Amerikanische Popkultur gilt in weiten Teilen des Nahen Ostens als
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Amerikanische Popkultur gilt in weiten Teilen des Nahen Ostens als
Die Karawane zieht weiter: VJ Mohammed und Produzent Wassim in der Wüste, die gleich hinter dem Stadtrand von Dubai beginnt 60 VA N I T Y FA I R 1 4 / 07 VJ M O H A M M E D : A N Z U G , H E M D U N D K R A W A T T E V O N E T R O . S O N N E N B R I L L E : D O LC E & G A B B A N A . W A S S I M : J A C K E T T U N D F O U L A R D FOTO V O N Y V E S S A I N T L A U R E N T . H E M D V O N D O LC E & G A B B A N A . J E A N S V O N G I O R G I O A R M A N I . H U T : E T R O F LE R UN T ES E H E N PIMP MY CAMEL Amerikanische Popkultur gilt in weiten Teilen des Nahen Ostens als Werk des Satans. Ausgerechnet der Musiksender MTV will das jetzt ändern – mit einem Programm von Arabern für Araber. Doch die Eroberung der Wüste ist eine heikle Mission. Zu Besuch bei den Rappern vom Persischen Golf VON A N D R E A S ROS EN FEL D ER – FOTOS: DA RY L V I S S C H ER 1 4 / 07 VANI T Y FA I R 61 »WIR HABEN KEINE GANGSTER UND KEINE GANGBANG-PARTYS, DAS IST DAS PROBLEM« 62 VA N I T Y FA I R 1 4 / 07 F R E D W R E C K : K A N D O U R A V O N C O L L E C T I O N 1 0 3 B Y U R B A N A R A B D E S I G N . C O M . S C H U H E : D O LC E & G A B B A N A . M A N S C H E T T E N K N Ö P F E : B O U C H E R O N . U H R : A S T O N R . A N H Ä N G E R M I T S C H L Ü S S E L : T H E O F E N N E L L . FOTO A N H Ä N G E R M I T R I T T E R M O T I V : G A R R A R D . R I N G : S E V A N . Q U S A I : K A N D O U R A V O N C O L L E C T I O N 1 0 3 B Y U R B A N A R A B D E S I G N . C O M . S C H U H E : D O LC E & G A B B A N A . K E T T E N : G A R R A R D . U H R U N D R I N G : B O U C H E R O N Fredwreck und Qusai, die Moderatoren der Show „HipHopNa“, vor den Baustellen von Dubai 1 4 / 07 VANI T Y FA I R 63 FERNSEHEN 64 VA N I T Y FA I R 1 4 / 07 gewesen: Wenn sich zwei Stämme in der Wüste trafen, stellten sich die Anführer auf eine Düne und trugen den Zwist mit Worten statt Waffen aus: „Mein Stamm hat 40 schöne Frauen!“ – „Die Hälfte meiner Männer ist im Krieg gefallen!“ Fast scheint es, als sei der Pop zurückgekehrt zu seinen Wurzeln. Dabei ist der Nahe Osten, was Subkulturen angeht, in weiten Teilen eine Wüste. Das Publikum von MTV Arabia sitzt nicht nur in den Oasen westlichen Lebensstils, etwa Dubai und Beirut, sondern auch im vermeintlichen Schurkenstaat Syrien und im konservativen Königreich Saudi-Arabien, wo Musik in Lokalen verboten ist, oder eben im krisengeschüttelten Irak. Amerikanisches Kulturgut ist in diesen Gegenden nicht unbedingt populär – und die Leute lauschen weniger den Worten von VJ Mohammed als denen des Propheten gleichen Namens. Und ist MTV nicht die Jukebox des großen Satans? Am Rand des Großraumbüros von MTV Arabia sitzt ein junger Mitarbeiter in Jeans Schlagerfernsehen mit seinen süßlichen Habibi-Songs gepflegt wird, entspricht sie nicht. Dafür war Rasha die erste saudische Rallyefahrerin – obwohl Frauen in ihrer Heimat nicht hinters Lenkrad dürfen. „Araber sind konservativ. Sie wollen die Dinge nicht selbst in Bewegung bringen. Das sollen andere machen.