. Positiv zu vermerken ist in dieser Hinsicht vor allem die Gestaltung der
Continuo-Sphäre, wie sie vor allem im Evangelienbericht hörbar
wird: Celli, Laute, Cembalo, Orgel
(leider keine große, sondern eine
Truhe) kommunizieren so abwechslungsreich und je für sich
genommen auch so einfallsreich
miteinander, dass der daraus resultierende Grad ihrer rhetorischen Beteiligung am Bibelwort
Anlass zu ungetrübter Freude
gibt. Evangelist Werner Güra weiß
mit diesem Farbenspektrum auch
kongenial umzugehen. Gleichermaßen überzeugend ist unter den
Sängern Johannes Weisser, der
die Christuspartie ebenso unprätentiös wie unmittelbar packend
zu gestalten weiß. Bei den Ariensängern hingegen hält sich die Begeisterung in Grenzen: Hier hat
u. a. das Vibrato in einem Maße
Platz gegriffen, wie es in historisierenden Zusammenhängen
eher nicht wünschenswert ist. In
der Alt-Lage führen zudem Registerprobleme zu unerquicklichen Höreffekten. Tadellos agieren hingegen wiederum die Chöre. Das insgesamt gemischte Bild,
das sich aus diesen und anderen
Beobachtungen ergibt, rechtfertigt alles in allem eine nachdrück-
39
Klass i k
Johann Sebastian
Bach
Kantaten BWV 82, 199 &
84 u. a .
●●●●○
Alex
Penda
Klassik-CD des Monats
Gioachino Rossini
Semiramide
●●●●●
Alex Penda, Marianna Pizzolato, John Osborn, Lorenzo
Regazzo, Camerata Bach Choir, Virtuosi Brunensis, Antonino
Fogliani
Naxos (3 CDs, 222 Min., 7/2012)
Wenn eine Oper nach einer ihrer Figuren
benannt wird, sollte der Interpret dieser Titelrolle sie im Idealfall auch entsprechend
ausfüllen und damit zum Mittelpunkt des
Werkes machen können. Genau das gelingt
Alex Penda (ehemals Alexandrina Pendatchanska) bei diesem Live-Mitschnitt vom
letztjährigen “Rossini in Wildbad Festival”
als Semiramide auf spektakuläre Weise. Die
Bulgarin lodert, ja, brodelt geradezu vor Emotionen, einem mühsam in
Zaum gehaltenem Vulkan gleich. Doch so sehr sie auch kurz vor dem
Ausbruch zu stehen scheint, so perfekt kontrolliert führt sie ihren dunkel
gefärbten Sopran. Da profitiert sie deutlich von ihren zahlreichen Barockund Mozart-Erfahrungen mit René Jacobs. Schon allein ihrer Exuberanz
wegen lohnt sich die Anschaffung dieser Aufnahme.
Erfreulicherweise aber ist sie von Kollegen umgeben, die ebenfalls
wissen, wie man Rossini zum Genuss macht. Marianna Pizzolatos warmer Mezzosopran zeichnet sich durch vokale Souveränität und Phrasierungsgeschmack aus und lässt ihren Arsace zu einem wahrlich würdigen Partner werden. Mit John Osborn wurde ein nicht übermäßig eleganter, dafür beeindruckend höhensicherer Tenor verpflichtet, der sich
sehr beweglich durch Idrenos reichlich zu meisterndes schnelles Passagenwerk schlängelt. Als Assur steht mit Lorenzo Regazzo ein weiterer Jacobs-geformter Sänger auf der Bühne. Seine enorm anspruchsvolle Rolle meistert er – fast schon Ramey gleich – mit beachtlicher Koloraturgewandtheit und gut entwickelter Tiefe bravourös. Doch so hochkarätig
dieses Ensemble auch ist: Sobald Pendas Semiramide die Bühne betritt,
dominiert sie das Geschehen – ganz so, wie es sich für die Titelrolle geziemt.
Michael Blümke
40
Christine Schäfer,
RIAS Kammerchor, Bernhard
Forck, Berliner
Barock Solisten
Sony
(70 Min., 9/2012)
Wenn die Tage immer kürzer werden und beim Herbstlaub die
Farbpalette endgültig verblasst,
ja dann beginnt meistens auch
die große Sinn- und Lebenskrise. Stimmungsaufheller sind da
vonnöten. Und zumindest die
erste Liedzeile von Bachs Kantate „Ich bin vergnügt mit meinem
Glück“ könnte so ein Rettungsanker für die Psyche sein. Nun lässt
Bach hier die erfüllenden Grundtugenden christlicher Nächstenliebe besingen. Und die akkompagnierende Oboe (Jonathan Kelly)
blüht dazu mit herrlichstem Dolce
auf. Trotzdem hängt über dieser
freudigen Szene eine dunkle Wolke. So ganz soll man dem Frieden
wohl nicht trauen. Und für all das
subkutan mitlaufende Dramatische und Erregende dieser Musik
hat gerade Sopranistin Christine
Schäfer ein faszinierend untrügliches Gespür.
Stimmengourmets mögen
sich immer noch schwer tun
mit dieser Ausdrucksintensität, für die Schäfer gerne manche gesangstechnischen, unangenehmen Unebenheiten in Kauf
nimmt. Dokumentiert sind sie gerade in den beiden weiteren Kantaten, die Schäfer mit den Berliner
Barock Solisten aufgenommen
hat, sei es nun in der Eröffnungsarie der Kantate „Ich habe genug“
sowie im Rezitativ „Ich lege mich
in diese Wunden“ aus der Kan-
tate „Mein Herze schwimmt im
Blut“. Wer Schäfers Leistungen
aber mit makellos auftrumpfenden Kolleginnen abgleicht, der begreift auf Anhieb, dass expressive Schonungslosigkeit mehr vermittelt und mitteilt als pedantisch
durchgeformter Schönklang. Der
Tod mag ein Glücksspender sein,
wie es „Ich habe genug“ behauptet. Und die kontemplative Ruhe,
die Schäfer mit Flötist Jacques
Zoon da in „Schlummert ein, ihr
matten Augen“ entfaltet, könnte
das glauben machen. Aber auch
diese Gewissheit steht auf den tönernen Füßen. Hier werden keine
Antworten geboten und erst recht
nicht göttliche Liebe und Seelenheil versprochen. Schäfer lässt
einen mit vielen Fragen und Zweifeln zurück. Die auf historischen
Instrumenten vollkommen aufwandarm, aber ungemein homogen und beseelt musizierenden
Berliner Barock Solisten steuern
zwischendurch das Ihrige dazu
bei – mit jenen Verstand und Sinne schärfenden Streicherarrangements von einer Orgelfuge sowie dem sechsstimmigen Ricercar
aus Bachs „Musikalischem Opfer“.
Moderner und heutiger lässt sich
Bach momentan vielleicht nicht
denken.
Guido Fischer
Johann Sebastian Bach,
Kit Armstrong, György
Ligeti
Choralvorspiele, Fantasy On B-A-C-H, Musica
ricercata (Auswahl) u. a .
●●●●○
Kit Armstrong
Sony Classical
(76 Min., 4/2013)
Wie sein russischer Kollege Igor
Levit hat sich auch Kit Armstrong
viel Zeit bis zu seinem ersten Aufnahmestudiobesuch gelassen. Dabei kann der Amerikaner mit seinen erst 22 Jahren längst nicht
nur eine erstaunliche Konzertpräsenz vorweisen. Armstrong
ging schon früh der Ruf eines Allround-Genies voraus, mit abgeschlossenen Studien in Mathematik und Komposition. Dass er
Foto: Mat Hennek
liche Empfehlung zur Auseinandersetzung mit dieser Version und
über weite Strecken auch zum Genuss derselben – vor allem dann,
wenn es sich nicht um die erste
Begegnung mit der Matthäus-Passion handelt.
Michael Wersin
trotzdem seine bisherige Karriere erst jetzt mit einem CD-Debüt
besiegelt, geht wohl auf Alfred
Brendel zurück, der ihn früh gefördert hat. Und Brendel muss es
auch gewesen sein, der den BachPianisten Armstrong mit den alten Aufnahmen des von ihm so
bewunderten Edwin Fischer vertraut gemacht haben mag. Denn
der „Zaubermacht inneren Friedens“, die Brendel einmal Fischers Bach-Spiel attestierte, begegnet man bei Armstrong in den
zwölf Choralvorspielen auf Schritt
und Tritt. In mildes Licht getaucht
hat er da solche bekannten Seelenschmeichler wie „Jesu, meine Freude“ und „Allein Gott in der
Höh’ sei Ehr’“. Und ganz fließend
zart gerät ihm „O Mensch, bewein
dein’ Sünde groß“. Bei aller Diskretion und Noblesse in der Phrasierung, die Armstrong selbst in der
1. Partita BWV 825 beherzigt, ist
dieser Bach aber um Längen moderner als der seines Mentors.
Was andererseits kein Kunststück
ist: Schließlich dickte Brendel
Bach schon mal romantisch an.
Armstrong hingegen schafft es,
Herz und Verstand kurzzuschließen, indem er die innere Logik
der Werke wie selbstverständlich
transparent macht.
Kombiniert hat Armstrong
das mit einer eigenen „Fantasie
über B-A-C-H“ sowie einem halben Dutzend Stücken aus dem
1953 vollendeten Zyklus „Musica ricercata“ von György Ligeti. Wenngleich Armstrong in seine Fantasie hier und da melodische Bach-Fetzen einstreut, ist
dieses 2011 komponierte Werk
kein postmodernes Leichtgewicht. Dazu sind die Reibungen
zu schillernd verwegen. Und ganz
zum Schluss gerät die Rhythmik
ins maschinell Tollwütige, als ob
Armstrong den von Ligeti ja wiederentdeckten Amerikaner Conlon Nancarrow im Hinterkopf gehabt hätte. Großartig dann die
Leichtigkeit, mit der Armstrong
Ligetis Neo-Barbarismus und diabolische Polyrhythmik hinlegt!
Keine schlechte CD-Visitenkarte,
mit der sich Armstrong da für die
Zukunft empfohlen hat.
Guido Fischer
Béla Bartók
Violinkonzerte Nr. 1 & 2
●●●●○
Isabelle Faust,
Schwedisches
Radio-SinfonieOrchester, Daniel
Harding
harmonia mundi
(58 Min., 4/2012)
Grob in die Schublade gepackt, ist
das 1. Violinkonzert Béla Bartóks
eine einzige Liebessäuselei. Das
Zweite dagegen ist ein Kompaktpaket aus rhapsodischen Gesängen und risikofreudigem Furor,
bei dem Bartók immer noch haarscharf die Kurve bekommt, bevor das Ganze ins atonale Unterholz abrutscht. Zwei Violinkonzerte also mit zwei Identitäten – und
einer Zeitspanne von 30 Jahren
zwischen ihrer Entstehung. Und
bei jedem lauern reichlich Gefahren auf den Interpreten, oder wie
im Fall von Isabelle Fausts Neueinspielung, auf die Interpretin. Im ersten Violinkonzert sollte man gleich im Eröffnungssatz
genau zwischen Süße und Süßlichkeit unterscheiden. Und beim
Geschwisterwerk darf man sich
keinesfalls vom strammen Orchestersatz zu irgendwelchen magayrischen Assoziationen hinreißen lassen. Da heißt es: Nerven
bewahren. Nun sind selbst schon
einige Meister auf die Verlockungen dieser ungemein populären
Violinkonzerte reingefallen. Nicht
aber eben Isabelle Faust. Bei ihr,
wie gleichermaßen bei ihrem Dirigentenpartner Daniel Harding,
ist Seriosität Trumpf, gepaart mit
der nötigen Klarheit und der Bereitschaft zur gespannten Attacke.
Wie Faust es bereits auf all
ihren bisherigen Einspielungen
vorgemacht hat, kann sie anscheinend nicht anders als wieder unbestechlich und facettenreich herauszuarbeiten, was tatsächlich in
den Noten steht. Und da tun sich
so manche Überraschungen auf.
Dem besagten „Andante sostenuto“ konnte man zumindest lange nicht mehr so gut dabei zuhören, wie es zu solch einer großen
Herzenssache aufknospt – hinter
der Bartóks Zuneigung zu einer
jungen Geigerin steckte. Und das
41
Weihnachtliche Musik der großen
Dresdner Meister Praetorius, Schütz,
Schelle u.a. – aufgenommen in der
berühmten Frauenkirche Dresden.
www.sonymusicclassical.de
Klass i k
Klavierklassiker
von M at thia s Korne m ann
Natürlich spielt da ein Automat, sagt man sich irgendwann, wenn man moderne Überspielungen der Rollenaufnahmen alter Meister hört. Warum eigentlich? Es
liegt vielleicht an dem Kontrast zwischen digitalem
Klangbild und einem geradezu bestürzend freien Musizieren, wie es in unseren Tagen einfach nicht mehr gestattet ist. Die
großen französischen Klavierkomponisten der Jahrhundertwende, die
auf dieser CD versammelt sind, durften ihren Text natürlich verbiegen,
aber die Nachwelt hat es eher als Künstler-Kauzigkeit abgetan, statt
die Botschaften ernst zu nehmen. Wenn Debussy die „Soirée dans Grenade“ hinwirft, als phantasiere er sie gerade eben herbei, wenn er die
lustigen Pseudo-Schwierigkeiten am Ende des „Doctor Gradus ad Parnassum“ grotesk verwischend überzeichnet und Fauré lässig und wie
nebenbei seine berühmte „Pavane“ herunter klimperte – glaubten sie
dann, dass man diese magischen, spontanen Momente und ihre unbeschreiblich freien Tempi für ewig gültig halten könnte? Kaum, aber das
macht ihren Zauber aus. (Große französische Pianisten, Dal segno/
Klassik Center Kassel DSPRCD039)
Auch ein treuer Schüler hat eine Art Beglaubigungsschreiben in den Händen. György Sándor war Bartóks
Klavierstudent, und da darf man seiner ersten, 1963 eingespielten Werkschau schon authentisches Flair unterstellen. Wer allerdings moderne Fassungen im Ohr hat,
dem wird dieses Spiel holzschnittartig vorkommen. Sind die „Klänge
der Nacht“ aus der Suite „Im Freien“ nicht allzu spröde um ihr schillerndes Nuancenpotential gebracht, die perkussiven Strecken der Suite
oder Sonate um lustvolle Brutalität à la Kocsis, die ungarischen Themen um ihr bittersüßes Gefühl? Sándors Weg ist ein ganz anderer. Die
vielen herrlichen Liedbearbeitungen der Sammlungen „Für Kinder“
etwa, leben hier nicht vom Zauber der Oberflächen, sondern von den
mächtigen Kräften der Sprache, ihren Rhythmen und Akzenten. Und
sind in den vielen Tanzformen die rhythmischen Energien einmal entfesselt, stört keine Farbe ihre ruppige Vorherrschaft. Wer dann freilich
Bartók selber spielen hört, begegnet einer fast noch spätromantisch
abmildernden Sicht. Es ist halt kompliziert mit der historischen „Wahrheit“. (György Sándor: Die Klavierwerke, 5 CDs, Vox/note1 CD5X 3610)
Dass Französische Pianisten ihren Mozart „perlen“ um
des Perlens willen, ist ein ewiger Gemeinplatz. Dieses
vervollkommnete Fingerspiel war bei großen Künstlern
wie Marguerite Long oder Casadesus aber nicht glitzernd-selbstgefällig, in der mechanischen Entfesselung
lag eine eigene Ausdruckskraft. Vlado Perlemuter aber weist gleich
alle hochglanzpolierte Motorik aus seinem Musizieren. Sein Parcours
durch Mozarts Sonaten lässt keinen flüchtigen Geist sprühen, keine
Porzellanfiguren-Verspieltheit aufleben. Alles ist erdig und belangvoll.
Noch den geringsten Albertibass knetet er liebevoll, als habe er die
herrlichste Kantilene unter den Händen. Perlemuter bot 1956 auch ein
Gegenbild zu Giesekings neusachlicher Anmut. Sein muskulöses Klavierspiel drängt zu einer gewichtigen, manchmal fast herben Größe,
die uns jene kunstvollen, sonst oft mit leichtem Esprit heruntergeschnurrten Passagen wie die kontrapunktische Kopfsatzdurchführung
der F-Dur-Sonate KV 533 als Prozess in geradezu orchestraler Dimension hinstellt. Wieso ist mir dieser unglaubliche Zyklus bislang nur
entgangen? (Vlado Perlemuter: Mozart, Die Klaviersonaten, 4 CDs,
Musical concepts/note1 MC141)
42
Schwedische Radio-Sinfonie-Orchester folgt Faust dabei in aller Ruhe und auch dort mit allem
Geist, wo das Streichermelos fast
ins französisch Romantische à la
César Franck umzukippen droht.
Das Beste ist jedoch, dass diese direkt eingefahrenen Pluspunkte im
Laufe der Aufnahme nicht nur bestätigt werden, sondern noch einige mehr hinzukommen. Daran
hat Fausts überspringende Natürlichkeit in Spiel und Ausdruck,
ihre lyrische Sensibilität und ihr
effektfreies Temperament genauso entscheidenden Anteil wie die
unüberhörbar künstlerische Seelenverwandtschaft mit ihren britisch-schwedischen Mitstreitern.
Guido Fischer
Ludwig van Beethoven
Diabelli-Variationen op.
120, Klaviersonate c-Moll
op. 111, Sechs Bagatellen
op. 126
●●●●○
András Schiff
ECM/Universal
(2 CDs, 150 Min., 7
& 12/2012)
Kann man gegen die Vernachlässigung der Diabelli-Variationen, dieses Spätwerk-Ungetümes, das die Pianisten wohl doch
lieber mögen als die Hörer, und
gegen die etwas ermüdende Steinway-Monokultur zugleich etwas
unternehmen? András Schiff antwortet mit einer ungewöhnlichen
Versuchsanordnung. Wir sind eingeladen zu vergleichen und hören
die Variationen auf einem 1820
entstandenen, wunderbar erhaltenen Wiener Brodmann-Flügel, im zweiten Durchgang dann
aber nicht auf einem modernen
Instrument, sondern auf einem
sacht ins Historische entrückten
Bechstein der 1920er Jahre. Das
ist doch einmal etwas Aufregendes, und der Initiator des „Experiments“ führt es auch mit höchster
Inspiration vor.
Die Diabelli-Variationen absorbieren offenbar die Schiffsche
Neigung, Fäden aus den Texturen
zu ziehen und gesondert zu beleuchten, was in manchen Sonaten Beethovens zu einer gewissen
Aufhaspelung der großen Linien
führte. Die Diabelli-Variationen
fliegen dagegen, salopp gesagt,
Hörern und Spielern ohnehin um
die Ohren, Daniel-Ben Pienaar ließ
die Trümmerteile kürzlich bis in
den hintersten Winkel des Klangkosmos driften. Schiff aber bändigt diese Bewegung, er wählt
keine extremen Tempi, keine allzu grellen dynamischen Kontraste und lässt kein humoristisches
Poltern hören. Wie Pienaar hört er
sehr sorgsam auf die Unterstimmen, aber er entdeckt dort keine destruktiven Kräfte, sondern
Halt. Erstaunlich etwa, wie Schiff
in der Nr. 7 die hakelige Rechte ganz allmählich in den Hintergrund schickt, um der Basslinie zu
folgen – ein Effekt, der so auf dem
quasi-modernen Bechstein nicht
funktioniert, der Diskant kann
seinen Glanz nicht ganz ablegen.
Der sarkastische Biss der „Leporello-Variation“ entfaltet sich dafür stärker auf dem neueren Flügel. So hat Schiff die beiden Ziele
seiner „Versuchsreihe“ immer zugleich im Blick: Der in jeder Variation in ganz anderer Weise hervortretende Unterschied zwischen
den Klangbildern der Instrumente weist den Hörer ja auch immer
zu etwas kompositorisch Wesentlichem.
Und doch macht uns Schiff
parteiisch. Mögen die Umrisse beider Zyklen auch ausgesprochen ähnlich sein, hat er sich wohl
doch in den zart modulierbaren
Ton des Brodmann verliebt und
wählt insgesamt etwas mäßigere Tempi. Es ist aber auch hinreißend, welch magisch gebrochene
Farbwirkung die Verschiebung in
der Fughetta (Nr. 23) erzeugt. Als
sei das nicht genug, hat der Ungar
auch noch einen klaffenden ideologischen Graben unserer Gegenwart überbrückt. Wären „informierte“ Praxis und modernes Klavierspiel souveräner zu versöhnen
als hier? Matthias Kornemann
Alle Rezensionen
finden Sie auch unter
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sollte sich jeder Klavierfan schleunigst besorgen.
Ludwig van Beethoven
Im Verbund mit den WieDie Klavierkonzerte
ner Philharmonikern, die hier –
bei diesem Orchester keineswegs
●●●●●
selbstverständlich! – mit deutlich
Rudolf Buchhörbarer Lust und Hingabe agiebinder, Wiener
ren, zeigt Buchbinder ein mitPhilharmoniker
reißend spontanes, spannungsSony
volles, dabei höchst konzentrier(3 CDs, 171 Min., 5/2011)
tes Spiel. Gleichzeitig gelingt den
Musikern eine kammermusikaliIm Juni 2003 legte er im Wiesche Feinabstimmung, wie sie oft
ner Konzerthaus einen beispieltrotz Dirigent nicht erreicht wird.
losen Husarenritt hin. Damals
Dabei spielt Buchbinder einfach
nämlich spielte Rudolf Buchbinnur, was in den Noten steht. Was
der alle fünf Beethoven-Konzernatürlich alles andere als einfach
te an einem einzigen Tag: um 11
ist. Doch auch mit Mitte 60 muss
Uhr die Konzerte 2 – 4, am Nacher keinerlei Abstriche machen,
mittag dann das erste und fünfmanuell steht ihm nach wie vor
te. Damit verglichen hat er dieses
alles zu Gebote und seine TechUnterfangen acht Jahre später im
nik ist ohnehin legendär. Dieser
Musikverein geradezu in die LänMann schafft es, dass man selbst
ge gezogen. Die Aufteilung ist die
als ‚Berufshörer‘ in sattsam begleiche geblieben, nur hat er sich
kannten Standardwerken fasziim Mai 2011 zwischen den beiden
niert Neues entdeckt. Und obwohl
Blöcken eine Nacht gegönnt. Der
es sich ‚nur‘ um eine MomentaufMitschnitt dieser Konzerte wurde
nahme handelt, darf dieses interkurz darauf auf DVD und Blu-ray
pretatorische Polaroid bleibenveröffentlicht, jetzt endlich ist er
de Gültigkeit beanspruchen. Viel
auch
auf
3
CDs
erhältlich.
