Michael Barsuhn/Jutta Braun/Hans Joachim Teichler
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Michael Barsuhn/Jutta Braun/Hans Joachim Teichler
Michael Barsuhn/Jutta Braun/Hans Joachim Teichler Chronik der Sporteinheit vom Mauerfall bis zur Aufnahme der fünf neuen Landessportbünde am 15. Dezember 1990 in den Deutschen Sportbund Mit freundlicher Unterstützung der Stiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, des Deutschen Sportbundes und der Bundeszentrale für politische Bildung Impressum Die Chronik der Sporteinheit: vom Mauerfall bis zur Aufnahme der fünf neuen Landessportbünde am 15. Dezember 1990 in den Deutschen Sportbund Autoren und Redaktion: Michael Barsuhn, Jutta Braun, Hans Joachim Teichler Layout: Berno Bahro, Jens Schielmann Weitere Mitarbeiter: Kristin Rybicki, Uta Langwisch, Martin Einsiedler, Tobias Kneschke, Jens Wissendaner Arbeitsbereich Zeitgeschichte des Sports Universität Potsdam Am Neuen Palais 10 14469 Potsdam Prof. Dr. Hans Joachim Teichler (geb. 1946); Studium von Sport- und Sozialwissenschaft in Bonn bei Bernett und Bracher; Promovierte in Bochum bei Ueberhorst; drei Jahre Sportreferent der SPD-Bundestagsfraktion; Vertrauensdozent der Friedrich-Ebert-Stiftung; langjähriger Sprecher der Sektion Sportgeschichte in der Deutschen Vereinigung für Sportwissenschaft; seit 1994 als Professor für Zeitgeschichte des Sports im Institut für Sportwissenschaft der Universität Potsdam tätig; Arbeitsschwerpunkte: Medien, Arbeitersport, Sportpolitik im Dritten Reich und Sportgeschichte der DDR. Dr. Jutta Braun (geb. 1967); Studium der Zeitgeschichte, Osteuropäischen Geschichte und Sinologie in München; 1999 Promotion zur Enteignungspolitik in der DDR; Mitarbeiterin am Arbeitsbereich Zeitgeschichte des Sports der Universität Potsdam; Veröffentlichungen zur Justizgeschichte der DDR und den deutsch-deutschen Sportbeziehungen. Michael Barsuhn (geb. 1977), studierte Geschichte, Neuere deutsche Literaturwissenschaften und Politik an der Humboldt-Universität zu Berlin; Mitarbeiter am Arbeitsbereich Zeitgeschichte des Sports an der Universität Potsdam; freier Sportjournalist, u. a. Berliner Zeitung, MAZ und Deutschlandfunk INHALTSVERZEICHNIS Vorwort (Hans Joachim Teichler) 7 NOVEMBER 1989 Chronik Glasnost und Perestroika „Die Öffnung der Mauer kam für den Fußball eine Woche zu früh“ (Michael Barsuhn) Chronik Frankfurter Rundschau 18. November 1989 Chronik November `89 Collage 9 10 11 12 13 14 DEZEMBER 1989 Chronik Sport frei! Schon kurz nach dem Mauerfall gab es über 5.000 deutsch-deutsche Begegnungen (Jutta Braun) Chronik Frankfurter Allgemeine Zeitung 11. Dezember 1989 Chronik Dezember ´89 Collage 15 16 17 18 19 20 JANUAR 1990 Chronik Tod einer Massenorganisation (I). Der DTSB war in der Wendezeit nur scheinbar reformwillig (Michael Barsuhn) Chronik Frankfurter Allgemeine Zeitung 08. Januar 1990 Chronik Januar ´90 Collage 21 22 23 24 25 26 FEBRUAR 1990 Chronik Go West! Trainer und Spitzensportler wechseln in den „goldenen Westen“ (Jutta Braun) Chronik Süddeutsche Zeitung 5. Februar 1990 Chronik Februar ´90 Collage 27 28 29 30 31 32 MÄRZ 1990 Chronik Befreiung von der Altlast. Am 31. März 1990 wurde im DDRFußball der Demokratisierungsprozess eingeleitet (Michael Barsuhn) Chronik Frankfurter Allgemeine Zeitung 12. März 1990 Chronik März´90 Collage 33 34 35 36 37 38 APRIL 1990 Chronik „Gemeinsam sind wir die Größten“? Olympia 1992 als Traum und Albtraum (Jutta Braun) Chronik Süddeutsche Zeitung 6. April 1990 Chronik April ´90 Collage 39 40 41 42 43 44 MAI 1990 Chronik Tod einer Massenorganisation (II) Der innere und äußere Machtverlust des DTSB (Jutta Braun) Chronik Frankfurter Allgemeine Zeitung 9. Mai 1990 Chronik Mai ´90 Collage 45 46 47 48 49 50 JUNI 1990 Chronik „Was ist lila und pfeift zur Halbzeitpause?“ Sponsoring weckte große Hoffnungen, erfüllte aber nicht alle Erwartungen (Jutta Braun) Chronik Frankfurter Allgemeine Zeitung 25. Juni 1990 Chronik Juni ´90 Collage 51 52 53 54 55 56 JULI 1990 Chronik Einheit und Zwietracht. Während Deutschland 1990 in Rom FußballWeltmeister wurde, stritten die Funktionäre um die Zukunft des gesamtdeutschen Fußballs (Michael Barsuhn) Chronik Frankfurter Allgemeine Zeitung 16. Juli 1990 Chronik Juli ´90 Collage 57 58 59 60 61 62 AUGUST 1990 Chronik „Geheimnisse“ des DDR-Sports. Die Nachwirkungen der Repression im DDR-Sport sind bis heute spürbar (Jutta Braun) Chronik Süddeutsche Zeitung 18. August 1990 Chronik August ´90 Collage 63 64 65 66 67 68 SEPTEMBER 1990 Chronik Schussfahrt in die Einheit. Im September 1990 begann die Vereinigung der Fachverbände (Michael Barsuhn) Chronik Frankfurter Allgemeine Zeitung 25. September 1990 Chronik September ´90 Collage 69 70 71 72 73 74 OKTOBER 1990 Chronik „Ostdeutsch oder westdeutsch Rudern?“ Bei der Vereinigung der Fachverbände erkannten ost- und westdeutsche Athleten schnell, dass sie künftig in einem Boot sitzen (Jutta Braun) Frankfurter Allgemeine Zeitung 6. Oktober 1990 Oktober ´90 Collage 75 76 77 78 NOVEMBER 1990 Chronik Die olympische Einheit. Ein schneller Zusammenschluss mit langfristigen Folgen (Michael Barsuhn und Jutta Braun) Frankfurter Allgemeine Zeitung 22. November 1990 November ´90 Collage 79 80 81 82 DEZEMBER 1990 Chronik Rückblick. Die deutsche Sporteinheit – eine Zwischenbilanz nach 15 Jahren (Michael Barsuhn und Jutta Braun) Frankfurter Allgemeine Zeitung 17. Dezember 1990 Dezember ´90 Collagen 83 84 ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS 88 85 86 Vorwort 7 Hans Joachim Teichler Vorwort von Hans Joachim Teichler Der Sport war ein Sonderfall der deutschen Vereinigung. Während die meisten anderen Teile des DDR-Staates abgewirtschaftet hatten, war die DDR der Bundesrepublik in bestimmten Segmenten des Leistungssports seit Ende der 1960-er Jahre weit überlegen. Deshalb gab es zahlreiche Stimmen und Fragen im Vereinigungsprozess, welche Elemente des „Sportwunderlandes DDR“ erhaltenswert seien. Diese Diskussion hält bis heute an. Ein historischer Sonderfall liegt insofern vor, da hier ein (vermeintlich) positives Erbe des SED-Regimes zur Verhandlung stand. War alles tatsächlich so positiv, und was wurde im Zuge der Einheit aus den verschiedenen Elementen und Systembestandteilen des DDR-Sports gemacht? Die Dramatik und Brisanz, aber auch die Leichtigkeit der deutschen Sporteinheit im Jahr 1990 kann nachträglich nur verstanden werden, wenn man zuvor eine nüchterne Abschlussbilanz des west- und ostdeutschen Sports zieht und sich fragt, welche Merkmale und Strukturen den Sport auf beiden Seiten von Zonengrenze und Mauer bestimmten. Der Sport im Osten trat auf Geheiß der SED in eine Frontstellung gegen das „kapitalistische Ausland“; es entsprach der kommunistischen Erziehung, den westlichen Sport zu übertreffen und dessen Athleten als „Klassenfeinde“ zu betrachten. Dies war die offizielle Lesart, jedoch gab es neben der Abgrenzung oftmals auch eine deutsch-deutsche Sportkameradschaft auf der unteren Basis und auch in Gremien auf internationalem Parkett. Der DSB bemühte sich in den seit 1974 geführten Kalendergesprächen vergeblich um eine Intensivierung des deutschdeutschen Sportverkehrs vor allem auf der unteren Ebene und im grenznahen Bereich. Es blieb bei 80 bis 90 Ost-West-Begegnungen, denen im DTSB stets eine Schulung und meist auch ein Extra-Training vorausgingen. Auf der letzten Tagung des DTSB am 6.-8. November 1989 in der SED-Parteischule Karl-Liebknecht in Kleinmachnow wurde allerdings deutlich, dass es ein ungebrochenes Interesse an gesamtdeutschen Begegnungen gab: die DTSBKreisvorsitzenden berichteten von sehr vielen Anträgen auf Städtepartnerschaften und WestOst Austausch. Das dreistufige Antragsverfahren wurde an die Bezirke delegiert und auf ein zweistufiges reduziert. Als die Delegierten zu Hause ankamen, waren auch diese Bestimmungen zur Makulatur geworden. Der mit dem Mauerfall am 9. November gewonnenen Reisefreiheit hatte der DTSB nichts mehr entgegenzusetzen. Die Verkündigung des Endes der Kalendervereinbarung und der Freiheit des deutsch-deutschen Sportverkehrs durch die Präsidenten von DSB und DTSB, Hans Hansen und Klaus Eichler am 17. November in Berlin, hatte nur noch einen nachträglichen formalen Charakter. Die Reisefreiheit öffnete aber auch den Blick auf die wesentlichen Unterscheidungspunkte nach vierzig Jahren Trennung. In der DDR gab es keine Vereine mehr. Der Basissport war anders organisiert, meist über die Trägerbetriebe der Betriebssportgemeinschaften finanziert. Die seit 1957 festgefrorenen Mitgliedsbeiträge machten im Schnitt nur 6-8% der Sportkosten aus. Schnell wurden die Disproportionen im personellen Bereich deutlich. Während in der DDR-Leichtathletik 592 Trainer im Verband und in den Clubs und Trainingszentren arbeiteten, waren im Westen nur 15 Trainer im DLV und ca. 30 in Großvereinen angestellt. Dabei hatte die westdeutsche Leichtathletik über 800.000 Mitglieder, während in der DDR etwa 80.000 Leichtathleten aktiv waren. Ähnlich lag es im Rudern: vier westdeutschen Trainern standen 60 Trainer in der DDR gegenüber. Die in einem Geheimtreffen im Dezember 1989 zwischen Vertretern des Bundesausschuss Leistungssport und Experten der Deutschen Hochschule für Körperkultur und Sport in Langen bei Frankfurt/M. genannte und zutreffende Zahl von ca. 8.000 DDR-Trainern im Nachwuchsbereich und im Leistungssport stieß im Westen auf Unglauben. 8 Vorwort Hans Joachim Teichler Ein weiterer wesentlicher Unterschied lag, was sich aufgrund der geschönten DTSBStatistiken erst später herausstellen sollte, im sportlichen Organisationsgrad der Bevölkerung. So waren im Bereich Potsdam (Stand und Umland) nur 13% der Bevölkerung sportlich organisiert, zieht man von den damaligen internen Zahlen die Angler und Sportgemeinschaften der Armee und der Polizei ab. Über diesen geringen Organisationsgrad ist man bis heute noch nicht hinaus gekommen. In den Flächenländern der alten Bundesrepublik war ein Drittel der Bevölkerung in Sportvereinen organisiert. Wie reagierte nun der Sport auf den Prozess der Wende? Während sich auf unterer Ebene Vereine wiedertrafen, im grenznahen Bereich Wiedersehenssportfeste organisierten, Partnerschaften zwischen Ost und West geschlossen wurden, reagierte der Leistungssport verhaltener. Sportliche Rivalität war nicht nur staatlich verordnet, sondern auch den Sportlern in Fleisch und Blut übergegangen, so z.B. im Handball: Die Kieler ärgerten sich jedes Mal besonders darüber, wenn sie gegen die Rostocker oder Magdeburger verloren. Im Prozess der Vereinigung fürchteten die jeweiligen Spitzensportler die Übermacht des anderen Staates in bestimmten Sportarten, so hatten etwa die West-Schwimmer Angst vor dem Verlust ihrer Startplätze bei Barcelona 1992. Und die DDR-Leichtathleten hatten beim letzten Start als eigenes Team bei den Europameisterschaften 1990 in Split den DLV förmlich deklassiert. Das Schweigekartell der DDR-Sportführung zum Thema Doping funktionierte solange die Regierung Modrow im Amt war. Seit März 1990 erschütterten immer neue Doping Enthüllungen die Sportwelt. Das Stasi-Thema rückte erst Ende 1990 in den Blickpunkt der Öffentlichkeit. Die notwendige Aufarbeitung kam nur zögerlich in Gang. Auf ein weiteres Paradoxon der Vereinigung muss ebenfalls hingewiesen werden: Einerseits wurden (durch SED-Verstrickung belastete) Reisekader der DDR durch die Demokratisierungswelle abgelöst; dies erschwerte jedoch andererseits die Annäherung zwischen Ost und West, da der Westen an die international bekannten Gesichter gewöhnt war und damit oftmals die üblichen Kommunikationswege wegbrachen. Daraus resultierte im Westen eine gewisse Unsicherheit: Mit wem konnte man verhandeln, wer war legitimiert und wer nicht? War z.B. der DTSB aufgrund seiner neuen Spitze ein demokratisch legitimierter Verhandlungspartner? Die Sportministerin der DDR, die dies verneinte und konsequent die Verbände stärkte, handelte sich den Unwillen der Dachverbände von Ost und West ein. Wir werden in diesem Zusammenhang der Frage nachgehen müssen, welche Rolle die offizielle Sportpolitik in Ost und West spielte und ob es einen unabhängigen Weg des Sports in die deutsche Vereinigung gab. Es war die Stunde der Exekutive, welche die Richtung vorgab, im Einigungsvertrag aber den Breitensport ausklammerte. Das Jahr 1990 brachte für viele DDR-Sportler freudige Überraschungen aber auch Enttäuschungen: Viele Sportarten in der DDR aus dem Korb der „nicht besonders geförderten Sportarten“ erlangten zwar wieder ihre Reisefreiheit, erhielten aber nicht die erhoffte finanzielle Förderung, z.B. Bogenschießen oder Tennis. Zu berücksichtigen sind aber auch die vielen Neuanfänge und Erfolge der Wende (Karate, Triathlon, Drachenfliegen, Golf, Fanreisen in den Westen z.B. Sonderzüge zum WMQualifikationsspiel in Wien, Segeln und Surfen auf der Ostsee, der Neujahrslauf durch das Brandenburger Tor, der Wegfall der Wassersperren im Berliner Umland usw.). Viele Einrichtungen, wie die Runden Tische des Sports oder die Revisionskommissionen des DTSB, hatten nur eine kurze Lebensdauer und sind heute beinahe vergessen. Die folgende Chronik der „Deutschen Sporteinheit“ soll an die vielfältigen und spannenden Ereignisse der 14 Monate vom Mauerfall bis zur Vereinigung des deutschen Sports am 10. Dezember 1990 in Hannover erinnern und eine Basis für die sportgeschichtliche Aufarbeitung dieser lebhaften Zeit schaffen. Chronik November 1989 November 1989 04.11.1989 Berlin: Größte Protestdemonstration in der Geschichte der DDR auf dem Berliner Alexanderplatz. 06.11.-08.11.1989 Kleinmachnow: dreitägige Beratung des Sekretariats des Bundesvorstandes des DTSB gemeinsam mit den Bezirks- und Kreisvorsitzenden sowie Generalsekretären der Sportverbände. Der DTSB will einen eigenständigen Beitrag leisten für „einen besseren Sozialismus in der DDR“. Dafür verlangt man eigene Mandate einschließlich zu bildender Sportausschüsse in den Volksvertretungen. 07.11.1989 Rücktritt der Regierung der DDR. Der „Tagesspiegel“ meldet: Der Weltverband (FIVB) beschließt auf Antrag des Präsidenten des Deutschen Volleyballverbandes (DVV), Roland Mader, Umsiedler aus der DDR und anerkannte Asylbewerber ab sofort im Bereich des DVV in allen Klassen spielen zu lassen. 09.11.1989 Fall der Mauer – Öffnung der innerdeutschen Grenze. 10.11.1989 Das Präsidium des Deutschen Fußballverbandes der DDR (DFV der DDR) verkündet ein Aktionsprogramm zur Demokratisierung des Verbandes. 12.11.1989 55.000 Zuschauer sehen im Olympiastadion die Zweitligabegegnung Hertha BSC gegen Wattenscheid 09 (1:1), darunter Tausende DDR-Bürger. 9 13.11.1989 Die Volkskammer wählt Hans Modrow zum neuen Ministerpräsidenten. Kreischa: Erstmals haben Sportjournalisten der DDR-Medien die Gelegenheit, sich über die Arbeit des offiziellen Dopingkontrolllabors der DDR zu informieren. 15.11.1989 Die DDR verliert in Wien gegen Österreich ihr entscheidendes WM-Qualifikationsspiel mit 0:3. „Am Rande wedelten die Spielerberater aus der Bundesrepublik mit ihren Geldscheinen.“ (Jürgen Nöldner, heute Kicker-Sportmagazin). DDR-Bürger erhalten Freikarten zu zahlreichen Sportveranstaltungen in der Bundesrepublik. Rundfunk-Premiere: zum ersten Mal übernimmt die ARD in ihren Rundfunkprogrammen einen vierminütigen Sportbeitrag der Ost-Reporter Oertel und Knobloch. Mitte November 1989 Erste frei organisierte Basistagung der 15 Vorsitzenden der Fußball-Bezirksfachausschüsse und deren Geschäftsführer in Magdeburg auf Initiative von Hans-Georg Moldenhauer. 16.11.1989 Mastercup-Gewinnerin Martina Navratilova hat doppelten Grund zum Jubeln. Die Öffnung der Grenzen ihres Heimatlandes CSSR rührte sie zu Tränen. 17.11.1989 DSB und DTSB verkünden, dass sich der Sportverkehr zwischen den beiden deutschen Staaten nun frei und unreglementiert entfalten kann. Die Präsidenten der Dachverbände DSB Hans Hansen und DTSB Klaus Eichler vereinbaren nach einem Vier-Augen-Gespräch in Berlin den freien deutschen Sportverkehr. 10 Glasnost und Perestroika – „Die Öffnung der Mauer kam für den Fußball eine Woche zu früh“ Michael Barsuhn Glasnost und Perestroika „Die Öffnung der Mauer kam für den Fußball eine Woche zu früh“ von Michael Barsuhn November 1989. Als am 9. November 1989 die Mauer fiel, war die FußballNationalmannschaft der DDR mit ihren Gedanken schon im Ausland. Denn nur wenige Tage später, am 15. November, sollte das alles entscheidende WMQualifikationsspiel in Wien gegen Österreich stattfinden. Nun aber drängten die politischen Ereignisse den Sport in den Hintergrund. An eine geregelte Vorbereitung war nicht länger zu denken. Dennoch reiste der Tross um Trainer Eduard Geyer besonders motiviert nach Wien. Nur bei einem Sieg würde man den fahrenden WM-Zug noch erreichen. Es winkte überhaupt erst die zweite WM-Teilnahme einer DDR-Fußball-Nationalmannschaft nach 1974. Rein sportlich waren die Voraussetzungen gut. Schließlich hatte man sich in den letzten Partien keine Blöße gegeben. Spätestens seit dem hart umkämpften 2:1 Erfolg gegen die Sowjetunion im Oktober 1989 glaubten die von Glasnost und Perestroika umwehten Fußballfans der DDR wieder an ihre Mannschaft. Dass es am Ende trotz tausender mitgereister Anhänger eine 0:3 Klatsche gab, lag sicherlich nicht nur am gut aufgelegten dreifachen Torschützen Toni Polster. „Obwohl man versucht hat die Mannschaft abzuschirmen waren da zig Medienvertreter und Berater von Bundesligaklubs,“ erinnert sich der damalige Chefredakteur des DDR-Fußballmagazins „Neue Fußballwoche“ Jürgen Nöldner. Und fährt leicht zynisch fort: „Die Öffnung der Mauer kam für den Fußball einfach eine Woche zu früh.“ Vielleicht war das aber auch nur eine Ausrede. Denn der DDR-Fußball war interna- tional nie konkurrenzfähig. Ob Argentinien 78, Spanien 82, oder Mexiko 86, nie hatte man die WM-Qualifikation heil überstanden. Die chronische Erfolglosigkeit gepaart mit fußballerischen Glanzlichtern der Bundesrepublik reizte die DDR-Sportführung. So taugte der Fußball als Mittel im Klassenkampf nicht viel. Die SED-Führung ließ das Massenspektakel im Inland zu, konzentrierte sich im internationalen politischen Kampf aber auf die leichter kontrollierbaren olympischen Einzeldisziplinen. Durch ein besonders ausgefeiltes Sichtungssystem, Trainingszentren und nicht zuletzt den Einsatz so genannter unterstützender Mittel (Doping) gehörte die verhältnismäßig kleine DDR zusammen mit der UDSSR und den USA zum olympischen Triumvirat. Aber auch in der Mannschaftssportart Fußball kam die „Siegerdroge“ der DDRSportführung zum Einsatz. Axel Kruse, im Jahr 1989 Spieler beim DDR-Oberligisten Hansa Rostock, wurde vor einem Freundschaftsspiel gegen Schalke 04 aufgefordert drei rote Pillen zu schlucken. „Ich bin abgegangen wie Schmitz Katze“, beschrieb Kruse die Wirkung der leistungssteigernden Substanzen. Beim Rostocker 2:1 Erfolg erzielte er beide Treffer, musste allerdings nach 70 Minuten mit Magenkrämpfen ausgewechselt werden. Körperliche Schmerzen hatten die Nationalspieler der DDR nach der Niederlage von Wien sicherlich nicht. Und dass die Bundesrepublik zeitgleich durch ein glückliches 2:1 gegen Wales die Qualifikation zur Weltmeisterschaft in Italien sicherstellte, war auch nicht mehr als die Fortsetzung einer altbekannten deutsch-deutschen Fußballgeschichte. Chronik November 1989 11 17.11.1989 Der 1. FC Köln verteilt für das Bundesligaspiel gegen den 1. FC Kaiserslautern 10.000 Freikarten an DDR-Bürger. Fußballzweitligist Blau-Weiß 90 Berlin gewährt DDR-Bürgern zukünftig freien Eintritt; freier Eintritt auch ins Eisstadion Berlin-Neukölln und Berlin-Wilmersdorf. 21.11.1989 Öffentliches Forum zu Fragen des Sports in Frankfurt (Oder). Handballnationalspielerin Katja Kittel von SC Empor Rostock hat ihren Klub verlassen und weilt in Bremen. 22.11.1989 Innerhalb des Flug- und Fallschirmsportverbandes gründet sich der Klub der Drachenflieger. 18.11.1989 Außerordentliche Tagungen der Präsidien des Deutschen Handball-, Volleyball- und Judoverbandes der DDR: Forderung nach mehr Eigenständigkeit. Juan Antonio Samaranch: die Zeit für eine gemeinsame Ausrichtung Olympischer Spiele in beiden Teilen Berlins ist noch nicht gekommen. Schwimmolympiasiegerin Kornelia Ender (München 1972/ Montreal 1976) verlässt die DDR in unbekannte Richtung. 19.11.1989 Der „Tagesspiegel“ meldet: Der 76-jährige Willi Daume ist zum 7. Mal als Präsident des NOK für Deutschland bestätigt worden. 20.11.1989 „Die Welt“ schreibt: Kristin Otto, die weltweit erfolgreichste Schwimmerin, tritt im Alter von 23 Jahren zurück und wechselt in den Journalismus. Der „Tagesspiegel“ meldet: Annäherungsprozess: Der Präsident Manfred von Richthofen initiiert ein gemeinsames Training von Ost- und Westklubs in Berlin. Die Volleyballerinnen des Oberligisten TSV Rudow (West) treffen zusammen mit den Frauen des TSC Berlin (Ost), die Boxer vom Spandauer BC trainieren zusammen mit den Faustkämpfern des TSC Berlin. DDR-Handballverband tritt erstmals mit Trikotwerbung der Ladenkette „Kaufhof“ beim Supercup der Männer in der Bundesrepublik auf. 23.11.1989 Die Straßenradsportler Schneider, Freytag und Behrends haben den SC Cottbus in Richtung Bundesrepublik verlassen. Die „Märkische Volksstimme“ meldet: Vertrag zwischen NOK der DDR und der Sportvermarktungsagentur ISL. 24.11.1989 Berlin: bei einer gemeinsamen Pressekonferenz verkünden Manfred von Richthofen, Präsident des Landessportbundes Berlin und der DTSB-Bezirksvorsitzende Ostberlins, Rudi Ebmeyer, die Zusammenarbeit bei der Organisation des Sports in beiden Teilen der Stadt zu verstärken. Nach der Verkündung des freien deutschen Sportverkehrs am 17. November 1989 plant von Richthofen (LSB Berlin) rund 80 sportliche Ost-West-Begegnungen bis zum Jahresende. Des weiteren erläutert von Richthofen den Wegfall des Zwangsumtausches bei Wettkampffahrten in den Osten sowie erleichterte Einreisebedingungen auch für westliche Sportjournalisten. 25.11.1989 Bonn: Bundeskanzler Helmut Kohl hat volle Unterstützung der Bundesregierung für den Sportverkehr zwischen beiden deutschen Staaten zugesagt. 12 Frankfurter Rundschau 18.11.1989 Gipfeltreffen zwischen Hans Hansen (DSB) und Klaus Eichler (DTSB) in West-Berlin Freier Sportverkehr löst die starren Kalendergespräche ab Olympische Spiele in Berlin bleiben in der Diskussion / Gesamtdeutsche Mannschaft für beide Seiten kein Thema Von unserem Redaktionsmitglied Bianka Schreiber-Rietig (z. Z. West-Berlin) Konferenzorte von Hotels sind schon immer beliebte Orte gewesen, um Geschichte zu schreiben – auch Sportgeschichte. Am 8. Mai 1974 war im Ost-Berliner Hotel „Stadt Berlin“ die erste Vereinbarung nach dem Mauerbau von 1961 zwischen dem Deutschen Sportbund (DSB) und dem Deutschen Turn- und Sportbund (DTSB) der DDR zustande gekommen. 15 Jahre später war das traditionsreiche West-Berliner Nobelhotel Kempinski der Ort, an dem ein neues deutsch-deutsches Sportkapitel geschrieben wurde: Ab heute gibt es keinen diktierten deutsch-deutschen Sportkalender mehr. DSB-Präsident Hans Hansen und DTSB-Präsident Klaus Eichler hatten sich ganz schnell am runden Tisch darauf geeinigt, daß die Kalendergespräche in der bisherigen Form nicht mehr stattfinden werden. „Die Entwicklung ist weitergegangen und rechtfertigt den starren deutsch-deutschen Sportkalender nun nicht mehr“, so Hansen. Eichler, der sehr gelöst wirkte, sagte zu dem Neubeginn: „Die jüngste Entwicklung in der DDR zur Erneuerung der sozialistischen Gesellschaft haben auch neue Bedingungen für Sportkontakte ermöglicht. Die Kontakte sind ein Beitrag gutnachbarschaftlicher Beziehungen. Ich sage ausdrücklich, daß der Sport in diese Beziehungen etwas einzubringen hat.“ Die Verhandlungsergebnisse sollen nun am 11./12. Dezember in Frankfurt unterschriftsreif sein. In Zukunft werden DTSB und DSB nur noch koordinierend und helfend eingreifen, Sportbegegnungen sollen zwischen den Fachverbänden und den Landessportverbänden selbständig organisiert und abgesprochen werden. „Nur bei grenzüberschreitenden Veranstaltungen müssen wir dann schon zwischen DTSB und DSB Absprachen treffen“, so Eichler. Schriftlich wurde das so festgehalten: „Beide Seiten fördern die direkten und eigenverantwortlichen Absprachen zwischen den Verbänden, den Vereinen, Sportgemeinschaften und Institutionen in ihren Bereichen. Entsprechend den Bestimmungen und allgemeinen Gepflogenheiten des Internationalen Olympischen Komitees und der Internationalen Sportorganisation und, was BerlinWest betrifft, auch in Übereinstimmung mit dem Viermächte-Abkommen vom 3. September 1971.“ Themen, die in Zukunft die Präsidenten der beiden Dachorganisationen und Kommissionen beschäftigen werden, sind Umwelt und Doping. Wissenschaftliche Zusammenarbeit auf allen Ebenen wird es in Zukunft in erheblichem Maße geben. Wie intensiv die Sportbegegnungen in Zukunft sein werden – in diesem Jahr waren in den Kalendergesprächen 130 vorgesehen –, kann keiner so richtig einschätzen. Thema zwischen Hansen und Eichler waren auch mögliche Olympische Spiele im Jahr 2004 in Berlin. Während Hansen vorsichtig meinte, solche Planungen seien immer von der politischen Großwetterlage abhängig, war Eichlers Antwort sehr diplomatisch: „Es würde die Basis erschrecken, wenn sich die Sportpräsidenten nicht für Olympische Spiele einsetzen würden, doch es ist verfrüht, konkrete Absichten zu äußern. Olympische Spiele haben Städte und Regionen verdient, in denen es gute politische und gesellschaftliche Verhältnisse gibt, wo es ruhige und friedvolle Verhältnisse gibt. Die Öffnung bringt nun auch in den DDR-Sport viel Bewegung. Der Leistungssport wird nicht mehr die Rolle spielen, die er bisher spielte: Unterhaltung statt ideologischem Prestigekampf mit dem Klassenfeind ist ange- Frankfurter Rundschau 18. November 1989 sagt. Mit der Öffnung kommen Forderungen auf den DTSB zu, so zum Beispiel, daß Leistungssportler im Westen Geld verdienen wollen. Eichler zu möglichen Transfers: „Ich will das für die Zukunft nicht ausschließen. In den nächsten Tagen habe ich eine Begegnung mit bekannten Sportlern und Trainern unseres Landes, bei der wir über das Thema sprechen werden. Allerdings dürfen wir uns nicht der Illusion hingeben, daß mit möglichen Transfers von Sportlern die ökonomische Situation im DDR-Sport geändert werden kann.“ Daß es keinen Exodus der DDRSportler via Westen gibt, davon ist Eichler überzeugt: „Ich gehe davon aus, daß unsere Sportler, die ihr Talent in der DDR ausprägen konnten, auch Medaillen für dieses Land gewinnen wollen. Die Gesamtoptik des DDRSports wird sich nicht verändern.“ In diesem Zusammenhang waren sich beide Präsidenten auch in der Frage der Sperrbestimmungen einig. Beide Seiten wollen ein „liberalisiertes Vorgehen“ anstreben, wenn Sportler wechseln. Hansen sprach da auch den Fall des Leichtathleten Wolfgang Schmidt an: „Auch in diesem strittigen Fall werden wir im Hinblick auf die Europameisterschaften 1990 eine vernünftige Regelung finden.“ Das neue deutsch-deutsche Sportgefühl Voraussetzung für eine gesamtdeutsche Mannschaft? Knappe Antwort des DTSB-Präsidenten: „Sicher nicht.“ Und Hansen meinte: „Die Sportbeziehungen werden zu normalen Verhältnissen führen, wie wir sie mit anderen Ländern haben, aber am Ende kann nach meiner Auffassung keine gesamtdeutsche Mannschaft stehen. Derartige Überlegungen halte ich für abwegig.