“ MTV Arabia zum Beispiel. Das Misstrauen gegenüber dem Programm ist gering: Eine Marktforschung vor Sendebeginn ergab, dass Emirati MTV für eine indische Erfindung halten. Inder sind die größte Bevölkerungsgruppe in Dubai, sie schauen MTV India. Die Wege der Globalisierung sind unergründlich. Und doch ist die Eroberung der arabischen Welt eine heikle Mission – nicht in erster Linie wegen der staatlichen Zensoren, die sogar im liberalen Dubai das Programm überwachen. „In arabischen Familien gibt es einen großen Fernseher mit Flachbildschirm“, sagt Rasha. „Der Vater beherrscht die Fernbedienung. Gefällt ihm ein Kanal nicht, blockiert er ihn auf dem Decoder.“ »ALS MUSLIME MÜSSEN WIR NACH MEKKA, ALS HIP-HOPPER NACH NEW YORK« und T-Shirt, der auf einem Computermonitor das Programm des Folgetags sichtet. Mit leichter Neugier schaut er zu, wie eine blonde Frau ihren schwarzen SpitzenBH öffnet. Auf dem Papierformular zum Video „Lovefool“ der Cardigans trägt er links die Minutenzahl „1:45“ ein und in der Mitte „Frau macht Oberkörper frei“. In die rechte Spalte schreibt er eine Drei. D rei bedeutet: wegschneiden und durch eine andere Stelle desselben Clips ersetzen. Das ist die schlechteste Lösung: „Es ruiniert das Video!“ Aber die Nacktszene war einfach zu lang. Beim Po von Britney Spears im Video „Gimme More“ genügt dagegen Pixeln. In die rechte Spalte schreibt der Zensor eine Zwei. „Es gibt rote Linien, die man nicht überschreiten darf“, sagt Programmdirektorin Rasha al-Emam. „Religion zum Beispiel und Sexualität.“ Rasha ist 30, ein Kumpeltyp, kräftig und schlagfertig. Dem ScheherazadeSchönheitsideal, das im arabischen Ein Mitarbeiter fasst die Problematik – wir sind immerhin in Arabien – in eine blumige Metapher: „Wenn du ein hübsches Mädchen erobern willst, musst du auch ihrer hässlichen Schwester gefallen.“ In den Büros von MTV Arabia sitzen junge, gut aussehende Araber vor den Rechnern. Sie stammen aus den Emiraten, aus Saudi-Arabien, Jordanien oder Palästina. Auf einem Monitor flimmert ein Lara-Croft-Bildschirmschoner, auf einem anderen eine Facebook-Profilseite: 361 Freunde. „Facebook ist unsere Religion“, sagt Wassim, der Sendeformate entwickelt und eine Baseballkappe zur traditionellen Kandoura aus weißem Leinen trägt. Er stammt aus dem Libanon, ist aber in London aufgewachsen. Dieses globale Nomadentum erscheint bei jungen Arabern heute fast normaler als im alten Europa. „Wir zielen auf smarte junge Leute“, sagt Rasha. „Sie haben Internet, reisen viel, kennen die neueste Mode. Das Beste, was du tun kannst: Lass deine Zielgruppe für dich arbeiten.“ Styling: Angela Hartwick. Frisuren & Makeup: Dennie Passion und Claire Raison. Producing: Arabianeye P A T R I C K : S M O K I N G U N D H E M D V O N A R M A N I C O L L E Z I O N I . F L I E G E : G I O R G I O A R M A N I . S C H U H E : Y V E S S A I N T L A U R E N T . A K T E N T A S C H E : B O T T E G A V E N E T A . M A N S C H E T T E N K N Ö P F E : A S P R E Y. FOTO U H R U N D RI NG: BOUCH ERON . A B D U LL A : K A N DOU R A VON COLLECT ION 1 03 BY U RBA N A R A B D ES IGN .COM . M A NSCH E T T EN KNÖPFE: GA RR A RD. U H R: BOUCH ERON U nter den Religionen der Welt ist MTV eine ziemlich junge Erscheinung. Seit 1981 breitete sich der jugendliche Glauben übers Kabelnetz aus – zuerst in Amerika, dann im Rest der Welt. Seine Kultstätte war