Und
die
damrau_Rondo_damrau_Rondo 30.10.13 16:50 Seite 1
besser kann Klavierspiel nicht
sein!
Michael Blümke
Ludwig van Beethoven
Klaviersonaten Nr. 28 32
●●○○○
Igor Levit
Sony
(2 CDs, 132 Min., 1
& 2/2013)
Wenn mir das publizistische
Dröhnen anlässlich einer Neuerscheinung die Unvoreingenommenheit stiehlt, wie im Fall der
späten Beethoven-Sonaten mit
Igor Levit, hilft wirklich nur noch
eins: Blindhören! Meine Frau erbarmt sich und legte mir CDs ein,
in den letzten Jahren sind ja mit
Korstick, Siirala, Bavouzet, Lewis
oder Leotta doch einige sehr gelungene, gefällige oder immerhin stimulierend-widersprüchliche Beethoven-Aufnahmen zu-
sammengekommen. Was all diese
Künstler von dem hier debütierenden Igor Levit unterscheidet, ist
Demut. Demut vor einem Werkkomplex, für dessen Durchdringung – ob man seine kunstreligiöse Erhebung zum Spätwerk-Sanktuarium nun mag oder nicht – ein
ganzes Pianisten- oder Hörerleben
kaum ausreicht. Aber das sieht Levit wohl anders.
Der Beginn mit dem Opus 101
ist vielversprechend. Die „unendliche Melodie“ strömt Levit wunderbar natürlich und klangschön
durch die Hände; auch das Finale meistert er beeindruckend und
ohne zu forcieren. Würde es nur so
weitergehen! Im HammerklavierKopfsatz will er uns mit donnernder Großspurigkeit zeigen, dass
Beethovens Metronomangaben
„alternativlos“ seien. Damit scheiterte ein Gulda dann doch zwingender. Manches klug inszenierte Detail – etwa der eindrucksvoll
im Pedal gehaltene h-Moll-Einbruch der Reprise – verliert in der
Hetze und bei teilweise schludriger, unorganischer Phrasierung
Das neue Album
DIANA DAMRAU
FOREVER
Das Schönste aus
Operette, Film & Musical
warnerclassics.de
Seite
zeigt eine
ik
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h
c
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rau
Diana Dam
43
Foto: © Rebecca Fay
Royal Liverpool Philharmonic Orchestra
David Charles Abell
Klass i k
seine Wirkung. Die Schlussfuge
ist zügig, ziemlich rhetorisch in
den ruppigen Abphrasierungen
und auch etwas grob; von der anstrengenden und ermattenden Lösung des Tonarten-Dramas dieser
Sonate zeugt sie nicht. Immerhin,
dieses Klavierspiel hat Schwung
und eine Haltung. Damit hätte er
es gut sein lassen sollen. Die letzten drei Sonaten sind von einer
sprachlich kaum einzufangenden
Marshmallow-Konsistenz. Alles
klingt gediegen, kontrolliert und
samtig.
Und ist doch von einer monumentalen künstlerischen Absichtslosigkeit, die in einem
wahrlich grotesken Gegensatz
zu Martin Gecks wunderbarem
Booklettext steht, der von „gelebter Spannung“ und „freigelassener Emotionalität“ schreibt. Zwei
Beispiele nur. Es ist raffiniert,
wie Beethoven der fahlen, ganz
ins Piano getauchten Durchführung des Op. 110-Kopfsatzes die
emphatische Ausdruckskraft des
Vorausgegangenen entzieht. Ein
komponiertes Sehnen nach dem
erlösenden Eintritt der Reprise,
und doch müsste man das Leben
unter der erfrorenen Oberfläche
bemerken, sollte die leise Span-
nung und das Erwarten aus den
Sechzehntelbewegungen der Linken sprechen. Bei Levit bedeuten
diese Takte nichts, absolut nichts.
Auch der „klagende Gesang“ ist
nicht mehr als eine sinnlose Tonfolge, die expressives „zur Sprache
drängen“ kaum ahnt. Dem Rezensenten fehlen die Worte.
Dass schließlich jemand in
der Arietta des Opus 111, nach der
durchaus gestalteten Es-Dur-Entrückung, das hymnische Wunder der fünften Variation spielen
kann, als laufe allmählich eine Badewanne mit lauen Zweiunddreißigstelnoten voll, ist nicht zu fassen. Und alle finden es großartig,
nächstes Jahr gibt‘s den ECHO und
Konzerte auf allen schicken Festivals. Die Einflüsterungskräfte
unserer Epoche sind wirklich beeindruckend.
Ja, Levit spielt sehr gut Klavier,
liest sorgfältig und agiert meist
erfreulich unmanieriert. Aber es
war keine reife Entscheidung,
sich mit dieser maßlosen Repertoirewahl an den Olymp der Beethovenspieler anzupirschen. Der
überragt Levits interpretatorisches Niveau wie der Nanga Parbat den Kahlen Asten.
Matthias Kornemann
Johann Sebastian Bach
Das Kantatenwerk
(Gesamteinspielung)
●●●●● Paul Agnew, Charles Daniels,
Bernarda Fink, Christoph Genz, Gerald
Finley, James Gilchrist, Dietrich Henschel,
Magdalena Kožena, Derek Lee Ragin, Claron
McFadden, Nathalie Stutzmann, Daniel
Taylor u.a.; Monteverdi Choir, The English
Baroque Soloists, John Eliot Gardiner
SDG/harmonia mundi SDG 186
(56CDs + CD-ROM mit Gesangstexten, ca.
4000 Min., 2000 – 2012)
44
Norbert Burgmüller
Klavierkonzert op. 1,
Entr‘actes op. 17, Ouvertüre zur Oper „Dionys“
op. 5
●●●●○
Tobias Koch, Hofkapelle Stuttgart,
Frieder Bernius
Carus/Note 1
(62 Min., 2/2012)
Welch ein Verlust für die Musikgeschichte, dass Norbert Burgmüller
bereits mit 26 Jahren starb! Und
welch ein Gewinn, was er in seiner
kurzen Lebenszeit (1810 – 1836)
dennoch an Meisterwerken vollendete! Mit seinem großen Klavierkonzert in fis-Moll befindet
sich Burgmüller sowohl auf Augenhöhe mit Mendelssohn, der
das Stück 1834 selbst aufführte, als auch mit Schumann, dessen Klavierkonzert er in Hinblick
auf die Integration des Klaviers
in den sinfonischen Satz den Boden bereitete. Ein großer Wurf ist
aber auch die reich instrumentierte Ouvertüre zur unvollendeten Oper „Dionys“ nach Schillers
„Bürgschaft“.
Zunächst war das ein belächeltes Unternehmen. Zum 250. Bachtodestag im Jahr 2000
unternahm John Eliot Gardiner mit seinem
Monteverdi Choir und den English Baroque Soloists eine als „Pilgrimage“ ausgewiesene Kantaten-Reise durch ganz Europa, die ihn jedes
Wochenende in eine andere Kirche führte, wo
er sämtliche überlieferten Gottesdienstmusiken des Thomaskantors aufführte. Das heißt:
198 Kantaten, je drei in einem von 59 Konzerten, wurden gespielt. Drei Gruppen von Chor
und Orchester wechselten sich ab. 282 Musiker
spielten in 50 Städten und zwölf Ländern. 15
Millionen Euro kostete das Unternehmen.
Natürlich waren die Bedingungen dabei
nicht immer optimal. Man spielte und musizierte mal in einer der historischen, mit Bach
untrennbar verbundenen Kirchen in Mitteldeutschland, dann wieder in kleinen Kapellen
auf den schottischen Orkney Inseln und sogar
in New York. Mal war die Akustik lausig, mal
wunderbar, mal waren die Mitwirkenden motiviert, mal vom Tourstress gefrustet oder gar
krank.
Doch der geradlinige Sir John Eliot, nicht
umsonst seit längerem auch als Landwirt tä-
Es ist wichtig, beide Werke endlich mit zwei so kompetenten Interpreten für die Musik des frühen 19.
Jahrhunderts wie Frieder Bernius und Tobias Koch kennenlernen
zu können. Farbiger, schroffer, ungebärdiger und perkussiver wirkt
das Klavierkonzert auf dem Bösendorfer-Flügel von 1849, der sich auf
spannende Weise mit dem Klang
der historischen Posaunen und
Pauken mischt. Dass die Aufnahme
aber nicht die bisher führende Einspielung mit Leonard Hokanson
und dem Sinfonie Orchester Wuppertal ersetzt, liegt zum einen an
der nicht ganz geglückten Balance zwischen Holzbläsern und Klavier. Vor allem aber gelingt es Bernius nicht, die großformalen Bögen
zwingend genug zu gestalten: So
hat man bei der Einleitung das Gefühl, als habe sich Burgmüller erst
im letzten Moment entschlossen,
statt einer Sinfonie ein Klavierkonzert zu schreiben. Eine echte Entschädigung dafür bietet die Weltersteinspielung der Scheibe: Burgmüllers Entr’actes op. 17 sind vier
bezaubernde, charmant und duftig
musizierte Orchesterminiaturen,
die jedes klassisch-romantische
Konzertprogramm zieren würden.
Carsten Niemann
tig, zog seinen Komplettdurchlauf durch Gottes klingenden Kantatengarten so eisern wie
diszipliniert durch. So entstanden bei den obligatorischen Mitschnitten die aufeinander
aufbauenden Dokumente einer lebenslänglichen Leidenschaft und Erfahrung. Da ist nichts
Zwanghaftes, aber viel Beglückendes zu konstatieren. Die Erfahrung aller Beteiligten wuchs
mit dem Voranschreiten des einzigartigen Projekts.
Die Deutsche Grammophon, Gardiners
Stammlabel, wollte damals freilich nur vier
CDs als Best of veröffentlichen. So nahm Gardiner auch das in seine schmale, aber unerbittliche Hand. Er gründete die eigene CD-Firma
„Soli Deo Gloria“, benannt nach der Formel, mit
der Bach seine Kompositionen zeichnete, und
veröffentlichte über die folgenden zehn Jahre
28 Doppel-CDs, immer mit Covern des preisgekrönten Fotografen Simon McCurry. Die
sind jetzt – samt den vier DG-Einzel-CDs sowie einer CD-ROM mit allen notwendigen Begleittexten – vorübergehend als limitierte platzwie geldsparende Edelbox erhältlich. Wahrlich
eine Großtat in einer kleinen Kiste.
Matthias Siehler
Marc-Antoine Charpentier, François Couperin,
Henry Du Mont, MichelRichard Delalande u. a.
À la Gloire de Dieu et du
Roi
●●●●○
Vincent Dumestre, Le Poème
harmonique, Olivier Schneebeli,
Les Pages & les Chantres, Jean
Tubéry, Choeur de Chambre
de Namur, Les Agrémens & La
Fenice u. a.
Alpha/Note 1
(67 Min., 2012)
Die Musik der täglichen „Messes du Roi“ und des ebenfalls täglich gefeierten Offiziums in Versailles zur Zeit Ludwigs XIV. wird
auf dieser CD mit Spitzenwerken
exemplarisch repräsentiert. Es
handelt sich allerdings nicht um
Neueinspielungen, sondern um
Auskoppelungen aus fünf Tonträgern – aber man hat durchaus einige Filetstücke des Katalogs zu
einem furiosen „Versailles-Spektakel“ verbunden. Jean Tubérys
Einspielung des berühmten „Te
Deum“ von Charpentier besticht
auf allen Ebenen durch Zugkraft
und Stringenz: Perfekt sind in den
großbesetzten Nummern Chorund Orchesterklang miteinander verzahnt, und der Auftritt des
Bassisten Jean-Claude Sarragosse
nach dem „Prélude“ zählt zu den
großen Momenten dieser Sammlung. Großartig gerieten auch die
Orgelstücke von Lebègue, Couperin, Marchand und Dandrieu, die
einem Album namens „Deux siècles d’orgues à Versailles“ entnommen sind und von vier verschiedenen Organisten offenbar in der
Versailler Schlosskapelle eingespielt wurden (exakte Informationen dazu verweigert das etwas
dürftige Beiheft leider).
Großartig sind auch zwei dialogische Vertonungen des Hohelied-Textes „In lectulo meo“ von
Henry Du Mont, vorgetragen von
Henri Ledroit und Gérard Lesne. Ihre Kollegin Claire Lefilliâtre widmet sich sehr ausdrucksstark einer Vertonung des Psalms
51 („Miserere“) von Michel-Richard Delalande; beteiligt ist die
Gruppe „Le Poème Harmonique“.
Ausdrucksstärke könnte man insgesamt als Hauptqualität dieser
bunten Kollektion mit französischer Barockmusik bezeichnen:
Es sind schlichtweg die erfahrensten Spezialisten für dieses Repertoire, die auf dieser CD vorteilhaft
zu Wort kommen.
Michael Wersin
HERAUSRAGENDE
NEUERSCHEINUNGEN
BEI DEUTSCHE HARMONIA MUNDI
Frédéric Chopin
Polonaisen opp. 26, 40,
44, 53, 61
●●●●○
TELEMANN DOPPELKONZERTE
Rafał Blechacz
DG/Universal
(60 Min., 1/2013)
In seinen Anfängen war Rafał Blechacz ja schon noch etwas
beflissen und gehemmt bei allem unüberhörbaren Potential.
Doch inzwischen ist der geradezu herausfordernd uneitle Pole zu
einem der vielversprechendsten
Pianisten seiner Generation gereift. Dieses Panorama der großen
Polonaisen bezeugt eindrucksvoll
den untadeligen Geschmack und
Gestaltungswillen des 28-Jährigen, der bei aller geradezu obsessiven Klangtüftelei einen vitalen
Vorwärtsdrang entfaltet, der den
abgenutzteren der Polonaisen
sehr gut bekommt.
Die müdegeklopfte A-DurPolonaise wirft er mit so viel
schmetterndem Brio hin, dass sie
in dieser Form noch dem traumatisiertesten Klavierlehrer erträglich sein dürfte. Im c-MollSchwesterwerk wird der Strich,
mit dem er die fast wagnerischen
Harmonien und Beleuchtungswechsel des Mittelteils malt, aber
sehr viel feiner. Und doch, die großen Entwicklungslinien spannt er
ohne Rücksichten aus. Dass der
Mittelteil der fis-Moll-Polonaise
mit seinem geradezu manischen
32tel-Wirbeln nicht nuancierend
oder dramatisch interessant gemacht werden darf wie so oft,
sondern rauh und einförmig sein
muss – mit Blechacz begreifen wir
es. Wie sich aus dieser Trümmerwelt ganz allmählich jene fragilen Themensplitter erheben, aus
denen ein entrückter Mazurka-
45
Die zweifache ECHO Klassik-Preisträgerin widmet sich auf ihrer neuen
Aufnahme erneut Georg Philipp Telemann. Gemeinsam mit ihrem Ensemble 1700 hat sie die berühmte Suite a-Moll für Blockflöte, Streicher
und B.c. und drei der überlieferten Doppelkonzerte für Blockflöte und
ein Soloinstrument eingespielt.
WIE SCHÖN LEUCHTET DER MORGENSTERN
Die Berliner Lautten Compagney begeistert immer wieder mit einzigartigen Programmideen. Auf ihrer neuen CD erzählt das renommierte
Barockensemble gemeinsam mit den herausragenden Sängern Dorothee
Mields und Paul Agnew auf musikalische Weise die Weihnachtsgeschichte
anhand von Chorälen und vielen bekannten Weihnachtsliedern von
Michael Praetorius, Samuel Scheidt, Johann Hermann Schein u.v.m.
ON A COLD WINTER’S DAY
Stimmungsvolle Weihnachtsmusik von den Britischen Inseln.
Das Alte Musik-Ensemble Quadriga Consort verzaubert mit seinen
Bearbeitungen von uralten Melodien und längst vergessenen Weihnachtsliedern aus England, Schottland und Irland.
www.sonymusicclassical.de
Klass i k
Traum aufblüht, das ist bewegend
schönes Chopinspiel, das den dramaturgischen Sinn des kostbaren
Augenblicks erfasst.
Es ist dann fast sympathisch,
dass auch dieser ausgewachsene Chopin-Exeget an dem Rätsel der Polonaise-Fantaisie scheitert – aber gibt es in der Interpretationsgeschichte nicht ohnehin
nur Näherungsversuche an diese unheimliche Sphinx? Der Gang
ins morbide leuchtende Herz des
Werks, beginnend mit forsch akzentuierendem Tanz-Elan, der
sich, je näher das magische poco
più lento-Sanktuarium kommt, geradezu lustvoll verflüchtigt, gelingt
ihm sensibel und fließend – aber
so weit gelangten andere auch. Das
Problem kommt eigentlich immer
(und auch hier), wenn die Spieler
diesen erlauchten Ort über die hektischen, immer wie angeklebt wirkenden Sechzehntelpassagen verlassen müssen und in die fiebrig
donnernde, aus dem nichts aufgetürmte ff-Apotheose hineinstolpern. Aber das ist Meckern auf
dem höchsten Niveau. Jede Fingerkuppe dieses Künstlers hat mehr
Talent als die übrigen gehypten
Major-Label-Jungpianisten zusammen.
Matthias Kornemann
Diverse
stalterisch in die Defensive zu gehen. Ein gutes Beispiel dafür ist
das Rezitativ aus “Linda di Chamounix”, in der darauffolgenden
Arie reitet die Sopranistin dann
aber durchaus Attacke. Und eben
dieser beherztere Zugriff passt definitiv besser zu ihrer spektakulären Virtuosität.
Diese Einschränkungen ändern jedoch nichts an der hohen
Qualität des Albums. Kermes lässt
sich für “Casta diva” die nötige
Zeit, legt das Stück wirklich als Gebet an. Auch die zweite Bellini-Arie
aus “Adelson e Salvini” gelingt ihr
wunderbar innig und entspannt.
Mit Donizettis “Betly” beweist sie,
dass ihr auch das Komisch-Durchtriebene liegt. Verdi ist mit Ausschnitten aus “I masnadieri” und
“Attila” vertreten, und auch wenn
ihr das dramatische Fundament
für die Rolle fehlt, zieht sie als
Odabella eine tolle Agility-Show
ab. Die beiden Arien der Königin
der Nacht liegen Kermes erwartungsgemäß perfekt in der Kehle,
nur den erste Teil von “Zum Leiden bin ich auserkoren” dehnt und
zieht sie etwas zu arg. Als (herrlich
gelungenen) Ausklang hat die Sängerin Monteverdis “Sì dolce è ‘l tormento” gewählt, dabei schweigt
allerdings Concerto Köln, das sie
mit erstaunlicher Italianità durch
das übrige Programm begleitet.
Michael Blümke
Bel canto – From Monteverdi To Verdi
●●●●○
Simone Kermes,
Concerto Köln,
Christoph-Mathias Mueller
Sony
(63 Min., 1/2013)
Ihr letztes Recital “Dramma” haben wir vor gut einem Jahr zur “CD
des Monats” gekürt, für ihr neues Arienprogramm muss die Bewertung bescheidener ausfallen.
3½ Punkte würden es genau treffen, denn es gibt doch einige Kritikpunkte an Simone Kermes zu
vermelden. Zum einen sind etliche überhauchte Töne und aspirierte Koloraturen zu bemängeln,
zum anderen stört ihre Vorliebe,
in ruhigeren Passagen gelegentlich eine Kleinmädchenstimme
einzusetzen – und dann auch ge-
46
John Dowland, Thomas
Robinson, Valentin
Strobel u. a.
Doulandia – Werke für
Laute und Zister
●●●●○
Lee Santana
dhm/Sony
(64 Min., 4/2013)
In dem an runden Geburtstagen
nicht gerade armen Jahr 2013 haben sich Verdi und Wagner so (unverschämt) breitmachen dürfen,
dass fast kein Platz mehr für zwei
englische Kollegen geblieben ist.
Der eine ist Benjamin Britten (100.
Geburtstag), der andere John Dowland (450. Geburtstag). Er mag es
da sogar noch schwerer haben, da
er eher zu den musikalisch intro-
vertierteren Stars der Musikgeschichte gehörte. Aber vielleicht
war man bislang einfach der Meinung, dass etwa mit Paul O’Dettes
Gesamteinspielung der Lautenwerke oder mit Stings DowlandHommage vorerst alles gesagt ist.
Zum Glück gibt es noch den amerikanischen Lautenisten Lee Santana, der auch schon lange fleißig
als Dowland-Botschafter unterwegs ist – wenngleich bislang
als Teamplayer im Ensemble der
Gambistin Hille Perl. Auf seinem
Solo-Album „Doulandia“ hat Santana nun dem Jubilar sogar mit
einem eigenen Ständchen gratuliert und dabei Dowlands kunstvolle Chromatik dezent zeitgenössisch aufgefächert, erweitert. Und
schon mit dieser Paraphrase outet sich Santana als ein „Dowlandianer“, dem die klanggewordene
Empfindsamkeit des elisabethanischen Zeitalters in Fleisch, Blut
und Herz übergegangen ist.
So weiß Santana auf zwei modernen Renaissance-Lauten ganz
genau, wie man in den DowlandHits wie „The King Of Denmark“,
„The Lady Rich’s Galliard“ oder
„Lady Hundson’s Puffe“ das Leichte mit der Seelenschwere in eine
Balance bringen muss. Da Santana aber eben auch vom Repertoire
keine Aufnahme von der Stange
liefern wollte, hat er sich bei Dowland-Zeitgenossen und im eigenen Privatarchiv umgesehen.
Fündig geworden ist er da bei Thomas Robinson, der einige Dowland-Songs für Laute einrichtete,
sowie bei einem gewissen Valentin Strobel, der für seine Pavana
auf Dowlands berühmtes „Lachrimae“-Konvolut zurückgegriffen
hatte. Und auch diese musikhistorischen Querverbindungen und
Quellenforschungen bringt Santana mit der nötigen Portion Gedankenverlorenheit zum Klingen.
Bei einem Kapitel seines dreiteiligen Dowland-Tributes ahnte er aber schon, dass es manche
Diskussion auslösen wird. „Die
Idee, Dowland auf der Zister zu
spielen, ist wohl genug, um einigen orthodoxen Lauteros die Krätze zu geben“, schreibt Santana im
Booklet. Ganz so schlimm hören
sich die vier Stücke auf der Zister,
deren Klang an eine Mandoline
erinnert, aber wirklich nicht an.