“ Chronik November 1989 25.11.1989 Roland Matthes, mehrfacher DDROlympiasieger im Schwimmen (19681976) und 7facher Sportler des Jahres, ist mit seiner Frau in die Bundesrepublik übergesiedelt. Die Interessensgemeinschaft Triathlon hat sich auf ihrer Jahreshauptversammlung positiv über eine bevorstehende Aufnahme eines separaten Verbandes in den DTSB geäußert. 27.11.1989 DTSB-Präsident Hans Eichler übt im Sportgespräch des Deutschlandfunks Kritik an der Sportpolitik der DDR. Nach Eichler besäße Ostdeutschland nur unzureichende Sportstätten und mäßige Infrastrukturen. Des weiteren kritisiert er seinen Vorgänger Manfred Ewald, der Ende der 60-er Jahre die Ausselektierung vieler Sportarten aus der internationalen Förderung verantwortete. Der Skiläufer-Verband beschloss auf einer außerordentlichen Tagung, dass künftig alle Disziplinen gleichberechtigt sind. Berlin (West): Joachim Ziesche, Trainer der DDR-Eishockeyauswahl, plädiert für ein Länderspiel zwischen der DDR und der Bundesrepublik. Katarina Witt wehrt sich in einem Interview mit dem Deutschlandfunk gegen Kritik an der Privilegierung von Spitzensportlern in der DDR. 28.11.1989 Helmut Kohl verkündet Zehn-Punkte-Plan zur Überwindung der deutschen Teilung. Das Präsidium des DDR-Boxverbandes bekennt sich zur gesellschaftlichen Erneuerung in der DDR und lehnt die Einführung des Profiboxsports im gleichen Atemzug ab. 13 Der „Tagesspiegel“ schreibt: Auf einer außerordentlichen Tagung in Oberwiesenthal beschließt das Präsidium des Deutschen Skiläuferverbandes der DDR, alle Disziplinen, auch den alpinen Rennsport, gleichberechtigt finanziell zu unterstützen. Der Verband gründet zudem einen Skipool, dem auch alpine Skisportfirmen angehören sollen. 29./30.11.1989 Kienbaum: 15. Tagung des DTSB-Bundesvorstandes in der Sportschule Kienbaum. Medienvertreter sind nicht zugelassen. Klaus Eichler wird als Präsident ohne eine Gegenstimme bestätigt. Die Anzahl der Vizepräsidenten wird von elf auf fünf reduziert. Ein Positionspapier zur Erneuerung des DTSB wird vorgelegt. 30.11.1989 Der Präsident des Westberliner Fußballverbandes (BFV), Uwe Hammer, ruft alle Weltfußballvereine zu Freundschaftsspielen mit der DDR auf. In der letzten November-Woche waren bereits mit der BSG Turbine, Einheit Pankow und Lichtenberg 47 drei Vereine zu Gast in West-Berlin. 14 November 1989 – Eine Collage Chronik Dezember 1989 Dezember 1989 01.12.1989 Kritik der ADN-Sportredaktion am Medienausschluss bei der Bundesvorstandssitzung des DTSB in Kienbaum. Die Volkskammer beschließt die Streichung der bisher in der Verfassung verankerten Führungsrolle der SED. Erstes Treffen DFV/DFB in Franfurt a. M. auf der Basis zweier souveräner Verbände: Erfahrungsaustausch zwischen DFV und DFB auf allen Ebenen. Die Fußballnationalmannschaften von der DDR und der Bundesrepublik sollen 1990 ein Länderspiel bestreiten; Klärung über Transferbestimmungen. Erstmals wird ein Fußballsspiel wegen Smogalarm abgesagt (Lokomotive Leipzig – Dynamo Dresden). 02./03.12.1989 Tagungen mehrerer Sportfachverbände der DDR. (Schwimmsportverband, Rudersportverband, Ringerverband, Leichtathletikverband und der Basketballverband). 03.12.1989 ZK und Politbüro der SED treten endgültig zurück. Erstmals nehmen Motorsportler des ADMV der DDR bei der 19. ADAC/PRSRallye des ADAC Berlin teil. 04.12.1989 Basketballer treffen sich in Westberlin: Kontaktaufnahme zwischen DBB und 15 DBV-Vertretern. Sofortige Wiederaufnahme des Spielverkehrs auf allen Ebenen. Schwerin: Das Präsidium des Deutschen Tennis-Verbandes der DDR beschließt Nachwuchs- und Leistungssportlern mehr internationale Wettkampfmöglichkeiten zu bieten und den Breitensport zu fördern. Der Verband stellt den Antrag zur Aufnahme in den Europäischen Tennisverband. Präsidiumstagung des Schwimm- und des Ruderverbandes: Breiten- und Leistungssport sollen künftig gleichberechtigt behandelt werden, bei gleichzeitiger Behauptung der Spitzenpositionen im Weltsport. 44. Tagung des DTSB-Präsidiums legt ein Papier vor „Für einen neuen DTSB“. 05.12.1989 Der „Tagesspiegel“ meldet: Wolfgang Spitzner, Generalsekretär des Fußballverbandes (DFV der DDR) bestätigt in „Die Welt“ den Verdacht auf Schiedsrichtermanipulationen im Zusammenhang mit Spielen des BFC Dynamo Berlin (1978-1988 zehn DDR-Meisterschaften in Serie). 06.12.1989 In einer Pressemitteilung erklärt Jochen Brauer, der sportpolitische Sprecher der Grünen im Bundestag: „ Die Forderung der großen Koalition, Olympische Spiele in Berlin durch zu führen, lehne ich ab!“ Titel der PM: „Keine Olympischen Spiele im Sinne nationaler Vereinigungswünsche.“ 16 Sport frei! – Schon kurz nach dem Mauerfall gab es über 5.000 deutsch-deutsche Begegnungen Jutta Braun Sport frei! Schon kurz nach dem Mauerfall gab es über 5.000 deutsch-deutsche Begegnungen von Jutta Braun Dezember 1989. Der Mauerfall war auch für den Sport in Ost und West ein zentrales Ereignis. „Wir haben jetzt sportliche Zustände wie vor 1961: Unkompliziert, direkt, begleitet von viel gutem Willen“ freute sich Manfred von Richthofen, damals Präsident des Landessportbundes von West-Berlin. Tatsächlich hatte die Öffnung der Grenzen auch für die Athleten ungeahnte Bewegungsfreiheit gebracht. Am 17. November erfolgte die historische Entscheidung der Sportführungen von Bundesrepublik und DDR, den innerdeutschen Sportverkehr „freizugeben“. Die Sportler konnten nun erstmals seit 28 Jahren ihre Treffen wieder völlig selbstbestimmt, ohne bürokratischen Vorlauf und vor allem zahlenmäßige Limitierung festlegen. Insbesondere die Berliner ließen sich dies nicht zweimal sagen. Schon wenige Tage nach Maueröffnung wurde von Wedding bis Köpenick wieder gesamtdeutsch Handball, Fußball und Schach gespielt. Überall in Deutschland regten sich die Anzeichen eines Frühlings im innerdeutschen Sporttreiben: Noch im Jahr 1989 kam es zu Hunderten Treffen, im Frühjahr des nächsten Jahres stieg die Zahl „explosionsartig“ auf 5.000 Begegnungen. Zu einem Volksfest geriet wenige Wochen nach dem Mauerfall bereits der Gesamt-Berliner Neujahrslauf. 30.000 Läufer fanden sich zu diesem historischen Frühsport nach einer langen Silvesternacht ein. In den Jahren zuvor durften Sportler aus der DDR sich hier nicht einreihen, inoffiziell Teilnehmende mussten mit Repressalien rechnen. Wie weit die Angst ging, zeigt das Beispiel eines ostdeutschen Läufers, der in den Jahren vor der Wende zunächst unter dem Namen seiner Katze, dann unter dem seines Heimatdorfes startete. Erst im Rentenalter wagte er es, unter seinem richtigen Namen anzutreten. Derartige Schwierigkeiten waren jedoch am euphorischen Januarmorgen 1990 vergessen. Vielerorts in Deutschland konnten traditionelle Veranstaltungen, die aufgrund der Grenzziehung für Jahrzehnte zwangspausiert hatten, endlich wieder aufleben. So startete am 8. September 1990 erstmals wieder der legendäre Harzer Brockenlauf, der 1927 ins Leben gerufen und dann 1960 zum 20. und vorerst letzten Mal durchgeführt worden war. NOK-Generalsekretär Walther Tröger, dreimaliger Gewinner des Brockenlaufes von 1954 bis 1956, gab „freudig und sichtbar bewegt“ das Startkommando für die mehr als 450 Teilnehmer aus Ost und West, unter ihnen mit der Startnummer 1 der Sieger des letzten Brockenlaufs 1960. Emotionaler und symbolischer Höhepunkt war jedoch der 17. Berlin Marathon am 30. September. Nur drei Tage vor der deutschen Vereinigung fielen für nahezu 25 Tausend Läuferinnen und Läufer aus 61 Nationen alle trennenden Schranken. Begleitet von einem Medienrummel ohnegleichen vollzogen jubelnde Marathon-Läufer aus allen Kontinenten die Verschmelzung der bislang geteilten Stadt. Fast eine Million Zuschauer feierten das Ereignis. Die beiden Stadtoberhäupter Walter Momper und Tino Schwierzina ließen mit dem Startschuss am Charlottenburger Tor Wirklichkeit werden, was noch vor einem Jahr nur eine schöne Wunschvorstellung war. Ein ostdeutscher Redakteur der Fachzeitschrift „Leichtathlet“ war bei den 42 km dabei und hielt seine Gefühle in „Notizen aus dem Mittelfeld“ fest: „Darauf haben wir, die Läufergemeinde der DDR lange, lange Jahre gewartet: Ein Start beim BerlinMarathon! Ich kann mich gut erinnern, wie uns zumute war, als wir zu gleicher Stunde vor Jahren unseren kleinen Wettkampf im Ostberliner Plänterwald hatten und wie wir mit dem Herzen bei den Zehntausenden waren, die im damals unerreichbaren Westberlin vor einer Riesenkulisse beim Marathon starten durften. Selten habe ich mich so eingemauert gefühlt wie in diesem Moment.“ Die Vereinigung vollzog sich auch bei der Siegerehrung: Mit der inzwischen in Steglitz wohnenden Uta Pippig gewann in der neuen Streckenrekordzeit eine Läuferin aus Potsdam. Chronik Dezember 1989 07.12.1989 In Berlin tritt erstmals der Zentrale Runde Tisch zusammen. Rücktritt des Staatsratvorsitzenden Egon Krenz. Leipzig: Das „Neue Forum“ übergibt dem ADN ein Positionspapier „Zur Ethik und Moral des Sports“. Der Deutsche Eislaufverband der DDR hat zugestimmt, dass der ehemalige Kapitän der Eishockey-Nationalmannschaft Dieter Frenzel bis Mitte April 1990 eine Gastspielgenehmigung für den EC Ratingen erhält. 08.12.1989 Volkskammer berät Wahlgesetz. Im „Neuen Deutschland“ erwähnt Manfred Ewald den Freitod des DTSBVizepräsidenten Franz Rydz. In seinen Schubladen wurden 300.000 West-Mark gefunden, was Vorwürfe gegen das Finanzgebaren des DTSB auslöste. 09.12.1989 Cottbus: 22. Tagung des DTSBBezirksvorstandes. Bezirksvorstand Cottbus fordert Rücktritt des DTSB Präsidenten. 17 12.12.1989 DTSB Präsident Eichler tritt nach massiven Protesten aus dem ganzen Land zurück. Ein Arbeits-Ausschuss und ein Arbeitssekretariat übernehmen die Geschäfte. Im Bundesvorstand des DTSB soll die Zahl der Stellen von 678 auf 438 gekürzt werden. 13.12.1989 Berlin: Pressekonferenz des neu gewählten Vorsitzenden des Arbeitsausschusses des DTSB Professor Dr. Hans-Georg Herrmann. Paris: Protokoll über den Ausbau der Sportbeziehungen zwischen Frankreich und der DDR wird unterzeichnet. 15.12.1989 Der Torwart der DDR-Handballauswahl Wieland Schmidt wechselt zum VfL Hameln. 16.12.1989 Pressekonferenz Berlin: Andreas Thom (BFC Dynamo Berlin) unterschreibt als erster DDR-Fußballer nach dem Mauerfall einen Profivertrag beim westdeutschen Spitzenklub Bayer Leverkusen. Spielberechtigung ab 1. Januar 1990. 11.12.1989 Samaranch begrüßt Olympiapläne Berlins. Die CDU der DDR formiert sich neu, die Partei Demokratischer Aufbruch orientiert sich konservativ, die SED gibt sich den neuen Namen SED-PDS. Vertreter des SC Charlottenburg trafen sich in Cottbus mit dem SC Cottbus zu Gesprächen über eine zukünftige Zusammenarbeit beider Klubs. Der Handball-Oberligist Dynamo HalleNeustadt (DDR) muss Konkurs anmelden, da er vom Ministerium für Staatssicherheit nicht länger gefördert wird. Berlin: Diskussion des Ministerpräsidenten Hans Modrow mit Sportlern, Trainern, Funktionären sowie Wissenschaftlern und Sportmedizinern über den Ausbau des Breitensports sowie die Unterstützung der Entwicklung aller Talente. Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ meldet: Nachdem sich der DTSB für Olympische Spiele in beiden Teilen Berlins ausgesprochen hat, strebt Willi Daume offizielle Gespräche mit dem NOK der DDR an, möglichst im Januar 1990. 18 Frankfurter Allgemeine Zeitung 11.12.1989 Rücktritt der DTSB-Führung samt Eichler gefordert Berlin (dpa/sid). Der Ost-Berliner Bezirksvorstand des Deutschen Turn- und Sportbundes (DTSB) der DDR hat am Samstag den Rücktritt des DTSB-Präsidiums mit Klaus Eichler an der Spitze verlangt und die Einberufung eines SonderTurn-und-Sporttages bis spätestens Mitte Februar gefordert. Eichler war erst kürzlich als DTSBPräsident wiedergewählt worden. Seine Amtszeit ist befristet bis zum nächsten Turn- und Sporttag, der für den 22.-24. Juni 1990 einberufen worden ist. Hintergrund der Angriffe ist ein Zwist zwischen Eichler und seinem Vorgänger, NOK-Präsident Manfred Ewald, der laut Eichler in finanzielle Machenschaften verstrickt gewesen sei. Der so Beschuldigte wehrt sich in einem Papier, nach dem Eichler doch über das Prämiensystem für Leistungssportler unterrichtet worden sei. Darin heißt es: „Er (Eichler, Anmerkung der Redaktion) nahm die betreffenden Unterlagen entgegen und äußerte keinerlei Vorbehalte.“ Bereits am Freitag hatten 192 Sportler des Armeesportklubs Vorwärts Potsdam sowie des SC Dynamo Potsdam Eichlers Rücktritt gefordert. Als Sprecher der Gruppe erklärte Volker Schmidt, der Olympiazweite im Kanu, die DTSBLeitung führe zur Zeit keine offene Aussprache. „Wir sprechen uns gegen das Verhalten von Eichler aus, der von den Prämierungen im Leistungssport nichts gewußt haben will“, sagte Schmidt. „Der DTSB fällt im Augenblick nur dadurch auf, daß sich Funktionäre für die Sünden der Vergangenheit gegenseitig die Schuld zuweisen.“ Bei der kontrovers geführten Diskussion im Berliner DTSBBezirksvorstand ging es vor allem um die künftige Nutzung der zentralen Sportstätten Ost-Berlins. Darüber solle an einem Runden Tisch entschieden werden. Zu klären sei auch, wie zweckentfremdete Sportstätten dem Sport wieder zur Verfügung gestellt und instand gesetzt werden könnten. Der zur gleichen Zeit tagende DTSB-Bezirksvorstand Dresden wies darauf hin, daß Kombinate, Betriebe und Einrichtungen künftig kaum noch Mittel für den Sport zur Verfügung stellen wollen. Wegen einer „Vernachlässigung der materiellen Basis“ in der Vergangenheit stünden zur Zeit 220 Sportstätten in Dresden oder sieben Prozent aller vorhandenen Anlagen nicht zur Verfügung. Sie seien verfallen oder seien zweckentfremdet genutzt worden. In einem Interview mit der SEDParteizeitung „Neues Deutschland“ stellte der Berliner Klubvorsitzende des DDR-Leistungszentrums Sportvereinigung Dynamo Berlin, KarlHeinz Büttner, fest: „Sicher ist, daß der Leistungssport über einen langen Zeitraum mißbraucht wurde, um mit ihm eine heile Welt, einen heilen Sozialismus vorzugaukeln.“ In dem Interview, in dem sich außerdem Harry Tesch als neuer Leiter des Büros der zentralen Leitung äußert, machen beide Gesprächspartner deutlich, daß die Klubeinrichtungen künftig einem Frankfurter Allgemeine Zeitung 11. Dezember 1989 weit größeren Kreis als bisher zur Benutzung offenstehen. So wird angekündigt, daß das öffentliche Eislaufen „schon zu den Feiertagen verstärkt“ werde. Für Eislaufen und für Schwimmen würden Lehrgänge für Anfänger eingerichtet, die von namhaften Sportlern und Trainern betreut werden sollen. Der Sportvereinigung Dynamo Berlin gehören 280 000 Mitglieder, davon 110 000 Kinder und Jugendliche, im gesamten Gebiet der DDR an. Bisherige Trägerorgane waren das frühere Ministerium des Inneren und für Staatssicherheit sowie die Zollverwaltung. Mit der jetzigen Selbstverwaltung hätten sich die materielle, personelle und finanzielle Unterstützung geändert, und es gelte „wie überall, den hauptamtlichen Apparat zu reduzieren“. Offensichtlich soll ein Großteil der Trainer entlassen werden. Anscheinend ist es jetzt auch zu Differenzen zwischen der Klubführung und dem DTSB gekommen. Der Sportbund hat Konzeptionen entwickelt, wonach die freiwerdenden Kader der zentralen Leitung an der Basis des Sports arbeiten sollen. Nach Auffassung der SV Dynamo Berlin sollten freiwerdende Mitarbeiter vielmehr im allgemeinen Dienstleistungsbereich, in der Produktion oder der Volksbildung, „also dort, wo sie am dringendsten gebraucht werden“, eingesetzt werden. Im DDR-Sport werden sogar Forderungen laut, die SV Dynamo völlig aufzulösen und die Leistungssportler anderen Klubs zuzuordnen. Chronik Dezember 1989 19 16./17.12.1989 Potsdam: Außerordentliche DTSBBezirksvorstandssitzung. Das Bezirkssekretariat tritt zurück. Bis April Neuwahlen und die Diskussion um ein zukunftsträchtiges Positionspapier. Sportagentur GmbH will 1990 in der DDR ihre Tätigkeit aufnehmen. 19.12.1989 Leipzig: Erstmals „offene Türen“ gab es für DDR-Journalisten im Forschungsinstitut für Körperkultur und Sport. 22.12.1989 Öffnung des Brandenburger Tores. Frankfurt (Oder): Zweites Frankfurter Sportforum. Diskussion um den Sport im Bezirk. 20.12.1989 Wahl zur Sportlerin/ zum Sportler des Jahres der DDR: Bei den Männern siegt Andreas Wecker (Turnen), bei den Frauen Kristin Otto (Schwimmen). Die Mannschaftswertung geht an den Straßenvierer unter Uwe Ampler. Die Jubelfeier verlief aufgrund anhaltender Diskussionen um Doping im DDR-Hochleistungssport im kleinen Rahmen. Berlin: Tagung des DTSB-Arbeitsausschusses. Klärung von Grundfragen der Entwicklung des Sports in der DDR und Neubestimmung des Platzes und der Funktion des DTSB. 21.12.1989 Rotterdam: Uwe Ampler (Olympiasieger im Straßenvierer 1988 in Seoul) und Uwe Raab (Weltmeister im Radrennen 1983) haben Profiverträge beim holländischen Rennstall von Jan Gisbers (PDM) ab Ende 1990 unterschrieben. Berlin: Der Deutsche Radsportverband der DDR und der Bund Deutscher Radfahrer der Bundesrepublik vereinbaren eine engere Zusammenarbeit. Der Amateurweltmeister im Boxen (1989), Henry Maske, hat sich in einem Interview der „Jungen Welt“ für den Profisport ausgesprochen. Er möchte aber weiter DDRBürger bleiben. Katarina Witt gegenüber der „Deutschen Presse Agentur: „Ich fühle mich auch total missbraucht.“ Katarina Witt schließt in einem Fernsehinterview den Weggang aus der DDR nicht aus. Sie liebe zwar ihr Land, so Witt, doch fühle sie sich von der abgetretenen SEDFührung „missbraucht“. Gleichzeitig bedauere sie, millionenschwere Werbeverträge aus sozialistischen Gründen nicht angenommen zu haben. 23.12.1989 Handball-Nationalspieler Maik Handschke vom ASK Vorwärts Frankfurt Oder siedelt in die Bundesrepublik über. 27.12.1989 Bremen: Kristin Otto wird im Januar 1990 während eines Lehrgangs der D-Kader der Bundesrepublik praktischen Unterricht am Beckenrand erteilen. 28.12.1989 Die Eislaufverbände beider deutscher Staaten vereinbaren eine engere Zusammenarbeit. Der Dynamo-Sport- und Freizeitkomplex in Berlin ist ab sofort für die Bevölkerung zugänglich. Die „Bild-Zeitung“ titelt: „140 Medaillen! Vereint sind wir die Nummer 1 der Sportwelt.“ 20 Dezember 1989 – Eine Collage Chronik Januar 1990 21 Januar 1990 zenamt. Rudi Hellmann, ehemals Leiter der Sportabteilung im ZK der SED, tritt als Vizepräsident und Mitglied zurück. Dr. Günther Heinze, Vizepräsident und Mitglied des IOC, wird als Präsident gewählt, Dr. Georg Zorowka wird Vizepräsident. Heinz Beier und Dr. Günter Kohl werden als Mitglieder des Präsidiums gewählt. 01.01.1990 Berlin: Neujahrsläufe Berlin. durch Gesamt- 03.01.1990 Berlin: Tagung des DTSBArbeitsausschusses. Der Dachverband fordert materielle und finanzielle Absicherung. Die Fachzeitschrift „Neue Fußballwoche“ ist nicht länger Sprachrohr des Fußballverbandes (DFV der DDR). Der Sportverlag Berlin übernimmt als alleiniger Herausgeber die Verantwortung. Die Redaktion blieb in ihrer Zusammensetzung aber zunächst die alte, ebenso der Tonfall der Berichterstattung. 04.01.1990 Der DDR-Faustballverband nimmt an den Weltmeisterschaften in Österreich teil. 05.01.1990 Ein Runder Tisch des DDR-Sports nimmt die Arbeit auf und sucht nach neuen Wegen und Auswegen (Abschluss der Beratungen im März 1990); in einer Resolution wird die Volkskammer der DDR erfolgreich aufgefordert, ein Jugend- und Sportministerium einzurichten. Berlin (West): Hallenfußballturnier mit dem 1. FC Magdeburg. Erste Gespräche zwischen dem Deutschen Schwimmverband (DSV) und dem Deutschen Schwimmverband der DDR (DSSV) auf Initiative des DSV. Gemeinsame Lehrgänge und Trainingslager werden vereinbart. 06.01.1990 Berlin: Mitgliederversammlung des NOK der DDR. Manfred Ewald tritt als Präsident und Mitglied des NOK der DDR zurück. Der einst mächtigste Mann des DDRSports verliert damit auch sein letztes Spit- Berlin: erweiterte Präsidiumstagung des Eislaufverbandes der DDR. Volkssportmannschaften im Eishockey sollen künftig ebenso wie die Eisstockschützen und die Anhänger des Shorttrack-Eisschnelllaufs mehr Möglichkeiten zur Ausübung ihres Sports erhalten. 07.01.1990 Berlin: Erstmals spielt ein DDRVolleyballer, René Hecht, mit offizieller Genehmigung des Deutschen Volleyballverbandes (DVV) im Ausland. 10.01.1990 Cottbus: Die Vorsitzenden der Fußballklubs und Sektionsleiter der Fußballoberligamannschaften diskutieren eine grundsätzliche Erneuerung des Fußballsports in der DDR und fordern die Loslösung vom DTSB. Die DDR-Volleyballnationalmannschaft der Frauen schließt Sponsorenvertrag mit der „Wella AG“. Beratungen in München: Der Deutsche Eishockey-Bund (DEB) und der Deutsche Eislaufverband der DDR (DELV) streben im Eishockey eine engere Zusammenarbeit an. 11.01.1990 Zweites Gipfeltreffen DFV/DFB nach dem Mauerfall. Einigung der Fußballverbände über die Bestimmungen bei künftigen Spielerwechseln. Terminierung eines Länderspielvergleichs DDR gegen Bundesrepublik für den 29.08.1990 in Leipzig. 22 Tod einer Massenorganisation (I) – Der DTSB war in der Wendezeit nur scheinbar reformwillig Michael Barsuhn Tod einer Massenorganisation (I) Der DTSB war in der Wendezeit nur scheinbar reformwillig von Michael Barsuhn Januar 1990. Nach Außen reformwillig nach Innen verkrustet. So präsentierte sich die Massenorganisation des DDR-Sports, der Deutsche Turn- und Sportbund der DDR (DTSB), in den ersten Wendemonaten. Tagungen, Pressekonferenzen, außerordentliche Sitzungen reihten sich aneinander – der DTSB verfiel in regen Aktionismus. Am 14. November 1989 philosophierte Präsident Klaus Eichler, der 1988 die Nachfolge von Manfred Ewald angetreten hatte, über „die Erneuerung des DTSB im Prozess der Wende.“ Dass es sich dabei aber lediglich um Luftblasen handelte, zeigte sich knapp zwei Wochen später auf der 15. Tagung des DTSB-Bundesvorstandes in der Sportschule Kienbaum. Öffentlichkeit und Medienvertreter wurden ausgesperrt. Immerhin konnten 15 Vertreter der Sportfachverbände in die heiligen Hallen der Dachorganisation des DDRSports vordringen. Darunter Kegler, Basketballer und Tischtennisspieler, die seit 1969 in der Kategorie Sport 2 gegenüber dem olympischen Sport massiv benachteiligt worden waren. Nun wollten sie ihrem angestauten Unmut mit Plakaten Luft verschaffen: “Wir fordern die DTSBFührung zum Dialog mit unseren Sportverbänden auf,“ war dort zu lesen. Oder „Das Gesicht des Sports dem Volk und den Realitäten zugewandt.“ Der DTSB sah sich mit ungewohnt scharfer Kritik konfrontiert und reagierte nach altbewährtem Muster. Was nicht ins Bild passt, wird unterdrückt. Die Plakate wurden entfernt: „Der Direktor dieser Sportschule hat mit der Begründung, dass wir mit dem Aufkleben die Möbelpolitur beschädigt haben, die Plakate demonstrativ vor meinen Augen zerrissen“, erklärte ein Vertreter der 15 Sportverbände vor laufenden Fernsehkameras. „Ich empfinde dies in einer heutigen Zeit als empörend.“ Klaus Eichler präsentierte sich derweil im Blitzlichtgewitter der internationalen Presse. Von seinen Kollegen war er einstimmig im Amt bestätigt worden. Mit nunmehr fünf statt zehn Vizepräsidenten an seiner Seite, die allerdings allesamt SEDMitglieder waren, verkündete er stolz die Reformbereitschaft des DTSB. Als Zeichen des Erneuerungswillens versprach er die Gründung eines Triathlon- und eines Studentensportverbandes in der DDR. Am 12. Dezember 1989 wurde am Rande einer außerordentlichen Sitzung des DTSB-Bundesvorstandes klar, dass sich auch die Vertreter des Leistungssports nicht mehr durch Eichler repräsentiert fühlten: „Es ist ja bekannt, dass beispielsweise die Sportklubvorsitzenden und die Generalsekretäre der Verbände ausgegrenzt wurden. Trotz vorliegender schriftlicher Einladung zur 15. Tagung wurden wir 24 Stunden vorher ausgeladen und insofern ist das natürlich sehr bedauerlich, dass solche Entscheidungen gefällt wurden ohne den wirklich breiten Kreis der kompetenten Leute dort mit ein zu beziehen.“ Mit dem Rücktritt von Egon Krenz hatte Eichler seinen politischen Rückhalt verloren. Unter dem doppelten Sperrfeuer der benachteiligten Verbände von Sport 2 und des verunsicherten Leistungssports verkündete er am Abend: „Es ist so, liebe Sportfreunde, dass das Sekretariat durch die Gesamtheit der bestehenden Probleme stark belastet ist. Es hat die Situation geprüft und ist zu dem Schluss gekommen, zurück zu treten.“ Die ehemalige Führungsspitze des DTSB wurde schließlich am 27. Januar 1990 aus dem Bundesvorstand entfernt. Dieser bestand jedoch weiterhin zu 93 Prozent aus SEDMitgliedern. Chronik Januar 1990 11.01.1990 Freundschaftliche Gespräche zwischen DTSB und DSB. Trotz bislang ausgebliebener Demokratisierung des DTSB soll die Zusammenarbeit zwischen den Dachverbänden des deutschen Sports beträchtlich erweitert werden. Geplant sind u. a. gemeinsame Kommissionen. Die ersten vier der DDR-Tennis-Rangliste der Männer haben sich der TG Bochum 49 angeschlossen. 13.01.1990 Berlin: Gründung eines Deutschen Kraftsportund Bodybuilding-Verbandes (DKBV der DDR). Berlin: Der Deutsche Anglerverband (DAV) der DDR und der Verband Deutscher Sportfischer der Bundesrepublik vereinbaren eine engere Zusammenarbeit. 14.01.1990 Frankfurt (Oder): Henry Maske will Profiboxer werden. Erste Verhandlungen mit dem Hamburger Manager und Promoter Klaus-Peter Kohl. 15.01.1990 Erstürmung der Zentrale der Staatssicherheit in Berlin. Sicherung der Aktenbestände. Die Zeitschrift „Start“, Organ des Bundesvorstands des DTSB, hat nach der Herausgabe des Januarheftes 1990 ihr Erscheinen eingestellt. 16.01.1990 Manfred von Brauchitsch hat seinen Rücktritt als Präsident der Gesellschaft zur Förderung des Olympischen Gedankens in der DDR erklärt. dpa meldet, dass sich der VfB Stuttgart mit Matthias Sammer (Dynamo Dresden) über einen Wechsel geeinigt hat. Der Präsident des Fußballverbandes (DFV der DDR), Günter Erbach, hat den früheren 23 Dresdener Spielern Matthias Müller und Peter Kotte in einem Gespräch Rehabilitierung zugesagt. In einem offenen Brief von den Geschäftsführern aller Fußball-Bezirksfachausschüsse, wird die Besorgnis geäußert, dass der Fußball erneut Opfer des Dirigismus des DTSB wird. 17.01.1990 Presseerklärung des „Neuen Forums“ Leipzig: Sport sei als Bestandteil des kulturellen Lebens zu erhalten. Der drastische Personalabbau gefährde die Existenz des Sportes. Karl-Marx-Städter DTSB wendet sich gegen den geplanten Planstellenabbau in seinem Bereich. Beratung des Arbeitsausschusses des DTSB-Bundesvorstandes. Im Mittepunkt steht die finanzielle Sicherung des Sportreibens. Pressekonferenz in Nürnberg: westdeutsche Firma rüstet künftig alle DDRStraßennationalmannschaften im Radsport mit Rennmaschinen und Materialien aus. 18.01.1990 Halle: Sportlerdemonstration in der DDR auf dem Halleschen Obermarkt. Werbevertrag zwischen dem Schlitten- und Bobsportverband der DDR und der Münchner Brauerei „Spatenbräu“ unterzeichnet. 19.01.1990 Berlin: Der Generalsekretär des DDRLeichathletikverbandes, Dr. Heinz Kadow, und der Geschäftsführer der UFA Filmund Fernseh GmbH, Bernd Schiphorst, unterzeichnen einen Vertrag über die internationalen Fernseh- und Werberechte für den Olympischen Tag der Leichtathleten in Berlin. 24 Frankfurter Allgemeine Zeitung 08.01.1990 Günther Heinze auf einer Sondersitzung zum neuen Präsidenten bestimmt Ewald weicht dem Druck und tritt zurück Das NOK der DDR ist für Olympia in Berlin OST-BERLIN (sid/dpa). Eine Bewerbung um Olympische Sommerspiele in beiden Teilen Berlins zeichnet sich immer deutlicher ab. Auch das Nationale Olympische Komitee (NOK) der DDR hat nun die Idee, Olympische Spiele in Gesamt Berlin im Jahr 2000 oder 2004 auszutragen, begrüßt. „Wir unterstützen die Initiativen des Oberbürgermeister Erhard Krack und des Regierenden Bürgermeisters Walter Momper“, erklärte der auf der NOK-Mitgliederversammlung am Samstag in Ost-Berlin einstimmig berufene ÜbergangsPräsident Günter Heinze. Heinze, der auch Mitglied des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) ist, erklärte seine Bereitschaft, mit dem Präsidenten des NOK für Deutschland, Willi Daume, ein Gespräch über weitere Initiativen zur Vorbereitung der Kandidatur zu führen. „Es ist zwar eine Angelegenheit der beiden Berliner Städte“, sagte der 66 Jahre alte Präsident, „aber es gibt viel zu besprechen.