die Fernsehcouch, sein Freitagsgebet sprach Ray Cokes, und zu seinen Propheten gehörten die rülpsenden Spinner Beavis und Butthead. Märtyrer brachte diese Fernsehreligion keine hervor, allenfalls Slacker. MTV war eine der spirituellen Quellen des Goldenen Zeitalters vor dem 11. September 2001. Dann war die Unschuld verloren: Hedonismus stand unter Generalverdacht, die Konsumgesellschaft knickte ein. Die alternde MTV-Gemeinde zerfiel. Nur eingefleischte Fanatiker grüßen sich noch mit dem Hang-Loose-Zeichen, also mit abgespreiztem Daumen und kleinem Finger. Ein müdes Zitat aus früheren Jahren. Seltsam, genau diesem Gruß jetzt am anderen Ende der Welt wieder zu begegnen. Da, wo die Sonne aufgeht. Wohin Menschen und Kapital aus allen Erdteilen strömen. Und wo in nächster Nähe die heißeste Front im Kulturkampf unserer Tage verläuft – im Herzen des Morgenlandes, am Persischen Golf, in Dubai. Er wirkt frisch wie selten, der Schulhofgruß aus den 80ern. Frisch wie das Milchgesicht von VJ Mohammed, wenn er der Zuschauergemeinde von MTV Arabia, ob sie in Ägypten sitzt oder in den Emiraten, einen guten Morgen wünscht – aus einem schrammeligen Studio im Industriegebiet Al Quoz, von wo die Betonmischer zu den Abertausenden von Baustellen der Fantasiestadt ausschwärmen. Ausgerechnet hier, in einem alten Lagerhaus, wird das im Abendland totgesagte Musikfernsehen gerade neu geboren. Seit November 2007 bestrahlt MTV Arabia über Satellit fast den gesamten arabischen Raum – und schickt seine Wellen buchstäblich in die Wüste. Im Orient entsteht der wichtigste MTV-Kanal außerhalb der Vereinigten Staaten. Denn zwischen Mittelmeer und Golfregion lebt ein Publikum von rund 200 Millionen Zuschauern. Nirgends gibt es mehr Menschen unter 25. „Wir geben jungen Arabern eine Stimme“, sagt MTV-Chef Bill Roedy. Ein kühner Anspruch. Vielleicht aber auch nicht. Denn es gibt eine Menge junger Araber, die behaupten, die Beduinen seien die ersten Hip-Hopper Abdullatif al-Sayegh, Chef von MTV Arabia (r.), mit Manager Patrick Samaha auf einem Hochhaus an der Sheikh Zayed Road 14 / 08 VANI T Y FA I R 65 FERNSEHEN DIE STATIONEN DER POPMISSIONARE Im alten Europa gilt Musikfernsehen als überlebt. Aber in aufstrebenden Regionen hat MTV Zukunft. Der Sender bewies schon immer Gespür dafür, zur rechten Zeit am rechten Ort zu sein 10 RUSSLAND September 1998 Mio. ARABIA November 2007 CHINA März 2003 14 Mio. 36 Mio. 28 INDONESIEN Juni 2002 Mio. Weltweit erreicht MTV heute über 340 Millionen Haushalte in 140 Ländern und betreibt 31 lokalisierte TV-Sender. AFRIKA Februar 2005 1,3 Mio. 4 PAKISTAN November 2006 Mio. 6 INDIEN Oktober 1996 Mio. Unsere Grafik zeigt die wichtigsten MTV-Sendestarts der vergangenen Jahre – mit dem Datum und den zu Beginn erreichten Haushalten. MTV Arabia nimmt darunter ersten Rang ein. MTV Arabia ist keine Abspielstation für amerikanische Massenware. Natürlich laufen auch die klassischen MTV-Formate mit arabischen Untertiteln – etwa „Punk’d“ oder „Pimp My Ride“. Zur Autobastelshow plant Rasha eine arabische Variante: „In Saudi-Arabien lassen sich die Kids krasse Flügeltüren in ihre KiaGeländewagen bauen. Angeben liegt hier in der Kultur.