PDF der Magisterarbeit
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Richard-Wagner-Museum, Luzern-Tribschen Universität Augsburg Philosophische Fakultät I Lehrstuhl für Musikwissenschaft Die europäischen Streich- und Zupfinstrumente im Richard-Wagner-Museum, Luzern-Tribschen – MAGISTERARBEIT IM FACH MUSIKWISSENSCHAFT – Vorgelegt von: Mareike Roosen Steingadener Str. 12 86199 Augsburg Erstkorrektor: Frau Prof. Dr. Marianne Danckwardt Zweitkorrektor: Herr Prof. Dr. Jürgen Eppelsheim Abgabetermin: 21. Mai 2001 Verlängert bis: 11. Juni 2001 INHALTSVERZEICHNIS Inhaltsverzeichnis Vorwort ...................................................................................................................................... 4 Zur Geschichte der Städtischen Sammlung alter Musikinstrumente im Richard-WagnerMuseum, Luzern-Tribschen ...................................................................................................... 5 Einleitung zum Katalog Allgemeine Hinweise ................................................................................................... 15 Abkürzungen ................................................................................................................ 16 Beschreibungs- und Katalogisierungsaspekte ............................................................. 17 Verzeichnis aller im Katalog behandelten Instrumente (Checklist) ........................................ 25 Beschreibender Katalog Streichinstrumente ....................................................................................................... 30 Zupfinstrumente ......................................................................................................... 135 Literaturverzeichnis ............................................................................................................... 255 4 VORWORT Vorwort Die Städtische Sammlung alter Musikinstrumente im Richard-Wagner-Museum, LuzernTribschen, verfügt über einen an die 200 Objekte umfassenden Bestand europäischer sowie außereuropäischer historischer Musikinstrumente der verschiedensten Gattungen. Grundstock der heutigen Ausstellung bildet die beachtliche Kollektion des Luzerner Instrumentensammlers Heinrich Schumacher, der durch seine intensive Sammlertätigkeit im Zeitraum von 1881 bis 1906 zahlreiche Tonwerkzeuge im In- und Ausland erwarb. Durch Schenkungen, Ankäufe, Leihgaben und Tauschvorgänge ist die seit 1943 in den Räumlichkeiten des Richard-Wagner-Museums untergebrachte Sammlung zu einer interessanten und sehenswerten Instrumentenkollektion angewachsen. Es ist daher um so verwunderlicher, daß die Sammlung bis vor einigen Jahren kaum instrumentenkundliches Interesse auf sich gezogen hat und keine vollständige Erfassung auf wissenschaftlicher Basis erfuhr, zumal der bereits 1956 von René Vannes verfaßte, nicht sehr detaillierte Katalog zur Sammlung eine Reihe von Falschinformationen enthält. Nachdem eine ausführliche Inventarisierung der Blasinstrumente im Jahre 1995 von Eckhard Böhringer als Magisterarbeit am Lehrstuhl für Musikwissenschaft der Universität Augsburg eingereicht wurde, soll mit vorliegender Arbeit die wissenschaftliche Auswertung der europäischen Streich- und Zupfinstrumente folgen. Auf die Aufnahme der außereuropäischen Streich- und Zupfinstrumente mußte aus Umfangsgründen verzichtet werden. Diese Arbeit wäre nicht zustande gekommen ohne die Unterstützung und Aufgeschlossenheit, die mir von allen Seiten entgegengebracht wurde: Mein ganz besonderer Dank gilt Prof. Dr. Marianne Danckwardt für die stets wohlwollende Begleitung meiner Arbeit und die konstruktiven Verbesserungsvorschläge, Dr. Erich Tremmel für vielfältige Anregungen und seine allumfassende Hilfe und Eckhard Böhringer für den Anstoß zur Bearbeitung vorliegenden Themas, die großzügige Überlassung vieler Materialien und technischer Meßgeräte und die zahlreichen wertvollen, fachkundigen Gespräche. Bedanken möchte ich mich weiterhin bei Dr. Ueli Habegger, der in seiner Funktion als Kulturbeauftragter der Stadt Luzern das Vorhaben ermöglichte und unterstützte, und bei Frau Esther Jaeger, der Kustodin des Richard-Wagner-Museums, für ihre herzliche Aufnahme und die sehr guten Arbeitsbedingungen im Museum. Großer Dank gebührt auch jenen Personen, die jederzeit ein geduldiges, offenes Ohr für die vielen anfallenden Fragen hatten und zur Klärung zahlreicher Probleme beitrugen: Hildegard Dodel (Geigenbauerin, Cremona), Dr. Thomas Drescher (Basel), Prof. Dr. Jürgen Eppelsheim (München), Paul Hess (Zentral- und Hochschulbibliothek Luzern), Urs Langenbacher (Zupfinstrumentenmacher, Füssen), Enrico Liemacher (Geigenbauwerkstatt Luzern), Marcel Renggli (Restaurator, Hergiswil), Christiane Rieche (Händelhaus Halle), Roswitha Schwarz (Konservatorin, Bayerisches Nationalmuseum München). Nicht zuletzt möchte ich meinen Eltern, die den Fortgang der Magisterarbeit stets mit Interesse verfolgt haben, und den zahlreichen Freunden, die mir viel Verständnis und besonders hinsichtlich computertechnischer Probleme - jederzeit tatkräftige Unterstützung entgegenbrachten, Dank sagen. Augsburg, im Juni 2001 Mareike Roosen ZUR GESCHICHTE DER STÄDTISCHEN SAMMLUNG ALTER MUSIKINSTRUMENTE IM RICHARDWAGNER-MUSEUM, LUZERN-TRIBSCHEN 5 Zur Geschichte der Städtischen Sammlung alter Musikinstrumente im Richard-Wagner-Museum, Luzern-Tribschen Fast alle größeren öffentlichen Musikinstrumentenmuseen sind einst aus einer Privatsammlung entstanden oder durch sie erst zu dem geworden, was sie heute sind. So ist auch die Reichhaltigkeit und Bedeutsamkeit vorliegender Sammlung dem Engagement und der Sammelleidenschaft einer Einzelperson zu verdanken, die seinerzeit keine Kosten und Mühen scheute, die beachtliche Anzahl von über 300 historischen Musikinstrumenten zusammenzutragen: Heinrich Schumacher, geboren 1858, stammte aus einer angesehenen Luzerner Familie. Zusammen mit seinem Bruder Dagobert übernahm er nach dem Besuch der Realschule in Luzern und einer Ausbildungszeit in den chemischen Fabriken von Leverkusen die Farbenfabrik Schumacher & Co in Luzern. Schon relativ früh zog er sich aus diesen Geschäften zurück, um sich vermehrt dem Sammeln alter Musikinstrumente zuzuwenden.1 Wie aus den Angaben in Schumachers Fundortkatalog2 zu ersehen ist, konzentrierte sich seine Suche nach geeigneten Instrumenten für seine Sammlung vor allem auf sein Heimatland, die Schweiz: Hier erwiesen sich, neben den vielen Händlern, Geigenbauern und Privatpersonen, von denen er einen Großteil der volkstümlichen Streich- und Zupfinstrumente erstehen konnte, insbesondere die Klöster des Landes als wahre Fundgruben historischer Musikinstrumente. Von dort stammen beispielsweise sämtliche Trombe marine, die Mehrzahl der Klavichorde, viele Narren- und Schnabelflöten, zwei Viole d’amore, eine AltViola da gamba, eine Pochette und das wertvolle Regal von Johannes Pfleger. Doch dehnte sich Schumachers Suche auch auf das Ausland aus, wobei er auf seinen Streifzügen hauptsächlich in Deutschland, Holland, Belgien, Frankreich und Italien fündig wurde. In der Zeit um die Jahrhundertwende, in der sich die instrumentenkundliche Forschung innerhalb der Musikwissenschaft erst zu entwickeln begann und das Sammeln alter Tonwerkzeuge meist noch als sonderliche Liebhaberei abgetan wurde, war der Kontakt und Austausch mit Gleichgesinnten sehr wichtig. Schumacher pflegte regelmäßigen persönlichen und schriftlichen Kontakt mit bekannten Sammlern und Fachleuten des Auslandes wie Otto Lobeck (Herisau), Paul de Wit (Leipzig), Wilhelm Heyer (Köln), A. Kraus (Florenz), Carl Claudius (Malmö) und Angul Hammerich (Kopenhagen).3 Eine intensivere freundschaftliche Beziehung verband ihn mit Otto Lobeck aus Herisau (Kanton Appenzell), der zu damaliger Zeit die größte private Instrumentensammlung der Schweiz besaß. Aus Schumachers Besitz wechselten nachweislich zwei Instrumente in diese seit 1935 in der Schola Cantorum Basiliensis in Basel aufbewahrte Appenzeller Sammlung hinüber (eine Viola da gamba und die Tromba marina von Johann Balthasar Beeler aus Schwyz mit der Jahreszahl 1689).4 Ein weiteres Zeugnis ihres fachlichen Austausches ist in Schumachers Handschriftlichem Katalog5 zu finden, der auf Seite 68 die Randbemerkung „von Lobeck“ 1 Dreyer 1955, S. 1. Schumachers Fundortkatalog (Luzern o.J., heute Depositum der Bibliothek der GEFAM in der Zentralbibliothek Luzern) besteht aus 23 handgeschriebenen Blättern, auf denen er sämtliche europäischen und einen Teil der außereuropäischen Instrumente seiner Sammlung mit eigenen Inventar- und Fotonummern aufführt. Die Zuordnung der Fundorte ist lückenhaft und auf die Nennung von Städte- oder Ortsnamen beschränkt, so daß im folgenden Katalogteil dieser Arbeit nur in wenigen Fällen Aussagen über die früheren Besitzverhältnisse der Instrumente gemacht werden können. 3 Dreyer 1955, S. 2. 4 Nef 1983, S. 97. 5 Schumachers Handschriftlicher Katalog, der um 1900 in Luzern verfaßt worden ist, bestand ursprünglich aus vier Heften von durchschnittlich etwa 75 Blättern (heute in zwei Bänden zusammengefaßt; Depositum der Bibliothek der GEFAM in der Zentralbibliothek Luzern). Neben sorgfältig ausformulierten Einzelbeschreibungen der Instrumente seiner Sammlung beinhaltet dieser Katalog kleinere geschichtliche Einführungen zu jeder Instrumentengattung. 2 ZUR GESCHICHTE DER STÄDTISCHEN SAMMLUNG ALTER MUSIKINSTRUMENTE IM RICHARDWAGNER-MUSEUM, LUZERN-TRIBSCHEN 6 und auf Seite 70 die Notiz „Sollten Sie Interesse a/Monochord haben, so kann ich Ihnen ein Buch mit Abbildungen senden“ aufweist. Die Seiten 68 bis 71 seines Katalogs sind doppelt vorhanden, und es ist anzunehmen, daß Schumacher jenes beschriftete Exemplar für Lobeck abgeschrieben und nach deren Rückgabe mit der Anmerkung „von Lobeck“ versehen hat. Bei dem in der Notiz erwähnten Buch, das Schumacher Lobeck zukommen lassen wollte, handelt es sich möglicherweise um den zweiten Band des Syntagma musicum6 von Michael Praetorius, da ein solcher Band im Nachlaß Lobecks existiert, in dem sich zweimalig der Stempel „Hch. Schumacher/Hptm.“ und auf einer anderen Seite der handschriftliche Vermerk „Henry Schumacher/Luzern“ befindet.7 Eine zweite Person, mit der Schumacher in näherem Kontakt gestanden zu haben scheint, war Paul de Wit aus Leipzig. Im Jahre 1910 bringt de Wit einen Katalog mit „Geigenzetteln alter Meister vom 16. bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts“ heraus, in dem zwei Zettel abgebildet sind, deren Originale eindeutig von Instrumenten aus Schumachers Sammlung stammen (Inv.Nr. 5 und Inv.Nr. 6).8 Da das Fotografieren der Zettel durch die Schallöcher eines geschlossenen Instruments zu damaliger Zeit technisch noch nicht möglich war, mußte das Corpus zu diesem Zwecke geöffnet werden, was für das Instrument einen erheblichen Eingriff darstellt. Im Falle der vorliegenden beiden Instrumente geschah dies jedoch mit großer Wahrscheinlichkeit im Rahmen von Restaurationsvorgängen, die von Hermann Seyffarth aus Leipzig, dem Restaurator von Paul de Wit, ausgeführt wurden.9 Dieser Restaurator wurde in den Jahren 1903 und 1904 (auf Empfehlung de Wits?) von Schumacher nach Luzern berufen, um mehrere Streich- und Tasteninstrumente spielbar zu machen.10 Schumachers Sammlertätigkeit begann im Jahre 1881. Schon nach sieben Jahren hatte er so viele Instrumente zusammengetragen, daß im April des Jahres 1888 eine Ausstellung und ein Konzert auf ausgewählten historischen Musikinstrumenten im Hotel du Lac in Luzern stattfinden konnten. Zu diesem für die Schweiz in dieser Art erstmaligen Ereignis - wie auch zu den folgenden Aktivitäten rund um die Sammlung - sind zahlreiche Dokumente überliefert (Fotografien, von Schumacher verfaßte Ausstellungsführer, Konzertprogramme, -plakate, Zeitungsartikel, -kritiken).11 So existieren von der Ausstellung 1888 im Hotel du Lac Originalfotografien, die in vorliegendem Falle aus Schumachers Fotoalbum12 stammen: 6 Praetorius Michael: Syntagma musicum. Bd. II: De organographia. Wolfenbüttel 1619 und 1620. Nef 1983, S. 97/98. 8 de Wit 1910, Bd. II, Taf. 34, Nr. 395 und Taf. 6, Nr. 56. 9 Während die Alt-Viola da gamba Inv.Nr. 5 einen entsprechenden Vermerk Seyffarths über dessen Arbeit im Corpus aufweist, kann bei dem Pardessus de viole Inv.Nr. 6 nur aufgrund der Tatsache, daß er in den von Schumacher organisierten Konzerten verwendet wurde und dazu in einem spielbaren Zustand sein mußte, eine vorausgehende Restauration Seyffarths angenommen werden. 10 Dreyer 1955, S. 2. 11 Die Dokumente zu den Ausstellungen und Konzerten liegen in gesammelten Zustand in der Bibliothek der GEFAM in der Zentralbibliothek Luzern vor. 12 Heinrich Schumacher: Fotoalbum: Sammlung alter Musik-Instrumente v. 17, 18 & Anfang des 19. Jahrhunderts von Hch. Schumacher, Luzern. Luzern, 1. Juni 1909. Aufbewahrt im Richard-WagnerMuseum, Luzern-Tribschen. Das gesamte Album wurde abfotografiert; die Negative befinden sich im Bildarchiv des Lehrstuhls für Musikwissenschaft der Universität Augsburg. 7 ZUR GESCHICHTE DER STÄDTISCHEN SAMMLUNG ALTER MUSIKINSTRUMENTE IM RICHARDWAGNER-MUSEUM, LUZERN-TRIBSCHEN 7 Den nächsten Höhepunkt erreichte die Sammlung im Juni des Jahres 1904 mit einer Ausstellung und einem anschließenden Konzert im Kursaal von Luzern. Von diesem Ereignis ist eine Konzertankündigung in Form eines Plakates erhalten:13 13 Depositum der Bibliothek der GEFAM in der Zentralbibliothek Luzern. ZUR GESCHICHTE DER STÄDTISCHEN SAMMLUNG ALTER MUSIKINSTRUMENTE IM RICHARDWAGNER-MUSEUM, LUZERN-TRIBSCHEN 8 ZUR GESCHICHTE DER STÄDTISCHEN SAMMLUNG ALTER MUSIKINSTRUMENTE IM RICHARDWAGNER-MUSEUM, LUZERN-TRIBSCHEN 9 Im Januar 1906 folgte eine weitere Ausstellung mit einem Konzert in der Tonhalle in Zürich. Das erhaltene Konzertprogramm14 führt im Detail auf, welche Instrumente der Sammlung zum Einsatz kamen: 14 Depositum der Bibliothek der GEFAM in der Zentralbibliothek Luzern. ZUR GESCHICHTE DER STÄDTISCHEN SAMMLUNG ALTER MUSIKINSTRUMENTE IM RICHARDWAGNER-MUSEUM, LUZERN-TRIBSCHEN 10 ZUR GESCHICHTE DER STÄDTISCHEN SAMMLUNG ALTER MUSIKINSTRUMENTE IM RICHARDWAGNER-MUSEUM, LUZERN-TRIBSCHEN 11 Sowohl das oben abgebildete Pogramm als auch die erhaltenen Dokumente zu den anderen Konzerten zeigen, daß in den Veranstaltungen, neben Tasteninstrumenten, hauptsächlich Streichinstrumente zum Klingen gebracht wurden: Zu diesen regelmäßig eingesetzten Instrumenten gehören die Baß-Viola da gamba von Joachim Tielke aus dem Jahre 1693, Inv.Nr. 1, die Baß-Viola da gamba mit barock-geschweiftem Corpusumriß, Inv.Nr. 2 (im Programm Ernst Busch zugeschrieben), die Alt-Viola da gamba von Hermann Joseph Stoß mit der Jahreszahl 1718, Inv.Nr. 5, der Pardessus de viole von Jean Christophe Cousin 1741, Inv.Nr. 6, die Viola d’amore von Sebastian Klo(t)z aus dem Jahre 1734 (befindet sich heute nicht mehr in der Sammlung), die 1763 von Pietro Giovanni Mantegazza gebaute Viola d’amore Inv.Nr. 9 und die Pochetten Inv.Nr. 13 und 14 (auf oben abgebildetem Programm nicht erwähnt). Für die Spielbarmachung sorgte, wie schon erwähnt, Hermann Seyffarth aus Leipzig, der die Instrumente 1903 (Streichinstrumente) und 1904 (Tasteninstrumente) einer Restauration unterzog. Wie wichtig für Schumacher der Aspekt der Spielbarkeit seiner Klangwerkzeuge war, läßt sich aus den Eintragungen in seinem Handschriftlichen Katalog ersehen: Im Rahmen der Einzelbeschreibungen der Instrumente werden nicht nur Informationen zu den einzelnen Konzerteinsätzen mit zum Teil detaillierter Aufzählung der dort gespielten Werke gegeben, sondern es erhält auch jedes beschriebene Objekt den Zusatz „defect“, „intakt“ oder „spielbar“. Darüberhinaus legte Schumacher zumindest hinsichtlich seiner Viole da gamba - gesteigerten Wert auf die Präsentation seiner Instrumente in einem möglichst authentischen Zustand. So ließ er - wahrscheinlich auch im Zuge der Restaurationsmaßnahmen an den Streichinstrumenten von Hermann Seyffarth im Jahre 1903 - die Baß-Viola da gamba von Tielke Inv.Nr. 1 und die Baß-Viola da gamba von Imber Inv.Nr. 3, die zwischenzeitlich zu viersaitigen Violoncelli umgebaut waren, wieder in ihren ursprünglichen Zustand als sechs- bzw. siebensaitige Gambeninstrumente zurückversetzen. Bildlich dokumentiert ist dieser Vorgang in Schumachers Fotoalbum, das zwei Abbildungen enthält, die die Instrumente jeweils vor und nach der Restauration zeigen: ZUR GESCHICHTE DER STÄDTISCHEN SAMMLUNG ALTER MUSIKINSTRUMENTE IM RICHARDWAGNER-MUSEUM, LUZERN-TRIBSCHEN 12 Bis auf ein Konzert im März 1907 im Casino Luzern und einige Einsätze in auswärtigen Aufführungen, für die Schumacher immer wieder ausgewählte Stücke seiner Sammlung zur Verfügung stellte, war es in den letzten Lebensjahren des Sammlers still um die Instrumente geworden. Nach Schumachers Tod 1923 versuchten die Erben, die die Sammelleidenschaft des Verstorbenen nicht teilten, vergeblich das große Sammelgut von über 300 Musikinstrumenten als Ganzes zu veräußern. Es folgte die allmähliche Auflösung der Sammlung mit dem Verkauf einzelner Stücke ins In- und Ausland. Folgende Abbildung1 zeigt einen Ausschnitt der von den Nachkommen Schumachers erstellten Preisliste der Instrumente: 1 Depositum der Bibliothek der GEFAM in der Zentralbibliothek Luzern. ZUR GESCHICHTE DER STÄDTISCHEN SAMMLUNG ALTER MUSIKINSTRUMENTE IM RICHARDWAGNER-MUSEUM, LUZERN-TRIBSCHEN 13 ZUR GESCHICHTE DER STÄDTISCHEN SAMMLUNG ALTER MUSIKINSTRUMENTE IM RICHARDWAGNER-MUSEUM, LUZERN-TRIBSCHEN 14 Erst in den Jahren 1941 bis 19432, als schon ein großer Teil der historischen Musikinstrumente der Liquidation durch die Nachkommen Schumachers zum Opfer gefallen war, entschloß sich - auf Initiative des Luzerner Architekten Otto Dreyer - die Stadt Luzern, den restlichen Bestand von 180 Objekten käuflich zu erwerben. Dieses ab 1943 in den Räumlichkeiten des ersten Stockwerks des Richard-Wagner-Museums zu Tribschen untergebrachte Kulturgut bildet den Grundstock der heutigen städtischen Sammlung alter Musikinstrumente in Luzern, die sich im Verlauf der Jahre durch Schenkungen, Ankäufe, Leihgaben und Tauschvorgänge auf über 200 Klangwerkzeuge vergrößern konnte. Dank der abermaligen Bemühungen Otto Dreyers, der die Instrumentensammlung ab 1943 als Konservator betreute, finanzierte die Stadt Luzern 1966 eine gründliche Renovierung der Ausstellungsräume.3 In demselben Jahr fand unter Mitarbeit von Gertrud Kappeler, der damaligen Kustodin des Museums,4 und Josef Hiestand eine Inventarisierung aller vorhandenen Instrumente statt, im Zuge derer jedes Objekt in Form einer kurzen Beschreibung der wichtigsten Merkmale und Maße sowie fotografisch erfaßt wurde.5 Zusammen mit dem 1956 entstandenen, sehr oberflächlich und ungenau gearbeiteten Ausstellungskatalog von René Vannes bilden diese Inventarisierungsbögen die einzige nach Heinrich Schumachers Tod entstandene Informationsquelle zu den Instrumenten. Im Jahre 1983 folgte eine weitere Renovierung der Museumsräume, bei der durch den Einbau von zusätzlichen Vitrinen nun nahezu alle der zuvor frei im Raum aufgestellten bzw. aufgehängten Instrumente hinter Glas ausgestellt wurden.6 Wurde die zwischen 1943 und 1983 bestehende Möglichkeit des freien Publikumszugangs zu den Exponaten damals als positive museumspädagogische Maßnahme bewertet, da sie „eine viel lebendigere Beziehung zwischen Beschauer und Musikinstrument“7 entstehen läßt, muß heute rückblickend aus konservatorischer Sicht festgestellt werden, daß diese Ausstellungsbedingungen für die alten Instrumente sehr belastend waren. Vergleicht man den gegenwärtigen, teilweise ziemlich desolaten Zustand der Sammlungsstücke mit den entsprechenden Angaben bei Kappeler/Hiestand 1966, die die meisten Instrumente noch als „intakt“ oder gar „spielbar“ beschreiben konnten, wird deutlich, wie sehr die Instrumente in dieser vergleichsweise kurzen Zeit gelitten haben müssen. 2 In der Literatur werden in diesem Zusammenhang sowohl das Jahr 1941 (Dreyer 1955, S. 3) als auch das Jahr 1943 (Dreyer 1966, S. 6) erwähnt. 3 Dreyer 1966, S. 6. 4 Nachfolgerin von Gertrud Kappeler wurde 1990 Esther Jaeger. 5 Die Inventarisierungsbögen von G. Kappeler und J. Hiestand sind in einem Ordner zusammengefaßt, der im Richard-Wagner-Museum, Luzern-Tribschen, aufbewahrt wird. 6 Böhringer 1995, S. 4. 7 Vannes 1956, S. 4. EINLEITUNG ZUM KATALOG: ALLGEMEINE HINWEISE 15 Einleitung zum Katalog Allgemeine Hinweise Die Zielsetzung des Katalogs besteht darin, die insgesamt 66 Objekte des für diese Arbeit relevanten Sammlungsbestands in technischer und stilistischer Hinsicht derart ausreichend zu charakterisieren, daß sich die individuellen Arbeitstechniken des Herstellers herausarbeiten lassen, um bei Bedarf Vergleichsinformationen zur Verfügung zu haben oder Hilfen für Zuordnungen und Zuschreibungen von unsigniert überlieferten Instrumenten bzw. Streichbögen1 zu erhalten. Dabei stellen die neben den möglichst ausführlichen Einzelbeschreibungen angegebenen Meßdaten eine Auswahl dar und erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Aus Kostengründen mußte im Rahmen dieser Arbeit leider auf einige wissenschaftliche Untersuchungsmethoden wie die Erstellung von Röntgenbildern oder dendrochronologischen Analysen des Holzes verzichtet werden, und damit müssen in einigen Fällen - zumindest zum jetzigen Zeitpunkt - schwierige Fragen zur Datierung bzw. Einordnung oder zur Beurteilung von nachträglich vollzogenen Umbauten der Instrumente offenbleiben. Bei der systematischen Gruppierung der Klangwerkzeuge wurde typologisch zunächst zwischen Streich- und Zupfinstrumenten unterschieden, um diesen zwei Großgruppen dann die einzelnen Instrumentengattungen zuzuweisen.2 Innerhalb der jeweiligen Gattungen sind die Instrumente schließlich nach Stimmgröße und chronologisch nach der unterstellten Herstellungszeit geordnet. Auf eine separate geschichtliche Einführung der Instrumententypen wurde verzichtet. Wenn aber allgemeine gattungsspezifische Erklärungen eine sinnvolle Ergänzung zu den Instrumentenbeschreibungen darstellen oder der technologische Befund eine Interpretation der Ergebnisse auf entwicklungshistorischer Ebene verlangt, fließen diese Informationen direkt in die Diskussion der Instrumente mit ein. Die vorgenommenen Instrumentenbeschreibungen folgen prinzipiell einem bestimmten Katalogisierungsschema, welches im nächsten Abschnitt ausführlich vorgestellt werden soll. Zur besseren Orientierung wurde angestrebt, das Katalogisierungsschema unabhängig von den unterschiedlichen Instrumententypen möglichst einheitlich zu gestalten. Aufgrund der großen bautechnischen Unterschiede der im vorliegenden Bestand vertretenen Gruppierungen war es jedoch stellenweise nötig, spezifische Modifizierungen des Schemas vorzunehmen. Außerdem schien es wenig sinnvoll, jedes Instrument mit der gleichen vollständigen, ausführlichen Beschreibung zu bedenken, da insbesondere bei neuzeitlichen Modellen aus industriellen Massenproduktionen, die instrumentenbaulich und historisch von geringerer Bedeutung sind, summarische Erfassungen genügen. Der Verfasserin dieser Arbeit standen zur Beschreibung und Vermessung der Instrumente unter anderem folgende technische Hilfsmittel zur Verfügung: Hacklinger Dickenmeßgerät, Wölbungskurvenmesser, Endoskop, verschiedene Lichtquellen (Inspektionslampe, Taschenlampe, UV-Lampe), Inspektionsspiegel, Schublehren in verschiedenen Größen, flexibles Maßband, Winkelmesser, Lupen mit unterschiedlichem Vergrößerungsfaktor. Fotografiert wurde mit einer auf einem Stativ befestigten Spiegelreflexkamera, wobei die Instrumente mit zwei Halogen-Strahlern à 500 Watt ausgeleuchtet wurden. Zusätzlich wurde für die nötige Helligkeit bei den Gesamtaufnahmen überwiegend ein interner Blitz dazugeschaltet. In diesen Fällen war eine geringe Schattenbildung im Randbereich der Instrumente und eine mehr oder weniger starke Reflexion auf den Corpora nicht zu vermeiden. 1 Im Fortlauf dieses Kapitels wird die Gruppe der Streichbögen nicht mehr separat erwähnt. Die hier angeführten allgemeinen Hinweise gelten jedoch selbstverständlich auch für diese Gruppe. 2 Ist von einer Gattung nur ein einzelnes Instrument vorhanden, wurde auf die Nennung einer übergeordneten Instrumentenfamilie verzichtet (Inv.Nr. 10, 11, 12, 22, 32, 33, 57). ABKÜRZUNGEN 16 Abkürzungen A Abb. B Bd./Bde. Bl. bzw. ca. d.h. Faks.-Ausg. fl. geb. GEFAM gest. H hrg. hs. incl. Inv.Nr. Jg. Jhdt. k.M. L li. max. MGG min. o.ä. o.J. re. s. S s.o. s.u. T Taf. u. u.a. ü.d.W. vgl. v.o. v.u. z.B. zit. nach =Abstand =Abbildung =Breite =Band/Bände =Blatt =beziehungsweise =circa =das heißt =Faksimile-Ausgabe =lat. “floruit“, nachgewiesen von/bis =geboren =Gesellschaft der Freunde alter Musikinstrumente =gestorben =Höhe =herausgegeben =handgeschrieben =inclusive =Inventarnummer =Jahrgang =Jahrhundert =keine Messung =Länge =links =maximal =Die Musik in Geschichte und Gegenwart. Zweite neubearbeitete Ausgabe hrg. von Ludwig Finscher, Kassel u.a. 1998 =minimal =oder ähnliches =ohne Jahresangabe =rechts =siehe =Stärke =siehe oben =siehe unten =Tiefe =Tafel =und =unter anderem =über die Wölbung =vergleiche =von oben =von unten =zum Beispiel =zitiert nach =Durchmesser EINLEITUNG ZUM KATALOG: BESCHREIBUNGS- UND KATALOGISIERUNGSASPEKTE 17 Beschreibungs- und Katalogisierungsaspekte Dem verwendeten Katalogisierungsschema liegen folgende Festsetzungen und Richtlinien zugrunde: x Sämtliche Maße sind in Millimetern angegeben. Sie verstehen sich mit einer Toleranz von r 0,1 mm bei Maßangaben mit einer Kommastelle, von r 1 mm bei Maßen zwischen 10 mm und 1000 mm, von r 5 mm bei Maßen größer als 1000 mm. x Da stets am geschlossenen Instrument gemessen wurde, sind mit den Corpusgrößenangaben immer die äußeren Maße gemeint. x Aus technischen Gründen war es oftmals nicht möglich, direkte Maße beispielsweise mittels einer Schublehre zu nehmen. Aus diesem Grunde wird in solchen Fällen in der Regel das Maß über die Wölbung (im folgenden abgekürzt: ü.d.W.) angegeben, welches mit einem über die Wölbung gelegten flexiblen Maßband gewonnen wurde. Der sich daraus ergebende Unterschied zur direkten Messung muß einkalkuliert werden. x Die meßtechnischen Daten eines Instruments werden jeweils im Anschluß an die Einzelteilbeschreibungen aufgeführt, damit dem Leser diese weiterreichenden Informationen direkt zur Verfügung stehen. x Die Bestimmung der Hölzer und sonstigen Materialien beruht auf makroskopischen Beobachtungen und ist daher nicht verbindlich, sondern nur als Anhaltspunkt zu verstehen. So läßt sich beispielsweise Fichten- von Tannenholz nur mikroskopisch, aber nicht makroskopisch voneinander unterscheiden. Da jedoch Tanne im Streich- und Zupfinstrumentenbau erwiesenermaßen nur eine untergeordnete Rolle spielt, wird bei der Bestimmung der entsprechenden Hölzer immer die Bezeichnung Fichte verwendet. Schwer bestimmbare Materialien sind entweder gar nicht aufgeführt oder mit einem Fragezeichen versehen. x Die Beschreibung und Vermessung der Instrumente orientiert sich am heute vorliegenden Ist-Zustand der Objekte. Es werden daher alle Teile eines Instruments - unabhängig von ihrer historischen Authentizität und Zugehörigkeit - gleichwertig erfaßt. An entsprechenden Stellen des Katalogisierungsschemas wird aber durchaus auf Probleme hinsichtlich des Vorliegens nachträglicher Umbauten und Veränderungen eingegangen, und es werden - falls ein eindeutiger Befund vorliegt - Antworten auf die oft sehr schwierigen Einordnungsfragen des Instruments sowie seiner Einzelteile gegeben. x Es wird angestrebt, die mittels des verwendeten Katalogisierungsschemas durchgeführten Instrumentenerfassungen möglichst einheitlich und konsequent zu gestalten. Um eine optimale Anpassung an die spezifischen Charakteristika der im Sammlungsbestand zahlreich vertretenen Instrumententypen zu gewährleisten, wird eine Abänderung des Schemas jedoch des öfteren unumgänglich sein. Diese Modifizierungen sind nur bei näherem Erklärungsbedarf in den folgenden Detailbeschreibungen des Schemas vermerkt. x Die Meßparameter Länge, Breite, Höhe, Stärke etc. beziehen sich in ihren Ausrichtungen stets auf die normale Betrachtungshaltung in Frontalansicht (im Unterschied zur Spielhaltung), wobei die obere Saitenbefestigung des Instruments mit Stimmfunktion nach oben zeigt. EINLEITUNG ZUM KATALOG: BESCHREIBUNGS- UND KATALOGISIERUNGSASPEKTE 18 x Die bei den Instrumentenbeschreibungen verwendete Terminologie richtet sich bei den Streichinstrumenten und Streichbögen nach Otto/Adelmann 1975 und bei den Zupfinstrumenten meist nach Hellwig, F. 1974 und Wackernagel 1997. x Die Bezeichnungen „Halsstock“ und „Halsfuß“ werden in vorliegender Arbeit synonym verwendet. x Der Hinweis „keine Messung“ (k.M.) wird verwendet, wenn die Messung aus technischen oder logischen1 Gründen nicht durchgeführt werden konnte. x Die mißverständlichen Bezeichnungen „rechts“ bzw. „links“ sind bei allen entsprechend besaiteten Instrumenten (die Harfen ausgeschlossen) - unabhängig von ihrer Größe und Stimmlage - durch die Begriffe „baßseitig“ bzw. „diskantseitig“ ersetzt. Mit Lokalisierungen wie „vorn/hinten“ ist stets die Deckenebene/Bodenebene gemeint. Die Begriffe „oben/unten“ beziehen sich ebenfalls auf Corpusdecke und -boden, können aber auch Orte in Längsrichtung (Richtung Kopf/Unterklotz) näher bestimmen. Dabei wird - unabhängig von den verschiedenen Spielhaltungen - stets von der normalen, vor den Augen des Betrachters senkrecht erscheinenden Betrachtungshaltung der Instrumente ausgegangen. Dieser Umstand gilt ebenfalls für die Zithern, deren obere, stimmbare Saitenaufhängung, analog den Saiteninstrumenten mit Hälsen, als oberer Bereich, die untere Saitenaufhängung als unterer Bereich definiert wird. x Maße, die an Maxima- und Minimastellen ungleichmäßig verlaufender Größen abgenommen wurden, sind durch einen Schrägstrich getrennt. Punkte zwischen zwei Maßangaben weisen auf gleichmäßig zu- oder abnehmende Größen hin, wobei die Zahl des weiter oben liegenden Meßortes zuerst genannt wird; die Zahlen geben Minima- und Maximawerte an. Maßangaben, die mit dem Wort „um“ gekoppelt sind, konnten nicht genau ermittelt werden oder differieren in ihren Ergebnissen zu stark. 1 Logische Gründe liegen beispielsweise dann vor, wenn die Boden- und Deckenstärkemessungen an einem bestimmten Meßort aufgrund vorhandener Innenteile (Stimmstockfutter, Stimmstockbrett etc.) stark verfälscht werden würden. EINLEITUNG ZUM KATALOG: BESCHREIBUNGS- UND KATALOGISIERUNGSASPEKTE 19 Das Katalogisierungsschema für die Streichinstrumente schlüsselt sich im einzelnen folgendermaßen auf: - Inventarnummer - Bezeichnung des Instruments und Angabe der Saitenzahl - Instrumentenbauer, Herstellungsort und -zeit - Signatur - Beschreibung des Corpus Gesamtcharakterisierung Decke Zargen Boden Innenkonstruktion Maße - Beschreibung der Monturteile Hals und Wirbelkasten, Maße Griffbrett und Obersattel, Maße Steg, Maße Untere Saitenbefestigung, Maße Besaitung, Maße - Überzug - Erhaltungszustand und Umbauten - Provenienz - Literaturangaben - Bildnachweis INVENTARNUMMER: In vorliegender Arbeit wurden den Sammlungsobjekten neue Inventarnummern zugeteilt. Diese Vorgehensweise schien insofern berechtigt, als Schumacher und Vannes 1956 bzw. Kappeler/Hiestand 1966 keine einheitliche Numerierung verwenden. Außerdem lassen sich die nach 1966 in die Sammlung gekommenen Instrumente schlecht in die bestehenden Numerierungen eingliedern. Die Inventarnummern von Schumacher und Vannes 1956 sind bei den entsprechenden Literaturangaben genannt. BEZEICHNUNG DES INSTRUMENTS UND ANGABE DER SAITENZAHL: Falls nötig, ist die Benennung des Instrumententyps durch die Angabe der Stimmgröße erweitert. INSTRUMENTENBAUER, HERSTELLUNGSORT UND -ZEIT: Die regionale und zeitliche Einordnung wird anhand der Signatur (bzw. Lebensdaten) des Erbauers oder anhand typologischer Merkmale ermittelt. Ist das Instrument unsigniert überliefert, kann die stilistische Analyse meist nur eine grobe Einordnung leisten; diese darf aber nicht als verbindliche Information angesehen werden. Datierungsschwierigkeiten können beispielsweise dann auftreten, wenn die Instrumente in ihrer Konstruktion einer bestimmten Bautradition nachempfunden sind und damit einen bestimmten Herstellungsraum vorgeben, in Wirklichkeit aber später entstanden sind (vgl. beispielsweise Inv.Nr. 10 u. 11). SIGNATUR: Die Wiedergabe der Signatur erfolgt im genauen Wortlaut mit Angabe von Ort (nur bei ungewöhnlicher Anbringung vermerkt) und Art der Signierung. Der Zeilenwechsel ist durch einen doppelten Schrägstrich gekennzeichnet. Sonstige Interpunktionszeichen entsprechen dem Original. Da die fotografische Reproduktion der Zettel technisch nur EINLEITUNG ZUM KATALOG: BESCHREIBUNGS- UND KATALOGISIERUNGSASPEKTE 20 vereinzelt zu realisieren war, sind die in einigen Fällen in der Literatur vorhandenen Abbildungen der originalen oder ähnlicher Zettel um so wertvoller. BESCHREIBUNG DES CORPUS: Gesamtcharakterisierung: Neben der Umrißform des Corpus in Frontalansicht werden an dieser Stelle auch bauliche, zuweilen das gesamte Instrument betreffende Besonderheiten mitgeteilt. Decke, Zargen, Boden: An dieser Stelle erfolgt eine ausführliche verbale Beschreibung der Corpusteile. Innenkonstruktion: Soweit es die Sicht durch die Schallöffnungen zuläßt, wird hier auf das Vorhandensein von Innenteilen und Stützelementen, deren Aussehen und die Art der Verarbeitung eingegangen. Da die Teile der Innenkonstruktion üblicherweise aus Fichte bestehen, ist das Material nur im Falle einer Abweichung vermerkt. Maße: (Es sind im folgenden nur die Maße aufgeführt, die einer Erklärung bedürfen.) Gesamtlänge: Oberkante Schnecke (Kopf etc.) bis Unterrand Corpus. Der Wert in Klammern gibt die Gesamtlänge inklusive Knopf für Saitenhalter, Stachel etc. wieder. Deckenlänge: ü.d.W. gemessen. Bodenlänge: ü.d.W. gemessen, das auf den Halsfuß reichende Blatt mit eingeschlossen; bei Viola da gamba-Typen wird zusätzlich die Länge vom unteren Rand bis zum Knick angegeben. Breite: an Decke und ü.d.W. gemessen; in der Regel drei Maße (größte Breite am Ober- und Unterbügel, geringste am Mittelbügel), bei geschweiften Corpusumrissen auch mehrere Maße angegeben. Zargenhöhe: am Oberklotz, Oberbügel, Mittelbügel und Unterklotz (Knopf) gemessen; die Maße verstehen sich jeweils ohne Decke und Boden. Zargenstärke: bei Stärken unter 1 Millimeter konnte mit dem Hacklinger Dickenmeßgerät kein genauer Meßwert mehr ermittelt werden. Deckenstärke: Meßorte: I) beim Stimmstock; II) an den oberen Backenteilen; III) an den unteren Backenteilen; IV) in der unmittelbaren Nähe der Ränder / an der Hohlkehle; V) in der Nähe der Schallöcher. Bodenstärke: Meßorte: I) beim Stimmstock; II) an den oberen Backenteilen; III) an den unteren Backenteilen; IV) in der unmittelbaren Nähe der Ränder / an der Hohlkehle. Randüberstand an Decke und Boden: aufgrund häufiger Unregelmäßigkeiten (z.B. durch Beschädigungen) ist hier jeweils ein Mittelwert angegeben. Wölbungshöhe: angegeben wird der maximale Wert, der mit Hilfe eines Wölbungskurvenmessers ermittelt wurde. Deckenmensur: Abstand vom oberen Deckenrand bis zur Verbindungslinie zwischen den inneren F-Loch-Kerben; wenn keine Kerben vorhanden sind, ist bis zur Mitte der Stegstelle gemessen worden, wobei sich die Steglage meist nicht mehr exakt ermitteln läßt. In diesen Fällen wurde ein intendierter Wert festgestellt, der sich an den Eindrücken bzw. den Abnutzungsspuren an der Decke orientiert. Jene Variabilität ist bei der Angabe der Meßwerte zu berücksichtigen. Länge der Schallöcher: in der Diagonalen gemessen. Abstand der Schallöcher: gemessen wurde der innere Abstand zwischen den oberen Punkten (bzw. Schallochenden) und der Abstand zwischen den Außenkanten der unteren Punkte (bzw. Schallochenden). Bei zusätzlichen Schallöffnungen ist der Abstand vom oberen Deckenrand bis zur Oberkante des Schallochs wiedergegeben. EINLEITUNG ZUM KATALOG: BESCHREIBUNGS- UND KATALOGISIERUNGSASPEKTE 21 BESCHREIBUNG DER MONTURTEILE: Auf die beschreibende Darstellung der Monturteile (von oben nach unten) folgen stets die Maßangaben. Hals und Wirbelkasten: Die Beschreibung der äußeren Form der Wirbel bezieht sich immer auf den Wirbelkopf, obwohl in der Beschreibung nicht gesondert auf diesen Teil des Wirbels hingewiesen, sondern lediglich der allgemeine Begriff „Wirbel“ verwendet wird. Maße: Halsmensur: Abstand zwischen Obersattel und oberem Deckenrand; der Wert in Klammern gibt die Halsmensur einschließlich des Überhangs über die Decke bei eingesetzten Hälsen wieder. Halsstärke: die Werte gelten inklusive Griffbrett; am Obersattel, im mittleren Bereich und am Übergang zum Halsstock gemessen, mit der Schublehre abgenommen. Wirbelkastenlänge: von Oberkante Schnecke (Kopf etc.) bis zur Verbindungslinie ObersattelUnterkante und Wirbelkastenhinterwandende gemessen. Wirbelkastenbreiten: jeweils innen und außen von oben nach unten (mit Schublehre) gemessen. Schnecken-(Kopf-)breite: mit Schublehre gemessen. Griffbrett und Obersattel: Maße: Griffbrettlänge: von Unterkante Obersattel bis unterer Griffbrettabschluß gemessen; bei deutlichem Überhang auf die Wirbelkastenvorderkanten ist (in Klammern) zusätzlich die Gesamtlänge angegeben. Griffbrettbreite: vom Obersattel bis zum unteren Griffbrettabschluß, ohne Wölbung und mit Schublehre gemessen. Steg: Maße: Stegstärke: am unteren Fußende gemessen. Untere Saitenbefestigung: Maße: Saitenhalterbreite: obere und geringste Breite mittels Schublehre gemessen. Besaitung: Angaben zum Saitenbezug bzw. Saitenmaterial beziehen sich auf den gegenwärtig vorgefundenen Zustand. Soweit sinnvoll, beruhen die Aussagen bezüglich der Stimmung der Instrumente auf zeitgenössischen Quellen, die bei uneinheitlicher Überlieferungssituation im Text angegeben sind. Maße: Schwingende Saitenlänge: Abstand zwischen Unterkante Obersattel und Stegkante. Wie bei den Deckenmensurangaben muß aufgrund des nicht fest fixierten Steges mit geringen Maßabweichungen nach oben oder unten gerechnet werden. ÜBERZUG: In dieser Rubrik sind Informationen zur Präparierung des Holzes und zu deren Beschädigungen sowie zu etwaigen Retuschen infolge von Reparaturen verzeichnet. Die Beschreibung der Farbe des Überzugs beruht auf subjektiver Beurteilung; dabei konnte in den meisten Fällen nicht eruiert werden, ob jene Farbe nur Bestandteil des Lackes ist, ob sie durch das Beizen des Holzes zustande kam oder ob sie das Ergebnis beider Präparierungsarten darstellt. ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN: Neben einer Darstellung des Zustands samt Registrierung von Fehlteilen oder Beschädigungen wird hier auch auf etwaige Umbauten, nachträgliche Veränderungen und Reparaturen bzw. Restaurierungen eingegangen, wobei Aussagen hinsichtlich der Originalität von Instrumententeilen nur in einigermaßen klaren Fällen gemacht werden. PROVENIENZ: An dieser Stelle steht die Erschließung der Individualgeschichte des Instruments von seiner Herkunft bis zur Eingliederung in die Schumachersche Sammlung im Vordergrund. Wenn der Erbauer bekannt ist, werden grobe biographische Daten vermerkt. EINLEITUNG ZUM KATALOG: BESCHREIBUNGS- UND KATALOGISIERUNGSASPEKTE 22 Bei unsigniert oder unsicher überlieferten Instrumenten wird eine zeitliche und regionale Zuordnung versucht. Aufgrund der leider sehr ungenauen Angaben in Schumachers Fundortkatalog mußten Bemühungen, die Biographie der einzelnen Instrumente näher zu erschließen, oft ergebnislos bleiben. Falls es angebracht erscheint, wird in diesem Abschnitt auch über geschichtliche Aspekte zum Instrumententyp oder über technologische Details Auskunft gegeben. LITERATURANGABEN: Es ist nur diejenige Literatur genannt, in der explizit Informationen zu dem jeweiligen Instrument enthalten oder ausführliche Angaben über den Erbauer nachzulesen sind. BILDNACHWEIS: Neben den in Originalgröße wiedergegebenen, abgepausten Schallochumrissen (nur Streichinstrumente; jeweils baßseitiges, bei der Streichzither diskantseitiges Schalloch) sind sämtliche Instrumente fotografisch dokumentiert. Dabei ist das Objekt meist zum einen in Vorder-, Seiten- und Rückgesamtansicht dargestellt; zum anderen sind, je nach empfundener Erfordernis der Verfasserin, Fotografien von Signaturen (falls technisch realisierbar), Köpfen bzw. Schnecken, Rosetten oder anderen charakteristischen Besonderheiten beigegeben. EINLEITUNG ZUM KATALOG: BESCHREIBUNGS- UND KATALOGISIERUNGSASPEKTE 23 Den verwendeten Meß- und Beschreibungsparametern der Streichbögen liegen folgende Richtlinien zugrunde: x Da die vorliegenden Objekte bis auf eine Ausnahme keine Bogensignierungen aufweisen (das Stempeln der Bögen kam erst ab etwa 1800 und auch dann nur vereinzelt in Gebrauch), kann die Datierung und Lokalisierung nur anhand stilistischer Eigenheiten erfolgen (Gestaltungsmerkmale von Stange, Kopf, Frosch und Froschführung). Die zeitliche und nur in wenigen Fällen vorgenommene räumliche Zuordnung sowie die Zuweisung zu einer bestimmten Instrumentenfamilie orientieren sich für Bögen des 18. Jahrhunderts an den bei Leeuwen-Boomkamp/van der Meer 1971 tabellarisch aufbereiteten Kriterien und für Bögen des 19. Jahrhunderts an den detaillierten Ausführungen bei Apian-Bennewitz 1892. Dabei ist anzumerken, daß die an sich schon heikle Zuordnung der Bögen zusätzlich durch nachträgliche Eingriffe und durch das Auswechseln von Teilen, die einer starken Abnutzung unterlegen sind (Frosch, Schraube mit Schraubenkopf, Wicklung), erschwert und verfälscht werden kann. Auf die Identifizierung nicht mehr im Originalzustand vorliegender Teile wurde aufgrund fehlender Anhaltspunkte weitestgehend verzichtet. Da Vannes 1956 nur einen der insgesamt acht heute in der Sammlung vorliegenden Bögen separat aufführt und grob beschreibt (Inv.Nr. B5) und auch Schumacher diese in seinem Handschriftlichen Katalog lediglich sporadisch erwähnt, ihnen in ihrer Funktion als bloße Zubehörteile aber keine weitere Beachtung schenkt, können die vorliegenden Quellen bei Fragen zur Provenienz nicht herangezogen werden. x Die Bestimmung der Stangenhölzer muß meist auf die Angabe „außereuropäisches Hartholz“ beschränkt bleiben. So läßt sich beispielsweise das aufgrund seiner günstigen Eigenschaften im Bogenbau häufig verwendete Fernambukholz in seinen vielfältigen Färbungen und zusätzlichen Behandlungen durch Beizen und Lackieren nur schwer von anderen verwandten Hölzern (z.B. Brasilholz) unterscheiden. Auch die genauere Bestimmung der im Froschbereich verwendeten Metalle konnte des öfteren nicht vorgenommen werden (z.B. Inv.Nr. B7). x Sämtliche hier behandelte Bögen besitzen einen beweglichen Frosch, dessen Stellung durch eine Schraubmechanik reguliert wird. Es wird daher im Text nicht weiter auf die Spannvorrichtung eingegangen. x Innerhalb des beschreibenden Textes verwendete Ortsbegriffe: hinten = Griffende vorne = Kopfende links = spielerseitig rechts = spielerabgewandt x Die Stangenlänge (einschließlich Kopf) wurde im entspannten Zustand und als Sehne, also nicht entlang der Krümmung, gemessen. Ebenso wurde der Verlauf der Stange im entspannten Zustand erfaßt. x Die Länge des Haarbezugs entspricht der Streichlänge und ist demnach ohne die Haarauflage an Kopf und Frosch gemessen. x Die Ermittlung des Schwerpunktes erfolgt samt Frosch und Schraubenkopf und ist vom Griffende aus gemessen (einschließlich Schraubenkopf). EINLEITUNG ZUM KATALOG: BESCHREIBUNGS- UND KATALOGISIERUNGSASPEKTE 24 Die oben festgelegten Kriterien für die Streichinstrumentenbeschreibungen lassen sich weitestgehend auf das Zupfinstrumentarium übertragen. Folgende Punkte bedürfen dennoch einer vorausgehenden Klärung: x Die Decken- bzw. Bodenstärkeangaben bei den Zupfinstrumenten (sowie bei den Trumscheiten und der Drehleier) sind nicht mit einer bestimmten Ortsangabe verbunden, sondern geben lediglich eine Wertspanne wieder, die aus mehreren, gut verteilten Einzelmessungen an den betreffenden Corpusteilen gewonnen wurde. Dieses zusammenfassende Verfahren wurde hier als ausreichend empfunden, da die meist flachen Decken und Böden im Gegensatz zu den gewölbten Pendants der Streichinstrumente in ihren Werten nur geringfügig differieren. Zudem sind einige Meßorte aufgrund komplexer Innenbebalkung mit dem Meßgerät schwer oder gar nicht erreichbar, so daß auf eine Einzelaufstellung der Werte auch aus meßtechnischen Gründen verzichtet werden mußte. x Wenn nicht anders vermerkt, ist die Bundanordnung stets chromatisch. Bundabstände sind nur dann angegeben, wenn die Bünde in das Griffbrett eingelegt sind. Gemessen wurde dabei der Abstand von der Unterkante des Obersattels bis zum Beginn der einzelnen Bundstäbchen (bei den Trombe marine bis zur Mitte der Tonmarkierungen). Bei Instrumenten mit nicht eindeutig erkennbarer Stegposition wurde die schwingende Saitenlänge - falls möglich - aus der Mensur des Oktavbundes (12. Bund bei chromatischer Anordnung) errechnet. Dabei wurde vorausgesetzt, daß dieser als reine Oktave intendiert war. x Angaben zur Innenkonstruktion können nur insoweit gemacht werden, als es die oft stark eingeschränkte Sicht durch die enggemusterten Rosetten zuläßt. Für die Lauten wurden von den die Klangqualität wesentlich mitbestimmenden Deckenquerbalken mit Hilfe des Hacklinger Dickenmeßgeräts (Ertasten der Position mit dem Magneten) ungefähre Abstandsmaße vom oberen Deckenrand ermittelt. Die Authentizität der Bebalkung kann mit diesem Verfahren natürlich nicht beurteilt werden. x Meist konnten bei den Lauten aufgrund schlechter Sichtverhältnisse keine näheren Angaben zum Oberklotz sowie zur Hals-Oberklotzverbindung gemacht werden. Es sei hier deshalb erwähnt, daß der Hals bei Lauten gewöhnlich an den separaten Oberklotz geleimt und mit einem eingeschlagenen Nagel fixiert wurde und wird. x Die Stimmungen der Zupfinstrumente sind nur dann angegeben, wenn die aktuelle Anzahl der Saiten bzw. die Einrichtung der Saitenchöre den ursprünglichen Zustand des Saitenbezugs wiederzugeben scheinen. x Die Maße der Deckenlänge und der Deckenmensur bei den Lauten schließen den (meist auf den Hals aufliegenden) Deckenüberstand am oberen Abschluß mit ein. Der in Klammern stehende Wert bei der Angabe der Griffbrettlängen der Lauten gibt das Maß inklusive der auf die Decke reichenden Griffbrettspitzen wieder. x Da der obere Deckenabschluß bei den meisten Zithern des Salzburger Typs nicht genau zu ermitteln ist, gilt bei diesen Instrumenten als Deckenlänge das Maß zwischen der Unterkante der oberen Sattelunterlage und der Oberkante des Steges. Für die Corpusbreite sind meist zwei Maße ermittelt worden, die die kleinste und größte Ausprägung der Breite wiedergeben. Des weiteren ist die Stegbreite der Zithern nur dann ermittelt, wenn sie nicht mit derjenigen des Anhängestocks identisch ist. VERZEICHNIS ALLER IM KATALOG BEHANDELTEN OBJEKTE (CHECKLIST) 25 Verzeichnis aller im Katalog behandelten Objekte (Checklist) Streichinstrumente Viole da gamba Inv.Nr. 1 Baß-Viola da gamba (6 Saiten) Inv.Nr. 2 Baß-Viola da gamba (6 Saiten) Inv.Nr. 3 Baß-Viola da gamba (7 Saiten) Inv.Nr. 4 Alt-Viola da gamba (5 Saiten) Inv.Nr. 5 Alt-Viola da gamba (5 Saiten) Inv.Nr. 6 Pardessus de Viole (6 Saiten) Viole d’amore Inv.Nr. 7 Viola d’amore (6 Spielund 6 Resonanzsaiten) Inv.Nr. 8 Viola d’amore (6 Spielund 6 Resonanzsaiten) Inv.Nr. 9 Viola d’amore (7 Spielund 7 Resonanzsaiten) Joachim Tielke, Hamburg, 1693 Süddeutschland, 17./18. Jhdt. René Imber, Lyon, 1707 Georg Aman, Augsburg, 1705 Hermann Joseph Stoß (?), Augsburg, 1718 Jean Christoph Cousin / Johann Christoph Vetter, Straßburg, 1741 Deutschland, 18. Jhdt. S. 30 S. 35 S. 39 S. 44 S. 49 S. 54 S. 57 Sebastian Klo(t)z, S. 61 Mittenwald, 1740 Pietro Giovanni (Petrus Joannes) S. 65 Mantegazza, Mailand, 1763 Inv.Nr. 10 Viola (5 Griffbrettund 2 Bordunsaiten) Provenienz unbestimmt; Ende 18. Jhdt./19. Jhdt. S. 69 Inv.Nr. 11 Violine (4 Saiten) Provenienz unbestimmt; Deutschland, um 1900 (?) S. 73 Inv.Nr. 12 Philomele (4 Saiten) Deutschland, um 1900 S. 76 Pochetten Inv.Nr. 13 Inv.Nr. 14 Inv.Nr. 15 Pochette (4 Saiten) Pochette (4 Saiten) Pochette (4 Saiten) 17./18. Jhdt. 18. Jhdt. Anfang 19. Jhdt. S. 79 S. 82 S. 85 1. Hälfte 18. Jhdt. um 1700 S. 88 S. 93 Mitte 18. Jhdt. Mitte 18. Jhdt. S. 97 S. 101 Trombe marine Inv.Nr. 16 Tromba marina (1 Spielsaite) Inv.Nr. 17 Tromba marina (1 Spielund 4 Resonanzsaiten) Inv.Nr. 18 Tromba marina (1 Spielsaite) Inv.Nr. 19 Tromba marina (1 Spielsaite) VERZEICHNIS ALLER IM KATALOG BEHANDELTEN OBJEKTE (CHECKLIST) Streichzithern Inv.Nr. 20 Streichzither (4 Saiten) Inv.Nr. 21 Streichmelodion (4 Saiten) Inv.Nr. 22 Drehleier (2 Melodieund 4 Bordunsaiten) 26 Deutschland, um 1900 Deutschland, um 1900 S. 104 S. 107 Henry Thouvenel, Mirecourt, 2. Hälfte 19. Jhdt. S. 110 Streichbögen Inv.Nr. B1 Inv.Nr. B2 Inv.Nr. B3 Inv.Nr. B4 Inv.Nr. B5 Inv.Nr. B6 Inv.Nr. B7 Inv.Nr. B8 Inv.Nr. B9 Streichbogen für Tromba marina Streichbogen für Violoncello Streichbogen für Viola Streichbogen für Diskantinstrument aus dem Bereich der Volksmusik Streichbogen für Viola d’amore Streichbogen für Violine Streichbogen für Violine Streichbogen für Pochette Streichbogen für Pochette 18. Jhdt. Frankreich, um 1800 2. Hälfte 18. Jhdt. um 1800 S. 115 S. 117 S. 119 S. 121 1. Hälfte 18. Jhdt. um 1800 Wolff, Mitte 19. Jhdt. 1. Hälfte 19. Jhdt. 1. Hälfte 19. Jhdt. S. 123 S. 125 S. 128 S. 131 S. 133 Zupfinstrumente Lauten Inv.Nr. 23 Inv.Nr. 24 Inv.Nr. 25 Inv.Nr. 26 Inv.Nr. 27 Inv.Nr. 28 Gitarren Inv.Nr. 29 Inv.Nr. 30 Inv.Nr. 31 Chitarrone (17 Saiten, 12 Chöre) Theorbe (15 Saiten, 10 Chöre) Theorbe (22 Saiten, 12 Chöre) Theorbe (17 Saiten, 12 Chöre) Theorbierte Laute (21 Saiten, 15 Chöre) Mandora (11 Saiten, 6 Chöre) Gitarre (6 Saiten) Gitarre (6 Saiten) Lyra-Gitarre (6 Saiten) Michele Attore, Padua, 1583 (?) S. 135 um 1700 S. 140 Leopoldo Franciolini, Florenz, um 1900 (?) Leopoldo Franciolini, Florenz, um 1900 (?) Petrus Baum, Deutschland, 18. Jhdt. (?) Franciolini, Florenz, um 1900 (?) Deutschland, 18. Jhdt. S. 144 S. 154 Federico Peirano, Cádiz, 1830 Michel, Paris, um 1900 Joseph Pons, Paris, 1804/1805 S. 158 S. 166 S. 169 S. 148 S. 151 VERZEICHNIS ALLER IM KATALOG BEHANDELTEN OBJEKTE (CHECKLIST) 27 Inv.Nr. 32 Neapolitanische Mandoline (8 Saiten, 4 Chöre) Ende 19. Jhdt. S. 172 Inv.Nr. 33 Balalaika (3 Saiten) Leningrad, 1. Hälfte 20. Jhdt. S. 174 Banjos Inv.Nr. 34 Banjo (6 Saiten) S. 177 Inv.Nr. 35 Banjo (7 Saiten) Nordamerika oder England, 2. Hälfte 19. Jhdt. Nordamerika oder England, um 1900 Deutschland oder Schweiz, 1. Hälfte 19. Jhdt. Frankreich (?), 19. Jhdt. S. 181 Zithern Inv.Nr. 36 Inv.Nr. 37 Inv.Nr. 38 Inv.Nr. 39 Inv.Nr. 40 Inv.Nr. 41 Inv.Nr. 42 Zistern Inv.Nr. 43 Inv.Nr. 44 Inv.Nr. 45 Inv.Nr. 46 Inv.Nr. 47 Inv.Nr. 48 Inv.Nr. 49 Inv.Nr. 50 Wende-Zither in Mittenwalder Form Zither (4 Melodieund 12 Begleitsaiten) Schlagzither (4 Griffbrettund 25 Begleitsaiten) Konzertzither (5 Griffbrettund 30 Begleitsaiten) Konzertzither (5 Griffbrettund 27 Begleitsaiten) Konzertzither (5 Griffbrettund 27 Begleitsaiten) Gitarrenzither (21 Melodieund 20 Begleitsaiten) Theorbenzister (17 Saiten, 13 Chöre) Zister (10 Saiten, 5 Chöre) Zister (10 Saiten, 5 Chöre) Zister (10 Saiten, 6 Chöre) Zister (10 Saiten, 6 Chöre) Entlebucher Halszither (10 Saiten, 5 Chöre) Zister (10 Saiten, 6 Chöre) Emmentaler Halszither (9 Saiten, 5 Chöre) Georg Tiefenbrunner, München, 1852 Otto Body, Innsbruck, 1895 Franz Schandl, Mittenwald, nach 1896 Hermann Bölsterli, Zürich/Mittenwald, um 1900 Deutschland, um 1900 S. 179 S. 185 S. 189 S. 192 S. 195 S. 198 S. 201 Andreas Ernst Kram, Nürnberg, 1770 Deutschland, 18. Jhdt. S. 204 S. 208 Deutschland, 18. Jhdt. S. 211 Deutschland oder Schweiz, 1. Hälfte 19. Jhdt. Niklaus Lötsche(r), Polen (?), 1843 Entlebuch (Kanton Luzern), 1. Hälfte 19. Jhdt. Schweiz oder England (?), vermutlich 1811 Abraham Kauer (?), Schweiz, Mitte 19. Jhdt. S. 214 S. 217 S. 220 S. 223 S. 226 VERZEICHNIS ALLER IM KATALOG BEHANDELTEN OBJEKTE (CHECKLIST) Inv.Nr. 51 Inv.Nr. 52 Inv.Nr. 53 Inv.Nr. 54 Zister (10 Saiten, 5 Chöre) Toggenburger Halszither (13 Saiten, 5 Chöre) Toggenburger Halszither (13 Saiten, 5 Chöre) Zister (10 Saiten, 5 Chöre) Schweiz, 1. Hälfte 19. Jhdt. 28 S. 229 Toggenburg (Kanton St. Gallen), S. 232 1. Hälfte 19. Jhdt. Toggenburg (Kanton St. Gallen), S. 235 1. Hälfte 19. Jhdt. Italien oder Schweiz, S. 238 um 1900 Harfen Inv.Nr. 55 Inv.Nr. 56 Einfachpedalharfe (35 Saiten) Neo-irische Harfe (30 Saiten) Jean Louvet, Paris, 1776 G. Morley, London, Mitte 19. Jhdt. S. 241 S. 246 Inv.Nr. 57 Harpe ditale (29 Saiten) J. Pfeiffer, Paris, um 1830 S. 250 Beschreibender Katalog VIOLE DA GAMBA - INV.NR. 1 30 Streichinstrumente Viole da gamba1 Inv.Nr. 1 Baß-Viola da gamba (6 Saiten) Joachim Tielke, Hamburg, 1693 SIGNATUR: Druckzettel: JOACHIM TIELKE // in Hamburg / An. 16 [hs.:] 93 CORPUS: Kleineres Baßmodell in klassischer Gambenform mit auffallend stumpfwinkligen Ecken. Bodenwölbung vorhanden. Decke: dreiteilig; der mittlere Teil in Form eines schmalen, mit der jetzigen Halsfußbreite ungefähr übereinstimmenden, zur Corpusbasis hin etwas breiter werdenden Mittelstreifens. Decke bestehend aus mitteljähriger Fichte. Flache, ebenmäßige Wölbung ohne Hohlkehle; denkbar ist, daß die Wölbung nicht aus dem Holz gestochen wurde, sondern durch Biegung der einzelnen Streifen (hier vermutlich ausschließlich des mittleren Streifens) über einem heißen Eisen zustande kam, wie es in der osteuropäischen oder englischen Bautradition im 17. Jahrhundert vielerorts üblich war.2 Dreiteilige, jeweils doppelt geführte Randeinlage. C-Löcher. Zargen: durchgehend und teilweise sehr breit geflammter Ahorn in Radialschnitt. Zweigeteilte Unterzarge. Auf beiden Seiten des Halsstocks je eine keilförmige Ebenholzausfüllung im vorderen Zargenbereich. Boden: zweigeteilt. Regelmäßig waagerecht geflammter Ahorn in Radialschnitt. Mittelhohe Wölbung, die in einer geringen Hohlkehle ausschwingt; der obere Teil erscheint anstelle der Abknickung sanft abgebogen. Verrundetes Bodenblatt. Keine Randader vorhanden. Zur Innenkonstruktion: eckiger Oberklotz mit abgeschrägten Kanten, der mit dem Halsstock durch eine von außen eingetriebene Schraube fixiert ist (Schraubenende innen aus dem Oberklotz ragend);3 die ebenfalls sichtbare Holzdübelspitze dürfte jedoch wie der Oberklotz ein ursprünglich zum Instrument gehöriger Bestandteil sein. Flacher, halbrunder Unterklotz, der mit dem Zapfenende des Knopfes durchsetzt ist. In der Decke je 1 Paßstift an Ober- und Unterklotz; der Boden ist durch 1 Paßstift mit dem Unterklotz und durch 3 Paßstifte am Blatt mit dem Oberklotz verbunden. Decke dubliert und mittels mehrerer Paßstifte am Rand am Zargenkranz fixiert (spätere Zutat, um die Decke nach dem Öffnen des Instruments wieder passend zu machen). Dünn und schmal geschnittene, an den Eckklötzen jeweils stumpf endende Deckenreifchen; Bodenreifchen überwiegend aus mehreren kleinen, partiell auch erneuerten Teilen zusammengestückelt und (außer an der baßseitigen Oberzarge, wo die Reifchen in den vermutlich erneuerten Eckklotz eingelassen sind) über die Eckklötze 1 Die im folgenden Abschnitt verwendete Namensgebung der einzelnen Mitglieder der Gambenfamilie folgt der bis heute auch im Deutschen weitestgehend üblichen französischen und englischen Terminologie und nicht der von Praetorius 1619 überlieferten, der beispielsweise die in dieser Arbeit als Baßgamben bezeichneten Instrumente mit der Stimmung D-G-c-e-a-d’ als Tenorgamben tituliert. Die Stimmungsangaben gehen, wenn nicht anders vermerkt, auf Rousseau 1687 und Dolmetsch 1964 zurück. 2 Martius 1987, Heft 3, S. 11ff. 3 Eine von außen durch den Halsstock ausgeführte Nagelung oder Verschraubung hat die Funktion, den Aufleimvorgang des Halses auf den Oberklotz - besonders bei einem geschlossen vorliegenden Corpus fixierend zu unterstützen, da das Anbringen einer stabilisierenden Zwinge während des Trocknungsvorganges des Leimes in diesem Bereich sehr schwierig ist. Außerdem erlaubt eine derartige Stellschraube, die Hals- und Griffbrettstellung im Verhältnis zur Deckenebene von außen zu korrigieren. VIOLE DA GAMBA - INV.NR. 31 1 verlaufend. An der Originalität der gesamten Bodeninnenreifchen muß gezweifelt werden, da Tielke bei seinen bekannten Instrumenten niemals derartige Verstärkungen verwendete, sondern den Winkel zwischen Boden und Zargen mit Leinenbelägen zu sichern pflegte.1 Das Stimmstockbrett in annähernd viereckiger Form mit abgerundeten Ecken, das nicht bis zu den Rändern verläuft und an den Seiten abgeflacht ist, weist an jeder Ecke eine rechteckige, an den Ecken abgerundete, die Bodenfläche verstärkende, kleinere Fichtenholzauflage auf, deren Jahresringe etwa 45 Grad zur Mittelfuge nach oben bzw. unten verlaufen (s. Abb.). 2 flache, breite, nicht ganz bis zum Rand reichende Bodenquerbalken in der oberen bzw. unteren Corpuspartie. Leinenverstärkungen an Bodenfuge; die Zusammenstöße der Deckenteile sind mit Leinenbelägen und kleinen, quadratischen Holzplättchen abgesichert; der aufgedoppelte, geschweifte Baßbalken fungiert ebenfalls als Verstärkung einer Nahtstelle und muß in späterer Zeit ausgetauscht worden sein, da sich unter dem Balken Holzbeläge befinden. Zusätzlich sind die Zargeninnenwände partiell mit Laubholzzulagen bzw. weißlichen Belägen (möglicherweise stark in Leim getränktes Papier; nachträglich eingefügt) ausgekleidet. Gesamt L: 1130 (1170) Decke L: 643 B: 292 / 222 / 355 Wölbungshöhe Decke (max.): um 27 Decke S: I) 2,5-2,6 II) 2,5-3,2 III) 2,5-3,1 IV) 2,0-2,4 V) 2,0-2,8 Deckenmensur: 358 Schallöcher: L 116, A oben 170, A unten 255 Zargen H: 80 / 120 / 120 / 119 Zargen S: 0,8-1,3 Boden L: 665 Wölbungshöhe Boden (max.): um 14 Boden S: I) k.M. II) 1,7-2,5 III) 2,5-3,0 IV) 1,4-1,6 MONTURTEILE: Hals und Wirbelkasten: Ahorn. An den Wirbelkasten angeschäfteter, fein geschnitzter Frauenkopf mit charakteristischem Diadem über der hohen Stirn und breit angelegter Frisur, deren Langhaar an den Seiten in flachen Locken herabhängt und unten mit je einer vierzipfligen Schleife zusammengehalten wird; am Hinterkopf befindet sich ein aufgesetzter Haarknoten, von dem ein zweiteiliges Tuch herabfällt; den Hals ziert eine aus dem Holz geschnitzte Perlenkette. Der Kopf entspricht in allen Einzelheiten den bekannten Tielkeschen Frauenköpfen2, die er am häufigsten für seine Instrumente verwendete. Wirbelkastenvorderkanten mit kurzen, verzierenden Einstichen versehen. Der untere Wirbelkastenabschluß ist auf der Rückseite mit einem Schnitzwerk in Form einer halben Blüte verziert. 6 Wirbel aus Palisander mit Beinknöpfchen; oberstes Wirbelloch ausgebuchst. Keine Bünde vorhanden. Halsmensur: 286 Hals S: 29 / 30 / 37 Wirbelkasten L: 227 Wirbelkasten B innen: 17...37, außen: 32...55 Kopf B: 46 Griffbrett und Obersattel: Ebenholz. Griffbrett L: 495 Griffbrett B: 53...73 Steg: Ahorn. Die starken Abnutzungsspuren um den jetzigen Stegstandort herum deuten auf verschiedene Stegorte in früherer Zeit hin. B / S / H: 102 / 10 / 90 Untere Saitenbefestigung: Einhängung des schwarz lackierten, seitlich mehrfach geschweiften und mit einem Palisandersattel versehenen Saitenhalters in einen Pflock aus Palisander, der nur zu etwa zwei Dritteln in die Unterzarge eingelassen ist; der restliche Freiraum am Zargenzusammenstoß ist mit einem Holzstreifen zugesetzt. Im Pflock befindet sich zusätzlich ein profiliert gedrechselter Hohlknopf aus Palisander. 1 2 Vgl. Hellwig 1980, S. 60. Vgl. Hellwig 1980, S. 68-76. VIOLE DA GAMBA - INV.NR. 1 32 Saitenhalter L: 230 Saitenhalter größte B / kleinste B: 80 / 35 Besaitung: Das Instrument ist für 6 Saiten konzipiert, davon sind derzeit 5 Saiten vorhanden, wobei die 2 oberen aus Darm und die 3 unteren metallumsponnen sind. Stimmung: D-G-c-e-a-d’. Wie bei den anderen Viole da gamba auch weist der Steg auf der dem Spieler zugewandten Seite eine Beschriftung bezüglich der Stimmungen der einzelnen Saiten auf (s. Abb.). Die Notierung dieser Tonbuchstaben könnte möglicherweise von Schumacher stammen; ein Vergleich mit dessen Handschrift erbrachte jedoch kein eindeutiges Ergebnis. Schwingende Saitenlänge: 650 ÜBERZUG: Dunkelbrauner, spröder Lack, der an vielen Stellen abgesprungen ist. Die restaurierten Schadstellen sind mit ähnlich gefärbtem Lack retuschiert. ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN: Die oberste Saite (d’) fehlt. Die Corpusränder und der Wirbelkastenkopf weisen vermehrt Wurmfraßlöcher auf. Boden und Decke im Bereich der Mittelfugen und an den Rändern stark zerkratzt. Deckenrisse älteren Datums restauriert; auffällig ist der sich über nahezu die ganze Corpuslänge erstreckende Riß in der Deckenmitte, wo im Falle einer zweigeteilten Decke gewöhnlich die Mittelfuge verläuft. Offene Bodenfuge und Zargenrisse. Deckenrand weitestgehend dubliert und an der Unterzarge teilweise ersetzt. Decken- und Bodenwölbung deutlich verzogen. Die Schaftspuren am Kopfansatz und die eingelegten Ebenholzstücke am oberen Zargenrand weisen auf das Einsetzen eines neuen Halses mit Wirbelkasten hin. Der aktuell vorliegende Hals wurde erst im Rahmen eines Restaurierungsvorganges zu Schumachers Zeiten ersetzt, bei dem das zwischenzeitlich als Violoncello eingerichtete Instrument in seinen ursprünglichen Zustand als sechssaitige Viola da gamba zurückversetzt wurde.1 Dabei sind Wirbel, Griffbrett, Steg, Saitenhalter und Saitenhalterbefestigung ebenfalls erneuert worden. Sowohl die aktuell bestehende, eher ungewöhnliche Hals-Oberklotz-Verbindung, die von einer von außen durch den Halsstock eingetriebenen Schraube gesichert wird und die man ferner bei der Baß-Viola da gamba Inv.Nr. 2 findet, als auch die Tatsache, daß in beiden Instrumenten im Zuge früherer Reparaturen dasselbe auffällige, weißliche Material zur Ausfütterung im Zargen- und Bodenbereich verwendet wurde, spricht für ein und denselben Restaurator. Vermutlich war dies Hermann Seyffarth aus Leipzig, der im Jahr 1903 von Schumacher beauftragt wurde, einige der Streichinstrumente spielbar zu machen. Mit Sicherheit läßt sich seine Arbeit jedoch nur an der Alt-Gambe Inv.Nr. 5 nachweisen, die eine Signatur aus seiner Hand aufweist. PROVENIENZ: Aus der Sammlung H. Schumacher. Im Fundortkatalog desselben (S. 21) ist die Stadt Brüssel als Erwerbsort vermerkt. Joachim Tielke, einer der hervorragendsten und bekanntesten Lauten- und Geigenmacher seiner Zeit, wurde 1641 in Ostpreußen (vermutlich Königsberg) geboren und starb 1719 in Hamburg, wo er sich - nach einer längeren Lebens- und Schaffensphase in Italien niederließ.2 Tielke erlangte insbesondere durch die auffallend prachtvolle und aufwendige Ausstattung seiner Instrumente große Berühmtheit. 1 Dokumentiert ist dieser Vorgang durch zwei Bilder in Schumachers Fotoalbum, die jeweils den Zustand vor und nach der Restauration wiedergeben (vgl. die Abbildungen auf S. 11/12, Nr. 63 in dieser Arbeit). 2 Vgl. Kinsky 1912, S. 644ff. VIOLE DA GAMBA - INV.NR. 1 33 Signierung, Gestaltungs- und Konstruktionsmerkmale lassen keine Zweifel an der Authentizität des vorliegenden Instruments aufkommen. Charakteristische Merkmale wie der Umriß, die gewölbte Bodenkonstruktion, die doppelten Randeinlagen der ohne Hohlkehle auslaufenden Decke, die Bekrönung durch den Tielkeschen Frauenkopf und die Anlage der Innenteile stimmen mit den kennzeichnenden Kriterien vergleichbarer Instrumente von Tielke aus dieser Schaffensperiode überein.1 LITERATUR: - Schumacher: Handschriftlicher Katalog, Nr. 63, S. 90. Fundortkatalog Nr. 63, S. 21. - Vannes 1956, Nr. 76, S. 16. - Hellwig 1980, S. 225 Nr. 64. - Nirrnheim, S. 455 Nr. 14. - Heyer, S. 646 Nr. 37. - Hellwig 1964, S. 33. BILDNACHWEIS: Von li. nach re. bzw. von oben nach unten: Vorder-, Seiten-, Rückgesamtansicht, Wirbelkasten mit Kopf, Steg mit Stimmungsangabe, Skizze der Innenkonstruktion, Schalloch. 1 Ausführliche Beschreibung dieser Instrumente in: Hellwig 1980, S. 57-62. VIOLE DA GAMBA - INV.NR. 1 34 VIOLE DA GAMBA - INV.NR. 35 2 Inv.Nr. 2 Baß-Viola da gamba (6 Saiten) Süddeutschland, 17./18. Jahrhundert SIGNATUR: Keine Signatur vorhanden; oberhalb des linken Schallochs an der Decke Reste eines Zettels sichtbar, nicht zu identifizieren (Reparaturzettel?). CORPUS: Geschweifter Umriß mit runden, lang herausgezogenen Schultern und einer Einschnürung in der unteren, eckenlosen Hälfte. Randüberstand an Decke und Boden. Decke: zweiteilig. Fichte mit feinen bis mittelbreiten, teilweise welligen Jahresringen. Hohe, rasch aufwärts steigende Wölbung, die oben einen breiten Rücken bildet und in einen breiten Rand ohne Hohlkehle ausläuft. Das Fehlen einer Gegenwölbung im Randbereich bei einer ziemlich hohen Wölbung wirkt bei vorliegendem Instrument unfertig und unvollkommen. Einfache dreispänige Randeinlage. Flammenförmige Schallöcher mit Unterpunktloch und kleinem gestielten Seitenpunkt. Zargen: Ahorn in Radialschnitt mit leichter, regelmäßiger Flammung. Unterzarge zweiteilig. Boden: zweiteilig. Ahorn, nach der Schwarte geschnitten. Flach, mit hoch sitzender Abknickung. Verrundetes Bodenblatt. Aufgemalte dreilinige Randader, die unter dem Blatt zu einem Blütenornament zusammenläuft, an einigen Stellen schon stark verblaßt. Zur Innenkonstruktion: flacher, halbrunder Oberklotz aus neuerer Zeit, der wie bei vorigem Instrument (Inv.Nr. 1) mit einer von außen gedübelten Halskonstruktion versehen ist (runde Auskleidung auf dem Halsfuß sichtbar). Rechteckiger Unterklotz mit verrundeten Kanten, durch den der runde Zapfen des Knopfes gesteckt ist; Unterklotz möglicherweise original. Schmale Reifchen an Decke und Boden. Eckklötze und Stimmstock vorhanden. Das die ganze Bodenbreite einnehmende Stimmstockbrett verschmälert sich baßseitig und ist an den Rändern abgeflacht. 3 Bodenquerbalken, je 1 auf Höhe der Abknickung, oberhalb der Schallöcher und bei den Einschnürungen angebracht. Zwischen oberstem und unterstem Bodenbalken ist die Mittelfuge durch breitere, rechteckige Holzbeläge quer zu dieser verstärkt. An der Decke ist ein ovales Stimmstockfutter neueren Datums eingesetzt. Baßseitig neben dem eingeleimten Baßbalken sind zur Sicherung der Decke Stützklötzchen abwechselnd mit Papierstreifen aus neuerer Zeit sichtbar. Ebenso dürften die harten, weißlichen Beläge, die zur Sicherung der Rißbildungen an Boden und Zargen aufgelegt wurden, eine spätere Ergänzung eines Restaurators sein (vgl. Inv.Nr. 1). Gesamt L: 1145 (1182) Decke L: 650 B: 320 / 240 / Unterbügel zwei Maße: 380 / 340 Wölbungshöhe Decke (max.): um 30 Randüberstand Decke: 4 Decke S: I) 4,0-5,5 II) 1,4-2,0 III) 2,0 IV) 2,4-2,7 V) 3,5-3,8 Deckenmensur: 365 Schallöcher: L 130, A oben 185, A unten 305 Zargen H: 90 / 110 / 110 / 108 Zargen S: 1,1-1,7 Boden L: 665; unterer Rand bis Knick: 555 Boden: geknickt um 13° Randüberstand Boden: 3 Boden S: I) 2,5 II) 2,5 III) 2,1-2,6 IV) 2,3-2,5 MONTURTEILE: Hals und Wirbelkasten: aus Ahorn. Der Überstand des Halsstocks auf der Decke läßt auf einen in den Oberklotz eingelassenen Hals schließen. Sorgfältig geschnitzter, rundlicher Löwenkopf mit eingesetzter Zunge aus Elfenbein (?), die aus dem mit 2 Zahnreihen zu je 10 Zähnen bestückten Maul herausragt; das Maul ist großräumig geschwärzt, und im Bereich der Zahnreihen sind Reste roter Farbe erkennbar; Kopf möglicherweise angeschäftet (obwohl keine Schaftspuren offensichtlich sind, läßt der gerade abgeschnittene Abschluß der Löwenmähne an den Wirbelkastenseitenwänden Zweifel an einer Einheit von Wirbelkasten VIOLE DA GAMBA - INV.NR. 2 36 und Kopf aufkommen). Wirbelkastenwände aufgedoppelt. 1 Wirbelloch ausgebuchst und neu gebohrt. 6 Wirbel aus Palisander. Keine Bünde vorhanden. Halsmensur: 295 (305) Hals S: 30 / 32 / 35 Wirbelkasten L: 226 Wirbelkasten B innen: 17...34, außen: 36...47 Kopf B: 46 Griffbrett und Obersattel: Ebenholz. Griffbrett L: 552 Griffbrett B: 50...60 Steg: Ahorn. B / S / H: 90 / 10 / 87 Untere Saitenbefestigung: schwarz lackierter, geschweifter Saitenhalter, der mit einer Darmschlinge an einem Hohlknopf aus Palisander befestigt ist. Weit in die Unterzarge hineinreichender Untersattel aus Ebenholz. Saitenhalter L: 220 Saitenhalter größte B / kleinste B: 75 / 29 Untersattel B: 68 Besaitung: 6 Saiten, davon derzeit die fünf oberen aus Darm und die unterste metallumsponnen. Stimmung: D-G-c-e-a-d’. Mit Bleistift ist diese Stimmung auf der dem Spieler zugewandten Seite des Steges unterhalb der jeweiligen Saiten vermerkt (vgl. Inv.Nr. 1); der Tonbuchstabe für die oberste Saite (d’) fehlt. Schwingende Saitenlänge: 672 ÜBERZUG: Mittelbrauner Öllack mit großflächigen, dunkelbraunen Retuschen an Decke, Boden und Zargen. ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN: Starker Wurmbefall besonders an Boden und Kopf; teilweise sind die Wurmlöcher ausgekittet. Mehrere Rißreparaturen an Decke, Boden und Zargen; offene Risse an Boden und Zargen. Eingesetztes Zargenstück an baßseitiger Unterzarge. Baßseitig neben dem Saitenhalter ist die Decke mit einem Holzspan aus grobjähriger Fichte ausgeflickt; in diesem Bereich wurde auch die Randeinlage der Decke erneuert. Die Deckenwölbung ist im Bereich des Steges weiträumig deformiert. Hals, Wirbel, Griffbrett, Steg, Knopf und Saitenhalter neuzeitlich ergänzt; Kopf wahrscheinlich ebenfalls nicht original zugehörig. PROVENIENZ: Aus der Sammlung H. Schumacher. Laut den Angaben in seinem Fundortkatalog (S. 21) hat Schumacher diese Viola da gamba im „Ausland“ erworben. Die Zuschreibung des vorliegenden Instruments an Ernst Busch (um 1590 - 1648) in Nürnberg1 muß als sehr zweifelhaft angesehen werden, da weder die äußerlichen Merkmale wie Umriß, Löwenkopf und Schallochform noch die Innenkonstruktion mit Buschs Instrumenten übereinstimmt.2 Das augenfälligste Merkmal dieser Baß-Viola da gamba ist sicherlich ihr geschweifter Umriß. Derartige barocke Umrißformen mit ein oder mehreren Einschnürungen lassen sich im 17. und 18. Jahrhundert vor allem sowohl in Süddeutschland bzw. Italien als auch in Norddeutschland und England nachweisen. Die vorliegende Schallochform mit der unteren 1 2 Vgl. H. Schumacher: Handschriftlicher Katalog, S. 89 und Vannes 1956, S. 16. Zur weiteren Abgrenzung vgl. Martius/Schulze 1991, S. 145-183. VIOLE DA GAMBA - INV.NR. 2 37 F-Lochmündung scheint jedoch nicht typisch englisch zu sein, sondern eher aus dem kontinentalen, mitteleuropäischen traditionellen Gambenbau zu stammen.1 Diese Annahme wird durch die Existenz einer Baß-Viola da gamba2 von Thomas Edlinger (Augsburg) aus dem Jahre 1673 gestützt, die nicht nur dieselbe Schallochform wie vorliegende, anonym überlieferte Gambe, sondern auch den gleichen geschweiften Corpusumriß aufweist. Zusammen mit den ebenfalls grob übereinstimmenden Corpusmaßen sprechen diese Analogien für eine Herkunft des fraglichen Instruments aus dem süddeutschen Raum und machen eine Einordnung in das Umfeld Thomas Edlingers aus Augsburg wahrscheinlich. LITERATUR: - Schumacher: Handschriftlicher Katalog, Nr. 62, S. 89. Fundortkatalog Nr. 62, S. 21. - Vannes 1956, Nr. 77, S. 16. - Martius/Schulze 1991, S. 163 bzw. S. 170f. BILDNACHWEIS: Von li. nach re. bzw. von oben nach unten: Vorder-, Seiten-, Rückgesamtansicht, Wirbelkasten mit Kopf, Schalloch. 1 Freundliche mündliche Auskunft von Thomas Drescher (Basel) am 23.09.00. Ausgestellt in der Ueno Gakuen collection in Tokio, Inv.Nr. 3. Vgl. Catalogue of the european musical instruments of the XVIIth, XVIIIth and XIXth centuries in the Ueno Gakuen collection, S. 21f. u. 151. 2 VIOLE DA GAMBA - INV.NR. 2 38 VIOLE DA GAMBA - INV.NR. 39 3 Inv.Nr. 3 Baß-Viola da gamba (7 Saiten) René Imber, Lyon, 1707 SIGNATUR: Handgeschriebener Zettel: René Imber a Lyon // 1707. CORPUS: Gambencorpus standardisierter Form. Decke: obere Corpuspartie aus 5, die untere aus 7 Spänen zusammengesetzt. Späne aus Fichte mit mittelbreiten, teilweise welligen Jahresringen. Flache, durch Biegen der Späne entstandene Wölbung mit breitem Rücken, ohne Hohlkehle. Einfache dreispänige Randeinlage, die an einigen Stellen nachgebessert wurde und am baßseitigen Unterbügel ganz fehlt. C-Löcher. Zargen: eng- bis weitgeflammter Ahorn in Radialschnitt. Unterzarge zweiteilig. Boden: zweiteilig. Enggeflammter Ahorn in Radialschnitt. Flach, im oberen Teil abgeknickt. Keine Randeinlage vorhanden. Blatt mit dachartigem Abschluß. Zur Innenkonstruktion: Flacher, halbrunder Oberklotz, an den Seiten mit Leinenstreifen verklebt. Hals-Oberklotz-Verbindung doppelt genagelt. Ungewöhnlich kleiner, aber originaler Unterklotz, eckig und an den Kanten abgeschrägt. Im Boden je 1 Paßstift am Ober- bzw. Unterklotz. Bodenfuge mit einem in den Oberklotz eingesetzten und am Unterklotz stumpf endenden Längsbalken belegt, der für das die ganze Corpusbreite einnehmende Stimmstockbrett unterbrochen ist. Bodenquerbalken auf Knickhöhe, für den Längsbalken eine Auslassung aufweisend. Dünne, abgerundete Deckenreifchen. Anstelle von Bodenreifchen und Eckverstärkungen sind Leinenbeläge eingeklebt. Deckenfugen mit Pergamentstreifen gesichert. Risse in Decke und Boden ebenfalls mit Pergament bzw. in einem Fall mit rechteckigem Klötzchen belegt. Neuer, großer Baßbalken eingeleimt. Gesamt L: 1240 (1280) Decke L: 690 B: 322 / 240 / 390 Wölbungshöhe Decke (max.): um 26 Decke S: I) 2,5 II) 1,5-1,8 III) 2,5-3,2 IV) 1,3-1,9 V) 2,2-2,6 Deckenmensur: 375 Schallöcher: L 110, A oben 167, A unten 280 Zargen H: 90 / 130 / 133 / 134 Zargen S: 0,9-1,4 Boden L: 735; unterer Rand bis Knick: 580 Boden: geknickt um 26° Boden S: I) 1,5 II) 1,2 III) 1,2 IV) 1,2-1,4 MONTURTEILE: Hals und Wirbelkasten: sehr flacher Hals aus Hartholz, der an beiden Seiten mittels zweier Ansätze verbreitert worden ist. Zwischen Bodenblatt und vorderem Halsstock ist ein Zwischenstück eingesetzt (s. Abb.). Sorgfältig geschnitzter Greisenkopf mit dickkrempiger Mütze; die Gesichtszüge sind charaktervoll herausgearbeitet. Wirbelkastenvorderkanten mit Flachschnitzerei (Wappenmusterband ) versehen. 7 Wirbel aus Palisander, von denen 5 in ausgebuchsten Wirbellöchern stecken. Keine Bünde vorhanden. Halsmensur: 325 Hals S: 22 / 24 / 27 Wirbelkasten L: 205 Wirbelkasten B innen: 17...40, außen: 35...58 Kopf B: 51 Griffbrett und Obersattel: geschwärztes Griffbrett, das durch einen Ansatz auf jeder Seite verbreitert wurde. Obersattel aus Ebenholz. Griffbrett L: 460 Griffbrett B: 51...78 Steg: Ahorn. Angesetzte Fußstücke zur Erhöhung des Steges aus Ahorn. Auf Stegrückseite mit Bleistift „Saitenhalter“ notiert. VIOLE DA GAMBA - INV.NR. 3 40 B / S / H: 102 / 10 / 90 Untere Saitenbefestigung: Einhängung des schwarz lackierten Saitenhalters in einen ebenfalls geschwärzten Pflock, der mit zwei Nägeln am Unterklotz fixiert wurde, Nägelköpfe abgezwickt. Der Saitenhalter weist 9 Löcher (in 2 Reihen angeordnet) zur Saitenbefestigung auf. Im Pflock bzw. im Unterklotz befindet sich eine Öffnung, die zu Zeiten der Nutzung des Instruments als Violoncello einem Hohlknopf Raum bot. Saitenhalter L: 270 Saitenhalter größte B / kleinste B: 67 / 42 Besaitung: Das Instrument ist mit 3 Darmsaiten und 4 umsponnenen Saiten ausgestattet. Stimmung: A-D-G-c-e-a-d’. Beschriftung des Steges nach oben genannter Stimmung (vgl. Inv.Nr. 1); Buchstabe für die A-Saite nicht notiert. Schwingende Saitenlänge: 705 ÜBERZUG: Dunkelbraun-rötlicher Lack; dieser an der Decke krakeliert und an den Fugen- und Rißreparaturstellen streifenförmig abgewaschen. ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN: Das Instrument ist stark renovierungsbedürftig. Der Stimmstock hat sich gelöst und liegt dem Instrument als externes Teil bei. Kleinere, offene Risse an Decke und Zargen; massivere, zum Teil schon restaurierte Beschädigungen im unteren Corpusteil des Bodens, im Bereich der Bodenfuge und der Abknickung. Das Instrument zeigt deutliche Spuren mehrerer Um- bzw. Rückbauten. Es wurde zwischenzeitlich als Violoncello verwendet,1 worauf heute noch das Vorhandensein eines Hohlknopfloches im Pflock, die Verbreiterung des Griffbretts sowie des Halses und das Ausbuchsen der meisten Wirbellöcher hinweist. Beim Wiedereinrichten zur Viola da gamba wurde nicht nur der Hals samt Wirbelkasten und das Griffbrett beibehalten, sondern auch der Saitenhalter wiederverwendet, indem in diesen lediglich weitere Löcher zur Saitenaufhängung eingebohrt wurden. Trotz eingreifender Veränderungen könnte der Hals (ohne die Seitenansätze) mit dem verkanteten Halsstock original zum Instrument gehörig gewesen sein. Aus welchem Stadium die Verlängerung des Halsstockes durch ein Zwischenstück stammt und welche Funktion dieser Eingriff hatte, läßt sich heute nicht mehr eindeutig rekonstruieren. Vermutlich sollte auf diese Weise der Halsüberstand über der Decke nach vorne vergrößert werden. Nicht erklärbar ist allerdings, daß das Zwischenstück dem Aussehen nach ursprünglich zum Halsstock gehörig erscheint (s. Abb.). PROVENIENZ: Aus der Sammlung H. Schumacher. Im Fundortkatalog (S. 21) desselben ist die Stadt St. Gallen als Erwerbsort vermerkt. René Imber wirkte Anfang des 18. Jahrhunderts in Lyon und ist wohl mit dem bei Vannes2 genannten René Inbert bzw. René Inber identisch. Nähere Angaben über das Leben und Wirken des Geigenbauers können an dieser Stelle nicht gegeben werden, da bis auf die vorliegende Baß-Viola da gamba und eine Tromba marina aus dem Jahre 1715 (Paris, 1 Vgl. Schumacher: Handschriftlicher Katalog, S. 88; Fotoalbum (vgl. Abbildungen S. 11/12, Nr. 61 in dieser Arbeit). 2 Vannes 1951, Bd. I, S. 172, Bd. II, S. 26 u. 125. VIOLE DA GAMBA - INV.NR. 3 41 Sammlung Stephané Dervillé, Nr. 81)1 kein weiteres Instrument erhalten zu sein scheint und auch sonst keine Angaben in den einschlägigen Quellen zu finden waren. Man kann aufgrund der fachmännischen Arbeit, die vorliegende Viola da gamba aufweist, nur vermuten, daß Imber professioneller Geigenbauer war und weitere Instrumente verfertigt hat. Die bautechnischen Elemente des Instruments stimmen mit der charakteristischen französischen, teilweise von den Engländern übernommenen Bauweise im 17./18. Jahrhundert überein: Typisch für französische Gamben ist nicht nur das Hinzufügen einer siebten Saite,2 um den Tonumfang nach unten zu erweitern, sondern auch der Bau mit Pergamentversteifungen an den Fugenverbindungen und auf Gehrung geleimte Zargen anstatt dem Einsetzen von Innenreifchen und Eckklötzen. Einer zeitsparenden, produktiven Bauweise, die aufgrund der steigenden Nachfrage ab dem 17. Jahrhundert, als die englische Gambenmode auch auf Frankreich überzugreifen begann, vielfach praktiziert wurde, war weiterhin die auch hier angewandte Deckenkonstruktion aus mehreren gebogenen Streifen zuträglich. Derartig gefertigte Decken findet man gehäuft bei Zeitgenossen Imbers wieder, wie beispielsweise bei dem Pariser Geigenbauer Michel Collichon (fl. 1666-1693).3 LITERATUR: - Schumacher: Handschriftlicher Katalog, Nr. 61, S. 88. Fundortkatalog Nr. 61, S. 21. - Vannes 1956, Nr. 78, S. 17. - Vannes 1951, Bd. II, S. 26. - König 1985, S. 67/68 u. S. 84-87. 1 Genannt in Adkins/Dickinson 1991, Bd. 1, S. 125. Dort ist der Name René Imbert angegeben. Vannes 1951 (Bd. I, S. 172) ordnet die fragliche Tromba marina jedoch zeitlich ins 16. bis Anfang des 17. Jahrhunderts ein und beschreibt einen zugehörigen Brandstempel, der die Inschrift „Inber, Lyon“ wiedergibt. In einer der frühesten bekannten Quellen über das Instrument (F. Galpin: Mr. Prin and His Trompette Marine. In: Music and Letters XIV, 1933, S. 27), aus der sowohl Adkins/Dickinson als auch Vannes ihre Informationen gezogen zu haben scheinen, taucht der Name Imber Lyon sowie Imbert auf. Weitere klärende Forschungen bezüglich der Namensgebung und des Wirkens dieses Geigenbauers wären wünschenswert, lassen sich in dieser Arbeit jedoch nicht weiter intensivieren. 