Guido Fischer
Giovanni Battista
­Pergolesi
Stabat Mater, Laudate
pueri, Confitebor
●●●●●
Julia Lezhneva,
Philippe Jaroussky, Coro della
Radiotelevisione
Svizzera, I Barocchisti, Diego
Fasolis
Erato/Warner (71 Min., 3/2012)
Nein, an Einspielungen von Pergolesis “Stabat Mater” besteht kein
Mangel. Auch nicht an sehr guten.
Allein zum 300. Geburtstag des
Komponisten 2010 sind mit Fink/
Prohaska, Mingardo/Harnisch und
Pizzolato/Netrebko drei hochkarätige Aufnahmen erschienen. Jetzt
schickt Erato seinen Starcounter
Philippe Jaroussky an den Start
und hat zur Unterstützung sogar
Sopransweetie Julia Lezhneva von
der Decca freibekommen. Und diese zwei Stimmen harmonieren,
wie man es in diesem Maß selten hört. Jarousskys trotz minimaler Einschränkungen nach wie vor
betörende Schwerelosigkeit und
Lezhnevas engelsgleiche Töne, die
in reizvollem Kontrast zu ihrem
leicht dunkel gefärbten Timbre
stehen, lassen auch den stärksten
Atheisten auf die Knie sinken.
I Barocchisti gehen deutlich
expressiver zur Sache als die Solisten, die aber keineswegs auf Textausdeutung verzichten, nur übertheatralisieren sie nicht. Und ja,
letztendlich ist ihnen der (schier
unfassbar) schöne Ton dann doch
wichtiger, was zu einer transzendenten Klangschönheit führt und
den Hörer selig in höhere Gefilde
entschweben lässt. Dieses Phänomen stellt sich auch bei den beiden anderen Werken auf dieser CD
ein, für die sich der Coro della Radiotelevisione Svizzera zu Jaroussky und Lezhneva gesellt. Neben
dem “Laudate pueri” bekommt
man auch das selten zu hörende “Confitebor” in einer absolut
himmlischen Interpretation geboten. Diese Scheibe MUSS also ganz
einfach unter den Weihnachtsbaum! Obwohl man eigentlich niemanden so lange warten lassen
sollte, sie genießen zu dürfen …
Michael Blümke
Domenico Scarlatti,
Ludwig van Beethoven,
Robert Schumann,
Erik Satie, Pierre Boulez
u. a.
Variationen über ein
Thema von Scarlatti
●●●○○
Matan Porat
Mirare/harmonia
mundi
(69 Min., 1/2013)
Dass die Musikgeschichte trotz
einschneidender Kapitel und Umwälzungen ein fortwährendes
Kontinuum ist, kann man allein
an den Rückbezügen etwa auf die
Romantiker ablesen, mit denen
zeitgenössische Komponisten wie
Wolfgang Rihm und Jörg Widmann ihre Werke aufladen. Doch
auch bestimmte Intervalle haben sich wie ein roter Faden durch
mehrere Jahrhunderte geschlängelt, wie etwa der „Tritonus“ als
akustische Visitenkarte des Düsteren. Nun aber ist der israelische
Pianist und Komponist Matan Porat in einer Sonate von Domenico
Scarlatti auf ein ähnlich weitverbreitetes Motiv gestoßen. In der
Sonate d-Moll K. 32 erklingt da ein
auf- und absteigendes HalbtonGebilde, das als Inbegriff eines
musikalischen Seufzers gilt. Den
Plan, darüber ein eigenes Werk
zu schreiben, verwarf Porat aber
schnell. Stattdessen wühlte er sich
durch vier Jahrhunderte Cembalound Klaviermusik, um eine Art Variationenzyklus über dieses Halbtonmotiv zu konzipieren.
Wie lange Porat bis zur Komplettierung benötigt hat, ist nicht
überliefert. Aber seine Ausdauer und vor allem sein akribisches
Partiturstudium haben sich ausgezahlt. Denn bei seiner Recherche sind ihm nicht nur Stücke
von Couperin bis György Kurtág,
von Johannes Brahms über Franz
Liszt bis hin zu György Ligeti in
die Hände gefallen, in denen dieses Leitmotiv auftaucht. Bei der
Zusammenstellung der insgesamt
24 Werke entdeckte er weitere,
überraschende Querverbindungen und regelrechte Verwandtschaftsverhältnisse.
So folgt auf die melancholische e-Moll-Mazurka op. 17 Nr. 2
von Chopin die 11. Notation von
Pierre Boulez, die plötzlich wie
ein asketisches und prismatisch
aufgelöstes Chopin-Double wirkt.
Dann wieder lässt Porat die gelenkige, gerade mal 26 Sekunden
dauernde 4. Notation nahtlos in
einer Mozart-Gigue münden. Und
auch da ist der französische Neutöner der fernen Vergangenheit
näher als man bislang vermutet
hat. Ähnliche Verblüffungen stellen sich bei dem Russen Schostakowitsch und dem Amerikaner
George Antheil ein. Oder zwischen
Schumanns „Vogel als Prophet“
und Erik Saties Gnossienne Nr. 2.
Ganz zum Schluss ließ es sich Porat dann doch nicht nehmen, zumindest mit einer wild aufgeschäumten Improvisation unmittelbar an Alexander Skrjabin
anzuknüpfen. Aber im Unterschied zu all den großen Meistern
zeigt sich jetzt, dass sich Musikgeschichte nicht einfach fortschreiben lässt, indem man sie imitiert.
Guido Fischer
Heinrich Schütz
Psalmen Davids
●●●●○
Dorothee Mields,
Marie Luise Werneburg, David
Erler, Stefan
Kunath, Georg Poplutz, Tobias
Mäthger, Stephan MacLeod,
Felix Schwandtke, Dresdner
Kammerchor, Dresdner Kammerorchester, Hans-Christoph
Rademann
Carus /Note 1
(2SACD, 140 Min., 10/2012)
Das einzigartige Textkonvolut der
150 Psalmen beschäftigte Dank
seines ungeheuer vielfältigen
Ausdrucksspektrums jahrhundertelang Legionen von Kirchenmusikern. Heinrich Schütz‘ „Psalmen Davids“ stellen innerhalb
dieser spektakulären Vertonungsgeschichte einen Meilenstein dar,
denn unter seinen Händen wurde
eine kluge Auswahl der Psalmentexte auf Basis der Luther-Übersetzung unter Verwendung der
seinerzeit modernsten kompositorischen Mittel zyklisch zu Musik. Moderne kompositorische
Vokal total von Michael Blümke
Auch Les Arts Florissants und William Christie haben
nun ein eigenes Label gegründet, und gleich die erste
Veröffentlichung, Händels Oratorium „Belshazzar“ ,
kann man nur uneingeschränkt loben. Schon mit ihrer
großen Szene zu Beginn des ersten Aktes demonstriert
Rosemary Joshua einmal mehr, dass die Partie der Nitocris wie für sie
geschrieben ist. Ihre berührende Innigkeit trifft auf direktem Weg ins
Herz, und auch wenn die Stimme mittlerweile etwas sehniger geworden ist, so hat sie sich im Lauf der Jahre doch kaum ‚abgenutzt‘, weil
ihre Besitzerin eine intelligente Sängerin ist, nicht nur bezüglich der
Textdurchdringung, sondern eben auch was den vernünftigen Einsatz
der vokalen Mittel anbelangt. Weil auch die übrigen vier Partien mit
ausdrucksstarken Interpreten (Caitlin Hulcup, Iestyn Davies, Allan Clayton, Jonathan Lemalu) erstklassig besetzt sind, darf man hier von einer
Referenzeinspielung sprechen. (Arts Florissants/harmonia mundi)
Händels jüngerem Kollegen Johann Adolf Hasse gelang
1725 mit der Serenata „Marc’Antonio e Cleopatra“ dank
der Mitwirkung von Farinelli der Durchbruch als Komponist. Auch Vivica Genaux konnte dank des Kastraten
international durchstarten, als vor zehn Jahren ihr spektakuläres Farinelli-Album auf den Markt kam. Jetzt präsentiert sie sich
als Marc‘Antonio in absolut überragender Form, überzeugt nicht nur
mit akrobatischen Zaubertricks, sondern auch mit erstaunlich weich
geführter Stimme in den empfindsamen Nummern. Die Cleopatra von
Francesca Lombardi Mazzulli steht ihr in der Virtuosität nicht nach, hat
allerdings keinen sonderlich farbenreichen, weil eher soubrettigen Sopran zu bieten. Da hätte man sich bei aller technischen Versiertheit
schon eine persönlichkeitsstärkere Partnerin für Genaux gewünscht.
(dhm/Sony)
Signora Lombardi Mazzulli ist auch in einem Live-Mitschnitt von Verdis Erstlingsoper „Oberto“ aus dem
Stadttheater Gießen zu hören. Als Leonora tastet sie sich
dort vorsichtig durch eine viel zu dramatische Rolle. Manuela Custer fehlt für Cuniza das Fundament in der Tiefe
(dafür verfügt sie über eine gute Höhe), auch fühlt sie sich in schnelleren Passagen nicht so wohl, bietet ansonsten aber eine respektable
Leistung. Die Titelpartie wird von Adrian Gans mit unebener Tonproduktion, aber erfreulich beherzt angegangen. Der Riccardo von Norman Reinhardt schließlich klingt für einen bösen Verführer ein wenig
schüchtern, liefert aber mit sehr anhörlichem und geschmackvoll eingesetztem, wenn auch etwas engem Tenor die beste Leistung des
Abends. Eine beachtliche Aufführung für ein kleineres Stadttheater
also, aber sicher nicht CD-würdig, zumal Dirigent Michael Hofstetter
die Musik nicht recht zum Atmen bringt. (Oehms/Naxos)
Das kann man Mark Elder gewiss nicht vorwerfen. Bei
ihm schwingt die Musik richtig aus, sein vitales Dirigat
von Donizettis „Belisario“ beweist Sinn für Dramatik.
Das sträflich vernachlässigte Werk ist Opernfans nur
durch die Live-Aufnahmen mit Leyla Gencer ein Begriff,
an deren Antonina jedoch reicht Joyce El-Khoury nicht annähernd heran. Zu klein dimensioniert ist ihr wohlklingender Sopran, zudem in der
– meist dramatisch geforderten – Höhe nicht sehr belastbar. Ihre Partner schneiden da deutlich besser ab: Russell Thomas bringt für Alamiro einen robust timbrierten, einnehmenden Tenor mit effektvoller
Höhe mit, Nicola Alaimo für den Titelhelden einen sicheren, soliden
Gebrauchsbariton. (Opera Rara/Note 1)
47
Klass i k
Mittel – das heißt einerseits: Musik und Text treten in eine enge
Beziehung zueinander, die so intensiv ist, wie dies vielleicht seit
der Gregorianik des ersten nachchristlichen Jahrtausends nicht
mehr möglich gewesen war. Andererseits konzertieren Stimmen
und Instrumente auf neuartige
Weise miteinander: Schütz hatte dieses kreative Konzertieren
in Venedig bei seinem Lehrmeister Giovanni Gabrieli quasi an der
Quelle studieren können.
Eine so markante Sammlung
war nicht nur damals eine große interpretatorische Herausforderung – sie bleibt es auch heute. Hans-Christoph Rademann hat
sich mit der gewohnten Gründlichkeit auch diesem Werk gewidmet, hat Entscheidungen getroffen, die seinem Grundsatz
„historisch informiert, heute
interpretiert“ entsprechen. Sein
Stimmton ist nicht, wie heute bei
frühbarocker Musik gebräuchlich, 465 Hertz, sondern 440: Das
schont vor allem die Diskantstimmen und stellt sicher, dass an der
Spitze des Chorklangs sehr textverständlich agiert werden kann.
Überhaupt ist seine Darbietung
trotz reicher Instrumentalbesetzung eine ausgesprochen „vokale“:
Die Textdeklamation via Gesang
steht absolut im Vordergrund, sie
ist niemals bloß Anhängsel eines
sprachlich indifferenten Gesamtklangs. Sprachliche Prägnanz garantiert auch die erstklassig zusammengestellte Riege der Favoritsänger; besser kann man solche
Musik wohl kaum besetzen.
Eigenartig hingegen ist, – und
dies ist der einzige Kritikpunkt –
dass man auf Affektebene durchgehend eine gewisse Zurückhaltung spürt. Die Heiden mögen toben, die sündige Seele mag noch
so sehr Gottes Zorn fürchten: Das
stets edle, großartig ausgewogene
Klangbild gerät niemals durch das
Streben nach Expressivität in „Bedrängnis“. An diesem Punkt hätte
etwas mehr Wagemut vielleicht zu
einem noch mitreißenderen Gesamtergebnis geführt.
Michael Wersin
48
Heinrich Schütz,
­Dieterich Buxtehude,
Johann Rosenmüller
u. a.
Lied der Liebe
●●●●○
Ensemble Movimento
Christophorus/
Note 1 CHR 77378
(71 Min., 1/2009)
Als kritischer Geist mag man sich
immer wieder einmal fragen, welche Laune der Vorsehung wohl die
erotische Poesie des Hoheliedes
Teil des Alten Testaments hat werden lassen: Die mit den Kirchenvätern einsetzenden exegetischen
Klimmzüge, diese Texte in die
christliche Lehre zu integrieren,
lassen doch immer wieder einmal
schmunzeln. Wie auch immer:
Für die geistliche Musiktradition
war die Kanonisierung dieses literarischen Bestandes ein Glücksfall
ohnegleichen – man übertreibt gewiss nicht, wenn man konstatiert,
dass vor allem das barocke Repertoire um einiges ärmer wäre ohne
„Mein Freund ist mein“, „Ich suchte des Nachts“, „Ich bin eine Blume zu Saron“ oder „Quam pulchra
es amica mea“.
Das Ensemble Movimento präsentiert auf dieser CD einige Perlen aus dem schier unüberschaubaren Bestand der Vertonungen aus der Barockzeit. Nele
Gramß und Harry van der Kamp
agieren vokal ebenso unprätentiös
wie gediegen als die wortbegabten
Protagonisten der Gruppierung,
die erfahrenen Instrumentalisten
beteiligen sich auf ihre Art nicht
minder eloquent an der sinnenfrohen Vermittlung der hochsinnlichen Botschaften. In den schönsten Momenten fließt die anmutige Grazie der Darbietung mit der
zeitlosen Schönheit der Kompositionen zu einem mitreißenden
Ganzen zusammen. Eine wirklich
erfreuliche CD. Michael Wersin
Peter Tschaikowski
Sinfonie Nr. 6, Violinromanzen
●●●●○
Yannick Nézet-Séguin, Rotterdam
Philharmonic
Orchestra, Lisa
Batiashvili
DG/Universal
(65 Min, 5 & 8/2012)
„Mich verwirrt ein wenig der Umstand, dass meine letzte Sinfonie,
die soeben fertig geworden ist,
besonders das Finale, von einer
Stimmung durchdrungen ist, die
derjenigen eines Requiems nahekommt.“ Mit solchen Werk-Erläuterungen haben Komponisten ihren Interpreten das Leben
schon immer leichter gemacht.
Denn mit nur ein, zwei Andeutungen lässt sich scheinbar mit
links der Code knacken, um sich
authentisch auf Augen- und Ohrenhöhe mit dem musikalischen
Kunstwerk und seinem schlummernden Seelenunheil zu bewegen. Peter Tschaikowski hingegen
hat sich posthum mit seiner Redseligkeit keinen großen Gefallen
getan, als er mit den eingangs zitierten Worten den Großfürsten
Konstantin über seine 6. Sinfonie informierte. Immerhin versuchen bis heute ganze Dirigentengenerationen, genau jenes Leidensprogramm zu assoziieren,
dem Tschaikowskis Bruder Modest auch noch den handfesten Titel „Pathétique“ verlieh.
Um es gleich zu sagen: Der kanadische Dirigent Yannick Nézet-Séguin hält so gar nichts von
dem großen Schluchzen und Seufzen, mit dem man sich bereits
am Eingangssatz sowie am finalen „Lamento“ schon unzählige Male vergangen hat. Und auch
die Tempi besitzen jetzt Rückgrat
und werden nicht verschleppt,
um das Gefühlsklima bis an den
Rand des Weinerlichen aufzuladen. Andererseits fehlt dieser
Neuaufnahme auch jene analytische Straffheit, mit der sich gerade Georg Solti oder Eugene Ormandy mit ihren amerikanischen
Toporchestern diesen Hit vorgeknöpft haben. Vielmehr hat sich
Nézet-Séguin mit seinem Rotter-
dam Philharmonic Orchestra für
einen Mittelweg entschieden, auf
dem genau zwischen Sentiment
und Sentimentalität und zwischen substanzreicher Brillanz
und oberflächlichem Effekt unterschieden wird. Und diese Marschrichtung hat sich äußerst erfreulich, ja beeindruckend ausgezahlt.
Allein die Streicher sind schon im
ersten Satz die Ruhe selbst – eine
unheimliche Ruhe, genauer gesagt. Und im Finale singt man dieses bittersüße Melos in Reinform
und mit Mahler-Zungen aus, ohne
gleich den Weltuntergang zu beschwören. Stattdessen besitzt dieser Satz trostspendende Wärme,
während Nézet-Séguin gleich zu
Beginn auch die hereinbrechenden Explosionen in der Durchführung nicht einfach als Stimmungskontrastmittel begreift,
sondern als Teil einer großen, leidenschaftlichen Erzählung. Klar
und doch mit „Seele“ wird der
zweite Satz gespielt. Und das Allegro molto vivace besitzt hier einen
„fantastischen“ Drive, als wär’s
russischer Berlioz. Nach dieser
hellwach das Hintergründige ausmusizierenden Sinfonie gibt Nézet-Séguin dann noch seine CDPremiere als Pianist bzw. Kammermusiker. Gemeinsam mit der
georgischen Violinistin Lisa Batiashvili hat er sieben Tschaikowski-Romanzen aus den Heften opp.
6 & 73 aufgenommen – und bringt
all die Leidenschaften gefühlvoll
statt gefühlig zum Sprechen.
Guido Fischer
Jacobus Vaet, Alessandro Orologio, Orlando
di Lasso u. a.
Musica Ferdinandea –
Ein Fest für Kaiser Ferdinand I.
●●●●○
Kai Wessel,
Achim Kleinlein,
Matthias Gerchen, Capella de
la Torre, Katharina Bäuml
Musikmuseum/Note 1
(72 Min., 3/2012)
Eine gute Idee und ein schönes
Programm: Zu Ehren von Ferdinand I. erklingt in der Innsbru-
cker Hofkirche, die der Kaiser erbauen und 1563 (ein Jahr vor seinem Tod) einweihen ließ, Musik
aus dem Umkreis ebendieses
Herrschers. Im Zentrum steht die
selten zu hörende sechsstimmige
Messe „Tityre, tu patulae“ von Jacobus Vaet, geschaffen als Parodie auf der Grundlage von Orlando di Lassos gleichnamiger motettischer Virgil-Vertonung. Darum
herum gruppieren sich zahlreiche weitere reizvolle Musikstücke, deren bekanntestes wohl der
mit Ferdinands Großvater Maximilian assoziierte Liedsatz „Innsbruck, ich muss dich lassen“ von
Heinrich Isaac ist. Wenig bekannte Komponisten wie Pieter Maessins und Arnold von Bruck kommen ebenfalls zu Wort. Wie indes
die Bläsertruppe von Katharina
Bäuml die erklärtermaßen improvisierte mehrstimmige Canzone reibungsfrei zu extemporieren in der Lage war, bleibt ihr Geheimnis.
Interpretatorisch wird auf hohem Niveau gearbeitet. Die Vokalmusik erklingt durchwegs in
gemischter Besetzung: Die drei
Sänger werden jeweils von Instrumentalisten ergänzt, in der sechsstimmigen Messe samt Motettenvorlage bedeutet dies ein exakt paritätisches Verhältnis. Ob dies für
die Musik des 16. Jahrhunderts im
Rahmen des historisch Korrekten
liegt, kann an dieser Stelle nicht
diskutiert werden. Bei so disziplinierter und sensibler Spiel- und
Singweise wie auf dieser CD zu
hören kann man über das Ergebnis jedoch nicht meckern, wenngleich in puncto Textpräsenz freilich Abstriche gemacht werden
müssen. Insgesamt besticht das
durchgehend hohe Niveau auf
klanglicher wie intonatorischer
Ebene – man muss nicht erst die
Besetzungsliste studieren, um zu
bemerken, dass hier echte Könner
am Werk waren. Michael Wersin
Abonnenten-CD: Track 15
Die neuen
Rezensionen, immer
samstags aktuell auf
www.rondomagazin.de
Ralph Vaughan Williams, Jonathan Dove,
Peter Warlock
On Wenlock Edge & Ten
Blake Songs, The End,
The Curlew
●●●●○
Mark Padmore,
Nicholas Daniel,
Britten Sinfonia
harmonia mundi
(SACD, 73 Min., 5/2012)
Never change a winning team. So
dachte vermutlich hm-Produzentin Robina Young, als sie Mark
Padmore und die Britten Sinfonia nach deren exzellenter Britten-Finzi-CD für eine weitere gemeinsame Aufnahme ins Studio
bat. Mit Liederzyklen von Ralph
Vaughan Williams und Peter Warlock sowie einer Auftragskomposition von Jonathan Dove untermauert der 52-Jährige einmal
mehr seine Vorrangstellung unter
den britischen Lied-Tenören. Auch
wenn Bostridge-Fans das nicht
hören wollen: Padmore ist mindestens so expressiv wie sein drei
Jahre jüngerer Kollege (ohne in
dessen Manierismen zu verfallen), verfügt dabei aber über die
deutlich attraktivere Stimme.
Diese Stimme zeichnet sich
durch eine unglaubliche Klarheit
und perfekte Linienführung aus,
seine Interpretation durch emotionale Direktheit und Glaubwürdigkeit. Damit fächert Padmore eine
breite Farbpalette zwischen Entrücktheit und Verzweiflung, Unschuld und Abgeklärtheit auf. Doch
so begeisternd seine Versionen von
Vaughan Williams‘ frühem Zyklus
„On Wenlock Edge“, den erst kurz
vor dessen Tod entstandenen, nur
von einer Oboe begleiteten „Ten
Blake Songs“ oder Warlocks „The
Curlew“ auch sind, den Höhepunkt
dieser CD stellt „The End“ von Jonathan Dove dar. Der 1959 geborene Komponist schrieb Padmore
das neunminütige Werk perfekt auf
die Stimmbänder und schuf damit
die ergreifende Umsetzung eines
beeindruckenden Gedichtes von
Mark Strand. Das nächste StudioRendezvous dieses Siegerteams
wird hoffentlich nicht allzu lange
auf sich warten lassen.