“ Aber schon jetzt sind 40 Prozent des Programms von MTV Arabia einheimische Shows, die bekannte Formate an den arabischen Kulturraum anpassen. Der Platz der Märtyrer in Beirut zum Beispiel war bislang vor allem Schauplatz großer Demonstrationen – in „Al Hara“, einer Straßensportsendung, rollen dort Skater. Und „Akher Takka“ spielt, als Abwandlung von „Boiling Point“, mit der aufbrausenden Natur der Araber: Da klatscht ein Barbier dem Kunden zur Durchblutung der Haut ständig auf die Wangen. Schläge ins Gesicht gelten hier als schwerste Beleidigung. Gewonnen hat, wer zuletzt ausrastet. Der Rekord im Spaßverstehen liegt im Friseursalon bei 6 Minuten 66 VA N I T Y FA I R 1 4 / 07 und 23 Sekunden. „Man muss das alles schrittweise machen“, sagt Rasha. „Ganz sachte.“ Widerstand gegen eine Lockerung der Sitten leisten oft weniger die politischen und religiösen Führer als die konservativen Teile der Gesellschaft. Und wohin eine allzu schnelle Liberalisierung führen kann, zeigte sich im sehr westlichen Iran in den 70er-Jahren: Die islamische Revolution speiste sich aus dem Unbehagen jener Bevölkerungsteile, die mit dem Tempo der Modernisierung nicht Schritt halten konnten. I n einem Werbespot für MTV Arabia sieht man einen alten Mann, ins Tuch der Beduinen gehüllt. Er schleudert einem jungen, westlich gekleideten Araber mit Bandana um die Stirn wütende Verse entgegen: „Die alten Tage waren voller Poesie, die neue Zeit ist voller Schund.“ Es ist genau diese Kluft zwischen den Werten der Wüstenvölker und den Idealen der Popkultur, die MTV Arabia überbrücken will. Als Bindeglied hat Abdullatif al-Sayegh, Chef von MTV Arabia, ein Genre entdeckt, das in den Ghettos von New York entstand: Hip-Hop – Randgruppenmusik, die erst viel später in den Mainstream einfloss. „Hip-Hop wurzelt in der Poesie“, sagt Abdullatif, selbst stets in Beduinentracht gekleidet. „Und Poesie ist etwas, an das wir glauben.“ Das stolze Flaggschiff unter den Shows von MTV Arabia heißt „HipHopNa“ – ganz frei übersetzt: Arabien sucht den Superrapper. Und zwar in allen Winkeln des Nahen Ostens – auch dort, wo Popkultur nur im Untergrund stattfindet und Rapper in ihren Wohnzimmern auftreten. Es ist ein Donnerstagabend. Und in einem halbfertigen Neubau am Rande Dubais, dort, wo die Stadt in die Wüste übergeht, findet das Finale statt. Am Jurytisch sitzt Qusai, ein saudischer Rapper, der eine grüne Schärpe mit der ersten Sure des Korans um seinen Arm gewickelt hat. Und Fredwreck, ein an der amerikanischen Westküste aufgewachsener Palästinenser, der als Produzent schon mit Snoop Dogg gearbeitet hat. Im Backstagebereich herrscht nervöse Unruhe. Die Baggy Jeans hängen auf Kniehöhe, letzte Reime werden gekritzelt. Anderswo auf der Welt würden jetzt Joints kreisen. In Dubai kommt für vier Jahre ins Gefängnis, wer nur einen Krümel Marihuana besitzt. Snoop Dogg könnte keinen Fuß in die Stadt setzen. B ei Sonnenuntergang nutzen manche die von den Bauarbeitern liegen gelassenen Kartons als Gebetsteppiche. „Sie sind zwar Rapper, aber sie sind auch sehr religiös“, sagt Fredwreck. Malika, ein lustiges Mädchen in glitzernder Trainingsjacke, vermeidet in ihren Reimen alle Flüche – obwohl die Libanesin Verbindungen in die Szene der Bronx hat: „Als Moslems müssen wir nach Mekka pilgern, als Hip-Hopper nach New York.