2 Es wird davon ausgegangen, daß das Instrument schon vor seinem Umbau zum Violoncello mit 7 Saiten ausgestattet war. 3 Vgl. Otterstedt 1994, S. 146ff. VIOLE DA GAMBA - INV.NR. 3 42 BILDNACHWEIS: Von li. nach re. bzw. von oben nach unten: Vorder-, Seiten-, Rückgesamtansicht, Wirbelkasten mit Kopf, Signaturausschnitt, Halsstockkonstruktion, Schalloch. VIOLE DA GAMBA - INV.NR. 3 43 VIOLE DA GAMBA - INV.NR. 44 4 Inv.Nr. 4 Alt-Viola da gamba (5 Saiten) Georg Aman, Augsburg, 1705 SIGNATUR: Druckzettel: Georg Aman, Lauten- // und Geigen-Macher, in // Augspurg, 17 [hs.:] 05 Auf dem Stimmstock ist handschriftlich mit Bleistift der Name „Aman“ vermerkt. CORPUS: Kleineres Altmodell in klassischer Gambenform mit annähernd rechtwinkligen Ecken. Decke: zweiteilig. Fichte mit fein- bis mittelbreiten, sehr regelmäßig verlaufenden Jahresringen. Mittelhohe Wölbung mit deutlich ausgeprägter Hohlkehle. Einfache dreispänige Randeinlage. Wenig geneigte, eng zueinander geschnittene, flammenförmige Schallöcher mit gestieltem Seitenpunkt. Unter dem Griffbrettende ist eine kleine Schallöffnung in Herzform ausgestochen. Zargen: Ahorn in Radialschnitt mit kurzen, unregelmäßigen, überwiegend abgesetzten Flammen. Durchgehender Verlauf der Unterzarge. Eingesetzte Zargenstücke im Unter- bzw. Oberbügel. Boden: aus einem Stück bestehend. Ahorn in Schwartenschnitt mit zu den Rändern hin deutlicher Flammung. Flach und im oberen Corpusbereich schwach abgeknickt. Keine Randader vorhanden. Gekantetes Bodenblatt. Im unteren Corpusteil an beiden Seiten jeweils ein schmaler Streifen angesetzt. Zur Innenkonstruktion: eckiger Oberklotz, darin ein altes Nagelloch mit einem Holzdübel zugesetzt; baßseitig neben dem Oberklotz ist ein Eckklötzchen in voller Zargenhöhe eingesetzt, das zusammen mit einem Paßstift der Ausflickung an der Oberzarge mehr Halt bietet. Trapezförmiger Unterklotz. Im Boden am Oberklotz weiterer Paßstift. Stimmstockbrett, Stimmstockfutter, Eckklötze, eingesetzter, vermutlich originaler Baßbalken, Stimmstock und Innenreifchen vorhanden. Um den Stimmstock ist eine schwarze Schnur mit 2 langen Enden gebunden, die höchstwahrscheinlich im Rahmen einer späteren Restaurierung zur Stimmstockpositionierung im Corpus belassen wurde. Je ein sich an den Enden verjüngender und stumpf an die Bodenreifchen anstoßender Bodenquerbalken im oberen Corpusteil unterhalb der Abknickung und etwa in der Mitte der unteren Corpuspartie. An der Decke im Bereich der Schallöcher, der Stegstelle und des Baßbalkens Verstärkungen durch Pergament- und Holzklötzchenbeläge sichtbar. Partielle Auskleidung der Zargen mit Holzbelägen. Gesamt L: 770 (777) Decke L: 420 B: 210 / 152 / 250 Wölbungshöhe Decke (max.): um 18 Decke S: I) 2,2-2,4 II) 2,2-2,5 III) 1,5-2,0 IV) 1,6-2,1 V) 1,7-3,1 Deckenmensur: 220 Schallöcher: L 100, A oben 95, A unten 158 Zargen H: 46 / 67 / 67 / 68 Zargen S: 1,1-2,1 Boden L: 440; unterer Rand bis Knick: 345 Boden: geknickt um 9° Boden S: I) 3,0 II) 1,9-2,1 III) 2,1-2,2 IV) 1,6-1,7 Herz: 13 x 12; Schallochlage v. o.: 100 MONTURTEILE: Hals und Wirbelkasten: Hals mit Wirbelkasten und Kopf aus Birne. Der Halsfuß ist durch einen etwa 15 mm hohen Sockel erhöht worden; der übrige Hals zeigt sich heute aus mehreren Teilen zusammengestückelt, so daß sich kaum Aussagen über seine ursprüngliche Grundgestalt machen lassen. Zum Wirbelkasten gehörender Löwenkopf mit gescheitelter, langer Mähne, faltigen Gesichtszügen, kräftig ausgeprägter Oberlippe und aus weit geöffnetem Maul herausragender, eingesetzter Zunge. Vorliegender Kopf ähnelt in seiner Gestalt den Löwenköpfen Jacobus Stainers (um 1617-1683). Dieser Zusammenhang ist VIOLE DA GAMBA - INV.NR. 4 45 insofern nicht verwunderlich, als Aman bekannterweise nach einem Stainer-Modell arbeitete1 und daher auch hinsichtlich der Wirbelkastenabschlüsse sein Vorbild nachgeahmt haben kann. In diskantseitiger Wirbelkastenwand keilförmige Ausflickung. 5 Wirbel aus Obstholz (Zwetschge?), wobei der oberste Wirbel dem übrigen Wirbelsatz nicht zugehörig ist. Keine Bünde vorhanden. Halsmensur: 185 Hals S: 23 / 28 / 34 Wirbelkasten L: 160 Wirbelkasten B innen: 8...27, außen: 22...38 Kopf B: 40 Griffbrett und Obersattel: dunkel lackiertes Griffbrett, das eine keilförmige Kontur besitzt und an seiner Unterseite über der Decke 2 Einkerbungen aufweist. Obersattel aus Ebenholz. Griffbrett L: 280 Griffbrett B: 27...54 Steg: Ahorn. B / S / H: 54 / 7 / 50 Untere Saitenbefestigung: Der geschwärzte, seitlich geschweifte Saitenhalter ist in einen ebenfalls geschwärzten Pflock eingehängt, der oberhalb des Unterrandes durch die Decke geführt und in den Unterklotz eingelassen ist. Saitenhalter L: 160 Saitenhalter größte B / kleinste B: 53 / 25 Besaitung: Das Instrument ist für 5 Saiten konzipiert; zur Zeit nur 3 Darmsaiten und 1 umsponnene Saite vorhanden. Stimmung: uneinheitlich. Schumacher gibt in seinem handschriftlichen Katalog (S. 91/92) sowohl für vorliegendes Instrument als auch für Inv.Nr. 5 die Stimmung d/c-g-c’-e’-a’ an, und man findet diese ebenfalls mit Bleistift auf den Stegen notiert wieder (vgl. Inv.Nr. 1). Diese Stimmungsangabe sollte jedoch mit Vorsicht betrachtet und nicht als die alleinig gültige angesehen werden, da Entstehung und Verwendungsgewohnheiten der fünfsaitigen Viole da gamba in dieser Formgestalt bis heute nicht geklärt werden konnten (s.u.) und jene Stimmung in keiner der von der Verfasserin verwendeten Quellen zu finden war. Schwingende Saitenlänge: 408 ÜBERZUG: Rotbrauner, recht spröder Lack, der an vielen Stellen leicht geronnen ist. ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN: Oberste Saite fehlend. Geringer Wurmbefall an Wirbelkasten und Kopf, teilweise ausgekittet. Der Boden ist im Bereich der unteren Corpuspartie geringfügig eingesunken. Die Ausflickungen an Boden, Zargen und Wirbelkasten und die einschneidenden Arbeiten im Halsbereich lassen auf mindestens einen Restaurationsvorgang schließen, im Zuge dessen vermutlich auch Griffbrett und Saitenhalter neu nachgebildet wurden. Möglicherweise wurde das oberste Wirbelloch erst in neuerer Zeit gebohrt. Indizien dafür bieten der von dem übrigen Wirbelsatz in seiner Gestalt abweichende, oberste Wirbel und die unten auffallend gerade endende Mähne des Löwenkopfes, die möglicherweise nachträglich gestutzt wurde, um für einen neuen Wirbel Platz zu schaffen. Das Instrument zeigt sich bis auf kleinere Risse in Boden und Zargen in einem guten Zustand. PROVENIENZ: Das nach Schumachers Tode in den Besitz seiner Geschwister übergegangene Instrument wurde dem Richard-Wagner-Museum von diesen als Leihgabe zur Verfügung gestellt. In 1 Hamma 1986, Bd. I, S. 25. VIOLE DA GAMBA - INV.NR. 4 46 Schumachers Fundortkatalog (S. 8) ist die vorliegende Alt-Gambe in der Kategorie „Privaten, Händlern“ genannt und - wie einige andere Streichinstrumente auch - mit dem Namen „Züst“ versehen. Ob dieser Name Auskunft über den früheren Besitzer des Instruments gibt oder ob hinter dieser Notiz nicht eher ein damals geplanter oder bereits ausgeführter Restaurationsvorgang bei dem Geigenbauer mit diesem Namen steht (vgl. Signatur am Oberklotz von Inv.Nr. 5), muß wohl offen bleiben. Georg Aman ist 1671 in Vils (Tirol) geboren und übernahm die Werkstatt von Georg und Mathias Wörle in Augsburg, wo er zahlreiche Instrumente aller Gattungen schuf. Zum Todesdatum in Augsburg sind in den Quellen keine einheitlichen Angaben zu finden. Die Daten schwanken zwischen 1723 (Vannes 1956, S. 39), 1731 bzw. nach 1731 (Lütgendorff/Drescher 1990 (Ergänzungsband), S. 8; Hamma 1986, Bd. 1, S. 25; Layer 1978, S. 111) und 1734 (Bletschacher 1978, S. 189). Das vorliegende Instrument entspricht mit seiner einteiligen Bodenkonstruktion, der Verwendung von Birnbaumholz im Halsbereich und in seinen Dimensionen den Gewohnheiten Amans.1 Ebenso läßt die Tatsache, daß der Zettel einem Vergleich mit anderen Signierungen standhält,2 kaum Zweifel bezüglich der Authentizität aufkommen. Problematisch allerdings erscheint die Einordnung der vorliegenden fünfsaitigen Alt-Viola da gamba hinsichtlich anderer Gestaltungsmerkmale: Während die Länge des Halses auf die übliche Spielweise der Viole da gamba in Beinhaltung abgestimmt ist, schließt die Formgebung und die relativ niedrige Zargenhöhe ein Spiel auf dem Arm nicht aus. Des weiteren fällt - wie auch bei Inv.Nr. 5 - die runde, violinähnliche Ausarbeitung des Halses auf, die für das Anbringen von Darmbünden doch eher ungeeignet erscheint, da diese sofort rutschen würden. Ähnliche Merkmale weisen acht Instrumente Joachim Tielkes auf (lediglich insgesamt etwas kleiner mensuriert), dessen Einordnung von Kinsky 1912 (S. 429ff.) und van der Meer 1972 (S. 547-555) als eine frühe Form der Viola d’amore ohne Resonanzsaiten vorgeschlagen wurde. Van der Meer ordnet, nach einem intensiven Studium verschiedener Schriften zwischen 1679 und 1738, auch andere fünf- bis sechssaitige gambenartige Instrumente in dieser Größe mit relativ niedrigen Zargen aus dem Zeitraum von Mitte des 17. bis Mitte des 18. Jahrhunderts diesem Typ zu. Jene Vermutung impliziert jedoch, daß die fraglichen Instrumente auf dem Arm gespielt wurden und mit überwiegend metallenen Saiten bezogen waren. Für die von Kinsky und van der Meer angebrachte These würden bei den vorliegenden Instrumenten der bundfreie Hals und die für Alt-Gamben eher niedrige Zargenhöhe sprechen. Die Metallsaiten könnten im Laufe der Jahrhunderte gegen Darmsaiten ausgewechselt worden sein. Dennoch sei an dieser Stelle mitgeteilt, daß sowohl Inv.Nr. 4 als auch Inv.Nr. 5, aufgrund ihrer Ausmaße, auf dem Arm sehr unbequem zu handhaben sind,3 was zwar keinen endgültigen Beweis für die Viole da gamba-Spielweise zwischen den Knien darstellt, die Ergebnisse van der Meers bezogen auf vorliegenden Fall aber eher zweifelhaft erscheinen läßt. Wie einige erhaltene Instrumente beweisen (darunter auch die beiden vorliegenden Exemplare), war die Herstellungsweise derartiger fünfsaitiger Gamben auch im süddeutschen Raum nicht unbekannt. Es sei hier zusätzlich auf zwei weitere Instrumente verwiesen, die in ihren Größenverhältnissen mit den besprochenen Objekten vergleichbar sind und hinsichtlich ihrer richtigen Benennung auch einige Schwierigkeiten aufgeben dürften: Zum einen ist das das vermutlich in Augsburg entstandene Instrument von Mathias Hummel (fl. 1681-1715) aus der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts, welches im Katalog4 als Diskant-Viola da gamba 1 Vgl. Piegendörfer 1895, S. 8/9. Vgl. Hamma 1986, Bd. 1, S. 26; Layer 1978, S. 184; de Wit 1910, Bd. 1, Tafel 1; Lütgendorff 1904, S. 11. 3 Auch Schumacher, der die Instrumente in Konzerten eingesetzt hat, bemerkt in seinem Fotoalbum, daß Inv.Nr. 4 u. 5 in Beinhaltung gespielt wurden. 4 Brenner 1989, S. 14, Inv.Nr. 370. 2 VIOLE DA GAMBA - INV.NR. 4 47 aufgenommen ist; zum anderen die auf das Jahr 1696 datierte Alt-Gambe des Münchner Instrumentenmachers Rudolph Höß (um 1650-um 1710).1 Um die hier angesprochenen Fragen bezüglich Funktion, Benennung und Spielweise der fünfsaitigen Alt-Viole da gamba zu klären, wird in Zukunft noch gründliche Forschungsarbeit zu leisten sein. LITERATUR: - Schumacher: Handschriftlicher Katalog, Nr. 64, S. 91. Fundortkatalog Nr. 64, S. 8. - Vannes 1956, Nr. L4, S. 39. - Piegendörfer, S. 8f. BILDNACHWEIS: Von li. nach re. bzw. von oben nach unten: Vorder-, Seiten-, Rückgesamtansicht, Wirbelkasten mit Kopf, Schallöcher. 1 Otto/Adelmann 1975, S. 109, Inv.Nr. 4524. VIOLE DA GAMBA - INV.NR. 4 48 VIOLE DA GAMBA - INV.NR. 49 5 Inv.Nr. 5 Alt-Viola da gamba (5 Saiten) vermutlich Hermann Joseph Stoß, Augsburg, 1718 SIGNATUR: Handgeschriebener Zettel1: Joseph Stoß laude, // und geig Macher zu // Augsburg ao 1718 Am Oberklotz gedruckter Reparaturzettel: J. K. ZÜST jun. ST. GALLEN // Geigenmacher und Reparateur // 26 AUG. 92 // Specialität: ächt ital. Saiten & // Alte ächt ital. Instrumente Auf der diskantseitigen Innenseite der Decke ist eine weitestgehend unleserliche Signierung mit Bleistift vorgenommen worden, bei der es sich aber, dem zu entziffernden Wortlaut nach zu urteilen [...Züst...St. Gallen...1892...], ebenfalls um einen Vermerk des oben genannten Geigenbauers Züst handeln muß. Handgeschriebener Reparaturvermerk mit Bleistift an baßseitiger Unterzarge: Repariert Hermann Seyffarth // Leipzig - Gohlis 1903 CORPUS: Gambencorpus klassischer Formgebung mit vollem Unterbügel, oben und unten annähernd rechtwinkligen Ecken und lang herausgezogenem Blatt. Ungewöhnlich kurzer Hals. Decke: zweiteilig. Fichte mit sehr feinen, nur baßseitig zum Rand hin breiter werdenden Jahresringen. Nach ausgeprägter Hohlkehle steigt die Wölbung rasch aufwärts und bildet oben einen breiten Rücken. Gemalte einlinige Randader. Flammenförmige Schallöcher mit gestieltem Seitenpunkt. Unterhalb des Griffbrettendes befindet sich eine sorgfältig geschnitzte, eingesetzte Holzrosette, die ein symmetrisch angelegtes Gittermuster darstellt, das in der Mitte einen Stern bildet und zu den Rändern hin von einem Rankenornament durchzogen ist. Zargen: Ahorn in Radialschnitt mit kurzer, unregelmäßiger und überwiegend abgesetzter Flammung. Unterzargenverlauf durchgehend. Boden: zweiteilig. Ahorn in Radialschnitt mit regelmäßigen, von der Mitte aus schräg abwärts verlaufenden Flammen. Flach, mit hochsitzender Abknickung. Keine Randeinlage vorhanden. Der Boden läuft in ein langes, annähernd verrundetes Blatt aus. Zur Innenkonstruktion: Eckiger, an den Kanten abgeschrägter Oberklotz, auf dem das Etikett von Züst geklebt ist (s. Signatur); Oberklotz als separates Teil mit dem Halsstock verbunden. Halbrunder Unterklotz, der mit dem Knopf verdübelt ist. Die Decke ist mit je 1 Paßstift am Ober- und Unterklotz, der Boden mit 2 Stiften auf der Höhe des Blattes fixiert; ebenso sind die Zargen baß- und diskantseitig durch Paßstifte mit dem Oberklotz verbunden. Stimmstockbrett, Baßbalken, Innenreifchen, Eckklötze und Stimmstock vorhanden. Die Bodenfuge ist mit 8 quadratisch zugeschnittenen, kleinen Fichtenbelägen gesichert. Je ein Bodenquerbalken im oberen bzw. unteren Corpusteil sowie auf Höhe der Rosette, wobei der mittlere Balken wahrscheinlich original ist, die äußeren, sich an den Enden verjüngenden Verstärkungen jedoch nachträglich eingesetzt wurden. Gesamt L: 768 (780) Decke L: 460 B: 215 / 150 / 275 Wölbungshöhe Decke (max.): um 18 Decke S: I) 2,5 II) 2,7-3,2 III) 2,7-3,2 IV) 2,0-2,7 V) 2,4-2,6 Deckenmensur: 241 Schallöcher: L 92, A oben 94, A unten 180 1 Zargen H: 55 / 77 / 75 / 76 Zargen S: 0,8-1,4 Boden L: 474; unterer Rand bis Knick: 390 Boden: geknickt um 15° Boden S: I) k.M. II) 2,2-2,6 III) 2,4-2,5 IV) 2,3-2,5 Rosette: 45; Schallochlage v. o.: 122 Abgebildet bei de Wit 1910, Bd. II, Taf. 34, Nr.395. Anstatt „Augsburg“ hier jedoch „Günzburg“ gelesen. VIOLE DA GAMBA - INV.NR. 5 50 MONTURTEILE: Hals und Wirbelkasten: auffallend kurzer Hals mit Wirbelkasten und Schnecke sowie die Wirbel aus Obstbaumholz gefertigt. Den Wirbelkasten krönt ein mit üppig-lockigem Langhaar ausgestatteter Frauenkopf, dessen Augen mit einem Tuch oder einer Haarsträhne verbunden sind. Der Frauenhals ist mit einer mehrgliedrigen Kette geschmückt. Unmittelbar unterhalb des Kopfes auf der Wirbelkastenhinterwand ist ein muschelartiges Schnitzwerk sichtbar. Keine Bünde vorhanden. Halsmensur: 152 Hals S: 23 / 29 / 36 Wirbelkasten L: 167 Wirbelkasten B innen: 11...28, außen: 23...40 Kopf B: 40 Griffbrett und Obersattel: keilförmig geschnittenes, über der Decke einfach geschwungenes Griffbrett aus Laubholz, dem unter Wiederverwendung eines alten, schwarz lackierten Mittelteils schmale Ebenholzansätze an den Längsseiten angefügt wurden. Zwischen Hals und Griffbrett 2 Keile aus Ebenholz geschoben. Obersattel aus Ebenholz. Griffbrett L: 280 Griffbrett B: 30...57 Steg: Ahorn. B / S / H: 59 / 6 / 42 Untere Saitenbefestigung: Saitenhalteraufhängung mittels Darmsaitendurchzug an einem Sattelknopf. Saitenhalter geschwärzt und seitlich geschweift. Saitenhalter L: 155 Saitenhalter größte B / kleinste B: 52 / 25 Untersattel B: 50 Besaitung: 5 Saiten, davon 4 aus Darm und 1 metallumsponnen. Stimmung: uneinheitlich. Auch hier soll auf eine Stimmungsangabe verzichtet werden (vgl. Inv.Nr. 4), da in den überlieferten Quellen stark differierende Angaben vorzufinden sind. Ferner sind des öfteren mehrere Möglichkeiten der Stimmung angegeben, so daß zu vermuten ist, daß damals noch keine feste Stimmung (und wohl auch keine feste Stegposition) existiert hat und das Instrument jeweils den musikalischen Erfordernissen angepaßt worden ist. Es sei hier lediglich auf die Stimmung d/c-g-c’-e’-a’ verwiesen, die wiederum mit Bleistift auf der Oberseite des Steges festgehalten ist (vgl. Inv.Nr. 1), allerdings wohl eher einen Stimmvorschlag aus neuerer Zeit darstellt. Da diese Stimmung praktikabel erscheint, ist anzunehmen, daß sie auch in den von Schumacher erwähnten musikhistorischen Konzerten Verwendung fand und sich dort bewähren konnte.1 Bemerkenswert erscheint an diesem Instrument der kurze, stark gerundete Hals (ebenfalls zu rund, um sinnvoll Bünde ansetzen zu können; vgl. Inv.Nr. 4), der mit seiner geringen Länge eventuell die für eine Alt-Gambe recht große Corpusmensur kompensieren sollte, damit eine bestimmte Saitenlänge nicht überschritten wird und eine höhere Stimmung beibehalten werden konnte. Aufgrund dieser Merkmale (kurzer violinartiger Hals; moderate Zargenhöhe) kann auch hier eine intendierte Armhaltung und damit eine Zuordnung zu den Armviolen und speziell zu den Viole d’amore des alten Typs (vgl. Inv.Nr. 4) nicht ausgeschlossen werden. Schwingende Saitenlänge: 398 ÜBERZUG: Zargen und Boden mit rötlich-braunem Lack überzogen; die Decke ist hellbraun lackiert. 1 Vgl. S. 6ff. in dieser Arbeit. VIOLE DA GAMBA - INV.NR. 5 51 ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN: Das Instrument weist an Zargen und Kopf Risse auf. Bodenfuge teilweise offen; Boden zusätzlich leicht eingesunken. Retuschen an früheren Schadstellen sichtbar. Deutliche Restaurierungsmaßnahmen am ganzen Instrument (besonders im Bereich des Halses, der Saitenhalteraufhängung und des Steges; die Lackabnutzung im Stegbereich läßt auf einen häufigen Positionswechsel des Steges schließen). Der Hals könnte original sein, alle anderen Monturteile sind jedoch mit Sicherheit im Laufe der Zeit ersetzt worden. Die 5 Wirbel aus Zwetschge (?) gleichen in Form und Material exakt dem obersten, ersetzten Wirbel der Alt-Gambe von Georg Aman (Inv.Nr. 4). Dieser Befund legt trotz der ab dem 19. Jahrhundert einsetzenden Verbreitung von maschinell gefertigten Einheitsersatzteilen nahe, daß der gleiche Restaurator (in diesem Fall aufgrund vorhandener Signierungen J.K. Züst oder H. Seyffarth) an beiden Alt-Gamben gearbeitet hat. Die Rosette paßt ihrem Aussehen nach eher ins 19. oder 20. Jahrhundert und könnte demnach ausgetauscht worden sein. Griffbrett in den unteren Lagen deutlich abgenutzt. PROVENIENZ: Aus der Sammlung H. Schumacher. Laut Fundortkatalog (S. 3) hat Schumacher dieses Instrument im Kapuzinerkloster St. Maria in Wattwil erstanden. Das Instrument dürfte dem Füssener Instrumentenbauer Hermann Joseph Stoß (geb. um 1682 in Bernbeuren, gest. 1765 in Füssen) zuzuschreiben sein, mit dem die Füssener Linie der berühmten Geigenbauerfamilie Stoß beginnt. Schumacher gibt in seinem Handschriftlichen Katalog (S. 92) den Namen „Joseph Stoßländer“ an, was wohl auf einen Lesefehler seinerseits zurückzuführen ist, der in der Literatur aber leider weitläufig übernommen wurde. Ebenso hartnäckig scheint sich die Annahme zu halten, daß neben der vorliegenden, in Augsburg geschaffenen Viola da gamba aus dem Jahre 1718 ein weiteres Instrument des oben genannten Meisters existiert, das im gleichen Jahre in Günzburg bzw. Obergünzburg1 entstanden sein soll. Ursache dieser Fehlannahme ist die de Witsche Veröffentlichung des Augsburger Zettels, aus dem versehentlich die Ortsangabe „Günzburg“ gelesen wurde. Seitdem wird H. J. Stoß ein vorübergehender Aufenthalt in Günzburg/Obergünzburg zugeschrieben, obwohl dort sonst nichts über ihn auszumachen ist. Allerdings konnte bisher auch für Augsburg nicht belegt werden, daß Stoß dort jemals tätig war.2 Da Stoß im Jahre 1705 das Füssener Bürgerrecht erwarb, ist es zudem unwahrscheinlich, daß er sich für längere Zeit in Augsburg aufgehalten hat. Es kann deshalb nicht ausgeschlossen werden, daß es sich bei dem fraglichen Zettel um eine Fälschung handelt. LITERATUR: - Schumacher: Handschriftlicher Katalog, Nr. 65, S. 92. Fundortkatalog Nr. 65, S. 3. - Vannes 1956, Nr. 79, S. 17. - de Wit, Bd. II, Taf. 34, Nr. 395. 1 Beide Ortsangaben sind zu finden, wobei eine Analogie nicht vorausgesetzt werden kann, da Obergünzburg nicht unbedingt zu Günzburg a. d. D. gehört, sondern eine eigenständige kleine Stadt im Ostallgäu zwischen Kempten und Kaufbeuren ist. 2 Die Suche im Stadtarchiv Augsburg in den Steuerbüchern der Jahre vor 1718 (die Bücher ab 1718 sind leider verschollen), in den Beisitz-Aufnahme-Verzeichnissen, den Bürgeraufnahme-Büchern und in den Aufenthaltsconsens-Listen blieb bisher erfolglos. Ebenso war im fraglichen Zeitraum kein bischöfliches Dienstverhältnis in Augsburg nachzuweisen. VIOLE DA GAMBA - INV.NR. 5 52 BILDNACHWEIS: Von li. nach re. bzw. von oben nach unten: Vorder-, Seiten-, Rückgesamtansicht, Wirbelkasten mit Kopf, Rosette, Schalloch. VIOLE DA GAMBA - INV.NR. 5 53 VIOLE DA GAMBA - INV.NR. 54 6 Inv.Nr. 6 Pardessus de viole (6 Saiten) Jean Christophe Cousin / Johann Christoph Vetter, Straßburg, 1741 SIGNATUR: Handgeschriebener Zettel1: Jean Christophe Cousin // à Strasbourg 1741 // Johañ Christoph Vetter // in Straßburg CORPUS: Gambenförmiges Corpus mit hohen Zargen und breitem Hals. Decke: zweiteilig. Feinjährige Fichte. Mittelhohe Wölbung, im Mittelbügel leichte Hohlkehlung aufweisend. Einspänige Randeinlage. Weiträumige C-Löcher. Zargen: Ahorn in Radialschnitt mit leichten, regelmäßigen Flammen. Unterzarge aus 2 Teilen bestehend. Boden: zweiteilig, mit einfacher Trennungsader aus Ebenholz in der Bodenmitte. Ahorn mit schwacher und unregelmäßiger Flammung. Flach, mit Abknickung im oberen Teil. Keine Randeinlage vorhanden. Blatt mit dachartigem Abschluß. Zur Innenkonstruktion: eckiger, an den Kanten abgeschrägter Oberklotz. Halbrunder Unterklotz. Beide Klötze sind an den Unterkanten mit Leinenstreifen verstärkt. Stimmstock, Baßbalken, Eckklötze, Innenreifchen und Stimmstockbrett vorhanden. Aus den Bodenreifchen ist ein Stück herausgebrochen. Bodenfuge mit einer Holzleiste verstärkt. Deckenfuge und Kante bei der Abknickung mit Leinenverstärkungen geschützt. Stimmstockfutter aus weißlichem, harten Belag (vgl. Inv.Nr. 1 u. 2). Gesamt L: 570 (585) Decke L: 317 B: 148 / 111 / 189 Wölbungshöhe Decke (max.): um 15 Decke S: I) 1,6-1,8 II) 1,3 III) 1,5-1,7 IV) 1,2-1,5 V) 1,2-1,7 Deckenmensur: 165 Schallöcher: L 70, A oben 68, A unten 130 Zargen H: 50 / 67 / 67 / 68 Zargen S: 0,8-1,1 Boden L: 330; unterer Rand bis Knick: 270 Boden: geknickt um 15° Boden S: I) k.M. II) 1,6-1,7 III) 1,5-1,7 IV) 1,5 MONTURTEILE: Hals und Wirbelkasten: flacher Hals mit Wirbelkasten und Schnecke aus einem Stück Obstholz. Der gekantete Halsfuß wurde dem Hals separat angesetzt, im vorderen Bereich ist er unter dem Griffbrett mit einem halbrunden Klötzchen, das mit einem Paßstift gesichert wurde, versehen. Sorgfältig gestochene Schnecke mit hohem Scheitel und gekehlten Windungen; Hohlkehlung auch an der Wirbelkastenrückseite. 6 Wirbel aus Palisander. Keine Bünde vorhanden. Halsmensur: 130 Hals S: 15 / 17 / 20 Wirbelkasten L: 113 Wirbelkasten B innen: 11...36, außen: 20...41 Schnecke B: 35 Griffbrett und Obersattel: Griffbrett mit einem Furnier aus Birne (?) überzogen. Obersattel aus Ebenholz. Griffbrett L: 227 Griffbrett B: 41...58 Steg: Ahorn. B / S / H: 55 / 7 / 48 Untere Saitenbefestigung: Über die gesamte Unterzarge in den Unterklotz ist ein geschwärzter Pflock eingesetzt, der mit dem Saitenhalter aus Ebenholz verbunden ist. 1 Abgebildet bei de Wit 1910, Bd. II, Taf. 6, Nr. 56. VIOLE DA GAMBA - INV.NR. 6 55 Saitenhalter L: 120 Saitenhalter größte B / kleinste B: 57 / 19 Besaitung: 6 Saiten vorgesehen, davon derzeit 4 Darmsaiten und 1 metallumsponnene Saite vorhanden. Stimmung: g-c’-e’-a’-d’-g’’ (nach Dolmetsch 1964, S. 27) Schumacher zieht in seinem Handschriftlichen Katalog (S. 95) die Stimmung d-g-c’-e’-a’-d’’ in Betracht, die für das Pardessus de viole jedoch nicht in Frage kommt. Die Stimmung Schumachers ist bei diesem Instrument ebenfalls mit Bleistift auf dem Steg festgehalten (vgl. Inv.Nr. 1). Schwingende Saitenlänge: 298 ÜBERZUG: Gut erhaltener Firnis in braungelber Farbe. ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN: Die unterste Saite fehlt. Das Instrument ist bis auf einen kleinen Riß am diskantseitigen Schalloch und eine geringfügige Deformation des Bodens im Bereich der Stimmstockposition gut erhalten. Das Griffbrett ist besonders diskantseitig sichtbar abgegriffen. ZUBEHÖR: Laut Vannes 1956 (S. 17) ist dem Instrument ein Bogen zugehörig. Leider läßt sich heute nicht mehr ermitteln, welcher Bogen aus der Sammlung Schumachers gemeint ist, da auch die Ausstellungsanordnung im Museum in dieser Hinsicht keine Rückschlüsse zuläßt. PROVENIENZ: Aus der Sammlung H. Schumacher. Im Zusammenhang mit diesem Instrument nennt Schumacher in seinem Fundortkatalog (S. 8) die Stadt St. Gallen als Erwerbsort. Der in Straßburg lebende Geigenbauer Jean Christophe Cousin wurde gegen Ende des 17. Jahrhunderts geboren und starb dort 1761. Er war als guter Lauten- und Geigenmacher bekannt und nannte sich in deutscher Sprache Johann Christoph Vetter. Auf seinen handgeschriebenen Zetteln sind stets beide Namen verzeichnet.1 LITERATUR: - Schumacher: Handschriftlicher Katalog, Nr. 66, S. 94/95. Fundortkatalog Nr. 66, S. 8. - Vannes 1956, Nr. 80, S. 17. 1 Vgl. Vannes 1951, Bd. I, S. 378. VIOLE DA GAMBA - INV.NR. 6 56 BILDNACHWEIS: Von li. nach re. bzw. von oben nach unten: Vorder-, Seiten-, Rückgesamtansicht, Wirbelkasten mit Schnecke, Schalloch. VIOLE D’AMORE - INV.NR. 57 7 Viole d’amore Inv.Nr. 7 Viola d’amore (6 Spiel- und 6 Resonanzsaiten) Deutschland, 18. Jahrhundert SIGNATUR: Keine Signatur vorhanden. CORPUS: Klassisches Gambencorpus mit ebenmäßig gerundeten Umrißlinien in feiner Ausführung. Zierlicher oberer und voller unterer Teil, am Mittelbügel fast rechtwinklige Ecken. Decke: zweiteilig. Fichte mit überwiegend mittelbreiten Jahresringen. Mittelhoch gewölbte Decke mit geringer, in den Mittelbügeln deutlich verstärkter Hohlkehle, von da aus steigt die Wölbung rasch aufwärts und bildet oben einen breiten Rücken. Einfache dreispänige Randeinlage. Steil gesetzte flammenförmige Schallöcher mit kleinem, gestieltem Seitenpunkt. Zargen: schwach geflammter Ahorn in Radialschnitt, die Zargenstücke des Mittelbügels aus Ahorn in Schwartenschnitt. Unterzarge einteilig. Boden: einteilig. Ahorn mit schwacher, schräg aufwärts verlaufender Flammung. Flach, im oberen Corpusteil abgeknickt. Rundes Bodenblatt. Keine Randader vorhanden. Zur Innenkonstruktion: eckiger Oberklotz, an dem keine Nagelung sichtbar ist. Unterklotz halbrund; Knopf durch Unterklotz getrieben, so daß das Ende innen sichtbar ist. Decke mit 1 Paßstift am Unterklotz fixiert. Eckklötze, Baßbalken, Stimmstockbrett, Innenreifchen vorhanden. Bodenbebalkung in Form von einem Balken unterhalb der Abknickung und einem im unteren Corpusteil. Bodenknick mit einem Pergamentstreifen stabilisiert. Belag der Deckenfuge mit Klötzchen in Rautenform. Gesamt L: 765 (778) Decke L: 390 B: 192 / 127 / 242 Wölbungshöhe Decke (max.): um 16 Decke S: I) 2,5-2,7 II) 1,0-1,5 III) 1,2-1,7 IV) 1,7-2,4 V) 2,2-2,8 Deckenmensur: 200 Schallöcher: L 91, A oben 74, A unten 134 Zargen H: 43 / 57 / 57 / 59 Zargen S: um 1 Boden L: 405; unterer Rand bis Knick: 310 Boden: geknickt um 10° Boden S: I) k.M. II) 2,5 III) 2,7-2,8 IV) 2,5 MONTURTEILE: Hals und Wirbelkasten: Hals mit Wirbelkasten und Schnecke aus Ahorn. Sorgfältig gestochene, auffallend breite Schnecke. Offener Wirbelkasten, in dem 12 geschwärzte Wirbel stecken. Wirbelsatz nicht einheitlich. Die Resonanzsaiten erreichen über einen knöchernen, in die offene Rückwand des Wirbelkastens eingelegten Führungssattel hinterzügig ihre Wirbel im oberen Teil des Wirbelkastens. Halsmensur: 156 Hals S: 24 / 29 / 36 Wirbelkasten L: 230 Wirbelkasten B innen: 9...25, außen: 19...31 Schnecke B: 47 Griffbrett und Obersattel: beide aus Ebenholz. Zwischen Hals und Griffbrett sind 2 Keile geschoben, um das Griffbrett der Höhe des neuen Steges anzupassen. Die Resonanzsaiten laufen in der verdeckten Ausnehmung des Halses über einen eigenen Obersattel in den Wirbelkasten. Griffbrett L: 272 Griffbrett B: 32...57 VIOLE D’AMORE - INV.NR. 7 58 Steg: Ahorn. B / S / H: 55 / 5 / 43 Untere Saitenbefestigung: Knopf aus Ebenholz mit Perlmuttauge, an dem der ebenholzfurnierte Saitenhalter mittels einer Bundsaite befestigt ist. Saitenhalter zur Baßseite hin nach unten abgeschrägt. Resonanzsaiten mit eisernen Doppelhaken im Saitenhalter eingehängt. Untersattel aus Ebenholz. Saitenhalter L: 145 Saitenhalter größte B / kleinste B: 48 / 25 Untersattel B: 25 Besaitung: Das Instrument ist mit 6 Spiel- und 6 Resonanzsaiten ausgestattet; davon bestehen zur Zeit 3 Spielsaiten aus Darm und 3 Spielsaiten sind metallumsponnen. Resonanzsaiten aus Metall. Stimmung: Variierende Stimmung; Spielsaiten meist im Dur-Dreiklang, Resonanzsaiten skalenmäßig auf die Töne der gespielten Tonart bzw. nach der Stimmung der Spielsaiten im Einklang oder in der höheren Oktave zu diesen gestimmt. Für die Spielsaiten sei hier exemplarisch die von Schumacher vorgeschlagene Stimmung mit d-fis-a-d’-fis’-a’ (Handschriftlicher Katalog, S. 99f.), eine Stimmung nach Koch 1802 (S. 1693) mit c-e-g-c’-e’-g’ und eine weitere Stimmung nach van der Meer 1983 (S. 111) mit d-a-d’-fis’-a’-d’’ wiedergegeben. Schwingende Saitenlänge: 355 ÜBERZUG: Rötlich-brauner Lack, der besonders am Unterrand des Bodens und im Bereich der Deckenmittelfuge großflächig abgesprungen ist. ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN: 3 von 12 Wirbeln sind durch Absplitterung stark beschädigt. Stimmstock umgefallen, befindet sich als loses Teil im Corpusinnern. Ein großer Bodenriß erstreckt sich über den ganzen diskantseitigen Unterbügel (s. Abb.). Des weiteren kleine Zargenrisse und Wurmfraßlöcher an Boden, Zargen, Hals und Wirbelkasten. Lackabnutzungen besonders bei den Berührungspunkten des Steges mit der Decke und rückwärtig am unteren Rand. Griffbrett, Steg, Saitenbefestigung und Wirbel1 in neuerer Zeit ergänzt. PROVENIENZ: Aus der Sammlung H. Schumacher. Aufgrund einer Randbemerkung im Handschriftlichen Katalog Schumachers (S. 103) könnte das Instrument von dem Kaplan der Kapellkirche in Luzern erworben worden sein. Die hier aufgeführte Viola d’amore stammt aus deutscher Schule und dürfte der süddeutschen Gegend zuzuordnen sein. LITERATUR: - Schumacher: Handschriftlicher Katalog, Nr. 71, S. 103. Fundortkatalog Nr. 71, S. 8. - Vannes 1956, Nr. 82, S. 18. 1 Auskunft von Schumacher im Handschriftlichem Katalog, S. 103. VIOLE D’AMORE - INV.NR. 7 59 BILDNACHWEIS: Von li. nach re. bzw. von oben nach unten: Vorder-, Seiten-, Rückgesamtansicht, Wirbelkasten mit Schnecke, Bodenriß am diskantseitigen Unterbügel, Schalloch. VIOLE D’AMORE - INV.NR. 7 60 VIOLE D’AMORE - INV.NR. 61 8 Inv.Nr. 8 Viola d’amore (6 Spiel- und 6 Resonanzsaiten) Sebastian Klo(t)z, Mittenwald, 1740 SIGNATUR: Handgeschriebener Zettel: Sebastian Kloz in // Mittenwald :A: 1740 CORPUS: Corpus in klassischer Gambenform, überaus sorgfältig, in jeder Beziehung harmonisch und elegant gearbeitet. Decke: zweiteilig. Fichte mit sehr regelmäßig verlaufenden, in der Mitte engen, zum Rand hin breiter werdenden Jahresringen. Mittelhohe Wölbung, die in einer leichten Hohlkehle ausläuft. Einfache dreispänige Randeinlage. Flammenförmige Schallöcher mit kleinem, gestieltem Seitenpunkt. Unterhalb des Griffbrettendes ist eine geschnitzte, runde Rosette aus Bein eingelegt: symmetrisch angelegtes Ornament in Blütenform, eingefaßt von einer schwarzen, gemalten Randlinie. Zargen: Vogelaugenahorn. Unterzargenverlauf durchgehend. Boden: zweiteilig, mit brauner dreispäniger Trennungsader in der Bodenmitte. Vogelaugenahorn. Flach, im oberen Corpusteil schwach abgeknickt. Großes, rundes Bodenblatt. Keine Randader vorhanden. Zur Innenkonstruktion: Separater, nicht genagelter Oberklotz. Flachrunder Unterklotz, durch den der Knopf getrieben ist, so daß das Ende innen sichtbar ist. Paßstifte befinden sich beidseitig an den Zargen auf Höhe des Oberklotzes und auf der Decke am Unterklotz. Eckklötze, Baßbalken, Stimmstockbrett, Stimmstock und Innenreifchen vorhanden. Auf Höhe der Abknickung ist deutlich eine Kerbe erkennbar, die in den Boden geschnitten wird, um dessen Oberteil manuell besser biegen zu können. Je ein Bodenbalken unterhalb der Abknickung und im unteren Corpusteil. Bodenfuge mit einem Leinenstreifen belegt. Gesamt L: 772 (784) Decke L: 388 B: 182 / 122 / 228 Wölbungshöhe Decke (max.): um 15 Decke S: I) 2,5 II) 2,2 III) 2,1-1,4 IV) 1,8-2,8 V) 2,1-2,7 Deckenmensur: 198 Schallöcher: L 85, A oben 93, A unten 145 Zargen H: 45 / 56 / 55 / 55 Zargen S: <1 Boden L: 405; unterer Rand bis Knick: ~320 Boden: geknickt um 7° Boden S: I) k.M. II) 1,6-1,8 III) 1,4-1,5 IV) 1,7-1,9 Rosette: 35; Schallochlage v. o.: 97 MONTURTEILE: Hals und Wirbelkasten: Der Hals aus Ahorn spricht mit seinem leicht geschwungenen, noch nicht begradigten Profil an der Unterseite für Originalität. Oberhalb des Halses schließt sich ein offener Wirbelkasten mit einem schwarz lackierten, kleinen Mohrenkopf an, welcher an den Wirbelkasten angeschäftet ist; Anschäftung auf den Wirbelkastenvorderkanten mit 2 Paßstiften gesichert. 12 geschwärzte Obstbaumwirbel, davon befinden sich 5 in ausgebuchsten Löchern. Die Resonanzsaiten erreichen über einen in die offene Rückwand des Wirbelkastens eingelegten Führungssattel aus dunkel lackiertem Holz hinterzügig ihre Wirbel im oberen Teil des Wirbelkastens. Halsmensur: 155 Hals S: 24 / 26 / 32 Wirbelkasten L: 237 Wirbelkasten B innen: 8...30, außen: 20...39 Kopf B: 32 Griffbrett und Obersattel: keilförmiges, mit dünnem Ebenholzfurnier versehenes Griffbrett aus Ahorn. Obersattel aus Ebenholz. Die Resonanzsaiten laufen in der verdeckten Ausnehmung des Halses über einen eigenen Obersattel in den Wirbelkasten. VIOLE D’AMORE - INV.NR. 8 62 Griffbrett L: 250 Griffbrett B: 33...54 Steg: Ahorn. B / S / H: 50 / 4 / 40 Untere Saitenbefestigung: mit Ebenholz furnierter Saitenhalter aus Ahorn, der mittels einer Darmschlinge, die mit einer Schnur umwickelt ist, an einem Knopf aus Ebenholz befestigt ist. Saitenhalter diskantseitig nach unten abgeschrägt und mit Eisenhaken ausgestattet, in die oberhalb des Saitenhalters die Spielsaiten eingehängt sind und die auf der Unterseite zur Befestigung der Resonanzsaiten dienen. Untersattel aus Palisander (?). Saitenhalter L: 140 Saitenhalter größte B / kleinste B: 45 / 25 Untersattel B: 32 Besaitung: Das Instrument ist für 6 Spiel- und 6 Resonanzsaiten ausgerichtet; derzeit 5 Spielsaiten vorhanden (davon 4 aus Darm und 1 metallumsponnen). Resonanzsaiten aus Metall. Stimmung: vgl. Inv.Nr. 7. Schwingende Saitenlänge: 353 ÜBERZUG: Dicker, rötlich-hellbrauner Lack, der überwiegend gut erhalten und nur zwischen Steg und Saitenhalter auf der Decke abgetragen ist. ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN: Das optisch sehr schön gearbeitete Instrument ist bis auf eine gering rissige Bodenfuge, die teilweise Ablösung der Zargen an den Ecken und den Lackabrieb auf der Decke und der leichten Bodenausbeulung im Bereich des Stimmstocks gut erhalten. Die oberste Saite fehlt. Der original zum Wirbelkasten und damit auch zum Hals gehörige Kopf ist kurz oberhalb des obersten Wirbels abgebrochen gewesen und mit Hilfe zweier Paßstifte wieder angesetzt worden. Das Instrument ist insofern interessant, als es weitestgehend im Originalzustand erhalten zu sein scheint. Auch der überwiegende Teil der Monturteile ist offenbar nicht ausgetauscht worden. PROVENIENZ: Aus der Sammlung H. Schumacher. Im Handschriftlichen Katalog Schumachers (S. 101) ist wie bei der vorigen Viola d’amore - am Rand die Notiz „Kaplan der Kapellkirche Luzern“ verzeichnet. Ob diese Person der frühere Besitzer des Instruments ist, muß offen bleiben. Der Geigenbauer Sebastian Klo(t)z (geb. 1696 in Mittenwald, gest. 1775 in Mittenwald) gehörte zu der berühmten Geigenbauerfamilie, deren Mitglieder im 17., 18. und 19. Jahrhundert der Mittenwalder Geigenbautradition nachgingen. Sebastian Klo(t)z, Sohn des Mathias Klo(t)z, erreichte mit seinen nach Stainer und Amati gearbeiteten Modellen noch größere Bekanntheit als sein Vater und zählt bis heute zu den bedeutendsten Geigenbauern seiner Zeit.1 Da Klo(t)z bis 1760 seine Instrumente üblicherweise mit einem kleinen Druckzettel zu signieren pflegte2, entspricht der vorliegende handgeschriebene Zettel nicht der Konvention. Es existierte in Schumachers Sammlung jedoch eine zweite Viola d’amore dieses Geigenbauers aus dem Jahre 1734,3 die nach seinen Beschreibungen und den Abbildungen in seinem Fotoalbum der hier besprochenen stark ähnelt. Das ebenfalls mit einem Mohrenkopf als Wirbelkastenabschluß ausgestattete Instrument weist auch einen 1 Vgl. Lütgendorff/Drescher 1990 (Ergänzungsband), S. 326f. Ebda. 3 Der heutige Aufbewahrungsort des nach Schumachers Tod verkauften Instruments ist nicht bekannt. 2 VIOLE D’AMORE - INV.NR. 8 63 handgeschriebenen Zettel auf, der bezüglich Orthographie und Fraktur mit vorliegendem übereinstimmt. LITERATUR: - Schumacher: Handschriftlicher Katalog, Nr. 69, S. 101. Fundortkatalog Nr. 69, S. 8. - Vannes 1956, Nr. 83, S. 18. BILDNACHWEIS: Von li. nach re. bzw. von oben nach unten: Vorder-, Seiten-, Rückgesamtansicht, Wirbelkasten mit Kopf, Rosette, Schalloch. VIOLE D’AMORE - INV.NR. 8 64 VIOLE D’AMORE - INV.NR. 65 9 Inv.Nr. 9 Viola d’amore (7 Spiel- und 7 Resonanzsaiten) Pietro Giovanni (Petrus Joannes) Mantegazza, Mailand, 1763 SIGNATUR: Gestochener Zettel in Kartusche; Rahmen aus üppigen floralen Rankenornamenten, in die am oberen Rand eine Engelsgestalt integriert ist:1 Petrus Io Fratresq // Mantegatia Mediolani // in Via S Margarite anno // 176 [hs.:] 3 CORPUS: Größeres Corpus in standardisierter Gambenform mit schmalem, langem Unterbügel. Decke: zweiteilig. Auffallend gutes Fichtenholz mit feinen, sehr regelmäßig verlaufenden Jahresringen. In den Mittelbügeln hochgewölbte Decke mit ausgeprägter Hohlkehle; Wölbung nach oben und unten breit auslaufend und dort in leichter Hohlkehle endend. Einfache dreispänige Randeinlage. Rand stellenweise dubliert. Flammenförmige Schallöcher mit kleinem, gestieltem Seitenpunkt. Zargen: mäßig und teilweise schräg geflammter Ahorn in Schwartenschnitt. Zargenhöhe ab den Bodenknicken im Ober- bzw. Unterbügel nach unten und oben abnehmend. Unterzargenverlauf durchgehend. Boden: einteilig. Schwach und unregelmäßig geflammter Ahorn, nach der Schwarte geschnitten. Flach, im oberen sowie im unteren Corpusteil eine Abknickung aufweisend. Nahezu verrundetes Bodenblatt. Keine Randader vorhanden. Zur Innenkonstruktion: Flachrunder, wahrscheinlich originaler Oberklotz, der zur Halsfixierung ursprünglich mit einem Nagel versehen war; heute ist nur noch das Nagelloch sichtbar; Oberklotz an den Seiten mit Klötzchen verstärkt. Unterklotz ebenfalls halbrund und mit dem Knopf an der Unterzarge verdübelt; Reste eines alten Knopfendes sichtbar, das von dem neuen Knopf fast vollständig verdrängt worden ist. In der Decke 1 Paßstift am Unterklotz. Eckklötze, eingeleimter, sehr langer Baßbalken, Stimmstockbrett, Stimmstock, Innenreifchen vorhanden. Oberer Bodenknick mit Pergamentstreifen gesichert. Unmittelbar darunter schließt sich ein Querbalken an, der an den Seiten abgeflacht ist. Ebenfalls abgeflacht erscheint der zweite Bodenbalken, der im Unterbügel kurz unterhalb der pergamentbeschichteten Abknickung positioniert ist. Die Zargeninnenseiten sind an den Rißstellen durch Leinenbeläge bzw. kleine Klötzchen verstärkt. Gesamt L: 810 (823) Decke L: 413 B: 197 / 135 / 240 Wölbungshöhe Decke (max.): um 17 Decke S: I) 2,8-3,0 II) 1,9-2,1 III) 2,4-2,6 IV) 2,7-3,2 V) 2,4-2,7 Deckenmensur: 232 Schallöcher: L 102, A oben 70, A unten 190 Zargen H: 45 / 67 / 67 / 68 / 51 Zargen S: <1 Boden L: 435; unterer Rand bis oberer Knick: 335; zwischen den Knicken: 240; unterer Rand bis unterer Knick: 92 Boden: geknickt um 7° (oben), 5° (unten) Boden S: I) k.M. II) 2,1-2,2 III) 2,4-2,5 IV) 2,0-2,2 MONTURTEILE: Hals und Wirbelkasten: Hals mit offenem Wirbelkasten aus Ahorn. Oberhalb des Wirbelkastens ist ein pausbäckiges Kinderköpfchen mit üppig gelocktem Haar angeschäftet; Kopf an der Wirbelkastenrückseite mit Paßstift gesichert. 14 Obstbaumwirbel in ovaler Form; Wirbelsatz nicht einheitlich. Die Löcher sind größtenteils ausgebuchst und teilweise an anderer Stelle neu gebohrt worden. Hinterzügige Befestigung der Resonanzsaiten, die über 1 Abbildungen ähnlicher Zettel bei de Wit 1910, Bd. I, Taf. 24, Nr.265, Vannes 1951, Bd. I, Abb.-Nr. 1575 und Lütgendorff 1904, S. 405. VIOLE D’AMORE - INV.NR. 9 66 einen in der Rückwand des Wirbelkastens eingelegten Führungssattel in den oberen Teil des Kastens laufen. Halsmensur: 155 Hals S: 27 / 30 / 35 Wirbelkasten L: 250 Wirbelkasten B innen: 11...23, außen: 20...37 Kopf B: 50 Griffbrett und Obersattel: Griffbrett und Obersattel aus Ebenholz. Die Resonanzsaiten laufen in der verdeckten Ausnehmung des Halses über einen eigenen Obersattel in den Wirbelkasten. Griffbrett L: 297 Griffbrett B: 35...55 Steg: Ahorn. Durch 2 flache Untersätze aus Laubholz erhöht. B / S / H: 57 / 5 / 41 Untere Saitenbefestigung: spitz geschweifter Saitenhalter und Untersattel aus Ebenholz. Am unteren Ende des Saitenhalters sind die Enden der mit dem Ebenholzknopf verbundenen Darmschlinge mit Hilfe von 2 Schraubvorrichtungen an einem kleinen Metallbeschlag befestigt. Die Resonanzsaiten laufen unter dem Saitenhalter zu 3 Anhangknöpfchen aus Ebenholz, die in der Unterzarge oberhalb des Knopfes fixiert sind. Ausflickungen in der Unterzarge an der Resonanzsaitenaufhängung und am Knopf. Zusätzlich sind die Löcher der Anhangknöpfchen und das Knopfloch zugebuchst und neu gebohrt worden. Saitenhalter L: 150 Saitenhalter größte B: 72 Untersattel B: 48 Besaitung: Das Instrument ist für 7 Spiel- und 7 Resonanzsaiten ausgerichtet, davon derzeit 6 Spielsaiten (3 aus Darm, 3 metallumsponnen) und 7 Resonanzsaiten (3 Drahtsaiten, 3 umsponnen) aufgezogen. Stimmung: Auch bei der siebensaitigen Viola d’amore ist keine einheitliche Stimmung überliefert (vgl. Inv.Nr. 7 u. 8). Im 18. Jahrhundert war es vielerorts üblich, die Viola d’amore stimmtechnisch der Tonart der auszuführenden Komposition anzupassen, um das Spiel komplizierter Passagen zu erleichtern und um die Ausführung bestimmter Doppelgriffe überhaupt erst zu ermöglichen. Zur Orientierung und zur Demonstration der großen Bandbreite seien hier 3 Stimmungen der Spielsaiten wiedergegeben: nach Schumacher (Handschriftlicher Katalog, S. 99) und van der Meer 1983 (S. 111) d-fis-a-d’-fis’-a’-d’’; nach Eisel 1738 (S. 34) F-B-d-g-c’-f’-b’; nach Koch 1802 (S. 1692) G-c-e-a-d’-g’-c’’. Schwingende Saitenlänge: 389 ÜBERZUG: Rötlich-brauner Öllack, an vielen Stellen retuschiert oder nicht mehr erhalten. ZUBEHÖR: Vannes 1956 (S. 17) und Schumacher (Handschriftlicher Katalog, S. 99; Fotoalbum) schreiben diesem Instrument den aus der 1. Hälfte des 18. Jahrhunderts stammenden Bogen Inv.Nr. B5 zu. ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN: Zweitoberste Saite fehlt. Teils restaurierte und retuschierte (helleres Aussehen), teils neue, offene Risse an Boden, Decke und Zargen. Der dublierte Rand und die massiven Umbaubzw. Reparaturspuren an der Unterzarge geben Hinweis auf mehrere Restaurationsvorgänge. 3 Wirbel gehören nicht zum Wirbelsatz, weichen in ihrer Form aber nicht wesentlich von den übrigen ab; lediglich die Endknöpfchen fehlen. Obwohl Hals und Wirbelkasten mit den Wirbeln in historischer Formgebung einen originalen Eindruck hinterlassen, spricht der angeschäftete Kopf für eine Erneuerung des Halses zu einem späteren Zeitpunkt. Griffbrett, untere Saitenbefestigung und Steg ebenfalls aus neuerer Zeit. VIOLE D’AMORE - INV.NR. 9 67 PROVENIENZ: Aus der Sammlung H. Schumacher. Im Fundortkatalog (S. 8) ist im Zusammenhang mit dieser Viola d’amore die Stadt Genf (Genève) genannt. Pietro Giovanni Mantegazza wirkte in der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts in Mailand, wo er zusammen mit seinen Brüdern Francesco und Carlo eine Geigenbauwerkstatt betrieb. Die überlieferten Zettelsignaturen geben nicht nur über die Zusammenarbeit mit seinen Brüdern Auskunft (s. Signatur: „Fratresq“), sondern auch über die unterschiedlichsten Schreibweisen des Familiennamens: neben der Lesart Mantegazza und Mantegatia existieren die orthographischen Varianten Montegiata, Montegazia, Montegarzia, Mantigatia, Mentecaria, Mantegazia und Manticasia.1 LITERATUR: - Schumacher: Handschriftlicher Katalog, Nr. 67, S. 98/99. Fundortkatalog Nr. 67, S. 8. - Vannes 1956, Nr. 81, S. 17. BILDNACHWEIS: Von li. nach re. bzw. von oben nach unten: Vorder-, Seiten-, Rückgesamtansicht, Wirbelkasten mit Kopf, Schalloch. 1 Vannes 1951, Bd. I, S. 225/226. VIOLE D’AMORE - INV.NR. 9 68 VIOLA - INV.NR. 69 10 Inv.Nr. 10 Viola (5 Griffbrett- und 2 Bordunsaiten) Provenienz unbestimmt; Ende 18. Jahrhundert/19. Jahrhundert SIGNATUR: Gedruckter Zettel (unecht): Iacob Stainer, in Apsam // prope Oenipundum. Ao. 17.. CORPUS: Größeres Violamodell mit stark ausgeprägten Wölbungen von Decke und Boden. Das Instrument ähnelt in seiner eigenartigen Machart der im 16. und teilweise 17. Jahrhundert hauptsächlich in Italien gebräuchlich gewesenen (Diskant-)Lira da braccio, die durch eine annähernd violinartige Corpusform und eine Ausstattung mit 7 Saiten, von denen 5 über das Griffbrett und 2 als Bordun seitlich von diesem einherlaufen, gekennzeichnet war.1 Möglicherweise hat sich der hiesige Erbauer an jenem Vorbild orientiert und eine - zumindest funktionelle - Instrumentennachbildung angestrebt. Decke: zweiteilig. Fichte mit regelmäßig verlaufenden, in der Mitte engen, zum Rand hin etwas breiteren Jahresringen. Kräftig gewölbte Decke mit ausgeprägter Hohlkehle und Randüberstand. Einfache dreispänige Randeinlage. Unpräzise geschnittene F-Löcher mit tiefen, stark gegeneinander versetzten Kerben. Zargen: deutlich geflammter Ahorn in Radialschnitt, dessen Maserung durch künstliche Schwärzung hervorgehoben ist. Unterzarge zweiteilig. Boden: einteilig. Ahorn, nach der Schwarte geschnitten mit kurzen, unregelmäßigen, überwiegend abgesetzten Flammen. Wie Decke hoch gewölbt mit ausgeprägter Hohlkehle und Randüberstand. Einfache dreispänige Randeinlage. Rundes Bodenblatt. Zur Innenkonstruktion: verrundeter Oberklotz, in den der Halsfuß eingesetzt ist (Halsüberstand über Decke). Unterklotz flachrund, Knopf in diesen eingeschlagen. Boden ist mit 2 Paßstiften am Oberklotz fixiert. Eckklötze, eingeleimter Baßbalken, Stimmstock und relativ breite Innenreifchen vorhanden. Deckeninnenseite mit viereckigen, kleinen Holzbelägen verstärkt. Gesamt L: 713 (721) Decke L: 403 B: 196 / 137 / 246 Wölbungshöhe Decke (max.): um 20 Randüberstand Decke: 4 Decke S: I) 2,5 II) 2,1-2,3 III) 2,3-2,5 IV) 1,3-1,9 V) 1,6-2,2 Deckenmensur: 220 Schallöcher: L 85, A oben 50, A unten 160 Zargen H: 39 / 37 / 37 / 40 Zargen S: 1,0-1,2 Boden L: 412 Wölbungshöhe Boden (max.): um 25 Randüberstand Boden: 4 Boden S: I) 2,8-3,1 II) 1,8-2,0 III) 3,0 IV) 1,0-1,1 MONTURTEILE: Hals und Wirbelkasten: Hals mit Wirbelkasten aus Ahorn. Der in seinem Längsverlauf durchgehend rund gearbeitete Wirbelkasten endet in einer weit ausladenden, lang geöffneten Schnecke in Phantasieform. Auf der baßseitigen Wirbelkastenvorderkante ist ein kleiner Aufsatz herausgearbeitet, der die 2 kleinen Wirbel für die Bordunsaiten faßt. Die 5 großen und 2 kleinen Wirbel in Material (verschiedene Obstbaumhölzer, Ahorn) und Form unterschiedlich gearbeitet. Halsmensur: 180 (187) Hals S: 31 / 29 / 32 Wirbelkasten L (Oberkante bis Unterkante Obersattel): 140 Wirbelkasten B innen: 9...16, außen: 23...31 Kleiner Wirbelkasten L / B außen: 44 / 15; L / B innen: 32 / 7 Schnecke B: 31 1 Vgl. Kinsky 1912, S. 383ff. VIOLA - INV.NR. 10 70 Griffbrett und Obersattel: Griffbrett und Obersattel aus Ebenholz. Griffbrett L: 336 Griffbrett B: 30...53 Steg: Ahorn. Baßseitig schließt sich ein kleiner Ausläufer an, der den Bordunsaiten eine Auflagefläche bietet. B / S / H: 52 / 5 / 42 Untere Saitenbefestigung: Saitenhalter und Untersattel aus Ebenholz. Saitenhalter zur Diskantseite hin nach unten abgeschrägt. Saitenhalteraufhängung mittels Darmsaitendurchzug an einem Ebenholzknopf. Saitenhalter L: 133 Saitenhalter größte B / kleinste B: 62 / 21 Untersattel B: 37 Besaitung: Das Instrument ist für 5 Griffbrett- und 2 Bordunsaiten ausgerichtet, davon sind 4 Griffbrettsaiten aus Darm und 2 Bordunsaiten aus Metalldraht aufgezogen. Stimmung: Schumacher gibt in seinem Handschriftlichen Katalog (S. 104) für die Bordunsaiten (dort als Aliquot-Saiten bezeichnet) die Stimmung c’-e’ an. Für die Griffbrettsaiten schreibt er die Stimmung c-g-d’-a’-e’’ vor, die - abgesehen von der zusätzlichen e’’-Saite in der Höhe - derjenigen der gewöhnlichen Viola entspricht.1 Schwingende Saitenlänge: 403 ÜBERZUG: Brauner, gut erhaltener Lack, der auf Decke und Zargen durch partielle Schwärzung überdeckt ist, um das Instrument älter erscheinen zu lassen. ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN: Zweitoberste Saite fehlt. Bis auf kleinere Ausflickungen am baßseitigen F-Loch im Bereich des Schaftes, an der baßseitigen Oberzarge und in der Unterzarge im Bereich des Knopfes zeigt sich das Instrument in einem gut erhaltenen Zustand. Es ist durchaus vorstellbar, daß das Corpus ursprünglich zu einer gewöhnlichen Viola gehörte und später unter Anschäften eines neuen Halses und Austauschen der anderen Monturteile in den heute vorliegenden Zustand versetzt wurde. PROVENIENZ: Aus der Sammlung H. Schumacher. Im Fundortkatalog (S. 8) ist dieses Instrument unter der Rubrik „Privaten, Händlern“ genannt und dürfte von einer Person aus der Schweiz erworben worden sein. Jacobus Stainer (geb. um 1617 in Absam, gest. 1683 in Absam) gehörte zu den bedeutendsten Meistern deutscher Geigenbaukunst. Aufgrund seiner bestechend meisterhaft ausgeführten Instrumente ist fast kein anderer Geigenbauer so häufig nachgeahmt bzw. Mißbrauch mit seinem Namen getrieben worden. Leider sind noch heute im Handel große Druckbögen mit dutzenden, nicht als Nachahmung gekennzeichneten Zetteln von Stainer und anderen großen Meistern für jedermann erhältlich, so daß dem Mißbrauch auch durch Laien keine Grenzen gesetzt sind. Der im vorliegenden Instrument befindliche Blanko-Zettel ohne spezifizierende Jahreszahl ist mit Sicherheit neueren Datums und erweist sich schon durch das vorgedruckte falsche Jahrhundert („17..“) als plumpe Fälschung. Des weiteren macht die Verwendung der Schreibweise „prope Oenipundum“ anstatt „prope Oenipontum“ (Hinweis auf das nahe gelegene Innsbruck) und „Apsam“ anstatt „Absom“ die Signatur höchst unglaubwürdig.2 1 Die Viola alta, eine von Hermann Ritter in Würzburg (1876) erfundene, größer proportionierte Viola, besaß ebenfalls eine 5. Saite in e’’. Diese Erweiterung der Saitenanzahl, die sich allgemein nicht durchsetzen konnte, sollte einer Veredelung des Klangcharakters und der Vergrößerung des Tonumfangs (Sachs 1913, S. 410) dienen. 2 Zu dieser Problematik vgl. Roy 1983, S. 35-45. VIOLA - INV.NR. 10 71 Aufgrund dieser offensichtlichen Zettelfälschung liegt es nahe, daß der unbekannte Geigenbauer der Viola lediglich das Arbeiten nach einem Stainer-Modell deutlich machen wollte,1 was man in groben Zügen bei Betrachtung der ausgeprägten Wölbung und der Maße des Corpus nachvollziehen kann. Die ungewöhnliche Form des Wirbelkastens und die Konzeption für einen fünfsaitigen Bezug mit zusätzlich 2 Bordunsaiten läßt jedoch keinerlei Verbindungen zum Vorbild zu, da von Stainer kein Instrument in dieser Gestalt bekannt ist. Aufgrund des guten Erhaltungszustands und einiger konstruktiver Merkmale dürfte das Instrument frühestens Ende des 18. Jahrhundert gebaut worden sein. LITERATUR: - Schumacher: Handschriftlicher Katalog, Nr. 72, S. 104. Fundortkatalog Nr. 72, S. 8. - Vannes 1956, Nr. 84, S. 18. BILDNACHWEIS: Von li. nach re. bzw. von oben nach unten: Vorder-, Seiten-, Rückgesamtansicht, Wirbelkasten mit Schnecke, Schalloch. 1 Auch in dieser Verwendungsweise ist der Zettelmißbrauch wohl nicht zu entschuldigen, da eine derartige Signatur, die nicht explizit als Nachahmung gekennzeichnet ist, gegenüber einem unkundigen Laien immer noch eine verkaufsfördernde Wirkung haben kann. VIOLA - INV.NR. 10 72 VIOLINE - INV.NR. 73 11 Inv.Nr. 11 Violine (4 Saiten) Provenienz unbestimmt; möglicherweise Deutschland, um 1900 SIGNATUR: Keine Signatur vorhanden. CORPUS: Violincorpus mit stark geschweifter Kontur: je 2 scharfe Einbuchtungen im Ober- und Unterbügel. Eine Ähnlichkeit mit den Modellen Johann Anton Gedlers in Füssen (ca. 1725ca. 1790), wie sie Vannes hier zu sehen glaubte1, kann nicht bestätigt werden, da Gedlers sanft-wellenförmige Modelle durch mehrfaches Biegen der Zargen charakterisiert sind, während die Ober-, Mittel- und Unterzargen bei vorliegender Violine jeweils aus mehreren kurzen, einfach gebogenen Zargenstücken zusammengesetzt sind: zwei völlig unterschiedliche Konstruktionsweisen. Randüberstand plastisch stark herausgearbeitet. Decke: zweiteilig. Eng- bis mitteljährige Fichte. Mittelhohe Wölbung mit schwacher Hohlkehle. Einfache dreispänige Randeinlage. Plastisch ausgearbeiteter Randüberstand. Schmale, deutlich geneigte C-Löcher mit gegeneinander versetzten Kerben; ausladende, sich stark verjüngende Übergänge vom Schaft zu den Punkten. Zargen: mäßig geflammter Ahorn in Radialschnitt. Unteres Stück der Unterzarge durchgehend. Boden: einteilig. Ahorn mit regelmäßigen, überwiegend durchgehenden Flammen. Wie Decke gleichmäßige, mittelhohe Wölbung mit geringer Hohlkehle. Einfache dreispänige Randeinlage an plastisch ausgearbeitetem Randüberstand. Rundes Bodenblatt. Zur Innenkonstruktion: verrundeter Oberklotz, in den der Halsfuß eingesetzt ist (Überstand über Decke). Unterklotz flachrund, Knopf in diesen eingeschlagen. Eckklötze, stark geschwungener Baßbalken, Stimmstock und Innenreifchen im Innern sichtbar. Gesamt L: 600 (607) Decke L: 360 B: 164 / 107 / 207 Wölbungshöhe Decke (max.): um 14 Randüberstand Decke: 2 Decke S: I) 3,5-3,6 II) 1,8-2,2 III) 1,4-2,1 IV) 1,4-1,5 V) 2,0-3,2 Deckenmensur: 196 Schallöcher: L 77, A oben 72, A unten 130 Zargen H: durchgehend 32 Zargen S: <1 Boden L: 370 Wölbungshöhe Boden (max.): um 17 Randüberstand Boden: 2 Boden S: I) 3,2-3,5 II) 2,4-2,7 III) 2,2 IV) 1,4-1,9 MONTURTEILE: Hals und Wirbelkasten: Hals mit Wirbelkasten aus Ahorn. An den rückwandig gekehlten Wirbelkasten schließt sich ein im Verhältnis zu den übrigen Dimensionen recht großer Jünglingskopf mit vollem Haar an. 4 Wirbel aus Ebenholz, an sämtlichen Seitenkanten gekehlt und mit Endknöpfchen aus Elfenbein versehen. Halsmensur: 130 (135) Hals S: 22 / 17 / 22 Wirbelkasten L: 117 Wirbelkasten B innen: 10...16, außen: 20...24 Kopf B: 40 Griffbrett und Obersattel: Griffbrett und Obersattel aus Ebenholz. Griffbrett L: 270 Griffbrett B: 29...42 Steg: Ahorn. Mit dem Brandstempel J.E. ZÜST ZÜRICH versehen. B / S / H: 41 / 4 / 32 1 Vgl. Vannes 1956, S. 19. VIOLINE - INV.NR. 11 74 Untere Saitenbefestigung: Saitenhalter und Untersattel aus Ebenholz. Saitenhalter mit 2 kreisförmigen Elfenbeinaugen im unteren bzw. oberen Teil verziert. Zusätzlich ist ein Sattel aus Elfenbein unterhalb der Saitenhalteroberkante eingelegt; die Löcher für die Aufhängung der beiden untersten Saiten sind mit Elfenbein ausgekleidet. Saitenhalteraufhängung mittels einer Hängelsaite an einem Knopf aus Ebenholz. Saitenhalter L: 113 Saitenhalter größte B / kleinste B: 38 / 14 Untersattel B: 40 Besaitung: Das Instrument besitzt heute einen Bezug aus 4 Metallsaiten, von denen 3 umsponnen sind. Stimmung: g-d’-a’-e’’ Schwingende Saitenlänge: 328 ÜBERZUG: Brauner Lack, rund um die Stegstelle und am Boden partiell abgesplittert. In den Hohlkehlen von Decke, Boden und Wirbelkastenrückwand, auf den Zargen und unterhalb des Griffbrettes auf der Decke ist eine künstliche Schwärzung aufgetragen, die ein fortgeschritteneres Alter des Instruments suggerieren soll. ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN: Das Instrument ist in einem guten Zustand. Lediglich an der baßseitigen Oberzarge auf Höhe der 2. Einziehung ist ein fingerdickes Loch aus der Zargenwand gebrochen. Die Decke zeigt im unteren diskantseitigen Bereich eine beginnende Rißbildung. Das Instrument dürfte zu Schumachers Zeiten von J.E. Züst in Zürich restauriert worden sein, da der Steg einen entsprechenden Brandstempel aufweist. PROVENIENZ: Da die vorliegende Violine in den Aufzeichnungen des Heinrich Schumacher nicht zu finden ist, muß angenommen werden, daß das Instrument erst nach seinem Tod in die Sammlung aufgenommen wurde. In den von Hiestand und Kappeler im Jahre 1966 erstellten Inventarisierungsbögen ist unter der Rubrik „Fundort und frühere Standorte“ der Name Paul Jecklin aus Zürich verzeichnet. Wer dieser frühere Besitzer war und wann die Violine in die Schumachersche Sammlung überwechselte, konnte bis jetzt nicht ermittelt werden. Mit dem durch mehrere Einschnürungen charakterisierten Umriß reiht sich der Geigenbauer dieser Violine in eine Tradition ein, die im Barock ihren Ausgang nahm und durch ein bewußtes Abweichen von der normalen Violinform geprägt war. Das Arbeiten mit derartig geformten Randlinien ist - wie erhaltene Instrumente belegen - vermehrt sowohl innerhalb der Brescianer Schule (Tomaso Castelli, fl. um 1620) als auch bei Geigenbauern Westböhmens (Schönbacher Schule) nachzuweisen. Ferner findet man die mehrfach geschweifte Kontur bei mehreren Instrumenten des Prager Meisters Johann Ulrich Eberle bzw. Eberll (1699-1768). Vorliegende Violine ist als neubarockes Instrument zu bezeichnen, da sie in neuerer Zeit entstanden ist und lediglich eine Imitation jener alten, derartig geformten Instrumente darstellt. LITERATUR: - Vannes 1956, Nr. 88, S. 19. VIOLINE - INV.NR. 11 75 BILDNACHWEIS: Von li. nach re. bzw. von oben nach unten: Vorder-, Seiten-, Rückgesamtansicht, Wirbelkasten mit Kopf, Schalloch. PHILOMELE - INV.NR. 76 12 Inv.Nr. 12 Philomele (4 Saiten) Deutschland, um 1900 SIGNATUR: Keine Signatur vorhanden. CORPUS: Corpus im oberen Teil dreieckig-spitz zulaufend, im unteren Teil abgerundet und ohne Ecken gestaltet, wodurch die Mittelbügel stark eingezogen erscheinen. Flache Decke und Boden. Kein Randüberstand. Saitenaufhängung am Steg. Decke: einteilig. Nußbaum (?). Flach, ohne Randeinlage und Randüberstand. Mehrmals geschweifte F-Löcher in Phantasieform mit je einem kleinen, lang gestielten Seitenpunkt und einem größeren abgesetzten Beipunkt. Zargen: aus nicht identifiziertem, dunkelbraun lackiertem Holz. Unterzarge zweiteilig. Boden: einteilig. Ahorn in Radialschnitt mit schräg verlaufender Flammung. Flach, ohne Randeinlage und Randüberstand. Am Halsfuß in eine Rundung auslaufend. Zur Innenkonstruktion: Hals stumpf auf den Oberklotz geleimt. Zur Vergrößerung der Leimfläche anstatt einer durchgehenden Innenbereifung vereinzelte Klötzchenbeläge angebracht. In voller Zargenhöhe 2 Verstärkungsleisten (Griffbrettbrücken) in Längsrichtung (wahrscheinlich in ganzer Corpuslänge) eingesetzt, ungefähr unter den Griffbrettaußenkanten verlaufend. Die übrigen Konstruktionselemente und Innenverstärkungen konnten aufgrund schlechter Einsehbarkeit nicht ermittelt werden. Gesamt L: 565 Decke L: 345 B: 34 (Halsfuß) / 107 (Ecken) / 95 (Mittelbügel) / 210 (Unterbügel) Decke S: I) 1,3 (am Steg) II) 1,0 III) 1,1-1,3 IV) 1,0-1,1 V) 1,1-1,3 Deckenmensur: 183 Schallöcher: L 75, A oben 58, A unten 108 Zargen H: durchgehend 22 Zargen S: 1,0-1,2 Boden L: 362 Boden S: I) k.M. II) 1,5 III) 1,6 IV) 1,7-1,8 MONTURTEILE: Hals und Wirbelkasten: Hals mit Wirbelkasten und Kopf aus einem Stück Nußbaum (?). Der Wirbelkasten läuft in eine längsovale, wappenförmige Kopfplatte aus. Die Saiten werden durch eine neuzeitliche, hinterständige Stimmwirbelmechanik, die auch bei Gitarren Verwendung findet, gespannt. Schraubenstimmvorrichtung auf einer gravierten, jeweils an den Wirbelkastenseiten angebrachten Metallplatte fixiert. Halsmensur: 133 Hals S: durchgehend 20 Wirbelkasten L: 92 Wirbelkasten B innen: 10...15, außen: 17...22 Kopfplatte: 17 x 29 Griffbrett und Obersattel: Griffbrett und Obersattel geschwärzt. Griffbrett L: 313 Griffbrett B: 23...44 Steg und untere Saitenbefestigung: Die Saiten enden an einem geschwärzten, mit eingelegtem Metallsattel versehenen Bock, der am Ende des Griffbretts mit diesem verbunden und auf der Decke fest fixiert ist. Saitenaufhängung mittels 4 unterständig angebrachter, eiserner Stifte. Bock B / S / H: 43 / 8 / 35 Besaitung: 4 Stahlsaiten, von denen die 2 untersten umsponnen sind. Stimmung: in regulärer Violinstimmung: g-d’-a’-e’’ Schwingende Saitenlänge: 313 PHILOMELE - INV.NR. 12 77 ÜBERZUG: Boden, Zargen und Wirbelkasten mit dunkelbraun-rotem Lack überzogen. Decke dagegen farblos lackiert. ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN: Das Instrument befindet sich in einem intakten Zustand. Geringfügige Lackbeschädigungen an Kopf und Zargen. Gebrauchsspuren der auf dem Arm gespielten Philomele sind im unteren Deckenrandbereich in Form leichter Verdunkelungen sichtbar. PROVENIENZ: Es besteht keine Eintragung seitens Schumacher im Fundortkatalog. Im Handschriftlichen Katalog (S. 84) wird dieses Instrument jedoch beschrieben, und am Rande seiner Notizen ist „München“ verzeichnet. Auch hier ist die Bedeutung des Randeintrages unklar. Es wäre denkbar, daß mit München der Herstellungsort gemeint ist, da die Philomele ihren Ursprung Mitte des 19. Jahrhunderts in den Werkstätten Münchner Zitherbauer hatte und sich von dort aus verbreitete - unter anderem nach Sachsen, aus dessen Region Philomelen erhalten sind, die denselben auffälligen, hier vorliegenden Corpusumriß aufweisen.1 Daher wäre eine Abstammung aus dem sächsischen bzw. vogtländischen Raum in hiesigem Falle in Erwägung zu ziehen. LITERATUR: - Schumacher: Handschriftlicher Katalog, Nr. 57, S. 84. - Vannes 1956, Nr. 85, S. 18. 1 Vgl. die Philomele vogtländischer Herkunft in: Kinsky 1912, Nr. 902, S. 535f. PHILOMELE - INV.NR. 12 78 BILDNACHWEIS: Von li. nach re. bzw. von oben nach unten: Vorder-, Seiten-, Rückgesamtansicht, Wirbelkasten mit Kopf, Schalloch. POCHETTEN - INV.NR. 79 13 Pochetten Inv.Nr. 13 Pochette (4 Saiten) 17./18. Jahrhundert SIGNATUR: Keine Signatur vorhanden. CORPUS: Bootförmiges, zargenloses Corpus in schlichter Ausführung. Rücken, Hals und Wirbelkasten aus einem Stück gearbeitet, Decke separat. Decke: einteilig. Wie der übrige Corpus aus Birnbaumholz. Leichte Wölbung in Längsrichtung ohne Hohlkehle. Keine Randeinlage vorhanden. Decke bündig aufgesetzt. Zwischen Griffbrettende und Steg ist eine zentrale, runde Schallöffnung ausgeschnitten. Im unteren, breiteren Deckenabschnitt 2 Schallöcher, die im oberen Bereich formal an F-Löchern orientiert sind, unten jedoch flammenförmig auslaufen; deutlich gegeneinander versetzte Kerben. Rücken mit Hals und Wirbelkasten: aus einem Stück Birnbaumholz. Der Übergang vom muldenförmigen Rücken zum Hals ist durch einen wulstartigen Überstand kenntlich gemacht. Der sichelförmige Wirbelkasten endet in einer wappenförmigen Kopfplatte. 4 Wirbel aus verschiedenen Laubbaumhölzern. Auf den Wirbelkastenvorderkanten jeweils 2 Quereinkerbungen. Zur Innenkonstruktion: außer einem Stimmstock konnten keine Einzelheiten im Corpusinnern ermittelt werden. Gesamt L: 463 Decke L (mit unterem Überstand): 272 (283) B: 50 / 74 / 17 Wölbungshöhe Decke (max.): um 10 Decke S: I) 1,7 II) 1,0-1,1 III) 1,3 IV) 1,1-1,3 V) 1,0-1,7 Deckenmensur: 170 Schallöcher: L 37, A oben 18, A unten 47 Zargen H: s. Wölbungshöhe Rücken Zargen S: s. Rückenstärken Boden L (mit unterem Überstand): 278 (284) Wölbungshöhe Rücken: 35 (Halsansatz), 56 (bei größter Breite), 13 (am unteren Rand) Boden S: I) 3,1-4,0 II) 1,7-2,5 III) 2,2-2,7 IV) 1,1-1,3 Kreisförmige Schallöffnung: 9; Schallochlage v. o.: 101 Halsmensur: 100 Hals S: 18 / 20 / 25 Wirbelkasten L: 79 Wirbelkasten B innen: 7...19, außen: 15...21 Kopfplatte: 15 x 15 MONTURTEILE: Griffbrett und Obersattel: aus Laubholz gefertigt. Griffbrett auf der Oberseite geschwärzt. Zwischen Hals und einfach geschweiftem Griffbrett Keil geschoben. Griffbrett L: 148 Griffbrett B: 22...29 Steg: Material nicht identifiziert. B / S / H: 22 / 3 / 19 Untere Saitenbefestigung: geschwärzter Saitenhalter mit Bundsaite an einem aus dem Corpus gearbeiteten Vorsprung befestigt. Saitenhalter L: 86 Saitenhalter größte B / kleinste B: 26 / 10 POCHETTEN - INV.NR. 13 80 Besaitung: Von den 4 Saiten des Instruments bestehen die 3 obersten aus Darm, die unterste ist metallumsponnen. Stimmung: die Pochetten werden stets in Quinten gestimmt. Während Schumacher1 eine Einstimmung in der regulären Violinstimmung (g-d’-a’-e’’) vorschlägt, ist in der Literatur für die 4-saitige Taschengeige meist die Stimmung c’-g’-d’’-a’’ wiedergegeben.2 Die Vorgabe bei Vannes 19563, dieses Instrument eine Oktave höher als die Violine zu stimmen, muß als unrichtig zurückgewiesen werden, da eine Stimmung der obersten Saite nach e’’’ bei vorliegender Saitenmensur nicht möglich ist. Schwingende Saitenlänge: 270 ÜBERZUG: Hellgelb-brauner Lack. ZUBEHÖR: Diesem Instrument ist ein Bogen zugehörig, bei dem es sich entweder um Inv.Nr. B8 oder Inv.Nr. B9 handelt. Da die Bögen von Schumacher (Handschriftlicher Katalog, S. 107 u. 109) lediglich erwähnt und nicht näher beschrieben werden, ist eine genaue Zuordnung heute nicht mehr möglich. ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN: Starke Lackabnutzung im oberen Griffbrettbereich und auf der Saitenhalteroberfläche. Vereinzelter Wurmbefall. Das Instrument befindet sich in einem gut erhaltenen Zustand. Die Griffbrett-Hals-Konstruktion mit eingeschobenem Keil spricht für ein originales Griffbrett. Die anderen Monturteile könnten im Lauf der Zeit ersetzt worden sein. PROVENIENZ: Aus der Sammlung H. Schumacher. Das Instrument wurde - wie Inv.Nr. 14 - dem Museum von Otto Dreyer (Luzern) als Leihgabe zur Verfügung gestellt, nachdem er beide Pochetten von den Erben Schumachers als Anerkennung für seine Bemühungen um die Sammlung geschenkt bekommen hat.4 Laut Fundortkatalog Schumachers (S. 2) stammt vorliegende Pochette - wie viele Instrumente aus seiner Sammlung auch - aus dem Luzerner Kloster St. Anna im Bruch. Aufgrund des schmalen, bootförmigen Umrisses und der Bauweise, bei der Rücken, Hals und Wirbelkasten aus einem Stück bestehen, kann man mutmaßen, daß die Pochette im 17. oder 18. Jahrhundert entstanden ist. Bootförmige Taschengeigen wurden schon im 17. Jahrhundert gebaut, während die vergleichbaren Instrumente mit einem an der Viola da gamba oder Violine orientierten Corpus (vgl. Inv.Nr. 14 u. 15) erst im 18. Jahrhundert allmählich in Mode kamen und auch entsprechend ihren Vorbildern immer häufiger aus separaten Teilen zusammengesetzt waren.5 Trotz dieser Kriterien kann hier ein späterer Entstehungszeitpunkt im 19. Jahrhundert mit historisierenden Bauabsichten nicht völlig ausgeschlossen werden. LITERATUR: - Schumacher: Handschriftlicher Katalog, Nr. 73, S. 107. Fundortkatalog Nr. 73, S. 2. - Vannes 1956, Nr. L2, S. 39. 1 Schumacher: Handschriftlicher Katalog, S. 107ff. Vgl. beispielsweise Wackernagel 1997, S. 231 und Kinsky 1912, S. 338. 3 Vannes 1956, S. 39. 4 Dieser Sachverhalt geht aus einem Briefwechsel hervor, dessen einzelne Dokumente im Nachlaß Schumachers aufbewahrt sind. Der Nachlaß befindet sich als Depositum in der Zentralbibliothek in Luzern. 5 Vgl. Wackernagel 1997, S. 230f. 2 POCHETTEN - INV.NR. 13 81 BILDNACHWEIS: Von li. nach re. bzw. von oben nach unten: Vorder-, Seiten-, Rückgesamtansicht, Wirbelkasten mit Kopf, Schalloch. POCHETTEN - INV.NR. 82 14 Inv.Nr. 14 Pochette (4 Saiten) 18. Jahrhundert SIGNATUR: Keine Signatur vorhanden. CORPUS: Kleines, langgestrecktes Violincorpus mit abgerundeten Einziehungen anstelle der oberen und unteren Ecken. Boden, Zargen und Hals aus einem Stück gefertigt. Decke: zweiteilig. Fichte mit regelmäßig verlaufenden, engen Jahresringen. Mittelhohe Wölbung, in ausgeprägter Hohlkehle ausschwingend. Aufgemalte einlinige Randader. Kein Randüberstand, jedoch neben der tief eingegrabenen Hohlkehle ein plastisch herausgearbeiteter Wulst stehengelassen, der optisch einen Überstand suggeriert. F-Löcher mit stark versetzten Kerben. Zargen und Boden: eine Einheit bildend. Unregelmäßig geflammter Ahorn in Radialschnitt. Boden kräftig gewölbt mit ausgeprägter Hohlkehle; Randgestaltung wie Decke. Rundes, großes Bodenblatt. Zur Innenkonstruktion: Soweit erkennbar, sind außer einem Stimmstock keine Innenverstärkungen vorhanden. Gesamt L: 465 Decke L: 235 B: 103 / 72 / 130 Wölbungshöhe Decke (max.): um 15 Decke S: I) 1,6-1,7 II) 1,7-2,2 III) 1,7 IV) 1,5-2,3 V) 1,5-2,7 Deckenmensur: 128 Schallöcher: L 46, A oben 28, A unten 82 Zargen H: durchgehend 12 Zargen S: 3,4-4,3 Boden L: 251 Wölbungshöhe Boden (max.): um 18 Boden S: I) 4,5-4,8 II) 3,0-4,8 III) 1,4-2,6 IV) 1,3-2,3 MONTURTEILE: Hals und Wirbelkasten: Hals mit Boden und Zargen aus einem Stück geschnitzt; am Ansatz des Halses kein Halsfuß, sondern lediglich ein großes Bodenblatt herausgearbeitet. Mehrere Schnittspuren am Wirbelkasten könnten einen Hinweis auf das Anschäften des oberen Wirbelkastens bzw. Kopfes darstellen (nicht eindeutig feststellbar). Der Wirbelkasten endet in einem Löwenkopf mit langer, in der Mitte gescheitelter Mähne; Maul weit geöffnet. 4 neuere, sorgfältig schwarz lackierte Wirbel mit Perlmuttaugen, die in ihrer Größe für normale Violinen konzipiert sind. Im unteren Teil der Wirbelkastenrückwand ist ein rotes Siegel angebracht, in das nicht identifizierbare Initialen graviert sind. Halsmensur: 138 Hals S: 18 / 24 / 29 Wirbelkasten L: 80 Wirbelkasten B innen: 7...18, außen: 16...23 Kopf B: 25 Griffbrett und Obersattel: Der erforderliche Griffbrettabstand über der Decke entsteht hier durch eine stark keilförmige Kontur des mit Ebenholz furnierten Griffbretts und zusätzlich durch einen zwischen Hals und Griffbrett geschobenen Keil. Obersattel aus Ebenholz. Griffbrett L: 220 Griffbrett B: 24...36 Steg: Ahorn (?). B / S / H: 27 / 3 / 22 Untere Saitenbefestigung: Saitenhalter aus Ebenholz; mit einer Darmschlinge an einem Vorsprung befestigt, der am unteren Corpusrand aus Decke und Boden herausgearbeitet ist. Untersattel aus Ebenholz. Saitenhalter L: 65 POCHETTEN - INV.NR. 14 83 Saitenhalter größte B / kleinste B: 36 / 14 Untersattel B: 18 Besaitung: Das Instrument ist mit 2 umsponnenen Metall- und 2 Darmsaiten bezogen. Stimmung: Vgl. Inv.Nr. 14 Schwingende Saitenlänge: 265 ÜBERZUG: Rotbrauner Lack, der besonders an den Rändern stark geronnen und auf der Decke großflächig abgesprungen ist. ZUBEHÖR: Zu diesem Instrument gehörten sowohl ein Bogen (Inv.Nr. B8 oder Inv.Nr. B9) als auch ein Dämpfer aus neuerer Zeit (Maße: 24 / 5 / 21). ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN: 2 nicht offene Deckenrisse im unteren Corpusteil. An den Seitenwänden des Wirbelkastens kleinere Risse vorhanden. Starker Lackabrieb auf der Decke im Bereich der Streichstelle. Monturteile teilweise in neuerer Zeit ergänzt. PROVENIENZ: Aus der Sammlung H. Schumacher. Das Instrument befindet sich, wie das vorige, im Besitz Otto Dreyers (Luzern) und ist der Sammlung als Leihgabe übergeben worden. Laut Schumachers handgeschriebenen Notizen hat er das Instrument von einer Privatperson oder einem Händler erworben, der vermutlich den Namen „Meyer“ trug, da dieser Name im Fundortkatalog (S. 8) unmittelbar neben fraglicher Pochette verzeichnet ist. Corpusumriß und Bauweise sprechen für eine Einordnung ins 18. Jahrhundert. LITERATUR: - Schumacher: Handschriftlicher Katalog, Nr. 76, S. 109. Fundortkatalog Nr. 76, S. 8. - Vannes 1956, Nr. L3, S. 39. BILDNACHWEIS: Von li. nach re. bzw. von oben nach unten: Schalloch, Vorder-, Seiten-, Rückgesamtansicht, Wirbelkasten mit Kopf, Siegel an der Wirbelkastenrückwand. POCHETTEN - INV.NR. 14 84 POCHETTEN - INV.NR. 85 15 Inv.Nr. 15 Pochette (4 Saiten) Anfang 19. Jahrhundert SIGNATUR: Keine Signatur vorhanden. CORPUS: Extrem kleines Violincorpus mit relativ plumpem Hals, der in seinen Dimensionen dem Hals einer Violine im Normalformat entspricht. Aufgrund der geringen Deckenmensur hier jedoch eine deutlich kürzere schwingende Saitenlänge. Boden, Zargen und Hals mit Wirbelkasten aus einem Stück Holz herausgearbeitet. Decke: einteilig. Mittel- bis grobjährige Fichte. Kräftig gewölbt mit ausgeprägter Hohlkehle. Keine Randeinlage vorhanden. Decke bündig aufgesetzt, neben der tief eingegrabenen Hohlkehle jedoch ein wulstartiger Rand stehengelassen. Steil stehende F-Löcher mit leicht versetzten Schallochkerben. Boden, Zargen und Hals mit Wirbelkasten: aus einem Stück Ahorn mit unregelmäßigen, schräg stehenden Flammen. Boden flach gewölbt, in ausgeprägter Hohlkehle ausschwingend, die den plastisch ausgearbeiteten Rand ohne Randeinlage noch stärker zur Geltung kommen läßt. Rundes Bodenblatt stehengelassen. Zargen verjüngen sich zum unteren Teil des Corpus hin. Am Ende des gekehlten Wirbelkastens schließt sich anstelle der Schnecke eine Kopfplatte an, auf der sich ein Stern aus Perlmutter mit gezackten Rändern befindet, durch dessen Mitte zur Befestigung ein Stecker mit einem Rheinkieselknopf angebracht ist. 4 grob geschnitzte, uneinheitliche Wirbel aus verschiedenen Laubhölzern. Zur Innenkonstruktion: Abgesehen von einem Stimmstock sind keine verstärkenden Innenteile auszumachen. Gesamt L: 370 (375) Decke L: 145 B: 66 / 48 / 84 Wölbungshöhe Decke (max.): um 12 Decke S: k.M. Deckenmensur: 75 Schallöcher: L 33, A oben 18, A unten 55 Zargen H: 24 / 19 / 19 / 14 Zargen S: k.M. Boden L: 156 Wölbungshöhe Boden (max.): um 9 Boden S: k.M. Halsmensur: 140 Hals S: 20 / 21 / 27 Wirbelkasten L: 80 Wirbelkasten B innen: 9...14, außen: 17...23 Kopfplatte: 21 x 24 MONTURTEILE: Griffbrett und Obersattel: Zwischen dem keilförmigen, geschwärzten Griffbrett und dem Hals ist ein Keil eingefügt. Obersattel aus Bein. Griffbrett L: 184 Griffbrett B: 23...34 Steg: Ahorn (?). Geringe Höhe, so daß die Saiten auf dem Griffbrett aufliegen und das Instrument dadurch nicht spielbar ist. B / S / H: 15 / 2 / 11 Untere Saitenbefestigung: in der Unterzarge Knopf aus Bein, der dem Saitenhalter aus Ebenholz mittels einer Darmschlinge Halt bietet. Untersattel aus Ebenholz. Saitenhalter L: 43 Saitenhalter größte B / kleinste B: 25 / 10 Untersattel B: 18 Besaitung: Das Instrument ist mit 3 Darm- und einer umsponnenen Metallsaite ausgestattet. POCHETTEN - INV.NR. 15 86 Stimmung: Vgl. Inv.Nr. 13 Schwingende Saitenlänge: 215 ÜBERZUG: Braun bis dunkelbraun lackiert. Im Stegbereich ist der Lack partiell abgesprungen. ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN: Die oberste Darmsaite liegt im gerissenen Zustand vor. Oberer baßseitiger Wirbel im vorderen Schaftbereich abgebrochen. Mit der momentanen Ausstattung mit einem sehr niedrigen Steg ist ein Spiel auf diesem Instrument nicht denkbar. Abnutzungsspuren im oberen Griffbrettbereich zeigen jedoch, daß auf dieser Pochette trotz ihres kleinen Corpus musiziert worden war. Guter Erhaltungszustand. PROVENIENZ: Aus der Sammlung H. Schumacher. Laut der Eintragung im Fundortkatalog (S. 21) ist die vorliegende Tanzmeistergeige in Florenz erworben worden. Die weitere Provenienz ist unbestimmt. Dem Corpus nach zu urteilen, ist das Instrument im frühen 19. Jahrhundert entstanden. LITERATUR: - Schumacher: Handschriftlicher Katalog, Nr. 75, S. 108. Fundortkatalog Nr. 75, S. 21. - Vannes 1956, Nr. 74, S. 16. BILDNACHWEIS: Von li. nach re. bzw. von oben nach unten: Vorder-, Seiten-, Rückgesamtansicht, Wirbelkasten mit Kopf, Schalloch. POCHETTEN - INV.NR. 15 87 TROMBE MARINE - INV.NR. 88 16 Trombe marine1 Inv.Nr. 16 Tromba marina (1 Spielsaite) 1. Hälfte 18. Jahrhundert SIGNATUR: Keine Signatur vorhanden. CORPUS: Langgestrecktes, sich nach oben verjüngendes Corpus, das aus 5 vom zweiten Drittel an nach unten weit ausladenden, leicht konkav gebogenen Spänen und einer flachen Decke zusammengesetzt ist. Decke: zweiteilig. Fichte mit groben, teilweise welligen Jahresringen. An den Rändern und am oberen Deckenabschluß mit weißem Pergament eingefaßt. Rücken: 5 Späne, wie die Decke aus Fichte mit groben, partiell welligen Jahresringen. Sämtliche Spanfugen und die oberen Abschlüsse mit weißem Pergament beklebt. Zur Konstruktion: Hals und Oberklotz miteinander verzapft. Rückenspäne und Decke an den Oberklotz geleimt. Unterer Deckenrand sowie untere Spanenden mit einem Eisenblechkranz gesichert. Keine Innenbebalkung vorhanden. Die unteren zwei Drittel der Fugen sämtlicher Rückenspäne innen mit zum Teil beschriebenen Pergamentstreifen beklebt (Ausschnitte aus einem Chorbuch in Mensuralnotation mit lateinischem Text). Zur Stabilisierung diverser Rißbildungen von innen weißliche Pergamentstreifen aus neuerer Zeit aufgebracht. Das Austrittsloch ist im Innern durch ein einfach geschweiftes Saitendurchzugsbrett aus Nußbaum verstärkt. Gesamt L: 1860 Decke L: 1210 Decke B: 65...390 Decke S: 3,8-4,5 Deckenmensur: 980 Rücken T (max.): 280 B der beiden äußeren Späne: 40...155 B der inneren Späne: 25...180 Rücken S: 3,5-5,0 MONTURTEILE: Hals und Wirbelkasten: Hals mit Wirbelkasten aus Hartholz, von der ursprünglich schwarzen Lackierung nur noch Reste vorhanden. Auf dem vorne abgeflachten Hals befinden sich für die Flageolettgriffe 9 Halsmarkierungen aus Pergament, von denen die 3 untersten vollständig, von den restlichen 6 nur noch Spuren erhalten sind; zwischen den Markierungen Kerben eingeritzt, die möglicherweise korrigierte oder zusätzliche Tonpositionen anzeigen. Obere Saitenaufhängung mittels eines grob gearbeiteten hölzernen Wirbels, der in einem geraden, mit einem an der Violinschnecke orientierten Schneckenabschluß versehenen Wirbelkasten untergebracht ist und durch ein eisernes Zahnrad und eine Sperrklinke arretiert wird. Halsmensur: 518 Hals S: 34 / 32 / 42 Hals B: 39...44 Bundabstände (von oben nach unten): 107 - 120 - 132 - 148 - 166 - 185 - 258 - 313 - 390 Wirbelkasten L: 115 Wirbelkasten B innen: 21, außen: 38 Schnecke B: 38 Steg: Bei der Erzeugung des charakteristisch schnarrenden, trompetenartigen Klanges der Tromba marina spielt der Steg eine wichtige Rolle: durch seinen asymmetrischen, schuhförmigen Bau und durch die Randpositionierung der Saite über dem kürzeren und 1 Zu etymologischen Aspekten dieser Instrumentengattung vgl. Berdux/Tremmel 1998, Sp. 971/972. TROMBE MARINE - INV.NR. 16 89 dickeren Ende desselben wird eine einseitige Belastung erreicht. Der längere und dünnere Teil des Steges schwebt dadurch über der Decke, wird beim Anstreichen der Saite in Schwingungen versetzt und schlägt in gleichmäßiger rascher Folge auf die Decke auf. Bisweilen wird der schmetternde Klang zusätzlich durch ein auf das freischwebende Stegfußende aufgebrachtes oder in die Decke eingelegtes Plättchen aus Glas, Elfenbein oder Metall verstärkt. Vorliegender Steg aus Birnbaum ist an entsprechender Stelle mit einem solchen Elfenbeinplättchen unterlegt. In der Unterseite des Absatzes weist er einen kleinen Nagel auf, womit der Steg, der nur durch den Druck der Saite fixiert wird und beim Spiel leicht verrutschen kann, auf der Decke in Position gehalten werden soll. Eine ähnliche Funktion übt der (frz.) guidon aus, eine Hilfssaite, die am Steg oder unterhalb von diesem an der Spielsaite befestigt wird und mit der die Stellung des Steges und damit die gewünschte Stärke des Aufschlagens auf die Decke reguliert werden kann. Vorliegendes Instrument weist eine einfache guidon-Vorrichtung auf, die durch einen einzelnen, (vom Spieler aus) auf der rechten Seite in die Decke eingeschlagenen Wirbel gekennzeichnet ist, mit dem die hier direkt am Steg befestigte Hilfssaite gespannt oder gelockert werden kann. Entsprechend dieser Spannung wird das freischwebende Stegende entweder von der Decke weggezogen - wodurch es beim Spiel um so heftiger auf diese aufschlägt - oder der Decke angenähert, was die gegenteilige Wirkung zur Folge hat. B / S / H: 71 / 14 / 39 Untere Saitenbefestigung: Am unteren Ende der Decke ist die innen verknotete Saite nach außen geführt, wobei das Austrittsloch durch eine rundliche Auflage aus Obstholz verstärkt ist. In kurzem Abstand über dem Austrittsloch ist eine an den Enden abgeflachte, fast die ganze Deckenbreite einnehmende Leiste aus Nußbaum in der Funktion eines Untersattels aufgeleimt. Saitenaustrittsverstärkung : 40 Untersattel B / S / H: 315 / 18 / 20 Besaitung: Das Instrument ist mit 1 Spielsaite aus Darm bezogen. Stimmung: Die Trombe marine werden ausschließlich in der Flageolettgriffweise gespielt. Durch die Teilung der Saite in einem bestimmten Verhältnis erklingen die Töne der Obertonreihe, wobei als Basiston (Stimmung der unverkürzten Spielsaite) meist C oder D verwendet wurde.1 Resultierend aus dieser besonderen Spielweise befindet sich die Streichstelle entgegen der üblichen Spielhaltung bei Streichinstrumenten zwischen dem Obersattel und der die Saite berührenden Hand. Schwingende Saitenlänge: 1500 ÜBERZUG: Corpus mit dunkelbraunem Überzug versehen; die schwarze Lackierung an Hals und Wirbelkasten nur noch in Resten vorhanden. ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN: Starke Wurmschäden am gesamten Instrument. Obersattel fehlend. Wirbel der guidonVorrichtung abgebrochen und nur noch Reste der Hilfssaite aus Darm vorhanden. Pergamentverstärkungen im Innen- und Außenbereich des Corpus teilweise erneuert. Neuere Rißbildungen am Corpus. Am Wirbelkasten ist unterhalb des Wirbelaustrittsloches ein Stück der Seitenwand herausgebrochen. Steg sowie Untersattel und Saitenaustrittsverstärkung vermutlich nicht original (Abnutzungsspuren auf der Decke). 1 Vgl. Prin 1742, fol. 10v. TROMBE MARINE - INV.NR. 16 90 PROVENIENZ: Diese Tromba marina hat Schumacher nach seinen Angaben im Fundortkatalog (S.4) aus dem Benediktinerinnen-Kloster St. Andreas in Sarnen erstanden. Das Kontaktieren des Klosters zwecks weiterer Nachforschungen bezüglich der Herkunft des Instruments blieb leider ergebnislos. Im Landesmuseum Zürich (Inv.Nr. 3405/284) befindet sich eine Tromba marina, die dieselben charakteristischen Merkmale wie vorliegendes Instrument aufweist (hexagonale Corpusform, Eisenblecheinfassung am unteren Ende des Corpus, gleiche Positionsmarkierungen am Hals, gleiche Wirbelkastengestaltung und Stimmechanik, weißliche Pergamentstreifen auf den Fugenverbindungen). Das aus dem Kloster St. Lazarus in Seedorf erworbene Objekt und das hier besprochene Instrument könnten daher vom gleichen Hersteller stammen. Adkins/Dickinson 1991 nahmen anhand von spezifischen Stil- und Formelementen eine Einordnung der anonym überlieferten Trombe marine vor. Dabei kristallisierten sich verschiedene Schulen heraus, die mit einer bestimmten Region in Verbindung gebracht wurden. Die vier Instrumente, die sich noch heute in der Sammlung im Richard-WagnerMuseum befinden, weisen allesamt die gleiche Corpusform mit leicht konkav gebogener Spangestaltung auf und lassen sich nach Adkins/Dickinson aufgrund eines überlieferten signierten Instruments gleicher Formgebung (Tromba marina von Matthias Hornsteiner II, Mittenwald, 1790; heute Berliner Musikinstrumentenmuseum Inv.Nr. 158) in die sogenannte Mittenwalder Gruppe des Typ B einordnen.1 Ursprünglich befanden sich insgesamt sieben Trombe marine in Schumachers Besitz. Durch Veräußerungen und Tauschvorgänge nach Schumachers Tod, aber auch noch zu seinen Lebzeiten (vgl. S. 5f. in dieser Arbeit), reduzierte sich dieser außergewöhnlich große Sammlungsbestand von sieben auf heute leider nur noch vier Instrumente. Der jüngste Tauschvorgang fand 1974/75 statt, bei dem die Tromba marina Inv.Nr. 72 (nach Vannes 1956; nach Kappeler/Hiestand 1966 Inv.Nr. 71) in den Besitz von Karl Mangold (Zollikon) überging, der der Sammlung dafür ein Kontrafagott überließ.2 LITERATUR: - Schumacher: Handschriftlicher Katalog, Nr. 52, S. 73. Fundortkatalog Nr. 52, S. 4. - Vannes 1956, Nr. 73, S. 15. - Adkins/Dickinson 1991, Appendix 3, S. 325/326 (dort jedoch unter der Inv.Nr. 71 geführt). 