Michael Blümke
49
CLASSICMEETSCUBAII
KLAZZ BROTHERS & CUBA PERCUSSION
Endlich ist es soweit: Die Klazzbrothers und
Cuba Percussion präsentieren ihr neues Album
im unverwechselbaren „…meets Cuba-Style“:
beliebte Klassik-Hits gepaart mit mitreißenden
südamerikanischen Rhythmen. Auf Classic
Meets Cuba II – Cuban Reloaded treffen unter
anderem Beethovens Mondscheinsonate auf
einen Mambo, Rachmaninoffs Prelude auf einen
funky Chacha oder Griegs Bergkönig auf feurige
Afro-Rhythmen.
KONZERTE
27.11.
28.11.
1.12.
4.12.
12.12.
Magdeburg
Düsseldorf
Berlin
Frankfurt/Main
Stuttgart
WEITERE TERMINE UNTER WWW.KLAZZBROTHERS.DE
W W W. S O N Y M U S I C C L A S S I C A L . D E
Ja z z
J
Ja z z
John Abercrombie
Quartet
39 Steps
●●●●○
ECM/Universal
(59 Min., 4/2013)
Die Umbesetzung im Quartett
des Gitarristen John Abercrombie verschafft ECM mit Marc Copland einen Neuzugang, der wie
gemacht ist für das Label des verinnerlichten Kammerjazz-Tones.
Dass der Pianist mühelos mit Abercrombie harmonisiert (was bei
dem ähnlichen Frequenzgang von
Klavier und Gitarre keine Selbstverständlichkeit ist), weiß man ja
spätestens seit der für Pirouet aufgenommenen Duo-Einspielung
der beiden aus dem Jahr 2011.
Welche Bereicherung Copland für Abercrombies Quartet
um Drew Gress am Bass und Joey
Baron am Schlagzeug darstellt,
machen schon die ersten Takte deutlich: Wie sich da aus den
repetitiven Singlenotes des Klaviers allmählich eine Songschönheit namens „Vertigo“ entwickelt,
in der Abercrombies Linien reizvoll mit dem harmonischen Erfindungsreichtum des Pianisten kontrastieren! Ähnlich wie im Titelstück „39 Steps“ entsteht hier eine
perfekte Mischung aus verschiedenen Gitarristen-Welten: Abercrombies an Jim Halls angelehntes
Spiel verbindet sich aufs Erlesenste mit dem melodischen Kompositions-Gespür eines Pat Metheny.
Vor diesem Hintergrund kann
man die Liedtitel eigentlich nur
als Augenzwinkern verstehen: Abercrombies Stücke mögen zwar
nach Hitchcock-Filmen benannt
sein, aber bizarre Psychokrimis
sind sie mit Ausnahme der subtil unheimlichen Kollektivimprovisation „Shadow Of A Doubt” beileibe nicht. Alles fließt, schwebt
und tänzelt sachte auf der vielleicht herzerwärmendsten Einspielung des Gitarristen innerhalb der vergangenen Jahre. Man
ist, um den Titel eines anderen
Hitchcock-Werks zu zitieren, wirklich und wahrhaftig „spellbound“.
Josef Engels
Tim Berne’s Snakeoil
Shadow Man
Meilenstein
L’Histoire des Big Bands
1914 – 1955
Le Chant du Monde/
harmonia mundi LDX
5748481
(10CDs, 2/14 – 12/55)
Die Meilensteine des großorchestralen Jazz
als kurzgefasste Geschichte bis 1955? Da hat
50
●●●●○
ECM/Universal
(77 Min., 1/2013)
Plattenläden listen Tim Berne
unter „Jazz“. Das ist nur bedingt
richtig, obwohl die Besetzung seiner Bands meist der von Jazzensembles entspricht. Für „Snakeoil“ hat der Altsaxofonist Berne den
Klarinettisten und Bassklarinettisten Oscar Noriega sowie Matt Mitchell an Piano, Tack und Wurlitzer
Pianos und den Schlagzeuger, Vibrafonisten und Percussionisten
Ches Smith neben sich. Der Gestus der Musik hat allerdings wenig mit dem des Jazz gemeinsam
– definiere man Jazz nun als swingende oder als improvisierte Musik. Berners Texturen sind dicht,
und sie sind so weit komponiert,
dass improvisierte Passagen stets
in einem ausgearbeiteten Kontext
stehen und sich eng auf diesen beziehen. Und dann tun sich plötzlich – besonders drastisch in „OC/
DC“ Lücken für ein Solo in härtester Free-Tradition auf. Doch auch
diese Eruption währt nicht lange
und mündet organisch in einer in
ihren Bestandteilen trefflich skizzierten Passage.
Insgesamt betrachtet lassen
die vier Amerikaner in den sechs
Stücken die klassische Chorusstruktur ebenso hinter sich wie
die Melodie- und Soloorientierung. Sie spielen Kompositionen, die Nervosität, Energie und
Sprünge des Free Jazz in feste Formen gefasst haben. In ihrer Musik begegnen sich Konzepte und
Klangstrukturen der Neuen Musik
und des Jazz, wobei daraus nicht
etwa ein „Third Stream“ wird, in
dem sich Elemente verbinden.
Berne geht weiter und schafft eine
man auch bei 10 CDs die Qual der Wahl. André Francis und Jean Schwarz haben die Aufgabe mit einer glänzenden Blütenlese aus Wichtigem und Typischem gemeistert und dabei
wichtige Faktoren berücksichtigt. So setzen
sie schon 1914 an, bei Aufnahmen, die noch
gar nicht als Jazz zu bezeichnen sind und
sie berücksichtigen Ensembles der 20er Jahre, die nach späteren Kriterien allein schon
wegen der geringen Anzahl der Musiker keine Big Bands sind. Dem Verständnis der Entwicklung tut der Verzicht auf eine allzu enge
Definition gut. Durch die streng chronologische Anordnung – in der Regel ist jedes Jahr
mit mehreren Aufnahmen vertreten – erlebt man die Gleichzeitigkeit des Verschiedenen. Stilistisch Disparates steht nebeneinander und man wird wohltuend daran erinnert,
eigenständige Tonsprache, die aus
vielen Quellen schöpft. Wer nach
bedeutenden Komponisten des
21. Jahrhunderts sucht, kommt
deshalb um die kammermusikalischen Werke von Tim Berne nicht
herum. Werner Stiefele
Blue Touch Paper
Drawing Breath
●●●●○
Provokateur/Alive
(72 Min., 2012 &
2013)
In welche Schublade soll man den
Keyboarder Colin Towns, Mastermind der Formation „Blue Touch
Paper“, nur stecken? Rock? Avantgarde? Jazz? Noise? Experimental? Der 65-jährige Brite, 1976 bis
1983 Mitglied der Ian Gillan Band,
danach Komponist von Filmmusiken, läuft mit seinem Sextett zwischen allen Stilen Slalom, touchiert die eine oder andere Markierungsstange, lässt sich nicht
aufhalten. Mit dem Schlagzeuger
Benny Greb, dem Bassisten Edward Maclean, dem Percussionisten und Elektronikspezialisten Stephan Maass und dem Gitarristen Chris Montague stehen
ihm Partner zur Seite, die kraftvoll
losrocken können, aber auch zurückhaltend begleiten oder schräge Klangflächen aufbauen. Der
Saxofonist Mark Lockheart intoniert zwischen rau oder smooth,
hat Soul oder Biss, und wenn die
dass Geschichte nicht linear verläuft, sondern
auch im Zickzackkurs, durch viele Nebengassen und Einbahnstraßen. Selbst Aufnahmen
die man gut kennt, wirken in der Chronologie
ganz neu. So erscheint Duke Ellingtons 1927
im Kontext zeitgenössischer, selbst sehr guter Bands wie eine Offenbarung. Manche Entscheidung der Herausgeber ist freilich rätselhaft. Wenn man schon ein längeres Werk wie
Ellingtons 44er Kurzfassung seiner epochalen Suite „Black Brown And Beige“ aufnimmt,
sollte man es nicht um vier Minuten kürzen. Dafür könnte man auf anderes verzichten: Charlie Parker mit den Dave Lambert Singers wird auch durch ein Gil Evans-Arrangement nicht zur Bigbandmusik. Doch an einem
so gelungenen Kompendium sollte man nicht
Marcus A. Woelfle
herummäkeln.
Band genügend gerockt hat, transportiert sie Eisler’sches Pathos in
die Kirche der schrägen Geister,
die früher mal Carla Bley mit ihrer
Rolltreppe jenseits eines Hügels
suchte, wobei sie sich in einem
Hotel niederließ – aber das ist eine
ältere Geschichte, wobei Towns
und die Dame durchaus Gemeinsamkeiten aufweisen, denn heilig ist ihnen nichts. Außer ihrer
Musik. Zirkus und Wolgaseligkeit,
New Age-Gefiepse und Kneipentango, Latin, Salsa, Afro, Schlager sind nur einige Assoziationen
in Towns’ Dutzend verrückter, an
Überraschungen reicher, wohlkalkulierter Titel. Es wohl eher
so, dass man Colin Towns nicht
in eine Schublade steckt, sondern
seine Musik die Schublade ist, in
die er alles wirft, was ihn interessiert und ihm wertvoll genug erscheint, Bestandteil der TownsMusik zu werden.
Werner Stiefele
quartett. Rückgrat der Ensembles sind meist Hennig Sieverts
am Kontrabass und Heinrich Köbberling am Schlagzeug. Nichts
hat den süßlichen haut goût von
„with strings“. Die Linien von Saxofon und den verschiedenen Instrumentengruppen durchwirken sich organisch und immer adäquat swingend. Besonders die
Arrangements von Breuers Vater
Hermann, dem Elder Jazzman der
Münchner Szene, sind von aufregender harmonischer Sophistication. Am Klavier, besonders aber
an der Posaune ist er herrlich viriler Gegenpart zum innig klaren
Sopranspiel seiner Tochter. Ihr
Spiel des Altinstruments mit den
WDR-Mannen erinnert an die Zusammenarbeit von Mingus mit
Charlie Mariano – allerdings ohne
deren schwerblütige Klangverdichtungen. Mit dieser CD feiert
Carolyn Breuer ein wahrhaft reifes
Comeback. Thomas Fitterling
Carolyn Breuer
Ensemble Denada
Four Seasons Of Life
Windfall
●●●●○
NOTNOWMOM!/
CD Baby.com
(51 Min., keine
Angabe)
Die 46-jährige Münchner Alt- und
Sopransaxofonistin Carolyn Breuer hat seit ihrer letzten, lange zurückliegenden CD in kurzer Folge schwere Krankheit, die Geburt
ihres Kindes und den Tod geliebter Angehöriger erlebt und sah
sich so intensiv mit der Vergänglichkeit des Lebens konfrontiert.
Diese Erfahrung hat sie jetzt mit
diesem ambitionierten Zyklus zu
verarbeiten versucht. Sie ordnet
den vier Jahreszeiten bzw. Lebensabschnitten jeweils zwei sich kontrastierend beleuchtende Kompositionen zu und sorgt mit diesem
natürlichen Sequenzing für formale Geschlossenheit.
Den Reigen eröffnet eine Bearbeitung für Sopransaxofon und
Klavier einer Melodie aus Schuberts Jugendsinfonie. Es folgen
Aufnahmen mit der WDR Big
Band, mit Mitgliedern des Orchesters am Gärtnerplatz – mal in
Großbesetzung, mal mit Streich-
●●●○○
Ozella/Galileo
(45 Min., 10/2012)
Spätestens seit der Aufnahme
„Finding Nymo“ weiß man auch
in Mitteleuropa, dass Helge Sundes Ensemble Denada zu den originellsten Jazz-Großformationen des Kontinents zählt. Es liegt
nicht nur am schillernden Humor des 15-köpfigen Zusammenschlusses und an den melodisch
eigenwilligen, aus der Musiktradition Westnorwegens schöpfenden
Arrangements des Bandleaders,
dass die Big Band für Aufhorchen
sorgt. Einer der entscheidenden Bestandteile des Kollektivs
ist die Integration elektronischer
Sounds, für die die Norweger seit
Nils Petter Molvaer, Eivind Aarset
oder Arve Henriksen ohnehin einige Berühmtheit erlangt haben.
Im Ensemble Denada sind
neuartige Klangelemente kein
Modegag, sondern eine Selbstverständlichkeit. Zwei Instrumente, die auf „Windfall“ zum Einsatz
kommen, machen das hübsch
deutlich. Zum einen das von Nils
Jansen gespielte „Tubax“, eine Mischung aus Tuba und Saxofon, das
am Beginn von „Moosic“ röhrt wie
ein balzender Elch. Zum anderen die von Peter Baden bedienten „Percutronics“. Dieses Mittelding aus Percussion und elektronischer Verfremdungsmaschine
gibt die seltsamsten Klänge von
sich. Im zappaesken Album-Opener „The Speedcouch“ denkt man
beispielsweise irgendwann, man
befände sich in Darth Vaders Bastelkeller.
Dennoch verbeugt sich Komponist und Ensemblechef Helge Sunde auch immer wieder respektvoll vor Vorgängern und Zeitgenossen. „Seven Winds“ etwa
mit den wie Laub im Herbstwind
taumelnden Bläsersätzen erinnert
stark an Jan Garbarek, „Moosic“
lässt inmitten seiner krummtaktigen Sprödigkeit eine große Verwandtschaft mit Maria Schneider
erkennen.
Glücklich, wer als Arrangeur
dann auch noch solche Musiker zu Erfüllungsgehilfen hat: Die
Soli von Sopransaxofonist Frode Nymo, Pianistin Olga Konkova oder Gitarrist Jens Thoresen
tragen maßgeblich dazu bei, dass
Sundes teilweise übernervösen
Blech- und Holzbläser-Konstruktionen zu einem tragfähigen Gebilde werden.
Josef Engels
tion. Mit Dizzy Gillespie und Hans
Koller wurden damals gleich zwei
Quintette mit einem Programm
von knapp 18 Minuten ins Studio gebeten. Die Blüte des Bebop
war vorbei und Cool Jazz angesagt.
Selbst der Bop-Trompeten-Star
gibt sich hier eher cool mit einer
Folge entsprechender Arrangements von Standards. Die Besetzung mit dem Baritonsaxofonisten Bill Graham und dem Pianisten Wade Legge tut ein Übriges.
Lediglich an den Eckpunkten der
Chorusse lässt Dizzy kurz boppendes Bläser-Feuerwerk aufblitzen.
Ganz konsequent cool mit
deutlichem Bezug zum klassischen europäischen Erbe ist
die Musik Hans Kollers. Mit geschmeidigem Stan-Getz-Ton und
müheloser Virtuosität trägt er die
Standardthemen in kontrapunktischer Umspielung von Jutta Hipp
am Klavier vor, der in USA so tragisch gescheiterten großen Hoffnung des europäischen Jazz. Albert Mangelsdorff ist noch nicht
der ganz große Techniker von später, doch sein Wille zum stringent
logischen Diskurs ist bestechend.
Schlagzeuger Karl Sanner hantiert bezaubernd mit den Besen,
ergänzt sich trefflich mit Shorty
Roeder am Bass. Wär dies eine reine New Jazz Stars Produktion, hätte sie fünf Noten-Punkte verdient.
Thomas Fitterling
Dizzy Gillespie Quintet
& Hans Koller New Jazz
Stars
Geir Lysne
NDR 60 Years Edition Nr.
01
●●●●○
Moosicus Records/Indigo
(36 Min.; 3/1953)
Nun, zu seinem sechzigsten Geburtstag, hebt auch der NDR die
Jazz-Schätze aus seinen Archiven.
1953, noch als NWDR, hat er begonnen, Jazz im eigenen Studio
und dann auch bei Konzerten aufzuzeichnen. Die Bänder der ersten Produktion sind verschollen;
doch die des 9. März, des zweiten
Studiotermins, liegen vor. Mit ihnen beginnt die NDR 60 Years Edi-
New Circle
●●●●○
ACT/Edel
(55 Min., 20112013)
Geir Lysne kannte man bislang als
meisterhaften Orchestrator seiner
akustischen Großformation „Listening Ensemble“, die sich mit
den Aufnahmen „Aurora Borealis“, „Boahjenásti“ und „The Grieg
Code“ in erster Linie in skandinavischen Klanglandschaften tummelte. Davon ist „New Circle“ nun
vermeintlich weitestmöglich entfernt. Norwegen ist nicht genug:
In kleiner, elektrifizierter Besetzung und als selbstbewusster Solist am Saxofon lässt Lysne nun
51
Ja z z
den gesamten Weltkreis in seine
Musik hinein.
Fela Kutis wild pulsierender
Afro-Funk steht hörbar Pate beim
Opener „Please Welcome“, Sängerin Huong Thanh und Gitarrist
Nguyên Lê entführen den Hörer
bei der Nummer „A Million Stars“
nach Vietnam. Über Zwischenstationen auf dem Balkan (am Ende
von „Kaa Is Back In Town“) und in
einem Indianerreservat („Amana Na Nunga“) endet die Reise
schließlich im Senegal, wo Sänger und Kora-Spieler Solo Cissokho nach der Weltmusik-Tour-deForce Trost und Ruhe spendet.
Faszinierend ist dabei, wie
es Geir Lysne gelingt, all diesen
höchst unterschiedlichen Kontexten – darunter auch NuJazz à la
Bugge Wesseltoft und postmoderne nordische Kirchenmusik – seinen eigenen Stempel aufzudrücken. Einen wichtigen Anteil daran hat zweifellos Toningenieur
Reidar Skår, der sämtliche, von
echten Instrumenten eingespielte Noten nachträglich am Computer einer aufwendigen Verfremdungsbearbeitung unterzog.
Das Pluckern, Tuckern und joikhafte Sirren bliebe freilich nur
ein nettes Gimmick, wenn da
nicht Lysnes Arrangements wären. Ähnlich wie bei seinem „Listening Ensemble“ legt der Norweger auch bei seinem Elektro-
weltmusikjazz großen Wert auf
Details. Wo andere einen Groove
einfach mit den Mitteln der Dynamik und rhythmischen Anreicherung steigern würden, setzt Lysne
auf überraschende mehrstimmige Themen von Saxofon, Trompete und Posaune. Da öffnet sich für
den Komponisten und Saxofonisten ein neuer Kreis, ohne dass der
alte für immer geschlossen wäre.
Josef Engels
Die neuen
Rezensionen, immer
samstags aktuell auf
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Gary Peacock, Marilyn
Crispell
Azur
●●●●●
ECM/Universal
(59 Min., 1 &
2/2011)
Immer wieder waren sie miteinander auf Tour, die Pianistin Marilyn Crispell und der Kontrabassist Gary Peacock. Zwei Seelenverwandte, die in der beschaulichen
Gegend von Upstate New York leben, wo auch diese sensible Begegnung der beiden stattfand. Der
78-jährige Peacock spielte einst
in der legendären, radikal expressiven Formation der Free Jazz-Legende Albert Ayler, und Crispell
(66) kam über John Coltrane und
Cecil Taylor zum Jazz. Später entdeckte sie eine neue Innerlichkeit für sich, für die Paul Bley und
Bill Evans wichtig wurden – zwei
Pianisten, mit denen auch Peacock intensiv zusammengearbeitet hat. Beider Hinwendung zum
Buddhismus und seinen Meditationstechniken prädestinierte sie
weiter als Idealduo. Jetzt endlich
konnten sie die Früchte ihrer weit
zurückreichenden Zusammenarbeit dokumentieren.
Sie tun das auf dieser strikten
Eigenproduktion ganz unspektakulär mit einem Programm aus
tiefer Versenkung in die Musik
und ungeheuer intensivem, feinsinnigem Aufeinander-Hören.
Dieses quasi mentale Virtuosentum vollzieht sich in der Konzentration auf die eine, den Partner
weiter tragende, komplementäre
Linie, auf den idealen Akkord. Das
ist in den fest umrissenen, doch
improvisationsoffenen Kompositionen der beiden ebenso spannend, wie in den antiphonisch
angelegten, ad hoc total improvisierten Stücken. Selbst die bei-
den unbegleiteten Klavier- bzw.
Basssoli sind von dem intuitiven
Geist des gemeinsamen Projektes
durchdrungen. Strenge Klarheit
der Melodieführung, tiefgründige Harmonik und warmtönende Abgeklärtheit machen „Azur“
zu einem Meisterwerk der DuoKunst.
Thomas Fitterling
Nils Petter Molvaer,
Moritz von Oswald
1/1
●●●●●
Emarcy/Universal
(68 Min.,)
Schließen Sie die Augen. Schweben Sie in den bis zum Horizont
reichenden Klangflächen mit, lassen Sie den Puls des Synthibasses
auf sich wirken und träumen Sie
mit der elektronisch modifizierten, meist mit Dämpfer geblasenen Trompete. Nils Petter Molvaer,
1998 mit der Platte „Khmer“ ein
Wegbereiter der Verschmelzung
von Jazz, Techno und Ambient,
hat den damals eingeschlagenen
Weg konsequent fortgesetzt. Diesmal bereitet der Digitalkünstler
Moritz von Oswald den Teppich,
auf dem Molvaer sehnsuchtsvoll
Blaue Noten im blauen Strahleglanz
Nach der Öffnung der
Schatzkammern bei
SWR, WDR und NDR
wurden viele Preziosen als CDs und dann
als audiophile VinylScheiben veröffentlicht. Bei Jazzline und
dem WDR setzt man mit Pure Audio Ultra High
Quality Blue-ray Discs jetzt noch eins drauf
(Jazzline/Delta Music Bluray Audio). Der Rundfunk sendete erst ab 1963 stereofon, und so
handelt es sich überwiegend um Mono-Aufnahmen in bestmöglicher High Fidelity.
Im Jahr 1960 wurde das Miles Davis Quintet im Fernsehstudio in Köln erwartet. Allein
der Prince of Darkness hatte keine Lust auf die
Domstadt. Sein Tenorsaxofonist John Coltrane
kam allein mit der legendären Rhythm Section
um Wynton Kelly, Paul Chambers und Jimmy
52
Cobb ins Studio. Die Band swingte enorm mit
cooler Leichtigkeit. Man hielt sich an das Davis-Repertoire. Die Saxofon-Soli sind von großer Konzentration und deuten nur verhalten
auf die Wucht, die Coltrane wenig später mit
eigener Band entwickeln wird. Das Davis-Ensemble tourte damals für den Impresario Norman Granz, und zwei weitere Stars aus dessen
Aufgebot befanden sich im Studio. So kam es
bei einer Ballade und einer Up-Tempo-Nummer zu einer Begegnung Coltranes mit seinem
musikalischen Antipoden Stan Getz. Beim
schnellen Titel übernahm zudem der Meister
virtuoser Pianistik, Oscar Peterson, den Klavierpart. Ein Jahr später war dann Peterson
mit seinem eigenen klassisch gewordenen Trio
in derselben Stadt schwungvoll zu Gast. Doch
noch im Jahr 1960 gastierte das klassische
Dave Brubeck Quartet beim Essener Jazzfestival vor einem begeisterten Riesenpublikum.