“ Gefordert hatte die Mitgliederversammlung in der Sportschule an der Regattastrecke am Langen See auch eine bessere Zusammenarbeit mit dem bundesdeutschen NOK. „Wir sind im Sinne einer Vertragsgemeinschaft offen“, lautete die Offerte, die Heinze seinem Amtskollegen Daume machte. Dieser wertete die Aussage als „klares Verhandlungsangebot, das wir annehmen“. Heinze schloß jedoch eine Rückkehr zu einer gesamtdeutschen Mannschaft aus. „Es gibt zwei souveräne deutsche NOK und daher keine Voraussetzungen für die Bildung gemeinsamer Mannschaften“, sagte der Staatswissenschaftler und Diplom-Sportlehrer. Viel Zündstoff hatte es schon vor der Sitzung gegeben. Die Präsidiumsmitglieder wollten mit aller Macht den seit 1973 amtierenden Präsidenten Manfred Ewald in Pension schicken. Hinter verschlossenen Türen wurde Ewald wegen seines unbeirrbaren Kurses angegriffen. Der Sportfunktionär trat dann auf der Mitgliederversammlung als Präsident zurück und erklärte zugleich, er werde nicht mehr länger Mitglied des NOK sein. „Rücktritte geschehen auch aus Einsichten“, erklärte NOKPressesprecher Volker Kluge salomonisch. Heinze wurde deutlicher: „Ewald hat eine Reihe von Fehlern gemacht, die er als Leiter des Kollektivs des NOK mitzutragen hat.“ Auch der bisherige Vizepräsident Rudi Hellmann, lange Zeit Leiter der Abteilung Sport beim Zentralkomitee der SED, wurde vom Vorsitzenden des DDR-Schwimmverbandes, Georg Zorowka, abgelöst. Auf der NOK-Mitgliederver- Frankfurter Allgemeine Zeitung 8. Januar 1990 sammlung im Juni soll ein neues Präsidium gewählt werden. Gesucht wird für das Präsidenten-Amt ein verdienter Sportler, der vor allem politisch unbelastet sein muß. Heinze hat nicht die Absicht, sich abermals zur Wahl zu stellen. Bei der nächsten Sitzung werden sicher ganz andere Mitglieder das Wort erheben können. Denn im März bei den Wahlen in den 26 DDR-Sportverbänden, bei denen auch die 26 ordentlichen NOK-Mitglieder zu bestimmen sind, wird erstmals auch der Demokratisierungsprozeß im DDR-Sport greifen. Mit dem Rücktritt von Ewald, der bereits vor 13 Monaten als Präsident des Deutschen Turn- und Sportbundes (DTSB) abgelöst wurde, endet eine Ära des DDR-Sports, in der es bei Olympischen Spielen und Weltmeisterschaften eine Medaillenflut gegeben hatte. Ewald hatte den Leistungssport an harten Zügeln geführt und mit stalinistischen Methoden konsequent auf Erfolgskurs getrimmt. Schon vor der politischen Wende wurde ihm angekreidet, daß er demokratische Entscheidungsprozesse unterbinde, den Leistungssport von der Bevölkerung abschotte und als Geheimsache führe sowie ein Umdenken hin zu modernen Vermarktungsmöglichkeiten strikt ablehne. Chronik Januar 1990 19.01.1990 Paris: Erstmalig beteiligt sich der FechtNachwuchs der DDR an einem Europapokalturnier im Degenfechten. Leipzig: Bürger richten aus Sorge um die Entwicklung des Sports in der DDR einen offenen Brief an Ministerpräsident Hans Modrow und den Runden Tisch. 20.01.1990 Berlin: DDR-Boxsportverband gegen Profiboxen. 23.01.1990 Die „Neue Fußballwoche“ meldet: „Beim BFV (Berliner Fußballverband/West) haben sich bisher 250 Spieler aller Altersklassen aus der DDR angemeldet.“ Allein das Zweitligateam von Motor Ludwigsfelde beklagte im Februar den Verlust von 13 Spielern. Berlin: Gründung des ersten Klubs der Ballonfahrer, „mecklenburgisch-brandenburgische Ballonfahrerklub“ der DDR (16 Mitglieder) innerhalb des Flug- und Fallschirmsportverbandes der DDR. 26.01.1990 Klaus Schenkel, Auswahltrainer der DDRFechter, und Klaus Kotzmann, Cheftrainer beim ASK Vorwärts Potsdam haben die DDR Richtung FC Tauberbischofsheim verlassen. Presseerklärung des Amtes für Jugend und Sport der DDR. Die Mittel für den Sport sollen erhalten bleiben. 27.01.1990 Kienbaum: 17. Tagung des DTSB-Bundesvorstandes. Ausschluss der ehemaligen Führungsspitze des DDR-Sports, der Präsidenten Manfred Ewald und Klaus Eichler aus dem Bundesvorstand. Ausschluss des ehemaligen Staatssekretärs für Körperkultur und Sport, Prof. Dr. Günter Erbach, des früheren Leiters der Abteilung Sport des ZK der SED, Rudi Hellmann, und des e- 25 hemaligen DTSB-Vizepräsidenten Volker Ränke. Leipzig: Die Zusammenarbeit zwischen der Deutschen Hochschule für Körperkultur und Sport (DHFK) in Leipzig und der Sporthochschule Köln wird intensiviert. Malmö: Nach 24jähriger Pause stehen sich die Ringer-Nationalmannschaften Schwedens und der DDR wieder in einem Länderkampf gegenüber. Hertha BSC vs. 1. FC Union Berlin: Erstes Aufeinandertreffen (unter freiem Himmel) der beiden Berliner Traditionsvereine nach 28 Jahren im Berliner Olympiastadion vor 52.000 Zuschauern. Hertha siegt mit 2:1. 27./28.01.1990 Der Zentralvorstand der GST ist auf seiner außerordentlichen Tagung zurückgetreten. 28.01.1990 Pressekonferenz zu den Ergebnissen der 17. Tagung des DTSB-Bundesvorstandes. Aufruf durch Jochen Grünwald, Vorsitzender des Arbeitssekretariats, zu einer verstärkten Mitarbeit und einer breiten Diskussion bei der Erneuerung des DDRSports. 29.01.1990 Berlin (West): Informelles Gespräch zwischen den Präsidenten der beiden deutschen Nationalen Olympischen Komitees Günter Heinze und Willi Daume. 31.01.1990 Berlin: Zweiter Runder Tisch. Im Mittelpunkt steht die Sorge um den Bestand und die Zukunft des DDR-Sports auf allen Ebenen. Berlin: Gründung eines Bürgerforums „Olympische Spiele 2000 in Berlin“. Berlin (Ost): Arbeitsgruppe Sport der SPD gebildet. Leiter wird Alfred Grzondziel. 26 Januar 1990 – Eine Collage Chronik Februar 1990 27 Februar 1990 01.02.1990 Gemeinsamer Aufruf des „Neuen Forums“ und des Amtes für Jugend und Sport, um die Zukunft des Sports zu sichern. Übertragung der Fußball-Weltmeisterschaft 1990: Die ARD hat dem Fernsehen und Rundfunk der DDR eine Zusammenarbeit angeboten. Erfurt: Gründung eines sämtliche Bezirke umspannenden DDR-Verbandes der Trainer und Sportlehrer. 02.02.1990 Zwickau: Neugründung von Vereinen: Gründung des Fußballklubs FSV Zwickau. Aufruf durch André Brunzlow zur Sportlerdemonstration in der „Märkischen Volksstimme“. Stockholm: Der Fußballverband (DFV der DDR) unterschreibt einen Vier-JahresVertrag über Bandenwerbung und weltweite Vermarktung der Fernsehrechte mit der Schweizer Agentur CWL. 03.02.1990 Potsdam/Berlin: Sportlerdemonstrationen organisiert vom DTSB. Der Arbeitsausschuss des Deutschen Boxverbandes (DBV der DDR) erteilt eine generelle Gaststartgenehmigung für alle DDR-Boxer aus den Klubs und Betriebssportgemeinschaften (BSG) in Vereinen der Bundesrepublik. Cottbus: Energie Cottbus unterzeichnet Kontrakt mit der Schweizer Agentur CWL. 04.02.1990 Stockholm: Die DDR und die Bundesrepublik werden gemeinsam mit Wales, Belgien und Luxemburg in eine Qualifikationsgruppe zur Europameisterschaft 1992 in Schweden gelost. Rehabilitierung des ehemaligen Diskuswerfers Wolfgang Schmidt. Wiederzulassung zu internationalen Meisterschaften. 05.02.1990 Berlin: Interview der „Berliner Zeitung“ mit Günther Netzer (CWL). Schweizer Agentur möchte ganze DDR-Oberliga unter Vertrag nehmen. Im Sportgespräch des „Deutschlandfunks“ fordert Dr. Rolf Donath, Direktor des Sportmedizinischen Dienstes der DDR die baldige Bildung einer gesamtdeutschen Olympiamannschaft. 06./07.02.1990 Berlin (West): Treffen der Vorstände der Handballverbände der DDR und der Bundesrepublik, um einen umfangreichen Maßnahmenkatalog der gegenseitigen Zusammenarbeit zu beraten. 07.02.1990 Bonn: Die Bundesregierung bildet den Kabinettsausschuss "Deutsche Einheit". Berlin: Gründung des Deutschen Gehörlosen–Sportverbandes der DDR. Präsident: Heinz Meurer. Generalsekretärin: Inge Mandrek. Als Vertretung von sporttreibenden Kindern und Jugendlichen gegenüber staatlichen und gesellschaftlichen Institutionen konstituierte sich eine Initiativgruppe „Sportjugend der DDR“. Handballländerspiel der Bundesrepublik gegen DDR vereinbart. Ludwigsfelde: Fußballfreundschaftsspiel Motor Ludwigsfelde gegen Hertha 03 Zehlendorf. 28 Go West! – Trainer und Spitzensportler wechseln in den „goldenen Westen“ Jutta Braun Go West! Trainer und Spitzensportler wechseln in den „goldenen Westen“ von Jutta Braun Februar 1990. Die neue Freiheit wurde nicht nur zu innerdeutschen Wettkämpfen genutzt: Gleichzeitig setzte eine massive Westwanderung von Sportlern, aber auch Trainern ein, die ihr persönliches und berufliches Heil in der Bundesrepublik suchten. Den ersten Trainer aus der DDR verpflichtete der westdeutsche Skiverband im Januar 1990 als Betreuer der Nordischen Kombinierer. Wie in kaum einem anderen Bereich der Wendephänomene wurde gegen diesen Exodus von verschiedener Seite polemisiert: Eher selten wurden die Wechsel als persönliche Entscheidung der Athleten respektiert. Der westdeutsche Sport wurde beschimpft ob seiner „Piratenakte“, so der Vorwurf des Cheftrainers der Männer von DDR-Handballmeister Vorwärts Frankfurt/Oder gegenüber den Verantwortlichen der Handball-Bundesliga. Auch der Generalsekretär des DDR-Boxverbandes Bernd Hönicke kritisierte die „Praktiken“ der Bundesligavereine, nachdem über 60 Amateurboxer von Dezember 1989 bis März 1990 in die Bundesrepublik gewechselt waren. Zahlreiche westliche Funktionäre nutzten gezielt die Gunst der Stunde, um mit Hilfe der „Goldkinder“ den bundesdeutschen Sport aufzupolieren. Beispielhaft ist hierbei das Vorgehen des Managers des VfL Hameln, dem es noch im Dezember 1989 gelang, fast die gesamte männliche Handball-Auswahlmannschaft der DDR für den VfL zu verpflichten. Die DDR-Sportler traf wiederholt der Vorwurf, sie seien „Verräter“ und folgten ausschließlich dem „Lockruf des Geldes“. Als „nicht fair“ beschimpfte der KanuGeneralsekretär Werner Lempert den Abgang der Weltmeisterinnen Monika Bunke und Katrin Borchert und ihres Trainers Kersten Neumann nach Essen. Spektakulär waren auch die Fälle im Radsport, praktisch die gesamte Nationalmannschaft wechselte nach dem Fall der Mauer ins Profilager. Olympiasieger wie Henry Maske, die im Westen Profi werden wollten, mussten in der DDR um ihren guten Ruf kämpfen. Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble forderte im März 1990 die bundesdeutschen Vereine zu Zurückhaltung auf: Man könne nicht „mit dem großen Geldkoffer, wie es Bayer Leverkusen im Fußball gemacht hat, in der DDR Leute anheuern, sonst wirken wir doch wie die Pfeffersäcke.“ Für deutsch-deutsche Maßnahmen im Spitzensport wurden im gleichen Jahr 1,8 Millionen Mark zur Verfügung gestellt mit diesem Geld wollte der Bundessausschuss Leistungssport unter anderem den Spitzensport in der DDR stabilisieren. Niemand könne daran interessiert sein, so der Direktor des BAL, Professor Rolf Andresen, dass DDR-Spitzenathleten weiterhin in die Bundesrepublik wechselten. Doch beim zweiten Sport-Spitzentreffen zwischen Hansen und Kilian am 18. April war die Abwanderungswelle unverändert ein zentrales Thema, das dem DTSBPräsidenten Martin Kilian „schlaflose Nächte“ bereitete. Der Exodus war nicht allein eine Folge der Magnetkraft der Westmark. In der ersten Zeit war es ebenso eine Flucht aus den Kommandostrukturen des DDR-Sports, später die Flucht vor dem wirtschaftlichen Niedergang. Abgestoppt wurde die Welle erst mit der grundlegenden Änderung der politisch-wirtschaftlichen Rahmenbedingungen: Vor allem der Einführung der Wirtschafts-, Währungs- und Sozialunion am 1. Juli 1990. Zu diesem Zeitpunkt hatte der DDR-Sport aber bereits einen beträchtlichen Teil seiner Substanz eingebüßt. Chronik Februar 1990 07.02.1990 Crimmitschau: Gründung des ersten zivilen Eishockeyklubs der DDR nach dem Mauerfall: EHC Crimmitschau. 08.02.1990 Berlin: Richard Winkels, Präsident des Landessportbundes von NordrheinWestfalen, schließt eine gemeinsame deutsche Olympiamannschaft für 1992 aus: „Das kann man den Sportlern aus der Bundesrepublik nicht antun“. Oberhof: Offener Brief der Trainer des ASK Oberhof. Forderung der Gründung eines Wintersportzentrums Thüringen. 09.02.1990 In einem Interview mit der „Jungen Welt“ plädiert Dr. Heinze, Präsident des NOK der DDR, für eine eigenständige Olympiamannschaft 1992. Die deutschen Handballverbände vereinbaren einen intensiven Spielverkehr. Leipzig: Das „Neue Forum“ stellt ein Sportprogramm vor. Stuttgart: Körperbehinderte Tischtennisspieler aus Cottbus, Sallgast und Jänschwalde sind zu Gast beim 1. deutschdeutschen Tischtennis-Freundschaftsturnier der Körperbehinderten. 10.02.1990 Rücktritt von Günter Erbach als Präsident des DFV der DDR; Günther Schneider wird zu seinem Nachfolger bestimmt. Ab sofort nimmt Hans-Georg Moldenhauer als Vertreter der Fußball-Basis an den Sitzungen des Präsidiums des DFV der DDR teil. Gran Canaria: Hamburger SV und Dynamo Dresden absolvieren ein gemeinsames Trainingslager. 29 11.02.1990 Der Schwimmausschuss des Deutschen Schwimmverbandes (DSV) sagt gemeinsame Weltmeisterschafts-Qualifikationen mit der DDR ab. Gründung einer Arbeitsgruppe Sport und Umwelt im DTSB. 13.02.1990 Der Cheftrainer des DDR-Leichtathletikverbandes, Dr. Ekkart Arbeit, reicht seinen Rücktritt ein. Berlin: Gert Barthelmes, Direktor der Sporthochschule Kienbaum, teilt vor Pressevertretern mit, dass der DTSB die Unterdruckkammer in der Sporthochschule Kienbaum ausländischen Partnern zur Mitnutzung anbieten will. 14.02.1990 Runder Tisch des Sports tagt: Zustimmung für ein Paket von Sofortmaßnahmen des Amtes für Jugend und Sport zur unmittelbaren Unterstützung der sportlichen Basis. Sportler und Sportfunktionäre beider deutscher Staaten sprechen sich gegen übereilte Schritte bei der Bildung einer gemeinsamen Olympiamannschaft aus. Gründung eines Alpenvereins durch Wanderer und Bergsteiger aus Jena. 15.02.1990 Bürgerinitiative Olympia 2000 berät mit Mitgliedern des DTSB-Arbeitssekretariats über die Vorbereitungen Olympischer Sommerspiele in beiden Teilen Berlins. 16.02.1990 Gründung des Fußballklubs Wismut Aue. Präsident: Günter Palme. Geschäftsführer: Herbert Ischt. 17.02.1990 Außerordentlicher Verbandstag des Boxsportverbandes der DDR. Manfred Bergs wird zum neuen Präsidenten gewählt. 30 Süddeutsche Zeitung 05.02.1990 Erste Rufe nach gemeinsamen Olympiateam DDR-Sprecher: Schon 1992 unter einer Fahne / Sportlerdemonstration in Berlin und Potsdam Berlin (dpa/sid) – Die Pläne für mögliche gemeinsame Olympische Spiele in Berlin im Jahr 2000 oder 2004 werden jetzt auch in der DDR immer konkreter. Das Präsidium des Nationalen Olympischen Komitees (NOK) der DDR hat am Samstag auf einer Sitzung dem Magistrat von Ost-Berlin seine Hilfe bei der Ausarbeitung einer Machbarkeitsstudie angeboten, wie sie in WestBerlin schon vor knapp drei Wochen vorgelegt worden war. Außerdem soll die Zusammenarbeit mit der „Gesellschaft zur Förderung des Olympischen Gedankens in der DDR“ intensiviert und vertraglich vereinbart werden. Das Thema Olympia stand auch auf der Tagesordnung des ersten Gesprächs zwischen dem West-Berliner Staatssekretär und Leiter des Olympia-Büros, Hans-Jürgen Kuhn, mit Wilfried Poßner, dem Vorsitzenden des neugegründeten Amtes für Jugend und Sport in der DDR. Beide Seiten vereinbarten auch Inspektionsreisen zu den für Olympia in Frage kommenden Sportstätten in beiden Teilen Berlins. Bis zum Mai sollen im NOK der DDR Entwürfe für ein neues Statut und eine Wahlordnung im Hinblick auf die nächste Mitgliederversammlung am 30. Juni ausgearbeitet werden. An diesem Tag steht in erster Linie die Neuwahl des nur vorläufig im Amt befindlichen NOK-Präsidiums bevor. Am 6. Januar dieses Jahres trat Manfred Ewald, der seit 1973 mitverantwortlich für die Aufrüstung der DDR zur Weltmacht im Sport war, von der NOK-Spitze ab. Das IOC-Mitglied Günter Heinze, der in der letzten Woche zum erstenmal in seiner neuen Funktion mit dem NOKPräsidenten Willi Daume in WestBerlin zu einem Meinungsaustausch zusammengetroffen war, trat Ewalds Nachfolge an. Süddeutsche Zeitung 5. Februar 1990 Im Hinblick auf die bevorstehenden Olympischen Spiele 1992 in Barcelona schlug das NOK-Präsidium der DDR vor, gemeinsam mit dem Deutschen Turn- und Sportbund der DDR (DTSB) und dem neugeschaffenen Amt für Jugend und Sport eine Kommission „Olympische Spiele“ zu bilden. Damit soll, wie die DDR-Nachrichtenagentur ADN meldete, die „Olympiavorbereitung und erfolgreiche Teilnahme einer DDR-Mannschaft“ gesichtet werden. Das Präsidium wandte sich an den DTSB und die Sportverbände mit der Bitte, alle Möglichkeiten zu nutzen, um die DDR-Sportler zielgerichtet auf Barcelona vorbereiten zu können. Nach Ansicht von Werner Neumann, dem Sprecher des Arbeitskreises des Deutschen Turn- und Sportbundes (DTSB), könnte es dagegen in Barcelona „etwas ganz Spektakuläres“ geben. „Es werden zwar zwei deutsche Mannschaften starten, aber sie werden unter einer Fahne einmarschieren“. Das war zuletzt 1968 bei den Spielen in Mexiko der Fall, als die gemeinsame deutsche Mannschaft erstmals aufgelöst worden war, aber noch unter einer Fahne einmarschieren mußte. Im „Sportgespräch“ des Deutschlandfunks forderte Rolf Donath, der Direktor des Zentralinstituts des sportmedizinischen Dienstes der DDR in Kreischa, die baldige Bildung von gesamtdeutschen Olympiamannschaften. Donath („1989 hatten wir 14 positive Dopingproben in der DDR“) möchte, daß spätestens zu den zu erwartenden Spielen 2000 in Berlin wieder gesamtdeutsche Olympiamannschaften antreten. „1996 gibt es bestimmt bei den Olympischen Spielen eine gesamtdeutsche Mannschaft“, erklärte der Leiter des provisorischen Arbeitssekretariats des DTSB zum Stufenplan des DDR-Ministerpräsidenten Hans Modrow. „Vom Sport muß ein gesellschaftlicher Ruck auf alle Politbereiche ausstrahlen. Wir Sportler können Vorbild sein“. Zum Thema gesamtdeutsche Olympiamannschaft sagte dagegen Günter Heinze vom NOK: „Eine Bildung von gesamtdeutschen Olympiamannschaften für 1992 steht nicht auf der Tagesordnung“. Für 1996 wollte sich Heinze noch nicht festlegen. Mehr als 7000 Spitzensportler, Freizeitsportler, Trainer und Sympathisanten haben am Samstag in Ost-Berlin und Potsdam gegen Willkürmaßnahmen, einschneidende finanzielle Kürzungen und den Ausverkauf des Spitzensports in der DDR demonstriert. Kugelstoß-Olympiasieger und Athletensprecher Ulf Timmermann forderte dabei im Berliner Lustgarten von der DDR-Regierung die Verabschiedung eines Sportgesetzes noch vor den Volkskammerwahlen am 18. März. „Die Regierung ist verpflichtet, dem Sport weiterhin ausreichend Geld zur Verfügung zu stellen“, sagte Timmermann. Udo Beyer, der 1976 KugelstoßOlympiasieger war, warnte davor, „die Sportbasis sterben zu lassen“. Bei allen Bemühungen zur Eigenfinanzierung des Sports, zu der auch Aktive und Eltern bereit seien, bedürfe ein gesunder Sport auch künftig der tatkräftigen Unterstützung durch den Staat. DTSBSprecher Werner Neumann sagte, daß im Jahr 1990 40 bis 45 Millionen Mark fehlen würden. Er forderte die sofortige Bereitstellung von 20 Millionen Mark aus einen Sonderfonds: „Jetzt muß alles schnell und unbürokratisch gehen“. Timmermann und Beyer sprachen sich im übrigen für die Teilnahme des Sports am Runden Tisch aus. Chronik Februar 1990 31 17.02.1990 Cottbus: Dem SC Dynamo Cottbus stehen rund ein Drittel weniger hauptamtliche Trainer, Übungsleiter und andere Mitarbeiter als vor dem Mauerfall zur Verfügung. 26.02.1990 Das Amt für Jugend und Sport hat 18 Millionen Mark aus Lottomitteln zur Förderung des Sports vom Wettspielbetrieb erhalten. Stendal: Aus der Sektion Fußball der BSG Lok Stendal hat sich eine eigenständige Fußball-Spielvereinigung Altmark Stendal gegründet. Hennigsdorf: Rugby-Vergleich zwischen Stahl Hennigsdorf und VfR Döhren Hannover. 17./18.02.1990 Berlin: Tagung des Präsidiums des Deutschen Judoverbandes der DDR. Nach dem Rücktritt von Prof. Dr. Gerhard Lehmann wird Hans-Rüdiger Gach zum amtierenden Präsidenten gewählt. 19.02.1990 Hameln: Rostocks Handball-Rekordnationalspieler Frank Michael Wahl unterschreibt einen Profivertrag beim VfL Hameln. Bärbel Wöckel, Sprinterin der DDR, ist in die Bundesrepublik übergesiedelt. 20.02.1990 Fußball-Oberligist BFC Dynamo Berlin trennt sich von seinem alten Namen und heißt fortan FC Berlin. Ehemalige MfSAngehörige verlassen die Klubleitung. 21.02.1990 Vereinigungsgesetz der DDR verabschiedet, nach dessen Inkrafttreten sich binnen weniger Wochen Tausende neue Vereinigungen anmelden, hierzu gehören auch die Sportvereine. 25.02.1990 Kienbaum: 18. Tagung des DTSB-Bundesvorstandes. Im Mittelpunkt steht weiterhin die Sicherung des Sports. Der Orientierungsläuferverband wird als eigenständige Föderation bestätigt. Der Federballverband heißt ab sofort Badminton-Sportverband. Berlin (West): Boxvergleich zwischen TSC Berlin und Spandauer BC 26. Cottbus: Tischtennisvergleich zwischen Automation 86 Cottbus und SC Charlottenburg. 27.02.1990 DFB Präsident Herman Neuberger spricht sich in einem Interview mit „Die Welt“ gegen eine sofortige Eingliederung von DDR-Klubs in die Bundesligen und gegen eine gemeinsame Mannschaft für die Europameisterschaftsqualifikation 1992 aus. Berlin: Vollversammlung aller FußballOberligisten der DDR. Es wird ein Ligaausschuss im DFV gebildet. Vorsitzender: Robert Pischke. Die „Lausitzer Rundschau“ schreibt: Von den 1989 dem DTSB zur Verfügung gestellten 402,6 Millionen Mark wurden 62,8 Prozent für den Leistungssport und 37,2 Prozent für den Massensport ausgegeben. 28.02.1990 Die DTSB-Bezirksvorstände Cottbus, Frankfurt (Oder) und Potsdam knüpfen erste Kontakte im Hinblick auf die zu diesem Zeitpunkt noch theoretische Überlegung der Bildung des Landes Brandenburg. 32 Februar 1990 – Eine Collage Chronik März 1990 März 1990 01.03.1990 Gründung der Treuhandgesellschaft. Bad Blankenburg: Gründung des Thüringer Fußballverbandes bestehend aus den Bezirksfachausschüssen Suhl, Erfurt und Gera. 02.-04.03.1990 Rückkehr auf die internationale Bühne: Nach Jahrzehnten der Unterdrückung nimmt die DDR-Tischtennis-Nationalmannschaft bei den Europameisterschaften in Göteborg teil (Platz 24). Der Tischtennisverband der DDR (DTTV) hatte sich nach internationalen Turnieren in Cottbus (1971) und Gera (1973) aus dem Leistungsgeschehen zurückgezogen. Wettkämpfe waren nur noch mit Gegnern aus den sozialistischen Ländern erlaubt. 03.03.1990 Karlsruhe: Erster Tischtennisländervergleich Bundesrepublik gegen DDR seit 1961. Laucha: Erster offizieller Drachenflug auf dem Territorium der DDR. 03.03.1990 Adidas-Produkte sind nun im DDREinzelhandel erhältlich. 03./04.03.1990 Außerordentlicher Turn- und Sporttag des DTSB mit erstmals demokratischer Neuwahl des Präsidenten. Der ehemalige Präsident des Bobsportverbandes der DDR, 33 Martin Kilian, wird zum neuen ehrenamtlichen Präsidenten gewählt. Generalsekretär wird Jochen Grunwald. Anwesend waren 1.100 Delegierte. 04.03.1990 Erstes Treffen zwischen Willi Daume, Präsident des westdeutschen Nationalen Olympischen Komitees und Joachim Weiskopf, ab dem 16. Juni 1990 Präsident des ostdeutschen NOKs. 05.03.1990 Außerordentlicher Verbandstag ADMV der DDR (Motorsport). des Leipzig: DDR-Premiere für American Football. 06.03.1990 Der Präsident des Deutschen Sportbundes, Hans Hansen, appelliert in einem dpaInterview, nichts zu überstürzen. Das erste Cottbusser Fitnessstudio wird eröffnet. 07.03.1990 Mit einem 25:20 Sieg bei der HandballWeltmeisterschaft in der CSSR sichert die DDR-Auswahl der gesamtdeutschen Mannschaft die Olympiaqualifikation für Barcelona. Die Auswahl des Deutschen Handball-Bundes (DHB) hingegen nahm an der drittklassigen C-WM in Finnland teil und hätte sich maximal für die B-WM 1992 in Österreich qualifizieren können. 34 Befreiung von der Altlast – Am 31. März 1990 wurde im DDR-Fußball der Demokratisierungsprozess eingeleitet Michael Barsuhn Befreiung von der Altlast Am 31. März 1990 wurde im DDRFußball der Demokratisierungsprozess eingeleitet von Michael Barsuhn März 1990. Dreizehn Tage nachdem die Mehrheit der DDR-Bevölkerung in den ersten freien und geheimen Volkskammerwahlen für eine schnelle Vereinigung votiert hatte, bereiteten die Delegierten des DFV der DDR das Fundament für die Demokratisierung ihres Verbandes. Dabei geriet der erste unter Mitwirkung der Fußball-Basis vorbereitete Verbandstag in Strausberg bei Berlin zu einer hochemotionalen Veranstaltung. Heinz Krügel, ehemals Trainer des 1. FC Magdeburg, warf der alten Verbandsleitung in einer flammenden Ansprache Machtmissbrauch und Arroganz vor. Die Funktionäre hätten den "Dirigismus von ZK und Bezirksleitung der SED" ohne Widerspruch geduldet und zeitweise sogar selbst in Trainingsprozesse eingegriffen. Die Stimmung war angeheizt. Das Plädoyer überzeugte die Delegierten. Basis-Kandidat Hans-Georg Moldenhauer setzte sich in freier und geheimer Wahl mit 55 Prozent gegen den amtierenden Präsidenten und langjährigen Spitzenfunktionär Günter Schneider (44 Prozent) durch. Dieser war zu tiefen DDRZeiten unter anderem in die Aburteilung der Dresdener Spieler Peter Kotte und Matthias Müller involviert gewesen. Beide wurden 1982 wegen versuchter Republikflucht gesperrt. Obwohl Hans Modrow als damaliger Sekretär der SED-Bezirksleitung Dresden für eine Begnadigung plädierte, ließ sich Schneider trotz persönlicher Bitte der Spieler nicht erweichen. Die Anfrage wurde negativ beschieden. Erst als ihre Karriere schon zu Ende war - im Januar 1990 - erfolgte die Rehabilitierung der beiden Spieler durch den DFV. Für seine Fehlleistungen erhielt Schneider nun nachträglich die Quittung. Der Machtwechsel war perfekt. Wenige Minuten nach der Wahl verweigerte Generalsekretär Wolfgang Spitzner der neuen Füh- rung demonstrativ die Gefolgschaft: Er drückte dem verdutzten Moldenhauer einen Zettel in die Hand: "Hiermit erkläre ich meinen Rücktritt als Generalsekretär des DFV." Die abgewählte Führungsriege erschien nicht einmal mehr zum abendlichen Bankett, da sie sich, so die Beobachtung des damaligen Chefs der Neuen Fußballwoche, Jürgen Nöldner, als Opfer eines "Dolchstoßes" fühlte. Frustration auf der einen, Erleichterung auf der anderen Seite. Die Mehrheit der Delegierten freute sich über die lange Liste der verabschiedeten Reformen. Sie umfasste eine neue Lizenzspielerordnung, eine modifizierte Wettkampfordnung, eine neue Satzung, die Wahl eines Liga-Ausschusses zur Vertretung der Interessen der Lizenzvereine, die Umwandlung des Generalsekretariats zur Geschäftsstelle - alles wichtige Schritte zur Rechtsangleichung mit dem DFB. Auf dem Weg zur deutschen Fußball-Einheit galt ab dem 31. März 1990 die Losung Moldenhauers: "Je besser ich arbeite, um so kürzer bin ich im Amt." In zahlreichen Unterredungen bereitete er in den kommenden Monaten mit DFBPräsident Neuberger die Vereinigung im Fußball vor. Neuberger rechnete aus "sporttechnischen und -rechtlichen Gründen" mit einem Zusammenschluss erst im Frühjahr 1992. Moldenhauer hingegen erkannte die Dynamik der gesellschaftlichen Entwicklung. In einem Vier-Augen-Gespräch während der Fußball-WM in Italien appellierte er an DFB-Abteilungsleiter Horst R. Schmidt: "Haben Sie gesehen, wie die Mauer gefallen ist? Wissen Sie, dass ein ganzer Block zusammengebrochen ist? Armeen sind weggefegt, Armeen! Staatssicherheit, alles fällt und geht weg, und ich soll in diesem Ganzen ausgerechnet einen eigenständigen Fußballverband mit dem Begriff DDR bis 92 erhalten!?" Die Geschichte gab Moldenhauer Recht: Am 21. November 1990 trat der als Nordostdeutscher Fußballverband neu gegründete DFV in Leipzig dem DFB bei: Die deutsche Fußball-Einheit war vollzogen. Chronik März 1990 08.03.1990 Henry Maske unterschreibt Profivertrag mit Manager Wilfried Sauerland. Die „Märkische Volkszeitung“ beklagt den Ausverkauf des DDR-Handballs. 