1 2 Adkins/Dickinson 1991, S. 124ff. Vgl. Böhringer 1995, Inv.Nr. 133a, S. 163. TROMBE MARINE - INV.NR. 16 91 BILDNACHWEIS: Von li. nach re. bzw. von oben nach unten: Vorder-, Seiten-, Rückgesamtansicht, Corpusinnenansicht, Hals mit Wirbelkasten. TROMBE MARINE - INV.NR. 16 92 TROMBE MARINE - INV.NR. 93 17 Inv.Nr. 17 Tromba marina (1 Spiel- und 4 Resonanzsaiten) um 1700 SIGNATUR: Auf der Innenseite des mittleren Spans ist mit Bleistift die Ziffer „55“ notiert; diese entspricht der Katalognummer von Schumacher und dürfte daher auch aus seiner Hand stammen. CORPUS: Langgestrecktes, nach unten kelchförmig ausladendes Corpus, fünfspänig. Entgegen der gewöhnlich eher schlichten Ausführung der Trombe marine ist die Decke hier reich bemalt. Decke: zweiteilig (?), aus Ahorn. Deckenränder mit bunten Pergamentstreifen belegt, an den Längsseiten sich nach unten verbreiternd. Im oberen Drittel Rosette aus dunkel gefärbtem Pergament (?) eingesetzt (Blütenornament mit integriertem tropfenförmigem Muster), einfache Schallochumrandung aus geschwärztem Pergament. Bemalung der gesamten Decke mit bunten Blumengirlanden; in der unteren Deckenhälfte innerhalb eines Blätterkranzes in Medaillonform (Länge ca. 220 mm) ein Gemälde des Heiligen Michael, der hier mit Flügeln und den Symbolen der Waage und des geflammten Schwerts dargestellt ist. Rücken: 5 Späne aus mittel- bis grobjähriger Fichte. Spanfugen ebenfalls mit bunten, sich nach unten keilförmig verbreiternden Pergamentstreifen belegt. Zur Konstruktion: Hals in den schmalen, glockenförmigen Oberklotz eingesetzt. Rückenspäne an den Oberklotz geleimt, wobei die Anstöße mit einer fünfkantigen Kranzleiste überdeckt sind; darunter ein breiter Pergamentstreifen über Späne und Decke geklebt. Decke bis zum Halsansatz in den vorne abgeflachten Oberklotz eingelegt. Zur Vergrößerung der Standfläche und zur Stabilisierung des unten stets offenen Corpus ist an die Außenseite der Spanenden bzw. des Deckenabschlusses ein Leistenkranz aus Fichte geleimt. Zusätzlich ist an das untere, innere Deckenende eine festigende, fast über die ganze Breite reichende Holzleiste geschraubt. Direkt darüber schließt sich ein flacher Querbalken aus Obstholz an, in dessen Mitte eine hoher Überstand mit aufgesetztem Eisensattel stehen gelassen wurde, um darin 4 Wirbel aus Birne für die 4 freischwingenden Resonanzsaiten zu befestigen. Obere Resonanzsaitenbefestigung vermutlich an Anhängestiften, die auf einer Verlängerung des Oberklotzes angebracht sind. Da die Stimmung der Resonanzsaiten hier durch die im unteren Corpusteil angebrachten Wirbel und nicht - wie meistens üblich - mittels einer Stimmvorrichtung am Oberklotz erfolgt, die über eine in die Decke integrierte Schiebetür zu erreichen ist, ist bei vorliegender Tromba marina im Oberklotzbereich lediglich ein kleines Rechteck aus der Decke gesägt, das zum Teil mit Pergament belegt ist und bei Bedarf herausgenommen werden kann (heute nicht mehr möglich, da stark verzogen). Stabilisierende Maßnahmen im Innern des Corpus durch je einen leicht gebogenen Deckenquerbalken unterhalb des Schallochs bzw. auf Höhe des Steges und durch Pergamentbeläge entlang der Spanfugen. Gesamt L: 1810 Decke L: 1215 Decke B: 73 (43)...320 Decke S: 5,0-6,0 Deckenmensur: 1035 Rücken T (max.): 220 B Späne: um 33...um 123 Rosette: 63; Schallochlage v. o.: 287 Rücken S: 4,0-6,0 MONTURTEILE: Hals und Wirbelkasten: Hals mit Wirbelkasten und Wirbelkastenabschluß geschwärzt und aus einem Stück gefertigt. Auf der Vorderseite des vollständig verrundeten Halses sind die Tonbuchstaben (von unten nach oben) C-E-G-C-D-E-F-G-A-B-C aufgebracht, die den 4.-6., 8.-14. und 16. Partialton der Obertonreihe auf C markieren. Entgegen logischer Erwartungen sind die Buchstaben - in Abweichung zu den Markierungen bei den Trombe marine TROMBE MARINE - INV.NR. 17 94 Inv.Nr. 18 u. 19 - aus der Spielerperspektive auf dem Kopf stehend, in Frontalansicht dagegen in normal lesbarer Anordnung angebracht. Die Spielsaite gelangt über einen am Wirbelkastenunterende stehengelassenen Wulst in Funktion eines Obersattels zu einem vierkantig ausgearbeiteten Eisenwirbel, auf dessen (vom Spieler aus gesehen) rechtem Abschluß außerhalb des Wirbelkastens eine s-förmig gebogene Kurbel mit einem hölzernen Endknauf angebracht ist; das linke Ende ist verrundet. Gesichert wird diese Stimmechanik durch ein eisernes Zahnrad mit Sperrklinke. Wirbelkastenabschluß in Form eines Adlerkopfes. Halsmensur: 440 Hals S: 35 / 39 / 43 Hals B: 32...40 Bundabstände (von oben nach unten): 95 - 105 - 115 - 124 - 133 - 147 - 162 - 182 - 246 - 293 - 365 Wirbelkasten L: 170 Wirbelkasten B innen: 22...27, außen: 45...52 Kopf B: 39 Steg: braun lackiert. Auf die Unterseite des auf die Decke aufschlagenden Fußes ein Elfenbeinplättchen mittels 2 kleiner Nägel angebracht. Fixierung des feststehenden Endes durch eine in die Unterseite getriebene Metallspitze. Zur Stegregulierung einfache guidon-Vorrichtung mit einer im (vom Spieler aus) rechten, unteren Deckenbereich angebrachten Wirbelhalterung (vgl. Inv.Nr. 16). B / S / H: 67 / 9 / 38 Untere Saitenbefestigung: Unterhalb des rot bemalten Untersattels mit nach oben geschwungenen Enden ist die im Innern verknotete Spielsaite durch ein Loch in der Decke nach außen geführt. Untersattel B / S: 139 / 34 Besaitung: Das Instrument ist mit 1 Spielsaite aus Darm und 4 Resonanzsaiten aus Messing bezogen. Stimmung: Basiston (Stimmung der unverkürzten Spielsaite) auf C. Die Resonanzsaiten werden auf dieselbe Tonhöhe wie die Spielsaite gestimmt, hier also C.1 Schwingende Saitenlängen: Spielsaite: 1445; Resonanzsaiten: k.M. ÜBERZUG: Corpus mittelbraun lackiert; Hals und Wirbelkasten mit schwarzem Lack versehen, auf der Halsvorderseite leicht geronnen. ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN: 1 Resonanzsaite gerissen. Wirbel und Saite für guidon-Vorrichtung fehlend. Leichter Wurmfraß am gesamten Instrument. Mehrere kleine Rißbildungen an der Deckenunterkante, zum Teil innen und außen mit Pergamentauflagen belegt. Starker Lackabrieb im HalsWirbelkasten-Bereich. Steg nicht original zum Instrument gehörig. PROVENIENZ: Wie alle anderen Trombe marine aus seiner Sammlung, fand und erwarb Schumacher auch dieses Exemplar in einem Schweizer Frauenkloster. Dieser Fundort ist für Trombe marine nicht ungewöhnlich, da sie vom 17. bis ins 19. Jahrhundert überwiegend in Nonnenklöstern des deutschsprachigen Raums Verwendung fanden (daher auch der Name Nonnengeige).2 Aus dem Kapuzinerinnen-Kloster Santa Maria in Wattwil erstand Schumacher nicht nur vorliegende Tromba marina; er erwarb zusätzlich ein zweites Instrument (heute Exponat des 1 Zur Stimmung der Resonanzsaiten vgl. R. Holmes: Academy of Armory, ca. 1680, Manuskript (British Library). Zit. nach Küllmer 1986, S. 313. 2 Vgl. Berdux/Tremmel 1998, Sp. 977. TROMBE MARINE - INV.NR. 17 95 Musikinstrumentenmuseums in Genf, Inv.Nr. 160), welches dem hier beschriebenen in nahezu allen Einzelheiten gleicht und mit großer Sicherheit aus derselben Werkstatt stammt. Die ungewöhnlich dekorative Ausstattung der Decken beider Instrumente läßt an eine Sonderanfertigung für einen Liebhaber oder für einen besonderen Auftraggeber denken. Die Anfrage an das Kloster, ob sich in den Kloster-Chroniken aus dem fraglichen Zeitraum Hinweise zu den biographischen Umständen der Instrumente finden lassen, blieb leider auch hier ergebnislos. Jenes paarige Auftreten der Trombe marine, das sich im Sammlungsbestand Schumachers vermehrt beobachten läßt, hängt mit ihrer Verwendung als Trompetenersatz für die Nonnen zusammen, denen das Spiel auf Blasinstrumenten untersagt war. Wie die Trompeten wurden sie häufig im Ensemble gespielt,1 wobei zur Erreichung größtmöglicher Homogenität eine gewisse Gleichartigkeit der Instrumente sehr erwünscht war. LITERATUR: - Schumacher: Handschriftlicher Katalog, Nr. 55, S. 76. Fundortkatalog Nr. 55, S. 3. - Vannes 1956, Nr. 70, S. 15. - Adkins/Dickinson 1991, Appendix 3, S. 410-412. BILDNACHWEIS: Von li. nach re. bzw. von oben nach unten: Vorder-, Seiten-, Rückgesamtansicht, Hals mit Wirbelkasten, Detailansicht Decke, Corpusinnenansicht. 1 Ebda., Sp. 978. TROMBE MARINE - INV.NR. 17 96 TROMBE MARINE - INV.NR. 97 18 Inv.Nr. 18 Tromba marina (1 Spielsaite) Mitte 18. Jahrhundert SIGNATUR1: Auf der Innenseite des mittleren Spans ist die Ziffer „54“ verzeichnet. Hierbei dürfte es sich wie bei Inv.Nr. 17 u. 19 - um eine von Schumacher stammende Numerierung handeln. CORPUS: Schlicht gearbeitetes, großrahmiges Instrument mit langgestrecktem, nach oben konisch zulaufendem Corpus aus 5 leicht konkav gebogenen Spänen und einer flachen Decke. Decke: dreiteilig; Mittelteil aus fein- bis mitteljähriger Fichte, die beiden äußeren Ansätze aus Fichte mit weitstehenden Jahresringen. Rücken: 5 Späne aus grobjähriger Fichte, Jahresringe teilweise sehr wellig verlaufend, in einem der äußeren Späne Astloch sichtbar. Zur Konstruktion: Hals und Oberklotz miteinander verzapft. Decke und Rückenspäne an den unteren Teil des Oberklotzes geleimt und gestiftet; Corpus oben mit einem sockelförmigen, einfach profilierten, sechsteiligen Abschluß versehen. Als Standfläche ist in die Innenseite der Corpusöffnung eine Rahmenbebalkung eingepaßt, die von außen zusätzlich mit einem aufgenagelten Eisenblechkranz gesichert ist. Außer einer auf die Decke aufgebrachten Saitendurchzugsleiste keine Innenbebalkung vorhanden. Sämtliche Spanfugen und ein Deckenriß innen mit Leinenbelägen gesichert. Die Decke ist auf der Innenseite im Bereich des Steges großflächig mit Glassplittern beschichtet, um den Geräuschpegel des Instruments niedriger zu halten.2 Gesamt L: 1965 Decke L: 1280 Decke B: 90...410 Decke S: um 4,0 Rücken T (max.): 290 B Späne: um 43...um 180 Deckenmensur: 985 Rücken S: um 3,0 MONTURTEILE: Hals und Wirbelkasten: Hals mit Wirbelkasten und Wirbelkastenabschluß aus einem Stück Laubholz gefertigt und mit schwarzem Lack überzogen. Obersattel eingenutet, ebenfalls geschwärzt. Auf die abgeflachte Halsvorderseite sind 12 (2 fehlend) quadratische und mit Tonbuchstaben beschriftete Positionsmarkierungen aus starkem Papier geleimt (von unten nach oben): A-D-F[#]-A-[C]-D-E-F[#]-G-A-[H]-C. Dies entspricht dem 3.-14. Partialton der Obertonreihe auf D. Der Wirbelkasten geht in einen schlicht gearbeiteten, an der Violinschnecke orientierten Kopf über. Obere Saitenbefestigung mittels eines schmiedeeisernen Wirbels mit ringförmigem Kopf, der durch ein Zahnrad und eine Sperrklinke aus Eisen arretiert werden kann. Halsmensur: 512 Hals S: 43 / 39 / 40 Hals B: durchgehend 43 Bundabstände (von oben nach unten): 88-101-117-132-146-164-180-204-235-306-388-476 Wirbelkasten L: 130 Wirbelkasten B innen: 21, außen: 42 Kopf B: 42 Steg: aus Buche; auf die Unterseite des auf die Decke aufschlagenden Fußes ist ein Elfenbeinplättchen angebracht. Stegregulierung durch eine auf der (vom Spieler aus) rechten Deckenseite angebrachten guidon-Vorrichtung mit 2 Wirbeln aus unterschiedlichen Obsthölzern. Dabei dient der obere, in den Oberklotz eingeschlagene Wirbel zur Befestigung 1 Dem Instrument wird bei Adkins/Dickinson 1991 (S. 419) fälschlicherweise die Inschrift Jesus Nazarenum Rex... zugeschrieben. 2 Vgl. Küllmer 1986, S. 319/320. TROMBE MARINE - INV.NR. 18 98 des oberen Endes der Hilfssaite; der untere Wirbel fungiert lediglich als Lenkstift, an dem die Hilfssaite entlang läuft, um schließlich unterhalb des Steges an der Spielsaite befestigt zu werden. Der Vorteil einer derartigen guidon-Einrichtung besteht darin, daß diese vom Spieler benutzt werden kann, ohne daß er seine Spielposition verlassen muß. Zur Bedienung der einfachen guidon-Vorrichtung mit nur einem Wirbel in der Nähe des Steges muß das Instrument dagegen in jedem Fall abgesetzt werden - die unkomfortablere Lösung (vgl. dazu auch die entsprechenden Ausführungen bei Inv.Nr. 16 u. 17). Wie an vielen anderen Museumsinstrumenten mit einer solchen Ausstattung auch,1 ist die Funktion als guidon hier jedoch nicht mehr offensichtlich: Die beiden Wirbel sind als Träger einer sympathetisch mitschwingenden Aliquotsaite mißverstanden worden,2 die wahrscheinlich zur klanglichen Unterstützung des Grundtons in der Oberoktave zu diesem eingestimmt werden sollte. Da eine in dieser Art und Funktion angebrachte Resonanzsaite historisch nicht nachgewiesen werden kann, ist die vorliegende Einrichtung mit einer zwischen die Wirbel gespannten Darmsaite als nicht authentische Zutat neueren Datums zu beurteilen. B / S / H: 60 / 13 / 36 Untere Saitenbefestigung: Die im Innern verknotete Saite wird am unteren Deckenrand durch ein Loch nach außen geführt; Austrittsöffnung mit einer quadratischen, an den Saiten abgefasten Holzverstärkung belegt. Darüber dunkelbraun lackierter, seitlich abgefaster Untersattel auf die Decke geleimt. Untersattel B / S / H: 150 / 24 / 18 Saitenaustrittsverstärkung: 30 x 30 Besaitung: Das Instrument ist für 1 Spielsaite aus Darm konzipiert (zur Zeit fehlend). Stimmung: Spielsaite auf D gestimmt. Schwingende Saitenlänge: 1515 ÜBERZUG: Corpus mit hellbraunem Überzug versehen; Hals und Wirbelkasten schwarz lackiert. ZUBEHÖR: In Schumachers Fotoalbum ist dem Instrument der Bogen Inv.Nr. B1 zugeordnet. Ob der Bogen zusammen mit dem Instrument erworben wurde oder ob diese Zuordnung nicht doch eher willkürlich geschah, muß an dieser Stelle offen bleiben. ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN: Spielsaite nicht vorhanden. Diverse Rißbildungen an Decke und Rücken. Von 2 Positionsmarkierungen am Hals nur noch geringe Papierreste sichtbar. Saitenmaterial für guidon-Vorrichtung fehlend (s.o.). Steg nicht original. PROVENIENZ: Laut Fundortkatalog (S. 2) erwarb Schumacher dieses Instrument aus dem KapuzinerinnenKloster St. Anna im Bruch, Luzern. Da das Kloster im Jahre 1904 abgebrochen wurde und eine frühere Anfrage nach der Herkunft einiger Blasinstrumente, die Schumacher ebenfalls aus diesem Kloster erstanden hatte, erfolglos blieb,3 wurde auf eine Nachfrage bezüglich der Provenienz der Trombe marine Inv.Nr. 18 u. 19 verzichtet. LITERATUR: - Schumacher: Handschriftlicher Katalog, Nr. 54, S. 75. Fundortkatalog Nr. 54, S. 2. 1 Vgl. Adkins/Dickinson 1991, S. 170. Auch Schumacher (Handschriftlicher Katalog), Vannes 1956 und Kappeler/Hiestand 1966 unterlagen dieser Fehlannahme. 3 Vgl. Böhringer 1995, S. 185. 2 TROMBE MARINE - INV.NR. 18 99 - Vannes 1956, Nr. 71, S. 15. - Adkins/Dickinson 1991, Appendix 3, S. 419. BILDNACHWEIS: Von li. nach re. bzw. von oben nach unten: Vorder-, Seiten-, Rückgesamtansicht, Corpusinnenansicht, Hals mit Wirbelkasten. TROMBE MARINE - INV.NR. 18 100 TROMBE MARINE - INV.NR. 19 101 Inv.Nr. 19 Tromba marina (1 Spielsaite) Mitte 18. Jahrhundert SIGNATUR: Auf der Innenseite des mittleren Spans ist die Ziffer „51“ verzeichnet. Hierbei dürfte es sich wie bei Inv.Nr. 17 u. 18 - um eine von Schumacher stammende Numerierung handeln. CORPUS: Das Instrument ist hinsichtlich seiner konstruktionellen Gegebenheiten und Ausmaße in nahezu allen Details mit voriger Tromba marina (Inv.Nr. 18) identisch. Daher soll im folgenden lediglich auf die Abweichungen eingegangen werden. Decke: s. Inv.Nr. 18 Rücken: s. Inv.Nr. 18 Zur Konstruktion: Anstöße im Innern mit Pergament belegt. MONTURTEILE: Hals und Wirbelkasten: s. Inv.Nr. 18 Steg: aus Nußbaum; auf der Unterseite des auf die Decke aufschlagenden Fußes Klebespuren sichtbar, die auf einen ursprünglichen Belag (wahrscheinlich aus Elfenbein) hinweisen. B / S / H: 73 / 9 / 41 Untere Saitenbefestigung: s. Inv.Nr. 18 Besaitung: s. Inv.Nr. 18 ÜBERZUG: s. Inv.Nr. 18 ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN: Oberer Wirbel und Saite der guidon-Vorrichtung fehlend. Obersattel nicht mehr vorhanden. Die Positionsmarkierungen auf der Halsvorderseite haben sich bis auf die zweitunterste (D) und die oberste (C) nahezu vollständig abgelöst; mit Hilfe der Angaben von Schumacher (Handschriftlicher Katalog, S. 72) und dem Vergleichsinstrument (Inv.Nr. 18) lassen sich jedoch die gleichen Tonbuchstaben wie bei Inv.Nr. 18 rekonstruieren. Am Corpus vereinzelt Wurmschäden erkennbar. Am Rücken großflächige dunkle Verfärbungen (vermutlich Wasserschäden). Der Steg ist eine Ergänzung aus neuerer Zeit. PROVENIENZ: Wie voriges Instrument stammt diese Tromba marina aus dem Frauenkloster St. Anna im Bruch, Luzern. Aufgrund der starken Ähnlichkeit beider Instrumente kann nicht nur angenommen werden, daß sie von ein und demselben Instrumentenbauer gefertigt worden sind, sondern es ist zudem wahrscheinlich, daß sie auch paarweise zum Einsatz kamen. LITERATUR: - Schumacher: Handschriftlicher Katalog, Nr. 51, S. 72. Fundortkatalog Nr. 51, S. 2. - Adkins/Dickinson 1991, Appendix 3, S. 418. TROMBE MARINE - INV.NR. 19 102 BILDNACHWEIS: Von li. nach re. bzw. von oben nach unten: Vorder-, Seiten-, Rückgesamtansicht, Corpusinnenansicht, Hals mit Wirbelkasten. TROMBE MARINE - INV.NR. 19 103 STREICHZITHERN – INV.NR. 104 20 Streichzithern Inv.Nr. 20 Streichzither (4 Saiten) Deutschland, um 1900 SIGNATUR: Keine Signatur vorhanden. CORPUS: Flaches Corpus in Herzform mit weit herausragender, abgestumpfter Spitze. Stimmstock mit Stimmechanik. Decke: Ahorn, Palisander furniert. Flach, bündig mit den Zargen abschließend. Einspänige Randeinlage aus weißlichem Material (Zelluloid?). Unterhalb der größten Breite 2 ovale Schallöcher eingeschnitten, eingefaßt von Zierspänen, die der Deckenrandeinlage entsprechen. Zargen: Ahorn, schwarz lackiert. Boden: fein- bis mitteljährige Fichte, schwarz lackiert. 3 gedrechselte Füßchen aus Bein (Kunststoff?) mit Eisendornen jeweils in die oberen Herzrundungen bzw. auf Höhe des Griffbrettendes eingeschraubt. Zur Innenkonstruktion: in Längsrichtung angebrachte, zentrale Griffbrettbrücke mit 2 Auslassungen. Ober- und unterhalb der Schallöcher je ein Deckenquerbalken eingesetzt, der für die Griffbrettbrücke unterbrochen ist. Im Bereich der Füßchen je ein Klötzchen an den Boden geleimt, in die die Füßchen eingeschraubt sind. Gesamt L:501 (510) Decke L: 422 B: 267 / 48 Decke S: 3,0-3,5 Zargen H: 25 Zargen S: 3,1-3,3 Schallöcher: beide 35 x 69 Boden S: 3,7-4,0 MONTURTEILE: Stimmstock: in Form einer asymmetrischen Flamme. Stimmechanik mit Neusilberplatte, darauf das Motiv eines mit Obst gefüllten Horns eingraviert. Stimmstock L / B (max.): 90 / 53 Griffbrett: schwarz gebeizt. Zentral auf die Decke geleimt, gewölbt und nach oben an Stärke abnehmend. 29 chromatisch eingelegte Bünde aus Neusilber; je 2 Positionsmarkierungen aus Perlmutt vor dem 5., 9. und 12. Bund, 1 Markierung vor dem 17. Bund. Obersattelbund ebenfalls aus Neusilber. 4 Schränkstifte aus Eisen. Griffbrett L (max.): 332 Griffbrett B: durchgehend 47 Bundabstände: 20-40-60-78-95-111-127-141-155-168-181-192-203-214-224-233-242-251-259-267274-280-286-292-297-302-307-312-317 Untere Saitenbefestigung: schwarz lackierter Sattelbock mit Sattelbund aus Messing. Durch 4 Saitenschlitze gelangen die Saiten zu 4 unterständig eingeschlagenen Eisenstiften. Sattelbock B / L / H (über Decke): 48 / 30 / 22 Besaitung: 4 Metallsaiten, davon 1 metallumsponnen. Stimmung: Die Stimmung entspricht der klassischen Violinstimmung in umgekehrter Anordnung (die höchste Saite befindet bei der Streichzither auf der linken Saite des Griffbretts): e’’-a’-d’-g (nach Sachs 1913, S. 361f.). Schwingende Saitenlänge: 392 STREICHZITHERN – INV.NR. 20 105 ÜBERZUG: Außer der mit farbloser, überwiegend krakelierter Politur überzogenen Decke ist das Corpus mit Stimmstock und Sattelbock schwarz lackiert. ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN: Guter Erhaltungszustand ohne erkennbare Beschädigungen. PROVENIENZ: Diese ursprünglich nicht zu Schumachers Sammlung gehörige Streichzither ist zwischen 1956 und 1966 in die Ausstellung eingegliedert worden. Laut Kappeler/Hiestand 1966 gehörte das Instrument zuvor dem Trödler Dibiasi aus Luzern. Die herzförmige Corpusform gilt als Prototyp der von Johann Petzmayer in München erfundenen Streichzither. Da die Verwendung einer Stimmechanik bei Zithern erst seit 1895 allgemein zur Anwendung kommt, muß vorliegendes Exemplar nach dieser Zeit entstanden sein.1 BILDNACHWEIS: Von oben nach unten: Vorder-, Rückgesamtansicht, Wirbelbrett mit Stimmechanik. 1 Michel 1995, S. 104/105. STREICHZITHERN – INV.NR. 20 106 STREICHZITHERN – INV.NR. 107 21 Inv.Nr. 21 Streichmelodion (4 Saiten) Deutschland, um 1900 SIGNATUR: Keine Signatur vorhanden. CORPUS: Sauber verarbeitetes historisierendes Gambencorpus mit abfallenden Schultern und weit ausladendem, eckenlosen Ober- und Unterbügel; Mittelbügel schwach gebogen und an scharfen Einziehungen ansetzend. Decke: zweiteilig. Fichte mit sehr regelmäßig verlaufenden, in der Mitte engen, zum Rand hin breiter werdenden Jahresringen. Mittelhohe Wölbung, die in einer leichten Hohlkehle ausläuft. Einfache dreispänige Randeinlage an einem überstehenden, plastisch ausgearbeiteten Rand. Lange, mit Mensurkerben versehene F-Löcher, deren Klappen spitz auslaufen. Zargen: Ahorn in Radialschnitt. Zweigeteilter Unterzargenverlauf. Boden: zweiteilig. Deutlich geflammter Ahorn in Radialschnitt. Wölbung, Hohlkehle und Randeinlage der Decke entsprechend. Rundes Bodenblatt. 2 in den oberen Backen sich befindende Füßchen aus Bein mit Eisendornen. Zur Innenkonstruktion: Der Hals ist in den separaten, eckigen Oberklotz eingesetzt. Im flachrunden Unterklotz ist der Saitenhalterknopf fixiert. Die Decke ist mit 1 Paßstift am Unterklotz gesichert. Breite Decken- und Bodenreifchen. Stimmstock und Baßbalken vorhanden, diese jedoch - entsprechend der Besaitung - in umgekehrter Anordnung wie bei der Violine positioniert. Die Zusammenstöße der Zargenenden des Mittelbügels mit Oberund Unterbügel sind mit dünnen Verstärkungen belegt. Die Füßchen im Boden enden innen in kleinen Gegenklötzchen. Gesamt L: 597 (600) Decke L: 352 B: 195 / 112 / 242 Wölbungshöhe Decke (max.): um 14 Randüberstand Decke: 4 Decke S: I) 3,2-3,9 II) 2,0-2,4 III) 1,7-2,3 IV) 1,6-2,3 V) 2,5-3,0 Deckenmensur: 192 Schallöcher: L 80, A oben 43, A unten 136 Zargen H: durchgehend 30 Zargen S: <1,0 Boden L: 370 Wölbungshöhe Boden (max.): um 17 Randüberstand Boden: 4 Boden S: I) 2,4 II) 1,8-2,0 III) 1,7-2,2 IV) 1,9-2,5 MONTURTEILE: Hals und Wirbelbrett: Nußbaum, in einem Stück. An der Halsunterseite ist in Längsrichtung ein flacher Grat stehen gelassen. Wirbelbrett in Form einer asymmetrischen Flamme. Stimmechanik; Abdeckplatte aus Neusilber mit eingravierten Akanthusranken. Wirbelköpfe aus Bein. In die Rückseite des Wirbelbretts ist ein drittes gedrechseltes Füßchen aus Bein (Kunststoff?) eingelassen, welches ebenfalls zur Abstützung des Instruments auf dem Tisch dient. Halsmensur: 163 (173) Hals S: 28 / 29 / 31 Wirbelbrett L: 85 Wirbelbrett B (max.): 51 Griffbrett: geschwärztes und gewölbtes Griffbrett mit 27 eingelegten Bünden aus Neusilber in chromatischer Anordnung; je 1 Positionsmarkierung aus Perlmutt vor dem 5., 9., 12., 17., 21. und 24. Bund. Obersattelbund ebenfalls aus Neusilber. 4 Schränkstifte aus Eisen. Griffbrett L: 288 Griffbrett B: 38...50 Bundabstände: 18-37-55-72-87-102-115-128-141-152-163-174-183-142-201-210-217-225-232-238245-251-256-261-266-271-275 STREICHZITHERN – INV.NR. 21 108 Steg: Ahorn. B / S / H: 40 / 4 / 35 Untere Saitenbefestigung: Saitenhalter und Untersattel aus Ebenholz. Saitenhalteraufhängung mittels Hängelsaite und Ebenholzknopf. Saitenhalter L: 92 Saitenhalter größte B / kleinste B: 45 / 15 Untersattel B: 40 Besaitung: Das Instrument ist mit 4 metallumsponnenen Saiten bezogen. Stimmung: s. Inv.Nr. 20 Schwingende Saitenlänge: 350 ÜBERZUG: Corpus, Hals und Wirbelbrett mit rotbraunem Überzug versehen. ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN: Hängelsaite zur Aufhängung des Saitenhalters gerissen; durch die resultierende fehlende Saitenspannung liegt der Steg dem Instrument nur noch lose bei. Die abgerundete Ecke am baßseitigen Oberbügel ist stark beschädigt. PROVENIENZ: Das Instrument ist erst nach Schumachers Tod in die Sammlung eingegliedert worden. Über frühere Besitzverhältnisse ist nichts bekannt. Nachdem sich die 1823 von Johann Petzmayer in München erfundene Streichzither in Herzform etabliert hatte, entstanden bald darauf Streichzithertypen, deren Corpora an den Vorbildern aus dem Streichinstrumentenbau orientiert waren. Das durch ein historisierendes Gambencorpus gekennzeichnete Streichmelodion (Streichmelodeon) wurde überwiegend in der Fabrik Ernst Rudolf Gliers (gegründet 1884) in Markneukirchen gebaut.1 LITERATUR: - Vannes 1956, Nr. 87, S. 87. 1 Vgl. Heyde 1989, S. 17. STREICHZITHERN – INV.NR. 21 109 BILDNACHWEIS: Von li. nach re. bzw. von oben nach unten: Vorder-, Seiten-, Rückgesamtansicht, Wirbelbrett mit Stimmechanik, Schalloch. DREHLEIER - INV.NR. 22 110 Inv.Nr. 22 Drehleier1 (2 Melodie- und 4 Bordunsaiten) Henry Thouvenel, Mirecourt, 2. Hälfte 19. Jahrhundert SIGNATUR: Brandstempel am Tangentenkasten (im Dreieck angeordnet): THOUVENEL // HENRY // A. MIRECOURT Auf Deckelinnenseite Reste eines kleinen Etiketts mit blauem Rand (frühere Museumsnummer?). CORPUS: Zargencorpus in Gitarrenform mit gestrecktem Oberbügel, flach eingezogenem Mittelbügel und seitlich stark gerundetem Unterbügel. Decke: einteilig, aus Ahorn. In Querrichtung flachrund gebogen. Breite Randeinlage aus Ebenholz- und Beinrhomben im Wechsel, nach innen von einer dreispänigen Ader aus Ebenholz und Ahorn begrenzt. Seitlich des Saitenhalters je ein Schalloch in E-Form, jeweils aus 4 Öffnungen zusammengesetzt. Durch den geöffneten Tangentenkasten weitere 12 kleine, runde Schallöffnungen in paarweiser Anordnung sichtbar. Ölloch oberhalb des Achsenlagers - d. h. zwischen Tangentenkastenende und Streichrad - in die Decke gebohrt. Zargen: Material wie Decke. Unterschiedlich hohe Zargen: im Bereich des Unterklotzes und an den Einziehungen größte, an den Ausbiegungen geringste Höhe. In der Unterzarge am Zusammenstoß keilförmiges Zwischenstück aus Ebenholz eingesetzt, aus dem nahe der Decke die s-förmige eiserne Kurbel mit abschließendem Knauf aus Obstholz hervorragt. Am vorderen Corpusabschluß und an der Unterzarge beidseitig der Kurbel hölzerne Tragbandknöpfe für den ledernen Tragegurt angebracht. Boden: einteilig, flach. Material ebenfalls Ahorn. Zur Innenkonstruktion: Oberklotzbeschaffenheit nicht ermittelt. Unterklotz eckig, mit abgeschrägten Kanten. Durchgehende, teilweise ersetzte Bodenreifchen, in die die Enden der Querbalken und Zargenverstärkungen eingelassen sind. Vor und hinter dem Rad je eine Balkenkonstruktion (einander gegenüberliegender Boden- und Deckenbalken mit Zargenverstärkungen); Bodenbalken der hinteren Bebalkung fehlend. Kurbelachse durch eine mittige Verdickung im vorderen Deckenbalken zum Rad geführt, hinterer Deckenbalken vermutlich ebenfalls verdickt und das Achsenlager aufnehmend (nicht sichtbar). Eine dritte Balkenkonstruktion auf Höhe des Mittelbügels ist wahrscheinlich, von dieser jedoch nur der Bodenbalken sichtbar. Gesamt L: 640 (697 mit Kurbel) Decke L: 480 B: 200 / 170 / 258 Wölbungshöhe Decke (max.): um 25 Decke S: 1,6-1,8 Zargen H2: 82 / 72 / 79 / 72 / 100 Zargen S: < 1 Boden L: 460 Schallöcher: L 65, A innen 70, A außen 185 Boden S: 1,7-2,0 MONTURTEILE: Wirbelkasten und Obersättel: Wirbelkasten mit geschnitztem Kopf aus einem Stück Ahorn. Wirbelkasten unten offen. Leicht vertiefte Wirbelkastenvorder und -seitenwände; diese mit fünfzackigen Sternornamenten punziert, die von rhombisch angeordneten Verbindungslinien eingerahmt sind. Als Wirbelkastenabschluß schmaler geschnitzter Frauenkopf mit Haarreif. 6 vorderständig angebrachte, in Material und Form uneinheitliche Wirbel; die zwei oberen aus Ebenholz mit Endknöpfchen aus Bein, die übrigen geschwärzt. In die Wirbelkastenseitenwände je 2 kleine Löcher eingebohrt, durch 1 2 Die Terminologie der einzelnen Bestandteile der Drehleier richtet sich nach Wackernagel 1997. Zargenhöhe am Oberklotz, Oberbügel, Mittelbügel, Unterbügel und Unterklotz abgenommen. DREHLEIER - INV.NR. 22 111 die die Bordunsaiten zur Befestigung in das Innere des Wirbelkastens laufen. Obersättel für die Bordunsaiten in Form von großen, beiderseits des Tangentenkastens angebrachten Stegen aus Hartholz. Am oberen Ende des Tangentenkastens dachförmiger Obersattel für die Melodiesaiten eingesetzt. Wirbelkasten L: 165 Wirbelkasten B außen: 38...52 Kopf B: 39 Obersättel für Bordunsaiten H: 38 Tangentenkasten: Ahorn. Der mit einem Riegel aus Bein feststellbare Kastendeckel ebenfalls aus Ahorn, an der Oberseite mit Ebenholz, an den Seitenwänden mit Palisander furniert; das Ebenholzfurnier weist eine einfache Randader aus Ahorn auf. Längswände des stumpf auf die Decke geleimten Tangentenkastens in den Wirbelkasten eingefälzt. An den Seitenwänden Linien zur genauen Bestimmung der Tastenposition eingeritzt. Klaviatur bestehend aus 23 in 2 Reihen angeordneten Tasten aus Ebenholz: die untere Reihe weist - für die Ausführung einer diatonischen Tonskala - 13 Tasten, die obere Reihe - für das Spiel chromatischer Töne - 10 Tasten mit Beingriffen auf (1 Taste und 1 Beingriff zur Zeit fehlend). Zur Verkürzung der beiden Melodiesaiten sind in jede Taste 2 angestielte und zum Zwecke der Feinstimmung drehbare Tangenten aus Hartholz eingesetzt. Tangentenkasten L / B / H: 313 / 53...65 / 66 (incl. Deckel 78) Rad und Radabdeckung: Rad aus Ahorn, zum Zentrum hin leicht gewölbt. Geschwärzter Radbügel, der zwischen die 2 auf die Decke geleimten, ebenfalls geschwärzten Bügelbacken geklemmt wird. Rad : 145 Rad S außen: 13 Haupt- und Bordunstege: Hauptsteg für die Melodiesaiten aus Ahorn. Bordunstege und Schnarrsteg fehlen, ihre Position ist anhand der Spuren auf der Decke jedoch rekonstruierbar. Zur Verstärkung des schnarrenden Tons der trompette ist an der Stelle, wo der schwingende Fuß des Schnarrsteges auf die Decke aufschlagen würde, ein viereckiges Plättchen aus Bein eingelegt. Hauptsteg: B / S / H: 65 / 15 / 60 Untere Saitenbefestigung: Saitenhalter für die Melodiesaiten aus Ahorn, auf der Oberseite - vergleichbar mit dem Tangentenkastendeckel - mit einem eine einfache Randeinlage aus Ahorn aufweisenden Ebenholzfurnier belegt; Saitenhalter mit Hilfe einer keilförmigen Verdickung nahe des Deckenrandes auf die Decke geleimt und zusätzlich mit 2 Stiften gesichert. Bordunsaitenanhänge beidseitig des Saitenhalters unterhalb des Deckenrandes an der Unterzarge befestigt. Der im Saitenhalter fixierte Hilfswirbel aus Elfenbein hat die Funktion, mittels einer im rechten Winkel an die trompette befestigten Hilfssaite den Abstand vom äußeren, auf die Decke aufschlagenden Schnarrstegfuß zur Decke zu regulieren und damit die Länge und Intensität des Schnarrklanges zu beeinflussen.1 Saitenhalter L: 97 Saitenhalter größte B / kleinste B: 46 / 28 Besaitung: 6 Darmsaiten, bestehend aus 2 Melodiesaiten (chanterelles) und 4 Bordunsaiten (grand bourdon, petit bourdon, mouche und trompette). Stimmung: chanterelles im Einklang auf g’ (Tonumfang g’-g’’’), grand bourdon auf G, petit bourdon auf c, mouche auf g, trompette auf c’ gestimmt. Für die französische Drehleier ist eine zweite Stimmung auf D überliefert, die vor allem im Bourbonnais zum Einsatz kam. 2 1 Die Tonerzeugungs- und Regulierungsmechanismen der trompette der Drehleier sind denen der Trombe marine sehr ähnlich. Vgl. daher auch die entsprechenden Ausführungen bei den Trombe marine in dieser Arbeit. 2 Bröcker 1977, Bd. 1, S. 54-57; Bd. 2, S. 751. DREHLEIER - INV.NR. 22 112 Schwingende Saitenlängen: Melodiesaiten 340; Bordunsaiten um 370 ÜBERZUG: Gelbbrauner, harter, spröder Lack; am Boden und an der dem Spieler zugewandten Zargenseite stark abgenutzt. ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN: 1 Obertaste, 1 Obertastengriff und 1 Tangente fehlend. Beide Bordunstege, Schnarrsteg sowie die Hilfssaite für die trompette nicht mehr vorhanden. Eine der Melodiesaiten gerissen. Das gesamte Instrument ist durch Wurmbefall beschädigt. Leichte Deckenrisse. Deckenrandeinlage an den Berührungspunkten mit den Bordunsaiten abgesprungen. An dem Instrument ist mindestens ein Restaurationsvorgang ausgeführt worden, bei dem ein Teil der Wirbel, der Hilfssaitenstellwirbel im Saitenhalter und der Radbügel ersetzt wurden. Der ursprünglich zum Instrument gehörige Radbügel war vermutlich, wie Saitenhalter und Tangentenkastendeckel, mit einem Ebenholzfurnier und einer einfachen Randeinlage versehen. Das in die Decke eingelegte Beinplättchen für den Schnarrsteg dürfte ebenfalls aus neuerer Zeit stammen. PROVENIENZ: Die Drehleier wurde dem Museum von Otto Dreyer (St. Niklausen) zur Verfügung gestellt. Henry Thouvenel (geb. 1851 in Mirecourt, gest. 1929 in Mirecourt), auch bekannt unter dem Übernamen Paganini, stellte neben Instrumenten wie Drehleiern, Gitarren und Mandolinen auch zahlreiche Violinen und Violoncelli her.1 Die Instrumentensammlung des Deutschen Museums in München2 sowie das Museu de la Música in Barcelona3 besitzen ebenfalls je eine Drehleier von Thouvenel, die abgesehen von ihren lautenförmigen Corpora dem vorliegenden Instrument sehr ähnlich sind. LITERATUR: - Vannes 1956, Nr. 95, S. 19/20. 1 Vgl. Vannes 1951, Bd. I, S. 361. Vgl. Wackernagel 1997, S. 300f. 3 Vgl. Museu de la Música 1/Catàleg d’instruments. Barcelona 1991, S. 179. 2 DREHLEIER - INV.NR. 22 113 BILDNACHWEIS: Von oben nach unten: Vordergesamtansicht, Seitengesamtansichten, Wirbelkasten mit Kopf, Brandstempel, Schalloch. DREHLEIER - INV.NR. 22 114 STREICHBÖGEN - INV.NR. B1 115 Streichbögen Inv.Nr. B1 Im Fotoalbum Schumachers ist der Bogen der Tromba marina Inv.Nr. 18 zugeordnet. Streichbogen für Tromba marina 18. Jahrhundert L Gesamt: 575 Gewicht: 122 g STANGE: Nußbaum (?). Grob gearbeitete, ungleichmäßig vierkantige Stange, die im Froschbereich an der Unterseite deutlich abgeflacht ist; leicht konvex gebogen. L: 533 : 12...17 Gleichgewichtspunkt: um 222 KOPF: Neuzeitliche Form (Französische Kopfform) mit lang herausgezogener Spitze, unsauber verarbeitet. Keilkästchen rechteckig. L: 47 H: 30 B (max.): 16 FROSCH: Gleiches Material wie Stange. An der Grundfläche dem Stangenquerschnitt angepaßte, rechteckige Ausnehmung; hinten kantig abgeschrägt. Das Maul ist oval ausgeschnitten, wobei der haarführende Teil länger gearbeitet ist und mit einer keilförmigen Verdickung abschließt. Auf der rechten Froschseite ist von Schumacher mit Bleistift die Zahl 54 vermerkt worden, um die Zugehörigkeit des Bogens zur gleichbezifferten Tromba marina (hier Inv.Nr. 18) deutlich zu machen. L unten / Mitte / Bahn: 82 / 46 / 60 B (max.): 18 H: 35 SCHRAUBENKOPF: Durch den kugelförmigen Kopf aus nicht identifiziertem Holz ist eine Schraube getrieben, deren Ende um etwa 5 mm aus diesem herausragt. L: 21 : 20 BEZUG: Schwarze Bogenbehaarung. Offene Haarführung am Frosch. L: 400 A zu Stange am Frosch / am Kopf: 35 / 20 B Haarband am Frosch / am Kopf: 15 / 11 ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN: Der Schraubenkopf weist auf der rechten Seite einen Riß auf. STREICHBÖGEN - INV.NR. B1 LITERATUR: - Adkins/Dickinson 1991, Appendix 3, S. 485. BILDNACHWEIS: Von oben nach unten: Gesamtansicht, Frosch, Spitze. 116 STREICHBÖGEN - INV.NR. B2 117 Inv.Nr. B2 Streichbogen für Violoncello Frankreich, um 1800 L Gesamt: 720 Gewicht: 72 g STANGE: Außereuropäisches Hartholz. Konkav gebogene Stange, im hinteren Drittel oktogonal auslaufend. L: 705 : 6...10 Gleichgewichtspunkt: um 280 KOPF: Neuzeitliche Form (Französische Kopfform). Keilkästchen trapezförmig. Kopfplatte aus Elfenbein. L: 28 H: 29 B (max.): 12 FROSCH: Ebenholz. Dem Stangenquerschnitt angepaßte, prismatische Froschführung. Frosch nach unten abgerundet. Schmales, ovales Maul. An den Backen große Perlmuttaugen. Ring aus Metall, Schub zur Abdeckung der Haarführung aus hellerem Holz. L Mitte / Bahn: 34 / 52 B (max.): 15 H: 27 SCHRAUBENKOPF: Elfenbein. Oktogonale Form mit wulstbildender Zierrille im vorderen Bereich. L: 17 : 10 BEZUG: L: 610 A zu Stange am Frosch / am Kopf: 22 / 22 B Haarband am Frosch / am Kopf: 12 / 10 ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN: Bezug stark verfärbt. Kopfplatte teilweise abgelöst, im mittleren Bereich Bruchstelle erkennbar. STREICHBÖGEN - INV.NR. B2 BILDNACHWEIS: Von oben nach unten: Gesamtansicht, Frosch, Spitze. 118 STREICHBÖGEN - INV.NR. B3 119 Inv.Nr. B3 Streichbogen für Viola 2. Hälfte 18. Jahrhundert L Gesamt: 726 Gewicht: 46 g STANGE: Schlangenholz. Durchgehend runde, konkav gebogene Stange. Auf Froschhöhe an der Unterseite flache, von 2 Kerben begrenzte Feder angehobelt. L: 714 : 6...9 Gleichgewichtspunkt: um 310 KOPF: Gedrungen wirkender Kopf in neuzeitlicher Form (Französische Kopfform). Keilkästchen rechteckig. Keine Kopfplatte vorhanden. L: 24 H: 22 B (max.): 11 FROSCH: Nadelholz mit hellbraunem Überzug. Der Frosch läuft mit den Kanten seiner Nut in 2 schmalen Führungsrillen der Stange. Ovales, klein proportioniertes Maul, dessen haarführender Teil länger ist. L unten / Mitte / Bahn: 44 / 28 / 41 B (max.): 12 H: 20 SCHRAUBENKOPF: Elfenbein. Zylindrische Form mit Zierrille im hinteren Bereich; hinterer Abschluß flach verrundet. L: 13 : 8 BEZUG: Offene Haarführung am Frosch. L: 630 A zu Stange am Frosch / am Kopf: 20 / 17 B Haarband am Frosch / am Kopf: 11 / 10 ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN: Der Frosch ragt mit dem hinteren Teil geringfügig über seine Führungsbahn hinaus und liegt in diesem Bereich nicht mehr vollständig auf der Stange auf. An der rechten Froschseite ist im oberen Bereich ein Holzstück ersetzt worden. Sonst guter Erhaltungszustand. STREICHBÖGEN - INV.NR. B3 BILDNACHWEIS: Von oben nach unten: Gesamtansicht, Frosch, Spitze. 120 STREICHBÖGEN - INV.NR. B4 121 Inv.Nr. B4 Streichbogen für Diskantinstrument aus dem Bereich der Volksmusik um 1800 L Gesamt: 696 Gewicht: 52 g STANGE: Außereuropäisches Hartholz, Reste eines dunkelbraunen Lackes vorhanden. Durchgehend runde, nahezu gerade Stange. Am hinteren Ende an der Unterseite sind 2 Führungsrillen für den Frosch eingeschnitten, die eine flache Feder begrenzen. L: 682 : 7...10 Gleichgewichtspunkt: um 282 KOPF: Neuzeitliche Form (Französische Kopfform) mit lang herausgezogener Spitze. Keilkästchen rechteckig. Kopfplatte aus Elfenbein. L: 30 H: 24 B (max.): 11 FROSCH: Elfenbein (?). Der verhältnismäßig kleine Frosch erhält seine Führung durch eine flache, durch 2 Rinnen der Stange begrenzte Feder. Das Maul ist oval ausgeschnitten, die Enden verdickt bzw. leicht eingerollt. L unten / Mitte / Bahn: 39 / 26 / 37 B (max.): 10 H: 19 SCHRAUBENKOPF: Elfenbein. Zylindrische Form mit Zierrille im vorderen Bereich. L: 14 : 9 BEZUG: Offene Haarführung am Frosch. L: 595 A zu Stange am Frosch / am Kopf: 17 / 15 B Haarband am Frosch / am Kopf: 8 / 8 ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN: Massiver Lackverlust an Stange. Auf der rechten Froschseite ist ein halbkreisförmiges Stück Elfenbein (?) ersetzt worden. ANMERKUNG: Abmessungen und Gewicht lassen keine eindeutige Zuordnung zu einem bestimmten Streichinstrumententyp zu. Der Gebrauch als Bogen für ein Streichinstrument aus dem Bereich der Volksmusik und explizit für eine Streichzither ist denkbar und rechtfertigt die räumliche Zuordnung im Museum zu diesem Instrumententyp. STREICHBÖGEN - INV.NR. B4 BILDNACHWEIS: Von oben nach unten: Gesamtansicht, Frosch, Spitze. 