Der angesagteste Jazzact in Europas Tempeln der Hochkultur war in jener Zeit das Modern Jazz Quartet. Mit Auftritten in Köln 1957
und Bonn 1959 ist es ausführlich vertreten.
Quasi ein Wiener Pendant zum Third Stream des MJQ ist der Auftritt von Friedrich Gulda und Joe Zawinul mit der WDR Big Band von
1988. Werner Stiefeles treffliche Würdigung ist
bei RONDO online nachzulesen.
Allen Blue-rays sind vorzüglich informative
Booklets beigefügt. Thomas Fitterling
Neu erschienen auf Bluray Audio bei
Jazzline/Delta Music:
John Coltrane, 1960 Düsseldorf
Oscar Peterson Trio, 1961 Köln
Dave Brubeck Quartet, 1960 Essen
Modern Jazz Quartet, 1959 Bonn
Gulda, Zawinul, 1988 Köln
und selbstvergessen meditieren
kann. Die beiden lassen sich Zeit –
warum auch sollten sie auf rasche
Beats setzen? Hektik gibt es genug
in dieser Welt, aber Ruheräume,
in denen kein Ton zu viel gespielt
wird und die Hörer durch Wechsel
in der Tonfärbung, durch veränderliche Sounds, durch Pulsänderung oder durch Geräusche ständig neue Anregungen empfangen,
sind rar.
So gibt es Momente, in denen
gering modifizierte Variationen
des bereits Gehörten den Gedankenfluss bremsen, und andere,
in denen unerbittlich pulsende
Beats den Taktschlag der Rezeption bestimmen. Minimalismus
und Trance kommen hier zusammen, und in Molvaers Trompetensounds paaren sich ein Hauch
des kühlen und doch melancholischen Klangs von Miles Davis
mit den verhallten, schwer zu ortenden Flächen, die für Jon Hassels Sphärenreisen typisch sind.
Dabei gehen die acht Titel nahezu bruchlos ineinander über. Ob-
BMW Welt
www.bmw-welt.com
Freude am Fahren
wohl Tempi und Thema wechseln, bleibt über die verwendeten Sounds ein vages Bindeglied.
Selbst die ausebbende Schlusssequenz des letzten Titels „Noise 2“
bildet – sofern man die CD wieder von Anfang hört – einen stimmigen Übergang zu den langsam
aus dem scheinbaren Nichts entstehenden, weiträumigen Eröffnungsklängen der Startnummer
„Noise 1“.
Werner Stiefele
Steffen Schorn, Norwegian Wind Ensemble
Tiefenträume
●●●●●
ESC/in-akustik
(62 Min., 10/2011)
Tradition und Avantgarde schließen sich nicht aus. „Det norske
blåseensemble“ wurde 1734 gegründet und hat eine Bearbeitung
von Händels „Messiah“ ebenso
selbstverständlich im Repertoire
wie eine Bläserversion von Igor
Strawinskis „Geschichte vom Soldaten“ oder ein Frank-Zappa-Memorial. Der Kölner Saxofonist und
Komponist Steffen Schorn schrieb
den Norwegern als künstlerischer
Berater vier Konzertprogramme,
darunter das neunteilige „Tiefenträume“. Dieses ragt weit aus dem
heraus, was Jazzmusiker gemeinhin im Grenzbereich zur so genannten „Klassik“ produzieren.
Mit profundem Wissen über
Klangkonstellationen führt
Schorn die einzelnen Instrumentengruppen in einem vielstimmigen Geflecht. Atemberaubende
Tutti und fast brüchige Passagen
umfasst das Werk, das mit sphärischen, getragenen Sounds beginnt und mit ebensolchen wieder
endet. Drei Flöten, zwei Oboen,
drei Klarinetten, zwei Bassklarinetten, zwei Saxofone, zwei Fagotte, drei Trompeten, zwei Waldhörner, drei Posaunen und eine Tuba,
dazu Kontrabass und Schlagzeug
umfasst die Stammbesetzung, die
Schorn um den Saxofonisten Roger Haenschel, das Vibrafon, zwei
Schlagzeuge und sich selbst erweitert. Mit Alt- und Bassflöte,
Baritonsaxofon, Bass- und Kontra-Altklarinette, dem tiefen Tubax sorgt er selbst für besonders
tiefe, manchmal gar schnarrende Klänge. Markant pulsierende,
swingende und klangmalerische
Passagen fügen sich zu einer an
Klangfarben und Überraschungen reichen Stunde voll kompositorischer Raffinesse. Wäre der Begriff nicht durch viel zu viel Halbherziges in Verruf geraten, könnte
man diese aus der Tradition der
„klassischen“ Musik und des Jazz
schöpfende Musik als Meisterwerk des „Third Stream“ bezeichnen. Die Tiefenträume haben
jedenfalls immensen Tiefgang.
Werner Stiefele
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JAZZ AWARD 2014.
SEnSE OF HUMOUR.
19.01.
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und bei München Ticket.
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53
Weihnachts-Neuheiten Alle Jahre bieder?
S
elten empfindet man die letzten
Zuckungen des bürgerlichen Musikbegriffs stärker als in den Gegensätzen,
die die CD-Neuheiten vor allem der
Weihnachtszeit jedes Jahr zu klammern versuchen – zwischen verklärtem Kitsch, Alter
Musik und dem verzweifelten Versuch der verkaufsträchtigen Neuschöpfung.
Doch wie auch immer man jene Wochen
erlebt, in der Entscheidung, mit welchen
Klängen wir uns die Weihnachtszeit möblieren,
sind wir nur unserem Geschmack verpflichtet.
Manche ernsthaften Sammler suchen
vielleicht nach Repertoireerweiterungen und
freuen sich über barocke Weihnachtsmusik
rarer Komponisten? Andere haben nur ein
Stündchen Muße beim Kaffee und wünschen
sich ein Album, das mit Weihnachtsliedern
Stimmung aufkommen lässt, die durch
moderne Arrangements vom muffigen Beigeschmack des Adventsvorspiels befreit ist.
Und wieder andere sehnen sich nach einem
eigenen Zugang zum Weihnachtsfest, nach
Winterklarheit und Wesentlichkeit. Und auch
ihnen kann geholfen werden.
Fangen wir bei der Alten Musik an: Einen
beschaulichen Rundgang durch barocke Chorsätze des 17. Jahrhunderts bietet der Kammerchor der Dresdner Frauenkirche unter Kantor
Matthias Grünert, in Solosätzen mit Spitzlichtern der Sopranistin Dorothee Mields
veziert. Auch wenn der Chor nicht so fokussiert
singt und präzise intoniert wie die ProfiRundfunkchöre, ist das Ergebnis doch recht
charmant. Mitreißend ist hingegen schon der
Einstieg, mit dem das Vocalensemble Rastatt
unter Holger Speck den Hörer empfängt:
Hammerschmidts „Freude, Freude, große
Freude“ erinnert wieder daran, dass die oft
herbeizitierte „Besinnlichkeit“ erst durch die
54
Familienweihnacht des Biedermeier eingeführt wurde. Im
Barock durfte man es noch
krachen lassen, wie hier:
Prall musizierte Chorsätze, die die Staffelung
von
Favoritund
Kapellchor voll auskosten, dazu ein beherzt zupackendes In­
strumentalensem­ble –
so muss Weihnachten
klingen. Ganz auf
Motetten, Choralsät­ze
und eine Messe Hans
Leo Hasslers ­
vertraut
das Peñalosa En­sem­
ble. Doch so schön
und leichtfüßig die
auch vorge­tragen sind:
Die Beschrän­
kung auf
die vier Sänge­rin­nen
und Sänger erzeugt auch
bei Menschen guten Willens
irgendwann den Wunsch nach Abwechslung.
Das ist eine der leichtesten Übungen für die
Lautten Compagney Berlin unter Wolfgang
Katschner, die man guten Gewissens als ein
Ensemble bezeichnen kann, das im besten
Sinne aus der Praxis kommt. Gemeinsam mit
Paul Agnew und (ein weiteres Mal) Dorothee
Mields entfachen sie auf Basis von Choralkonzerten des 17. Jahrhunderts einen wahren
Budenzauber weihnachtlicher Klänge. Das
„Puer natus in Bethlehem“ klingt hier noch
wirklich nach der sprichwörtlichen „Frohen
Botschaft“, die aufgeregt zu trockener Ledertrommel verkündet wird. Und wenn das
Ensemble im tutti dann mit Praetorius
den
leuchtenden
Morgenstern
preist,
lassen sie ihn in allen Instrumentalfarben
schimmern und prangen.
Im Bereich des klassischen Choralbums
werfen sich gleich drei deutsche Chöre in die
Brust, deren CDs alle ein ähnlicher Programmansatz eint: Die Schlachtschiffe der Weihnachts-Chorliteratur von Praetorius, Eccard,
Mendelssohn und Brahms aufzubrechen
mit schon klassischer Moderne. So auch der
RIAS Kammerchor unter Hans-Christoph
Rademann, über dessen überragende Balance,
Intonation und Beweglichkeit man immer
wieder in’s Schwärmen gerät. Der Chor
schließt damit die letzten Lücken seiner Weihnachts-CD mit Werken der Romantik (unter
Uwe Gronostay, 2002 – demselben Jahr also,
Foto: fornfest
Chorsatz, Barockensemble oder Weihnachtsalbum
der Stars – was man sich rund um’s Fest auf den
Plattenteller legen möchte, ist Geschmacks­
sache. Doch auch dieses Jahr finden sich ein
paar lohnenswerte Sternchen darunter.
Von C a r s t e n H i n r ic h s
in dem Rademann viele dieser Chorsätze
schon mit seinem Dresdner Kammerchor
vorlegte) – eine gelungene Ergänzung.
Der Chor ist hier auch wieder berückend
klar eingefangen, vor allem in direktem
Vergleich zum Chor des Bayerischen
Rundfunks unter Florian Helgath. Hier
wird über alles so eine hehre Goldwatte gelegt, die dafür sorgt, dass man
das Licht beim Anhören nicht zu sehr
dimmen sollte. Beim Repertoire fischt
Helgath in Vertrautem und Gestrigem,
nur mit einem Abstecher zu
Komponisten der neuen Innerlichkeit
wie Eric Whiteacre gönnt er seinem
Chor ein bisschen „Morgen-Luft“. Da
lobt man sich das Orpheus Vokalensemble unter Michael Alber, die
als einzige auch Chorsätze von Hugo
Distler oder Alban Berg aufnehmen.
Eine angenehm kühle Klarheit weht
aus deren leichten Dissonanzen.
Aus der Chorsparte lässt sich das
Album „Veni Emmanuel“ des Choir
of Clare College, Cambridge unter
Graham Ross empfehlen. Es verbindet auf‘s Schönste die hohe
Kunst englischer College-Chöre
mit einem ganz erfrischenden
Programm. Der Evening Service
der Adventszeit gliedert sich
durch die weihnachtlichen O-Antiphonen (O Sapientia, O Adonai)
in strenger Gregorianik, auf die
inhaltlich passend ausgewählte
mehrstimmige
Kompositionen
von u.a. Rutter, Tavener, Howells
und Warlock antworten. Das
reinigt die Ohren! Eine schöne CD
für musikalische Entdeckungsreisen. Ganz traditioneller geht
hingegen der Rundfunkchor Berlin unter
Simon Halsey zu Werke: da gibt es wirklich
keine Überraschungen mehr. Aber es gibt ja
auch Menschen, die müssen gerade zu Weihnachten und im Kreis der Familie auf den Blutdruck achten.
Apropos „Puls flach halten“ – da
wenden wir uns doch mal dem vermischten
Geschmack zu und finden eine CD, die in den
ersten 3:30 Minuten schon so selige Ruhe verbreitet, als hätte man statt des Kaffeebechers
zum Narkotikum gegriffen. Aber Spaß beiseite: Wer sich Silent Nights wünscht, der
wird genau hier fündig. Samtige Streichertapete und ein Klavier, das die Weihnachtsmelodien wie nachdenklich umspielt. Da wird
es so warm um’s Herz, dass jeder Pullover zu
viel ist. Dass es auch anders geht, zeigt die
Band Quadro Nuevo, die irgendwo zwischen
Ethno und Ambient Jazz balanciert, kurz gesagt: Hackbrett trifft Saxophon. Dass das
Album Bethlehem trotzdem Spaß macht und
weihnachtlichen Swing hat, liegt daran, dass
die vier Musiker traumwandlerisch stilsichere
Profis sind.
Das Staralbum der Saison kommt diesmal
von Albrecht Mayer, Oboist der Berliner Philharmoniker, der sich mit den King’s Singers
zusammentat. Garbareks „Officium“ trifft
Jingle Bells? Nicht ganz, herausgekommen ist
mit Let it Snow! eher eine durchaus humorig
gemeinte Rhapsodie zum Thema Winter. Mag
auch etwas problematisch sein, dass die Oboe
und die Counterstimmen sich durch ähnliche
Register Konkurrenz machen, nahm man das
eher als Herausforderung zum freien Experiment: Mal beschränkt sich Mayer auf Vor- und
Zwischenspiele, mal legen sich ihm die King’s
Singers leise summend zu Füßen und lassen
ihn die herrlichsten Melodie entfalten. Das Ergebnis fällt sehr unterschiedlich aus, aber wir
finden: Reinhören lohnt sich unterm Strich.
Nicht unerwähnt bleiben soll das Album
Voice of Joy. Auch wenn wir wirklich, wirklich, wirklich bis zum Einzug ins Paradies gesättigt sind mit singenden Mönchen: Wenn
der Franziskaner Alessandro mit CarrerasPortamenti seinen Sakro-Kitsch anstimmt
und sogar den Tannenbaum ansingt, wirkt das
erstaunlich glaubwürdig. So ein Tenor muss
einfach Italiener sein.
Auch ein paar alte Bekannte seien abschließend empfohlen: Aus der Beschäftigung
des (zwischen Wagner und Verdi etwas kurz
gekommenen) Jubilars Benjamin Britten mit
der englischen Knabenchortradition hat sich
in der herb-schönen Ceremony of Carols –
eines Weihnachtsliederzyklus nur zu Harfenbegleitung – niedergeschlagen. Jetzt wurde
nochmal die mustergültige Einspielung des
Choir of King’s College Cambridge unter Stephen Cleobury von 1991 mit versprengten weihnachtlichen Kompositionen wie „A Boy Was
Born“ op.3 und Brittens Arrangement des Carols „The Holly and the Ivy“ wiederveröffentlicht. Ungeschlagen unter den Weihnachtsplatten ist aber die gerade zum Budget-Preis angebotene lutheranische Christmette
zum Weihnachtsmorgen. Paul McCreesh und
seine Gabrieli Consort & Players stellten sie
aus Choralkonzerten von Michael Praetorius 1994 zusammen. So jubelnd mehrchörig
wie im abschließenden „In dulci jubilo“, dabei
auch instrumental farbenfroh mit Zinken und
Posaunen, Pommern und Schalmeien, Violinen und Gamben und einem viergeteilten Continuo nebst kräftigem Orgelklang ist die Weihnachtsbotschaft auf CD nie wieder verkündet
worden.
Berückendes Barock:
Weihnachten in der Dresdner Frauenkirche, Kammerchor der Frauenkirche
Dresden, Grünert, Sony
Freue dich, du Tochter Zion, Bernius, Erb,
Kobow, Vocalensemble Rastatt, Les Favorites,
Speck, Carus/Note 1
Cherubinische Chöre:
Weihnachten! RIAS Kammerchor, Rademann,
hm
Festlich vermischt:
Silent Nights, Royal Philharmonic Orchestra,
Nigel Hess – Deutsche, Grammophon/Universal
Hassler: In dulci jubilo, Peñalosa Ensemble,
Carus/Note 1
In dulci jubilo, Rundfunkchor Berlin, Halsey,
Coviello/Note 1
Let it Snow! Mayer, The King’s Singers, DG/
Universal
Abonnenten-CD: Track 7
Wie schön leuchtet der Morgenstern,
Mields, Agnew, Lautten Compagney Berlin,
Katschner, dhm/Sony
Abonnenten-CD: Track 10
Veni Emmanuel, Choir of Clare College, Cambridge, hm
Voice of Joy, Friar Alessandro, Decca/Universal
Hört! Die Engel singen, Chor des BR, Helgath,
BR Klassik/Naxos
Abonnenten-CD: Track 8
Bethlehem, Quadro Nuevo, GLM/soulfood
55
B
Bücher
Günther Massenkeil/
Michael Zywietz (Hrsg.)
Lexikon der Kirchen­
musik
Es sind solche
Mammutprojekte,
bei denen man nur
ins Staunen gerät.
Denn sie widersp rechen dem
Glauben, dass man
sich auch auf dem Gebiet der Kirchenmusik eigentlich alles Wissenswerte aus dem Internet „ziehen“ kann. Wie halbgar wirkt aber
da doch das digitale Gedächtnis
gegen die bis in dunkle Epochenkammern reichende Informa­
tionsflut, mit der das zweibändige
Lexikon einen kon­kur­renz­lo­sen
Überblick über die Kirchenmusik
von ihren Anfängen bis in die
Gegenwart bietet. Schließlich
scheinen die Herausgeber gemeinsam mit einem rund 150-köp­figen
Heer an ausgewiesenen Musikwissenschaftlern einfach keinen
Komponisten, keinen Theoretiker
sowie keine sozial- und kulturgeschichtlichen Aspekte übersehen
zu haben, die für die Geschichte der
Kirchenmusik maßgeblich waren.
Und selbstverständlich stößt man
bei den 1300 Stichwörtern immer
wieder auch auf Persönlichkeiten,
die heute nur noch den absoluten
Fachleuten ein Begriff sind. Sei es
nun der Mailänder Domkapellmeister Franchino Gaffurio oder
Christiane Mariane von Ziegler,
von der Bach einige Kantatentexte
vertont hatte. Mag sich mancher
Artikel vielleicht nur an die Spezialisten richten, so zeigt sich aber
auch da die eigentliche Stärke dieses schon jetzt als Standardwerk
zu bezeichnenden Lexikons. Denn
im Grunde gibt es von A bis Z
56
nichts, was beim Lesen nicht sofort die Neugier weckt. Und so beginnt man solange zu blättern und
zu schmökern, bis man sich gerne
in der Kirchenmusikgeschichte
verloren hat.
Guido Fischer
Laaber, 1.429 S. (2 Bd.) € 278,00
Christoph Wolff
„Vor der Pforte meines
Glückes“ – Mozart im
Dienst des Kaisers
N o r m a l e r we i s e
bräuchte es nur
einen kurzen Blick
in das Werkverzeichnis von Wolfgang Amadeus
Mozart, damit
endlich ein Klischeebild für immer verschwindet. Gerne werden
die letzten Jahre im Leben Mozarts als ein existenzieller Kampf
beschrieben, den er im Alter von
gerade einmal 35 Jahren verlieren
sollte. Doch wie seine letzten drei
großen Sinfonien, seine Klavierkonzerte sowie die Opern „Così fan
tutte“, „Die Zauberflöte“ und „La
Clemenza di Tito“ beweisen,
hemmte keinesfalls eine Todesahnung seine Schöpferkraft. Er war
vielmehr voller Tatendrang. Für
den renommierten Bach- und Mozart-Experten Christoph Wolff hatte das vor allem einen Grund: Im
Dezember 1787 hatte Kaiser Joseph II. Mozart zum „Komponisten
der kaiserlich-königlichen Kammermusik“ ernannt. 800 Gulden
Jahresgeld waren ihm damit sicher. Was ihm neben dieser regelmäßigen Einnahmequelle und
dem angesehenen Titel „Kaiserlicher Hofkomponist“ aber besonders in die kreativen Karten spielte, war die völlige Freiheit von irgendwelchen Verpflichtungen.
Und so konnte Mozart nach ganz
neuen Sternen greifen, wie er in
einem Brief feststellte: „Nun stehe
ich vor der Pforte meines Glückes.“
Dieses Bekenntnis hat Wolff jetzt
seiner Betrachtung von Mozarts
Jahren 1788 – 1791 vorangestellt,
die mit Mythen aufräumt, um
nicht nur anhand von Analysen all
der gewichtigen, späten Meisterwerke an des Pudels bzw. Mozarts
Schaffenskern zu gelangen. Zwi-
schendurch besucht Wolff auch
die Wiener Lebensmittelpunkte
Mozarts und gewährt uns dabei
erhellende, nüchterne Blicke ins
Private.
Guido Fischer
Bärenreiter, 228 S. € 29,95
Tomi Mäkelä
Jean Sibelius und seine
Zeit
Sibelius-Fans haben es nicht leicht.
Schon seine Musik
wird hierzulande
noch immer sträflich vernachlässigt.
Da wundert es
nicht, dass man eine Biografie des
finnischen Nationalkomponisten
vergeblich sucht. Mit Ausnahme
eines kompakten Werkführers bei
Beck findet sich keine Literatur
auf Deutsch. Entsprechend erwartungsvoll nimmt man Tomi Mäkeläs Sibelius-Beitrag zur Reihe
„Große Komponisten und ihre
Zeit“ des Laaber-Verlages zur
Hand. „Ein höchst anregendes Leseerlebnis“ wird einem auf der
Rückseite des Buches versprochen. Doch ein solches erwartet
den Käufer mitnichten. Zumindest nicht den allgemein interessierten Musikfreund. Dazu geht
Mäkelä mit seinem beeindruckenden Wissen zu sehr in die Breite,
verzweigt sich endlos, schweift
immer wieder ab. Auch der Stil
des Autors ist nicht dazu angetan,
die rund 300 Seiten zum zitierten
„anregenden Leseerlebnis“ werden zu lassen. Weshalb hier vor allem Wissenschaftler auf ihre Kosten kommen, in geringerem Umfang auch Musiker, besonders
Dirigenten. Der Verlag wendet
sich nach eigenem Bekunden mit
seiner Reihe an „jeden Musik- und
Kulturinteressierten“. Dieser Zielgruppe aber sollte man eine derart akademische Herangehensweise wie hier nicht zumuten. Die
Verantwortlichen sollten ihre Programm- bzw. Autorenpolitik diesbezüglich überdenken und sich
entscheiden, für welche Leserschaft sie die Titel publizieren. Sibelius-Fans haben es also weiterhin nicht leicht. Michael Blümke
Laaber, 331 S., 34,80 €
Jean-Michel Nectoux
Fauré – Seine Musik. Sein
Leben
Als sich 1964 der
Todestag von Gabriel Fauré zum
40. Mal jährte,
widmete das „Journal Musical Français“ ihm eine
ganze Ausgabe. Und zu den prominenten Musikern, die dem
Franzosen gedachten, gehörten
immerhin Komponisten wie Benjamin Britten und Henri Dutilleux.