35 Frankfurt am Main: Terminvereinbarungen für die Qualifikationsspiele zur Europameisterschaft 1992 in Schweden, Gruppe 5, Bundesrepublik gegen DDR: Hinspiel am 21. November 1990 in Leipzig; Rückspiel im Dezember 1991 in München. 09.03.1990 Bonn: Die Bundesregierung will die deutsch-deutschen Sportveranstaltungen im laufenden Jahr mit 7,8 Millionen DMark unterstützen. Gründung der Potsdamer Rudergesellschaft. 11.03.1990 Im Interview mit dem „Deutschlandfunk“ gibt sich der ehemalige DTSB- und NOKPräsident der DDR ahnungslos bezüglich Doping- und Stasiverwicklungen im Sport. 15.03.1990 „ADN“: IOC-Mitglied Walther Tröger, zugleich IOC-Sportdirektor und NOKGeneralsekretär, erklärt zu den Plänen einer gesamtdeutschen Olympiamannschaft: „Die Politik müsse die Voraussetzungen schaffen. Nach einer staatlichen Vereinigung werde das IOC selbstverständlich dem deutschen Wunsch auf Anerkennung eines NOK nachkommen.“ 12.03.1990 „Gib das mal den Mädels“ – der ehemalige DDR-Schwimmtrainer Michael Regner äußert sich über seine alltägliche Dopingpraxis im „Spiegel“. 13.03.1990 Der Innenminister der Bundesrepublik, Wolfgang Schäuble, spricht sich für eine gemeinsame Olympiamannschaft aus. Das Know-How des Leistungssports der DDR müsse bewahrt bleiben, so Schäuble. 14.03.1990 Beginn der 2+4 – Verhandlungen. Letzte Gespräche des Runden Tisches des Sports. Es wird eine Resolution an die Volkskammer verabschiedet. 15.03.1990 Reaktion auf Regners Anklage: DDRSchwimmer weisen Dopingvorwürfe zurück. Potsdam: westdeutsche Kanuten testen das Strömungsbecken der Potsdamer Kanuten. Potsdam: Gründung der Leichtathletikgemeinschaft Luftschiffhafen. „ADN“: Eine schnellere deutsche Wiedervereinigung im Sport hält hingegen Primo Nebiolo, Präsident der Vereinigung der Olympischen Sommersport-Fachverbände (ASIOF) und des InternationalenLeichtathletik-Verbandes (IAAF), für möglich: „Auch ohne politische Einheit könnte bei unserer nächsten Weltmeisterschaft 1991 in Tokio ein deutsches Team antreten. Es genügt, wenn sich die beiden Leichathletik-Verbände einigen und eine einzige Anmeldung vornehmen“, erklärte der Italiener. 17.03.1990 Rostock: Ein Ligaausschuss Handball aus Vertretern aller elf Oberliga-MännerMannschaften konstituiert sich. Sprecher: Ewald Astrath. 36 Frankfurter Allgemeine Zeitung 12.03.1990 Der ehemalige Potsdamer Schwimm-Trainer berichtet Regner über Sportalltag in der DDR: Schon Jugendliche systematisch gedopt HAMBURG (sid/dpa). Im DDRSchwimmsport wurde jahrelang mit Erfolg gedopt. Auch die sechsfache Olympiasiegerin Kristin Otto und Europameister Jörg Hoffmann sollen von ihren Trainern systematisch mit Anabolika versorgt worden sein. Das schreibt in der neuesten Ausgabe des Nachrichtenmagazins „Der Spiegel“ der ehemalige Schwimmtrainer des ASK Vorwärts Potsdam, Michael Regner. Bei dem Medikament, das in allen Trainingsgruppen in der DDR verteilt worden sein soll, handelt es sich um das Anabolikum Oral-Turinabol. Das Präparat wird im VEB Jenapharm hergestellt und ist eine rezeptpflichtige muskelbildende Arznei. Wörtlich schreibt Regner: „Die Anwendung der Anabolika wurde zentral gesteuert. In Ost-Berlin saß eine Kommission, die jedes Jahr ein ‚Programm für die sportmedizinische Unterstützung’ erstellte. Dies diente keinem anderen Zweck als dem systematischen Aufbau der Athleten mit Anabolika.“ Inzwischen sei durch die politischen Umwälzungen das Doping-Verfahren aber nicht mehr intakt. Die Trainer mußten nach Regners Worten über jeden Zyklus Protokoll führen. Nie sei ein Mitglied aus Potsdam während eines Wettkampfes des Dopings überführt worden. Um diese Gefahr auszuschließen, habe kein Sportler die DDR verlassen dürfen, der sich nicht vorher einer Dopingprobe unterzogen hatte. Hierfür sei das Zentrale Dopinglabor des Sportmedizinischen Dienstes in Kreischa verantwortlich gewesen, in dem rund um die Uhr gearbeitet worden sei. Regner schreibt weiter, daß das Dopinglabor in Kreischa nach dem positiven Befund des kanadischen Sprinters Ben Johnson bei den Olympischen Spielen 1988 an neuen Dopingmitteln gearbeitet habe, die aus Nasenspray-Flaschen benutzt werden sollten. Das Experiment habe sich je doch nicht bewährt. Insge- samt hat der Skandal um Ben Johnson nach Regners Auffassung an der Doping-Praxis in der DDR wenig verändert. Nach den Sommerspielen 1988 habe nur eine kurze Verunsicherung geherrscht. Bereits Anfang 1989 seien die Schwimmer der DDR von den Medizinern wieder in gewohntem Umfang mit Anabolika versorgt worden. Das erstemal war Regner im Juni 1987 vom Potsdamer Schwimm-Arzt Dr. Jochen Neubauer mit Tabletten versorgt worden, die er an seine Gruppe mit zwölf- bis vierzehnjährigen Schwimmerinnen weiterreichen mußte. Zwölf Tage lang mußte er den jungen Mädchen jeweils eine halbe Pille in den Vitamintrank mischen. Wenig später mußte Regner eine GeheimhaltungsErklärung unterschreiben. Von Ende Oktober 1987 an hatte Regner die weibliche Spitzengruppe des ASK Vorwärts Potsdam trainiert, zu der auch Grit Müller und Diana Block gehörten. Das Anabolikum erhielt er jetzt als Tabletten in der Originalverpackung. Die Mädchen, die ebenfalls ein Geheimhaltungs-Formular unterschreiben mußten, wußten, was sie einnahmen. Regner schreibt weiter: „Bei entsprechendem Talent und entsprechendem Training haben Anabolika eine ungeheure Fahrstuhlwirkung. Jugendliche im Alter von 14 oder 15 Jahren werden damit systematisch aufgebaut und so in relativ kurzer Zeit auf WeltklasseNiveau gehievt." Daß auch die sechsfache Olympiasiegerin von Seoul Kristin Otto, Anabolika zu sich genommen habe, beschreibt Regner im „Spiegel“ so: „So erzählt er (Trainer Kollege Stefan Hetzer) mir beispielsweise, daß seine beiden Parade-Schwimmerinnen, Kristin Otto und Silke Hörner, im Zuge der allgemeinen Angst vor verschärften Kontrollen ‚erst mal bis zu den DDRMeisterschaften sauber bleiben’ soll- Frankfurter Allgemeine Zeitung 12. März 1990 ten.“ Der heute 37 Jahre alte Trainer lebt und arbeitet seit einigen Tagen in Neuseeland. Seit Dezember 1978 war er Schwimmtrainer in Potsdam. Im August 1989 war er über Ungarn aus der DDR geflüchtet und einige Monate beim 1. Offenbacher Schwimm-Club, dem Verein von Olympiasieger Michael Groß, tätig gewesen. Die Enthüllungen von Regner finden größtenteils Bestätigung. „Bis auf einige Unklarheiten ist viel Wahres dabei“, sagt der 22 Jahre alte Raik Hannemann aus Leipzig, Europameisterschaftszweiter über 200 Meter Lagen. Allerdings schränkte er ein: „Nicht alle DDR-Schwimmer waren oder sind gedopt.“ Christian Poswiat, im vergangen November aus der DDR nach Wuppertal übergesiedelt, sagt: „Die Sportler wurden zum Doping gezwungen, uns blieb nichts anderes übrig. Auch ich habe es kurzfristig ausprobiert. Aber ich habe gemerkt, daß es bei mir ohne besser ging.“ Verärgert reagierte die 20 Jahre alte Manuela Stellmach, dreifach Europameisterin aus Ost-Berlin. „Das hört sich so einfach an. Man geht jeden Tag zum Trainer, holt sich eine Pille, und schon ist man viel schneller als die anderen.“ Unterstützung erhält sie von Michael Groß: „Wer die DDR-Mädchen einmal trainieren sah, kann die Leistungen nicht nur auf Doping zurückführen. Ich glaube, die wären auch so überlegen gewesen“, sagt der dreimalige Olympiasieger. Das Vorgehen Regners verurteilt Groß. „Das ist nicht fair. Es könnte auch jemand behaupten, ich sei gedopt. Wie soll man sich dagegen wehren?“ Der gleichen Ansicht ist auch der Wuppertaler Frank Hoffmeister, der sich 1984 in Rom vom DDR-Team abgesetzt hatte. „Es gibt Leute, die kommen hierher und werden damit nicht fertig. Die wollen sich ins Gespräch bringen.“ Chronik März 1990 37 18.03.1990 Erste und einzige freie Parlamentswahlen in der DDR. Sieger ist die „Allianz für Deutschland“, die eine rasche Wiedervereinigung anstrebt. 23.03.1990 Stuttgart: Projektgruppe der Handballverbände der beiden deutschen Staaten. DHB und DHV der DDR streben einheitlichen Handballverband an. Cottbus: Ausrüstervertrag zwischen Puma AG Herzogenaurach und der Sektion Leichtathletik des SC Cottbus. Berlin (West): Otto Höhne wird zum neuen Präsidenten des Berliner Fußballverbandes (BFV) gewählt. Gemeinsam mit Uwe Piontek, Präsident des FVB (Ostberliner Fußballverband), organisierte er später die Vereinigung des Berliner Fußballs. 19.03.1990 Für das Amt des Präsidenten des Fußballverbandes (DFV der DDR) kandidieren Günter Schneider und Dr. Hans-Georg Moldenhauer. 21.03.1990 Berlin: Pressekonferenz des neuen DTSBPräsidenten Martin Kilian, der von der DDR-Führung eine umfassende Unterstützung erwartet. Oslo: Die DDR wird auf der Jahrestagung des Europäischen Tennis-Verbandes als neues Mitglied aufgenommen. Berlin: Der Sportklub SC Dynamo Berlin nennt sich ab sofort 1. Polizei-Sportklub Berlin mit den Sportarten Boxen, Eiskunstlauf, Eisschnelllauf, Fechten, Handball, Judo, Leichtathletik, Radsport, Rudern, Schwimmsport, Turnen und Volleyball. Die Sektion Eishockey formiert sich als selbstständiger Eishockeyklub unter dem Namen EHC Dynamo Berlin. 24.03.1990 Erste gemeinsame Präsidiumstagung der Basketballverbände (DBV und DBB) in der Landessporthalle Westberlin. 26.03.1990 Radball-Vertretungen der DDR nehmen, nach 23jähriger Abstinenz am Europapokalwettbewerb teil. 29.03.1990 DTSB verkauft seine Yacht „Sturmvogel II“. 31.03.1990 Erster demokratisch vorbereiteter Verbandstag des ostdeutschen Fußballs, erste demokratische Wahl eines Verbandspräsidenten (Moldenhauer). Erster deutsch-deutscher Renntag auf der Galopprennbahn Hoppegarten. 38 März 1990 – Eine Collage Chronik April 1990 April 1990 01.04.1990 Potsdam: Anrudern und Anpaddeln gemeinsam mit Westberlinern. Bezirksfachausschuss Leichtathletik Berlin und SCC Berlin organisieren gemeinsam einen Lauf durch Berlin. 05.04.1990 Der Direktor des Bundesausschusses Leistungssport im Deutschen Sportbund, Professor Rolf Andresen, erklärt in der neusten Ausgabe der Zeitschrift „NOKReport“: „Gesamtdeutsches Team bei Olympia 1992 möglich“. Duisburg: Die Kanusportverbände der beiden deutschen Staaten haben eine Arbeitsgruppe gebildet. Hannover: Erstes Treffen der Präsidenten des DTSB der DDR, Martin Kilian, und des DSB, Hans Hansen. Klare Konturen für den Vereinigungsprozess. Frankfurt (Oder): U-20 Länderkampf im Ringen zwischen DDR und Bundesrepublik bei den 1. Frankfurter Ringertagen. 07.04.1990 Der Leipziger Handball-Nationalspieler Peter Hofmann wird in der nächsten Saison für Wallau/Massenheim starten. Der Deutsche Seglerverband ist ab sofort bereit, Segel-Gemeinschaften aus der DDR sowie auch DDR-Landesverbände in seinen Reihen aufzunehmen. Frankfurt (Oder): Gründung des Brandenburgischen Gewichtheber- und Fitnessverbandes. Präsident: Frank Wetzold. 09.04.1990 Berlin: Der Präsident des Deutschen Sportbundes, Hans Hansen, bietet im Gespräch mit Journalisten Unterstützung der DDR Vereine an und verkündet zu diesem 39 Zweck eine Vertretung in Westberlin gründen zu wollen. 10.04.1990 Potsdam: Erster Verbandstag des Deutschen Wasserskiverbandes der DDR. Potsdam: Diskussionen des Kreisvorstandes des DTSB der DDR mit allen Parteien, Massenorganisationen sowie politischen Gruppierungen. 12.04.1990 Lothar de Maiziere wird in der Volkskammer zum Ministerpräsidenten gewählt. Weißwasser: Gründung des Deutschen Eishockey-Verbandes der DDR. Präsident: Peter Kolbe. 13.04.1990 Hennigsdorf: Erstmals seit dem Zweiten Weltkrieg spielt eine englische RugbyMannschaft gegen Stahl Hennigsdorf. 17.04.1990 Hoppegarten: Gründung von sechs Pferdesport-Rennvereinen: Hoppegarten, Dresden, Leipzig, Halle, Magdeburg und Gotha-Boxberg. 18.04.1990 Berlin: Pressekonferenz zur zweiten Runde des deutsch-deutschen Sportgipfels. Die Präsidenten, Martin Kilian (DTSB der DDR) und Hans Hansen (DSB), drängen auf Ministergespräch. Handball: Weitere Abgänge gen Westen: Rüdiger Traub, Olaf Peitz, Timo Pötzsch, Matthias Bölk, Kathrin Kohlhagen. Neubrandenburg: Sponsorenvertrag zwischen dem SC Neubrandenburg und der Sportartikel-Firma Nike. 40 „Gemeinsam sind wir die Größten“? – Olympia 1992 als Traum und Albtraum Jutta Braun „Gemeinsam sind wir die Größten“? Olympia 1992 als Traum und Albtraum von Jutta Braun April 1990. Im Jahr 1964 hatte es letztmalig ein gesamtdeutsches olympisches Team gegeben. Damals noch unter den Bedingungen des Kalten Krieges: Mit deutsch-deutschen Qualifikationsspielen, die aufgrund der angespannten politischen Lage vor leeren Zuschauerrängen als Geisterspiele ausgetragen werden mussten. Und bestimmt von dem Bestreben der DDR, den kopfstärkeren Teil der gemeinsamen Mannschaft zu stellen. Nun im Jahr 1990, die deutsche Einheit vor Augen, stellte sich die Frage eines gemeinsamen olympischen Teams mit brennender Aktualität. Politik und Sport zeigten sich hierbei optimistisch: Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble ging bereits im März 1990 von der Bildung einer gemeinsamen Olympiamannschaft für die Olympischen Spiele in Albertville und Barcelona 1992 aus; der ostdeutsche Ministerpräsident Lothar de Maziére plädierte ebenfalls bereits in seiner Regierungserklärung vom 20. April 1990 für ein vereintes Team. Das IOC hielt sich freundlich bedeckt: Diese Frage sei allein Sache der Deutschen, verkündete Antonio Samaranch. Weniger neutral wurde die Angelegenheit vom westlichen Ausland beäugt: Im März 1990 schürte die Sporttageszeitung L’ Equipe Ängste vor einem „deutschen Sportkoloss“, illustriert durch einen steinernen Muskelprotz der Nazi-Zeit auf der Titelseite. Etwas höflicher, aber dennoch bestimmt bemerkte ein amerikanischer ABCReporter im April bei einer Pressekonferenz von DSB und DTSB, das Wichtigste für ihn als Amerikaner sei die Frage, ob ein vereinigtes Deutschland 1992 bei den Olympischen Spielen die „Weltmacht Nummer Eins“ werde. Während das Ausland also das Bild eines unbezwingbaren Monolithen beschwor, der nur darauf wartete, mit vereinter Kraft sportlich loszuschlagen, waren zahlreiche ost- und west-deutsche Spitzenathleten von der Idee eines gemeinsamen Teams alles andere als begeistert. Bundesdeutsche Sportler fürchteten, gegenüber den DDR-Athleten ins Hintertreffen zu geraten, so erklärte JudoOlympiasieger Frank Wieneke: „Ich bin gegen eine gemeinsame Mannschaft 1992. Die Sportler dort haben jahrzehntelang die besten Bedingungen geboten bekommen, und jetzt geht das einfach so weiter. Die sollen erst mal lernen, unter unseren, also reellen Bedingungen Sport zu treiben. Eine gemeinsame Mannschaft in naher Zukunft würde die Chancen der bundesdeutschen Sportler enorm einschränken.“ Auch RodelWeltmeister Georg Hackl sah „nicht ein, dass die DDR-Leute schon wieder bevorzugt werden sollten.“ In die Sorge um die eigene Karriere mischte sich hier ein offenbar seit längerer Zeit aufgestauter Unmut über die als besser eingeschätzten Rahmenbedingungen der DDR-Sportler. Auf ostdeutscher Seite kalkulierte man 1990 ebenfalls die Chancen in einem vereinten Team. Diskuswerfer und Olympiasieger Jürgen Schult rechnete vor, er sei für zwei Mannschaften, einfach „weil dann sechs Diskuswerfer starten können und nicht nur drei.“ Stimmen für eine gemeinsame Mannschaft hörte man vorwiegend von Sportlern, die entweder nicht mehr aktiv waren oder Dank ihres Ausnahmekönnens einen Startplatz so gut wie sicher hatten. Die Olympischen Spiele des Jahres 1992 wurden für das vereinte Deutschland tatsächlich zu einer sportlichen Sensation: Maßgeblich aufgrund der herausragenden Leistungen der ostdeutschen Athleten im bundesdeutschen Kader gewann die Bundesrepublik bei den Winterspielen in Albertville erstmals die Medaillenwertung. 63 Prozent der Winterund 50 Prozent der Sommermedaillen wurden von Athleten aus der ehemaligen DDR erzielt; sie stellten im Sommer zwei Drittel aller olympischen Sieger, im Winter 60 Prozent. Dass die Sport-Welt dennoch nicht in Angst vor einer alles überstrahlenden Olympia-Großmacht Bundesrepublik erstarren musste, haben spätestens die Spiele von Athen 2004 gezeigt. Chronik April 1990 18.04.1990 Boxfachleute aus den Bezirken Potsdam, Frankfurt (Oder) und Cottbus trafen sich zur Konstituierung des Arbeitsausschusses für die Bildung eines Landesverbandes Boxen im zukünftigen Land Brandenburg. 19.04.1990 Malta: UEFA-Kongress in Malta: Erstes Treffen der Präsidenten der beiden deutschen Fußballverbände Hans-Georg Moldenhauer und Hermann Neuberger. Potsdam: Tagung des Bezirkssportausschusses. Neuer Präsident: Professor Dr. Gerhard Junghähnel. Der bisherige DTSBBezirksvorstand stellt seine Tätigkeit ein. Der DTSB-Bezirksvorsitzende Helmut Klopp geht in den Vorruhestand. 20.04.1990 Witten: Ringer-Ländervergleich zwischen Luckenwalde und Witten. Berlin: Tagung des Präsidiums des NOK der DDR unter Vorsitz des amtierenden Präsidenten Dr. Günther Heinze. DDRNOK plädiert für ein gesamtdeutsches Komitee. 21.04.1990 Cottbus: Erweiterte Bezirksvorstandssitzung. Der bisherige hauptamtliche Vorsitzende Alfons Hengstler geht in den Vorruhestand. Neuer ehrenamtlicher DTSBBezirksvorsitzender: Günter Jentsch. Berlin: Gründung des Läuferbundes der DDR. 41 Leipzig: Gründung eines Berufsverbandes der Trainer und Sportlehrer. Erster Vorsitzender: Uwe Wiegand. Berlin: Außerordentlicher Verbandstag der Pferdesportler. Neuer Präsident des Deutschen Pferdesportverbandes der DDR: Dr. Rudolf Fuchs. Bad Schmiedeberg: Außerordentlicher Verbandstag des Deutschen Anglerverbandes der DDR. Neuer Präsident: Bernd Miukulin. Verbandstag Gewichtheber und Fitness. Neuer Präsident: Dr. Siegfried Schmücking. 22.04.1990 Güstrow: Nach 19 Jahren veranstaltet der ADMV wieder einen WM-Lauf in Güstrow. In einem Rundfunkinterview plädiert Cordula Schubert, neue Ministerin für Jugend und Sport der DDR, für ein gemeinsames Olympiateam 1992. 25.04.1990 Berlin (West): Pressekonferenz des DSBPräsidenten Hans Hansen. Die DSBFührung strebe eine großzügige Zusammenarbeit mit dem DDR-Sport ohne voreilige Zusammenschlüsse an. Olaf Ludwig im Interview mit dem Magazin „Playboy“: „DDR-Sportsystem war gut“. Günter Radowski, DDR-Boxtrainer, ist in die Bundesrepublik übergesiedelt. Strausberg: Gründung des Brandenburgischen Judoverbandes e. V. aus Vertretern der drei Bezirke Frankfurt (Oder), Potsdam und Cottbus. Präsident: Henry Hempel. 21./22.04.1990 Dresden: Gründung des Deutschen GolfVerbandes der DDR. Präsident: Bernd Rudolph. Leipzig: Gründung des Judoverbandes Sachsen. 42 Süddeutsche Zeitung 06.04.1990 Die Methode des Artikels 23 als Favorit Die Vereinigung der deutschen Sportverbände soll sich nach dem politischen Weg richten Hannover (dpa) – Der Fahrplan zur Einigung des deutschen Sports nimmt Konturen an. Schon bis Ende Juni wollen der Deutsche Sportbund (DSB) und der Deutsche Turn- und Sportbund (DTSB) der DDR verbindlich vereinbaren, unter welchen Bedingungen und in welcher Form sich der Zusammenschluß des Sports der Bundesrepublik und der DDR vollziehen soll. Darauf verständigten sich DSB-Präsident Hans Hansen und DTSB-Präsident Martin Kilian bei ihrem ersten Sportgipfel am Donnerstag in Hannover. „Wir haben beide auf das Tempo gedrückt. Bei der Klärung der Fragen darf es keinen Aufschub geben. Bis Ende Juni wollen wir das Konzept für die Einheit des Sports in Deutschland auf den Tisch legen“, erklärten Hansen und Kilian übereinstimmend. Beide Spitzenfunktionäre hielten schon für die Olympischen Spiele 1992 in Albertville und Barcelona ein gemeinsames Olympiateam für möglich, wobei das Prinzip gelten soll: Zwei Länder, zwei Mannschaften – ein Land, eine Mannschaft. Kilian meinte dazu: „Sollte die staatliche Einheit in der Zeit Sommer/Herbst 1991 erfolgen, dann gebe ich zu bedenken, in Albertville noch mit zwei Mannschaften anzutreten.“ Hansen und Kilian verwiesen in diesem Zusammenhang auf die Zuständigkeit der beiden deutschen Nationalen Olympischen Komitees (NOK), denen sie wie den nationalen Fachverbänden der Bundesrepublik Süddeutsche Zeitung 6. April 1990 und der DDR empfahlen bis Jahresmitte die Konzepte ihrer Zusammenschlüsse zu vereinbaren. „Es war das wichtigste Zusammentreffen zwischen DSB und DTSB in den letzten Jahrzehnten. Bei dem hervorragenden Gespräch gab es weitgehende Übereinstimmung“, erklärte Hansen nach dem dreistündigen Treffen mit Kilian, an dem auch beide Generalsekretäre Norbert Wolf (DSB) und Jochen Grünwald (DTSB) teilnahmen. Hansen und Kilian vereinbarten schon für den 18. April in OstBerlin die ersten Verhandlungen von Präsidialkommissionen von DSB und DTSB. Die weiteren Spitzentreffen dieses Lenkungsausschusses, in dem Hansen und Kilian abwechselnd den Vorsitz übernehmen, wurden für den 23. März (West-Berlin) und den 28. Juni festgelegt. Für die Bereiche Leistungssport, Breitensport, Strukturen und Wissenschaft werden vier gemeinsame Kommissionen schon demnächst ihre Arbeit aufnehmen. „Zu unseren Übereinstimmungen gehörte auch, daß der künftige gesamtdeutsche Sport föderativ aufgebaut und von der Gemeinnützigkeit getragen sein muß“, berichtete Hansen. Der DTSB, der rund drei Millionen Mitglieder hat (DSB: 20 Millionen), war bis zur politischen Wende in der DDR strikt zentralistisch ausgerichtet. Der Sport will sich jedoch nicht nur im Tempo der Vereinigung an der Politik ausrichten, sondern auch in der Methode. „Sollte die deut- sche Einheit nach Artikel 23 des Grundgesetzes erfolgen, also durch Beitritt der DDR zur Bundesrepublik, dann wird es auch im Sport eine Entsprechung geben“, sagte Hansen. Kilian meinte dazu: „Wenn Parlamente und Regierungen den Artikel 23 als Grundvoraussetzung annehmen, wird der Sport in gleicher Weise reagieren.“ Hansen war mit dem Ziel in diese erste Gesprächsrunde mit dem DTSB gegangen, „unter dem Dach des DSB das Bewährte des DDRSports einzubringen.“ Kilian kündigte an, daß sich schon unmittelbar nach der Bildung der Länder in der DDR Landessportbünde nach dem Vorbild der Bundesrepublik gründen würden. Er könne sich vorstellen, „daß Berlin sich nicht nur als gemeinsame Olympia-Stadt profilieren wird, sondern auch als eine Sportunion Berlin“, in der modellhaft die künftige Zusammenarbeit des deutschdeutschen Sports erfolgen sollte. Als „größtes Problem“ der deutschen Sportvereinigung bezeichnete Hansen den Bereich der Fachverbände. Ihr Zusammenwachsen sei auch abhängig von der Zustimmung der zuständigen internationalen Verbände, die darüber entscheiden würden, wann es zur Bildung jeweiliger gemeinsamer Nationalmannschaften kommt. Kilian wagte als persönliche Prognose, daß es „in einem Jahr oder in eineinhalb Jahren“ einen einzigen deutschen Sportbund geben werde. Chronik April 1990 43 26.04.1990 Vorschlag von NOK –Präsident Heinze für eine gemeinsames Olympisches Komitee. 28.04.1990 Gera: Die erste deutsch-deutsche Allkategorien-Meisterschaft der Gewichtheber. Leipzig: gleich. Deutsch-deutscher Tennisver- Berlin: Gründung des BTSV, Bund technischer Sportverbände. Verbandstag Badminton. Neuer Präsident: Gerd Pigola. Verbandstag Leichtathletik. Neuer Präsident. Professor Dr. Gerd Schröter. 28./29.04.1990 Dresden: Gründung des Deutschen Eishockeyverbandes der DDR. Präsident: Heinz Illing. Wendeverbandstage der Sportfachverbände der DDR 28./29.04.1990 „ND“-Gespräch mit Cordula Schubert zur Finanzierung des Sports und über den Entwurf des DTSB zu einem Sportgesetz. Verbandstag Rudern. Neuer Präsident: Alfred B. Neuman. 28.04.-01.05.1990 Rostock: Ost-West-Surf-Cup 90. Verbandstag Faustball. Neuer Präsident: Professor Dr. Heinz Frankiewicz. 29.04.1990 Werder/Potsdam: Erster deutsch-deutscher Vergleich zwischen Wasserskisportlern. Verbandstag Rennschlitten/Bobsport. Präsident: Karl-Heinz Anschütz. Verbandstag Judo. Neuer Präsident: Dr. Erhard Buchholz. Verbandstag Ski in Wernigerode. Neuer ehrenamtlicher Präsident Ulrich Wehling. Verbandstag Radsport. Neuer Präsident: Wolfgang Schoppe. Verbandstag Ringen. Neuer Präsident: Heinz Weinhold. Verbandstag Segeln. Neuer Präsident: Walter Kaczmarczyk. 30.04.1990 Berlin (Ost): Neuer DTSB-Bezirksvorsitzender: Dr. Wolfgang Schmahl. Westdeutsches Versicherungsunternehmen „Nürnberger“ wird neuer Hauptsponsor des Deutschen Handballverbandes der DDR. 44 April 1990 – Eine Collage Chronik Mai 1990 45 Mai 1990 01.05.1990 Berlin: Olympiasieger beider deutscher Staaten sprechen sich auf einem Treffen für ein gemeinsames deutsches Team aus. 02.05.1990 DDR-Handball-Auswahlspieler Fuhrig wird von Wallau-Massenheim unter Vertrag genommen. 03.05.1990 Die beiden DDR-Eishockey-Klubs EHC Dynamo Berlin und Dynamo Weißwasser werden ab der Saison 1990/91 am Spielbetrieb der zweiten westdeutschen Eishockey-Bundesliga teilnehmen. 04.05.1990 Verbandstag des DTTV der DDR (Tischtennis). Demokratisierung des Verbandes. 05.05.1990 Wendeverbandstage der Sportfachverbände der DDR Verbandstag Handball. Präsident Professor Dr. Hans-Georg Herrmann wird im Amt bestätigt. Verbandstag Schwimmen. Neuer Präsident: Wilfried Windolf. Verbandstag Kegeln. Neuer Präsident: Gerhard Rostalski. Verbandstag Tischtennis. Präsident Werrner Lüderitz wird in seinem Amt bestätigt. Verbandstag Hockey. Neuer Präsident: Dr. Günther Conradi. Verbandstag Bogenschießen. Präsident Dr. Günther Kohl wird in seinem Amt bestätigt. Verbandstag Billard. Präsident Rolf Weiß wird in seinem Amt bestätigt. Verbandstag Rollsport. Neuer Präsident: Horst Leonhardt. 05.05.1990 Zinnwald: Gründung eines selbstständigen Fachverbandes der Kunstläufer. Präsident: Reinhard Mirmseker. Berlin: Gründung eines selbstständigen Fachverbandes Eisschnelllauf. Der Deutsche Boxverband der DDR beschließt die Bildung von Olympialeistungszentren in Schwerin, Berlin, Cottbus und Halle. Turnweltmeister Andreas Wecker kehrt zum 1. SC Berlin zurück. Cottbus: Fußballfreundschaftsspiel der Altinternationalen der Bundesrepublik und der DDR. 07.05.1990 Berlin: Gespräch zwischen DDRSportministerin Cordula Schubert und dem Präsidenten des Westberliner Landessportbundes, Manfred von Richthofen. Die Sportanlagen sollen dem Vereinsleben dienen. 08.05.1990 Berlin: Erstes Gespräch zwischen Cordula Schubert und dem in der Bundesrepublik für Sport zuständigen Innenminister, Dr. Wolfgang Schäuble, über das Zusammenwachsen des deutschen Sports. Königswinter/Bonn: Gemeinsame Tagung von ost- und westdeutschen Sportjournalisten. DFB-Schatzmeister Egidius Braun wird für das zögerliche Einheitstempo des DFB scharf attackiert. 