122 STREICHBÖGEN - INV.NR. B5 123 Inv.Nr. B5 Vannes 1956 (S. 19) führt unter der Nr. 86 einen Bogen mit „Schnabelspitze“ auf, bei dem es sich um vorliegendes Objekt handeln dürfte. Streichbogen für Viola d’amore 1. Hälfte 18. Jahrhundert L Gesamt: 750 Gewicht: 66 g STANGE: Außereuropäisches Hartholz, dunkelbraun lackiert. Runde, gerade Stange, am hinteren Ende an der Unterseite kantige Ausnehmung für die Froschbahn. Am Ansatz des Schraubenkopfes Ring aus dunkelfarbigem Metall angebracht. L: 738 : 4...9 Gleichgewichtspunkt: um 285 KOPF: Langer, niedriger Kopf mit deutlich nach oben gebogener Spitze (Schwanenschnabel-Form). Rechteckiges Keilkästchen. L: 40 H: 9 B (max.): 9 FROSCH: Buchsbaum (?). Froschführung rund. Frosch an der hinteren, unteren Ecke leicht kantig abgerundet. Ovales Maul, dessen haarführender Teil länger ist. L unten / Mitte / Bahn: 60 / 35 / 51 B (max.): 10 H: 25 SCHRAUBENKOPF: Elfenbein. Schwach oktogonale Form mit Zierrille im vorderen Bereich; hinterer Abschluß flach verrundet und ursprünglich mit einer Einlage versehen. L: 13 : 9 BEZUG: Dunkelbraune Färbung. Offene Haarführung am Frosch. L: 627 A zu Stange am Frosch / am Kopf: 22 / 6 B Haarband am Frosch / am Kopf: 8 / 8 ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN: Im vorderen Drittel der Stange auf der Oberseite deutlicher Lackverlust. Hintere Schraubenkopfeinlage fehlend. Der Frosch sitzt nicht in seiner Bahn, sondern ragt nach hinten über diese hinaus; die dadurch verzogene Schraubvorrichtung hat wahrscheinlich auch den etwa 4,5 cm langen Riß in der Stange oberhalb des Frosches verursacht. Aufgrund der geringen Abstimmung von Frosch und Stange ist es wahrscheinlich, daß der Frosch der Stange nicht original zugehörig ist. STREICHBÖGEN - INV.NR. B5 124 ANMERKUNG: Die Zuordnung vorliegenden Bogens zur Instrumentengruppe der Viole d’amore erfolgte aufgrund einer kurzen Beschreibung bei Schumacher (Handschriftlicher Katalog, S. 99), der den Bogen einer bestimmten Viola d’amore (hier Inv.Nr. 9) zuordnet und ihn auch in seinem Fotoalbum zusammen mit diesem Instrument abbildet. Des weiteren läßt sich in diesem Fall eine Entscheidung, ob es sich um einen Violin- oder Gambenbogen handelt, nur schwer treffen (das relativ hohe Gewicht und der größere Haarabstand am Frosch sprechen für den Gebrauch als Gambenbogen), so daß die Verwendung für ein Instrument, welches Merkmale beider Instrumentenfamilien aufweist, plausibel erscheint. BILDNACHWEIS: Von oben nach unten: Gesamtansicht, Frosch, Spitze. STREICHBÖGEN - INV.NR. B6 125 Inv.Nr. B6 Streichbogen für Violine um 1800 L Gesamt: 740 Gewicht: 58 g STANGE: Außereuropäisches Hartholz (Fernambuk?), im Froschbereich mit Ebenholz und Elfenbein ummantelt; in die Elfenbeinpartien sind 4 mit schwarzem Kitt gefüllte Ornamentgruppierungen eingebohrt, die jeweils aus 8 Kreisen mit integriertem Punkt bestehen. Konkav gebogene Stange, im hinteren Drittel oktogonal auslaufend. L: 732 : 5...8 Gleichgewichtspunkt: um 275 KOPF: Neuzeitliche Form (Französische Kopfform). Keilkästchen leicht trapezförmig geformt. Kopfplatte aus Elfenbein. L: 24 H: 22 B (max.): 8 FROSCH: Elfenbein. Grundfläche dem Stangenquerschnitt entsprechend mit prismatischer Ausnehmung. Maul tief und oval eingeschnitten. An den Froschwangen jeweils eine eingelegte Ebenholzscheibe mit Perlmuttauge, umrahmt von 8 ringförmigen Ornamenten (wie Stange), die von mit schwarzem Kitt gefüllten Punkten durchsetzt sind. Ring aus Neusilber. Auf der Froschunterseite hinter dem Schub aus Ebenholz ist ein kleiner Kreis aus Ebenholz eingelegt, der von 2 sich bis zur Rückseite des Frosches fortpflanzenden Zierrillen eingerahmt ist. L unten / Mitte / Bahn: 48 / 29 / 43 B (max.): 11 H: 22 SCHRAUBENKOPF: Metallummantelung um Ebenholz- bzw. Elfenbeinkern. Wie Stange oktogonal geformt, sich nach vorne leicht verjüngend. L: 9 : 9 BEZUG: L: 640 A zu Stange am Frosch / am Kopf: 20 / 17 B Haarband am Frosch / am Kopf: 10 / 8 ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN: Massiver Haarverlust. Elfenbein am Frosch und an der hinteren Stangenummantelung brüchig. Am Kopf und an der Kopfplatte Bruchstellen, die auf eine frühere Reparatur unter Wiederverwendung der alten Teile hinweisen. STREICHBÖGEN - INV.NR. B6 BILDNACHWEIS: Von oben nach unten: Gesamtansicht, Frosch, Froschunterseite, Spitze. 126 STREICHBÖGEN - INV.NR. B6 127 STREICHBÖGEN - INV.NR. B7 128 Inv.Nr. B7 Streichbogen für Violine Wolff, Mitte 19. Jahrhundert SIGNATUR: Auf rechter Stangenseite Brandstempel: WOLFF Auf linker Froschseite ein gelblicher Kreppzettel angebracht, auf dem mit Bleistift handgeschrieben vermerkt ist: Violine // Wien // um 1800 L Gesamt: 754 Gewicht: 54 g STANGE: Außereuropäisches Hartholz (Fernambuk?). Deutlich konkav gebogene Stange, im hinteren Drittel oktogonal auslaufend. Metallene Führungsbahn zwischen Frosch und Stange. L: 737 : 5...9 Gleichgewichtspunkt: um 277 KOPF: Kopf neuzeitlich geformt (Französische Kopfform). Keilkästchen trapezförmig. Über die Spitze reichende Kopfplatte aus Elfenbein, darauf mit Bleistift der Buchstabe H vermerkt. Kopfplattenunterlage aus Ebenholz (?). L: 24 H: 24 B (max.): 10 FROSCH: Ebenholz. Froschführung prismatisch. Froschbacken mit je einem Perlmuttauge. Kanten sauber verrundet. Ring und Zwickel aus Metall, der Schub mit einem in die Metallumfassung eingelassenen Perlmuttplättchen. L unten / Mitte / Bahn: 46 / 32 / 45 B (max.): 12 H: 21 SCHRAUBENKOPF: Ebenholz mit 2 Neusilberringen. Oktogonale Form, geteilt. L: 16 : 8 BEZUG: L: 655 A zu Stange am Frosch / am Kopf: 16 / 18 B Haarband am Frosch / am Kopf: 7 / 7 ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN: Deutlicher Haarverlust. Sonst guter Zustand. ANMERKUNG: Der Kreppzettel auf dem Frosch könnte von Schumacher stammen. Wie bei den Stegbeschriftungen auch (s. Viole da gamba) lieferte ein Vergleich mit Schumachers Handschrift jedoch kein eindeutiges Ergebnis, welches diese Vermutung stützen würde. Es ist anzunehmen, daß der Schreiber dieses Zettels seine Einordnung aufgrund der Existenz eines STREICHBÖGEN - INV.NR. B7 129 in der 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts in Wien wirkenden Instrumentenbauers mit dem Namen Friedrich Philipp Wolff vornahm. F.P. Wolff war primär Klavierbauer, stellte aber auch Violinen nach dem Modell Stradivaris her.1 Da seine Streichinstrumente jedoch als amateurhafte Arbeiten beschrieben werden2, verwundert es, daß er der Hersteller vorliegenden, handwerklich guten Bogens gewesen sein und zudem über einen eigenen Brandstempel verfügt haben soll. Einige modernere Merkmale des Bogens wie seine metallene Führungsbahn zwischen Frosch und Stange (kam erst ab ca. 1830 in Gebrauch), die eingelassenen Froschaugen, der mit 2 Silberringen ausgestattete Schraubenkopf und die Unterlage zwischen Kopfunterseite und Kopfplatte lassen ebenso eine spätere Datierung plausibel erscheinen. Somit kommen als Hersteller auch die Gebrüder Leopold und Jules Wolff in Frage, die in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts in Kreuznach eine Streichinstrumenten- und Saitenfabrik betrieben.3 BILDNACHWEIS: Von oben nach unten: Gesamtansicht, Frosch mit Brandstempel, Frosch mit Kreppzettel, Spitze. 1 Vgl. Vannes 1951, Bd. I, S. 397. Ebda. 3 Vgl. Lütgendorff 1904, S. 715. 2 STREICHBÖGEN - INV.NR. B7 130 STREICHBÖGEN - INV.NR. B8 131 Inv.Nr. B8 Laut Schumacher (Handschriftlicher Katalog, S. 107/109; Fotoalbum) und Vannes 1956 (S. 39) gehören die beiden Pochettenbögen (B8 und B9) zu den Pochetten Inv.Nr. 13 u. 14. Streichbogen für Pochette 1. Hälfte 19. Jahrhundert L Gesamt: 464 Gewicht: 26 g STANGE: Außereuropäisches Hartholz. Deutlich konkav gebogene Stange, im hinteren Drittel oktogonal auslaufend. Metallene Führungsbahn zwischen Frosch und Stange. Großräumige Wicklung aus metallumsponnenem Faden vorhanden. L: 450 : 4...7 Gleichgewichtspunkt: um 160 KOPF: Neuzeitliche Form (Französische Kopfform), in stumpfem Winkel ansetzend. Keilkästchen rechteckig. Über die Spitze reichende Kopfplatte aus Elfenbein. L: 18 H: 16 B (max.): 6 FROSCH: Ebenholz. Froschführung prismatisch. Kanten sauber verrundet. Froschbacken mit je einer kreisförmigen metallunterlegten Perlmutteinlage verziert. Ring und Zwickel aus Metall, der metalleingefaßte Schub aus Perlmutt. Oberhalb des Haaransatzes ist das Ende eines kleinen, in den Ring geschobenen Holzkeils sichtbar. L unten / Mitte / Bahn: 32 / 23 / 30 B (max.): 8 H: 12 SCHRAUBENKOPF: Ebenholzkern, zylindrische Form. Die ursprüngliche gedrechselte Ummantelung aus Elfenbein (sichtbar in Schumachers Fotoalbum) nicht mehr vorhanden. L: 14 : 6 (im jetzigen Zustand) BEZUG: L: 393 A zu Stange am Frosch / am Kopf: 8 / 10 B Haarband am Frosch / am Kopf: 6 / 7 ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN: Stangenumwicklung brüchig, im hinteren Bereich ganz fehlend. Ummantelung des Schraubenkopfes fehlend. Der in den Ring geschobene, hier sichtbare Holzkeil ist normalerweise vollständig in diesem untergebracht, wo er die gleichmäßige Verteilung der Haare unterstützt. STREICHBÖGEN - INV.NR. B8 BILDNACHWEIS: Von oben nach unten: Gesamtansicht, Frosch, Spitze. 132 STREICHBÖGEN - INV.NR. B9 133 Inv.Nr. B9 Laut Schumacher (Handschriftlicher Katalog, S. 107/109; Fotoalbum) und Vannes 1956 (S. 39) gehören die beiden Pochettenbögen (B8 und B9) zu den Pochetten Inv.Nr. 13 u. 14. Streichbogen für Pochette 1. Hälfte 19. Jahrhundert L Gesamt: 474 Gewicht: 32 g STANGE: Außereuropäisches Hartholz. Deutlich konkav gebogene Stange, im hinteren Drittel oktogonal auslaufend. Metallene Führungsbahn zwischen Frosch und Stange. Wicklung aus metallumsponnenem Faden vorhanden. L: 458 : 5...8 Gleichgewichtspunkt: um 165 KOPF: Neuzeitliche Form (Französische Kopfform). Keilkästchen trapezförmig. Über die Spitze reichende Kopfplatte aus Elfenbein mit Unterlage aus Ebenholz (?). L: 19 H: 19 B (max.): 8 FROSCH: Ebenholz. Prismatische Froschführung. Froschbacken mit je einer kreisförmigen Perlmutteinlage in einem Metallbett. Ring, Zwickel und Schub aus Metall, der letztere zusätzlich mit Perlmutt belegt. L unten / Mitte / Bahn: 32 / 23 / 30 B (max.): 9 H:14 SCHRAUBENKOPF: Ebenholz mit 2 Silberringen und Perlmuttauge. Oktogonale Form. L: 14 : 7 BEZUG: L: 400 A zu Stange am Frosch / am Kopf: 10 / 12 B Haarband am Frosch / am Kopf: 7 / 7 ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN: Stangenumwicklung brüchig, im hinteren Bereich ganz fehlend. STREICHBÖGEN - INV.NR. B9 BILDNACHWEIS: Von oben nach unten: Gesamtansicht, Frosch, Spitze. 134 LAUTEN - INV.NR. 23 135 Zupfinstrumente Lauten Inv.Nr. 23 Chitarrone (17 Saiten, 12 Chöre = 6 x 1 + 5 x 2 + 1 x 1)1 Michele Attore, Padua, 1583 (?) SIGNATUR: Handgeschriebener Pergamentzettel: Michele Attore // Fecit anno Domini 1583 // Padova Am oberen Ende des Griffbretts ist die Ziffer „432“ vermerkt (ältere Museumsnummer?). CORPUS: Mandelförmiges Corpus. Die beiden Wirbelkästen liegen - von einem langen, geraden Halsfortsatz getrennt - in einer Ebene zum Griffbrett. Decke: dreiteilig, auf den Hals überhängend. Fichte mit feinen bis mittelbreiten Jahresringen. Eingesetzte, leicht vertiefte Rosette aus braun gefärbtem Pergament (sechsblättrige Blüte, umrahmt von 2 Ringen, davon 11 leicht eingebogene Strahlen fortlaufend), unterlegt mit Karton, u.a. in Form von konzentrisch angeordneten, feinen Stegen und Zackenrändern. Als Schallochumrandung leicht erhabener Ring aus dunkel gefärbtem Karton aufgesetzt, zahlreiche runde Perforierungen aufweisend. Randeinfassung aus Ebenholz. Rücken: aus 25 Ahornspänen in Radialschnitt gefertigt, durch feine Ebenholzadern getrennt; auf die beiden äußeren, ungekehlten Späne Karniesleiste aus dem gleichen Material gesetzt. Schmale, sechsfach geschweifte Kappe aus dem gleichen Material wie die Späne. Tragbandknopf an der Corpusbasis aus Ebenholz. Zur Innenkonstruktion: Soweit zu erkennen, besteht der Oberklotz aus 3 Schichten; im baßseitigen Bereich Einschlagstelle eines Nagels sichtbar. Zur Stabilisierung ist oberhalb des Tragbandknopfes ein Paßstift eingeschlagen. 3 Deckenbalken ermittelt: zwischen Oberklotz und Schalloch, kurz unterhalb des Schallochs und auf Höhe des Steges. Rückenspäne im Innern zur Stabilisierung vollständig mit in italienischer Sprache handbeschriebenem Pergament unterfüttert. Gesamt L: 1970 (1988) Rücken T (max.): 180 Decke L: 680 B (max.): 398 Decke S: 2,7-3,4 Rücken S: 1,0-1,8 Deckenmensur: 498 Rosette : 115; Schallochlage v. o.: 227 Deckenbebalkung: 1.) um 200 2.) um 355 3.) um 500 MONTURTEILE: Hals und Griffbrett: aus nicht identifiziertem Material. Rückseite des Halses mit in Längsrichtung verlaufenden Ebenholz- und Beinstreifen belegt. Randeinfassung des Griffbretts aus Beinspänen. Griffbrettspitzen ersetzt. In die Griffbrettoberseite ist eine rechteckige, am oberen Abschluß verrundete Intarsie aus Bein eingelegt, auf der eine Zeichnung (nur mit einem Umhang bekleidete Frauengestalt) in schwarzer Farbe eingraviert ist. 3 von ursprünglich 7-10 Bünden aus Darm erhalten. Halsmensur: 276 Hals S: durchgehend 35 Griffbrett L: 240 (333) 1 Die Angaben zur Saitenanzahl und Choreinrichtung (beginnend mit den tieferen Chören) beziehen sich auf den heute vorliegenden Zustand. Da die Authentizität der Art des Saitenbezugs nicht gewährleistet ist und diese auch in Folge des häufigen Austauschens von Steg, Obersattel und Kragen bzw. Krägen nicht mehr rekonstruiert werden kann, wird - mit Ausnahme der Mandora - im folgenden auf eine Stimmungsangabe verzichtet. LAUTEN - INV.NR. 136 23 Griffbrett B: 92...105 Krägen mit Verbindungsstück: Die beiden senkrecht übereinander angeordneten Krägen samt langem, geradem Zwischenstück sind aus geschwärztem Laubholz gefertigt und an den Hals angeschäftet. Offener Diskantkragen mit 11 querovalen Wirbeln aus geschwärztem Holz; Wirbelköpfe mit hölzernen Endknöpfchen versehen. Das sich nach oben leicht verjüngende Verbindungsstück geht in den angeschäfteten Baßkragen über, der in Größe und Formgebung dem Wirbelkasten eines Violoncellos ähnelt; Schnecke grob geschnitzt, Wirbelkastenrückseite gekehlt. Im Baßkragen sind 6 größere, ebenfalls geschwärzte Wirbel mit Endknöpfchen untergebracht. Obersättel aus Bein; Sattel am Baßkragen in einen aufgesetzten Vorsprung eingelegt und dadurch weit vorragend; an den weit überstehenden Enden jeweils eine zusätzliche Kerbe eingeschnitten, die an vorliegendem Instrument keine Funktion übernimmt. Krägen L (gesamt): 1055 Baßkragen L: 195 Diskantkragen B innen: 15...33, außen: 52...63 Baßkragen B innen: 26, außen: 32...40 Schnecke B: 62 Steg: Saiten in einem Knüpfsteg mit schwalbenschwanzförmigen Riegelschweifen untergebracht. An den äußeren Enden mit jeweils einer zusätzlichen Kerbe versehen. B / S / H: 283 / 30 / 13 Besaitung: 17 Saiten bzw. 12 Chöre, davon 6 x 1 freischwingende Baßsaiten und 5 x 2 + 1 x 1 Griffbrettsaiten. Sämtliche Saiten aus Darm. Schwingende Saitenlängen: Griffbrettsaiten: 740, freischwingende Baßsaiten: 1566 ÜBERZUG: Dunkelrotbrauner (Rücken) bzw. mittelbrauner (Decke und Griffbrettvorderseite) Farblack, teilweise geronnen und unsauber retuschiert. ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN: Eine der freischwingenden Baßsaiten zur Zeit fehlend. Deckenrisse nahe der Corpusbasis und offene Spanzwischenräume im Rücken grob gekittet. Die eingesetzte Rosette löst sich partiell von der Deckenunterseite. Es gibt heute kaum noch Lauten aus dem 16. und 17. Jahrhundert, die in ihrem ursprünglichen Zustand überliefert sind. Vielmehr führte das Anpassen der Lauten an die über die Jahrhunderte immer neu entstehenden Spielbedürfnisse zu weitreichenden Veränderungen an den Instrumenten,1 so daß sich die Eruierung des originalen Zustands oft als sehr schwierig erweist. Auch vorliegendes Instrument hat starke Eingriffe und unsachgemäße Reparaturen über sich ergehen lassen müssen: Hals mit Kragenkonstruktion, Griffbrett (neu angesetzte Spitzen), Rosette (nicht aus dem Deckenholz geschnitzt, sondern eingesetzt), Obersättel und Steg (Lackretuschen auf Decke, funktionslose Einkerbungen) sind nicht original zum Instrument gehörig. Außerdem paßt die Decke mit ihrer Stärke von 2,7-3,4 mm (üblich wären 1,0-1,9 mm) nicht zum Rücken, der im Gegensatz zu dieser in der für Lauten üblichen, möglichst leichten Bauweise konstruiert ist, so daß anzunehmen ist, daß auch die Decke nicht original zum Instrument gehört. 1 Die Umbauten der Lauteninstrumente im Barock konzentrierten sich zumeist auf das Hinzufügen tieferer Baßchöre, was auf die um 1600 mit der Monodie aufkommende Betonung der Baßlinie - im Gegensatz zu der Gleichberechtigung der Stimmen in der Renaissance - zurückzuführen ist. Derartige Veränderungswünsche an das Instrument waren mit dem Ansetzen eines breiteren Halses mit passendem Griffbrett, dem Hinzufügen von mindestens einem Kragen und dem Austausch von Steg und meist auch der Deckenbebalkung verbunden. LAUTEN - INV.NR. 23 137 PROVENIENZ: Aus der Sammlung H. Schumacher. Im Zusammenhang mit vorliegendem Instrument erwähnt Schumacher in seinem Fundortkatalog (S. 21) die Stadt Florenz als Erwerbsort. Michele Attore läßt sich um die Wende des 16. Jahrhunderts in Padua und Venedig als Lautenbauer von überwiegend Chitarronen nachweisen.1 Ob sein Name auf den wenigen überlieferten Zettelinschriften in stark verwelschter Schreibung wiedergegeben ist und er damit in Wirklichkeit mit dem bekannten Lautenbauer Michael Hartung (Michielle Harton) aus Tiefenbruck identisch ist, konnte in der Forschung bisher noch nicht eruiert werden. Gesetzt den Fall, daß es sich um ein und dieselbe Person handelt, muß von einer Fälschung des vorliegenden Zettels ausgegangen werden, da sich das angegebene Jahr 1583 nicht mit der Ortsangabe „Padua“ vereinbaren läßt: Michael Hartung ist erst in den Jahren 1591 bis 1624 in Padua nachzuweisen. Ein früherer Aufenthalt in selbiger Stadt kommt nicht in Frage, da Hartung mit großer Sicherheit nach 1669 gestorben ist2 und somit 1583 noch nicht tätig gewesen sein kann. Ebenso macht der Umstand, daß an vorliegendem Chitarrone das Sigle Michael Hartungs (M < H), mit dem er viele seiner Instrumente versah,3 nicht zu finden ist, eine Verbindung zu diesem Lautenmacher unwahrscheinlich. LITERATUR: - Schumacher: Handschriftlicher Katalog, Nr. 88, S. 122. Fundortkatalog Nr. 88, S. 21. - Vannes 1956, Nr. 6, S. 7. - Pohlmann 1982, S. 377. - Toffolo 1987, S. 52. 1 Vergleichsinstrumente im Musikhistorischen Museum Köln (Chitarrone, Venedig 1620, Inv.Nr. 513) und im Florenzer Museum (Chitarrone, Padua 1628, Inv.Nr. 55). Ein Vergleich der Instrumente und Signaturen mit vorliegendem Chitarrone ergab keine Gemeinsamkeiten, so daß hier eine Zettelfälschung nicht ausgeschlossen werden kann. 2 Lütgendorff/Drescher 1990 (Ergänzungsband), S. 238. 3 Vgl. Milliot 1987. LAUTEN - INV.NR. 23 138 BILDNACHWEIS: Von li. nach re. bzw. von oben nach unten: Vorder-, Seiten-, Rückgesamtansicht, Rosette, Halsintarsie. LAUTEN - INV.NR. 23 139 LAUTEN - INV.NR. 140 24 Inv.Nr. 24 Theorbe (15 Saiten, 10 Chöre = 4 x 1 + 5 x 2 + 1 x 1) um 1700 SIGNATUR: An der Corpusbasis unterhalb des Deckenrandes sind die Initialen S S eingeritzt. CORPUS: Langes, schlankes mandelförmiges Corpus. 2 leicht schräg versetzte, übereinander angeordnete Krägen. Decke: aus 5 Streifen zusammengesetzte Decke, auf dem Hals aufliegend. Mittel- bis grobjährige Fichte, im oberen Bereich 2 Astlöcher aufweisend. Eingesetzte Rosette aus schwarz lackiertem Holz in Rankenornamentik mit zentraler achtblättriger Blüte; Blüte mit Pergament unterlegt. Randeinfassung aus geschwärztem Holz. Rücken: gefertigt aus 9 leicht gekehlten Spänen aus regelmäßig geflammtem Ahorn in Radialschnitt, die durch feine dreifache Ebenholzadern zusammengehalten sind; Adern an manchen Spanfugen nicht mehr vorhanden (besonders im unteren Rückenbereich). Mehrfach geschweifte Kappe aus dem gleichen Material wie die Späne, an den Enden in leicht eingerollten Spitzen endend. Tragbandknopf aus Ebenholz. Zur Innenkonstruktion: 4 Deckenbalken: ober- und unterhalb des Schallochs, auf Schallochhöhe und kurz oberhalb des Steges. Die Spanfugen sind mit Leinenstreifen belegt. Gesamt L: 1048 (1059) Rücken T (max.): 155 Decke L: 522 B (max.): 285 Decke S: um 1,0 Rücken S: d1,0 Deckenmensur: 413 Rosette : 92; Schallochlage v. o.: 190 Deckenbebalkung: 1.) um 150 2.) um 230 3.) um 310 4.) um 390 MONTURTEILE: Hals und Griffbrett: flacher Hals und Griffbrett geschwärzt, dabei schließt die Schwärzung auch den auf dem Hals aufliegenden Deckenabschnitt mit ein. Keine Griffbrettspitzen vorhanden. 8 flexible Bünde aus Darm. Halsmensur: 285 Hals S: 16 / 19 / 22 Griffbrett L: 260 Griffbrett B:56...68 Krägen: Die geschwärzte, aus einem Stück bestehende Kragenkonstruktion ist an den Hals angeschäftet. Leicht s-förmig geschwungener Diskantkragen, baßseitig mit 6, diskantseitig mit 5 geschwärzten, querovalen Wirbeln mit hölzernen Endknöpfchen ausgestattet. Daran schließt sich, durch einen kleinen Wulst abgetrennt, der zierliche Baßkragen an, der weitere 4 Wirbel in gleicher Gestalt aufweist und in einer Rückwärtsbiegung endet. Beide Obersättel aus Bein, wobei derjenige für die Baßsaiten auf einem weit vorragenden Fortsatz des Baßkragens angebracht ist. Krägen L (gesamt): 256 Diskantkragen B innen: 17...36, außen: 33...50 Baßkragen B innen: 8...10, außen: 19...25 Steg: Schmaler Knüpfsteg aus Palisander. B / S / H: 178 / 10 / 7 Besaitung: 15 Saiten bzw. 10 Chöre, davon 4 x 1 freischwingende Baßsaiten (2 metallumsponnen, 2 aus Darm) und 5 x 2 + 1 x 1 Griffbrettsaiten (10 aus Darm, 1 metallumsponnen). Schwingende Saitenlängen: Griffbrettsaiten: 673, freischwingende Baßsaiten: 820 LAUTEN - INV.NR. 24 141 ÜBERZUG: Rücken mit gelbbraunem, Decke mit farblosem Lack überzogen. Starke Lackabnutzung und Retuschen im Stegbereich, an der Kappe und an den beiden äußeren Spänen in der Nähe des Deckenrandes. ZUBEHÖR: Dem Instrument liegt ein Steg aus geschwärzter Buche bei, der bei der Restauration vor 3 Jahren (s.u.) entfernt wurde. ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN: Das Instrument wurde im Jahre 1997 restauriert.1 Dabei wurde der Steg ersetzt und ein Teil der Rosette rekonstruiert und in die vorhandene, damals defekte Rosette eingefügt. Die Deckenrisse, die bereits mit Papierstreifen belegt waren, wurden mit Holzbelägen gesichert. Sämtliche Deckenbalken wurden unter Beibehaltung der ursprünglichen Positionierung ersetzt. Zusätzlich erhielt das Instrument einen neuen Satz Saiten. Die Obersättel und der Tragbandknopf sind ebenfalls nicht original, stammen aber aus einer früheren Restauration. PROVENIENZ: Aus der Sammlung H. Schumacher. Im Zusammenhang mit vorliegendem Instrument erwähnt Schumacher in seinem Fundortkatalog (S. 21) die Stadt Brüssel als Erwerbsort. Aufgrund der Zusammensetzung des Rückens aus neun Spänen läßt sich diese anonym überlieferte Theorbe ins späte 17. bzw. frühe 18. Jahrhundert einordnen: nach einer Art manieristischer Periode des Lautenbaus um 1600 mit Rücken aus 15 bis 41 Spänen kehrte man Ende des 17. Jahrhunderts wieder zu den einfacheren neun- bis dreizehnspänigen Rückenformen zurück, die schon zu früheren Zeiten des Lautenbaus, genauer bis in die zweite Hälfte des 16. Jahrhunderts, Verwendung fanden. LITERATUR: - Schumacher: Handschriftlicher Katalog, Nr. 89, S. 123. Fundortkatalog Nr. 89, S. 22. - Vannes 1956, Nr. 3, S. 6. - Pohlmann 1982, S. 370. 1 Restauriert von Enrico Liemacher, Karl Koch AG, Atelier für Geigen- und Gitarrenbau, Luzern. LAUTEN - INV.NR. 24 142 BILDNACHWEIS: Von li. nach re. bzw. von oben nach unten: Vorder-, Seiten-, Rückgesamtansicht, Rosette, Initialen-Einritzung an Corpusbasis. LAUTEN - INV.NR. 24 143 LAUTEN - INV.NR. 25 144 Inv.Nr. 25 Theorbe (22 Saiten, 12 Chöre = 5 x 2 + 5 x 2 + 2 x 1) vermutlich Werkstatt oder Umkreis Leopoldo Franciolini, Florenz, um 1900 SIGNATUR: Keine Signatur vorhanden. CORPUS: Voluminöses, flach-mandelförmiges Corpus. 2 Krägen, die durch ein geschwungenes Zwischenstück miteinander verbunden sind. Decke: vierteilig (?), auf dem Hals aufliegend. Grobjährige Fichte mit teilweise stark welligen Jahresringen. Eingesetzte Rosette aus braun gefärbtem Karton (am äußeren Rand 8 Halbkreise, die zum Teil durch schmale Verbindungsstücke mit einem sich im Zentrum der Rosette befindenden Kreuz verbunden sind), unterlegt mit Spitzendekor aus Pergament. Auffällige Schallochumrandung aus einem breiten Streifen schwarzen Kitts, in den 28 Perlmuttornamente (stilisierte Vogelmotivik) eingelegt sind, eingerahmt von jeweils einer Bein- bzw. Ebenholzader. Randeinfassung aus Ebenholz. Rücken: bestehend aus 27 durch Ebenholzadern getrennten Spänen, die bis auf die beiden äußeren, breiten Späne gekehlt sind; Karniesleisten aus dem gleichen Material vorhanden. Material aufgrund dicker Lackierung nicht ermittelt. Kappe an den Seiten zweifach geschweift, darin ein gedrechselter Tragbandknopf mit Elfenbeinkopf. Zur Innenkonstruktion: 3 Deckenbalken ermittelt: zwischen Oberklotz und Schalloch, kurz unterhalb des Schallochs und auf Höhe des Steges. Rückenspäne im Innern zur Stabilisierung vollständig mit Pergament ausgekleidet (mit teilweise farbigem Noten- und Textdruck in französischer Sprache versehen, musiktheoretische Abhandlung?). Gesamt L: 1240 (1245) Rücken T (max.): 170 Decke L: 548 B (max.): 388 Decke S: 2,0-2,8 Rücken S: <1,0-2,0 Deckenmensur: 380 Rosette : 102; Schallochlage v. o.: 165 Deckenbebalkung: 1.) um 130 2.) um 288 3.) um 390 MONTURTEILE: Hals und Griffbrett: Der mit Ebenholz furnierte Hals ist auf der Rückseite großflächig mit Bein- und Ebenholzstreifen belegt. Dünnes Griffbrett aus Ebenholz, in das in viereckiger Form ein Arabeskenornament aus Ebenholz und Bein eingelegt ist, umrandet mit 2 Spänen aus denselben Materialien. 9 flexible Bünde vorhanden. Halsmensur: 290 Hals S: 23 / 23 / 25 Griffbrett L: 259 (320) Griffbrett B: 94...108 Krägen mit Verbindungsstück: Die geschwärzte, aus einem Stück bestehende Kragenkonstruktion ist an den Hals angeschäftet. Diskantkragen für die Griffbrettsaiten mit 12 Wirbeln, Baßkragen, der durch ein seitlich ausschwingendes Zwischenstück von dem vorigen getrennt ist, mit 10 Wirbeln ausgestattet; die querovalen, grob gearbeiteten Wirbel sind aus Obstbaumholz und mit Endknöpfchen versehen. Abschluß des Baßkragens in Form einer rechteckigen Kopfplatte. Beide Obersättel aus Bein. Krägen L (gesamt): 430 Diskantkragen B innen: 25...38, außen: 74...87 Baßkragen B innen: 15...33, außen: 29...52 Kopfplatte: 34 x 40 Steg: Saitenaufhängung der Griffbrett- bzw. freischwingenden Baßsaiten mittels 2 getrennter, in der Höhe gegeneinander versetzter Knüpfstege mit jeweils einer kräftigen Beinauflage. Geteilte, nach oben eingedrehte Riegelschweife. LAUTEN - INV.NR. 145 25 Steg für Griffbrettsaiten B / S / H: 167 / 16 / 7 Steg für Baßsaiten B / S / H: 151 / 16 / 7 Besaitung: 22 Saiten bzw. 12 Chöre, davon 5 x 2 freischwingende Baßsaiten und 5 x 2 + 2 x 1 Griffbrettsaiten. Instrument zur Zeit mit 4 metallumsponnenen Baßsaiten und 18 Darmsaiten bezogen. Schwingende Saitenlängen: Griffbrettsaiten: 638, freischwingende Baßsaiten: 913 ÜBERZUG: Rücken mit dunkelrotbraunem, dickem Farblack überzogen. Decke mit dunkelbrauner Beize behandelt. ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN: 1 Griffbrettsaite fehlend. Der Corpus weist sowohl an Decke als auch am Rücken im Bereich der Fugenverbindungen vermehrt Rißbildungen auf. Pergamentunterlage der Rosette stark beschädigt. Beineinlagen am Hals teilweise brüchig. Rosette, Stegkonstruktion (Spuren eines alten, diagonal verlaufenden Steges für die Baßsaiten sichtbar), Obersättel und sämtliche Intarsien in neuerer Zeit ergänzt (s.u.). Corpus wahrscheinlich älteren Datums. PROVENIENZ: Aus der Sammlung H. Schumacher. Im Zusammenhang mit vorliegendem Instrument erwähnt Schumacher in seinem Fundortkatalog (S. 21) die Stadt Florenz als Erwerbsort. Bei der Beschäftigung mit historischen Lauten und deren Einordnung ist man mit Problemen zweierlei Art konfrontiert: Zum einen sind die Instrumente - wie schon erwähnt - im Laufe der Zeit massiven Eingriffen unterworfen worden, so daß sie meist nur noch in wenigen Einzelteilen original vorliegen. Zum anderen sind Lauten schon im 17. Jahrhundert und in großem Umfange im 19. und 20. Jahrhundert gefälscht worden. Sind die Fälschungen aus dem 17. Jahrhundert handwerklich hochwertige Kopien der berühmten Meister aus den italienischen Lautenbauzentren Bologna, Padua, Venedig oder Rom, legte man bei den Fälschungen aus neuerer Zeit weniger Wert auf Spielbarkeit und Klangqualität der Instrumente, sondern stattete sie, in ihrer überwiegenden Funktion als Schau- und Demonstrationsobjekte für Museen und Sammlungen, mit optisch auffälligem, aber für Lauten oft völlig untypischem Dekor aus. Besonders Theorben des 17. Jahrhunderts gehörten zu den beliebteren Fälschungsobjekten und sind in einer auffallend großen Anzahl überliefert.1 Wie auch vorliegende Sammlung beweist, schien der Phantasie bei deren Ausstattung keine Grenzen gesetzt zu sein (vgl. auch Inv.Nr. 26), was jedoch häufig dazu führte, daß sich das Instrument, welches neben den überwiegend neu konstruierten, schweren Teilen auch noch aus originalen, möglichst leicht gebauten Fragmenten zusammengesetzt ist, nicht mehr im Gleichgewicht befindet und den Spielanforderungen nur noch unzureichend gerecht wird. Einer der bekanntesten Fälscher und Händler auf diesem Gebiet war Leopoldo Franciolini (1844-1920) aus Florenz, der um die Wende des 20. Jahrhundert mit alten Musikinstrumenten aller Art handelte und diese in ganz Europa - vor allem in die um 1900 vielerorts neu entstehenden öffentlichen und privaten Musikinstrumentensammlungen - vertrieb. Die damalig noch weit verbreitete Unkenntnis über historische Musikinstrumente ausnutzend, bot er in seinen zahlreichen Katalogen2 neben originalen oder nur teilweise gefälschten bzw. veränderten Instrumenten auch Objekte mit fiktiven Zettelinschriften niemals existierender Instrumentenbauer oder mit erfundenen Jahreszahlen an. Ungeachtet aller historischen Vorgaben schuf und verkaufte er sogar als sehr selten angepriesene „Neuerfindungen“, die als 1 2 Wackernagel 1997, S. 13. Zusammengestellt bei Ripin 1974. LAUTEN - INV.NR. 25 146 ganzer Instrumententyp oder in einzelnen Details in dieser Form nie existiert haben. Als verkaufsfördernde Maßnahme stattete er die allenfalls nur noch in einzelnen Teilen originalen Instrumente meist mit auffallenden Ornamenten in Form von dekorativen Einlegearbeiten aus, die zwar auf die damaligen Sammler anziehend gewirkt haben dürften, aber den historischen Vorbildern kaum entsprachen.1 Auch vorliegende Theorbe weist Intarsien am Hals und - ganz untypisch für authentische Lauten - am Schallochrand auf. Die Tatsache, daß Franciolini in seinen Katalogen (vermehrt anonyme) Theorben mit derartigen Einlegearbeiten anbot2 und daß besonders das am Hals befindliche Arabeskenornament aus Ebenholz und Bein an Franciolini zugeschriebenen Instrumenten häufig wiederzufinden ist,3 macht - zusammen mit dem von Schumacher angegebenen Erwerbsort Florenz - eine Herkunft dieser Theorbe aus der Werkstatt Franciolinis sehr wahrscheinlich. LITERATUR: - Schumacher: Handschriftlicher Katalog, Nr. 90, S. 123. Fundortkatalog Nr. 90, S. 22. - Vannes 1956, Nr. 4, S. 6. - Pohlmann 1982, S. 370. BILDNACHWEIS: Von li. nach re. bzw. von oben nach unten: Vorder-, Seiten-, Rückgesamtansicht, Rosette. 1 Vgl. Ripin 1974, S. ixff. Ebda., S. 2ff. 3 Vgl. beispielsweise den Chitarrone aus der Musikinstrumentensammlung im Deutschen Museum, Inv.Nr. 5433 (beschrieben bei Wackernagel 1997, S. 16). 2 LAUTEN - INV.NR. 25 147 LAUTEN - INV.NR. 26 148 Inv.Nr. 26 Theorbe (17 Saiten, 12 Chöre = 6 x 1 + 5 x 2 + 1 x 1) vermutlich Werkstatt oder Umkreis Leopoldo Franciolini, Florenz, um 1900 SIGNATUR: Die einzelnen Worte sind ausgeschnitten und auf einem Druckzettel mit schwarzer Umrandung zusammengesetzt (unecht): Matteo Sales di Venezia // fecit Anno Domini 1612 CORPUS: Mandelförmiges Corpus. 2 Krägen, die durch ein schmales, geschwungenes Zwischenstück miteinander verbunden sind; Kragen für die Griffbrettsaiten extrem in die Länge gezogen. Decke: zweiteilig, auf den Hals aufliegend. Mittel- bis grobjährige Fichte. Eingeleimte Rosette aus schwarz gefärbtem Karton (im Zentrum sechsblättrige Blüte, am äußeren Rand 6 Halbkreise), unterlegt mit Spitzendekor aus Pergament. Schalloch umgeben von einem mehrfach perforierten, aufgesetzten Kranz aus Karton. Zwischen Steg und Unterrand ist ein zweiteiliges Ornament aus Laubholz eingelegt, wobei das untere in mehrfach geschwungener Dreiecksform ausgearbeitet ist und das obere ein auf den Kopf gestelltes Herz darstellt. Randeinfassung aus Ebenholz. Rücken: bestehend aus 21 durch Ebenholzadern getrennten Spänen, die bis auf die beiden Randspäne gekehlt sind. Karniesleisten vorhanden, die im unteren Corpusviertel in die ungeschweifte Kappe übergehen. Material von Spänen und Kappe aufgrund stark deckender Lackierung nicht ermittelt. Gedrechselter Tragbandknopf an der Corpusbasis. Zur Innenkonstruktion: Oberklotz aus mehreren Teilen zusammengesetzt und mit 2 Nageleinschlaglöchern versehen (möglicherweise Spuren und Reste eines älteren Oberklotzes). 3 Deckenbalken ermittelt: unmittelbar ober- und unterhalb des Schallochs und unterhalb des Steges; unter der Pergamentrosette kleiner Diagonalbalken aus neuerer Zeit verlaufend. Rückenspäne im Innern zur Stabilisierung vollständig mit Pergament ausgekleidet. Gesamt L: 1555 (1560) Rücken T (max.): 153 Decke L: 515 B (max.): 344 Decke S: 1,5-2,2 Rücken S: 2,6-3,7 Deckenmensur: 357 Rosette : 95; Schallochlage v. o.: 185 Deckenbebalkung: 1.) um 170 2.) um 280 3.) um 450 MONTURTEILE: Hals und Griffbrett: dünnes Griffbrett aus Ebenholz mit angesetzten Griffbrettspitzen. Die Halsrückseite ist vollständig mit Bein- und Ebenholzstreifen belegt. 4 flexible Bünde aus Darm vorhanden. Halsmensur: 295 Hals S: 30 / 28 / 31 Griffbrett L: 263 (369) Griffbrett B:80...96 Krägen mit Verbindungsstück: Die geschwärzte, aus einem Stück bestehende Kragenkonstruktion ist an den Hals angeschäftet; diese ist für eine Theorbe ungewöhnlich lang und erinnert in ihren Ausmaßen eher an einen Chitarronekragen. Der langgestreckte, halbrund geschnittene und ausgehöhlte Diskantkragen ist in Fortsetzung des Streifenmusters an der Halsrückseite ebenfalls mit Bein- und Ebenholzstreifen dekoriert und seitlich mit 11 geschwärzten, weit auseinander liegenden Wirbeln bestückt; Wirbel in Form und Größe nicht einheitlich, sondern wahllos zusammengetragen. Der zierliche Baßkragen ist durch ein kurzes, geschweiftes Zwischenstück an den unteren Kragen angeschlossen. Der mit 6 sichelförmigen, geschwärzten Wirbeln ausgestattete Baßkragen läuft am oberen Ende in eine Schnecke aus, die jedoch entgegen der sonst üblichen Stellung nach hinten zeigt. Beide Obersättel aus Bein. LAUTEN - INV.NR. 149 26 Krägen L (gesamt): 760 Diskantkragen B innen: um 32...um 56, außen: 48...77 Baßkragen B innen: 9...30, außen: 21...45 Schnecke B: 39 Steg: geschwärzter Knüpfsteg schwalbenschwanzförmig. mit breiter Auflagefläche. Riegelschweife B / S / H: 267 / 33 / 13 Besaitung: 17 Saiten aus Darm bzw. 12 Chöre, davon 6 x 1 freischwingende Baßsaiten und 5 x 2 + 1 x 1 Griffbrettsaiten. Aufgrund der eingeschnittenen Kerben an Obersattel und Steg entsteht eine tendenziell dreichörige Griffbrettsaitenanordnung (1 x 2 + 3 x 3). Da diese Gruppierung für Theorben völlig unüblich ist, kann die oben genannte Saitenaufteilung als wahrscheinlicher angenommen werden. Schwingende Saitenlängen: Griffbrettsaiten: 620, freischwingende Baßsaiten: 1231 ÜBERZUG: Rücken mit dunkelrotbraunem, dickem Farblack überzogen. Decke dunkel- bis mittelbraun lackiert, an vielen Stellen Lackrückstände und Retuschen sichtbar. ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN: Die Decke löst sich teilweise vom Rücken; Deckenrisse im Bereich der Mittelfuge und an baßseitiger Flanke. Spanfugen überwiegend grob gekittet. Diverse Wurmlöcher zugesetzt. Streifeneinlagen an der Rückseite von Hals und Kragen brüchig und partiell ganz fehlend. Vorliegendes Instrument ist vermutlich unter Wiederverwendung eines grob instand gesetzten, älteren Corpus entstanden. Dabei wurde eine neue Rosette mit Zierrand eingesetzt und ein neuer Steg aufgeleimt. Hals-Kragen-Konstruktion samt Obersättel ebenfalls aus neuerer Zeit. PROVENIENZ: Aus der Sammlung H. Schumacher. Im Zusammenhang mit vorliegendem Instrument erwähnt Schumacher in seinem Fundortkatalog (S. 21) die Stadt Florenz als Erwerbsort. Dieser Umstand, zusammen mit dem zusammengestückelten Zettel und der ungewöhnlichen Ausarbeitung des Kragens, läßt auch bei diesem Instrument an eine Fälschung aus der Florenzer Werkstatt Leopoldo Franciolinis denken (vgl. die Ausführungen bei Inv.Nr. 25). Bei dem vorgefundenen Zettel handelt es sich um eine plumpe Fälschung der Signierungen des Matteo Sellas (hier in der falschen Schreibweise „Matteo Sales“ wiedergegeben), eines bekannten, in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts in Venedig nachgewiesenen Zupfinstrumentenbauer. Dieser auch unter dem Namen Matthäus Seelos bekannte Instrumentenmacher pflegte seine Instrumente bzw. Zettelsignaturen mit dem Zusatz „alla Corona“ zu versehen1 - ein weiteres Indiz für die Falschheit des vorliegenden Zettels, da dieser Zusatz hier nicht vorhanden ist. Wie viele der von Franciolini stammenden Instrumente dürfte auch diese Theorbe - unter anderem aufgrund der hier vorgefundenen, für Lauten sehr ungewöhnlichen dreichörigen Griffbrettsaitenanordnung - nicht primär zum Musizieren bestimmt gewesen sein. So fällt in diesem Zusammenhang auch auf, daß bei keiner Laute der Sammlung seitens Schumacher (Handschriftlicher Katalog) Bemerkungen bezüglich diverser Konzerteinsätze zu finden sind, die bei den artifiziellen Streichinstrumenten dagegen in größerem Ausmaß existieren. LITERATUR: - Schumacher: Handschriftlicher Katalog, Nr. 91, S. 124. Fundortkatalog Nr. 91, S. 22. - Vannes 1956, Nr. 5, S. 6. 1 Vgl. Lütgendorff/Drescher 1990 (Ergänzungsband), S. 554/555. LAUTEN - INV.NR. 26 - Pohlmann 1982, S. 363. - Toffolo 1987, S. 84. BILDNACHWEIS: Von li. nach re. bzw. von oben nach unten: Vorder-, Seiten-, Rückgesamtansicht, Rosette. 150 LAUTEN - INV.NR. 27 151 Inv.Nr. 27 Theorbierte Laute (21 Saiten, 15 Chöre = 9 x 1 + 6 x 2) Petrus Baum (?), Deutschland, 18. Jahrhundert / Werkstatt oder Umkreis Leopoldo Franciolini, Florenz, um 1900 (?) SIGNATUR: Druckzettel mit Zierrand (unecht): Magno Tiaffobrucher // Faciebat Venetiae // Anno Domini 1610 Brandstempel PB am oberen sowie am unteren Deckenende CORPUS: Mandelförmiges Corpus. 2 Krägen, von denen der Baßkragen nahezu in einer Ebene zum Griffbrett verläuft, der Kragen für die Griffbrettsaiten um etwa 80° abgeknickt an den Hals angesetzt ist. Decke: zweiteilig, auf dem Hals aufliegend. Fichte mit Jahresringen, die schräg zur Saitenebene verlaufen. Aus dem Deckenholz geschnitzte, vierteilig angelegte Flechtwerkrosette, gerahmt von einem Zierrand aus Rhomben zwischen feinen Rillen in Flachschnitzerei. Randeinfassung aus Ebenholz. Rücken: aus 21 Ahornspänen in Radialschnitt mit deutlicher Flammung zusammengesetzt; Späne durch feine Ebenholzadern getrennt und bis auf die zwei äußeren gekehlt. Ungeschweifte, seitlich sich verjüngende Kappe, die baß- und diskantseitig in eine Karniesleiste übergeht; Karniesleisten und Kappe aus Ahorn. Gedrechselter Tragbandknopf an der Corpusbasis aus Buchsbaum mit Elfenbeinauge. Zur Innenkonstruktion: 3 Deckenbalken ermittelt, die ober- und unterhalb des Schallochs und auf Steghöhe plaziert sind. Späne innen vollständig mit Papier ausgekleidet, welches mit einer Abhandlung in lateinischer Sprache bedruckt ist. Gesamt L: 1035 (1040) Rücken T (max.): 155 Decke L: 532 B (max.): 325 Decke S: 1,8-2,5 Rücken S: um 1,0 Deckenmensur: 403 Rosette : 110; Schallochlage v. o.: 167 Deckenbebalkung: 1.) um 140 2.) um 280 3.) um 400 MONTURTEILE: Hals und Griffbrett: gesamter Hals mit Griffbrett reich verziert: Halsrückseite nahezu vollständig mit Streifen aus leicht versetzt angeordneten Ebenholz- bzw. Beinrhomben belegt, baß- und diskantseitig von 2 feinen Spänen aus denselben Materialien eingerahmt. Das dünne Griffbrett aus Ebenholz weist im äußeren Bereich ebenfalls Einlegearbeiten aus Ebenholzund Beinstreifen auf; im Mittelpunkt des Griffbretts befinden sich 2 im Aussehen genau übereinstimmende Arabeskenverzierungen aus Ebenholz, die untereinander in eine Grundfläche aus Bein eingelegt sind. 7 Darmbünde vorhanden. Halsmensur: 250 Hals S: durchgehend 22 Griffbrett L: 224 (275) Griffbrett B: 95...107 Krägen: Griffbrettsaiten im abgeknickten, freischwingende Baßsaiten im gerade verlaufenden Kragen untergebracht; beide Krägen an den Hals angeschäftet und sowohl in ihren Ausmaßen als auch im Aussehen nahezu identisch. Sie unterscheiden sich lediglich in der Anzahl der aufgenommenen Wirbel, indem der Baßkragen 9 viereckige, an den Kanten leicht verrundete Wirbel aus dunkel gebeiztem Hartholz mit Beinköpfchen und je 2 Zierrillen an den Seitenkanten aufweist, der Diskantkragen dagegen 12 Wirbel in derselben Aufmachung besitzt. Die geschwärzten und an der Rückseite durchbrochenen Krägen enden jeweils in einer annähernd quadratischen Kopfplatte, auf die - von Beinspänen gerahmt - eine in schwarzem LAUTEN - INV.NR. 152 27 Kitt eingelegte Perlmuttblüte aufgesetzt ist. Beide Obersättel aus Bein, wobei der Sattel am Baßkragen baßseitig weit übersteht, um die tieferen Saiten in die richtige Position zu bringen. Diskantkragen L: 280 Baßkragen L: 250 Krägen B innen: 16...35, außen: 31...48 Kopfplatte: 40 x 38 Steg: Knüpfsteg aus Nußbaum (?); die schlichten Riegelschweife leicht nach oben geschwungen und in einer rundlichen Verdickung auslaufend. B / S / H: 218 / 15 / 16 Besaitung: 21 Saiten bzw. 15 Chöre, davon 9 x 1 freischwingende Baßsaiten und 6 x 2 Griffbrettsaiten. Sämtliche Saiten aus Darm. Schwingende Saitenlängen: Griffbrettsaiten: 630, freischwingende Baßsaiten: 673 ÜBERZUG: Auf das gesamte Corpus ist mittelbrauner, gut erhaltener Lack aufgetragen. ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN: Das Instrument liegt in einem guten Erhaltungszustand vor. 1 Griffbrettsaite fehlend. Abgeknickter Kragen am Übergang zum Hals brüchig und instabil. Das Corpus weist bis auf die leicht rissige Deckenfuge im unteren Corpusbereich und kleinere Rißansätze im Rücken keine Beschädigungen oder Umbauspuren auf. Dieser Umstand macht eine Einordnung des Corpus ins frühe 17. Jahrhundert (s. Signatur) sehr fragwürdig. PROVENIENZ: Aus der Sammlung H. Schumacher. Im Zusammenhang mit vorliegendem Instrument erwähnt Schumacher in seinem Fundortkatalog (S. 21) die Stadt Florenz als Erwerbsort. Magnus Tieffenbrucker (der Jüngere) war ein Mitglied der berühmten gleichnamigen Lautenund Violenmacherfamilie aus Füssen (oder dessen unmittelbarer Umgebung) und wirkte um die Wende des 16. Jahrhunderts in Venedig.1 Obwohl die erhaltenen Zettel von M. Tieffenbrucker seinen Namen in sehr verschiedener, auch stark verwelschter Schreibweise wiedergeben,2 kann bei vorliegendem Zettel von einer falschen Namenswiedergabe ausgegangen und die Signatur damit als gefälscht identifiziert werden. Eine wohl authentischere Signatur stellt der zweimalig auf der Decke angebrachte Brandstempel PB dar, der nach Vannes3 von dem deutschen Instrumentenmacher Petrus Baum stammen könnte, von dem in der Literatur jedoch nicht mehr bekannt ist, als daß er im 18. Jahrhundert in Deutschland tätig war.4 Aufgrund des Fundortes Florenz, des reich verzierten Halses mit unter anderem einem großen Arabeskenornament auf der Vorderseite (vgl. Inv.Nr. 25) und des für theorbierte Lauten ungewöhnlichen Baßsaitenbezugs mit 9 Einzelchören (in zeitgenössischen Quellen ist ein Bezug mit bis zu 8 Doppel- oder Einzelchören überliefert)5 kann auch hier - wie bei Inv.Nr. 25 u. 26 - eine Herkunft aus der Werkstatt oder aus dem Umkreis L. Franciolinis nicht ausgeschlossen werden. Träfe dies zu, ist es nur schwer zu beurteilen, inwieweit originale Instrumententeile verwendet wurden. Die Möglichkeit, daß hier Einzelteile eines früheren Tieffenbrucker-Instruments verarbeitet wurden, scheidet jedoch mit großer Sicherheit aus. LITERATUR: - Schumacher: Handschriftlicher Katalog, Nr. 86, S. 119/120. Fundortkatalog Nr. 86, S. 21. 1 Vgl. Kinsky 1912, S. 269ff. Vgl. Toffolo 1987, S. 92ff. 3 Vannes 1956, S. 5/6 4 Vgl. Vannes 1959, Bd. II, S. 4. 5 Zur Besaitung und Stimmung der theorbierten Laute vgl. Radke 1972. 2 LAUTEN - INV.NR. 27 - Vannes 1956, Nr. 2, S. 5/6. - Pohlmann 1982, S. 374 (Abbildung) u. 376. - Toffolo 1987, S. 95. BILDNACHWEIS: Von li. nach re. bzw. von oben nach unten: Vorder-, Seiten-, Rückgesamtansicht, Rosette. 153 LAUTEN - INV.NR. 28 154 Inv.Nr. 28 Mandora (11 Saiten, 6 Chöre = 5 x 2 + 1 x 1) Deutschland, 18. Jahrhundert SIGNATUR: Handgeschriebener Zettel (unecht): Magnus Dieffenbrugger 1612 Darunter Druckzettel (in altdeutscher Schrift): Paulus Alletsee, Renovit 1716 (Der Zettelabschnitt „Paulus Alletsee“ ist erhaben und heller und scheint somit separat aufgeklebt worden zu sein; möglicherweise überdeckt er einen anderen Namen) CORPUS: Langes, schlankes mandelförmiges Corpus, das diskantseitig etwas stärker ausgebaucht ist. Nach hinten abgeknickter Kragen mit einem Chanterelle-Reiter. Decke: zweiteilig. Fichte mit regelmäßigen mittelbreiten Jahresringen Aus dem Vollen herausgeschnittene Flechtwerkrosette, die auf der Unterseite mit Pergament gesichert ist. Randeinfassung aus Ebenholz. Rücken: bestehend aus 9 ungekehlten Spänen, die durch dünne Beinadern getrennt sind. Späne abwechselnd aus Palisander und einem nicht ermittelten Laubholz gefertigt. Kappe mit schlichtem Umriß aus Palisander (?), darin ein Tragbandknopf aus Elfenbein. Zweiter Tragbandknopf aus Elfenbein im oberen Teil der Muschel im Oberklotz verankert. Zur Innenkonstruktion: 7 an den Enden abgeflachte Deckenquerbalken: unterhalb des Oberklotzes, unmittelbar ober- und unterhalb der Rosette, unter dem Rosettenmittelpunkt, zwischen Rosette und Steg, kurz oberhalb des Steges und oberhalb der vorhandenen Gegenkappe; zusätzlich 3 schwächere, kurze Balken unter der Rosette. In der unteren Corpuspartie diskant- und baßseitig je 2 kurze Diagonalbalken angebracht. Deckenrisse sowie Rücken mit großflächigen Pergamentstreifen in Quer- und Längsrichtung belegt; Pergament mit handgeschriebenem oder gedrucktem lateinischem Text in roter und schwarzer Farbe versehen (geistlicher Text). Gesamt L: 863 (868) Rücken T (max.): 170 Decke L: 510 B (max.): 305 Decke S: <1,0 Rücken S: <1,0 Deckenmensur: 411 Rosette : 89; Schallochlage v. o.: 158 Deckenbebalkung: 1.) um 95 2.) um 150 3.) um 202 4.) um 248 5.) um 315 6.) um 375 7.) um 465 MONTURTEILE: Hals und Griffbrett: schmaler, an der Unterseite mit Ebenholz furnierter Hals. Griffbrett aus dünner Ebenholzauflage, eingefaßt von 2 feinen Beinadern. In die Decke eingelegte Griffbrettspitzen, die aber aufgrund ihrer Position und Separation Überreste eines älteren, breiteren Halses darstellen. 4 Darmbünde erhalten. Halsmensur: 320 Hals S: 18 / 20 / 23 Griffbrett L: 320 Griffbrett B:53...70 Kragen: Der im Winkel von 82° zum Hals stehende Kragen ist an diesen angeschäftet und besitzt einen aufgesetzten Chanterelle-Reiter für die oberste Saite. Insgesamt 11 querovale, geschwärzte Wirbel mit Beinknöpfchen vorhanden. Den Abschluß des Kragens aus einem nicht identifizierten Laubholz bildet eine rechteckige Kopfplatte, die aus je 2 Bein- bzw. Ebenholzdreiecken zusammengesetzt ist. Die offene Kragenrückseite ist mit einem dunkelbraun lackierten Laubholzfurnier in durchbrochener Rankenornamentik belegt, an den Längsseiten mit 2 Zierbändern versehen. Kragenvorderkanten mit Ebenholz furniert. Obersattel aus Bein. Kragen L: 160 Kragen B innen: 10...35, außen: 24...48 LAUTEN - INV.NR. 28 155 Kopfplatte: 22 x 16 Steg: geschwärzter Knüpfsteg, auf der Oberseite mit einem Ebenholzstreifen, der von Beinadern eingefaßt ist, furniert. Riegelschweife in Form sich nach oben einrollender Akanthusblätter aus Ebenholz; diskantseitiges Ornament stark beschädigt. B / S / H: 90 / 15 / 12 Besaitung: 11 Saiten aus Darm bzw. 6 Chöre (5 x 2 + 1 x 1). Stimmung: Ff-Gg-cc’-ff-aa-d’ 1 Schwingende Saitenlänge: 733 ÜBERZUG: Rücken mit dunkelbraunem Überzug; Decke und Wirbelkastenseitenwände in hellerem Braun. ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN: Rücken sehr fragil, Späne teilweise eingesunken und rissig; im Fugenbereich zweier mittlerer Späne ein ca. 6 cm langer, schmaler Streifen herausgebrochen. Decke wurmstichig und mit mehreren kleinen, zum Teil bereits gekitteten Rissen durchsetzt. Ebenholzfurnier am Hals rissig. Riegelschweife stark beschädigt. Die deutlichen Arbeitsspuren am Hals- bzw. Rückenansatz, der fehlende Deckenüberstand auf dem Hals und die nicht zum aktuellen Griffbrett gehörenden Griffbrettspitzen sind Indizien dafür, daß vorliegendes Corpus in früherer Zeit mit einem breiteren Hals versehen und damit für mehr Saiten eingerichtet worden war. Im Stegbereich sind Spuren eines alten, geschwungenen Steges sichtbar. Oberhalb des obersten Wirbels ist ein weiteres Wirbelloch eingebohrt, im jetzigen Zustand jedoch zugebuchst und ohne Funktion. PROVENIENZ: Aus der Sammlung H. Schumacher. Das vorliegende Instrument ist im Fundortkatalog (S. 9) unter der Rubrik „Privaten, Händlern“ verzeichnet und mit dem Namen Jost Meyer versehen, der demnach der frühere Besitzer gewesen sein könnte. Die Mandora ist eine auf 6 oder 8 Chöre reduzierte Laute, die an der Wende des 17. zum 18. Jahrhunderts vor allem in Süddeutschland und Österreich in Mode kam. Dieser besonders bei Dilettanten beliebte Lautentyp löste die elf- bis dreizehnchörige Barocklaute ab, die durch ihre im Laufe der Zeit sich stark vergrößernde Saitenanzahl immer schwieriger zu beherrschen war. Bis die Mandora ihrerseits zu Beginn des 19. Jahrhunderts von der noch einfacher zu handhabenden sechssaitigen Gitarre verdrängt wurde, entstanden in den Werkstätten bekannter Lauten- und Geigenmacher zahlreiche Exemplare, die entweder Neubauten oder aber Umbauten früherer Barocklauten darstellen.2 Die vorliegende Mandora weist deutliche Spuren einer früheren Barockisierung auf. Daß diese ursprünglich barocke Laute das Werk Magnus Tieffenbruckers war, wie es der einfache Zettel ohne Ortsangabe suggeriert, ist unwahrscheinlich, da Schreibweise und Zettelinschrift (ohne Ortsangabe!) nicht mit vergleichbaren authentischen Signierungen von M. Tieffenbrucker übereinstimmen.3 Außerdem müßte der Rücken in diesem Fall nicht nur aus 9, sondern, wie es um 1600 üblich war, aus 15 bis 41 Spänen zusammengesetzt sein. Wann und von wem der gefälschte Tieffenbrucker-Zettel eingesetzt wurde, ist ungewiß. Der Umbau zur Mandora läßt sich mit großer Wahrscheinlichkeit Johann Paul Alletsee (geb. 1684 in Waltenhofen bei Füssen, gest. 1733 in München)4 zuschreiben, von dem ein Reparaturzettel im Instrument vorliegt: das angegebene Reparaturjahr 1716 fällt genau in die 1 Nach Janowka 1701, S. 72; zitiert nach Wackernagel 1997, S. 25. Zur Frühgeschichte der Mandora vgl. Kirsch 1999. 3 Vgl. Toffolo 1987, S. 92ff. 4 Layer 1978, S. 110/111. 2 LAUTEN - INV.NR. 28 156 Zeit der verstärkt aufkommenden Nachfrage nach Mandoren; außerdem zählt München zu den wichtigsten Verbreitungsgebieten der Mandora, wo Alletsee ab 1710 als kurfürstlicher Hoflauten- und -geigenmacher wirkte.5 LITERATUR: - Schumacher: Handschriftlicher Katalog, Nr. 82, S. 115. Fundortkatalog Nr. 82, S. 9. - Vannes 1956, Nr. 1, S. 5. - Pohlmann 1982, S. 341. - Toffolo 1987, S. 95. BILDNACHWEIS: Von li. nach re. bzw. von oben nach unten: Vorder-, Seiten-, Rückgesamtansicht, Rosette, Kragen. 5 Layer 1978, S. 110/111. LAUTEN - INV.NR. 28 157 GITARREN - INV.NR. 29 158 Gitarren Inv.Nr. 29 Gitarre1 (6 Saiten) Federico Peirano, Cádiz, 1830 SIGNATUR: Druckzettel mit Zierrand aus überwiegend ineinander verschlungenen Linien; in die oberste Zeile ist das Motiv einer Gitarre integriert: ME HIZO EN CÁDIZ // FEDERICO PEIRANO. // calle de Allien n. ° 170 // AÑO 1830 Am helleren Hintergrund des Namens "Federico Peirano" auf der Etikette ist zu erkennen, daß dieser Abschnitt einst von einem zweiten Klebezettel mit einem vermutlich anderem Namen überdeckt und später, unter Hinterlassung von Spuren, wieder von diesem befreit wurde. CORPUS: Schmales Corpus in Achtform mit aufwendigen Einlegearbeiten auf der Decke. Decke: dreiteilig, das Mittelstück ein ca. 50 mm breiter Streifen. Material Fichte mit in der Mitte feinen, nach außen hin gröber werdenden Jahresringen. Flach, an den Rändern eine fünfspänige Einlage aus abwechselnd Riopalisander und Ahorn. Um das Schalloch breiter Zierrand (40 mm) in konzentrischen Kreisen: 2 Ringe mit Perlmuttornamenten in schwarzem Kitt zwischen drei- bzw. siebenspänigen Einlagen aus Riopalisander und Pao Amarillo (Gelbholz) im Wechsel. Unterhalb des Steges runde Verzierung in ähnlicher Einlegearbeit wie Schallochrandverzierung (1 größeres, rautenförmiges Perlmuttornament von 6 kleineren, eckigen Perlmutteinlagen in schwarzem Kitt umgeben; Randbegrenzung durch siebenspänige Einlage). Zargen: bestehend aus Pao Amarillo (Gelbholz) und 3 Riopalisanderstreifen. An der Fuge des zweigeteilten Zargenverlaufs über dem Unterklotz schmaler Streifen aus Riopalisander eingesetzt, in dem ein Tragbandknopf aus Bein mit Ebenholzendknöpfchen fixiert ist. Boden: aus Pao Amarillo und 8 leicht fächerförmig und paarweise angeordneten Riopalisanderstreifen unterschiedlicher Stärke zusammengesetzt. Flach, ohne Randeinlage. Nach oben spitz zulaufendes Bodenblatt. Zur Innenkonstruktion: Hals und der halbrunde Oberklotz in einem Stück, Zargen in den seitlich geschlitzten Oberklotz eingelassen; zur Vergrößerung der Leimfläche ist dem Oberklotz bodenseitig eine flache rechteckige Platte aus Zeder angesetzt. Flacher Unterklotz mit abgeschrägten Kanten; darin ein zentraler Riß erkennbar, der durch den von außen eingetriebenen Tragbandknopf verursacht wurde. Innenreifchen in Form von dreieckigen, dicht, aber unregelmäßig aneinandergereihten Leimklötzchen, wobei die Bodenklötzchen aus Cedro, die Deckenklötzchen aus Fichte gefertigt sind. Die Bodenfugen sind mit kleinen, rechteckigen Belägen aus Cedro verstärkt. 2 Bodenquerbalken im unteren Bereich, deren Enden in auf die Zargenwand gelegte Konsolen aus Cedro eingelassen sind. Zargenwand auf der Innenseite mit Papier ausgekleidet, welches mit Zahlen in tabellarischer Anordnung 1 Das Instrument wurde im Jahre 1999 von Enrico Liemacher (Karl Koch AG, Atelier für Geigen- und Gitarrenbau, Murbacherstr. 15, 6003 Luzern) einer umfassenden Restauration unterzogen. Die Identifizierung der Holzarten, die Ausführungen zu den im Rahmen dieser Restaurierung vorgenommenen Veränderungen am Instrument sowie die Vermutungen zur Einordnung Peiranos in sein Umfeld gehen teils auf eine schriftliche Instrumentenbeschreibung des Restaurators, teils auf mündlich eingeholte Informationen zurück. E. Liemacher, der vorliegende Gitarre bereits nachgebaut und zu diesem Zwecke detaillierte Baupläne angefertigt hat, stellte der Verfasserin dieser Arbeit freundlicherweise umfangreiches Bildmaterial zur Verfügung, von dem hier auf folgenden Seiten einige Innen- und Detailaufnahmen sowie eine Nachbildung des Signaturzettels wiedergegeben werden sollen. GITARREN - INV.NR. 159 29 beschrieben ist und daher möglicherweise aus einem alten Buchhaltungsbuch stammt. Zargen zusätzlich zu den Konsolen durch eingepaßte Zederstäbchen verstärkt, die allerdings im Rahmen der letzten Restauration neu eingesetzt wurden. Je ein Deckenquerbalken kurz unterund oberhalb des Schallochs; die Enden ebenfalls in Cedrokonsolen fixiert. 2 breitere v-förmig angeordnete Beläge beidseitig des Schallochs. Im Bereich der unteren Corpuspartie fünfstrahliges Verleistungsmuster, wobei die beiden äußeren Balken fächerförmig nach außen laufen. Rißbildungen in Decke durch mehrere im Rahmen der Restauration eingefügte Holzbeläge gesichert. Gesamt L: 955 (965) Decke L: 465 B: 237 / 190 / 297 Decke S: 2,0-2,3 (Mitte); 1,4-1,6 (Rand) Deckenmensur: 320 Zargen H: 88 / 88 / 92 / 100 Zargen S: um 1,0 Boden L: 485 Boden S: 2,2-2,5 (Mitte); 1,8-2,1 (Rand) Schalloch : 90; Schallochlage v. o.: 106 MONTURTEILE: Hals und Wirbelbrett: aus Honduras-Zeder; Hals aus mehreren Stücken, das angeschäftete Wirbelbrett aus 2 Platten zusammengeleimt. Schmaler, separat angesetzter Halsstock, oben einen spitzen Grat bildend. Trapezförmiges, am oberen Rand geschweiftes Wirbelbrett, das auf der Vorderseite mit einem Palisanderfurnier überzogen ist; nahe des Oberrandes mit einem kleinen Loch zum Aufhängen versehen. 6 hinterständig angebrachte Wirbel mit Perlmuttaugen an den Wirbelköpfen sowie am unteren Ende der Wirbelschäfte; 5 Wirbel aus Ebenholz, 1 aus Palisander. Halsmensur: 320 Hals S: 25 / 24 / 26 Wirbelbrett L: 185 Wirbelbrett größte B / kleinste B: 87 / 53 Griffbrett und Obersattel: flaches, dünnes Griffbrett aus Palisander, das auf der Decke aufliegt und bis zum Oberrand des Schallochs reicht. 18 eingelassene Bünde aus Messing, wobei der 12. Bund, wie es ab ca. 1800 üblich wird, am Schnittpunkt von Hals und Corpusoberkante angebracht ist. Obersattel aus Bein. Griffbrett L (max.): 438 Griffbrett B: 50...64 Bundabstände: 37 - 70 - 101 - 131 - 160 - 187 - 212 - 235 - 258 - 279 - 299 - 319 - 337 - 353 - 370 385 - 399 - 412 Steg: Knüpfsteg aus Palisander mit Beinsattel und Perlmuttverzierungen (im Rahmen der Restauration im Jahre 1999 nach dem Vorbild andalusischer Gitarrenbauer um 1800 ersetzt). B / S / H: 172 / 29 / 15 Besaitung: Das Instrument ist zur Zeit mit 3 Darmsaiten (obere Saiten) und 3 metallumsponnenen Saiten (untere Saiten) ausgestattet. Stimmung: E-A-d-g-h-e’ Schwingende Saitenlänge: 640 ÜBERZUG: Decke natur-geölt, Boden und Zargen mit Schellack goldgelb poliert. Zahlreiche Lackretuschen am gesamten Corpus. ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN: Nach der sorgfältigen Restauration im Jahre 1999 (Karl Koch AG, Atelier für Geigen- und Gitarrenbau, Luzern) zeigt sich das Instrument in einem spielbaren Zustand. Folgende restaurative Maßnahmen wurden durchgeführt: Einige fehlende Perlmutteilchen der Schallochrandeinlage ersetzt. Decke am diskantseitigen Oberbügel mittels eines kleinen, dreieckigen Einsatzes geflickt. Da der Deckenrand durch das häufige Öffnen des Instruments stark beschädigt war und grobe Kittreparaturen sowie Nagellöcher aufwies, mußte die Randeinlage am Unterbügel ersetzt werden. Deckenrisse GITARREN - INV.NR. 29 160 durch dünne Holzauflagen im Innern stabilisiert. Die durch das mehrmalige Austauschen des Steges in diesem Bereich unbrauchbar gewordene Decke wurde ebenfalls durch breitere Beläge verstärkt; die drei mittleren Balken der fünfstrahligen Verleistungskonstruktion wurden dabei ersetzt. Klötzchen-Innenbereifung teilweise erneuert. Zargenwände zur Stabilisierung von innen vereinzelt mit dünnen Zederstreben versehen. Der Boden lag nahezu unbeschädigt vor, so daß nur wenige Risse geleimt werden mußten. Im Rahmen einer früheren Reparaturmaßnahme ist das Wirbelbrett an der diskantseitigen, oberen Ecke durch ein dunkelfarbiges Holzstück unschön ausgebessert worden. PROVENIENZ: Das Instrument ist in den Aufzeichnungen Schumachers nicht enthalten und muß daher nach seinem Tode in die Sammlung gekommen sein. Laut eines Vermerks in den Inventarisierungsbögen von Kappeler/Hiestand 1966 befand sich das Instrument vor der Eingliederung in die Sammlung im Besitze des Geigenbauers Wenro aus Bern. Von Federico Peirano, dem Erbauer vorliegender spanischen Gitarre, sind weder biographische Details noch weitere Instrumente bekannt. Daß er sein Handwerk beherrschte, beweist zweifelsohne vorliegende Gitarre, die sowohl hinsichtlich der sauberen Verarbeitung und der umfangreichen Einlegearbeiten als auch in ihren klanglichen Qualitäten überzeugt. Der Umstand, daß Decke, Boden, Zargen und Hals aus mehreren kleinen Teilen zusammengesetzt sind, zeigt aber auch, daß ihm größtenteils die Mittel gefehlt zu haben scheinen, um Holz in ausreichender Breite zu bekommen. Den Zettelangaben nach war Peirano in der 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts in Cádiz tätig. Sein Instrument kann bezüglich der Stil- und Formelemente als eine typische Arbeit aus Cádiz und Umgebung angesehen werden. Aus dieser traditionellen andalusischen Linie des Gitarrenbaus gingen zahlreiche berühmte Instrumentenbauer hervor, wie beispielsweise Antonio de Torres (1817-1892), der in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts in Sevilla und Almería wirkte und auf den viele noch heute gültige Verbesserungen im Gitarrenbau zurückzuführen sind.1 Es ist durchaus denkbar, ja sogar wahrscheinlich, daß Torres von anderen Gitarrenbauern aus der Region, unter anderem von Peirano aus Cádiz, beeinflußt wurde. Peirano wiederum arbeitete bezüglich Innenkonstruktion und Einlegearbeiten nach dem Vorbild der in der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts wirkenden Gitarrenbauer aus Cádiz. Besonders deutliche Ähnlichkeiten lassen sich beim Vergleich mit Instrumenten von Juan Pagés aus Cádiz feststellen (Einlegearbeiten am Schalloch, Innenbebalkung mit fünfstrahligem Verleistungsmuster, Verwendung einer Klötzchen-Innenbereifung, Formulierung „me hizo“ [=„mich machte“] auf dem Zettel),2 so daß dieser als direkter Lehrmeister von Peirano in Frage kommt. Neben diesen Merkmalen sind an vorliegendem Instrument weitere Charakteristika zu beobachten, die der Spanischen Schule des Gitarrenbaus eigen sind: da wäre zum einen das - im Gegensatz zu französischen oder italienischen Exemplaren - sich stark trapezförmig verbreiternde Wirbelbrett und die Hals-Wirbelbrett-Verbindung mit der an der Wirbelbrettrückseite aus dem Holz herausgearbeiteten, dreieckigen Verstärkung zu nennen; zum anderen sind die Hals-Corpus-Verbindung in einem Stück mit eingeschobenen Zargen und das dachförmige Halsstockprofil als typische Merkmale spanischer Provenienz zu identifizieren. LITERATUR: - Vannes 1956, Nr. 7, S. 7. 1 Vgl. Romanillos 1990. Ausführliche Beschreibung einer Gitarre von Juan Pagés in: Museo Municipal Madrid/The Metropolitan Museum of Art: La guitarra española, 1993, S. 118ff. 2 GITARREN - INV.NR. 29 161 BILDNACHWEIS: Von li. nach re. bzw. von oben nach unten: Vorder-, Seiten-, Rückgesamtansicht, Einlegearbeiten am Schalloch, Signatur, Nachbildung der Signatur. Innenansichten: Zustand Decke vor Restauration, Zustand Decke nach Restauration, Boden und Zargenkranz mit partiell erneuerter Klötzchen-Innenbereifung, Zustand Zargenkranz nach Restauration (zusätzliche Verstärkung durch Zederstäbchen), Zustand unterer Deckenabschnitt vor Restauration (alter, aber nicht originaler Steg, Deckenrandeinlage grob gekittet, Rißbildungen). GITARREN - INV.NR. 29 162 GITARREN - INV.NR. 29 163 GITARREN - INV.NR. 29 164 GITARREN - INV.NR. 29 165 166 GITARREN - INV.NR 30 Inv.Nr. 30 Gitarre (6 Saiten) Michel, Paris, um 1900 SIGNATUR: Brandstempel: MICHEL // A PARIS CORPUS: Corpus in Achtform mit deutlich eingezogener Mitte. Decke: zweiteilig. Fichte mit feinen Jahresringen. Flach. Breite Randeinfassung aus schwarzem, nicht identifiziertem Holz, daran anschließend 5 abwechselnd helle und dunkle Späne. Rundes Schalloch mit großflächiger Randverzierung in Form einer in 4 konzentrischen Kreisen angeordneten, zwölfspänigen Einlage aus hell- und dunkelfarbigem Holz. Zargen: Vogelaugenahorn. An der Fuge des zweigeteilten Zargenverlaufs an der Corpusbasis keilförmiger Streifen aus geschwärztem Holz eingesetzt, darin Tragbandknopf aus Ebenholz verankert. Boden: einteilig. Vogelaugenahorn. Flach und mit Randeinfassung wie Decke. Kleines, verrundetes Bodenblatt, geschwärzt und separat angesetzt. Zur Innenkonstruktion: Hals vermutlich stumpf auf den separaten, flachrunden Oberklotz geleimt. Unterklotz ebenfalls flachrund. Breite, durchgehende Innenbereifung an Decke und Boden, an den Klötzen stumpf endend. Zwischen Ober- und Unterklotz stabilisierender, breiter Längsbalken auf den Boden geleimt. Darüber sind 4 an den Enden abgefaste Bodenquerbalken auf Höhe der größten Oberbügel- und geringsten Mittelbügelbreite sowie ober- und unterhalb des Steges eingesetzt. An der Decke ebenfalls 4 Querbalken vorhanden, die den Bodenbalken aber nicht genau gegenüberliegen, sondern leicht versetzt angebracht sind: ober- und unterhalb des Schallochs und jeweils kurz unterhalb der entsprechenden Bodenbebalkung ober- und unterhalb des Steges. Gesamt L: 915 (923) Decke L: 440 B: 240 / 170 / 305 Decke S: 2,5-2,9 (Mitte); 2,2-2,5 (Rand) Deckenmensur: 315 Zargen H: 72 / 72 / 77 / 78 Zargen S: um 1,0 Boden L: 450 Boden S: 2,6-3,0 (Mitte); 2,3-2,6 (Rand) Schalloch : 85; Schallochlage v. o.: 110 MONTURTEILE: Hals und Wirbelbrett: Hals aus Zeder (?) mit einem verrundeten, sich nach hinten verjüngenden Halsstock. Das geschwärzte, leicht trapezförmige und am oberen Rand geschweifte Wirbelbrett ist an den Hals angeschäftet und weist nahe des Oberrandes ein kleines Loch zur Aufhängung auf. 6 große, hinterständig angebrachte, geschwärzte Wirbel mit Perlmuttaugen an den birnenförmigen Wirbelköpfen. Halsmensur: 315 Hals S: 19 / 20 / 23 Wirbelbrett L: 165 Wirbelbrett größte B / kleinste B: 73 / 47 Griffbrett und Obersattel: flaches, dünnes Griffbrett aus geschwärztem, nicht identifiziertem Hartholz, das auf der Decke aufliegt und bis zum Oberrand des Schallochs reicht. 18 eingelassene Bünde aus Messing. Obersattel aus Bein. Griffbrett L (max.): 437 Griffbrett B: 45...61 Bundabstände: 34 - 67 - 98 - 128 - 157 - 183 - 208 - 232 - 254 - 275 - 296 - 315 - 333 - 350 - 367 382 - 396 - 410 Steg: aus Ebenholz. Der Steg weist seitlich nach oben gebogene Spitzen auf, die aufgrund vorhandener Spuren auf der Decke ursprünglich jeweils am Oberende mit aufgesetzten GITARREN - INV.NR 30 167 Endpunkten verziert gewesen sein mußten. 6 Haltestifte mit Beinaugen, davon 5 aus Ebenholz, der 6. in Palisander ergänzt. Sattel aus Bein. B / S / H: 140 / 27 / 10 Besaitung: Das Instrument ist zur Zeit mit 3 Darmsaiten (obere Saiten) und 3 metallumsponnenen Saiten (untere Saiten) ausgestattet. Stimmung: E-A-d-g-h-e’ Schwingende Saitenlänge: 630 ÜBERZUG: Decke natur-geölt, Boden und Zargen mit Schellack goldgelb poliert. ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN: Deckenrisse im oberen und unteren Corpusbereich. Der Boden löst sich partiell vom Zargenkranz. Endpunkte der Stegspitzen fehlend. 1 Haltestift im Steg ersetzt. Die dunklen Verfärbungen im diskantseitigen Deckenbereich unterhalb des Schallochs lassen sich als Gebrauchsspuren identifizieren und weisen darauf hin, daß das Instrument vor der Eingliederung in die Sammlung rege gespielt wurde. PROVENIENZ: Da die hier besprochene Gitarre weder bei Schumacher noch bei Vannes 1956 oder Kappeler/Hiestand 1966 erwähnt ist, muß das Instrument nach 1966 Eingang in die Ausstellung gefunden haben. Im Jahre 1957 führt Otto Dreyer im Rahmen einer Auflistung seiner gesammelten Musikinstrumente eine Gitarre an, die ebenfalls mit dem Brandstempel MICHEL // A PARIS signiert ist.1 Möglicherweise handelt es sich dabei um vorliegendes Instrument, welches er der Sammlung im Richard-Wagner-Museum zu einem späteren Zeitpunkt zuführte. Der Instrumentenmacher Michel aus Paris ist bisher weitgehend unbekannt geblieben. Lediglich Lütgendorff2 verzeichnet einen in Paris lebenden Alphons Michel, allerdings ohne weitere Nennung von biographischen Daten, so daß eine Übereinstimmung beider Personen ungewiß ist. Das nur leicht trapezförmig ausgearbeitete Wirbelbrett und der Steg mit Haltestiften - im Gegensatz zu dem in Spanien verwendeten Knüpfsteg - sind jedoch Merkmale, die eine französische Herkunft bestätigen. 1 2 Dreyer 1957, S. 2. Lütgendorff 1904, S. 431. GITARREN - INV.NR 30 168 BILDNACHWEIS: Von li. nach re. bzw. von oben nach unten: Vorder-, Seiten-, Rückgesamtansicht, Brandstempel. GITARREN - INV.NR. 169 31 Inv.Nr. 31 Lyra-Gitarre (6 Saiten) Joseph Pons, Paris, 1804/05 SIGNATUR: 2 identische Druckzettel mit Zierrand, jeweils auf der Bodeninnenseite gegenüber den Schallöchern angebracht: PONS, fils, // LUTHIER, // Rue du Grand Hurleur // No. 5. // A PARIS, an 13.1 Brandstempel auf der Decke unterhalb des Griffbrettendes (unleserlich): PONS, fils, // [A] PARIS Brandstempel am unteren Deckenrand (nur noch einzelne Buchstaben bzw. Ziffern lesbar): UNA, [..] // C. [..]n 18. CORPUS: Der Corpus ähnelt der Form einer klassischen Lyra. Flache Decke, leicht gewölbter Boden. Decke: zweiteilig, nach oben in 2 sich verjüngende, leicht s-förmig geschwungene Jocharme auslaufend, die oben jeweils von einem aufgesetzten, vergoldeten Adlerkopf bekrönt werden. Fichte mit in der Mitte groben und teilweise welligen, zum Rand hin feiner werdenden Jahresringen. Breite Randeinfassung aus Ebenholz, woran sich nach innen eine vierspänige Einlage aus abwechselnd hellen und dunklen Adern anschließt. Beidseitig des Saitenbezugs je eine Rosette mit 6 fischblasenförmigen Öffnungen aus dem Deckenholz geschnitzt, eingerahmt von einer aus 5 Adern zusammengesetzten, kreisförmigen Einlage; im Rosettenzentrum kleine, punktförmige Ebenholzeinlage. Zargen: Mahagoni. Zusammen mit Decke und Boden an der Basis in einen querrechteckigen, sockelähnlichen, die Standfläche vergrößernden Leistenkranz aus geschwärztem, nicht identifiziertem Holz eingepaßt. Boden: einteilig. Mahagoni. Leichte Wölbung, die durch die massive Rißbildung stark verzogen ist. Randeinfassung wie Decke, hier jedoch ohne die sich anschließende Spaneinlage. Separates, geschwärztes und verrundetes Bodenblatt. Zur Innenkonstruktion: Hals stumpf auf den Oberklotz geleimt. Breite, zum Teil fast die Hälfte der Zargenhöhe bedeckende Innenreifchen, am oberen Ende in den Oberklotz eingelassen; Deckenreifchen flacher als Bodenreifchen. Es konnten 3 an den Enden abgeflachte Bodenquerbalken auf Höhe der Schallöcher, zwischen den Schallöchern und dem Steg und kurz oberhalb des Steges sowie 2 Deckenquerbalken ober- und unterhalb der Schallöcher ermittelt werden. Gesamt L: 860 Decke L (ohne Jocharme): 383 B (max.): 355 Deckenmensur: 275 Decke S: k.M. Rosetten : 58; Schallochlage v. o.: 87 Zargen H: 8...86 Zargen S: k.M. Boden L (ohne Jocharme): 395 Wölbungshöhe Boden (max.): um 14 Boden S: k.M. MONTURTEILE: Hals und Wirbelbrett: Hals und angeschäftetes Wirbelbrett aus schwarz gebeiztem Hartholz; der Halsfuß mit einem schwarz gebeizten Furnier überzogen. Wirbelbrett mit 6 hinterständig angebrachten Wirbeln aus Ebenholz, die an den Wirbelköpfen sowie am unteren Ende der Wirbelschäfte überwiegend mit Perlmuttaugen verziert sind. Für die höchste und tiefste Saite 2 Schränkbolzen aus Ebenholz angebracht. Bekrönung des Wirbelbretts mit einer vergoldeten 1 Mit „an 13“ ist mit großer Wahrscheinlichkeit das Jahr XIII des französischen Revolutionskalenders gemeint, so daß das Instrument in den Jahren 1804/05 entstanden sein dürfte. Vgl Grotefend 1982, S. 29 und S. 142. GITARREN - INV.NR. 31 170 Palmette. Das Wirbelbett ist durch runde Querstreben aus Messing mit den Jocharmen verbunden; die Querstreben enden in vergoldeten, hopfenförmigen Aufsätzen. Halsmensur: 340 Hals S: 16 / 18 / 18 Wirbelbrett L (ohne Aufsatz): 79 Wirbelbrett B (max.): 110 Griffbrett und Obersattel: Dem geschwärzten, flachen Griffbrett liegen 13 (zur Zeit 1 fehlend) flexible Bünde aus Nylonschnur auf, die auf der Halsunterseite mit einem in Längsrichtung verlaufenden Nylonfaden verknüpft sind; zusätzliche Fixierung der Bünde durch seitlich eingeschnittene Kerben an den Halsrändern. Obersattel aus Bein. Griffbrett L (max.): 340 Griffbrett B: 48...60 Bundabstände: 35 - (66) - 97 - 125 - 153 - 180 - 204 - 226 - 247 - 268 - 287 - 306 - 323 Steg: Knüpfsteg aus Ebenholz. 6 in eine Messingunterlage eingelassene Haltestifte aus Ebenholz mit Perlmuttaugen. Zu beiden Seiten des Steges üppige, an den Ansätzen jeweils mit einer kleinen Perlmutteinlage versehene Ebenholzverzierungen in Form von Akanthusblättern. B / S / H: 132 / 18 / 10 Besaitung: 6 Darmsaiten. Stimmung: E-A-d-g-h-e’ Schwingende Saitenlänge: 613 ÜBERZUG: Corpus mit braunem Überzug versehen. ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN: Boden stark rissig. 2. Bundschnur fehlend. Außer 2 ersetzten Wirbeln und 1 Haltestift im Steg liegt das Instrument im Originalzustand vor. PROVENIENZ: Das Instrument stammt nicht aus dem ursprünglichen Sammlungsbestand Schumachers, sondern muß erst nach seinem Tode in die Ausstellung aufgenommen worden sein. Gemäß einer Notiz in dem entsprechenden Inventarisierungsbogen von Kappeler/Hiestand 1966 war diese Lyra-Gitarre zuvor im Besitze einer „Frau Halter-Kreis aus Luzern“. Joseph Pons, der Sohn des César Pons (1743-1831), wirkte um 1800 in Paris und London (?), wo er zahlreiche Violinen durchschnittlicher Qualität und Gitarren von großem Format herstellte.1 Joseph Pons hatte einen Bruder mit dem Vornamen Louis David, der ebenfalls den Beruf seines Vaters ausübte. Als Erbauer vorliegenden Instruments, dessen Zettelsignierung keinen Vornamen aufweist, kommt dieser jedoch mit großer Wahrscheinlichkeit nicht in Frage, da er, wie sein Vater, hauptsächlich in Grenoble tätig war. Frankreich gilt als Ausgangsort der Lyra-Gitarren-Herstellung, von wo sich dieses besonders von Frauen gespielte Instrument seit den 1790er Jahren in ganz Europa verbreiten und etablieren konnte. Größere Beliebtheit erlangte die Lyra-Gitarre in der Zeit des einsetzenden Klassizismus besonders durch ihre dekorative, der antiken Lyra nachempfundene Formgebung, wofür man - zumindest in der 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts, danach wurde sie kaum noch gebaut - auch bereit war, gegenüber der normalen Gitarre beträchtliche Klangeinbußen und eine gewisse Unhandlichkeit in Kauf zu nehmen.2 LITERATUR: - Vannes 1956, Nr. 8, S. 7/8 1 2 Vgl. Vannes 1951, Bd. I, S. 285. Vgl. Wackernagel 1997, S. 75f. GITARREN - INV.NR. 31 171 BILDNACHWEIS: Von li. nach re. bzw. von oben nach unten: Vorder-, Rückgesamtansicht, Zettelsignatur, Brandstempel am oberen Deckenrand. NEAPOLITANISCHE MANDOLINE 172 - INV.NR. 32 Inv.Nr. 32 Neapolitanische Mandoline (8 Saiten, 4 Chöre = 4 x 2) Ende 19. Jahrhundert SIGNATUR: Keine Signatur vorhanden. CORPUS: Tief gewölbtes, mandelförmiges Corpus in schlichter Ausführung. Decke: zweiteilig. Feinjährige Fichte. Flach. Siebenspänige Randeinlage aus abwechselnd hellem und dunklem Holz. Querovales Schalloch mit ebenfalls siebenspäniger Randeinlage. Kein Spielblatt vorhanden. Rücken: bestehend aus 13 ungekehlten Spänen aus Ahorn in Radialschnitt, die durch dünne Ebenholzadern getrennt sind; die beiden Außenspäne breiter gearbeitet. Einfache Kappe aus Ahorn mit abgeschrägten Abschlußkanten. Zur Innenkonstruktion: Hals und Oberklotz aus einem Stück Ahorn. Rückenspäne vollständig mit schwarzem Papier beklebt. Deckenreifchen vorhanden, am Oberklotz stumpf endend. 3 an ihren Enden in die Reifchen eingelassene Deckenquerbalken, die jeweils ober- und unterhalb des Schallochs und auf Steghöhe positioniert sind. Gesamt L: 610 (615) Decke L: 310 Decke S: 1,5-2,1 Deckenmensur: 215 Rücken T (max.): 118 B (max.): 197 Rücken S: 1,4-2,0 Schalloch: 70 x 39; Schallochlage v. o.: 80 MONTURTEILE: Hals und Wirbelbrett: Hals aus schwarz lackiertem Ahorn, wobei sich die schwarze Lackierung bis auf den Rückenansatz fortsetzt. Das seitlich einfach eingezogene und am Oberrand geschweifte Wirbelbrett aus schwarz lackiertem Hartholz ist an den Hals angeschäftet. 8 hinterständig angebrachte, uneinheitliche Wirbel, ebenfalls schwarz lackiert und mit Perlmutt- bzw. Beinaugen an den Wirbelköpfen versehen. Halsmensur: 147 Hals S: 18 / 21 / 24 Wirbelbrett L: 156 Wirbelbrett größte B / kleinste B: 73 / 29 Griffbrett und Obersattel: flaches, geschwärztes und bis zum oberen Schallochrand reichendes Griffbrett mit 15 eingelassenen Bünden aus Messing in chromatischer Anordnung. Obersattel aus Ebenholz. Griffbrett L: 224 Griffbrett B:29...38 Bundabstände: 21 - 40 - 58 - 75 - 90 - 106 - 121 - 135 - 147 - 160 - 171 - 182 - 192 - 201 - 211 Steg: einfacher Steg in Form eines schmalen Balkens aus Ebenholz. B / S / H: 73 / 4 / 8 Untere Saitenbefestigung: Über einen auf die Deckenunterkante aufgelegten Untersattel aus Messing laufen die Saiten zu 4 unterständig in die Kappe eingeschlagenen Ebenholzknöpfchen. Untersattel B: 45 Besaitung: 8 Saiten bzw. 4 Chöre (4 x 2), davon 6 Saiten aus Metalldraht, die untersten beiden Saiten metallumsponnen. Stimmung: gg-d’d’-a’a’-e’’e’’ Schwingende Saitenlänge: 362 ÜBERZUG: Decke natur-geölt, Boden und Zargen mit Schellack goldgelb poliert. NEAPOLITANISCHE MANDOLINE - INV.NR. 32 173 ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN: Riß über die ganze Länge des Bodens. Sonst keine Schäden feststellbar. PROVENIENZ: Aus der Sammlung H. Schumacher. Die vorliegende Mandoline ist im Fundortkatalog Schumachers nicht erwähnt; während ihr im Handschriftlichen Katalog die Nr. 94 zugewiesen wird, trägt sie im Fotoalbum die Nr. 112. Bei vorliegendem Instrument handelt es sich um den Typus der Neapolitanischen Mandoline in standardisierter Sopranlage. Unterscheiden läßt sich dieser Mandolinentyp von der auch sehr weit verbreiteten Mailänder Mandoline durch den vierchörigen Bezug, die unterständige Saitenbefestigung und die tiefe Wölbung des Rückens. Das charakteristische Merkmal der Abknickung der Decke im unteren Corpusbereich ist hier nicht gegeben. LITERATUR: - Schumacher: Handschriftlicher Katalog, Nr. 94, S. 127. BILDNACHWEIS: Von li. nach re.: Vorder-, Seiten-, Rückgesamtansicht. BALALAIKA - INV.NR. 174 33 Inv.Nr. 33 Balalaika (3 Saiten) Leningrad, 1. Hälfte 20. Jahrhundert SIGNATUR: 2 Firmenzettel der Musikinstrumentenfabrik Lunatscharskowo in Leningrad: auf dem größeren Zettel in Farbdruck ist lediglich der Firmenname und -ort vermerkt; der kleinere, darunter plazierte Zettel gibt die Instrumentenbezeichnung, die Seriennummer (Nr. 216), den Preis (5 Rubel, 40 Kopeken) und die genaue Adresse der Fabrik an (Tschapaewa-Str. 15, Leningrad). CORPUS: Dreieckiges Corpus mit flacher Decke und gewölbtem, siebenspänigem Rücken. Decke: aus vier Fichtenstreifen mit feinen bis mittleren Jahresringen zusammengesetzt. Rundes, kleines Schalloch, eingefaßt von einem flachen Ring aus dunklem Holz. Furniere aus demselben dunkelbraun lackierten Material befinden sich in geschweifter Kontur in den 3 Ecken der Decke, wobei die Auflage am oberen Deckenrand größer gearbeitet ist. Breite Randeinfassung aus Laubholz. Rücken und Boden: Rücken bestehend aus 7 leicht gekehlten und gebogenen Spänen aus Buche. Der halbkreisförmige Boden aus einem Stück Buche gefertigt; darauf in Fortsetzung der Spananstöße des Rückens dunkle Adern aufgemalt, die in Richtung Decke zusammenlaufen und nahe des Deckenrandes an einem eingelegten Halbkreis aus dunklem Holz enden, in dessen Innern 3 weiße Kunststoffknöpfchen zur unterständigen Saitenaufhängung verankert sind. Zur Innenkonstruktion: Deckenreifchen vorhanden. Je ein Deckenbalken oberhalb des Schallochs und auf Höhe des Steges ermittelt. Spanfugen mit Papierstreifen belegt. Gesamt L: 692 Decke L: 292 Decke S: 2,0-2,5 Deckenmensur: 180 Rücken T (max.) = Boden L: 120 B (max.): 440 Rücken S: 2,5-3,0 Schalloch : 25; Schallochlage v. o.: 108 MONTURTEILE: Hals und Wirbelbrett: aus Buche. Der schmale Hals scheint stumpf auf den Oberklotz aufgesetzt zu sein; grob gearbeiteter Halsfuß, aus 2 Teilen bestehend. Das leicht trapezförmige Wirbelbrett ist an den Hals angeschäftet und mit einer mechanischen, für 3 Wirbel konzipierten Stimmvorrichtung versehen. Halsmensur: 262 Hals S: 18 / 18 / 20 Wirbelbrett L: 129 Wirbelbrett größte B / kleinste B: 72 / 29 Griffbrett und Obersattel: In das auf der Vorderseite geschwärzte Griffbrett sind 16 metallene Bünde in chromatischer Anordnung eingelassen. 5 weiße Positionsmarkierungen jeweils vor dem 2., 5., 7., 10. und 12. Bund. Obersattel aus Laubholz. Griffbrett L: 262 Griffbrett B:30...38 Bundabstände: 24 - 47 - 68 - 89 - 108 - 127 - 144 - 160 - 176 - 190 - 204 - 217 - 230 - 241 - 252 - 262 Steg: breiter Brückensteg aus Laubholz. B / S / H: 102 / 5 / 12 Besaitung: 3 Saiten aus Metall. Stimmung: a’-a’-e’’ (nach Rose 1900/01, S. 75f.) Schwingende Saitenlänge: 443 BALALAIKA - INV.NR. 33 175 ÜBERZUG: Corpus, Halsrückseite und Wirbelbrett mit gold-hellbraunem, leicht krakeliertem Überzug versehen. ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN: Ansätze von Rißbildungen an der Decke vorhanden. Sonst guter Erhaltungszustand. PROVENIENZ: Da vorliegende Balalaika erst in den Inventarisierungsbögen von Kappeler/Hiestand 1966 Erwähnung findet, muß sie zwischen 1956 und 1966 in die Sammlung gekommen sein. Es handelt sich hier um ein in Serienarbeit hergestelltes russisches Instrument, das aufgrund der Ortsangabe Leningrad auf dem Zettel nicht vor 1924 entstanden sein kann.1 Um 1900 bildeten sich, parallel zur Gründung zahlreicher Balalaika-Orchester, sechs verschiedene Größen heraus. Das hier besprochene Instrument ist als Prim-Balalaika, das SopranInstrument innerhalb der Familie,2 einzuordnen. BILDNACHWEIS: Von li. nach re. bzw. von oben nach unten: Vorder-, Seiten-, Rückgesamtansicht. 