Trotzdem legten die Herausgeber
des Magazins den Finger direkt in
die Wunde, indem sie im Titel die
Frage stellten: „Fauré, qui est-ce?“
– „Fauré, wer ist das?“. Tatsächlich
schien damals der 1924 im stolzen Alter von 79 Jahren verstorbene Fauré längst an jener Strahlkraft verloren zu haben, die er viele Jahrzehnte besessen hatte. Und
zieht man von seinem umfangreichen Werk einmal sein Requiem,
seinen „Pavane“-Schlager sowie
einige Chansons ab, wird Fauré
auch heute noch lediglich ausschließlich als „Meister des Anmutigen“ beäugt, als den ihn einmal Debussy bezeichnet hatte. Ins
rechte Licht hat aber nun der französische Musikwissenschaftler
Jean-Michel Nectoux auch Teile
von Faurés Schaffen gerückt, das
mit dem Aufkommen des „Impressionismus“ und der weltoffenen Groupe des Six rasch als antiquiert galt. Überhaupt entpuppt
sich die bereits 1991 in englischer
und nicht etwa zuerst in französischer Sprache veröffentlichte,
jetzt endlich auch in Deutsch vorliegende Fauré-Biografie als eine
faktenreiche, so glänzend geschriebene wie übersetzte Rehabilitation eines fälschlicherweise
Verkannten und Unterschätzten.
Guido Fischer
Bärenreiter, 644 S. € 49,95
M
M ag a zin
Die Strauss-Feierlichkeiten sind eröffnet
Das Verdi- und Wagner-Jubiläum ist noch nicht zu Ende,
da wird schon das Strauss-Jahr 2014 eingeläutet. Zum
150. Geburtstag des Münchner Komponisten am 11. Juni
bringt Warner zwei Boxen mit EMI-Material zum Feierpreis
heraus: Die eine beinhaltet auf 9 CDs fast alle Orchesterwerke, die andere präsentiert auf 22 CDs zehn seiner Opern.
Rudolf Kempes Einspielungen der Tondichtungen und
sonstigen Orchesterkompositionen mit der großartigen
Staatskapelle Dresden datieren zwar aus der ersten Hälfte
der 70er-Jahre, gehören aber nach wie vor zu den maßgeblichen Aufnahmen. Zwischenzeitlich hatte EMI die Bänder
schon an Brilliant lizensiert, sich dann aber wohl dieser
Schätze erinnert und ihnen ein – gut gelungenes
– Remastering gegönnt, wodurch man sie jetzt in
einem offeneren, weiteren Klangbild genießen kann.
Bei den Opern ist Rudolf Kempe zwar mit einer
„Ariadne auf Naxos“ (mit Janowitz in der Titelrolle)
ebenfalls vertreten, der stabführende Dirigent dort
ist aber Wolfgang Sawallisch. Mit fünf Werken bestreitet er die Hälfte der Box, die alle großen Opern
von Richard Strauss berücksichtigt – nur die
„Arabella“ fehlt, von der es aber tatsächlich weder
im EMI- noch im Warner-Katalog eine Einspielung
gibt. Unter den Aufnahmen findet sich nicht eine Kröte,
dafür aber sogar ein Klassiker wie der Karajan-“Rosenkavalier“ mit Schwarzkopf und Raritäten wie „Intermezzo“
oder „Friedenstag“. Für etwa 50 Euro bekommt man durch
die Bank hohe und höchste Qualität, ideal also für StraussEinsteiger.
Michael Blümke
Strauss: Complete Orchestral Works, 9 CDs & Strauss: The
Great Operas, 22 CDs, Warner
Kampf um den Konzertsaal
Nur allzu leicht verdrängt man als Konzertbesucher, wie
kurz die Zeitspanne ist, die das Orchester in seiner heutigen
Form und Zusammensetzung tatsächlich das Podium beherrscht. Nach Jahrhunderten nur geringster Änderungen
waren die Herausbildung standardisierter Ensembles und
das solistische Spiel des Virtuosen um 1800 der Zündstoff, der die Entwicklung der Instrumente rasant beschleunigte. Die Halbierung der Instrumentenanzahl seit
der Renaissance stand auf der anderen Seite das Feilen an
Spieltechniken, Klangvolumen und Klangfarben gegenüber.
Auch im Zuge dieser Entwicklung wurden Sackgassen beschritten, haben sich Hybridinstrumente gebildet und sind
wieder verschwunden, darunter Arpeggione und Baryton,
Harpolyre und Echokornett oder der Serpent. Andere Vertreter – wie das Saxophon – traten erst im 20. Jahrhundert
ihren Siegeszug an. Je mehr man sich in Jérôme Lejeunes
einführendem Essay und den Einzelartikeln im
zweiten Teil des „Musikinstrumentenführers“ verliert,
umso sicherer wird das Gefühl, dass auch der heutige
Instrumentenstand nur eine Momentaufnahme ist, inmitten der sich unablässig ändernden ästhetischen Ansprüche an den Orchesterklang. Wie schon im ersten
Teil, der den historischen Instrumenten gewidmet
war, hat das Label Ricercar dem Lexikon (das diesmal separat in drei Sprachen erschienen ist und die
154 Seiten komplett in deutscher Übersetzung nutzt)
auf 8 CDs Klangbeispiele zu allen Instrumenten versammelt. Diese aber sind – und das ist der Clou und
unterscheidet diesen Führer von früher erschienenen,
wie David Munrows Pionierleistung – keine Einspieler, die
das Instrument isoliert zeigen, sondern Stücke oder Sätze
aus Kompositionen. Carsten Hinrichs
Musikinstrumentenführer, II. Teil: 1800 – 1950, Buch +
8CDs, Ricercar/Note 1
Leitfaden der historischen Instrumente, Buch + 8CDs,
Ricercar/Note 1
Great Britten!
Obwohl Benjamin Britten ein Mann des 20. Jahrhunderts
gewesen ist, verkörperte er doch den musikalischen Allrounder, wie er für das 19. Jahrhundert typisch gewesen ist.
Denn neben seiner ersten Passion, dem Komponieren, beschäftigte er sich als glänzender Dirigent und Pianist immer
wieder mit dem klassischen Werkkanon. Angefangen
von Bachs „Johannes-Passion“ über Mozart-Sinfonien
bis hin zu Schubert-Liedern und der Kammermusik etwa
eines Claude Debussy. Und der vor hundert Jahren, am 22.
November 1913 im Südosten Englands geborene Britten
besaß als Interpret ein derart untrügliches Gespür für die
Tiefe und den Gehalt der Noten, dass fast immer Sternstunden herauskamen. Heute zählen seine Schubert-Aufnahmen als Liedbegleiter von Altistin Kathleen Ferrier bzw.
Tenor Peter Pears zu den wegweisenden Einspielungen.
Und auch die Gesamtaufnahme von Henry Purcells „The
Fairy Queen“ aus dem Jahr 1970 hat nichts von ihrem
Esprit eingebüßt – auch wenn Britten sich hier wie überhaupt im Barockfach wenig um die historische Aufführungspraxis kümmerte, die da schon in vollem Gange
war. Dementsprechend muss man sich erst einmal wieder
hineinhören in diese leicht romantischen Klangwelten.
Aber was Britten da mit der großen alten Sängergarde, mit
Heather Harper, Helen Watts und John Shirley-Quirk allein
in zwei Bach-Kantaten an geradezu überirdisch schönen
Momenten bietet, lohnt bereits die Investition in diese 27
CD-Box mit sämtliche Aufnahmen des Dirigenten
und Pianisten Britten. Hinzu kommen aber nicht
nur seine unvergleichlichen Partnerschaften
mit Svjatoslav Richter, Mstislaw Rostropowitsch
und immer und immer wieder Peter Pears. Bei
den auch zahlreichen, erstmals auf CD veröffentlichten Einspielungen kann man so manche Entdeckungen aus der English Connection machen.
Da gibt es ein u.a. von Britten, Michael Tippett
und William Walton geschriebenes Gemeinschaftswerk oder das Oratorium „The Dream of Gerontius“
von Edward Elgar.
Guido Fischer
Benjamin Britten: The Performer, 27 CDs, Decca/Universal
57
Boulevard
Ein Schuss Jazz, eine Prise Film, ein
Löffel Leichtigkeit: Bunte Klassik
Vorgestellt von Ol i v e r Bu s l au
Satie bis Bach, von Mozart bis Purcell und
sogar bis zum Endzeit-Choral „Dies irae“, der
sich in der Komposition „China Town“ des
Ensemblepianisten Karol Beffa versteckt.
miroir(s): Ensemble Contraste, naïve/Indigo
Fast Vergessenes für das
­S axofon
Die Musikgeschichte ist voller zu Unrecht vergessener Ikonen: Da gab es zum Beispiel Ingrid
Larssen, eine der großen Saxofonvirtuosinnen
der Vorkriegszeit. Ihr junger Kollege Johannes
Ernst traf die immer noch rüstige Dame
1994 – und kam durch sie auf die Spur verschütteter Werke für das Blasinstrument, das
ja seit Jahrhundertbeginn immer zwischen
Jazz und Klassik changiert. Hier stellt Ernst
mit Christoph Israel am Klavier die Fundstücke
vor. Es sind Salonpiècen, Tanzstückchen und
Charakterstücke nach romantischem Vorbild
aus der Zeit von 1929 bis 1950 – komponiert
von Tonsetzern, deren Namen fast in der Versenkung verschwanden: Richard Beckmann,
Gustav Bumcke, Albert Bräu, Hans Felix
Husadel oder Willy Menden.
Fundstücke: Ernst, Israel, Es-Dur/Edel
Sinfonie des Klezmer
Selbst ist die Pianistin
Ohne Agentur und Plattenvertrag wandte
sich die ukrainische Pianistin Valentina
Lisitsa per YouTube direkt an das Musikpublikum – und nennt mehr als 60 Millionen
Fans ihr Eigen, die übrigens im Netz auch ihre
Konzertprogramme zusammenstellen dürfen.
Natürlich folgte dann doch ein CD-Vertrag –
und nun zeigt die Künstlerin auch auf den konventionellen Vertriebskanälen, wie meisterhaft
sie die großen Klassiker der Klavierliteratur beherrscht. Das Liszt-Album ist ein wuchtiges,
glitzerndes,
poetisches,
dramatisches
und geradezu fiebrig vibrierendes Porträt
des großen Romantikers – mit dem halsbrecherischen „El contrabandista“, mit
Schubert- und Verdi-Transkriptionen, einer
tiefschwarz-dämonischen h-Moll-Ballade und
der 12. Ungarischen Rhapsodie.
Valentina Lisitsa Plays Liszt, Decca/Universal
Kammermusikalische
­G renzgänge
Schon seit dreizehn Jahren steht das Ensemble
Contraste für musikalische Vielfalt auf
kleinstem Raum – mit raffinierten Arrangements und Improvisationen von Klassik bis
Jazz. Klavier, Saxofon und Viola prägen den
Klang der Formation, die mit ihrem Album
„miroir(s)“ vielfältige Bezüge schafft – von
58
David Orlowsky
Fotos: Decca/Gilbert François; Felix Broede
Valentina Lisitsa
David Orlowsky gilt als Nachfolger seines
Mentors Giora Feidman, der mit seinem Trio
weltweit die Fans begeistert, als neue Stimme
des Klezmer. Gelang es ihm bisher, den
Klezmer in höchst artifizielle Kammermusik
zu verwandeln, folgt hier mit der Kammerakademie Potsdam der Sprung in sinfonische
Dimensionen – mit 12 atmosphärisch vielfältigen Kompositionen, die wie fantastische
Rhapsodien vorüberziehen.
Symphonic Klezmer: David Orlowsky Trio,
Kammerakademie Potsdam, Sony
Abonnenten-CD: Track 2
Doktor Stradivari Musik-Krimi
Folge 6: Brankos „Ave Maria“
Von Ol i v e r Bu s l au
K
ommissar Reuter gab Gas. Der
schwere Wagen raste durch die
Nacht. Doktor Stradivari atmete tief
durch. „Wollen Sie uns umbringen?“,
temperierten Klaviers‘ als Begleitung zum
Üben“, erklärte er. Auf dem Tisch lag eine CDBox. Sie enthielt das berühmte Klavierwerk
in der Aufnahme von Angela Hewitt. „Ich versuche es immer wieder und wieder. Ich habe
lange nicht mehr gespielt. Aber Angela Hewitt
begleitet großartig.“ Er lächelte.
„Das Alibi beruht nur auf Ihrer Aussage“,
sagte Reuter. „Nachbarn, die Sie gehört haben
könnten, gibt hier nicht.“
fragte er.
„Es kommt auf jede Sekunde an. Vor einer
knappen Stunde hat es einen Einbruch in einer
Geigenbauwerkstatt gegeben. Der Dieb wurde
überrascht und konnte ohne Beute fliehen.
Die Art, wie er vorgegangen ist, trägt die Handschrift von Fred Branko. Wenn er kein
Alibi hat, kriegen wir ihn endlich.“
Branko lebte in einem Seitengebäude
eines ehemaligen Fabrikgeländes. Aus
dem Inneren drang der Klang einer
Violine, begleitet vom Klavier. Der Geiger
war Anfänger, das war deutlich zu hören.
„Das kenne ich“, sagte Reuter. „Das ist
das ‚Ave Maria‘ von Charles Gounod. Wir
Wenn Sie die Lösung wissen, schreiben Sie sie an
hatten es im Musikunterricht. Gounod
[email protected] oder postalisch an
hat die Melodie über das erste Präludium
RONDO, Johannisplatz 3a, 81667 München – Ihre
aus dem ‚Wohltemperierten Klavier‘
Kontaktdaten nicht vergessen! Unter allen Zuschrif­
von Johann Sebastian Bach gelegt. Zwei
ten verlost RONDO in Kooperation mit dem Label
Stücke in einem in perfekter Harmonie
Hyperion fünf Exemplare der neuen CD von Marc– herrlich. Aber jetzt müssen wir stören.“
André Hamelin mit Klavierkonzerten von Charles
Sie klingelten, als das Stück knapp
Gounod. Einsendeschluss ist der 15. Dezember.
zwanzig Takte gelaufen war. Die Geige
brach ab, aber das Klavier spielte weiter.
Branko, ein hagerer Glatzkopf, öffnete
– Violine und Bogen in der Hand. Reuter
Branko blieb gelassen. „Trotzdem haben
konfrontierte ihn mit seinem Verdacht.
Sie keinen Beweis.“ „Oh doch“, schaltete sich
„Ich kann den Einbruch nicht verübt
nun Doktor Stradivari ein. „Wir brauchen das
haben“, sagte Branko ruhig. „Ich bin seit
Alibi nicht zu überprüfen. Herr Branko lügt
Stunden dabei, das berühmte ‚Ave Maria‘
uns an. Das ist offensichtlich.“
zu üben. Meine Schwester möchte, dass ich
Wieso ist sich Doktor Stradivari so sicher?
es übermorgen auf ihrer Hochzeit vortrage.
www.oliverbuslau.de
Dafür frische ich extra mein Geigenspiel auf.
Kommen Sie herein, ich habe nichts zu verAuflösung aus Magazin 5/2013:
bergen.“
Es stimmt zwar, dass alle drei – Haydn,
„Wer spielt denn da Klavier?“, fragte Reuter.
Mozart, Beethoven – in Wien lebten, aber
Branko führte sie in ein kleines Wohnnie zur selben Zeit. Selbst wenn Beethoven
zimmer, wo ein Notenständer mit der Soloschon 1785 Mozart in Wien besucht haben
stimme des „Ave Maria“ stand. Das Klaviersollte, wäre Haydn zu der Zeit sicher noch
spiel kam aus Lautsprecherboxen. Branko
in Esterháza gewesen. Zudem gehörte der
stellte die Musik aus.
junge Beethoven 1789 noch nicht zu den
„Ich nehme eine Aufnahme des ‚WohlKomponisten des Verlegers Artaria.
Doktor Stradivari
ermittelt – und Sie
können gewinnen!
59
T er m i n e Oper
O
oper
BMW Welt Jazz Award 2014: Zum 6. Mal
bewerben sich gleich sechs vielversprechende
Jazz-Bands um den mit 15.000 Euro dotierten
BMW Welt Jazz Award. Unter dem Motto „Sense
Of Humour“ präsentieren sich dann ab Januar
in sechs kostenfreien Sonntagsmatineen in der
Münchner „BWM Welt“ Ensembles wie etwa
das New Yorker Quartett „Mostly Other People
Do The Killing“(19.1.). Wer ins große Finale am 3.
Mai einziehen und schließlich den Preis abräumen wird, entscheidet eine hellhörige Fachjury.
www.bmw-welt.com
Tickets: (0 89) 54 81 81 81
15. Kissinger Winterzauber: Klassik,
Jazz und mehr als nur ein Schuss Weltmusik
– bei solchem musikalischen Spektrum wird
einem beim Kissinger Winterzauber erneut
warm ums Herz (19.12. – 11.1.). Und für die entsprechenden Temperaturen sorgen etwa die
Klazz Brothers & Cuba Percussion, die Band
Spark mit ihrem Mix aus Klassik und Minimal
Music sowie Sax-Urgestein Klaus Doldinger.
Im Finale lässt Violinist Ingolf Turban schließlich bei Paganini die Saiten glühen!
www.kissingerwinterzauber.de
Tickets: (09 71) 8 04 84 44
Bach-Festival-Arnstadt
2014:
Mit
dem Konzert „Bach For Brass“, gespielt vom
Blechbläserensemble Ludwig Güttler, wird
das 10. Bach-Festival-Arnstadt eröffnet – an
jenem Ort, an dem auch Bachs große Karriere begann. Vom 21. – 30. März gastieren zudem
exzellente Bach-Interpreten wie Cellist Sebastian Klinger sowie der Violinist und ECHOKlassik-Preisträger Linus Roth. Und den krönenden Abschluss gestaltet mit Singer Pur das
wohl bekannteste deutsche Vokalensemble.
www.bachfestival.arnstadt.de
Tel.: (0 36 28) 60 20 49
60
Aachen
Th eate r
(02 41) 4 78 42 44
Verdi
Don Carlos
(9.2.2014), ML: Kazem Abdullah, R: Michael Helle
Basel
Th eate r
(00 41) 61 2 95 11 33
Tschaikowski
Eugen Onegin
(18.1.2014), ML:
Giuliano Betta, R:
Corinna von Rad
Holliger
Schneewitchen
(20.2.2014), ML:
Heinz Holliger, R:
Achim Freyer, Sebastian Hirn
Ravel
L‘Enfant et les sortilèges (29.3.2014),
ML: David Cowan
Berlin
Kom i sch e O pe r
(0 30) 47 99 74 00
Bernstein
West Side Story
(24.11.2013), ML:
Koen Schoots, R:
Barrie Kosky
Kálmán
Die Herzogin von
Chicago (konzertant) (22.12.2013),
ML: János Kovács
Prokofjew
Der feurige Engel
(19.1.2014), ML:
Henrik Nánási, R:
Benedict Andrews
Dostal
Clivia (8.3.2014),
ML: Kai Tietje, R: Stefan Huber
Staat sope r i m
Sch i lle rth e ate r
(0 30) 20 35 45 55
Verdi
Il trovatore
(29.11.2013), ML:
Daniel Barenboim,
R: Philipp Stölzl
Janáček
Katja Kabanowa
(25.1.2014), ML: Simon Rattle, R: Andrea Breth
Cavalli
Lezioni di tenebra
(30.1.2014), ML:
Max Renne
Stemann u. a.
Rein Gold
(9.3.2014), ML: Markus Poschner, R: Nicolas Stemann
D e u t sch e O pe r
(0 30) 3 43 84 01
Berlioz
Fausts Verdammnis
(23.2.2014), ML: Donald Runnicles, R:
Christian Spuck
Bern
Stadt th e ate r
00 41 (0) 3 13 29 52 52
Janáček
Das schlaue Füchslein (25.1.2014), ML:
Mirga Gražinyte-Tyla, R: Markus Bothe
Künneke
Der Vetter aus
Dingsda (9.3.2014),
ML: Kevin John, R:
Mara Kurotschka
Bremen
Th e ate r
(04 21) 36 53 33 33
Verdi
La traviata
(24.11.2013), ML:
N.N., R: Benedikt
von Peter
Puccini
La bohème
(26.1.2014), ML:
Markus Poschner, R:
Benedikt von Peter
Martinů
Juliette (29.3.2014),
ML: Clemens Heil, R:
John Fulljames
Chemnitz
Städti sch e
Th e ate r
(03 71) 40 00 - 430
Mozart
Don Giovanni
(30.11.2013), ML:
Felix Bender, R: Michael Heinicke
Verdi
Don Carlos
(1.2.2014), ML:
Frank Beermann, R:
Helen Malkowsky
Bellini
Norma (8.3.2014),
ML: Felix Bender, R:
Christopher Alden
Darmstadt
Sta at sth e ate r
(0 61 51) 2 81 16 00
Verdi
La traviata
(7.12.2013), ML: Elias Grandy, R: John
Dew
Wagner
Tristan und Isolde
(25.1.2014), ML:
Martin Lukas Meister, R: John Dew
Britten
The Turn Of The
Screw (15.2.2014),
ML: Michael Cook, R:
Lothar Krause
Verdi
Otello (15.3.2014),
ML: Anna Skryleva,
R: Gerhard Hess
DüsseldorfDuisburg
D e u t sch e O pe r
am R h e i n
(02 11) 8 90 82 11
Mozart
Die Zauberflöte
(7.12.2013), ML:
Axel Kober, R: Barrie
Kosky
Wagner
Lohengrin
(18.1.2014), ML:
Axel Kober, R: Sabine Hartmannshenn
Mozart
Le nozze di Figaro
(1.2.2014), ML:
Christoph Altstaedt,
R: Michael Hampe
Dortmund
Th e ate r
(02 31) 5 02 72 22
Wagner
Tannhäuser
(1.12.2013), ML: Gabriel Feltz, R: Kay
Voges
Lehár
Der Graf von Luxemburg (11.1.2014),
ML: Motonori Kobayashi, R: Thomas
Enzinger
Rossini
Aschenputtel
(22.3.2014), ML: Motonori Kobayashi, R:
Erik Petersen
Dresden
Säch s i sch e
Sta at sope r
(03 51) 4 91 17 05
Strauss
Elektra (19.1.2014),
ML: Christian Thielemann, R: Barbara
Frey
Schostakowitsch
Moskau, Tscherjomuschki
(21.2.2014), ML:
Mikhail Agrest, R:
Christine Mielitz
Strauss
Guntram (konzertant) (23.2.2014),
ML: Omer Meir Wellber
Eisenach
Th ü ri n ger
Lan desth eater
(0 36 91) 25 62 19
Millöcker
Der Bettelstudent
(7.12.2013), ML:
Carlos DomínguezNieto, R: Wolfgang
Quetes
Bellini
I puritani
(15.2.2014), ML: Leo
McFall, R: BerndDieter Müller
Essen
Aalto Th eater
(02 01) 8 12 22 00
Massenet
Werther
(30.11.2013), ML:
Sébastien Rouland,
R: Carlos Wagner
Bellini
La straniera
(2.3.2014), ML: Josep Caballé-Domenech, R: Christof Loy
Frankfurt/
Main
O per
(0 69) 1 34 04 00
Enescu
Oedipe (8.12.2013),
ML: Alexander Lieb­
reich, R: Hans
Neuen­fels
Reimann
Die Gespenster­
sonate (29.1.2014),
ML: Karsten
Janusch­ke, R: Walter Sutcliffe
Verdi
Falstaff (9.2.2014),
ML: Bertrand de Billy, R: Keith Warner
Gelsenkirchen
Mu si kth eater i m
Revi er
(02 09) 4 09 72 00
Augst
Stadt der 1000 Feuer (21.2.2014), ML:
Christian Jeub, R:
Oliver Augst, John
Birke
Janáček
Jenůfa (22.3.2014),
ML: Rasmus Baumann, R: Michael
Schulz
Lehár
Das Land des Lächelns (30.3.2014),
ML: Rasmus Baumann, R: N.N.