46 Tod einer Massenorganisation (II) – Der innere und äußere Machtverlust des DTSB Jutta Braun Tod einer Massenorganisation (II) Der innere und äußere Machtverlust des DTSB von Jutta Braun Mai 1990. Der „Außerordentliche Turn- und Sporttag“ am 4. März 1990 sollte einen Neuanfang markieren. Doch hatten die ersten freien Wahlen im DTSB von Beginn an einen entscheidenden Geburtsfehler: Die Delegierten des Turn- und Sporttages selbst waren nicht aus einem demokratischen Wahlverfahren hervorgegangen, sondern nach altbekannter zentralistischer Manier delegiert worden; der Wahl eines neuen DTSB-Vorsitzenden fehlte damit von vornherein eine überzeugende Legitimation. Bedrückung und Untergangsstimmung prägten die Veranstaltung: Vergeblich bemühte sich das Präsidium, einen neuen Kapitän für das leckgeschlagene Flagschiff des Staatssports zu finden. Ein potentieller Kandidat nach dem anderen erläuterte schulterzuckend dem Plenum, weshalb er die Aufgabe nicht annehmen könne: der Präsident des Faustballverbandes „bedauerte außerordentlich“, Sportidol Täve Schur verwies unter dem Beifall der Delegierten auf sein Engagement bei der PDS als Entschuldigung. Schließlich erbarmte sich der Präsident des Schlittenund Bobsportverbandes, der damals 61 Jahre alte Bürgermeister von Wernigerode, Martin Kilian. Als einziger Kandidat stellte er sich in Ost-Berlin den 1067 Delegierten – und wurde dankbar gewählt. Der „Hans Modrow des Sports“ war gefunden. Die kommenden Monate sollten für den letzten Präsidenten des DTSB nicht leicht werden: Mit einem rapiden Personalabbau lösten sich die hypertrophen Strukturen des mit über 10.000 Beschäftigten aufgeblähten Apparates bereits seit Frühjahr 1990 auf. Der innere Zerfall war begleitet vom äußeren Bedeutungsverlust. Die wichtigste Maßnahme des ostdeutschen Sportministeriums war, wie der damalige Referent Karl Hans Pezold es formulierte, der Massenorganisation nicht länger „einen Geldkoffer vor die Tür zu stel- len“. Mit der Entscheidung, dem DTSB die Finanzmittel zu entziehen und diese künftig direkt den Fachverbänden zuzuleiten, leistete die Ministerin Cordula Schubert im Mai 1990 den entscheidenden Beitrag zur Herstellung der Autonomie des Sports. Bislang hatte der DTSB durch die dirigistische Verteilung der Mittel selbstherrlich über Wohl und Wehe vieler Sportarten entschieden – dies sollte nun ein Ende finden. Schubert wurde mit dieser Entscheidung allerdings zu einer der bestgehassten Personen der ostdeutschen Regierung. Auf der einer sozialistischen Wagenburg ähnelnden Tagung in Kienbaum Mitte Mai forderte der DTSB ihren Rücktritt, führende Tageszeitungen der DDR stimmten ein. Aus der späteren Einsicht in Verstrickungen der Funktionäre und Pressevertreter mit der Staatssicherheit sieht Cordula Schubert diese Front rückblickend als gezielte Kampagne: „Die haben damals massiv gegen mich gehetzt, und ich weiß mittlerweile auch bewiesen, warum. Das war ihr Kampfauftrag.“ Der DTSB spielte in den deutsch-deutschen Vereinigungsverhandlungen als Partner des DSB nur kurzzeitig eine Rolle. Schäuble und Schubert signalisierten jedoch dem Deutschen Sportbund, dass nicht die Massenorganisation der alten SED-Kader, sondern das Sportministerium der ersten demokratisch gewählten DDR-Regierung der angemessene Ansprechpartner sei. Mit dem Zusteuern auf die deutsche Einheit hatte der DTSB seinen sicheren organisatorischen Tod vor Augen. Als Massenorganisation hatte er die ideologisch zugeschriebene Aufgabe, als „Transmissionsriemen“ der führenden Partei der Arbeiterklasse zu wirken. In Ermangelung einer diktatorischen Einheitspartei erübrigte sich diese Mission. Eine „Massenorganisation des Sports“ war, ebenso wie diejenigen der Jugend und Gewerkschaft, dem staatlichen und sportlichen Gefüge einer westlichen Demokratie systemfremd und damit nicht integrierbar. Zum 5. Dezember 1990 beschloss der ohnmächtige Riese DTSB seine Selbstauflösung. Chronik Mai 1990 47 09.05.1990 Potsdam/Babelsberg: Erstes und einziges Fußball-Länderspiel der FrauenNationalmannschaft gegen die CSFR (0:3). Hameln: Mit Matthias Hahn wechselt der dritte Handballer von SC Empor Rostock zum VfL Hameln. Erklärung des DTSB: Das Präsidium übt Kritik an DDR-Sportministerin Cordula Schubert. Rundschreiben des Bezirksfachausschusses Fußball: Ab Herbst 1990 soll es eine Landesliga Brandenburg geben. 10.05.1990 Der Fußballverband der DDR (DFV der DDR) hat eine Nachricht über den Verzicht seiner Nationalmannschaft für die kommende EM-Qualifikation dementiert. Berlin: Erste Beratung der gemeinsamen Arbeitsgruppe DTSB/DSB. Es kommt zu einer Annäherung beim Thema Breitensport. Die Fußballer Frank Rohde und Thomas Doll wechseln von FC Berlin zum Hamburger SV. Nach der Spielzeit 1989/90 wechselten außerdem Ulf Kirsten, Matthias Sammer, Hans Uwe Pilz, Matthias Döschner, Andreas Trautmann (alle Dynamo Dresden), Wolfgang Steinbach (1. FC Magdeburg) und Joachim Streich (Trainer 1. FC Magdeburg) in die Bundesligen. 11.05.1990 Berlin: Gespräch zwischen Staatssekretär Dr. Horst Iske und DTSB-Präsident Martin Kilian. Missverständnisse über die Äußerungen von Sportministerin Cordula Schubert werden angeblich ausgeräumt. München: Außerordentlicher Verbandstag des Deutschen Eishockeybundes (DEB). Die Vereinigung der Eishockeyverbände der beiden deutschen Staaten ist nahezu perfekt. 12.05.1990 Kienbaum: Auf der zweiten Bundesvorstandstagung des DTSB wird der Rücktritt von Sportministerin Cordula Schubert gefordert. Gründung des Triathlonverbandes und des Karateverbandes der DDR. Frankfurt (Oder): Gründung des Brandenburgischen Volleyballverbandes. Präsident: Gerhard Frommert. Magdeburg: Präsidiumstagung des Basketballverbandes der DDR. Als neuer Präsident wird Dr. Volkard Uhlig gewählt. Eine engere Zusammenarbeit vereinbaren der Deutsche Behindertensportverband (DBS) und der Verband für Versehrtensport der DDR. 13.05.1990 Der Präsident des Deutschen Sportbundes, Hans Hansen, rechnet erst nach Vollzug der staatlichen Einheit mit einer Vereinigung des Sports. 14.05.1990 Gründung des Landesverbandes BerlinBrandenburg der Gehörlosensportler. 15.05.1990 Sportministerin Cordula Schubert spricht sich gegen eine weitere finanzielle Unterstützung des hauptamtlichen Apparates des DTSB aus. Ein vereinbartes Gespräch mit DTSB-Präsident Martin Kilian wird abgesagt. DSB-Präsident Hans Hansen bekräftigt dennoch die weitere Zusammenarbeit mit dem DTSB. 16.05.1990 Die besten Schwimmer der DDR und der Bundesrepublik planen ein deutschdeutsches Anti-Doping-Pilotprojekt. 48 Frankfurter Allgemeine Zeitung 09.05.1990 „Habe nie den Wunsch geäußert, gesamtdeutscher Präsident zu werden“ DSB-Präsident dementiert Machtanspruch Hansen will Einheit ohne Vereinnahmung Jöh. KÖNIGSWINTER. „Ich habe nie den Wunsch geäußert, gesamtdeutscher Präsident zu werden.“ So hat Hans Hansen, Präsident des Deutschen Sportbundes (DSB), am Dienstag entsprechende Meldungen zurückgewiesen. Einen Tag nach einem Meinungsaustausch mit Bundesinnenminister Schäuble und Staatssekretär Walter Priesnitz vom Bundesministerium für Innerdeutsche Beziehungen sprach Hansen gestern in Königswinter bei der dritten deutsch-deutschen Sportjournalisten-Tagung, der ersten nach der politischen Wende in der DDR. Der DSB-Präsident bekräftigte seinen Standpunkt, die Vereinigung des Sports mit Ruhe, Sachlichkeit und Fingerspitzengefühl zu betreiben. Deshalb verzichte er darauf, Machtansprüche zu äußern, die einige im deutschen Sport gerne von ihm sähen. „Die Vereinigung des Sports muß nach Form und Zeit wie die staatliche Vereinigung ablaufen. Deshalb macht sich der Sport aber nicht von der Politik abhängig“, sagte der DSBPräsident. Bis Ende Juni, so Hansen, müsse aber die „grobe Richtung“ für die Vereinigung von Deutschem Sportbund (21 Millionen Mitglieder) und Deutschem Turn- und Sportbund (DTSB) der DDR (3 Millionen Mitglieder) feststehen. Eine bloße Vereinnahmung des kleineren Verbandes lehnt Hansen dabei ebenso ab wie Alleingänge von sich gründenden Fachverbänden in den künf- tigen Ländern der DDR, die lieber heute als morgen die Einheit mit ihren westlichen Partnerorganisationen vollzögen. Bis Ende dieses Jahres erwartet Hansen die Gründung von Landessportbünden in der DDR und somit neue Impulse für die Vereinigung. Bis dahin will Hansen keine falschen Hoffnungen wecken. Die Auszehrung des DDR-Sports durch die Übersiedlung zahlreicher Aktiver könne der DSB so wenig verhindern, wie er bei einer sportlichen Einheit zum jetzigen Zeitpunkt auch nur in Ansätzen den Bestand des DDR-Sports finanzieren könnte. Schon die in die Höhe geschnellte Zahl von deutschdeutschen Sportbegegnungen stellt den DSB vor Schwierigkeiten. Das Ministerium für Innerdeutsche Beziehungen wird nicht mehr als fünf Millionen Mark zur Verfügung stellen; gleichgültig, wie hoch die Zahl der ursprünglich 4000 geschätzten Begegnungen am Ende dieses Jahres sein wird. Hansen erwartet etwa 6000 Begegnungen. Nicht alle werden nach dem bisherigen Muster unterstützt werden können, so daß zu erwarten ist, daß von einem bestimmten Zeitpunkt dieses Jahres an nur noch partiell finanzielle Hilfe geleistet werden kann. Zum Beispiel für Jugendbegegnungen. „Diesen Prozeß der Einheit zum Abschluß zu bringen, ist eine reizvolle Geschichte, deshalb werde ich im Dezember wieder kandidie Frankfurter Allgemeine Zeitung 9. Mai 1990 ren“, sagte Hansen und deutete damit an, daß er doch der erste gesamtdeutsche Sportpräsident sein könnte. Sein am 18. März gewählter DTSB-Kollege Martin Kilian hat in seiner Antrittsrede ja herausgestellt, daß er sich nur als „Übergangspräsident“ ansehe. Am 3. Mai war Hansen vier Jahr lang im Amt, für vier weitere Jahre wird er sich am 15. Dezember in Hannover zur Wahl stellen. Über den Zeitpunkt dieses seit langem geplanten DSBBundestages will er nicht mit sich reden lassen. Die ohnehin aus organisatorischen Gründen schon um ein halbes Jahr verlängerte Amtszeit so lange auszudehnen, bis der vereinte deutsche Sport seinen Präsidenten wählen kann, bereite ihm „rechtspolitische Bedenken“. Nach der Vereinigung, zu welchem Zeitpunkt auch immer, setzt Hansen auf „klare Verhältnisse“. Das heißt, er zieht in diesem Fall Präsidiumsneuwahlen der Möglichkeit vor, die Zahl der Vizepräsidenten im DSB zu erhöhen und dann ehemalige DDR-Funktionäre hinzuzuwählen. Am 15. Dezember, so Hansen, habe der Deutsche Sportbund die Möglichkeit zu Satzungsänderungen im Hinblick auf die Einheit. „Die Vereinigung ist auch eine Chance für den DSB“, sagte Hansen in Köngiswinter. Reformbedürftig sei beispielsweise die Arbeit auf dem Gebiet Sport und Umwelt. Die Aufgaben verdienten den gleichen Stellenwert wie der Leistungssport. Chronik Mai 1990 17.05.1990 Im Magazin „Stern“ dementiert Katarina Witt Vorwürfe, sie habe für das Ministerium für Staatssicherheit gearbeitet. 19.05.1990 Berlin (West): Erste gemeinsame Präsidiumstagung von DFB und DFV am Rande des DFB-Pokalfinales: Vereinigung nicht vor März/April 1992 geplant. Gemeinsamer Spielbetrieb startet mit der Saison 1992/93. Berlin (West): Badminton-Ländervergleich der beiden deutschen Staaten. Berlin (Ost): Arbeitstagung des NOK der DDR. Neuwahlen am 16. Juni 1990 in Kienbaum. 21.05.1990 Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ titelt: „ Fußballabteilung mit Verlängerung. DFB und DFV fusionieren erst 1992. Präsident Neuberger verzögert das Tempo der Vereinigung.“ 22.05.1990 Auf dem achten Verbandstag des Deutschen Turnverbandes (DTV) der DDR wird eine Erklärung zur baldigen Zusammenführung des DTV der DDR mit dem Deutschen Turnerbund (DTB) verabschiedet. Präsident: Professor Dr. Günther Borrmann. 49 ausüben wolle und eine schnellere Vereinigung der beiden deutschen Fußballverbände fordere. 26.05.1990 Bernau: Gründung des Brandenburgischen Basketballverbandes e. V. 27.05.-03.06.1990 Bochum/Dortmund: Deutsches Turnfest. Die Teilnehmerzahl liegt bei 87.242, darunter zahlreiche Sportler aus der DDR. 28.05.1990 Bonn: Zweites Gespräch zwischen DDRSportministerin Cordula Schubert und Bundes-Innenminister Wolfgang Schäuble. 29.05.1990 Interview mit NOK-Mitglied Dr. Horst Meyer in „Neue Zeit“: Meyer spricht sich für frühzeitige Auswahlkriterien für ein gemeinsames Olympiateam 1992 aus. 30.05.1990 Madrid: DTSB-Präsident Martin Kilian und der Präsident des Obersten Sportrates von Spanien, Javier Gomez Navarro, unterzeichnen ein Abkommen zur Entwicklung der Sportbeziehungen beider Länder. 31.05.1990 Bonn: Zum ersten Mal treffen sich die CDU-Sportausschüsse beider deutscher Staaten. Potsdam: Gründung des 1. Potsdamer Schwimmvereins. Berlin: Gründung des Turn- und Sportbundes Berlin e. V. 24./25.05.1990 Berlin: Boxgipfel zwischen Delegationen des Deutschen Boxverbandes (DBV) der DDR und des Deutschen AmateurBoxverbandes (DABV) der Bundesrepublik. Vereinigung für 1991 vorgesehen, eine gemeinsame Boxliga aber bereits im laufenden Kalenderjahr. Strausberg: Gründung eines Bundes deutscher Fußballtrainer. Präsident: Heinz Werner. 25.05.1990 Köln: Der „Kölner Express“ berichtet, dass die Bundesregierung auf den DFB Druck 50 Mai 1990 – Eine Collage Chronik Juni 1990 Juni 1990 01.06.1990 Eigentumsrechte an Sportanlagen und Sportstätten der DDR sollen den Gemeinschaften und Vereinen übertragen werden (Gespräch zwischen Dr. Horst Iske, Staatsekretär im Ministerium für Jugend und Sport, und DTSB-Vizepräsidentin, Dr. Margitta Gummel). Bonn: Pressekonferenz mit DDR-Sportministerin Cordula Schubert. Kein Schulterschluss mit dem DTSB. Gemeinsamer Qualifikationsmodus für Olympia 1992 gefordert. 01./02.06.1990 Kienbaum: Die Vertreter der beiden deutschen Leichtathletikverbände vereinbaren, eine gemeinsame Vorbereitung für die zu erwartende gemeinsame Mannschaft zu den Olympischen Spielen 1992 in Barcelona. Einig ist man sich darüber, dass die diesjährigen Europameisterschaften in Split und die im kommenden Jahr in Tokio auf dem Programm stehenden Weltmeisterschaften mit getrennten Mannschaften bestritten werden sollten. Professor Dr. Manfred Steinbach, Sportwart des DLV, wollte damit jeweils drei Athleten aus jedem Verband den Start ermöglichen, um dadurch eine starke Olympiamannschaft zu formieren. 04.06.1990 Unter der Überschrift „Westdeutsche Klubs plündern den Amateursport der DDR systematisch aus“ addiert der „Spiegel“ die bisherigen Verluste der jetzt schon „Konkursreifen Medaillenfabrik DDR“. Durch den anhaltenden Aderlass, so der „Spiegel“, ist das konsequent auf Leistungssport ausgerichtete ostdeutsche Sport- 51 system ein halbes Jahr nach Öffnung der Mauer in vielen Bereichen praktisch zusammengebrochen. 06.06.1990 Der „Spiegel“ meldet, dass mehr als 200 DDR-Spitzensportler in die Bundesrepublik übergesiedelt sind. 08.06.1990 Potsdam: Pressekonferenz mit DDRSportministerin Cordula Schubert. Im bisherigen Haushaltsentwurf seien nur neun Millionen Mark für Jugend und Sport vorgesehen. Ende des BSG-Sports: Regierung entbindet Betriebe von der „Alimentation“ des Betriebssports. 10.06.1990 Die „Berliner Morgenpost“ meldet: „Richthofen mahnt zur Eile, weil sonst Berlins Olympia-Chancen sinken.“ 11.06.1990 Frankfurt am Main: Der Deutsche Ringerbund der Bundesrepublik bietet dem DDRRingerverband den Anschluss an. 12.06.1990 Bad Blankenburg: Mit dem „Thüringischen Fußballverband“ gründet sich der erste Fußball-Landesverband auf dem Territorium der DDR. Dieser setzt sich aus den Bezirken Gera, Suhl und Erfurt zusammen. Präsident: Werner Triebel. 13.06.1990 Interview mit Willi Daume in der „FAZ“: „Deutschland über alles wird man vom Sport nicht hören.“ 52„Was ist lila und pfeift zur Halbzeitpause?“ – Sponsoring weckte große Hoffnungen, erfüllte aber nicht alle Erwartungen Jutta Braun „Was ist lila und pfeift zur Halbzeitpause?“ Sponsoring weckte große Hoffnungen, erfüllte aber nicht alle Erwartungen von Jutta Braun Juni 1990. Die Hoffnungen des DDR-Sports auf westdeutsche Sponsoren waren groß, jedoch lautete das Fazit nach einem halben Jahr offener Grenzen: vor allem DDRAuswahlmannschaften und Top-Ereignisse wurden gesponsert. Vermarktungs- und Vermittlungsagenturen schossen aus dem Boden und überschütteten westdeutsche Unternehmen mit Angeboten, die vom Eiskunstlauf bis zu lokalen Sporttagen reichten. Volvo, international eher auf Golfsport konzentriert, sah in den DDR-Leichtathletinnen einen Werbepartner, die männlichen Leichtathleten erhielten Unterstützung von Grundig. Eberhard König, Trainer der DDR-Läuferinnen, wünschte sich, dass der Einfluss der Bundesrepublik „noch wesentlich deutlicher und energischer wird“, um wenigstens bewährte Strukturen aufrechterhalten zu können. Zum schnelleren Auftauen der deutsch-deutschen Sportbeziehungen trug eine Tiefkühlfirma bei, indem sie die Bildung und Finanzierung einer deutsch-deutschen 4 mal 400 Meter Staffel der Frauen sicherstellte. Das Unternehmen unterstützte die gemeinsame Vorbereitung der Läuferinnen in Trainingslagern mit Fahrzeugen, Lebensmitteln, Arznei, Geräten und Geld. Auch andere Sportarten kooperierten mit West-Firmen: Die Trikots der Volleyball-Nationalmannschaft zierte bald der Wella–Schriftzug; die Handball-Männer schlossen nacheinander Vereinbarungen mit Kaufhof, Henkel sowie der Nürnberger Versicherung. Eine besondere Werbe-Mission hatten die Neubrandenburger Handball-Frauen zu erfüllen: Sie popularisierten auf ihren Trikotärmeln die Produkte der Firma Beate Uhse. Durch Sponsoren wurden auch neue Veranstaltungsformen ermöglicht, so finanzierte die Volkswagen AG das erste Grand Prix Turnier der DDR im September 1990 in Leipzig. Die Zuschauerkapazität in der Leipziger Messehalle wurde für diesen Event, an dem die Weltranglistenerste Steffi Graf und weitere internationale Spitzenspielerinnen teilnahmen, eigens um 10.000 Plätze erweitert. „Der Tennissport wird in der DDR hierdurch einen Aufschwung nehmen, das Zuschauerinteresse ist schon jetzt riesengroß“ freute sich Hans Joachim Petermann, Präsident des Tennisverbandes der DDR. Der jahrelang als Sport II klein gehaltene Tennisverband ernannte eigens einen „Generalbevollmächtigten für Sponsorenverhandlungen mit der Bundesrepublik,“ den Posten übernahm der siebzehnfache DDREinzelmeister Thomas Emmrich aus Magdeburg. Denn ein Traum war noch nicht verwirklicht: Man hoffte, dass mit Hilfe von Sponsoren endlich die erste Tennishalle in der DDR gebaut werden könne. Der Fußball war für Sponsoren ein besonders attraktives Feld: Die Hamburger Film- und Fernsehgesellschaft Ufa erwarb die Vermarktungsrechte für die Bandenwerbung in den Fußball-Oberliga-Stadien von Dresden, KarlMarx-Stadt, Jena und Erfurt. Vor allem Automobilfirmen, Versicherungen, Getränkehersteller, Reiseveranstalter und Warenhausketten engagierten sich. Jägermeister unterstützte den FC Magdeburg, die Vereinte Versicherung den Klub Lok Leipzig, TUI stieg bei Dynamo Berlin ein. Die skurrilen Seiten westlicher Vermarktungsstrategien mussten allerdings die Rostocker erleben. Für ein Freundschaftsspiel im Februar 1990 zwischen Bremen und Rostock hatte der Manager des SV Werder, Willi Lemke, die Firma Milka als Sponsor gewonnen. Eine aufgeblasene Plastikkuh sorgte auf dem Rostocker Marktplatz für Aufsehen, insgesamt wurden eine Million Schokoriegel zu Dumpingpreisen an DDR-Bürger gebracht. Während diese Begleiterscheinungen noch freundlich aufgenommen wurden, sorgte ein weiterer Werbegag denn doch für Stirnrunzeln: Unter Lemkes Motto „Es muss mehr Farbe ins Spiel“ absolvierte der Fifa-Schiedsrichter Siegfried Kirschen aus Frankfurt (Oder) die Begegnung im lila Dress. „Was ist lila, steht auf dem Rasen und pfeift zur Halbzeitpause?“ wurde daraufhin zur spöttischen Scherzfrage unter Rostocker Bürgern. Chronik Juni 1990 13./14.06.1990 Die „Süddeutsche Zeitung titelt: „Sporteinheit ein fließender Prozess“. Die Einheit im deutschen Sport, so meint der Präsident des Deutschen Sportbundes (DSB), Hans Hansen, „ wird zu verschiedenen Terminen hergestellt werden.“ Mit dieser Erklärung bezog Hansen Stellung zu den Positionen einiger bundesdeutscher Fachverbände in der Frage der deutschen Sporteinheit und nahm gleichzeitig Abschied von dem Verhandlungsaktionismus des DSBPräsidenten in den ersten fünf Monaten nach dem Mauerfall. „Es kann keine Rede davon sein, dass die Identität des Deutschen Sportbundes aufgelöst wird zugunsten einer Deutschen Sport-Union als Dachverband über der zu schaffenden Einheit.“ 14.06.1990 Berlin: Gerhard Mayer-Vorfelder, der Vorsitzende des Bundesligaausschusses und Präsident des VfB Stuttgart, plädiert in einem Interview mit der „Stuttgarter Zeitung“ für einen schnellen Zusammenschluss. Frankfurt (Oder): 1. Meisterschaften Brandenburg/Berlin im Gewichtheben. 16.06.1990 Kienbaum: Mitgliederversammlung des NOK der DDR. Professor Dr. Dr. Joachim Weiskopf wird zum neuen Präsidenten gewählt. Das NOK der DDR stellt die Weichen für die Vereinigung. Weiskopf sieht seine Hauptaufgabe darin, eine gemeinsame Olympiamannschaft Deutschlands 1992 in Albertville und Barcelona zu bilden. Eine frühest-mögliche Fusion der beiden deutschen NOK solle deshalb angestrebt werden, wobei Weiskopf Ende dieses oder Anfang nächsten Jahres als realistische Termine ansieht. Deshalb sollten auch schon 1991 an Europa- und Welt- 53 meisterschaften die Deutschen gemeinsam starten. Düsseldorf: Gespräch des „Sportinformationsdienstes“ mit dem Direktor des Forschungsinstituts für Körperkultur und Sport in Leipzig, Professor Harold Tünnemann. Der DDR-Sport wird sich bei der deutschen Vereinigung an die bestehenden Sportstrukturen der Bundesrepublik anschließen, so Tünnemann. 18.06.1990 Der Fußballverband der DDR (DFV) will die Vereinigung vor 1992. In der Frankfurter Allgemeinen Zeitung erklärt DFVPräsident Hans-Georg Moldenhauer: „Wir müssen jetzt das Vereinigungstempo anziehen. Die Integration des DDR-Fußballs in die bundesdeutschen Liga-Systeme muss zur Saison 1991/92 kommen.“ 19.06.1990 Der DTSB kündigt eine umfassende Entlassungswelle an. Bis zum 30.6.90 werden 8.000 Mitarbeiter entlassen – rund 2.500 weitere Mitarbeiter werden folgen. Washington: Sportexperten aus den USA empfehlen dem NOK der USA den Kauf von ostdeutschem Sport Know-How. Die „Märkische Oderzeitung“ meldet: „Ausverkauf des DDR-Handball geht weiter“. Die „Neue Fußballwoche“ schreibt, dass sich die DDR-Zweitliga-Teams Dynamo Fürstenwalde, KWO Berlin, Chemie Buna Schkopau und MSV Eisleben aus finanziellen Gründen aus dem Spielbetrieb zurückziehen. 54 Frankfurter Allgemeine Zeitung 25.06.1990 Der Hauptausschuß des Deutschen Sportbundes präsentiert ein Fünf-Punkte-Programm Mit voller Fahrt und klarem Kurs Richtung Sporteinheit TRAVEMÜNDE. Die Zonengrenze vor Augen, sprachen am Samstag die Delegierten des Deutschen Sportbundes (DSB) über die deutsche Vereinigung. Nach Wochen der Unsicherheit und Konzeptionslosigkeit scheint der DSB auf der 37. Hauptausschußsitzung in Travemünde seinen Kurs gefunden zu haben. Vielleicht hat die maritime Umgebung dazu beigetragen, das schlingernde Schiff zu stabilisieren und auf Fahrt zu bringen. Nach lebendigen Diskussionen mit den Sportfachverbänden und Landessportbünden sowie einem fröhlichen Abend auf dem alten Windjammer Passat wirkte Segler Hans Hansen am Samstag vor dem kleinen Sportparlament endlich richtungsbewußt. Die Wochen, in denen der DSBPräsident mit der Stange im Nebel herumstocherte, sind wohl vorbei. So etwas wie ein Konzept steht. Und dabei ist es sekundär, ob sich der Fahrplan zur Sporteinheit erst an den politischen Fakten sowie an dem Vorprellen der Fachverbände und der Landessportbünde orientiert hat. Ein Fünf-Punkte-Programm soll das Vorgehen bestimmen: 1. Nach den Landtagswahlen am 23. September werden in der DDR Länder gebildet. 2. im gleichen Zeitraum werden in der DDR Landessportbünde entstehen. Der Ostteil der Stadt schließt sich dem Landessportbund Berlin an. 3. Hansen rechnet damit, daß die Landessportbünde der DDR nach ihrer Gründung umgehend einen Antrag auf Beitritt zum Deutschen Sportbund stellen. Die Aufnahme würde dann mit dem Tage der staatlichen Vereinigung wirksam werden. 4. Als Voraussetzung der Aufnahme der ostdeutschen Landessportbünde muß die Satzung des DSB geändert werden. 5. Die Spitzenverbände und die weiteren Mitgliedsverbände des DSB vereinigen sich zu unterschiedlichen Zeiten und in unterschiedlicher Form. Hansen rief dabei zu einer schnellen Vereinigung auf. Das Prozedere orientiert sich an Artikel 23 der Verfassung, einem Aufgehen der Länder in der Bundesrepublik. Das Gespräch zwischen Hans Hansen und Martin Kilian, dem Präsidenten des einst so mächtigen Turn- und Sportbundes (DTSB) der DDR, am Donnerstag in West-Berlin läßt sich damit nicht mehr zum „Sportgipfel“ hochstilisieren. Der DTSB, dessen Vermögen gerade von der DDR-Regierung sichergestellt wurde, ist nur noch als Nachlaßverwalter Partner in der technischen Abwicklung. Inzwischen hätten, so Hansen, „die DDR-Vertreter auf allen Gesprächsebenen deutlich gemacht, daß sie die Rahmenbedingungen eines freien Sports, die der DSB und seine Mitgliedsorganisationen für unverzichtbar halten, ohne Einschränkung gutheißen“. Beschlüsse des DSB Die Neufassung der Rahmenrichtlinien für die Ausbildung wurde einstimmig angenommen. Ein Talentförderungskonzept wurde mit großer Mehrheit akzeptiert. Der Deutsche Baseball- und SoftballVerband wurde als 55. Spitzenverband in den Deutschen Sportbund aufgenommen. Der Prozeß der Vereinigung ist auf der Fachverbandsebene schon in vollem Gange. Der Deutsche Verband für Freikörperkultur hat bereits Tatsachen geschaffen. Die Modernen Fünfkämpfer folgen im Herbst. Die Gewichtheber haben es ebenfalls eilig, wobei deren Modus, aus zwei gleichberechtigten Verbänden einen neuen zu schaffen, Frankfurter Allgemeine Zeitung 25. Juni 1990 zunehmend als problematisch beurteilt wird. Denn damit müßten, wie Kritiker meinen, zu viele Altlasten und nach einer Quotenregelung zu viele Parteigänger des Honecker-Regimes übernommen werden. Der Weg zur Einheit dürfte vorwiegend über die Aufnahme von DDR-Landesverbänden führen. Bei der Vollversammlung der Spitzenverbände geriet übrigens der Deutsche Fußball-Bund, der einen gemeinsamen Spielbetrieb mit der DDR erst für das Frühjahr 1992 anstrebt, zunehmend in die Isolation. Der späte Zeitpunkt wird von den meisten als nicht haltbar angesehen. Allgemein wird die notwendige Neuordnung des (gesamt-)deutschen Sports als vorzügliche Gelegenheit angesehen, Ballast über Bord zu werfen. Zu diesem Zwecke wurde jetzt eine Strukturkommission gebildet, die der Sportorganisation einen zeitgerechten Zuschnitt verpassen soll. Am 15. und 16. Dezember, dem voraussichtlichen Termin für gesamtdeutsche Wahlen, müßte der DSBBundestag in Hannover die Grundlage für einen allumfassenden Deutschen Sportbund schaffen. Nach viereinhalb Jahren Amtszeit stünde Hans Hansen dann wohl vor einer Wiederwahl und wahrscheinlich bei einem außerordentlichen „Vereinigungs-Bundestag“ im Frühjahr 1991 vor der Wahl zum „Überpräsidenten“. Es sei denn, der Berliner „Landesfürst“ Manfred von Richthofen machte ihm beide Male als Herausforderer die Palme streitig. Das DDR-Kommandounternehmen Deutscher Turn- und Sportbund dürfte bald nur noch eine historische Reminiszenz sein. Oder wie Roland Mader, der Sprecher der Spitzenverbände, es ausdrückte: „Der DTSB ist die Henne, die fünf Eier (sprich: Landessportbünde) legen muß und dann geschlachtet wird. STEFFEN HAFFNER Chronik Juni 1990 20.06.1990 In der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ fordert Engelbert Nelle, sportpolitischer Sprecher der CDU und Mitglied im DFBPräsidium, den baldigen Beitritt des DDRVerbandes: „Der Fußball muss sich der Einigung anpassen.“ Dem vernachlässigten Breitensport der DDR soll nach dem Willen des Sportausschusses des Bundestags im großen Maße geholfen werden. 21./22.06.1990 Berlin: Beschlagnahme des DTSBVermögens und Unterstellung unter Treuhänderschaft. 144,6 Millionen Mark werden für den Sport bereitgestellt und gehen ohne den Umweg DTSB direkt an die Fachverbände. Entlassung von 77 Prozent der hauptamtlichen Mitarbeiter der DTSBZentrale in Berlin. Berlin (Ost): Die DDR-Volkskammer billigt einen von der SPD eingebrachten Antrag zur Sportförderung. Behinderte sollen dem Spitzensport rechtlich gleichgestellt werden . 