“ Die 21-Jährige arbeitet im Marketing. Sie rappt übers Ausgehen – aber auch darüber, dass Frauen, die ausgehen, schief angesehen werden. „Amerikanischer HipHop, französischer Hip-Hop, deutscher Hip-Hop: Alles hatte seine Zeit. Jetzt sind eben wir Araber dran, denn wir leiden am meisten.“ Ein Stück weiter stehen zwei Jungs, die sich Dark2Men nennen. Einer arbeitet im Krankenhaus, einer als Informatiker. Sie stammen aus Dschidda und Medina, haben dort West-Coast-Rapper wie Tupac oder NWA gehört und wollten ihre Stars imitieren. „Aber hier haben wir keine Gangster und keine Gangbang-Partys. Das ist das Problem!“ Verbrechern wird in Saudi-Arabien noch immer die Hand abgehackt. Also wollten die „Dunkelmänner“ über ihr Leben rappen: „Über die dunklen Seiten der Gesellschaft.“ Etwa? „Man findet nach der Highschool keine Universität.“ Das klingt nach einem Luxusproblem: Aber wenn in der islamischen Welt die Aufklärung noch aussteht, ist nichts wichtiger als Bildung. „Außerdem fragen wir danach, warum man für eine Heirat 80 000 Dollar braucht. Man verliert die besten Jahre damit, die Kredite zurückzuzahlen.“ Dann folgt eine beruhigende Wüstenweisheit: „Auch die Reise von tausend Meilen beginnt mit einem Schritt!“ Auf der Bühne versammeln sich die aufgeregten Rapper aus allen Teilen der arabischen Welt zu einem gemeinsamen Song. Ibby, der aus dem Sudan stammt und mit feinen Lederslippern und Sonnenbrille aussieht wie der arabische P. Diddy, singt: „Ich spucke einen Flow aus Petroleum!“ Hip-Hop könnte zu den neuen kulturellen Rohstoffen zählen, die Arabien nach dem Ende des Ölzeitalters exportieren will. Den Hauptpreis von „HipHopNa“ gewinnt ein Außenseiter: Omar Boflot aus Alexandria, der in Nigeria geboren wurde und mit seiner Leibesfülle und dem bösen Blick auch als Mitglied des Wu-Tang Clans durchginge. Als sein Sieg verkündet wird, weint er. „Ich hätte nie geglaubt, dass es einmal so etwas geben könnte wie eine arabische Hip-Hop-Szene.“ Als Gewinn bekommt er keinen Plattenvertrag, sondern ein fettes Auto. BlingBling. Der Dodge Charger mit 5,7-LiterMotor steht neben der Bühne. Als Omar Boflot sich unter dem Jubel der Kollegen hinters Lenkrad quetscht, schrillt die Diebstahlsicherung los. Die Meute fängt an, zum Alarm zu hüpfen wie im Musikvideo „Jump Jump“ von Kris Kross. Auch das ist 15 Jahre her. Aber hier wirkt der Hüpfaufstand wie eine große Befreiung. In der Nacht gibt es noch einen zweiten, nicht ganz so fröhlichen Aufstand. Vor dem angesagten Nachtclub „Boudoir“, am Strand von Jumeirah, stehen die Finalisten von „HipHopNa“ auf der Straße. Drinnen feiern die Leute von MTV. Die Kandidaten schimpfen: „Die haben uns ausgenutzt!“ Fredwreck kommt raus, schlichtet. Was wie ein Drama aussieht, ist die typische Mischung aus Planungschaos und Beleidigtsein: Ein Tisch ist reserviert, aber einige Kandidaten sind unter 21 Jahren. MTV will nicht verantworten, dass sie in der Öffentlichkeit trinken. Es könnte den fragilen Ruf des Senders ruinieren. Fredwreck schlägt einen Ersatzplan vor: „Wir gehen alle zum Libanesen, essen Kebab und rauchen Wasserpfeife bis zum Herzinfarkt.“ Es ist alles wieder okay, die Wut verfliegt. Das ist vielleicht das Beste an der Popkultur: Es lohnt nicht, für diese Religion zu kämpfen. »WIR GEHEN ZUM LIBANESEN UND RAUCHEN WASSERPFEIFE BIS ZUM HERZINFARKT« 14 / 08 VANI T Y FA I R 67