Genf
G rand Théâtre
00 41 (0) 22 418 31 30
Wagner
Siegfried
(30.1.2014), ML:
Ingo Metzmacher, R:
Dieter Dorn, Heinz
Wanitschek
Verdi
Nabucco
(28.2.2014), ML:
John Fiore, R: Roland Aeschlimann
Gera
The ater
0 34 57 - 58 50
Zaufke
Babytalk
(30.11.2013), ML:
Thomas Wicklein, R:
Cornelia Poppe
Puccini
La bohème
(7.12.2013), ML:
Laurent Wagner, R:
Anthony Pilavachi
Britten
Peter Grimes
(21.3.2014), ML:
Laurent Wagner, R:
Kay Kuntze
Graz
Ope r
00 43 (0) 3 16 80 00
Puccini
Turandot
(18.1.2014), ML: Domingo Hindoyan, R:
Marco Arturo Marelli
Janáček
Jenůfa (29.3.2014),
ML: Dirk Kaftan, R:
Peter Konwitschny
Halle
Ope rnhaus
(03 45) 2 05 02 22
Sekles
Schahrazade
(30.11.2013), ML:
Josep Caballé Domenech, R: Axel
Köhler
Mozart
Die Zauberflöte
(25.1.2014), ML: Andreas Henning, R:
Axel Köhler
Hamburg
Ham burg ische
Sta atsoper
(0 40) 35 68 68
Bizet
Carmen (19.1.2014),
ML: Alexander Soddy, R: Jens-Daniel
Herzog
Hogarth
Zwerg Nase
(2.2.2014), ML: Benjamin Gordon, R: Nicola Panzer
Janáček
Das schlaue Füchslein (9.3.2014), ML:
Lawrence Foster, R:
Johannes Erath
Hannover
Staat soper
(05 11) 99 99 11 11
Mascagni
Cavalleria rusticana
(12.1.2014), ML: Karen Kamensek, R:
Philipp Himmelmann
Leoncavallo
Pagliacci
(12.1.2014), ML: Karen Kamensek, R:
Philipp Himmelmann
Grétry
Die Schöne und das
Tier (13.3.2014), ML:
Anja Bihlmaier, R:
Zuzana Masaryk
Britten
Ein Sommernachtstraum (29.3.2014),
ML: Karen Kamensek, R: Michiel Dijkema
Innsbruck
L and esth eater
00 43 (0) 5 12 52 07 44
Netzer
Mara (7.12.2013),
ML: Alexander
Rumpf, R: Johannes
Reitmeier
Wagner
Parsifal (16.2.2014),
ML: Alexander
Rumpf, R: Johannes
Reitmeier
Wildhorn
Jekyll und Hyde
(22.3.2014), ML:
Hansjörg Sofka, R:
Johannes Reitmeier,
Roger E Boggasch
Köln
O per nhaus
(02 21) 22 12 84 00
Langemann
Musik (7.12.2013),
ML: Walter Kobéra,
R: Helene Hegemann
Strauß
Die Fledermaus
(konzertant)
(29.12.2013), ML:
Gerrit Prießnitz
Rihm
Jakob Lenz
(22.3.2014), ML: Alejo Perez, R: Beatrice
Lachaussée
Klagenfurt
Stadt th eater
0043 (0) 46 35 40 64
Kálmán
Die Csárdásfürstin
(19.12.2013), ML:
Günter Wallner, R:
Tobias Kratzer
Händel
Giulio Cesare in
Egitto (6.2.2014),
ML: Attilio Cremonesi, R: Michael Sturminger
Prokofjew
Die Liebe zu den
drei Orangen
(20.3.2014), ML: Alexander Soddy, R:
Immo Karaman
O pe r n h au s
(03 41) 1 26 12 61
Wagner
Die Walküre
(7.12.2013), ML: Ulf
Schirmer, R: Rosamund Gilmore
Donizetti
Don Pasquale
(8.2.2014), ML:
Anthony Bramall, R:
Lindy Hume
Lausanne
Luzern
Opéra
+41 (0) 2 13 10 16 00
Offenbach
Le voyage dans la
lune (7.1.2014), ML:
Laurent Gendre, R:
Olivier Desbordes
Verdi
Luisa Miller
(21.3.2014), ML: Roberto Rizzi Brignoli,
R: Giancarlo del Monaco
Th e ate r
+41 (0) 4 12 10 66 18
Händel
Alcina (11.1.2014),
ML: Howard Arman,
R: Nadja Loschky
Smyth
The Boatswain‘s
Mate (15.2.2014),
ML: Andrew Dunscombe, R: Hersilie
Ewald
Bizet
Carmen (23.2.2014),
ML: Howard Arman,
R: Tobias Kratzer
Lübeck
Th eater
(04 51) 7 45 52
Lortzing
Der Wildschütz
(17.1.2014), ML: Andreas Wolf, R:
Anthony Pilavachi
Zemlinski
Der Zwerg
(18.2.2014), ML:
Ryusuke Numajiri,
R: Bernd Reiner Krieger
Zemlinski
Eine florentinische
Tragödie
(18.2.2014), ML:
Ryusuke Numajiri,
R: Bernd Reiner Krieger
Gluck
Armide (28.2.2014),
ML: Christoph Spering, R: Michael
Wallner
Lüneburg
Th eater
(0 41 31) 4 21 00
Massenet
Werther
(12.12.2013), ML:
Thomas Dorsch, R:
Friedrich von Mansberg
Hilsberg
Max und Moritz
(19.1.2014), ML: Deborah Coombe, R:
Nilufar K Münzing
Orff
Carmina Burana
(8.3.2014), ML: Thomas Dorsch, R: Hajo
Fouquet
Leipzig
José Carreras: Am 17. Dezember gibt
der katalanische Star-Tenor José Carreras in
der Braunschweiger VW-Halle sein einziges
Deutschland-Konzert in diesem Jahr. Und mit
seinem gefühlvoll-samtigen Timbre stimmt
er mit ausgewählten Arien auf Weihnachten
ein. Begleitet wird er u.a. vom Staatsorchester Braunschweig. Und als besondere Gäste
hat Carreras die russische Sopranistin Natalia
Ushakova sowie die ukrainische CrossoverKünstlerin Kamaliya eingeladen.
Tickets und Infos: www.reservix.de bzw. (0 18
05) 70 07 33
Magdeburg
Th e ate r
(03 91) 5 40 65 55
Rossini
Der Barbier von Sevilla (25.1.2014),
ML: Kimbo Ishii-Eto,
R: Christian von Götz
Strauss
Der Rosenkavalier
(22.2.2014), ML:
Kimbo Ishii-Eto, R:
Olivia Fuchs
Händel
Otto (15.3.2014),
ML: Stephan Schultz,
R: Arila Siegert
Yundi: „Yundis Musik ist voller Fantasie, er
ist ein wahrer Musikpoet.“ Mit diesen Worten
hat sich einmal Maestro Seiji Ozawa vor dem
chinesischen Weltstar-Pianisten Yundi verbeugt. Im Frühjahr 2014 gastiert der einstige
Gewinner des renommierten Chopin-Wettbewerbs nun mit drei exklusiven Konzerten in
Deutschland. Auf dem Programm von Yundis
Recitals in Hamburg (4.3.), München (11.4.) und
Berlin (15.4.) stehen Werke von Beethoven und
Chopin, sowie Schumanns Fantasie op. 17.
Tickets und Infos: www.deag.de bzw. (0 18
06) 9 99 00 05 55
Mannheim
N ati o n alth e ate r
(06 21) 1 68 01 50
Verdi
Falstaff
(14.12.2013), ML:
Dan Ettinger, R:
Christof Nel
Prokofjew
Die Liebe zu den
drei Orangen
(14.2.2014), ML:
Dan Ettinger, R: Cordula Däuper
Verdi
Stiffelio (29.3.2014),
ML: Alois Seidlmeier,
R: Regula Gerber
München
B aye r i sch e
Sta at sope r
(0 89) 21 85 19 20
Strauss
Die Frau ohne Schatten (21.11.2013),
David Zinman: Nur wenige BeethovenEinspielungen haben solch ein riesiges Echo
ausgelöst wie die aller Sinfonien mit dem Züricher Tonhalle-Orchester und seinem Chefdirigenten David Zinman. Bevor man nun nach
18 erfolgreichen Jahren auseinandergeht, erklingen die neun Sinfonien mit den fünf Klavierkonzerten ab dem 14. Mai erneut in einem
fünfteiligen Beethoven-Zyklus. Einen Vorgeschmack auf das Ereignis bekommt man bereits im Silvesterkonzert mit der Neunten.
www.tonhalle-orchester.ch
Tickets: (00 41) 044 206 34 34
61
T er m i n e Oper / K l a ssik
ML: Kirill Petrenko,
R: Krzysztof Warlikowski
Verdi
La forza del destino
(22.12.2013), ML:
Asher Fisch, R: Martin Kušej
Mozart
La clemenza di Tito
(10.2.2014), ML: Kirill Petrenko, R: Jan
Bosse
Sta at stheater
am Gärtn erpl atz
(0 89) 21 85 19 60
Hiller
Der Flaschengeist
(24.1.2014), ML: Michael Brandstätter,
R: Nicole Claudia
Weber
Mozart
Die Entführung aus
dem Serail
(30.1.2014), ML:
Marco Comin, R: Stephanie Mohr
Münster
The ater
(02 51) 5 90 91 00
Mozart
Die Zauberflöte
(30.11.2013), ML:
Fabrizio Ventura, R:
Kobie van Rensburg
Berlioz
Benvenuto Cellini
(15.2.2014), ML: Fabrizio Ventura, R:
Aron Stiehl
Waits
The Black Rider
(1.3.2014), ML: Michael Barfuß , R:
Frank Behnke
Sullivan
The Pirates Of Penzance (29.3.2014),
ML: Stefan Veselka,
R: Holger Seitz
Nürnberg
Staat stheater
(01 80) 5 23 16 00
Wagner
Das Rheingold
(30.11.2013), ML:
Marcus Bosch, R:
Georg Schmiedleitner
Strauss
Arabella (1.2.2014),
ML: Marcus Bosch,
R: Andreas Baesler
Händel
Judas Maccabeus
(23.2.2014), ML: Peter Tilling, R: Stefan
Otteni
Navok
And The Trains Kept
Coming …
(23.2.2014), ML: Peter Tilling, R: Stefan
Otteni
Oldenburg
Staat sth e ate r
(04 41) 2 22 51 11
Strauß
Die Fledermaus
(30.11.2013), ML:
Paul-Johannes Kirschner, R: K D
Schmidt
Sciarrino
Lohengrin
(25.1.2014), ML: Yuval Zorn, R: Thomas
Fiedler
Mozart
Così fan tutte
(31.1.2014), ML: Roger Epple, R: Niklaus
Helbling
Tschaikowski
Eugen Onegin
(28.3.2014), ML:
Thomas Bönisch, R:
Julia Hölscher
Osnabrück
Städti sch e
B ü hne n
(05 41) 3 23 33 14
Verlosung
Der Fotograf und Autor Arne Reimer hat für sein neues Buch
„American Jazz Heroes“ (Jazz Thing Verlag) einige der großen
­amerikanischen Helden des Jazz zu Hause besucht. Entstanden
sind nicht nur sehr private und ungewöhnliche Fotografien der
ins A
­ lter gekommenen Heroen, sondern auch spannende Gespräche mit Ausnahme-Musikern, die als Sidemen oder Leader in den
­großen Jazz-Formationen des 20. Jahrhunderts die Entwicklung
des klassischen modernen Jazz geprägt haben.
RONDO verlost 3 Exemplare des Buchs „American Jazz Heroes“.
Einsendungen mit Angabe einer Post-Adresse und dem Stichwort
„Jazz Heroes“ bitte bis 10. Dezember an
[email protected] oder postalisch an
RONDO, Johannisplatz 3a, 81667 München.
Zeller
Der Vogelhändler
(23.11.2013), ML:
An-Hoon Song, R:
Marcel Keller
Bach
Johannes-Passion
(18.1.2014), ML: Andreas Hotz, R: Andrej Woron
Dvořák
Vanda (15.3.2014),
ML: Daniel Inbal, R:
Robert Lehmeier
Pforzheim
Th e ate r
(0 72 31) 39 24 40
Kálmán
Gräfin Mariza
(31.12.2013), ML:
Martin Hannus, R:
Wolf Widder
Offenbach
Hoffmanns Erzählungen (1.3.2014),
ML: Markus Huber,
R: Bettina Lell
Regensburg
Th e ate r
(09 41) 5 07 24 24
Puccini
La bohème
(7.12.2013), ML: Tetsuro Ban, R: Johannes Pölzgutter
Wagner
Die Feen (25.1.2014),
ML: Tetsuro Ban, R:
Florian Lutz
Bock
Anatevka
(22.3.2014), ML:
N.N., R: Andrea
Schwalbach
Saarbrücken
Sa ar l än d i sch e s
Sta at sth e ate r
(06 81) 3 22 04
Puccini
Tosca (24.11.2013),
ML: Will Humburg,
R: Dagmar Schlingmann
Strauß
Die Fledermaus
(14.12.2013), ML:
Thomas Peuschel, R:
Ralf Nürnberger
Massenet
Werther
(22.2.2014), ML:
Thomas Peuschel, R:
Jetske Mijnssen
Schwerin
M e ckle nb u rg i sch e s
Sta at sth e ate r
(03 85) 5 30 01 23
Puccini
La bohème
(22.11.2013), ML:
Daniel Huppert, R:
Gregor Horres
62
Heggie
Dead Man Walking
(24.1.2014), ML:
Gregor Rot, R: David
Freeman
St. Gallen
Th e ate r
+41 (0) 7 12 42 05 05
Ponchielli
La Gioconda
(1.2.2014), ML: Pietro Rizzo, R: Rosetta
Cucchi
Janáček
Das schlaue Füchslein (19.2.2014), ML:
Attilio Tomasello, R:
Nicola Raab
Stralsund
Th e ate r Vorpom m e r n
(0 38 31) 2 64 61 24
Humperdinck
Hänsel und Gretel
(24.11.2013), ML:
Egbert Funk, R:
Horst Kupich
Wagner
Lohengrin
(7.12.2013), ML:
Golo Berg, R: Dirk
Löschner
Stuttgart
Sta at sth e ate r
(07 11) 20 20 90
Ayres
Peter Pan
(19.12.2013), ML:
Roland Kluttig, R:
Frank Hilbrich
Andre
Wunderzaichen
(2.3.2014), ML: Sylvain Cambreling, R:
Jossi Wieler, Sergio
Morabito
Trier
Th e ate r
(0651) 7 18 18 18
Lortzing
Der Wildschütz
(15.3.2014), ML:
Joongbae Jee, R:
Matthias Kaiser
Ulm
Th e ate r
(07 31) 1 61 44 44
Strauss
Der Rosenkavalier
(23.1.2014), ML:
Timo Handschuh, R:
Matthias Kaiser
Gluck
Iphigenie en Tauride
(6.3.2014), ML: Daniel Montané, R: Igor
Folwill
Wien
Sta at sope r
(00 43) 15 14 44 22 50
Dvořák
Rusalka (26.1.2014),
ML: Jiri Belohlavek,
R: Sven-Eric Bechtolf
Cilea
Adriana Lecouvreur
(16.2.2014), ML:
Evelino Pidò, R: David McVicar, Justin
Way
Th eater an der
Wi en
(00 43) (01) 5 88 85
Schubert
Lazarus
(11.12.2013), ML:
Michael Boder, R:
Claus Guth
Rameau
Platée (17.2.2014),
ML: William Christie,
R: Robert Carsen
Volksoper
(00 43) 15 14 44 36 70
Strauß
Eine Nacht in Venedig (14.12.2013),
ML: Alfred Eschwé,
R: Hinrich Horstkotte
Britten
Albert Herring
(15.2.2014), ML:
Gerrit Prießnitz, R:
Brigitte Fassbaender
Wiesbaden
Hessi sch es
Sta at sth eater
(06 11) 13 23 25
Prokofjew
Die Liebe zu den
drei Orangen
(30.11.2013), ML:
Zsolt Hamar, R: Ansgar Weigner
Verdi
La forza del destino
(25.1.2014), ML:
Wolfgang Ott, R:
Immo Karaman
Cavalli
La Calisto
(8.3.2014), ML: Sébastien Rouland, R:
Teresa Reiber
Zürich
O pern h au s
(00 41) 12 68 66 66
Lange
Das Gespenst von
Canterville
(23.11.2013), ML:
Francesco Angelico,
R: Jasmina Hadziahmetovic
Beethoven
Fidelio (8.12.2013),
ML: Fabio Luisi, R:
Andreas Homoki
Händel
Alcina (26.1.2014),
ML: Giovanni Antonini, R: Christof Loy
K
K l a ssi k
Claudio Abbado
4.12. Wien (A),
Musikverein
5.12. Wien (A),
Musikverein
Roberto Alagna
30.3.Berlin,
Deutsche Oper
2.4.Berlin,
Deutsche Oper
6.4.Berlin,
Deutsche Oper
10.4.Berlin,
Deutsche Oper
13.4.Berlin,
Deutsche Oper
Nicolas Altstaedt
10.12.Solingen,
Theater und
Konzerthaus
11.12.Remscheid,
Teo-OttoTheater
22.1. Wien (A),
Konzerthaus
23.1. Wien (A),
Konzerthaus
Vladimir Ashkenazy
6.1.Essen, Philharmonie
11.1.Mannheim,
Congress
Center Rosengarten
17.2.Berlin, Philharmonie
Cecilia Bartoli
26.1. Zürich (CH),
Opernhaus
31.1. Zürich (CH),
Opernhaus
2.2. Zürich (CH),
Opernhaus
5.2. Zürich (CH),
Opernhaus
7.2. Zürich (CH),
Opernhaus
9.2. Zürich (CH),
Opernhaus
Lisa Batiashvili
26.11.Kiel, Schloss
Piotr Beczała
Kolja Blacher
17.12. Basel (CH),
Stadtcasino
19.1.Stuttgart,
Liederhalle
20.1.Stuttgart,
Liederhalle
31.1.Berlin,
Komische Oper
Rafał Blechacz
11.2.Hannover,
Kuppelsaal im
HCC
2.4.Stuttgart,
Liederhalle
Gábor Boldoczki
23.11.München,
Prinzregententheater
25.11. Wien (A),
Musikverein
28.11.Stuttgart,
Liederhalle
Cuarteto Casals
26.11. Basel (CH),
Stadtcasino
29.11.Dortmund,
Konzerthaus
15.1.Hannover,
Congress
Centrum
16.1.Luxemburg
(LU), Philharmonie
Riccardo Chailly
28.11.Berlin, Philharmonie
29.11.Berlin, Philharmonie
1.12.Berlin, Philharmonie
29.12.Leipzig, Gewandhaus
30.12.Leipzig, Gewandhaus
31.12.Leipzig, Gewandhaus
11.1. Wien (A),
Musikverein
12.1. Wien (A),
Musikverein
27.2.Leipzig, Gewandhaus
28.2.Leipzig, Gewandhaus
2.3.Leipzig, Gewandhaus
6.3.Leipzig, Gewandhaus
7.3.Leipzig, Gewandhaus
8.3.Leipzig, Gewandhaus
Diana Damrau
7.12. Mailand (I),
Teatro alla
Scala
12.12. Mailand (I),
Teatro alla
Scala
15.12. Mailand (I),
Teatro alla
Scala
18.12. Mailand (I),
Teatro alla
Scala
22.12. Mailand (I),
Teatro alla
Scala
28.12.Mailand (I),
Teatro alla
Scala
31.12. Mailand (I),
Teatro alla
Scala
3.1. Mailand (I),
Teatro alla
Scala
Plácido Domingo
29.11.Berlin, Staatsoper im
Schillertheater
4.12.Berlin, Staatsoper im
Schillertheater
7.12.Berlin, Staatsoper im
Schillertheater
11.12.Berlin, Staatsoper im
Schillertheater
15.12.Berlin, Staatsoper im
Schillertheater
19.12.Berlin, Staatsoper im DM_109x150.indd
Schillertheater
22.12.Berlin, Staatsoper im
Schillertheater
Gustavo Dudamel
21.11.Frankfurt/
Main, Alte
Oper
5.12.Berlin, Philharmonie
6.12.Berlin, Philharmonie
7.12.Berlin, Philharmonie
Quatuor Ebène
17.12.Neuss, Zeughaus
18.12.Gauting,
Bosco Kulturhaus
3.2.Stuttgart,
Liederhalle
4.2.Frankfurt/
Main, Alte
Oper
6.2.Mönchengladbach,
Kaiser-Friedrich-Halle
10.4.Berlin, Philharmonie
Ludovico Einaudi
22.3.Braunschweig,
Staatstheater
63
10
FOTO: LINUS ROTH © WWW.WILDUNDLEISE.DE
Piotr Anderszewski
21.11.Hamburg,
Laeiszhalle
22.11.Hamburg,
Laeiszhalle
24.11.Lübeck,
Musik- und
Kongresshalle
5.12.Leipzig, Gewandhaus
6.12.Leipzig, Gewandhaus
27.11.Ludwigshafen, Feierabendhaus
der BASF
2.12.Elmau, Schloss
4.12.Hamburg,
Laeiszhalle
6.12.Münster, Universität
10.4.Hannover,
Kuppelsaal im
HCC
Jahre
1
17.09.1
21.03.- 30.03.2014
w w w. b a c h f e s t i v a l . a r n s t a d t . d e
FR., 21.03.2014
BLECHBLÄSERENSEMBLE
LUDWIG GÜTTLER
Bach for Brass
SO., 23.03.2014
SEBASTIAN KLINGER
J. S. Bach – Solosuiten für Cello
SA., 29.03.2014
LINUS ROTH
Die drei Sonaten
SA., 29.03.2014
ROTARY-ORCHESTER
DEUTSCHLAND
Bach und Söhne
SO., 30.03.2014
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Der Tag mit seinem Lichte
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INFOS: TOURIST-INFORMATION ARNSTADT
TEL.: 0 36 28 / 60 20 49 | FAX: 0 36 28 / 66 18 47
E-MAIL: [email protected]
WEB: WWW.BACHFESTIVAL.ARNSTADT.DE
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T er m in e K l a ssik / Ja z z
Verlag: Kunst- und Kulturpublikationen
RONDO GmbH, Johannisplatz 3a, 81667
München, Tel. 089/614 658 53, Fax 089/614
658 57, E-Mail [email protected]
Büro Berlin:
Kurfürstendamm 211, 10719 Berlin,
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Internet: www.rondomagazin.de
Herausgeberin: Verena von der Goltz
Chefredakteur: Carsten Hinrichs (ch)
Redaktionsassistentin: Anna Vogt
Autoren dieser Ausgabe: Michael
Blümke(mb), Arnt Cobbers (ac), Oliver Buslau,
Josef Engels (joe), Guido Fischer (gf), Thomas
Fitterling (tf), Robert Fraunholzer (rfr),
Matthias Kornemann (mk), Reinhard Lemelle
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Niemann (cn), Matthias Siehler, Werner
Stiefele (ws), Michael Wersin (mw), Marcus A.