22.06.1990 Berlin (Ost): Gründung des Fußballverbandes Berlin (FVB) im Casino des Stadions der Weltjugend. Uwe Piontek wird zum Präsidenten des Berliner Fußballverbandes (FVB) gewählt. Der Verband stellt die Weichen für die Vereinigung des Berliner Fußballs. In seinem Bericht zur Lage des Verbandes malt Piontek ein düsteres Bild: Von 818 Mannschaften in der letzten Saison ist die Zahl auf inzwischen unter 650 gesunken. Den Ausweg sieht er nur in einer schnellen Vereinigung mit dem Westberliner Fußballverband (BFV). Letztes „Derby“ der DDR in Hoppegarten. 55 25.06.1990 Travemünde: Auf der 37. Sitzung des DSB-Hauptausschusses spricht sich DSBPräsident Hansen für das „Modell“ des Beitritts des DDR-Sports aus. Der Boxverband der DDR kündigt an, unmittelbar nach einer staatlichen Vereinigung fusionieren zu wollen. Die Kanuverbände planen eine Vereinigung im April 1991. 28.06.1990 Vorstellung des Vereinigungspapiers von DTSB und DSB durch die Präsidenten Hans Hansen und Martin Kilian in Berlin (West). Berlin: Spitzentreffen DTSB/DSB. Die Präsidenten Martin Kilian und Hans Hansen vereinbaren eine Konzeption der Vereinigung. Der Beitritt des DDR-Sports zum bundesrepublikanischen Sport soll nach dem politischen Modell (Artikel 23 Grundgesetz) erfolgen. Der DTSB wird sich auflösen. 30.06.1990 Verordnung vom Ministerrat verabschiedet: Gemeinnützige Sportvereine können ab sofort unentgeltlich die öffentlichen Sportstätten der DDR nutzen. Potsdam: Gründung des Landesverbandes Brandenburg in der Sportart Fechten. Präsident: Klaus Knopf. 56 Juni 1990 – Eine Collage Chronik Juli 1990 Juli 1990 01.07.1990 Bonn: Der Staatsvertrag über die Wirtschafts-, Währungs- und Sozialunion der beiden deutschen Staaten tritt in Kraft. West- und Ostdeutschland bilden nun ein gemeinsames Währungsgebiet mit der Bundesbank als Zentralbank und der Mark als alleinigem Zahlungsmittel. Rom: In einem Interview der „Deutschen Presseagentur“ sagt DFB-Präsident Herman Neuberger, er habe keine Eile bei der Vereinigung des Fußballs. 04.07.1990 Gipfeltreffen der NOK-Präsidenten der DDR, Professor Dr. Dr. Joachim Weiskopf, und der Bundesrepublik, Willi Daume. Verhandlungen über die Modalitäten der Vereinigung. Ziel: ein gesamtdeutsches Team zu Olympia 1992. Cottbus: Gründung des Tennisclubs Cottbus e. V. 07.07.1990 Kienbaum: 3. Bundesvorstandssitzung des DTSB. Verabschiedung eines neuen DTSB-Statuts mit föderativen Strukturen und dem Ziel, eigenständige Spitzenverbände/LSB zu ermöglichen, Legislative und Exekutive zu trennen sowie demokratische Organe auszubilden. Gründung eines Vereins deutscher Olympiasieger, die sich gegen den Niedergang des Sports in Ostdeutschland stark machen wollen. Kleinmachnow: Gründung des Landesschwimmverbandes Brandenburg e. V. Präsident: Bernhard Preßler. 57 08.07.1990 Rom: Franz Beckenbauer führt die Fußball-Nationalmannschaft durch einen 1:0 Finalsieg über Argentinien zum dritten Weltmeistertitel. 09.07.1990 Berlin: Gründung der „Arbeitsgruppe Olympia 2000“. Das Gremium soll die Federführung für die Olympiabewerbung Berlins übernehmen. Frauke Rupprecht, Vorsitzende der Sportjugend, appelliert, den Sport für die Jugend in Ostdeutschland nicht zu gefährden. Berlin: Fusionsgespräche zwischen dem Deutschen Judobund und dem Deutschen Judoverband der DDR. Vereinigung am 1. Januar 1991. Erste Sitzung des Lenkungsausschusses. 10.07.1990 Die „Süddeutsche Zeitung meldet: Bei der Erfassung der Ost-Berliner Leistungssportstrukturen stößt Armin Baumert, Chef des Olympiastützpunktes Berlin, auf einen verblüffend hohen Personalaufwand bei der Betreuung der Höchstleister. Beim SC Dynamo standen 328 Sportlern der Kader A bis C (nach bundesdeutschen Kriterien) 188 Trainer zur Verfügung, 161 zu 130 war die Relation beim TSC Berlin, 51 zu 37 bei den Ruderern und Kanuten in Grünau. Im Westen hingegen: Für 118 Kadermitglieder 23 Landestrainer; kein einziger hauptamtlicher Bundestrainer. „Das muss sich rapide ändern“, fordert der Berliner OSP-Chef und nennt als vertretbare Position 80 Landestrainer. 58 Einheit und Zwietracht – Während Deutschland 1990 in Rom Fußball-Weltmeister wurde, stritten die Funktionäre um die Zukunft des gesamtdeutschen Fußballs Michael Barsuhn Einheit und Zwietracht Während Deutschland 1990 in Rom Fußball-Weltmeister wurde, stritten die Funktionäre um die Zukunft des gesamtdeutschen Fußballs von Michael Barsuhn Juli 1990. Deutschland wurde am 8. Juli 1990 zum dritten Mal Fußball-Weltmeister. Die Partys nach dem Spiel gerieten in Berlin zum vorgezogenen Fest der deutschen Einheit. Autokorsos zogen durch die Stadt. Freudetrunken feierten Ost- und Westberliner Arm in Arm ihren Weltmeister. Hinter den Kulissen aber brodelte es. Seit Wochen hatten sich die Funktionäre des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) und des Deutschen Fußball-Verbandes der DDR (DFV) in einen Machtkampf um die Zukunft des gesamtdeutschen Fußballs verstrickt. Streitpunkte waren das Tempo der Vereinigungsbestrebungen sowie die Frage nach der Anzahl der zu integrierenden Ostvereine. „Wir wollen das Gebäude vom Keller an aufbauen,“ argumentierte DFBSchatzmeister Egidius Braun noch am 9. Mai auf einer Sportjournalistentagung in Königswinter. „Keine Vereinigung der Verbände vor der Spielzeit 1992/93.“ Hans-Georg Moldenhauer, seit dem 31. März 19990 als erster frei gewählter Präsident des DFV der DDR im Amt, verstand die Welt nicht mehr. Die Währungsunion nahte, die staatliche Einheit war absehbar, nur der Fußball sollte sich gedulden? Aus ostdeutscher Sicht eine Katastrophe. Noch immer überquerten jeden Monat mehr als 20.000 DDR-Bürger die Grenzen Richtung Bundesrepublik, darunter auch zahlreiche Fußballer wie Thomas Doll, Matthias Sammer oder Ulf Kirsten. Dramatisch war der Spielerschwund in den unteren Ligen. Ganze Mannschaften hatten das Land verlassen. „Nur ein gemeinsamer Spielbetrieb in einem vereinigten Deutschland kann den Verfallsprozess aufhalten. Zumindest abmildern“, appellierte Moldenhauer an DFB-Präsidenten Hermann Neuberger. Dieser aber blieb stur. Der Grund für sein zögerliches Verhalten war wirtschaftlicher Natur. Im Februar 1990 waren die Bundesrepublik und die DDR in eine Qualifikationsgruppe zur Europameisterschaft 92 in Schweden gelost worden. Die Vermarktung der deutsch-deutschen Spiele – im November 1990 in Leipzig und Dezember 1991 in München – hatte bereits begonnen. Engelbert Nelle, Mitglied im DFBPräsidium, rückte nun öffentlich von seinem Chef ab: “Der politische Druck wird immer stärker. Der Fußball muss sich der Einigung anpassen.“ Seit dem 1. Juli gab es im Osten und Westen nur noch eine Währung: Die DMark. Die ersten gesamtdeutschen Wahlen würden am 2. Dezember 1990 stattfinden. Neuberger konnte der politischen Realität nicht länger ausweichen. Wenige Tage nach dem WM-Finale erhielt Moldenhauer einen Brief, in dem der DFB-Präsident sein Einverständnis für eine schnellere Vereinigung der beiden deutschen Fußballverbände gab. Diese fand am 21. November 1990 statt. Bei der Anzahl der einzugliedernden Lizenzvereine einigte man sich auf einen Kompromiss. Moldenhauer wollte alle 14 DDR-Oberligisten in den Profibereich integrieren, konnte jedoch nur acht beim DFB durchsetzen. Der Meister und Zweite der Oberligaspielzeit 1990/91 sollten sich demnach direkt für die erste Bundesliga qualifizieren, die sechs Zweitligisten würden in einer internen Ausscheidung in der DDR ermittelt. „Die Zwei-plus-sechs-Regelung war von Anfang an der Kurs des DFB. Wie überall auf der Welt setzte sich der Stärkere durch“, kommentierte Hans Meyer als damaliger Trainer des Chemnitzer FC die Entscheidung von Frankfurt. 15 Jahre später zeigt Moldenhauer hingegen Verständnis für die Regelung: „Angesichts der unterschiedlichen Wirtschaftskraft von ost- und westdeutschem Fußball war die Entscheidung nachvollziehbar, lieber weniger Vereine mit einer soliden finanziellen Perspektive als alle Vereine um jeden Preis zu integrieren.“ Chronik Juli 1990 10.07.1990 Nach Gesprächen mit dem Ministerium für Jugend und Sport erhält der Fußballverband (DFV der DDR) ohne den Umweg über den DTSB 152.000 D-Mark für seine Nachwuchsarbeit. 11.07.1990 Berlin: Auf einem Treffen mit acht DDROlympiasiegern räumt DDR-Sportministerin Cordula Schubert Missverständnisse aus. Sie wolle den DDR-Sport nicht demontieren. Berlins regierender Bürgermeister Walter Momper entbindet den 35 Jahre alten Sport-Staatssekretär Hans-Jürgen Kuhn vom Amt des Olympiabeauftragten. Neuer Leiter des Ost/West-Berliner-Olympiabüros ist Senatsrat Jürgen Kießling (49), als Abteilungsleiter Sport Kuhns Untergebener. Am 3. Juli hatte Willi Daume in einem Vier-Augen-Gespräch Momper gebeten die Olympiabewerbung zur Chefsache zu machen. 12.07.1990 Frankfurt am Main: Bei einer Zusammenkunft der Spitzenverbände und der Landessportbünde der Bundesrepublik mit dem Bundesausschuss Leistungssport des Deutschen Sportbundes wird über Strategien beraten, wie ein Zusammenbruch des DDR-Spitzensports verhindert werden kann. 12.07.1990 Herzogenaurach: Pressekonferenz des DDR-Fußballverbandes. Der DFV strebt die sportliche Wiedervereinigung mit schnelleren Schritten an als der DFB. Der DFV unterbreitet den Vorschlag einer gemeinsamen Deutschlandliga ab der Saison 1991/92. 13.07.1990 Engelbert Nelle (Mitglied im Sportausschuss der CDU und im DFB-Präsidium) kritisiert DFB-Präsident Neuberger in der 59 „Bild-Zeitung“ als „Bremser der Einheit“ und fordert eine Vereinigung des Fußballs vor 1992. Frankfurt am Main: Auf einer Vorstandssitzung des DFB wird erstmals ein Denkmodell erörtert, wie eine Vereinigung schon 1991 möglich wäre. 14.07.1990 Laut einer Umfrage der „Deutschen Presseagentur“ vereinigen sich die Turner zuerst, die Fußballer zuletzt. Potsdam: Gründung des Landeskanuverbandes Brandenburg e. V. Präsident: Manfred Glöckner. 14./15.07.1990 Kaiserau: Tagung einer gesamtdeutschen Handballarbeitsgruppe: Gesamtdeutsche Handballmeisterschaften ab der Saison 1991/92 geplant. 15.07.1990 Sportgespräch des „Deutschlandfunks“ mit DTSB-Geschäftsführer Werner Neumann. Der DDR-Sport sei an der Schmerzgrenze. Von 10.500 fest angestellten DTSBMitarbeitern sind bereits 1.500 entlassen worden. 15./16.07.1990 Treffen von Bundeskanzler Kohl mit sowjetischem Staatschef Michael Gorbatschow im Kaukasus. 16.07.1990 Interessensverband der Trainer und Sportlehrer ruft in allen Städten der DDR zu Demonstrationen auf. 17.07.1990 München: Vereinigungsverhandlungen zwischen beiden deutschen Eisschnelllaufverbänden. 60 Frankfurter Allgemeine Zeitung 16.07.1990 Die Athleten profitieren vom westlichen Interesse am östlichen Know-how im Fechten „Der Emil Beck will sich den DDR-Sport angeln“ LYON. Im Ausverkauf des DDRSports sind die Fechter der Ladenhüter. Was nicht heißt, daß sie keine Angebote bekämen. Die letzte Mannschaft, die für die DDR bei einer Fecht-Weltmeisterschaft gestartet ist, das Degen-Team, hat alle Chancen gehabt, sich vor der Rückreise nach Berlin materiell zu verbessern. Die Kanadier haben ihnen neue Taschen, Anzüge, Schuhe und Fechtsäcke „sogar mit Rollen“ geboten, im Tausch „für alles, wo DDR drauf steht“. Aber dieses wohlfeile Angebot zur Resteverwertung hat bei der Mannschaft, die am Samstag nach Niederlagen gegen Ungarn und die Schweiz auf ihr letztes Gefecht wartete, eher zur Melancholie beigetragen. „Ein ulkiges Gefühl“ empfand Gordon Lösser, zum ersten Mal bei einer Weltmeisterschaft dabei. Und zum letzten Mal, „da sind wir realistisch“. Denn wenn im nächsten Jahr die Qualifikation gemeinsam mit den viel erfolgreicheren Westdeutschen erfolgen wird, mit Olympiasieger Arnd Schmitt oder Weltmeister Thomas Gerull, „dann haben wir kaum einen Chance“. Das sagt Uwe Proske, mit 28 Jahren der Erfahrenste im Team. Die Furcht vor der Einheit, die sportliche Platz-Angst ist im Fechten anders verteilt als etwa im Schwimmen oder Turnen. Aus dem westlichen Interesse am östlichen Know-how schöpfen aber auch diejenigen Hoffnungen, die nur an dessen Rand stehen. „Der Emil Beck will sich den DDR-Sport angeln“, sagte Uwe Proske, „und davon profitieren auch wir.“ Der Cheftrainer der Fechter bemüht sich darum, den Nachlaß des früheren PSV Dynamo Ost-Berlin, der heute 1. SC heißt, in einen noch zu gründenden „großen Olympiastützpunkt“ zu überführen. Zwischen dem Verein und der „Fechtmarketing Tauberbischofsheim“, einer GmbH mit Becks Sohn René als Geschäftsführer, ist bereits ein Kooperationsvertrag abgeschlossen. Für Gordon Lösser heißt das, „daß der Beck da Geld reingesteckt hat“. Und daß es dem quirligen Cheftrainer, der sich gern als Vordenker im Leistungssport darstellt, vor allem um Rudern oder Leichtathletik, Schwimmen oder Turnen gehe. Und nicht so sehr ums Fechten. Aber, so sagt Uwe Proske, „es gibt ihm die Möglichkeit, in der Hauptstadt präsent zu sein“. Natürlich verrät Beck seine Motive nicht so leicht, aber die Gerüchte, die kursieren, verraten einiges an Unsicherheit und schüren noch mehr an Hoffnung. „Erstmal abwarten“ ist die Devise, die Uwe Proske stellvertretend für die Mannschaft ausspricht. Was soll jemand auch sonst tun, der von seinem „Brötchengeber Volkspolizei nicht mehr lang bezahlt wird“, der nicht weiß, wie und mit wem er künftig trainieren wird – mindestens neun von dreizehn Trainern des früheren Dynamo-Klubs ist zum Ende des Jahres gekündigt worden – und der nicht einmal sicher sein kann, daß sein Sportlehrer-Diplom demnächst noch anerkannt wird – „obwohl wir im Leistungssport der BRD deutlich überlegen waren“. Aber, sagt Proske, „wir müssen uns Frankfurter Allgemeine Zeitung 16. Juli 1990 ja in so vielem nach der BRD richten“. Abwarten und weiterfechten. Aber in Berlin und nicht in Tauberbischofsheim, trotz eines Angebots, dort zu trainieren. „Es ist ja nicht so, daß man ein Zigeuner ist“, sagte Proske, der in Berlin seine Frau und seine kranke Tochter hat. „Wer geht schon freiwillig von Berlin nach Tauberbischofsheim?“ fragt der 22 Jahre alte Elektromonteur Oliver Falter, der an seiner Heimat- und Weltstadt hängt. Und der 20 Jahre alte Gordon Lösser „mag das Klima dort nicht“ – und meint nicht das Wetter in der mainfränkischen Provinz. „Die Identifikation ist nicht so einfach“, sagt Uwe Proske. „Jahrelang sind wir so erzogen worden, daß das unser Hauptgegner ist, und jetzt sollen wir vielleicht selber dafür antreten?“ Ihn irritiert, daß dieselben, die das eine gepredigt haben, nun das andere sagen. „Komisch“ wird ihm jedenfalls bei dem Gedanken, wenn über den Lautsprecher zum erstenmal „Proske, BRD“ gerufen werde. Vielleicht deshalb hängt man so an seinen Erinnerungsstücken. Kurz bevor die Degen-Fechter sich mit dem letzten Sieg eines DDR-Teams, einem 9:1 gegen Taiwan, von der Weltmeisterschaft in Lyon verabschieden, versucht es eine Kanadierin noch einmal mit der Souvenir-Suche. Diesmal wird sogar Whisky geboten, als Wegzehrung für die lange Zugfahrt nach Berlin. Aber Gordon Lösser behält seinen Trainingsanzug mit der Aufschrift „DDR“. CHRISTIAN EICHLER Chronik Juli 1990 19.07.1990 Frankfurt am Main: Tag der Entscheidung. Gemeinsame Sitzung der Präsidien des DFB und des DFV der DDR. Zusammenführung der beiden deutschen Fußballverbände im Profibereich wird von 1992 auf 1991 vorgezogen. In der „Jungen Welt“ äußert sich DTSBGeneralsekretär Jochen Grünwald: „Jeder wird mehr investieren müssen“. Der DTSB solle bis zur Vereinigung erhalten bleiben. Der Präsident des Deutschen Eissportverbandes der Bundesrepublik, Dr. Herbert Kunze, ist über den Zuwachs der Sportler aus der DDR erfreut. Deutsch-deutsche Seglercrew holt den WM-Titel. 61 26.07.1990 Die Vereine der zweiten FußballBundesliga kritisieren die Vereinigungspläne der beiden deutschen Verbände. Vorstandssitzung des DFV der DDR: Endgültige Einigung über den Qualifikationsmodus zur Eingliederung von DDR-Klubs in die Bundesligen. Danach qualifizieren sich der Meister und Vizemeister der Oberliga-Spielzeit 1990/1991 direkt für die erste Bundesliga. Die Klubs auf den Plätzen drei bis sechs qualifizieren sich direkt für die zweite Bundesliga. Die Plätze sieben bis zwölf spielen gemeinsam mit den beiden Meistern der zweiten DDR-Ligen in zwei Vierer-Gruppen weitere zwei Mannschaften aus, die 1991/92 in die zweite Bundesliga integriert werden. Leipzig: Auf einem Polizeisportfest äußern sich DDR-Innenminister Peter-Michael Diestel und DTSB-Präsident Martin Kilian zur Situation des DDR-Sports. Diestel: „Wir müssen die Durststrecke überwinden.“ Kilian: „DDR-Sport wird in diesem Jahr wieder an die Spitze kommen und zwar in einem gesamtdeutschen Team.“ 27.07.1990 Gründung des Lausitzer Behindertensportverbandes. 20.07.1990 Oberhof: Sitzung der Arbeitsgruppe Leistungssport des Deutschen Skiläuferverbandes der DDR und des Deutschen Skiverbandes. Ab dem 1. Oktober 1990 wird es nur noch eine Nationalmannschaft geben. Das Führungsgremium des DSLV wird dem DSV angepasst. Cottbus: Gründung des Brandenburgischen Radsportverbandes e. V. durch die Vereinigung der Bezirksfachausschüsse Frankfurt (Oder), Cottbus und Potsdam. Präsident: Walter Rösler. 23.07.1990 Föderale Fußballstrukturen entwickeln sich in der DDR. Erste Sitzung der Arbeitsgruppe Leistungssport in Frankfurt am Main. 24.07.1990 Kommentar zur Situation des DDRFußballs von Hans Meyer (Trainer FC Karl-Marx-Stadt): „Die Vereinigungsbeschlüsse sind für uns eine Zumutung.“ 28.07.1990 Der DTSB erhält weitere 30 Millionen DMark zur Sicherung der Finanzen durch das Ministerium für Jugend und Sport. Potsdam: Gründung des Landesfußballverbandes Brandenburg aus den Bezirken Frankfurt (Oder), Cottbus und Potsdam. Präsident: Siegfried Kirschen. 28./29.07.1990 Kienbaum: Willi Klein, DSB VizePräsident für Breitensport, übergibt die ersten DSB-Sportabzeichen an DDRBürger. 62 Juli 1990 – Eine Collage Chronik August 1990 63 August 1990 01.08.1990 Berlin: Pressekonferenz mit DTSBPräsident Martin Kilian nach einem Gespräch mit Staatssekretär Horst Iske. Finanzfragen werden nun endgültig im Ministerium für Jugend und Sport geklärt. Der DTSB benötige für das zweite Halbjahr 1990 120 Millionen Mark, so Kilian. Ein verstärkter Personalabbau sei notwendig. 02.08.1990 Berlin: Pressekonferenz von DDRSportministerin Cordula Schubert. Insgesamt stünden für den Sport im zweiten Halbjahr 1990 124 Millionen D-Mark zur Verfügung. Davon erhält der DTSB 103 Millionen, der BTSV 20,8 Millionen und das NOK der DDR 0,2 Millionen D-Mark. Kommentar DTSB-Generalsekretär Jochen Grünwald: „Dieser Betrag ist viel zu gering.“ Leipzig: Gründung des FC Sachsen Leipzig 1990 e. V. Gründung des Turnvereins ATV 90 in der Armeesportvereinigung e. V. Präsident: Dr. Günter Beier. 03.08.1990 Berlin: Der Landessportbund Berlin fordert die generelle Rückgabe von ehemaligen Grundstücken und Immobilien Westberliner Sportvereine auf dem Territorium der DDR. Gründung eines Deutschen Olympiaclubs e. V. in der DDR. Motto: „Leistung durch Leistungssport.“ 07.08.1990 Berlin: Tagung des Präsidiums und der Geschäftsleitung des DTSB. Beschluss der Maßnahmen zum Einsatz der finanziellen Mittel für den DDR-Sport. Durch die Kürzungen komme der Kinder- und Jugendbereich teilweise zum Erliegen. Baden-Baden: Treffen der beiden deutschen NOK. Beratung über Struktur- und Personalfragen im Zusammenhang mit der bevorstehenden Vereinigung. Die DDRSeite war durch den Präsidenten Professor Dr. Dr. Joachim Weiskopf und Generalsekretär Wolfgang Gitter vertreten. Für die bundesdeutsche Seite verhandelten Vizepräsidenten August Kirsch und Generalsekretär Walther Tröger. 08.08.1990 Düsseldorf: Im Interview mit dem „Sportinformationsdienst“ spricht sich der Vorsitzende des Sportausschusses des Deutschen Bundestags, Ferdi Tillmann, für eine weitgehende Übernahme des DDR-Sportsystems in ein vereinigtes Deutschland aus: „Die Struktur der bisher 35 Sportklubs in der heutigen DDR soll erhalten und zeitgemäß erneuert werden. Es geht darum, möglichst schnell die Olympiastützpunkte in der DDR einzurichten und mit den dort vorhandenen jahrzehntelangen Erfahrungen zu verbinden.“ Potsdam: Gründung des Landesverbandes Brandenburg der Modernen Fünfkämpfer. Präsident: Klaus Petrikowsky. 09.08.1990 Auf einer außerordentlichen Tagung des Präsidiums des DTSB werden Konsequenzen aus der Kürzung der finanziellen Mittel um 33 Prozent beschlossen. Bis zum Jahresende muss die Zahl der hauptamtlichen Mitarbeiter auf 2.300 reduziert werden. Von den 9.000 Beschäftigten waren bereits 3.009 zum 30. September gekündigt worden. Viele Sportschulen und Trainingszentren müssen stillgelegt werden. 64 „Geheimnisse“ des DDR-Sports – Die Nachwirkungen der Repression im DDR-Sport sind bis heute spürbar Jutta Braun „Geheimnisse“ des DDR-Sports Die Nachwirkungen der Repression im DDR-Sport sind bis heute spürbar von Jutta Braun August 1990. Im Schatten der Goldkinder lagen die verdeckten Seiten des DDRSportsystems: die Überwachung durch die Staatssicherheit, flächendeckendes Doping und geheim gehaltene Forschungsstätten und -labors. Bereits seit Sommer 1989 hatten die Dopingenthüllungen des Skisprung-Weltmeisters und Olympiasiegers Hans-Georg Aschenbach, der sein Insider-Wissen als Sportarzt des ASK Oberhof nach seiner Republikflucht in der „Bild Zeitung“ ausgebreitet hatte, in der Bundesrepublik für Aufmerksamkeit gesorgt. Mit dem Eingeständnis, es habe auch in der DDR im Jahre 1988 14 positive Fälle gegeben, brach der Sportmedizinische Dienst der DDR zwar Anfang November 1989 die bisherige Veröffentlichungssperre, versuchte aber den Eindruck zu erwecken, es habe sich um individuelle Verfehlungen gehandelt. Der DTSB verharrte in rigider Abwehrposition, Präsident Eichler präsentierte den DTSB noch als Gegner des Doping, als die Öffentlichkeit bereits Zutritt zum geheimen Doping-Labor Kreischa erhielt. Noch im Dezember erging ein Beschluss des DTSB-Sekretariats, die Arbeit mit den Geheimnisträgern zu verbessern, um „ihren Geheimhaltungswillen zu festigen“. Das Schweigekartell der involvierten SMD- und DTSB-Angehörigen funktionierte, solange die Regierung Modrow im Amt war. Seit März 1990 jedoch, als deutlich wurde, dass das alte Sportsystem nicht weiter fortbestehen würde, offenbarten immer zahlreichere beteiligte Wissenschaftler ihre Kenntnisse gegenüber westlichen Medien. Trotz dieser Informationen dauerte es noch Jahre, bis das staatliche Zwangsdoping der DDR in vollem Umfang erkannt wurde – ein später Sieg des perfekten Geheimhaltungssystems der DDR, in dem das Ministerium für Staatssicherheit ein wichtige Rolle spielte. Auch die Funktion dieses Geheimdienstes wurde früh im Wendeprozess thematisiert, im Januar 1990 wurden erste „Stasi-Untaten“ im DDR-Sport bekannt, dabei ging es um die Ver- folgung des später ausgereisten Diskuswerfers Wolfgang Schmidt. Auch andere republikflüchtige Sportler beklagten ihre „Angst“ vor der Staatssicherheit, so im August 1990 die Bundesligaspieler Norbert Nachtweih und Robert Pahl, die nach ihrer Flucht 1976 längere Zeit observiert wurden. Aus Furcht vor einer möglichen Entführung schlugen sie ein Vertragsangebot in Westberlin aus. „Wir haben uns schon ausgerechnet, dass wir in Berlin schnell mal eine Pille ins Bierglas bekommen und dann am Alexanderplatz aufwachen würden.“ Auch die strukturelle Überwachung der linientreuen Sportkader wurde angeklagt: Der langjährige DDR-Auswahlspieler Peter Ducke (Jena) beschuldigte Ende August 1990 im Deutschlandfunk den Vize des DDRFußballverbandes, Günther Schneider, jahrelanger Stasi-Mitarbeiter zu sein. „Er trat immer dort auf, wo es galt, Fußballer zu bespitzeln. Wir wurden auf Schritt und Tritt beschattet. Es war grauenhaft und widerlich.“ Ebenso kamen langsam die unlauteren Methoden gegenüber dem „Klassenfeind“ ans Licht. Der Magdeburger Erfolgstrainer Heinz Krügel berichtete empört auf dem ersten demokratischen Fußballverbandstag, wie vor einem Europapokalspiel gegen den FC Bayern München ein StasiOffizier zu ihm kam und anbot: „Sie können in der Pause mithören, was da in der BayernKabine gesprochen wird“. Was Krügel zurückwies und daraufhin karrieretechnisch von der Nomenklatura ausgebootet wurde. Trotz dieser ersten Einblicke in die repressiven Seiten des DDR-Systems trat das volle Ausmaß, in dem die Krake Staatssicherheit den DDR-Sport durchdrang, erst mit den Jahren zu Tage. Verantwortung für diese verzögerte Erkenntnis trägt auch der Sport selbst, da nur sieben der 35 Sportfachverbände sich der schwierigen Vergangenheitsbewältigung stellten und eine freiwillige Überprüfung durch die Gauck-Behörde anstrengten. So ist auch das heutige Sportgeschehen noch immer von Enthüllungen über die Verstrickung von Sportlern, Trainern, Funktionären und Journalisten begleitet. Chronik August 1990 11.08.1990 Berlin: Beratungen des Präsidiums des NOK der DDR über die Vereinigung der beiden deutschen NOK, die noch im laufenden Jahr angestrebt wird. Wien: Gespräche zwischen den Präsidenten der beiden deutschen Handballverbände mit dem Präsidenten der Internationalen Handball-Föderation: Beratungen über offene Fragen hinsichtlich einer gesamtdeutschen Mannschaft der Männer bei Olympia 1992 in Barcelona, da sich nur die DDR-Nationalmannschaft sportlich qualifizieren konnte. Startschuss zur letzten Saison der DDR Fußball-Oberliga. 13.08.1990 München: Im Skisport gibt es die erste gemeinsame Nationalmannschaft. Der Deutsche Skiverband und der Deutsche Skiläuferverband der DDR bilden eine nordische Nationalmannschaft. Von Einsparungen sind über 50 Skisporttrainer der DDR betroffen. Berlin: Der Präsident des NOK der DDR erklärt: „Wir werden die Vereinigung unabhängig von dem Fahrplan den die Politik vorgibt, vollziehen, und gehen davon aus, dass das NOK der DDR zum 31. Dezember seine Tätigkeit einstellt.“ Für den Start von DDR-Sportlern zum Beispiel bei den Ruder-Weltmeisterschaften in Australien und in sozialen Härtefällen wurden NOKGelder zugesagt. Bislang wurden 1,9 Millionen D-Mark verausgabt. 14.08.1990 Nach Vorstellungen von Horst Bredemeier, bundesdeutscher Auswahltrainer, soll sich die künftige gesamtdeutsche Auswahl aus dem Kern des DHB-Teams sowie etwa sechs DDR-Spielern zusammensetzen. 65 Berlin: DDR-Handball-Präsident Professor Dr. Hans-Georg Hermann reagiert auf Bredemeier und wirft ihm vor, dass seine Aussagen dem Vereinigungsprozess schaden würden. DDR-Abrüstungsminister Rainer Eppelmann sieht die Zukunft des Leistungssports in der Armee. 15.08.1990 Die GST-Nachfolgeorganisation, BTSV, löst sich stufenweise auf. Am 31. August werden sämtliche Bezirksstellen geschlossen. Der Generalsekretär des NOK für Deutschland spricht sich für einen schnellen Zusammenschluss des deutschen Sports aus. 16.08.1990 Berlin: Gespräche der Präsidialkommission beider deutscher Leichtathletikverbände. Bis zum Jahresbeginn 1991 soll die Vereinigung vollzogen werden. In der „Märkischen Oderzeitung“ plädiert der Präsident des Fußballlandesverbandes Brandenburg, Siegfried Kirschen, für einen starken und unabhängigen Landesfußballverband. 17.08.1990 Berlin: Die beiden deutschen NOK erzielen weitgehende Einigkeit über den Weg zu ihrer Vereinigung, die am 17. November 1990 in Berlin vollzogen werden soll. IOC-Präsident Samaranch betont, dass das IOC jeder Lösung der Deutschen im Hinblick auf eine Olympiamannschaft zustimmen werde: „Das IOC traut Deutschland, Deutschland kann dem IOC trauen.“ 66 Süddeutsche Zeitung 18.08.1990 “Es ging um das nackte Menschliche“ Im gesamtdeutschen Leichtathletikverband finden von 592 DDR-Trainern nur noch 50 Arbeit Berlin (dpa) – Die Vereinigung der deutschen Leichtathletik am 24. November in Salzgitter ist beschlossene Sache. Doch sie fordert viele Opfer, vor allem auch unter den Trainern und Funktionären in der DDR. „Zum Schluß ging es um das nackte Menschliche“, schilderte Jan Kern, der Generalsekretär des Deutschen LeichtathletikVerbandes (DLV), die Stimmung beim Berliner Verhandlungsmarathon mit dem Deutschen Verband für Leichtathletik (DVfL) der DDR am Donnerstagabend. Und Sportwart Manfred Steinbach ergänzte: „Es ist schon schlimm, wenn man bedenkt, wer da alles über die Klinge springen muß.“ Wenn der DLV ab dem 25. November die Alleinverantwortung für die deutsche Leichtathletik übernimmt – bei einem außerordentlichen Verbandstag am Tag zuvor stellen die Landesverbände in den fünf neuen Ländern der DDR ihren Aufnahmeantrag, der DVfL hört auf zu existieren – werden von einstmals 592 festangestellten, vom Staat bezahlten DDRTrainern nur noch rund 50 einen Arbeitsplatz haben, vom Bundesbis zum Honorartrainer. „Das Ergebnis ist unbefriedigend, ich bin ernüchtert und enttäuscht“, sagte DVfL-Präsident Gerd Schröter, „die Hälfte der Trainer hätte man abspecken können, ohne an die Substanz zu gehen.“ Er erwartet Verluste für die gesamte deutsche Leichtathletik und die Abwanderung guter Fachleute ins Ausland. „Es wäre schön, wenn aus einer Leichtathletik und noch einer Leichtathletik eine zweimal stärkere Leichtathletik würde. Aber ich Süddeutsche Zeitung 18. August 1990 fürchte, das wird nichts.“ Steinbach allerdings meinte: „Angesichts meiner 16 Bundestrainer kommt der DVfL in einer KostenNutzen-Relation gut weg.“ Auch die Funktionäre werden Posten verlieren. „Wir werden in jede Kommission, jede Arbeitsgruppe und auch in Präsidium Mitarbeiter aus der DDR eingliedern“, unterstrich DLV-Präsident Helmut Meyer, „aber etwa im Verhältnis der Stimmen beim Verbandstag.“ Das sind nicht übermäßig viele. Die sollen nach Meyers Worten aber möglicherweise schon nach der Aufnahme der DDR-Landesverbände noch in Salzgitter beim Verbandstag Sitz und Stimme erhalten und schon am nächsten Tag beim Verbandsrat dabei sein. Was aus den verbleibenden Mitarbeitern des DVfL-Generalsekretariats – von ehedem 44 bleiben fünf Funktionäre, von einst 18 Mitarbeitern im Wissenschaftlichen Zentrum Leipzig vier übrig – wird, steht in den Sternen. Meyer: „Es ist wie mit den Trainern: Woher soll das Geld kommen.“ Schröter, Professor für Theorie und Methodik an der Deutschen Hochschule für Körperkultur (DHfK) in Leipzig, will sich auch im neuen DLV um Position und Einfluß bewerben. Für die DDR-Leichtathletik gilt auch auf anderen Gebieten das „Prinzip Hoffnung“. „Vielleicht können wir weitere Trainerstellen über die Länder erschließen“, sagt Schröter, „und wir werden uns bemühen, alle bisherigen Leistungszentren, also die Sportclubs zu erhalten, wenn auch nicht mehr mit 20 Trainern, sondern vielleicht nur einem hauptamtlichen.“ Unterstützung hat der DLV bei dem Streben zugesagt, das ehemalige Gebiet der DDR nicht ganz von Leichtathletikveranstaltungen zu entblößen. Wenn möglich, sollen auch deutsche Meisterschaften dort ausgetragen werden. Primo Nebiolo, der Präsident des Internationalen Leichtathletik-Verbandes (IAAF), hat zudem zugesagt, daß neben dem ISTAF im Olympiastadion auch der Olympische Tag in (Ost-)Berlin als zweites Grand-Prix-Meeting in Berlin erhalten bleibt. Die IAAF will im übrigen die vereinten Deutschen finanziell unterstützen, wenn sie künftig mit einer größeren Mannschaft bei internationalen Meisterschaften aufkreuzen. Vom 1. Januar 1991 wird ein Verband, eine Nationalmannschaft die deutsche Leichtathletik bei der IAAF vertreten. Nebiolo erwartet „eine große deutsche Mannschaft“. Der Italiener schlug am Donnerstag in Berlin zudem eine „Wiedervereinigungsfeier“ vor. Nach fast 40 Jahren der Konfrontation bis hin zur offenen Gegnerschaft auch in der Leichtathletik ist für manch einen, der die siebte Verhandlungsrunde zwischen DLV und DVfL am Donnerstag in Berlin mitmachte, die nunmehr beschlossene Vereinigung auch fast ein Jahr nach dem 9. November noch immer ein Wunder. „So viele Verhärtungen von 40 Jahren lassen sich in ein paar Stunden entknoten“, sagte Prof. Georg Wieczisk, der nach der „Wende“ als DVfL-Präsident abgelöst wurde, „dafür war das heute eine lange, aber erfolgreiche Sitzung. Chronik August 1990 18.08.1990 Berlin: Auf einer gemeinsamen Pressekonferenz erklären IAAF, DVFL der DDR und der DLV, dass die Vereinigung der Leichathleten am 24. November 1990 erfolgen wird. 19.08.1990 Dresden: Letzte DDR-Meisterschaften der Leichtathletik. 20.08.1990 Das Präsidium des Deutschen Schwimmverbandes beschließt nach einer zweitägigen Sitzung in Münster bei den Weltmeisterschaften im Schwimmen und Wasserspringen im Januar 1991 in Perth/Australien mit einer deutschen Mannschaft an den Start zu gehen. Der Präsident des DDR-SchwimmsportVerbandes (DSSV), Wilfried Windolf, hatte mitgeteilt, dass die teilweise noch zu gründenden DDR-Landesverbände Ende September um Beitritt zum DSV ersuchen werden. 21.08.1990 Der Westdeutsche Schwimmstar Michael Groß fordert im Vereinigungsprozess tragbare Lösungen für beide Seiten, gerechte Qualifikationsnormen. Er befürchtet eine große Rücktrittswelle. Im Interview mit dem „Deutschlandfunk“ beklagt der Sprecher der DDR-Athleten, Ulf Timmermann, dass der DDR-Sport von den Entwicklungen überrollt worden sei. Reibereien seien vorprogrammiert. Zudem befürchtet er Probleme bei der Aufstellung einer gemeinsamen Olympiamannschaft. 23.08.1990 Zweite Sitzung der Arbeitsgruppe Strukturfragen in Frankfurt am Main. 67 27.08.1990 Split: Bei den Leichtathletik-Europameisterschaften tritt die DDR zum letzten Mal international auf. Ihre Medaillenbilanz 12/10/10. Frankfurt am Main: Die deutschen Ruderer nehmen an der Weltmeisterschaft vom 29.10.-3.11. mit zwei getrennten Mannschaften teil. Freyburg: Turnfestival zum ersten Mal mit Gästen aus dem Osten und Westen Deutschlands. SPD-Bundestagsfraktion kritisiert, dass im Entwurf des Einigungsvertrages der Vereins- und Breitensport ausgeklammert wird. 28.08.1990 Die Gewichtheber der DDR beantragen beim Internationalen GewichthebeVerband, bei den Weltmeisterschaften im November noch mit einer eigenen Mannschaft antreten zu können. 30.08.1990 Erklärung der Volkskammerfraktion und des Vorstands der SPD der DDR: „Ohne schnelle Hilfe droht dem DDR-Sport das Aus.“ SPD fordert eine Übergangsfinanzierung durch den Bund. 31.08.1990 Berlin (Ost)/Frankfurt am Main: Verbandstagssitzungen der beiden deutschen Fußballverbände, DFV und DFB. Einigung auf einen neuen vorgezogenen Termin für die „Fußball-Einheit“: 21. November 1990. 68 August 1990 – Eine Collage Chronik September 1990 69 September 1990 01.09.1990 Bonn: Beim Spitzengespräch von Vertretern der Sportverbände mit Innenminister Wolfgang Schäuble spricht dieser sich für eine Globalfinanzierung aus, um das Zusammenwachsen in vernünftiger Weise zu ermöglichen. Damit soll auch der Ausverkauf des DDR-Sports gestoppt werden. Stiftung Deutsche Sporthilfe benötigt für 1991 kurzfristig 19 Millionen D-Mark, damit auch die Versorgung der bisherigen DDR-Sportler ab dem 1. Januar 1991 gewährleistet ist. Leimen: Der Internationale Gewichtheberverband stimmt dem Antrag des Deutschen Verbandes für Gewichtheben und Fitness der DDR zu, dass deutsche Gewichtheber getrennt zur WM fahren. Oberhof: Raimund Bethge, Klubtrainer beim ASK Vorwärts Oberhof, wird BobBundestrainer. Kassel: Boxgipfel, Verbände aus Ost und West treffen sich zu Vereinigungsverhandlungen. 02.09.1990 Leipzig: Fußball-Freundschaftsspiel zwischen 1. FC Lok Leipzig und Bayern München vereinbart. Gründung des Amateurboxverbandes des Landes Brandenburg. Präsident: Knut Batavia. 03.09.1990 Die Modernen Fünfkämpfer aus der DDR sind dem Deutschen Verband für Modernen Fünfkampf beigetreten. 04.09.1990 Radsportler benennen Auswahl-A-Kader. gesamtdeutsche Königs Wusterhausen: Gründung des Landesverbandes Tischtennis im Land Brandenburg. Präsident: Klaus Lehmann. 05.09.1990 Bonn: Die CDU/CSU-Fraktion des Deutschen Bundestags fordert Anschubfinanzierung des Breitensports der DDR. 06.09.1990 Frankfurt am Main: Willi Daume, u. a. Vorsitzender der Deutschen Sporthilfe teilt mit, dass der Sporthilfe 25 Millionen DMark fehlen, um nach der Vereinigung auch die Spitzensportler der DDR zu fördern. 07.09.1990 Bonn: Gespräche zwischen Bundeskanzler Helmut Kohl, DSB-Präsident Hans Hansen, NOK-Präsident Willi Daume und Innenminister Wolfgang Schäuble. Fragen des Beitritts der DDR zur Bundesrepublik und die Auswirkungen auf den Sport. Kohl will sich für die Aufrechterhaltung des hohen Niveaus des Leistungssports in der DDR einsetzen. Der Weltruderverband genehmigte den Start zweier deutscher Mannschaften bei der Ruder-WM im November 1990. Pressemitteilung des Fußballverbandes (DFB der DDR): Es habe keine Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Staatsicherheit gegeben. 08.09.1990 Aue: Letzte DDR-Meisterschaften im Bogenschießen. 70 Schussfahrt in die Einheit – Im September 1990 begann die Vereinigung der Fachverbände Michael Barsuhn Schussfahrt in die Einheit Im September 1990 begann die Vereinigung der Fachverbände von Michael Barsuhn September 1990. Die Dynamik und Härte eines Eishockeyspiels ist von anderen Sportarten kaum zu übertreffen. Schon gar nicht vom Golfen, das eher bedächtig daher kommt. Im Vereinigungsprozess des deutschen Sports waren jedoch ausgerechnet die Golfer (ebenso wie die Turner) schneller als die Kufenflitzer auf dem Eis. Knapp einen Monat vor dem Beitritt der DDR zur Bundesrepublik, am 3. Oktober 1990, und zwei Tage bevor sich die Eishockeyverbände der DDR und der Bundesrepublik am 11. September 1990 vereinigten, schlossen sich die Golfer und Turner als erste Sportfachverbände der beiden deutschen Staaten am 9. September 1990 zusammen. Während das Turnen zu DDR-Zeiten als olympische Sportart besonders hofiert wurde, war der Mauerfall für Golf und Eishockey eine Befreiung von bisheriger staatlicher Unterdrückung. "Golf wurde erst seit 1987 gespielt. Vorher war hier rein gar nichts los", erzählt Bernd Rudolph aus Dresden, der im Oktober 1989 die "Erste allgemeine Sportgruppe Golf der DDR" ins Leben rief, aus der im April 1990 der "Deutsche Golfverband der DDR" hervorging. Es gab keine Klubs, weniger als dreißig Aktive und keine Plätze. "Wir mussten in die Tschechoslowakei fahren. Da gab es eine ungebrochene Golftradition. Die Anlagen in Brünn oder Prag waren für DDR-Bürger zugänglich." Der letzte Golfplatz in Oberhof war schon 1951 mit den Worten "Gemüse statt Golf" in einen Acker verwandelt worden. Wer aber dachte, nach der Wende würde alles einfacher, täuschte sich. "Am liebsten hätte der DGV (Deutscher Golf Verband) die Gründung eines ostdeutschen Verbandes ganz verhindert", empört sich Rudolph. Tatsächlich lag es nicht im Interesse des DGV, wenige Monate vor der staatlichen Vereinigung einen eigenständigen DDRVerband entstehen zu lassen. Die Integration des aktiven Häufchens hätte aus WestSicht ohne diesen Zwischenschritt vollzogen werden können. Die Ehe hielt denn auch nicht lange. Nach endlosen Querelen gingen Ossis und Wessis ab 1993 wieder getrennte Wege. Der Golfförderverband Ost löste sich vom DGV. Klubs und Sportler sind aber weiterhin Mitglieder im Dachverband. Die Vereinigung des Eishockeys verlief unkomplizierter. "Nach dem Mauerfall ging alles ganz schnell", sagt Hartmut Nickel, von 1976 bis 1990 Cheftrainer des SC Dynamo Berlin (heute EHC Eisbären). Im Januar 1990 löste sich Eishockey aus den Fesseln des Deutschen Eislaufverbandes der DDR. Bereits im Mai 1990 wurden die DDR-Klubs Dynamo Weißwasser und Dynamo Berlin in den Deutschen Eishockey-Bund (DEB) aufgenommen. Im September 1990 war Eishockey die erste Sportart, die in einer gesamtdeutschen Liga ausgeübt wurde. Fortan kreuzten Weißwasser und Berlin die Schläger mit Köln und Düsseldorf. Gegenwärtig spielt Weißwasser in der zweiten Liga, unter dem Namen Lausitzer Füchse. Der EHC Eisbären ist neben den Handballspielern des SC Magdeburg der einzige große Klub aus der DDR, der einen gesamtdeutschen Titel erringen konnte. In ihrer Freizeit zieht es die Mannschaft hin und wieder auf den Golfplatz. "Sie werden jetzt grinsen oder lachen, aber ich finde Golf toll," sagt Eisbären-Assistenztrainer Nickel. Er lebt in Brandenburg. Dass man nun in der früheren DDR ungehindert Golf spielen kann, lässt selbst einen Eisbären nicht kalt. Chronik September 1990 08./09.09.1990 Hannover: Auf dem Deutschen Turntag erfolgt die Vereinigung der beiden deutschen Turnverbände. Die Turner, Sportgymnastinnen, Faustballer, Orientierungsläufer und Spielleute treten dem bundesdeutschen Turnerbund (DTB) bei. Am 3.10. endet die Mitgliedschaft der DDRVerbände in der internationalen Turnföderation. Potsdam: Gründung des Handballverbandes des Landes Brandenburg. Präsident: Wolfgang Hartisch. 09.09.1990 Strausberg: Gründung des Brandenburgischen Verbands für Leichtathletik. Präsident: Günther Möbius. 10.09.1990 Bonn: Streit in der Politik um die Zukunft der Finanzierung des Spitzensports der DDR. 11.09.1990 München: Zusammenschluss der beiden deutschen Eishockeyverbände. Schleife: Letztes Länderspiel der DDRHandballerinnen gegen Norwegen. 12.09.1990 Moskau: Die Außenminister der UdSSR, der USA, Großbritanniens, Frankreichs und beider deutscher Staaten unterzeichnen das Abschlussdokument der Zwei-plusVier-Gespräche, die den Weg zur deutschen Einheit geebnet haben. Beide deutsche Staaten erkennen die Oder-NeißeGrenze mit Polen an. Brüssel: Letztes Länderspiel der Fußballnationalmannschaft der DDR in Brüssel gegen Belgien. Die DDR siegt trotz zahlreicher Absagen der Bundesligaprofis mit 2:0, beide Treffer erzielt Matthias Sammer. Berlin: Dem vereinten NOK für Deutschland sollen 13 Mitglieder aus der DDR angehören. 71 Ein gemeinsames deutsches Ringer-Team fährt zur Klassiker-WM nach Rom. Potsdam: Gründung der Brandenburgischen Sportjugend. Präsidentin: Frauke Rupprecht. Karlsruhe: Treffen der Vertreter beider deutscher Boxverbände. Aufstellung der ersten gesamtdeutschen Kernmannschaft. 13-köpfiger A-Kader mit sieben Boxern aus der DDR. 13.09.1990 Spremberg: Erster Golfplatz soll in der Region Cottbus entstehen. 14.09.1990 Hamburg: Tagung des DSB-Präsidiums. Erste Vorbereitungen eines Vereinigungsbundestages. Berlin: Das Ministerium für Jugend und Sport stellt 22,2 Millionen D-Mark zur Absicherung des Sportbetriebs zur Verfügung. Bonn: Sportpolitische Debatte im Bundestag. Die Bundesregierung will sich künftig besonders für die Wiederbelebung der Sportvereine in der DDR engagieren. Cottbus: Ulrich Wagner, ein Unternehmer aus Stuttgart, wird zum neuen Präsidenten beim FC Energie Cottbus gewählt. 15.09.1990 Gründung des ersten – ostdeutschen – LSB Brandenburg. Präsident: Professor Dr. Junghähnel; Gründung der weiteren vier LSB (Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen) bis zum 27.9.1990. 72 Frankfurter Allgemeine Zeitung 25.09.1990 Der Sportausschuß-Vorsitzende Tillmann erwartet einen großen Aufschwung 90 000 Sportvereine und 400 Leistungszentren eds. BONN. Der Vorsitzende des Sportausschusses des Deutschen Bundestages, Ferdi Tillmann (CDU), erwartet einen großen Aufschwung im Sportvereinswesen des vereinten Deutschlands. Tillmann geht davon aus, daß es am Ende dieses Jahrzehnts bis zu 90 000 Sportvereine in Deutschland geben wird. In einer Pressekonferenz zum Abschluß der 11. Legislaturperiode des Parlaments sagte der Sportausschuß-Vorsitzende, zu den gegenwärtig 66 000 Sportvereinen im Bundesgebiet kämen in wenigen Jahren sicherlich bis zu 20 000 Vereine in den neuen östlichen Bundesländern hinzu, die sich aus den derzeit 10 000 Betriebssportgemeinschaften bilden würden. In einer „Übersicht der leistungssportlichen Einrichtungen“ hat der Sportausschuß erstmals die Planungen für die künftigen Bundesländer Thüringen, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und den Berliner Raum veröffentlicht. Zu den 27 Bundesleistungszentren, 15 Olympiastützpunkten, 66 Landes- leistungszentren und 160 Bundesstützpunkten sollen in den künftigen Bundesländern noch sechs Olympiastützpunkte, 10 bis 15 Bundesleistungszentren und 100130 Bundesstützpunkte eingerichtet werden. Das wären mehr als 400 Leistungszentren in Deutschland. Tillmann regte zudem einen Sportentwicklungsplan nach dem Vorbild des „Goldenen Plans“ an. Vorrangig sei es, den Verkauf und den Verfall von Sportanlagen auf dem gegenwärtigen Gebiet der DDR zu stoppen. Einen „kritischen Appell“ richtet der CDU-Politiker an die Bundesländer und die Landessportbünde, die er aufforderte, verstärkte Hilfe bei der Entwicklung des Sportbildungswesens im östlichen Teil Deutschlands zu leisten. Dazu gehöre vor allem der Erhalt und die sport- und bildungspolitische Reformierung der 25 Kinder- und Jugendsportschulen, für deren Erhalt sich Tillmann nachdrücklich aussprach. „Der Bund kann nicht alles machen“, kritisierte der SportausschußVorsitzende, der von den Ländern Frankfurter Allgemeine Zeitung 25. September 1990 der Bundesrepublik ein größeres Engagement im Breitensport erwartet, um die „positiven Ansätze bei der Breitensportentwicklung in der gegenwärtigen DDR“ zu unterstützen. Nach dem Stand der Haushaltsberatungen wird der Bund 10 Millionen Mark als „Anschubfinanzierung für den Breitensport“ in den neuen Bundesländern bereitstellen. Nach dem Sportgespräch bei Bundeskanzler Kohl kann die Stiftung Deutsche Sporthilfe in den nächsten beiden Jahren mit insgesamt 40 Millionen Mark rechnen. Für die Einrichtung der fünf bis sechs Olympiastützpunkte in den östlichen Bundesländern werden aus Bonn mindestens sechs Millionen Mark benötigt. Mit bis zu 50 Millionen Mark muß zudem für die Bildung eines „Trainerfonds“ sowie für die Sportmedizin und den Erhalt von sportwissenschaftlichen Instituten und Hochschulen gerechnet werden. Um mehr Flexibilität im Trainerwesen zu erreichen, sprach sich Tillmann für die völlige Abschaffung der „Vergütungsordnung für Trainer“ aus. Chronik September 1990 15.09.1990 Leipzig: Das Forschungsinstitut für Körperkultur und Sport wird in den Dienst des gesamtdeutschen Sports gestellt. Im Zuge der Umstrukturierungsmaßnahmen wird die Zahl der Mitarbeiter von 625 auf 200 reduziert. Berlin (Ost): Auf einem Treffen von Vertretern der beiden deutschen Tischtennisverbände werden die Weichen für die Vereinigung gestellt. Schwarzheide: Gesamtdeutsches Luftsportfest. Leipzig: Deutsch-deutsche Tennisbegegnung. 16.09.1990 Dortmund: Das Präsidium des Deutschen Handball-Bundes (DHB) entscheidet, dass auch nach der Vereinigung Horst Bredemeier Cheftrainer der MännerNationalmannschaft bleibt. Begründung: Der bestehende Vertrag solle nicht aufgelöst werden. Leuthen: Letzte DDR-Meisterschaften im Billard. 18.09.1990 Erste Sitzung der Arbeitsgruppe Finanzen in München. 21.09.1990 Berlin: Fußball-Benefizspiel Volkskammer gegen Bundestag im Sportforum. 22.09.1990 Der DTSB-Bundesvorstand beschließt die Auflösung der eigenen Organisation zum 5.12.1990. 27.09.1990 Potsdam: Gründung des Olympischen Sportclubs Potsdam Luftschiffhafen. Präsident: Dr. Wulf Preising. 73 Sitzung der Arbeitsgruppe Leistungssport. 28.09.1990 Cottbus: Nachdem das Sportzentrum zwischenzeitlich als Einkaufzentrum vermietet worden war, steht es nun wieder dem Sport zur Verfügung. 29.09.1990 Leipzig: Gemeinsamer Kongress der beiden deutschen Schachverbände. Die neu gegründeten Landesverbände werden in den Deutschen Schachbund eintreten. Zäsur: Sitzung des Lenkungsausschusses in Leipzig. Dort wurden sämtliche Ergebnisse des Lenkungsausschusses und der Arbeitsgruppen textlich überprüft, zusammengefasst und als Grundlage für die Vereinigung bestätigt. 30.09.1990 Berlin: Erster gesamtdeutscher BerlinMarathon nach dem Mauerfall. München: Erstmalig fährt eine gesamtdeutsche Männer-Turn-Riege zum Länderkampf, mit neutralen Trainingsanzügen, auf dem Rücken der Aufdruck: „Gesamtdeutsche Mannschaft 1990 – DTB-DTV.“ 74 September 1990 – Eine Collage Chronik Oktober 1990 Oktober 1990 02.10.1990 Frankfurt am Main: Auf einer Tagung des Bundesausschusses Leistungssport wird über die Vergabe der Olympiastützpunkte entschieden. Im Land Brandenburg erhält zunächst Frankfurt (Oder) den Zuschlag. Später Korrektur: Cottbus erhält den Zuschlag. 03.10.1990 Vollendung der staatlichen Einheit auf der Grundlage des Art. 23 Satz 2 GG. Der Beitritt der DDR vollzieht sich formal durch die Aufnahme der am 22. Juli neugegründeten Länder Brandenburg, MecklenburgVorpommern, Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt in den Geltungsbereich des Grundgesetzes. 06.10.1990 Darmstadt: Die Vorsitzenden der fünf neu gegründeten Leichtathletik-Landesverbände Thüringen, MecklenburgVorpommern, Brandenburg, Sachsen und Sachsen-Anhalt geben in der Geschäftsstelle ihren Antrag auf Aufnahme in den DLV ab. Die Mitgliederzahl des DLV wird sich bei der Vereinigung am 24.11. um 75.000 auf 900.005 erhöhen. 07.10.1990 Interview mit Willi Daume in „Die Welt“: Der Finanzbedarf der Deutschen Sporthilfe wird durch die Vereinigung nun doppelt so groß – also 50 Millionen Mark. 08.10.1990 Die Deutsche Olympische Gesellschaft und die Gesellschaft zur Förderung des Olympischen Gedankens in der DDR beschließen, sich zum 1. Januar 1991 zu vereinigen. Die Geschäftsstelle im Ostteil Berlins soll neben der Frankfurter Zentrale erhalten beiben und künftig den Aufbau von rund 20 DOG-Stadtgruppen in den fünf neuen Bundesländern koordinieren. 75 10.10.1990 Die Eintrittskarten für das „Fest des deutschen Fußballs“ gehen in den Vorverkauf. 12.10.1990 Cottbus: Gründung des ersten Sport- und Gesundheitszentrums e. V. in den neuen Bundesländern. 19.10.1990 Beitritt der Ostdeutschen Schwimmverbände der Länder Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, SachsenAnhalt, und Thüringen in den DSV. Zahl der Landesverbände steigt von 13 auf 18 und die Mitgliederzahl von 517.000 auf rund 540.000. 20./21.10.1990 Heilbronn: Deutsche Judomeisterschaften. Absage an ostdeutsche Athleten. „Wir sind ja noch zwei Verbände.“ (Romenrath, Sportdirektor des DJB); Vereinigung DJB und DJV am 2. Februar 1991. Die neu gegründeten Regionalvereine der Sportjournalisten der fünf ostdeutschen Länder treten dem VDS bei. 23.10.1990 Frankfurt am Main: Die Landesverbände Tischtennis der fünf ostdeutschen Bundesländer treten dem Deutschen TischtennisBund bei. 26.10.1990 Antrag auf Beitritt der LSB zum DSB. 26.-28.10.1990 München: Gesamtdeutsche Meisterschaften der Wasserspringer. 28.10.1990 Nürnberg: Die Triathleten aus den fünf ostdeutschen Bundesländern treten der Deutschen Triathlon-Union bei. Erste Rate der Anschubfinanzierung ist eingetroffen. Brandenburgs Landessportbund erhält 2,3 Millionen D-Mark. 76 „Ostdeutsch oder westdeutsch Rudern?“ – Bei der Vereinigung der Fachverbände erkannten ost- und westdeutsche Athleten schnell, dass sie künftig in einem Boot sitzen Jutta Braun „Ostdeutsch Rudern?“ oder westdeutsch Bei der Vereinigung der Fachverbände erkannten ost- und westdeutsche Athleten schnell, dass sie künftig in einem Boot sitzen von Jutta Braun Oktober 1990. Der Systemkampf der beiden deutschen Staaten fand seine Entsprechung jahrzehntelang in der sportlichen Arena. Die beiden Staaten konkurrierten um das bessere Sportsystem, um Medaillen, um internationale staatliche Anerkennung. Die DDR trainierte ihre Athleten nicht allein auf Punktsieg, sondern auch auf Abgrenzung gegen den „Klassenfeind“. In umfangreichen Schulungen vor deutschdeutschen Vergleichskämpfen wurden die Sportler auf eine feste Linie gegenüber den Westdeutschen eingeschworen: nur die notwendigsten Kontakte, keine persönlichen Gespräche. Es ist lange spekuliert worden, welche tatsächliche Wirkung diese Rotlichtbestrahlungen auf die Athleten hatten. Ließen sie sich indoktrinieren, oder prallte die offensichtliche Propaganda an ihnen ab? Im Zuge der deutschen Wiedervereinigung ergab sich für die ehemaligen politischen und sportlichen Gegner eine überraschende Situation: Sie mussten nun plötzlich nicht nur ausführlich miteinander sprechen, sondern auch den schwierigen Prozess der Vereinigung gemeinsam bewältigen. Henrik Lotz vom westdeutschen Rudersportverband konzediert rückblickend, es sei anfangs immer eine „Distanz drin“ gewesen, denn „wir waren ja der Klassenfeind und die waren für uns die Anderen“. Mit einem Briefwechsel im November 1989 begann dann jedoch eine vertrauensvolle Kooperation, die den Weg in die Einheit ebnete – ohne Dokumente, alles per Handschlag. Dass dies alles reibungsarm vonstatten ging, ermöglichte der Sport, der das entsprechende Verständnis füreinander herstellte. Lotz erläutert: „Wer einmal einen Männerspind im Bootshaus gerochen hat, wer einmal nasses Holz und Lack und all das riecht, der kommt von dem Rudern nicht mehr los und das ist eine Eigenschaft, die sich nicht nach Ost und West aufteilt, sondern das ist vorhanden und deshalb ging auch vieles so glatt.“ Doch gab es auch viele Holprigkeiten, auf der Ebene grundlegender Fragen ebenso wie bei Spezialaspekten einzelner Sportarten. So wollten einige Fachverbände den an der Deutschen Hochschule für Körperkultur und Sport ausgebildeten Trainern zunächst nur die B-Lizenz zuerkennen – ein Vorhaben, das insbesondere die Trainer von Olympiasiegern und Weltmeistern düpierte. In den Spielsportarten stellte die Schaffung eines einheitlichen Spielsystems und die Integration der Ost-Klubs in die Bundesligen das größte Problem der Einheit dar. Insbesondere im Fußball wurden zahlreiche ostdeutsche Hoffnungen enttäuscht, die sich auf eine höhere Anzahl der Ost-Vereine in der Ersten und Zweiten Liga gerichtet hatten. Mit technischen Angleichungsproblemen hatte der Rudersport zu kämpfen, woran sich DDROlympiasiegerin Kathrin Boron noch heute gut erinnert: Es gab „halt zwei verschiedene Techniken. Die Ostdeutschen, die ruderten so, rechts vor links; und die Westdeutschen ruderten links vor rechts. Wenn man dann zusammen im Boot saß, musste man sich ja irgendwie angleichen. Na ja, und dann wurde halt festgelegt, die Ostdeutschen rudern dann so wie die Westdeutschen irgendwann. Das fand ich damals nicht so gut.“ Trotz der anfänglichen Verärgerung über dieses westdeutsche sportliche Diktat herrschte doch bald ein gutes zwischenmenschliches Verhältnis unter den Athleten. „Weil wir einfach miteinander rudern mussten. Wenn wir zusammen im Boot saßen, dann ist man nur schnell, wenn man auch miteinander auskommt.