Woelfle
Hinweise Oper, Festival, Konzert:
Guido Fischer
Bildredaktion: Oliver Tenhoven
Termine: Anna Vogt
Art Director: Arndt Knieper
Produktion: Rüdiger Kern
Abo + Vertrieb: Susanne Lanzinger
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Druck: ADV Schoder, Augsburger Druck- u.
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RONDO erscheint sechsmal jährlich.
Abonnement für ein Jahr: Deutschland u.
Österreich 28 €, weiteres Ausland 56 € – bitte
bei Bestellung Bank­verbindung für Lastschrifteinzug mit BIC und IBAN angeben.
Das nächste RONDO erscheint am
Donnerstag, 6. Februar 2014.
64
24.3.Düsseldorf,
Tonhalle
25.3.Hamburg,
Congress
Center
26.3.Bielefeld,
Rudolf Oetker
Halle
27.3.Dortmund,
Konzerthaus
Mojca Erdmann
21.12.Köln, Philharmonie
31.12.Berlin,
Konzerthaus
1.1.Berlin,
Konzerthaus
14.1.Frankfurt/
Main, Alte
Oper
2.3.München,
Nationaltheater
5.3.München,
Nationaltheater
8.3.München,
Nationaltheater
14.3.Bonn,
Beethoven
Halle
15.3.Frankfurt/
Main, Alte
Oper
Isabelle Faust
28.11.Erlangen,
Heinrich-Lades
Halle
29.11.Bamberg,
Konzert- und
Kongresshalle
12.12.Kaisers­
lautern,
Fruchthalle
14.1.Detmold,
Konzerthaus
der Musikhochschule
16.1.Frankfurt/
Main, Alte
Oper
Julia Fischer
29.11. Wien (A),
Musikverein
1.12. Zürich (CH),
Tonhalle
10.12.Berlin, Philharmonie
Kammermusiksaal
25.1.Dresden,
Schauspielhaus
26.1.Dresden,
Schauspielhaus
Juan Diego Flórez
28.11.Essen, Philharmonie
Evgenia Fölsche
30.11.Bielefeld,
Rudolf Oetker
Halle
14.12.Nürnberg,
Meistersingerhalle
Nelson Freire
14.2. Luzern (CH),
KKL
6.3.Leipzig, Gewandhaus
7.3.Leipzig, Gewandhaus
8.3.Leipzig, Gewandhaus
24.4.Berlin, Philharmonie
27.4.Leipzig, Gewandhaus
Sol Gabetta
15.12.Hannover,
Sendesaal des
NDR
17.12.Braunschweig,
Stadthalle
21.1.Ludwigshafen, Feierabendhaus
der BASF
20.4.Baden-Baden,
Festspielhaus
John Eliot Gardiner
24.11. Bern (CH),
Kulturcasino
25.11. Luzern (CH),
KKL
26.11. Zürich (CH),
Tonhalle
28.11. Genf (CH),
Victoria Hall
13.2.Leipzig, Gewandhaus
14.2.Leipzig, Gewandhaus
Christian Gerhaher
14.12.Berlin, Philharmonie
15.12.Berlin, Philharmonie
16.12.Berlin, Philharmonie
6.2.Leipzig, Gewandhaus
7.2.Leipzig, Gewandhaus
9.2.Berlin, Philharmonie
Kammermusiksaal
27.2.Berlin, Philharmonie
28.2.Berlin, Philharmonie
1.3.Berlin, Philharmonie
6.3. Wien (A),
Theater an der
Wien
8.3. Wien (A),
Theater an der
Wien
Vittorio Grigolo
4.12. Wien (A),
Staatsoper
7.12. Wien (A),
Staatsoper
11.12. Wien (A),
Staatsoper
Hélène Grimaud
9.3.Berlin, Philharmonie
17.3. Wien (A),
Musikverein
21.3.Freiburg,
Konzerthaus
22.3.Heidelberg,
Stadthalle
23.3.Heidelberg,
Stadthalle
24.3.Hannover,
Kuppelsaal im
HCC
28.3.Frankfurt/
Main, Alte
Oper
Martin Grubinger
22.11.Baden-Baden,
Festspielhaus
18.3.Frankfurt/
Main, Alte
Oper
René Jacobs
22.11. Wien (A),
Theater an der
Wien
24.11. Wien (A),
Theater an der
Wien
29.11.Freiburg,
Konzerthaus
1.12.Köln, Philharmonie
11.12.München,
Prinzregententheater
15.12.Berlin,
Konzerthaus
Janine Jansen
2.12.Berlin, Philharmonie
4.12.München,
Prinzregententheater
5.12. Wien (A),
Konzerthaus
8.12.Baden-Baden,
Festspielhaus
12.12.Bielefeld,
Rudolf Oetker
Halle
5.3.Dortmund,
Konzerthaus
7.3.Frankfurt/
Main, Alte
Oper
Philippe Jordan
21.12.München,
Philharmonie
Sharon Kam
8.12.Stuttgart,
Liederhalle
9.12.Stuttgart,
Liederhalle
11.12.Hannover,
Congress
Centrum
12.12.Düsseldorf,
Tonhalle
13.12.Bremen,
Sendesaal
27.1.München,
Philharmonie
Miloš Karadaglić
9.12. Zürich (CH),
Kongresshaus
11.12.Stuttgart,
Liederhalle
23.3.München,
Philharmonie
Jonas Kaufmann
22.12.München,
Nationaltheater
25.12.München,
Nationaltheater
28.12.München,
Nationaltheater
2.1.München,
Nationaltheater
5.1.München,
Nationaltheater
8.1.München,
Nationaltheater
11.1.München,
Nationaltheater
Leonidas Kavakos
10.1. St. Pölten (A),
Festspielhaus
11.1. Wien (A),
Musikverein
12.1. Wien (A),
Musikverein
17.2.München,
Nationaltheater
18.2.München,
Nationaltheater
30.3.Köln, Philharmonie
31.3.Köln, Philharmonie
Magdalena Kožená
14.12. Wien (A),
Musikverein
15.12. Wien (A),
Musikverein
13.1.Berlin, Philharmonie
Kammermusiksaal
27.2.Berlin, Philharmonie
28.2.Berlin, Philharmonie
1.3.Berlin, Philharmonie
13.4.Baden-Baden,
Festspielhaus
18.4.Baden-Baden,
Festspielhaus
Lang Lang
20.3.Baden-Baden,
Festspielhaus
22.3.Frankfurt/
Main, Alte
Oper
24.3.Hamburg,
Laeiszhalle
26.3.Essen, Philharmonie
Albrecht Mayer
24.11.Münster, Universität
28.11.Halle, Neues
Theater
29.11.Germering,
Stadthalle
1.12.Hannover,
Sendesaal des
NDR
3.12.Hagen, Stadthalle
31.12.Bamberg,
Konzert- und
Kongresshalle
12.1.Köln, Philharmonie
13.1.Frankfurt/
Main, Alte
Oper
Anne-Sophie Mutter
19.4.Baden-Baden,
Festspielhaus
Anna Netrebko
29.11.Berlin, Staatsoper im
Schillertheater
4.12.Berlin, Staatsoper im
Schillertheater
7.12.Berlin, Staatsoper im
Schillertheater
11.12.Berlin, Staatsoper im
Schillertheater
15.12.Berlin, Staatsoper im
Schillertheater
19.12.Berlin, Staatsoper im
Schillertheater
22.12.Berlin, Staatsoper im
Schillertheater
Georg Nigl
7.12.Amsterdam
(NL), Het
Muziektheater
10.12.Amsterdam
(NL), Het
Muziektheater
13.12.Amsterdam
(NL), Het
Muziektheater
17.12.Amsterdam
(NL), Het
Muziektheater
20.12.Amsterdam
(NL), Het
Muziektheater
23.12.Amsterdam
(NL), Het
Muziektheater
26.12.Amsterdam
(NL), Het
Muziektheater
29.12.Amsterdam
(NL), Het
Muziektheater
15.1. Wien (A),
Konzerthaus
Dorothee Oberlinger
28.11. Goldegg (A),
Schloss
11.12.Ingolstadt,
Stadttheater
20.12.Zürich (CH),
Tonhalle
Mark Padmore
19.12.München,
Herkulessaal
20.12.München,
Herkulessaal
27.2.Berlin, Philharmonie
28.2.Berlin, Philharmonie
1.3.Berlin, Philharmonie
13.4.Baden-Baden,
Festspielhaus
18.4.Baden-Baden,
Festspielhaus
Miklós Perényi
6.12.Hamburg,
Laeiszhalle
20.2.Ludwigshafen, Feierabendhaus
der BASF
Jerusalem Quartet
7.12.Hamburg,
Laeiszhalle
10.12.Pullach,
Bürgerhaus
12.12.Köln, Philharmonie
16.1.Hamburg,
Laeiszhalle
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Artemis Quartett
20.11. Wien (A),
Konzerthaus
22.11.Bonn,
Beethoven­
haus
25.11.Berlin, Philharmonie
11.12.Schweinfurt,
Theater
12.12.Frankfurt/
Main, Alte
Oper
Sir Simon Rattle
11.12. Wien (A),
Konzerthaus
12.12. Wien (A),
Konzerthaus
14.12. Wien (A),
Konzerthaus
15.12. Wien (A),
Konzerthaus
29.12.Berlin, Philharmonie
30.12.Berlin, Philharmonie
31.12.Berlin, Philharmonie
25.1.Berlin, Staatsoper im
Schillertheater
29.1.Berlin, Staatsoper im
Schillertheater
1.2.Berlin, Staatsoper im
Schillertheater
6.2.Berlin, Staatsoper im
Schillertheater
9.2.Berlin, Staatsoper im
Schillertheater
András Schiff
11.12.Frankfurt/
Main, Alte
Oper
Ragna Schirmer
21.11.Halle, Puppentheater
22.11.Halle, Puppentheater
23.11.Halle, Puppentheater
20.12.Halle, Puppentheater
21.12.Halle, Puppentheater
22.12.Coswig, Villa
Teresa
24.1.Halle,
Puppentheater
25.1.Halle, Puppentheater
26.1.Halle, Puppentheater
King’s Singers
13.12.Leer, Theater
an der Blinke
7.3. Linz (A),
Brucknerhaus
Christian
Thielemann
28.1.Berlin, Philharmonie
13.2.Dresden,
Sächsische
Staatsoper
6.3.Frankfurt/
Main, Alte
Oper
8.3. Wien (A),
Musikverein
9.3. Wien (A),
Musikverein
14.3.Baden-Baden,
Festspielhaus
15.3.Baden-Baden,
Festspielhaus
Mitsuko Uchida
15.12.Berlin, Philharmonie
Kammermusiksaal
18.1.Baden-Baden,
Festspielhaus
21.2.Dortmund,
Konzerthaus
Alisa Weilerstein
17.12.Stuttgart,
Liederhalle
30.12.Hamburg,
Laeiszhalle
Antje Weithaas
10.12. Genf (CH),
Victoria Hall
15.12. Bern (CH),
Kulturcasino
Carolin Widmann
23.11.Köln, Philharmonie
13.12.Berlin, Radialsystem
14.12.Berlin, Radialsystem
15.12.Berlin, Radialsystem
J
Ja z z
Bernard Allison
16.1.Weinheim,
Café Central
18.1.Hannover,
Blues Garage
19.1.Bonn,
Harmonie
20.1.Kaiserslautern,
Kammgarn
24.1.Freiburg, Jazzhaus
28.1.Aschaffenburg, ColosSaal
29.1.Hamburg,
Downtown
Bluesclub
Till Brönner
4.12.Berlin,
Konzerthaus
7.12.Baden-Baden,
Festspielhaus
8.12.München,
Herkulessaal
10.12.Dortmund,
Konzerthaus
11.12.Hamburg,
Laeiszhalle
Klazz Brothers
21.11.Minden,
Stadttheater
28.11.Düsseldorf,
Savoy Theater
1.12.Berlin, Philharmonie
4.12.Frankfurt/
Main, Alte
Oper
5.12.Fürth, Stadttheater
12.12.Stuttgart,
Liederhalle
13.12.Herford, Musik
Kontor
14.12.Bochum, Jahrhunderthalle
16.12. Wien (A),
Theater am
Spittelberg
19.12.Görlitz,
Gerhart
HauptmannTheater
21.12. Bad Kissingen,
Regentenbau
Lily Dahab
23.11.Hamburg,
Jazzclub im
Stellwerk
24.11.Kiel,
KulturForum
10.1.Singen, Jazz
Club
11.1.Bamberg,
Jazzclub
14.1.Darmstadt,
Centralstation
Three Fall
5.12.Lübeck, CVJM
6.12.Gartow,
Wendlandjazz
7.12.Rostock, Jazzclub
12.12.Landshut,
Jazzfreunde
Torsten Goods
24.1.Illingen,
Kulturforum
25.1.Herford, Musik
Kontor
Äl Jawala
23.11.Freiburg, Jazzhaus
6.12.Karlsruhe,
Tollhaus
14.12.Plauen, Malzhaus
Nils Landgren
4.12.Flensburg,
Deutsches
Haus
6.12.Hannover,
Theater am
Aegi
7.12.Bremen,
Musical
Theater
21.3.Düsseldorf,
Robert
Schumann
Saal
22.3.München,
Muffathalle
23.3.Dresden, Alter
Schlachthof
25.3.Erlangen,
Heinrich-Lades
Halle
26.3.Neunkirchen/
Saar, Neues
Gebläsehaus
27.3.Stuttgart,
Theaterhaus
28.3.Dortmund,
Konzerthaus
29.3.Hamburg,
Laeiszhalle
31.3.Frankfurt/
Main, Alte
Oper
Nguyên Lê
25.4. Basel (CH),
Jazz Festival
26.4.Winterthur
(CH), Alte
Kaserne
Gregory Porter
21.11.Berlin, Philharmonie
Kammermusiksaal
23.11.Hamburg,
Laeiszhalle
24.11.Bremen, Die
Glocke
25.11.Düsseldorf,
Tonhalle
Iiro Rantala
9.12.Krefeld, Stadttheater
13.12.Schwäbisch
Gmünd,
Prediger
14.12.Rottenmann
(A), Kultursaal
15.12. Altdorf (CH),
Theater Uri
16.12.Krefeld, Stadttheater
Christian Steyer
8.12.Zepernick,
Sankt-AnnenKirche
12.12.Leipzig,
Evangelischreformierte
Kirche zu
Leipzig
19.12.Berlin,
Passionskirche
20.12.Dresden,
Annenkirche
21.12.Chemnitz, St.
Markus Kirche
22.12.Berlin, Stadtkloster Segen
23.12.Berlin, KaiserWilhelm-GedächtnisKirche
Tingvall Trio
6.12.Hamburg,
Fabrik
Julian Wasserfuhr
10.1.Rostock, Jazzclub
11.1. Bad Salzhausen,
Staatsbad
Michael Wollny
21.3.Düsseldorf,
Robert
Schumann
Saal
22.3.München,
Muffathalle
23.3.Dresden, Alter
Schlachthof
25.3.Erlangen,
Heinrich-Lades
Halle
26.3.Neunkirchen/
Saar, Neue
Gebläsehalle
27.3.Stuttgart,
Theaterhaus
28.3.Dortmund,
Konzerthaus
American Jazz
Heroes – jetzt
gewinnen auf
S. 62
65
Namen, Nachrichten, Nettigkeiten:
Neues von der Hinterbühne
Von Robe rt F r au n hol z e r
Gehindert:
René Kollo
macht nun auch
offiziell Schluss
Getäuscht:
Die Scala hat
Riccardo Chailly
noch nicht im Sack
66
Der Vater von David Garrett, Georg Paul
Bongartz, geht gerichtlich gegen eine Biografie seines Sohnes vor. Es geht um die Frage,
in welchem Umfang Garrett als Kind zum
Geigenüben gezwungen worden ist. Garrett
hatte nach Anfängen einer WunderkindKarriere Deutschland verlassen, um sich dem
Einflussbereich seiner Eltern zu entziehen.
Inzwischen werden private Themen bei Interviews mit dem Geiger kategorisch ausgespart.
René Kollo (75), einer der bedeutendsten
Helden-Tenöre der Nachkriegszeit, beendet
seine Bühnenkarriere. Er habe „keine Lust
mehr“, so wird er in Medienberichten zitiert.
Kollo hatte schon vor Jahren bekannt, seine
Karriere sei durch falsche Gerüchte verkürzt worden, wonach er Rollen wie Tristan,
Siegfried und Tannhäuser abgeben wollte.
Diese Fama habe sich so rasch verselbständigt,
dass er keine entsprechenden Angebote mehr
erhalten habe. Kollo will sich, wie er auf Nachfrage bestätigte, nun dem Schreiben von
Büchern widmen.
Was Online-Umfragen wert sind, zeigt
die Webseite „Bachtrack.com“. Bei einer Abstimmung in angeblich 97 Ländern, welches
das beste Orchester der Welt sei, ergab sich
das Cleveland Orchestra als unangefochtener
Sieger. Auf dem zweiten Platz landete das RTÉ
Concert Orchestra in Dublin unter seinem
Chefdirigenten David Brophy.
Ob Riccardo Chailly tatsächlich Nachfolger von Daniel Barenboim als musikalischer
Leiter der Mailänder Scala wird, ist – entgegen
Zeitungsberichten – noch nicht so sicher. Es
handelt sich vielmehr um eine Spekulation
Gekauft:
Rachmaninoff-Villa
in allerhöchster
russischer Hand
Gehoben:
Maxim Vengerov
fing von vorne an
Gekentert: Die
Berliner ‚Così‘
verwendet eine
zweifelhafte
­Übersetzung
Fotos: René Kollo (l. o.); Maxim Vengerov (r. M.); Komische Oper/Monika Rittershaus (r. u.)
Zugabe
des „Corriere della Sera“. Dagegen wird von der
italienischen Zeitung „La Repubblica“ Fabio
Luisi als Nachfolger genannt. Er soll angeblich
Wunsch-Kandidat des Orchesters sein.
Die Schweizer Villa des Komponisten
Sergei Rachmaninow steht zum Verkauf.
Das Anwesen in Hertenstein am Vierwaldstädter See (vis-à-vis von Wagners Tribschen,
bei Luzern) ist mit 18 Millionen Franken angesetzt. Einziger Haken: Angeblich soll der Betrag bereits von einem Käufer per Scheck bezahlt worden sein, der durch den Pianisten
Denis Matsuev auf das Objekt aufmerksam gemacht wurde. Bei dem Käufer handelt es sich
– um den russischen Präsidenten Vladimir
Putin.
Maxim Vengerov hat seine Karriere als
Geiger wiederaufgenommen, nachdem er
2007 gesundheitsbedingt alle weiteren Auftritte abgesagt hatte. Nach regelmäßigem Gewichtheben im Fitness-Studio hatte sich ein
Zittern im rechten Arm eingestellt. Nachdem
er die russische Geigen-Schule noch einmal
neu studiert habe (besonders Mischa Elman),
glaube er nunmehr, dass er die meisten Werke,
die er auf Schallplatte eingespielt habe, noch
einmal aufnehmen müsse, so Vengerov in
Berlin.
Ausgerechnet an der Komischen Oper
Berlin, die sich unter Intendant Barrie
Kosky mit der Wiederentdeckung jüdischer
Komponisten profiliert, ist für die Neuinszenierung von „Così fan tutte“ die „NaziÜbersetzung“ von Georg Schünemann verwendet worden. Wie Chef-Dramaturg Ulrich
Lenz bestätigte, sei die Entscheidung „aus
künstlerischen Gründen“ erfolgt. Man habe
den Intendanten indes über die historischen
Hintergründe nicht informiert. Schünemann
arbeitete für das Propaganda-Ministerium von
Joseph Goebbels und hatte sich seit 1938 durch
die ‚Arisierung’ von Mozart-Übersetzungen
profiliert, die bis dahin von dem jüdischen
Dirigenten Hermann Levi stammten. Es gebe
„unzählige Übersetzungen“ der „Così“, räumte
Lenz ein. Der Intendant war trotz beharrlicher
Nachfragen für eine Stellungnahme nicht zu
erreichen. Peinlich, peinlich.
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