“ Frankfurter Allgemeine Zeitung 06.10.1990 77 Nun auch noch Geldsorgen / Gesetz soll Ausverkauf verhindern Sporthallen klein, kalt und ohne Duschen: Freizeitsportler haben im Osten kaum Platz Berlin (dpa). „Tennisplätze selbstgemacht“. Mit dieser Broschüre versuchten die Sportstättenplaner in der ehemaligen DDR Ende der achtziger Jahre, dem sich abzeichnenden Tennisboom zu begegnen. Die Maßnahme, die mangels Material scheiterte, offenbarte die Hilflosigkeit eines Systems, das jährlich 100 Millionen Mark für Sportstätten in den olympischen Sportarten bereitstellte, gegenüber den Bedürfnissen des Breitensports. Trotz des Bekundens der DDRVolkskammer nach der Wende, den Breitensport verstärkt zu fördern, werden aufgrund der Sportstätten-Situation in Ostdeutschland die Freizeitsportler auch weiterhin die Stiefkinder des Sports bleiben. Die statistische Erhebung des ehemaligen Ministeriums für Jugend und Sport stellt die Sportlandschaft zunächst gar nicht schlecht dar: 37 243 Sportstätten existieren auf dem Gebiet der früheren DDR. Das ist eine Zahl, die sich etwa mit Nordrhein-Westfalen vergleichen läßt, das eine ähnlich hohe Bevölkerungszahl aufweist. In der Summe enthalten sind 15460 Sportplätze, 8428 Sporthallen, 373 Hallenbäder und 1294 Tennisfelder. Aber wenn sich für die Freizeitsportler die bisher verschlossenen Türen vieler Leistungssportanlagen öffnen, finden sie oft Sportanlagen vor, die selbst Mindestanforderungen nicht entsprechen. „Die Sportstätten waren fast ausschließlich für den Leistungssport konzipiert, ihre Ausstattung ist in vielen Fällen spartanisch“, sagt Ulrich Schmied, von 1987 bis 1989 Abteilungsleiter für Sportbauten im Amt für Jugend und Sport. So zeichnet denn auch die Studie des Ministeriums ein eher düsteres Bild: 13 Prozent aller Schulsporthallen haben keine Heizung, 17 Prozent sind ohne Sanitäreinrichtungen, 92 Prozent aller Hallen sind zu klein für Ballsportarten. „Besonders im Winter ist der Bedarf an Hallen bei weitem nicht gedeckt“, sagt Bernd Hermann, bis vor zwei Tagen Referatsleiter für Sportfinanzierung und Rechtsangelegenheit im Ministerium für Jugend und Sport. Auf die maroden Sportanlagen im Osten Deutschlands kommt nach der Vereinigung noch das Finanzierungsproblem zu. Viele sind im Besitz von Betrieben, die sie den Betriebsportgruppen bisher kostenlos zur Verfügung gestellt hatten. Aufgrund der angespannten Lage wird sich dies ändern. Ein Sicherungsgesetz hat den Verkauf von Sportstätten an private Nutzer bisher unterbunden, doch es wurde Frankfurter Allgemeine Zeitung 6. Oktober 1990 im Einigungsvertrag nicht übernommen. „Wir hoffen, daß das Gesetz weiter gilt und freiwerdende Sportanlagen zunächst den Kommunen angeboten werden“, sagt Hermann. Gesichert ist zunächst der Erhalt der Anlagen, die bisher dem Ministerium für Inneres unterstanden. Sie gehen in den Besitz des Bundes über. Ein Teil der DDRSportschulen wie in Leipzig, Lindow oder Zinnowitz soll für den gesamtdeutschen Leistungssport erhalten bleiben. Für andere Sportstätten, die teilweise in besten Stadtlagen angesiedelt sind, interessieren sich in zunehmendem Maß private Investoren. So soll ein Teil der Sportschule Kienbaum bei Berlin in ein Rehabilitationszentrum umgewandelt werden. Derweil versuchen die Betreiber von Sportanlagen, die durch den Wegfall von staatlicher Unterstützung gerissenen Finanzierungslöcher mit ungewöhnlichen Einfällen zu stopfen. In Chemnitz wurde die Eishalle im Sommer an einen bundesdeutschen Handelsriesen als Lagerraum vermietet. In der Laufhalle der Leichtathleten des SC Cottbus kann zur Zeit eingekauft werden: hier hat ein Supermarkt für unbestimmte Zeit Quartier bezogen. 78 Oktober 1990 – Eine Collage Chronik November 1990 79 November 1990 03.11.1990 Leipzig: Der Berliner Hooligan Mike Polley stirbt nach Ausschreitungen durch eine Polizeikugel. 20.11.1990 Leipzig: Außerordentlicher Verbandstag des DFV der DDR: Selbstauflösung des DFV der DDR und Neukonstituierung als Regionalverband Nord/Ost. Hürth: „Tag der Hockey-Einheit“. Auf dem außerordentlichen Bundestag des Deutschen Hockey-Bundes (DHB) vollziehen die fünf ostdeutschen Landesverbände den Beitritt. 21.11.1990 Leipzig: „Tag der Fußball-Einheit“. Außerordentlicher Bundestag des DFB. In der Leipziger Oper tritt der Regionalverband Nord/Ost (NOFV) dem DFB bei. 08.11.1990 Potsdam: Potsdam wird Bundesstützpunkt Rudern. 22.11.1990 DDR-Fußballer sind für den DFB spielberechtigt. 08.11.-11.11.1990 München: 102. Deutsche Schwimmmeisterschaften als erste gesamtdeutsche Meisterschaften seit 1948. 24.11.1990 Hagen: „Tag der Basketball-Einheit“. Auf dem Außerordentlichen DBB-Bundestag vollziehen die fünf ostdeutschen Landesverbände den Beitritt zum DBB. 13.11.1990 Leipzig: Nach einem Treffen von DFV und DFB, dem sächsischen Innenminister Dr. Rudolf Krause, sowie den Polizeibehörden, wird das für den 21. November geplante Länderspiel DFV – DFB abgesagt. 17.11.1990 Berlin: Vereinigung des NOK der DDR und des NOK für Deutschland. Vereinigung des Berliner Fußballs. Die Präsidenten der Berliner Fußballverbände, Otto Höhne (West) und Uwe Piontek (Ost), besiegeln den Zusammenschluss im Hotel „Interconti“. Gemeinsamer Spielbetrieb ab der Saison 1991/92. Salzgitter: Die Leichtathletik-Landesverbände der fünf neuen Bundesländer treten dem DLV bei. Vereinigung der Modernen Fünfkämpfer. 29.11.1990 „Stern“: Wie die DDR Sieger machte/Doping – der Beweis. „Frankfurter Rundschau“: „Stern“ enthüllt Dopingskandal in der früheren DDR. Harte Vorwürfe gegen Stars. „Bild“: Die Dopingsünder! Ihre Medaillen dürfen sie behalten. „FAZ“: Die Maske fällt. Im Amateurboxen startet eine gemeinsame Deutschlandliga. 30.11.1990 Bonn fordert schnelle Untersuchung. Innenministerium: Doping-Vorwürfe Sache des Sports. 18.11.1990 Berlin (Ost): „Tag der BadmintonEinheit“. Im Kongresszentrum werden die fünf ostdeutschen Landesverbände mit Wirkung vom 1. Januar 1991 in den DBV aufgenommen. Der sportpolitische Sprecher der SPD Bundestagsfraktion, Peter Büchner: „Nur ein humaner, und das heißt drogenfreier Leistungssport ist förderungswürdig.“ 80 Die olympische Einheit – Ein schneller Zusammenschluss mit langfristigen Folgen Michael Barsuhn und Jutta Braun Die olympische Einheit Ein schneller Zusammenschluss mit langfristigen Folgen von Michael Barsuhn und Jutta Braun November 1990. Das NOK der DDR symbolisierte als „Medaillenkollektiv“ die internationalen Erfolge des ostdeutschen Sportwunderlandes. Manfred Ewald verkörperte als Präsident des DTSB und NOK (seit 1973) die machtpolitische Doppelspitze des DDRSports. Während er bereits im November 1988 gegen seinen Willen als DTSBPräsident verabschiedet worden war, gelang es ihm zunächst noch eine Weile, seine Position im NOK zu verteidigen. Allerdings lag auch hier, so erinnert sich Joachim Weiskopf, Ewalds Rücktritt in der Luft, wurde aber „verschoben, verschoben, verschoben“. Eine für den 3. November 1989 vorgesehene Mitgliederversammlung des NOK sagte der Sportchef kurzfristig ab. Mit dem Fall der Mauer spitzte sich die öffentliche Kritik am Staatssport jedoch immer weiter zu. Eine völlig ungewohnte Situation für die DDRSportführung: Das ehemalige Hätschelkind des SED-Regimes sah sich ungeschützt harscher Schelte ausgesetzt. Die Bürgerrechtler des Neuen Forums Leipzig forderten: „Stasi, Armee und Leistungssport müssen weg!“ Am 20. November hielt der enge Weggefährte Ewalds und NOK-Schatzmeister Franz Rydz dem öffentlichen Druck nicht mehr stand. Er machte sich auf den Weg in den Kraftraum der Sportschule Kienbaum, beschwerte sich mit Gewichten und ertränkte sich im benachbarten Liebenwerder See. Im Zuge der nachfolgenden Ermittlungen kam ein von ihm und Ewald unter Verschluss gehaltener Valutafonds mit Schwarzeinnahmen ans Licht. Nun brach auch bei vielen Genossen ein Sturm der Entrüstung los. Ewald stand am Abgrund. Auf einer für den 6. Januar 1990 per Telegramm einberufenen Mitgliederversammlung erklärte er, unter strengem Ausschluss der Öffentlichkeit, seinen Rücktritt. Sein Nachfolger, Dr. Günther Heinze, sollte nur übergangsweise amtieren bis zur freien Wahl eines neuen NOK- Präsidenten am 16. Juni 1990 in Kienbaum. Ebenso wie bei den ersten freien Wahlen im DTSB drei Monate zuvor gab es hier nur einen Kandidaten. Der parteilose Kanuverbandspräsident Professor Dr. Dr. Joachim Weiskopf hatte sich als einziger bereit erklärt, in der schwierigen Zeit anzutreten. 44 von 47 Delegierten sprachen ihm das Vertrauen aus. Von nun an begann der Endspurt zur olympischen Einheit im deutschen Sport. Willi Daume erklärte am 1. März im NOKReport. „Respekt vor der GemeinsamkeitsBereitschaft im Sport der DDR! Lange haben wir darauf gewartet. Wir wollen sie nach wie vor. Uns braucht man nicht zu überzeugen.“ Am 4. Juli trafen sich Daume und Weiskopf zu einem Vier-Augen-Gespräch im Berliner Palace-Hotel. Die vertraglichen und technischen Einzelheiten wurden einem Lenkungsausschuss mit drei Arbeitsgruppen übertragen. NOK-Generalsekretär Walther Tröger betont das gute Einvernehmen beider Parteien in den Verhandlungen „Die liefen sehr freundschaftlich ab, weil wir eben von einer echten Verschmelzung, nicht von einer feindlichen Übernahme gesprochen haben.“ Der 17. November 1990, der als Tag der Vereinigung der beiden deutschen olympischen Brüder begangen wird, sah nicht eine, sondern zwei Zeremonien. Im Wappensaal des Roten Rathauses in Berlin fasste die Mitgliederversammlung des NOK der DDR den historischen Beschluss, sich mit Wirkung vom 1. Januar 1991 mit dem NOK für Deutschland zum Nationalen Olympischen Komitee für Deutschland zu vereinigen. Im Reichstag fand anschließend ein gemeinsamer Festakt mit dem westdeutschen NOK statt. Ein Satz im Vereinigungs-Beschluss sollte noch langfristige Bedeutung erlangen: „Eine Rechtsnachfolge zum NOK der DDR findet nicht statt.“ Inwieweit dies gilt, wird noch heute von Juristen im Zuge der Dopingopferprozesse diskutiert. Unstrittig hingegen ist, dass das Nationale Olympische Komitee in der historischen Verantwortung der olympischen Tradition beider deutscher Staaten steht. Frankfurter Allgemeine Zeitung 22.11.1990 81 Bundeskanzler betont die Autonomie des Sports Helmut Kohl sagt dem Sport Geld und Rat zu “Staat darf vor Gewalt nicht zurückweichen“ BONN (sid). Bundeskanzler Helmut Kohl sagt dem deutschen Sport umfassende finanzielle und beratende Unterstützung zu, falls seine Regierung bei der Bundestagswahl am 2. Dezember bestätigt wird. In einem Gespräch mit dem SportInformations-Dienst schloß Kohl dabei den gesamten Spitzensport ein, den strukturellen Aufbau der Verbände in den fünf neuen Bundesländern, den Erhalt und die Sanierung der dortigen Leistungszentren, die Integration qualifizierter Trainer aus der ehemaligen DDR und den deutschen Olympiabewerber für die Sommerspiele im Jahr 2000. Zur Gewaltszene im Umfeld des Fußballs stellte der Bundeskanzler fest: „Der Staat darf vor der Gewalt in und um Sportstätten ebensowenig zurückweichen wie vor politisch motivierten gewalttätigen Ausschreitungen.“ Kohl betonte, daß „die Ursachen für diese Gewaltausbrüche“, die unter anderem zur Absage der für den Buß- und Bettag geplanten Fußballgala geführt hatten, „nicht im Fußballsport liegen. Wir begegnen diesen Kriminellen ebenso in der Hausbesetzerszene wie bei manchen politischen Großdemonstrationen.“ Die Polizei sei in der Lage, diese Szene „bei Sportveranstaltungen im großen und ganzen unter Kontrolle zu halten“. Er sehe „die Erwartung begründet, daß der Ausbruch von Gewalttätigkeiten bei Sportveranstaltungen in den neuen Bundesländern ein vorübergehendes Phänomen bleiben wird“. Im internationalen Vergleich sieht der Kanzler die deutschen Sportler „wie bisher in der Weltspitze“. Gleichzeitig warnt er vor übertriebenen Erwartungen: „Man sollte jetzt nicht einfach die Medaillen der Bundesrepublik und der früheren DDR addieren, da ja auch zahlreiche Startplätze wegfallen.“ Ein Unbehagen des Auslands gegenüber einer neuen „Sportgroßmacht“ Deutschland hat Helmut Kohl bisher nicht gespürt. Kohl verweist auf die Autonomie des Sports und seiner Organisationen beim Aufbau neuer Strukturen in den fünf neuen Bundesländern: „Sport ist Sache des Sports.“ Er bietet aber die Hilfe der Bundesregierung bei der Bewältigung dieser Aufgabe an. Gleichzeitig sagte er „erhebliche Mittel für die Sicherung der erhaltenswerten Spitzensporteinrichtungen“ zu. „Dazu gehören Mittel für die Trainer und Frankfurter Allgemeine Zeitung 22. November 1990 die Leistungssportzentren, unter anderem auch für den Behindertensport.“ Nach den Kenntnissen des Bundeskanzlers werde eine Vielzahl guter Trainer aus der ehemaligen DDR von den Fachverbänden übernommen. „Hierfür stellt die Bundesregierung übrigens 13 Millionen Mark zur Verfügung.“ Eine denkbare Alternative sei die Beschäftigung qualifizierter ehemaliger Trainer an Schulen und Berufsschulen. „Ich hielte das für eine gute Sache“, meinte der Bundeskanzler, „aber dies ist eine Sache, die die Länder betrifft.“ Daß der Sport den Partner Wirtschaft braucht steht für Kohl außer Frage. Aber: „Der Akzent muß auf Partnerschaft liegen. Der Geldgeber darf den Sport nicht beherrschen und umwandeln wollen. Es darf auch nicht sein, daß wegen der Kommerzialisierung die Ethik im Sport zur Disposition gestellt wird. Dann muß der Sport auf die finanzielle Unterstützung verzichten.“ Auf Mißstände könne die Bundesregierung nur in Bereichen reagieren, wo sie den Sport unmittelbar selbst fördert und grobe Verstöße gegen Ethik und Moral feststellt. Das betreffe zum Beispiel das gesamte Thema Doping. 82 November 1990 – Eine Collage Chronik Dezember 1990 Dezember 1990 02.12.1990 Berlin (Ost): Außerordentlicher Verbandstag des DTTV in Berlin-Grünau beschließt die Verbandsauflösung zum 31.12.1990 und die Bildung einer einheitlichen Tischtennis-Organisation. 03.12.1990 Die „FAZ“ schreibt: Einen Tag nach der Auflösung des Turn- und Sportbundes Berlin (TSB) vollzieht der Landessportbund Berlin durch die Zuwahl weiterer Vorstandsmitglieder die formale Vereinigung. Die Mitgliederversammlung des LSB findet in einer aufgeheizten Atmosphäre statt, die sich an der Frage der bezirklichen Sportgemeinschaften entzündet. 05.12.1990 Auflösung des DTSB. Flensburger Tageblatt: Sport – Zukunft ohne Schatten? Doping und kein Ende. DSB-Präsident Hans Hansen fordert eine unabhängige Kommission von Experten. 08.12.1990 Dortmund: Auf dem 3. Außerordentlichen Bundestag des Deutschen HandballBundes treten die fünf ostdeutschen Landesverbände dem DHB bei. 08.-09.12.1990 Leipzig: Tag der Einheit im Radsport – Auf der außerordentlichen Bundeshauptversammlung werden die fünf ostdeutschen Landesverbände in den Bund Deutscher Radfahrer (BDR) aufgenommen. Nach dem Beitritt 20 Landesverbände mit 132.000 Mitgliedern. 09.12.1990 Bonn: Aufnahme der Landesverbände der Fechter der fünf neuen Bundesländer in den Deutschen Fechterbund. 83 10.12.1990 Potsdam: Die neue Ministerin für Bildung, Jugend und Sport im Land Brandenburg Marianne Birthler und der Landessportbund-Präsident Professor Dr. Gerhard Junghähnel verständigen sich über die künftige Zusammenarbeit. 13.12.1990 Die „FAZ“ meldet: In der neuesten Ausgabe des „Stern“ werden 324 aktuelle und ehemalige DDR-Leistungssportler des Dopings bezichtigt, die namentlich aufgelistet werden. 13.-16.12.1990 Berlin: Gemeinsame deutsche Meisterschaften im Eiskunstlaufen. Der Beitritt der Landesverbände des Deutschen Eislaufverbandes (DELV) in die Deutsche Eislauf-Union (DEU) erfolgt am 1. Januar 1991. 15.12.1990 Hannover: Hauptausschusssitzung des Deutschen Sportbundes: Aufnahme der fünf neuen Landessportbünde in den DSB. Der mit 502 Ja- bei 33 NeinStimmen wiedergewählte DSB-Präsident Hans Hansen spricht vor den Delegierten, dass noch viel Arbeit warte: „Beim Aufbau demokratischer Strukturen, bei der Sanierung und Erneuerung von Sportanlagen und bei der Bewältigung von Umweltfragen in der ehemaligen DDR.“ Martin Kilian wird zum DSBVizepräsidenten gewählt. 19.12.1990 Mit Matthias Sammer und Andreas Thom debütieren beim 4:0 gegen die Schweiz die ersten ehemaligen DDR-Spieler im DFBTeam. Den Fifa-Regeln ist damit Rechnung getragen: Erst muss sich das Land, für das man spielte, auflösen, ehe die neue Identität gilt. 84 Rückblick – Die deutsche Sporteinheit – eine Zwischenbilanz nach 15 Jahren Michael Barsuhn und Jutta Braun Rückblick Die deutsche Sporteinheit – eine Zwischenbilanz nach 15 Jahren von Michael Barsuhn und Jutta Braun Dezember 1990. Konkurrenz belebt das Geschäft – auch im Sport. Im Wendejahr 1989/1990 waren die ungewohnten Gesetze der freien Marktwirtschaft jedoch zunächst der Genickbruch für zahlreiche ostdeutsche Sportvereine. Bis zur Vereinigung des deutschen Sports im Herbst/Winter 1990 reduzierte sich allein die Zahl der Berliner Fußballklubs von 818 auf 650. Die radikale Umstellung auf den freien Wettbewerb forderte ihren Tribut. Dem Untergang ostdeutscher Unternehmen folgte oftmals die Bankrotterklärung der anhängenden Betriebssportgemeinschaften. Bislang staatlich alimentierte Leistungssportklubs, wie der ASK Vorwärts Potsdam, mussten ihre Budgets westlichen Standards angleichen. Bundesdeutsche Spitzenklubs bedienten sich ungehemmt am Reservoir ostdeutscher Talente. Allein Handball-Bundesligist VfL Hameln verstärkte sich im Wendejahr mit sechs DDRNationalspielern. Den Sportlern selber war es nicht zu verübeln, dass sie nach 28 Jahren Mauer-Regime nun von ihrer Reisefreiheit Gebrauch machten. Zu den positiven Schlagzeilen der sportlichen Vereinigung zählte die gute Zusammenarbeit der Verbände. So unterstützte der DFB den DFV der DDR 1989/90 mit knapp einer Million D-Mark. Patenschaftsverträge auf Ebene der Landessportbünde ermöglichten den strukturellen Umbau vom zentralistisch organisierten DDRSport zum föderal aufgebauten Sportsystem der alten Bundesrepublik. Zudem schlug durch die Entmachtung des DTSB die Stunde zahlreicher unterdrückter Sportarten, wie Golf, Tennis oder Windsurfen. Mit ihrer Fixierung auf olympische Medaillen hatte die DDR diese Disziplinen jahrelang finanziell und organisatorisch massiv behindert. 15 Jahre nach der Wiedervereinigung bleibt jedoch noch viel Arbeit. Während in den westlichen Bundesländern nahezu jeder Dritte im Sportverein aktiv ist, liegt die Zahl im Osten bei ungefähr zwölf Prozent. Hingegen stammen 80 Prozent der deutschen Sieger bei „Jugend trainiert für Olympia“ aus den neuen Bundesländern. Die Nachwuchsarbeit ostdeutscher Vereine ist vorbildhaft. Das wissen auch die Manager der Fußball-Bundesligaklubs. „Mit 15 Jahren spielen in den Auswahlmannschaften des DFB Talente aus Halle oder Leipzig, mit 18 oder 19 steht hinter den selben Namen Leverkusen oder München“; umreißt Hans-Georg Moldenhauer, als DFBVizepräsident zuständig für die Zukunftsentwicklung des deutschen Fußballs, die gegenwärtigen Probleme. „Die Hauptsponsoren sitzen nach wie vor im Westen.“ Ihren Sitz im Westen haben ebenso die Fachverbände und Dachorganisationen des deutschen Sports – nach 15 Jahren Einheit ist diese geografische Verteilung immer noch streng asymmetrisch. Natürlich ist auch zu fragen, inwieweit 1989/90 Chancen zu einer Modernisierung des bundesdeutschen Sportsystems verspielt wurden. So gab der Präsident des Nationalen Olympischen Komitees Willi Daume im Juni 1990 zu bedenken: „Niemals wird eine so günstige Gelegenheit wiederkommen, das ganze Gefüge der Spitzenorganisationen des deutschen Sports mal gründlich zu durchdenken und zu überprüfen. Unsere Organisationen bestehen mehr oder weniger seit Jahrzehnten. Da sammelt sich Rost und Schwamm an. Da kommt es zu Betriebsblindheit. Braucht man überhaupt so viele Organisationen?“ Wie die bevorstehende Fusion von NOK und DSB zeigt, wurden in den Wende- und Vereinigungsmonaten im Sport Grundsatzfragen gestellt, die bis heute ihre Aktualität und Brisanz behalten haben. Frankfurter Allgemeine Zeitung 17.12.1990 85 Überzeugendes Votum für Hans Hansen als Präsidenten Vereinigung des deutschen Sports ohne Pathos und Hurra HANNOVER. „Wir krempeln die Ärmel hoch und packen an“, rief der Präsident. „Die Ärmel bleiben weiter hochgekrempelt“, rief auch der ehemalige Präsident. Bei der Vereinigung des deutschen Sports in Hannover, dem Beitritt der neuen Landessportbünde zum Deutschen Sportbund (DSB) in einer vorgezogenen Hauptausschußsitzung am frühen Morgen, wehte der Geist der Gründerzeit durch den Kuppelsaal. Hans Hansen, mit dem überzeugenden Votum von 502 Ja- bei 33 Nein-Stimmen wiedergewählter DSBPräsident, vermied jeden Anflug von Pathos und Hurra-Stimmung. Er kündigte den Delegierten seines nun 24 Millionen Mitglieder starken Verbandes statt dessen an, daß noch viel Arbeit warte; beim Aufbau demokratischer Strukturen, bei der Sanierung und Erneuerung von Sportanlagen und bei der Bewältigung von Umweltfragen in der ehemaligen DDR. Auch Martin Kilian, der letzte Präsident des Deutschen Turn- und Sportbundes (DTSB) der DDR, angetreten im März als Demokratisierer und Liquidator, mochte nicht viel Aufhebens machen um den Sport in Deutschland von einst und jetzt, von hüben und drüben und um die einstimmige Aufnahme der Landessportbünde von Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen. Erst nachdem er auch zum Vizepräsidenten gewählt war, ergriff er das Wort und sagte, daß er, 27 Jahre lang Bürgermeister von Wernigerode im Harz, sich von der SED gelöst habe und im Ort immer noch freundlich gegrüßt werde – keine Gefahr also, das Präsidium mit politischer Altlast zu befrachten. Schnell ging der Blick wieder nach vorn. Kilian versprach vor allem fleißige Arbeit. Den Blick hatte man beim DSB schon am Donnerstagabend zurück gewandt. Klaus Kotter, Präsident des Bob- und Schlittensportverbandes, gab in der Ständigen Konferenz der Spitzenverbände eine Ehrenerklärung für Kilian ab, der einst dem entsprechenden Verband in der DDR vorgestanden hatte. Günter Meinen, Präsident des Tanzsportverbandes, berichtete, daß seiner Verwandtschaft in Wernigerode nichts Nachteiliges über Kilian bekanntgeworden sei. Manfred von Richthofen, als Präsident des Landessportbundes Berlin mitten in den Turbulenzen der Vereinigung, lobte Kilian in Hannover des weiteren als einen seiner besten Verhandlungspartner. Die beiden werden weiterhin miteinander zu tun haben. Auch von Richthofen wurde als Vizepräsident ins erweiterte DSB-Präsidium gewählt. Die deutlichsten Worte wurden beim Bundestag des Sportbundes außerhalb der Vollversammlung gesprochen. Als der Baron aus Berlin mit scharfen Worten bemerkte, es sei erstaunlich, mit welcher Ignoranz dem Sport begegnet werde in den neuen Ländern, besonders von Neu-Politikern und ihren Stützen aus dem Westen, da waren im Arbeitskreis „Sportpolitik“ nur einige Handvoll Gesprächspartner und Zuhörer anwesend. So entging den meisten auch, wie dem Konservativen die SPDSportdezernentin der Stadt Frankfurt am Main, Sylvia Schenk, beisprang: „Diese Ignoranz ist nicht überraschend, sondern typisch.“ Nicht nur die beiden streitbaren Sportpolitiker waren sich einig, nun mit Macht auf Gehör und Geltung und die Beteiligung an Lottound Toto-Geldern zu pochen. „Je schwächer der Sport in den neuen Ländern wird“, sagte Sylvia Schenk, „desto schwächer wird er in Deutschland.“ Frankfurter Allgemeine Zeitung 17. Dezember 1990 Der Physiker Professor Gerhard Junghähnel, Präsident des Landessportbundes Brandenburg, beklagte, daß er noch keinen Termin bei Ministerpräsident Stolpe bekommen habe – „obwohl wir ihn bereits dreimal öffentlich kritisiert und die Zeitungen das sogar gebracht haben“. Hansen verriet, daß er sich bereits mit allen neuen Regierungschefs verabredet habe und gedenke, Sportführer aus den alten und neuen Ländern mitzunehmen zu den Besuchen. Er wolle die Chance nutzen, die die Regierungsbildung in Bonn und der Neubeginn in den fünf Ländern dem Sport böten. Trotzdem fand die ehemalige Mittelstreckenläuferin Sylvia Schenk Zustimmung, als sie konstatierte, dem DSB fehle es an Streitkultur. Bestätigt wurde sie vom DSB-Bundestag, als dieser den Antrag ablehnte, im neuen Statut endlich Formulierungen auch in der weiblichen Form zu verwenden, nicht nur von Sportlern und Präsidenten zu schreiben, sondern auch von Sportlerinnen und Präsidentinnen. Nicht inhaltlich wurde der seit Jahren immer wiederkehrende Antrag diskutiert, sondern man stritt über das Verfahren. Weil schließlich eine Zweidrittelmehrheit notwendig war und die Delegierten diese mit acht Stimmen verweigerten, wird der Frauenantrag auch beim nächsten Bundestag wieder behandelt werden. Viele Worte mag Hans Hansen auch nicht um seinen jüngste Entscheidung machen. Im neuen Jahr wird er sein Büro von Frankfurt am Main nach Berlin in das alte Gebäude des DTSB verlegen. „Das soll auch ein Zeichen für die neuen Verbände sein“, sagt Hansen, „daß sich mit ihrem Beitritt etwas verändert hat.“ Da gilt es tatsächlich, die Ärmel hochzukrempeln. MICHAEL REINSCH 86 Dezember 1990 – Eine Collage Dezember 1990 – Eine Collage 87 88 Abkürzungsverzeichnis ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS ADAC ADMV ADN ARD ASK ASV Allgemeiner Deutscher Automobilclub Allgemeiner Deutscher Motorsport-Verband der DDR Allgemeiner Deutscher Nachrichtendienst der DDR Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland Armeesportklub Armeesportvereinigung BDS BFA BFC BFV BRD BSG BTZ Bund deutscher Segler der DDR Bezirksfachausschuss Berliner Fußballclub Berliner Fußballverband (West) Bundesrepublik Deutschland Betriebssportgemeinschaft Bezirkstrainingszentrum CSSR Tschechoslowakische Sozialistische Republik DAV DBB DBSV DBV DDR DELV DFV DFB DGV DHB DHfK DHSV DJV DKBV DKSV DKV DLV dpa DPV DRSV DRV Deutscher Anglerverband der DDR Deutscher Basketball Bund Deutscher Bogenschützen-Verband der DDR Deutscher Box-Verband der DDR Deutsche Demokratische Republik Deutscher Eislauf-Verband der DDR Deutscher Fußball-Verband der DDR Deutscher Fußball Bund Deutscher Gewichtheber-Verband der DDR Deutscher Handball-Bund Deutsche Hochschule für Körperkultur und Sport Deutscher Hockey-Sportverband der DDR Deutscher Judo-Verband der DDR Deutscher Kraftsport- und Bodybuilding-Verband Deutscher Kanu-Sport-Verband der DDR Deutscher Kegler-Verband der DDR Deutscher Leichtathletik-Verband Deutsche Presseagentur Deutscher Pferdesport-Verband der DDR Deutscher Rugby-Sportverband der DDR Deutscher Rollsport-Verband der DDR Abkürzungsverzeichnis DS DSA DSB DSBV DSLV DSSV DSVB DTSB DTTV DTU DTV DVB DVfL DVfV DVV DWBO DWBV Deutscher Sportausschuss Deutscher Sportausschuss Deutscher Sportbund Deutscher Schlitten- und Bobsportverband der DDR Deutscher Skiläufer-Verband der DDR Deutscher Segelsport-Verband Deutscher Sportverband Volleyball der DDR Deutscher Turn- und Sportbund der DDR Deutscher Tischtennis-Verband der DDR Deutsche Triathlon-Union Deutscher Turn-Verband der DDR Deutscher Boxverband Deutscher Verband für Leichtathletik Deutscher Verband für Versehrtensport der DDR Deutscher Volleyball-Verband Deutscher Verband für Wandern, Bergsteigen und Orientierungslauf der DDR Deutscher Wanderer- und Bergsteigerverband e. V. EM eingetragener Verein Europameisterschaft FAZ FC FDJ (fdj) FES FIFA FKS FR FVB Frankfurter Allgemeine Zeitung Fußballclub Freie Deutsche Jugend Freizeit- und Erholungssport Fédération Internationale de Football Association. Internationaler Fußballverband. Forschungsinstitut für Körperkultur und Sport Frankfurter Rundschau Fußballverband Berlin (Ost) geb. GST geboren(e) Gesellschaft für Sport und Technik KFA KJS Kreisfachausschuss Kinder und Jugendsportschule LSB Landessportbund MfS Ministerium für Staatssicherheit 89 90 Abkürzungsverzeichnis ND NF NOFV NOK Neues Deutschland Neues Forum Nordostdeutscher Fußballverband Nationales Olympisches Komitee PSV Polizeisportverein SC SED SED/PDS sid SMD Stasi SV SZ Sportclub Sozialistische Einheitspartei Deutschlands Sozialistische Einheitspartei Deutschlands/ Partei des Demokratischen Sozialismus Sportinformationsdienst Sportmedizinischer Dienst Staatssicherheit Sportverein Süddeutsche Zeitung TSC TZ Turn- und Sportclub Trainingszentrum UdSSR UEFA USA Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken Europäische Fußball-Union oder Union der Europäischen Fußball-Verbände United States of America (Vereinigte Staaten von Amerika) VEB Volkseigener Betrieb WM WZ Weltmeisterschaft Wissenschaftliches Zentrum ZK Zentralkomitee