1 2 Die Stadt St. Petersburg wurde 1914 zu Petrograd und erst 1924 zu Leningrad umbenannt. Vgl. Rose 1900/01. BALALAIKA - INV.NR. 33 176 BANJOS - INV.NR. 34 177 Banjos Inv.Nr. 34 Banjo1 (6 Saiten) Nordamerika oder England, 2. Hälfte 19. Jahrhundert SIGNATUR: Keine Signatur vorhanden. CORPUS: An der Rückseite gewellter Holzreifen aus rotbraun lackierter Buche, über den das Fell aus Pergament gezogen ist; Fell mittels eines am oberen Corpusrand aufgesetzten Spannringes mit 5 Messingschrauben befestigt. Zur Konstruktion: Der Hals läuft in einen schmalen, unter dem Fellbezug entlanglaufenden Halsspieß aus, der oben und unten durch den Holzreifen gesteckt und dort verkeilt ist. Gesamt L: 870 Corpus H: 50...64 Fellbezug : 285 MONTURTEILE: Hals und Wirbelbrett: Hals mit Wirbelbrett und Halsspieß aus einem Stück schwarz lackierten Holzes. Hals in der Stärke und Breite nach unten zunehmend, am oberen Ende in eine nahezu rechteckige Kopfplatte übergehend, an der hinterständig 5 geschwärzte Wirbel uneinheitlichen Aussehens angebracht sind. Halsvorderseite mit verschiedenfarbigen, dünnen Holzauflagen versehen; dazwischen zur Griffmarkierung 4 dünnere Streifen mit Rautenmustern eingefügt, die jeweils die Terz, Quart, Quint und Oktav über dem Grundton markieren. Baßseitig am Hals ist ein Wirbel für die Diskantbordunsaite eingedreht. Halsmensur: 450 Hals S: 19 / 22 / 40 Hals B: 38...61 Wirbelbrett L: 135 Wirbelbrett größte B / kleinste B: 60 / 39 Steg: geschwärzt. B / S / H: 72 / 5 / 16 Untere Saitenbefestigung: Der geschwärzte Saitenhalter ist mittels einer Perlonschnur am unten herausragenden Halsspieß befestigt. Saitenhalter L: 42 Saitenhalter größte B / kleinste B: 40 / 12 Besaitung: 5 isolonge Saiten aus Darm (3) bzw. metallumsponnen (2) und 1 kürzere Diskantbordunsaite aus Darm. Stimmung: z.B. nach Sachs2: g’(Diskantbordunsaite)-G-d-g-h-d’ Schwingende Saitenlänge3: 610; Diskantbordunsaite: 443 1 Obwohl sich vorliegende Arbeit auf die Besprechung der europäischen Zupf- und Streichinstrumente beschränkt, sollen die Banjos mit ihrer ursprünglich afro-amerikanischen Herkunft ebenfalls - wenn auch nur in knapper Form - behandelt werden, da sie im 19. Jahrhundert auch in England schon weit verbreitet waren und eine englischen Herkunft bei den zwei in der Sammlung vertretenen Exemplaren nicht ausgeschlossen werden kann. 2 Sachs 1913, S. 30. 3 Aufgrund eines sehr lose aufgesetzten Steges und nicht erkennbarer Stegspuren wurde die Saitenmensur errechnet, indem der Abstand zwischen der Unterkante des Obersattels und der Oktavmarkierung (normalerweise 12. Bund) verdoppelt wurde. BANJOS - INV.NR. 34 178 ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN: Guter Erhaltungszustand. PROVENIENZ: Aus der Sammlung H. Schumacher. Im Fundortkatalog (S. 19) ist dieses Instrument unter der Rubrik „Privaten, Händlern“ ohne weitere Angaben von Namen verzeichnet. Bis in die 80er Jahre des 19. Jahrhunderts war es nicht üblich, die Banjo-Hälse mit Bünden zu versehen, so daß vorliegendes Instrument nicht nach diesem Zeitraum entstanden sein dürfte. LITERATUR: - Schumacher: Handschriftlicher Katalog, Nr. 320. Fundortkatalog Nr. 320, S. 19. - Vannes 1956, Nr. 216, S. 38. BILDNACHWEIS: Von li. nach re.: Vorder-, Seiten-, Rückgesamtansicht. BANJOS - INV.NR. 35 179 Inv.Nr. 35 Banjo (7 Saiten) Nordamerika oder England, um 1900 SIGNATUR: Keine Signatur vorhanden. CORPUS: Groß dimensionierter, dunkelbraun lackierter Holzreifen aus Nußbaum, Unterkante wellenförmig ausgeschnitten. Um das über den Holzreifen gelegte Fell aus Pergament in Position halten und dessen Spannung regulieren zu können, ist um den oberen Corpusrand des Reifens ein mit 8 Messingschrauben ausgestatteter Spannring aus Messing gelegt. Zur Konstruktion: Halsspieß in Form einer zylindrischen, reich gemaserten Holzstange (Vogelaugenahorn?), die separat eingesetzt und oben mit dem Halsfuß bzw. unten mit dem viereckigen Unterklotz verzapft ist. Gesamt L: 810 (827) Corpus H: 80...95 Fellbezug : 360 MONTURTEILE: Hals und Wirbelbrett: Fixierung des geschwärzten Halses am Holzreifen mit Hilfe von 2 Paßstiften und 1 Schraube am sich nach hinten verjüngenden Halsfuß. Das ebenfalls geschwärzte Wirbelbrett ist zweifach geschlitzt und an den Hals angeschäftet. 6 Saiten aufnehmende Stimmechanik aus Messing mit Wirbelköpfen aus Bein. Oberseite des Halses mit verschiedenen Hölzern furniert, am unteren Ende ein Quadrat aus hellem Holz mit sechsspänigem Zierrand eingelegt. 10 eingelassene Bünde aus Bein. Baßseitig am Hals ist ein Aufsatz für die Aufnahme eines Diskantbordunsaitenwirbels angebracht. Obersattel aus Palisander. Halsmensur: 305 Hals S: 18 / 21 / 25 Hals B: 44...57 Wirbelbrett L: 145 Wirbelbrett größte B / kleinste B: 60 / 45 Steg: Palisander. B / S / H: 100 / 5 / 14 Untere Saitenbefestigung: kleiner Saitenhalter aus Messing; mit einem ringförmigen Verbindungsstück in einen unterständig angebrachten Messingknopf eingehängt. Saitenhalter L: 27 Saitenhalter größte B / kleinste B: 47 / 16 Besaitung: 6 isolonge Saiten und 1 kürzere Diskantbordunsaite aus Darm. Stimmung: z.B. nach Sachs1: g’(Diskantbordunsaite)-G-c-d-g-h-d’ Schwingende Saitenlänge: k.M. ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN: Am Halsfuß Bruchstelle sichtbar. Die untere Saitenbefestigung mit Messingsaitenhalter ist erst später angebracht worden, da 7 unterständige Einschlaglöcher am Holzreifen auf eine ursprüngliche Saitenbefestigung an Stiften oder auf eine direkte Verschlaufung der Saiten schließen lassen. 1 Sachs 1913, S. 30. BANJOS - INV.NR. 35 180 PROVENIENZ: Aus der Sammlung H. Schumacher. Im Fundortkatalog (S. 19) ist dieses Instrument unter der Rubrik „Privaten, Händlern“ genannt. Aufgrund der Verwendung einer gitarrenähnlichen Stimmechanik und der eingelegten Bünde ist das vorliegende Banjo später als das vorige Instrument, also etwa in den Dezennien um die Jahrhundertwende, entstanden. LITERATUR: - Schumacher: Handschriftlicher Katalog, Nr. 319. Fundortkatalog Nr. 319, S. 19. BILDNACHWEIS: Von li. nach re.: Vorder-, Seiten-, Rückgesamtansicht. ZITHERN - INV.NR. 181 36 Zithern Inv.Nr. 36 Wende-Zither in Mittenwalder Form Deutschland oder Schweiz, 1. Hälfte 19. Jahrhundert SIGNATUR: Keine Signatur vorhanden. CORPUS1: Das symmetrisch ausgebauchte, lyraähnliche Corpus mit schwalbenschwanzförmigem Kopfabschluß läßt sich beidseitig spielen. Unter Benutzung eines gemeinsamen Bodens besitzt jede Deckenseite ein individuelles, unterschiedlich mensuriertes Besaitungssystem, wodurch mit ein und demselben Instrument das Spiel in verschiedenen Lagen möglich ist. Während die eine Deckenseite (I) mit 2 Griffbrettern (Ia: links angeordnet; Ib: rechts angeordnet) ausgestattet ist (Doppelzither), weist die andere Seite (II) ein einfaches Besaitungssystem mit 1 Griffbrett auf. Decken: I: zweiteilig. Fichte mit in der Mitte engen, zum Rand hin etwas breiteren Jahresringen. Als Randverzierung ein breiter Pinselstrich aus schwarzer Tusche aufgemalt. 2 horizontal gegeneinander versetzte, runde Schallöcher, ebenfalls mit einem einfachen schwarzen Tuschestrich umrandet. 3 gedrechselte und geschwärzte Holzfüßchen. II: entspricht weitestgehend der vorhergehenden Decke (I); anstatt 2 hier jedoch nur 1 zentral eingeschnittenes Schalloch vorhanden. Zargen: mitteljährige Fichte. Durchgehender Zargenverlauf am Anhängestock. Boden: zweiteilig (?). Grobjährige Fichte. Zur Innenkonstruktion: I: durchgehende Bodenbereifung vorhanden. Unter jedem Griffbrett eine Griffbrettbrücke mit 2 Auslassungen; dazwischen ober- und unterhalb der Schallöcher je ein Verbindungsquerbalken am Boden. Unterhalb der Griffbretter ein Deckenquerbalken eingesetzt. II: Bodenbereifung in Form von kleinen, nicht gleichmäßig angeordneten Klötzchenbelägen. Ober- und unterhalb des Schallochs je eine Balkenkonstruktion (Decken-, Boden- und Zargenbalken, die einander gegenüberliegen) mit 2 bzw. 4 senkrecht eingefügten Stützbalken. Weitere Stützbalken zwischen Boden und Decke auf Höhe des Steges, im Bereich der Ausbuchtung seitlich der Begleitsaiten und auf Höhe des unteren Griffbrettabschnitts. Am oberen Beginn der Ausbuchtung weiterer Bodenbalken eingesetzt. Gesamt L:655 (660) Decke L: I: 620; II: 605 B: 180 / 365 Decke S: I: 2,2-3,0; II: 2,0-3,0 Schalloch: I: beide 53; II: 81 Zargen H (gesamt): 90 Corpus H: I: 40; II: 45 Zargen S: 1,5-2,4 Boden S: k.M. MONTURTEILE: Stimmstöcke: I: geschwärzt. Oben in einem helmartigen Kopf auslaufend, darin oberständig ein Messingring (zur Aufhängung?) und hinterständig ein pyramidenförmiges Metallfüßchen eingeschlagen. Griffbrettsaiten an 4 zweireihig und Begleitsaiten an 10 einreihig angeordneten Eisensteckwirbeln befestigt. Der zweite Stimmstock für das kleiner mensurierte Saitensystem ist vollständig in das Corpusinnere eingebaut und mit 14 in 2 Reihen angeordneten Eisensteckwirbeln bestückt. II: entspricht Stimmstock I, so daß insgesamt ein 1 Es sei an dieser Stelle nochmals darauf hingewiesen, daß sich die folgenden Beschreibungen der Zithern - wie bei den Saiteninstrumente mit Hälsen - auf eine dem Beobachter senkrecht erscheinende Betrachtungshaltung (s. Bildnachweis) beziehen. ZITHERN - INV.NR. 36 182 schwalbenschwanzförmiges Kopfteil entsteht. Obere Stimmvorrichtung mit 11 einreihig angeordneten Eisensteckwirbeln. Metallring und Metallfüßchen hier nicht vorhanden. Kopf B (gesamt): 263 Griffbretter: sämtliche Griffbretter aus dunkel lackiertem Obstholz. Die unteren Griffbrettenden halbkreisförmig ausgeschnitten. Ia: mit 17 eingelassenen, diatonisch eingerichteten Bünden1 aus Messing ausgestattet; Ib: mit 15 Messingbünden in gleicher Anordnung versehen. II: 12 eingelegte Messingbünde in diatonischer Anordnung. Griffbrett L (max.): Ia: 370, Ib: 302; II: 289 Griffbrett B: I: beide 26; II: 36 Bundabstände: Ia: 39 - 85 - 105 - 140 - 169 - 186 - 212 - 235 - 256 - 269 - 284 - 297 - 308 - 320 - 330 - 340 - 349 Ib: 37 - 69 - 86 - 115 - 139 - 155 - 177 - 199 - 213 - 225 - 239 - 250 - 261 - 271 - 281 II: 37 - 70 - 87 - 117 - 140 - 156 - 178 - 199 - 214 - 226 - 239 - 253 Anhängestöcke und Stege: I: Steg und Anhängestock geschwärzt; die Saiten laufen über einen Metallsattel zu 28 unterständig angebrachten Messingnägeln. II: oberständige Saitenaufhängung mittels eines auf die Decke geleimten Steges. 11 Haltestifte aus Ebenholz mit Perlmuttaugen. Stegeinlage aus Horn. I: Anhängestock B / S: 202 / 30; Steg H: 10 II: Steg B / S / H: 202 / 28 / 7 Besaitung: Ia: 14 Metallsaiten bzw. 7 Chöre, davon 2 x 2 Griffbrettsaiten und 5 x 2 Begleitsaiten. Ib: wie Ia. II: 11 Einzelsaiten (überwiegend metallumsponnen), davon 3 Griffbrett- und 8 Begleitsaiten. Schwingende Saitenlängen: Ia: Griffbrettsaiten: 427, Begleitsaiten: 428...554; Ib: Griffbrettsaiten: 361, Begleitsaiten: 363...393; II: Griffbrettsaiten: 364, Begleitsaiten: 417...531 ÜBERZUG: Auf beiden Seiten ist das Corpus mit orangebraunem, teilweise geronnenem Lack versehen. Die Monturteile in überwiegend schwarzer Lackierung. ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN: Leichte Zargenrisse. Großer zentraler Bodenriß. I: 1 Begleitsaite fehlend. Decke durch 2 Risse beschädigt. Der Bereich der unterständigen Saitenaufhängung zum Teil ausgeflickt. 1 Standfüßchen beschädigt. II: Massive Deckenrißbildungen, die eine leichte Absenkung der Decke zur Folge hatten. Aufgrund starker Abnutzungsspuren auf dem Griffbrett zwischen den Bünden und im Bereich der Schlagstelle auf der Decke ist zu ersehen, daß diese Zitherhälfte gegenüber der anderen, kaum Abnutzungsspuren aufweisenden Seite bevorzugt gespielt wurde. PROVENIENZ: Vorliegende Zither ist erst nach Schumachers Tod in die Sammlung eingegliedert worden. Während Vannes 1956 (S. 13) Otto Dreyer aus Luzern als Stifter dieses Instruments erwähnt, ist in den Inventarisierungsbögen von Kappeler/Hiestand 1966 der Geigenbauer von Niederhäusern als früherer Besitzer vermerkt. Sowohl bei Kappeler/Hiestand 1966 als auch auf einem dem Instrument beigelegten Pappzettel wird diese Zither nach Mittenwald bzw. Deutschland in das 1. Drittel des 19. Jahrhunderts eingeordnet. Die Festlegung des Herkunftsortes Mittenwald geschah hier jedoch möglicherweise nur aufgrund der äußeren Corpusform des Instruments, die als Mittenwalder Form in die Geschichte einging. Überlieferte Instrumente zeigen deutlich, daß 1 Die diatonische Bundanordnung, der Vorläufer der im 19. Jahrhundert allmählich aufkommenden chromatischen Griffbretteinteilung, ist als eine Dur-Tonleiter zu verstehen, deren Grundton bei den Zithern erst beim 3. Bund beginnt. Mit der vorgelagerten leeren Saite, dem je im Ganztonabstand folgenden 1. und 2. Bund und dem einen Halbton höheren 3. Bund kann der für viele Liedanfänge so typische Quartaufgang ausgeführt werden (vgl. Wackernagel 1997, S. 108). ZITHERN - INV.NR. 36 183 derartige Zithern nicht zwingend auch in der Region hergestellt wurden, nach deren wichtigster Stadt sie benannt waren (z.B. Salzburg oder Mittenwald). Die im Kanton Schwyz ab der Mitte des 19. Jahrhunderts gebaute Schwyzer (oder Muotathaler) Zither1 beispielsweise weist ebenfalls jenen Corpusumriß auf. Sie ähnelt außerdem in zahlreichen weiteren charakteristischen Merkmalen der vorliegenden Zither (besonders der Deckenseite I): Die als Doppelzither konzipierte Schwyzer Zither ist mit zwei diatonisch angelegten Griffbrettern und zwei Besaitungssystemen im Quart-Quint-Abstand ausgestattet. Ihr symmetrisches, lyraähnliches Corpus mit dem Doppelhelm am oberen Abschluß ist mit einem gelb- oder orangefarbenen Überzug und einem schwarzen Tuschestrich als Randverzierung versehen. Ein weiteres übereinstimmendes Merkmal ist ihr Besaitungssystem bestehend aus je zwei doppelten Melodiesaiten- und je fünf doppelten Begleitsaitenchören. Lediglich die Bundanzahl mit 16 bzw. 13 Messingbünden und einige Abmessungen entsprechen nicht dem vorliegendem Instrument. Obwohl für die beiden Seiten der hier besprochenen Zither ein gemeinsamer Boden und aus einem Stück bestehende Zargen verwendet wurden, ist in diesem Falle die Möglichkeit der Zusammensetzung aus zwei ursprünglich separat vorliegenden Instrumenten, von denen zumindest ein Instrument (I) nach dem Vorbild der Schwyzer Zither gefertigt wurde, nicht völlig auszuschließen. Hierfür spräche die auffallend unterschiedlich gestaltete Innenkonstruktion beider Zitherhälften, die an eine Fertigung von verschiedenen Herstellern denken läßt. LITERATUR: - Vannes 1956, Nr. 38, S. 13. 1 Vgl. dazu Bachmann-Geiser 1981, S. 50f. ZITHERN - INV.NR. 36 BILDNACHWEIS: Von li. nach re. bzw. von oben nach unten: Vordergesamtansichten, Seitengesamtansicht. 184 ZITHERN - INV.NR. 185 37 Inv.Nr. 37 Zither (4 Melodie- und 12 Begleitsaiten) Frankreich (?), 19. Jahrhundert SIGNATUR: Keine Signatur vorhanden. CORPUS: Prunkvoll ausgestattetes, einseitig ausgebuchtetes Corpus mit hohen Zargen. Decke: einteilig (?). Fichte mit mittelbreiten Jahresringen. Flach, mit Randüberstand. An der Seite des Stimmstocks und an der ausgebuchteten Seite eine Randeinlage aus zweireihig übereinander angeordneten, ineinander verzahnten Perlmuttdreiecken vorhanden; dazwischen - in gezacktem Verlauf - fünfspänige Einlage aus hellem und dunklem Holz im Wechsel; diese Randverzierung zusätzlich beidseitig von einer fünfspänigen Einlage aus dem gleichen Material wie vorige eingerahmt. Die beiden anderen Corpusseiten weisen lediglich eine fünfspänige (Anhängestock) bzw. vierspänige (gerade Längsseite) Randeinlage auf. 2 runde Schallöcher, in die vergoldete, sternförmige Pergamentrosetten eingesetzt sind. Schallochzierränder in gleichem Perlmuttmosaik wie an den betreffenden Seitenrändern. Großflächige Deckendekorationsmalerei in 3 Motiven: Dudelsack, 2 Putten mit Flöte und Schellentrommel, 1 Putte mit zwei kleinen Pauken. Zargen: Material wie Decke. Auf gelber Grundierung mehrere Blumengestecke aufgemalt. Boden: dreiteilig, aus schwach geflammtem Ahorn in Radial- bzw. Schwartenschnitt. Flach, mit Randüberstand. Aufgemalter Goldstreifen als Randeinfassung, daran anschließend dreispänige, gemalte Randader. Fuge zwischen Boden und überstehendem Anhänge- bzw. Stimmstock mit Außenreifchen verstärkt. Zur Innenkonstruktion: dunkle Brandspuren an der gebogenen Zarge sichtbar, die vom Biegen des Zargenholzes an einem heißen Eisen herrühren. Decken- und Bodenreifchen vorhanden. Nahe des Anhängestocks leicht diagonal verlaufende Balkenkonstruktion mit einander gegenüberliegendem Decken- und Bodenquerbalken und stützenden Zargenverstärkungen; Querbalken in die Zargenbeläge eingelassen. Bodenfuge in voller Corpuslänge mit einer verstärkenden Holzleiste belegt. Gesamt L:890 Decke L: 170 B: 170 / 316 Randüberstand Decke: 2 Decke S: k.M. Rosetten : 70 Zargen H: 77...82 Zargen S: k.M. Boden L: 316 Randüberstand Boden: 3 Boden S: k.M. MONTURTEILE: Stimmstock: oben und seitlich mit Palisander furniert, darin dekorative Perlmutt- und Holzeinlagen in Blumen- und Blütenform. Unterseite aus Ahorn. Sämtliche Ränder vergoldet. Großer plastischer Aufsatz aus vergoldetem Stuck, übereinander geschichtete Blätter darstellend. 16 zweireihig angeordnete, vierkantige Eisensteckwirbel mit herausgearbeiteten Endknöpfchen. Stimmstock L (max.) / B (max.): 119 / 180 Aufsatz B: 120 Saitenverkürzung: Anstelle eines Griffbretts sind lediglich 3 Klötzchen aus Laubholz aufgeleimt, mit denen die Verkürzung der obersten 4 Saiten ermöglicht wird. Somit können mit jeder dieser Saiten, zusätzlich zu ihrem Grundton, 3 unterschiedliche Töne erzeugt werden. Klötzchen B / S / H: 42 / 10 / 6 Klötzchenabstände: 34 - 186 - 390 ZITHERN - INV.NR. 186 37 Anhängestock: Materialien und Verzierung ähnlich wie Stimmstock. An den Seiten in gedrechselte Säulchen auslaufend. Der gesamte Anhängestock ist von blätterartigem plastischem Schmuck aus vergoldetem Stuck eingefaßt. Untere Saitenaufhängung mittels 14 oberständig eingeschlagener, eiserner Stifte. Anhängestock B (mit Verzierungen) / S: 320 / 62 Besaitung: 16 Metallsaiten, davon 4 Melodie- und 12 Begleitsaiten. Stimmung: Da das Instrument sehr groß mensuriert ist, kann hier weniger von einer allgemein üblichen als eher von einer sehr individuellen Zitherstimmung ausgegangen werden. Aufgrund der sich durch den gebogenen Stimmstock sukzessive vergrößernden Mensur der Begleitsaiten kann von einer diatonischen Einstimmung dieser Saiten ausgegangen werden. Schwingende Saitenlängen: Melodiesaiten: 598, Begleitsaiten: 605...710 ÜBERZUG: Boden und Decke (Grundfarbe) goldbraun lackiert; Zargen mit gelber Farbe überzogen. ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN: 1 Melodiesaite liegt in gerissenem Zustand vor. Die Rosetten lösen sich partiell von ihrer Einfassung ab. Boden und Unterseiten von Stimm- und Anhängestock leicht rissig. Perlmutteinlagen zum Teil fehlend. PROVENIENZ: Aus der Sammlung H. Schumacher. Im Zusammenhang mit vorliegendem Instrument erwähnt Schumacher in seinem Fundortkatalog (S. 22) die Stadt „Haag“ als Erwerbsort, womit höchstwahrscheinlich die niederländische Stadt Den Haag gemeint ist. Im Zuge der Auflösung der Sammlung nach Schumachers Tod dürfte die Zither in den Besitz von Theodor Fischer aus Luzern übergegangen sein, der bei Kappeler/Hiestand 1966 und Vannes 1956 als Donator vorliegenden Objekts erwähnt wird. Auffällig an diesem Instrument erscheint seine prunkvolle Ausstattung im Stile Louis XVI., was für eine französische Herkunft aus der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts sprechen würde. Die meisten überlieferten Instrumente aus diesem Zeitraum stammen jedoch aus dem alpenländischen Raum und weisen, entsprechend ihrer Benutzung innerhalb ländlicher Bevölkerungsschichten, eine eher schlichte Ausstattung auf. Erst als der Zither von Herzog Max in Bayern vermehrtes Interesse entgegen gebracht wurde, begann ab Ende der 1830er Jahre ihr Ansehen auch in bürgerlichen und adeligen Kreisen zu steigen.1 Inwieweit sich dieser Sachverhalt auf andere Regionen, wie z.B. Frankreich, übertragen läßt, ist nur schwer auszumachen, da die Geschichte der Zither vor dem Ende des 18. Jahrhunderts bisher weitgehend ungeklärt geblieben ist. Wie die erhaltenen Exemplare belegen, begann sich die Zither mit einem einseitig ausgebuchteten Corpusumriß jedoch erst in der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts aus der Zither in Scheitform zu entwickeln; vorliegende Zither scheint diese Entwicklungsphase hinsichtlich ihrer konstruktiven Gegebenheiten aber schon hinter sich zu haben, so daß in diesem Falle eine zeitliche Einordnung in die Mitte des 19. Jahrhundert wahrscheinlicher ist und die Dekoration demnach dem Stile des Neorokoko zuzuordnen ist. Ebenso ist fraglich, ob vorliegende Zither primär zum Spielgebrauch angefertigt worden war oder ob sie mit ihrer dekorativen Ausstattung nicht eher einem überwiegend repräsentativen Zwecke dienen sollte. Dies würde auch erklären, warum die figürlichen Malereien auf der Decke in der unüblichen, dem Spieler abgewandten Position aufgebracht worden sind. 1 Wackernagel 1997, S. 107. ZITHERN - INV.NR. 37 LITERATUR: - Schumacher: Handschriftlicher Katalog, Nr. 120, S. 148. Fundortkatalog Nr. 120, S. 22. - Vannes 1956, Nr. 22, S. 9/10. BILDNACHWEIS: Von oben nach unten: Vorder-, Rückgesamtansicht, Seitengesamtansichten. 187 ZITHERN - INV.NR. 37 188 ZITHERN - INV.NR. 189 38 Inv.Nr. 38 Schlagzither (4 Griffbrett- und 25 Begleitsaiten) Georg Tiefenbrunner, München, 1852 SIGNATUR: Druckzettel: Georg Tiefenbrunner // Saiten-Jnstrumentenmacher in München 18 [hs.:] 52 CORPUS: Corpus in Salzburger Form mit starker, tief ansetzender Ausbuchtung. Stimmstock mit Volute. Decke: einteilig. Feinjährige Fichte, Ahorn furniert. Randeinfassung aus dunkelbraunem Holz. Rundes Schalloch mit gleicher Randeinfassung. Zargen: Material wie Decke. Boden: einteilig. Mitteljährige Fichte. 3 Füßchen in Form von schwarz lackierten Holzkugeln. Zur Innenkonstruktion: 2 Deckenquerbalken, ober- und unterhalb des Schallochs positioniert. Griffbrettbrücke mit 2 Aussparungen. Gesamt L:540 (545) Decke L: 420 B: 185 / 305 Decke S: 4,3-4,7 Schalloch : 89 Zargen H: 17 Zargen S: um 6,0 Boden L: 480 Boden S: 6,1-6,7 MONTURTEILE: Stimmstock: aus schwarz lackiertem Laubholz, in einen schlichten helm- oder volutenartigen Kopf auslaufend. 29 zwei- bzw. dreireihig angeordnete, oben vierkantige Steckwirbel aus Eisen. Geteilter Obersattel aus Eisen bzw. Messing. Griffbrett: schwarz gebeizt. 26 eingelassene Bünde aus Messing in chromatischer Anordnung; 18. und 20. Bund nur für die ersten beiden Saiten ausgearbeitet. Je 1 kleine Positionsmarkierung aus Perlmutter vor dem 5., 9., 12. und 17. Bund. Griffbrett L (max.): 335 Griffbrett B: 23...21 Bundabstände: 19 - 40 - 59 - 78 - 96 - 112 - 127 - 142 - 156 - 169 - 182 - 194 - 205 - 215 - 225 - 235 244 - 252 - 260 - 268 - 274 - 280 - 292 - 303 - 313 - 317 Steg und Anhängestock: aus schwarz lackiertem Laubholz. Stegsattel aus Eisen. Unterständige Saitenaufhängung an Eisenstiften. Steg H: 8 Anhängestock B / S: 211 / 14 Besaitung: 29 Metallsaiten (überwiegend umsponnen), davon 4 Griffbrett- und 25 Begleitsaiten. Stimmung: Griffbrettsaiten: a’-a’-d’-g; Begleitsaiten: in einer Folge von aufsteigenden Quinten und absteigenden Quarten gestimmt.1 Schwingende Saitenlängen: Griffbrettsaiten: 393, Begleitsaiten: 396...427 ÜBERZUG: Boden, Stimm- und Anhängestock schwarz lackiert. Ahornfurnier auf Decke und Zargen dunkelbraun gebeizt und mit farbloser Politur überzogen. ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN: Risse in voller Deckenlänge. Deutliche Gebrauchsspuren in Form von Deckenkratzern an der Schlagstelle und Vertiefungen auf dem Griffbrett im oberen Bundbereich. 1 Nähere Angaben zu den Zitherstimmungen bei Michel 1995, S. 56ff und Brandelmeier 1979, Bd. 2, S. 80. ZITHERN - INV.NR. 38 190 PROVENIENZ: Vorliegende Zither ist erst nach Schumachers Tod in die Sammlung gekommen. Nach einer Notiz von Kappeler/Hiestand 1966 war das Instrument vorher im Besitz von A. von Niederhäusern aus Luzern. Georg Tiefenbrunner (geb. 1811 in Mittenwald, gest. 1880 in München) gilt als einer der hervorragendsten Zitherbauer seiner Zeit. Nach Lehrjahren in Mittenwald und Landshut siedelte er nach München über, wo er 1842 das Geschäft seines Schwiegervaters, des Münchner Zithermachers Franz Kren, übernahm.1 Von Tiefenbrunner, der aufgrund seiner großen Verdienste im Zitherbau den Hofinstrumentenmacher-Titel verliehen bekam, sind zahlreiche Instrumente erhalten geblieben und in fast jeder größeren Musikinstrumentensammlung zu finden. Ab der Jahrhundertmitte wurden Zithern häufig in großem Umfange serienmäßig hergestellt und weiträumig exportiert. Da sowohl vorliegendes Instrument von Georg Tiefenbrunner als auch die drei folgenden Zithern (Inv.Nr. 39-41) aus solchen industriellen Massenproduktionen stammen und nur wenig individuelle, historisch bedeutende Züge aufweisen, sind diese hier weniger ausführlich behandelt. Dennoch sei darauf hingewiesen, daß sich anhand dieser Exemplare - besonders hinsichtlich eines Vergleichs der Tiefenbrunner-Zither mit den später entstandenen Instrumenten der Sammlung - einige bedeutende Entwicklungstendenzen in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts hin zur modernen, in dieser Form noch heute gebauten Konzertzither verfolgen lassen: zum einen der Wegfall von akzessorischen Wirbelstockelementen wie der voluten- oder helmförmige Kopf und das allmähliche Abflachen der einseitigen Corpusausbuchtung bei Zithern des Salzburger Typs; um den Tonumfang zu erweitern und einen volleren Klang zu erreichen, vergrößerte sich zum anderen die Anzahl der Griffbrett- sowie der Begleitsaiten, die Instrumente wiesen größere Mensuren auf, und das Griffbrett war nun mit 29 Bünden ausgestattet. Zusätzlich erleichterte die Einführung der Stimmechanik für die Griffbrettsaiten den Stimmvorgang. LITERATUR: - Vannes 1956, Nr. 37, S. 12. 1 Kinsky 1912, S. 274. ZITHERN - INV.NR. 38 BILDNACHWEIS: Von oben nach unten: Vordergesamtansicht, Signatur. 191 ZITHERN – INV.NR. 192 39 Inv.Nr. 39 Konzertzither (5 Griffbrett- und 30 Begleitsaiten) Otto Body, Innsbruck, 1895 SIGNATUR: Druckzettel: OTTO BODY // Saiten & // Jnstrumentenmacher // JNNSBRUCK Auf der Griffbrettbrücke im Innern des Corpus mit Bleistift notiert: 10 Otto Bodi in Insbruck 1895 CORPUS: Corpus in Mittenwalder Form mit flacher, beidseitiger Ausbuchtung. Untere Saitenaufhängung oberständig auf Decke. Stimmechanik für Griffbrettsaiten. Decke: Feinjährige Fichte, Palisander furniert. Sechsspänige Randeinlage aus hellen und dunklen Adern im Wechsel. Leicht ovales Schalloch mit gleicher Einlage wie am Deckenrand. Zargen: Material wie Decke, am oberen und unteren Rand dreispänige Einlage aus hellen und dunklen Adern. Boden: Feinjährige Fichte, schwarz lackiert. 3 Füßchen aus Bein mit Eisendornen. Zur Innenkonstruktion: Innenbebalkung wie Inv.Nr. 38, Griffbrettbrücke hier jedoch ohne Aussparungen. Gesamt L:705 Decke L: 640 B: 175 / 380 Decke S: 5,1-5,8 Schalloch: 98 x 108 Zargen H: 23 Zargen S: k.M. Boden L: 685 Boden S: 5,7-7,5 MONTURTEILE: Stimmstock: geschwärzt. Begleitsaiten mittels 30 oben vierkantig geformter Eisensteckwirbel befestigt, in 2 Reihen angeordnet. Stimmung der Griffbrettsaiten mittels einer Stimmechanik (möglicherweise erst später hinzugefügt); Beschlag bestehend aus einer Neusilberplatte mit rankenförmigen Ziselierarbeiten, Wirbelköpfe aus Bein. Zweigeteilter Obersattel aus Neusilber bzw. Kupferdraht. Griffbrett: dunkel gebeizt. 29 eingelassene Bünde aus Neusilber in chromatischer Anordnung; 18. Bund nur für die 1.-4. Saite, 23. und 25. Bund nur für die 1.-3. Saite. Je 2 Positionsmarkierungen vor dem 5., 9. und 12. Bund, je 1 Markierung vor dem 15. Bund. Griffbrett L (max.): 365 Griffbrett B: 58...59 Bundabstände: 23 - 46 - 67 - 87 - 106 - 125 - 142 - 157 - 172 - 187 - 200 - 213 - 226 - 237 - 248 - 258 - 267 - 277 - 286 - 294 - 300 - 308 - 315 - 322 - 327 - 333 - 339 - 344 - 349 Steg und Anhängestock: geschwärzter Steg mit zweigeteilter Stegeinlage aus Eisendraht. Untere Saitenaufhängung mittels oberständig auf der Decke angebrachter Eisenstifte, die unter einem auf der Oberfläche geschwärzten Verdeck aus Ahorn verborgen sind. Steg B / S / H: 239 / 22 / 11 Anhängestock B / S: 234 / 32 Verdeck der Saitenaufhängung: 234 x 40 Besaitung: 35 Metallsaiten (überwiegend umsponnen), davon 5 Griffbrett- und 30 Begleitsaiten. Stimmung: Griffbrettsaiten: a’-d’-g’-g-c (Wiener Stimmung); Begleitsaiten: in einer Folge von aufsteigenden Quinten und absteigenden Quarten gestimmt. Schwingende Saitenlängen: Griffbrettsaiten: 427, Begleitsaiten: 429...495 ZITHERN – INV.NR. 39 193 ÜBERZUG: Boden, Stimm- und Anhängestock schwarz lackiert. Palisanderfurnier auf Decke und Zargen mit gelbbraunem Überzug und farbloser Politur versehen. ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN: Leichte Rißbildungen in der Decke, 2 massivere Bodenrisse. Im Griffbrett langer Längsriß. Wirbelköpfe der Stimmechanik und Zargenrandeinlagen zum Teil brüchig. Deutliche Vertiefungen auf dem Griffbrett bis etwa zum 14. Bund zeigen, daß das Instrument rege gespielt wurde. PROVENIENZ: Vorliegende Zither ist erst nach Schumachers Tod in die Sammlung gekommen. Der Gitarren- und Zitherbauer Otto Body ist 1857 in Debreczin (Ungarn) geboren und ließ sich nach seiner Ausbildungszeit in Mittenwald 1875 in Innsbruck nieder, wo er Anfang des 20. Jahrhunderts starb.1 LITERATUR: - Vannes 1956, Nr. 36, S. 12. BILDNACHWEIS: Von oben nach unten: Vordergesamtansicht, Signatur. 1 Vannes 1951, Bd. I, S. 34. ZITHERN – INV.NR. 39 194 ZITHERN – INV.NR. 195 40 Inv.Nr. 40 Konzertzither (5 Griffbrett- und 27 Begleitsaiten) Franz Schandl, Mittenwald, nach 1896 SIGNATUR: Ovaler Druckzettel: Frz. Schandl // Zither- & Saitenfabrik // MITTENWALD a. d. Isar // (BAYERN.) Rechts und links neben der Inschrift Vorder- und Rückseite einer Medaille abgebildet mit der Aufschrift: BAYERISCHE LANDES-INDUSTRIE-GEWERBE- UND KUNSTAUSSTELLUNG, NÜRNBERG 1896 bzw. PRINZ LUITPOLD DES KOENIGREICHS BAYERN VERWESER CORPUS: Corpus in Salzburger Form. Decke: einteilig. Grobjährige Fichte, Palisander furniert. Randeinfassung aus dunkelbraun lackiertem Holz, daran 5 farblich alternierende Adern anschließend. Ovales Schalloch mit gleich gearbeiteter Randeinlage. Zargen: Material wie Decke, am oberen und unteren Rand dreispänige Einlage aus hellem und dunklem Holz. Boden: einteilig. Mitteljährige Fichte, schwarz lackiert. 3 kugelförmige Füßchen aus Bein mit Eisendornen. Zur Innenkonstruktion: Innenbebalkung wie Inv.Nr. 38. Gesamt L:552 (558) Decke L: 495 B: 149 / 287 Decke S: 3,7-4,3 Schalloch: 25 x 216 Zargen H: 22 Zargen S: 6,3-7,0 Boden L: 556 Boden S: 4,0-5,0 MONTURTEILE: Stimmstock: geschwärzt. 32 oben abgerundete, durchbohrte Vierkantsteckwirbel aus Eisen, in 2 Reihen angeordnet. Obersattel aus Eisendraht. Griffbrett: Oberfläche geschwärzt, an den Rändern dunkelbraun lackiert. 29 eingelassene Bünde aus Neusilber in chromatischer Anordnung; 18. Bund nur für die 1.-4. Saite, 23. und 25. Bund nur für die 1.-3. Saite. Je 2 Positionsmarkierungen vor dem 5., 9. und 12. Bund, je 1 Markierung vor dem 15. und 17. Bund. Griffbrett L (max.): 353 Griffbrett B: durchgehend 56 Bundabstände: 21 - 43 - 63 - 83 - 101 - 119 - 135 - 150 - 165 - 179 - 192 - 205 - 216 - 227 - 237 - 247 - 257 - 265 - 274 - 281 - 288 - 295 - 302 - 308 - 314 - 320 - 324 - 329 - 334 Steg und Anhängestock: aus schwarz lackiertem Laubholz; Seitenflächen des Anhängestocks wie Zargen mit Palisander furniert. Stegsattel aus Eisen. Unterständige Saitenaufhängung an Eisenstiften. Steg H: 8 Anhängestock B / S: 216 / 18 Besaitung: 32 Metallsaiten (überwiegend umsponnen), davon 5 Griffbrett- und 27 Begleitsaiten (1 Begleitsaite zur Zeit fehlend). Stimmung: Griffbrettsaiten: a’-a’-d’-g-c (Münchener Stimmung); Begleitsaiten: in einer Folge von aufsteigenden Quinten und absteigenden Quarten gestimmt. Schwingende Saitenlängen: Griffbrettsaiten: 414, Begleitsaiten: 455...495 ÜBERZUG: Boden, Stimm- und Anhängestock schwarz lackiert. Palisanderfurnier auf Decke und Zargen gelbbraun lackiert und mit farbloser Politur überzogen. ZITHERN – INV.NR. 40 196 ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN: 1 Begleitsaite fehlend. Deckenrisse, einer davon in voller Deckenlänge. Boden löst sich im Bereich des Stimmstocks vom Zargenkranz. Randeinlage an der griffbrettseitigen Zarge nicht mehr vorhanden. PROVENIENZ: Da vorliegende Zither auch in den Inventarisierungsbögen von Kappeler/Hiestand 1966 nicht erwähnt wird, muß das Instrument nach 1966 in die Sammlung aufgenommen worden sein. Franz Schandl dürfte aus der Mittenwalder Instrumentenmacherfamilie Schandl stammen, deren instrumentenbaulich tätige Mitglieder bis ins frühe 18. Jahrhundert nachzuweisen sind.1 Von Franz Schandl sind keine Lebensdaten überliefert; die hier vorliegende, Ende des 19. Jahrhunderts entstandene Zither spricht jedoch für einen Wirkungszeitraum Schandls in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts. BILDNACHWEIS: Von oben nach unten: Vordergesamtansicht, Signatur. 1 Vgl. Lütgendorff/Drescher 1990 (Ergänzungsband), S. 534. ZITHERN – INV.NR. 40 197 ZITHERN – INV.NR. 198 41 Inv.Nr. 41 Konzertzither (5 Griffbrett- und 27 Begleitsaiten) Hermann Bölsterli, Zürich/Mittenwald, um 1900 SIGNATUR: Druckzettel: HERMANN BÖLSTERLI // SEEFELDSTRASSE 76 // Vertrag No. 296 MUSIK-SPEZIALITÄTEN // ZÜRICH // CORPUS: Corpus in Salzburger Form mit reich bemalter Decke. Stimmechanik für Griffbrettsaiten. Decke: nicht identifiziertes Laubholz, Palisander furniert. Fünfspänige Randeinlage aus abwechselnd Bein- und dunkel lackierten Ahornspänen. Ovales Schalloch mit gleicher Einlage wie Rand. Großflächiges Deckenabziehbild, ein florales Rankenornament darstellend, in das 2 Flöte bzw. Schalmei spielende Putten integriert sind. Zargen: fein- bis mitteljährige Fichte, Palisander furniert. Am oberen und unteren Rand dreispänige Einlagen aus hellen und dunklen Adern im Wechsel. Boden: fein- bis mitteljährige Fichte, schwarz lackiert. 3 kugelförmige Füßchen aus Bein mit Eisendornen. Zur Innenkonstruktion: Innenbebalkung wie Inv.Nr. 38. Gesamt L:555 Decke L: 558 B: 218 / 295 Decke S: 4,0-4,3 Schalloch: 68 x 105 Zargen H: 25 Zargen S: 4,5-5,3 Boden L: 556 Boden S: 5,0-5,5 MONTURTEILE: Stimmstock: Palisander furniert, an den Rändern mit dreispäniger Einlage aus Bein und dunkel gefärbtem Ahorn versehen. Begleitsaiten mittels 27 oben abgerundeter VierkantEisensteckwirbel befestigt, in 2 Reihen angeordnet. Stimmung der Griffbrettsaiten mittels einer Stimmechanik; Beschlag bestehend aus einer Neusilberplatte mit rankenförmigen Ziselierarbeiten, Wirbelköpfe aus Bein. Zweigeteilter Obersattel aus Neusilber. Griffbrett: dunkel gebeizt. 29 eingelassene Bünde aus Neusilber in chromatischer Anordnung; 18. Bund nur für die 1.-4. Saite, 23. und 25. Bund nur für die 1.-3. Saite. Je 2 Positionsmarkierungen vor dem 5., 9. und 12. Bund, je 1 Markierung vor dem 15. und 17. Bund. Griffbrett L (max.): 355 Griffbrett B: durchgehend 58 Bundabstände: 21 - 43 - 63 - 83 - 102 - 119 - 136 - 152 - 162 - 180 - 193 - 205 - 217 - 228 - 238 - 248 - 257 - 266 - 275 - 282 - 290 - 297 - 303 - 310 - 315 - 321 - 326 - 330 - 335 Steg und Anhängestock: Steg aus Ahorn. Anhängestock wie Zargen vollständig mit Palisander samt Einlegearbeiten furniert. Zweigeteilter Stegsattel aus Neusilber. Unterständige Saitenaufhängung an Eisenstiften. Steg H: 11 Anhängestock B / S: 217 / 20 Besaitung: 32 Metallsaiten (überwiegend umsponnen), davon 5 Griffbrett- und 27 Begleitsaiten. Stimmung: Griffbrettsaiten: a’-a’-d’-g-c (Münchener Stimmung); Begleitsaiten: in einer Folge von aufsteigenden Quinten und absteigenden Quarten gestimmt. Schwingende Saitenlängen: Griffbrettsaiten: 415, Begleitsaiten: 453...492 ZITHERN – INV.NR. 41 199 ÜBERZUG: Dunkles Palisanderfurnier an Decke und Zargen, Hochglanz poliert. Boden schwarz, Anhängestock und Obersatteleinlage goldgelb lackiert. ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN: Zentraler Deckenriß. Sonst guter Erhaltungszustand. PROVENIENZ: Da die hier besprochene Zither auch in den Inventarisierungsbögen von Kappeler/Hiestand 1966 nicht erwähnt wird, muß das Instrument nach 1966 in die Sammlung aufgenommen worden sein. Über den Hersteller Hermann Bölsterli aus Zürich sind in der Literatur keine biographischen Angaben zu finden. Er dürfte lediglich Musikalienhändler gewesen sein, der vorliegende Zither nicht selber baute, sondern aus Mittenwald bezog, wo dieses Zithermodell (mit der spezifischen Deckenverzierung) um 1900 weit verbreitet war.1 BILDNACHWEIS: Von oben nach unten: Vordergesamtansicht, Signatur. 1 Freundliche mündliche Auskunft von Erich Tremmel (Augsburg) am 25.04.01. ZITHERN – INV.NR. 41 200 ZITHERN – INV.NR. 201 42 Inv.Nr. 42 Gitarrenzither (21 Melodie- und 20 Begleitsaiten) Deutschland, um 1900 SIGNATUR: Druckzettel: DEUTSCH-AMERIK. GUITAR-ZITHER x Gesetzl. geschützt x CRF // K CORPUS: Annähernd trapezförmiges Corpus mit leichter Ausbuchtung auf der Seite der Melodiesaiten. Kein Griffbrett vorhanden. Decke: aus schwarz lackiertem, nicht identifiziertem Laubholz. Am runden Schalloch und am Deckenrand je eine streifenförmige Verzierung in goldener und hellblauer Farbe, überwiegend Blattornamentik. Im oberen Teil der Decke ist das Emblem des Firmenzettels aufgebracht, welches einen Adler unter der gekreuzten amerikanischen und deutschen Flagge darstellt; darin ein Banner mit der Aufschrift Guitare Zither. Unterhalb des Schallochs befindet sich eine in goldener Farbe aufgebrachte Akkord- bzw. Tontabelle, die sich auf die darüber liegenden Saiten bezieht, indem von jeder Saite die Stimmung wiedergegeben ist; zusätzlich ist jedem Ton bzw. Akkord eine Zahl zugeordnet, damit das Instrument auch ohne Notenkenntnisse gespielt werden kann. Zargen: schwarz lackiert. Boden: grobjährige Fichte, ebenfalls schwarz lackiert. 3 kegelförmige Füßchen aus Metall. Zur Innenkonstruktion: ober- und unterhalb des Schallochs je ein quer verlaufender Brückenbalken mit 2 bzw. 3 Auslassungen. Auf Schallochhöhe ein Querbalken in voller Zargenhöhe mit Unterbrechung am Schalloch. Gesamt L:491 Decke L: 390 B (max.): 355 Decke S: 5,0-6,0 Schalloch: 70 Zargen H: 22 Zargen S: k.M. Boden L: 483 Boden S: 4,5-5,5 MONTURTEILE: Stimmstock: Begleit- und Melodiesaiten an 41 vierkantigen, ein- bis dreireihig angeordneten Eisensteckwirbeln befestigt. Obersattel aus Eisen. Steg und Anhängestock: schwarz lackiert. Unterständige Saitenaufhängung an Eisenstiften, darüber Saitenhalterverdeck aufgeschraubt. Steg H: 8 Anhängestock B / S: 345 / 25 Verdeck der Saitenaufhängung: 336 x 21 Besaitung: 41 Saiten, davon 21 Melodiesaiten (überwiegend aus Metalldraht) und 20 metallumsponnene Begleitsaiten. Stimmung: Melodiesaiten in nicht durchgängiger Folge chromatisch gestimmt (Es und B ausgespart), 2 Oktaven umfassend (c’-c’’’); Begleitsaiten in 5 Akkordgruppen zu je 4 Saiten zusammengefaßt (C-Dur, G-Dur, F-Dur, D-Dur, A-Dur). Schwingende Saitenlängen: Melodiesaiten: 172...395, Begleitsaiten: 408 ÜBERZUG: Das gesamte Corpus ist mit schwarzem Lack überzogen. ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN: Deckenrandverzierung teilweise abgegriffen. Zargenwände brüchig. Sonst guter Zustand. ZITHERN – INV.NR. 42 202 PROVENIENZ: Da vorliegende Zither auch in den Inventarisierungsbögen von Kappeler/Hiestand 1966 nicht erwähnt wird, muß das Instrument nach 1966 in die Sammlung aufgenommen worden sein. Dem eingeklebten Zettel nach zu urteilen, wurde das Instrument - wie es bei diesem Zithertyp häufig der Fall war - von einem deutsch-amerikanischen Konsortium vertrieben.1 Die Gitarrenzithern zählen zu den griffbrettlosen Zithern, die von der Musikinstrumentenindustrie in verschiedenen Ausprägungen seit dem letzten Viertel des 19. Jahrhunderts entwickelt wurden, um den in dieser Zeit laut werdenden Forderungen nach einfachen, problemlos erlernbaren „Volksinstrumenten“ nachzukommen. Diese sollten vielfältig nutzbar, billig und möglichst auch ohne Notenkenntnisse spielbar sein. Die Gitarrenzithern erfüllten diese Kriterien, indem sie mit einzelnen Melodiesaiten in überschaubarer Anzahl und mehreren schon in Akkorden zusammengefaßten Saitenchören ausgestattet waren. Mit Hilfe des auf die Decke aufgebrachten Tonbenennungs- und Zuordnungsschemas wurde das Finden der richtigen Saiten und Akkorde erleichtert und ein Spiel ohne Notenkenntnisse möglich. Die Bezeichnung für diesen Instrumententyp entstand weniger wegen baulicher Gemeinsamkeiten mit ihrer Namensgeberin als vielmehr aufgrund klanglicher Ähnlichkeiten hinsichtlich des für die Gitarre typischen akkordischen Spiels.2 BILDNACHWEIS: Von oben nach unten: Vordergesamtansicht, Signatur. 1 2 Vgl. Michel 1995, S. 94. Michel 1995, S. 92ff. ZITHERN – INV.NR. 42 203 ZISTERN - INV.NR. 204 43 Zistern Inv.Nr. 43 Theorbenzister (17 Saiten, 13 Chöre = 9 x 1 + 4 x 2) Andreas Ernst Kram, Nürnberg, 1770 SIGNATUR: Druckzettel: Andreas Ernst Kram, // in Nürnberg [anstelle der Punkte kleines e über dem u] // Anno 177 [hs.:] 0 CORPUS: Tropfenförmiges Corpus ohne Randüberstand. 2 separate Wirbelkästen. Decke: zweiteilig. Fichte mit feinen bis mittelbreiten Jahresringen. Flach, ohne Randüberstand. Keine Randeinlage vorhanden. Eingesetzte Rosette aus Nußbaum mit Pergament unterlegt, ein gotisches Fischblasenmuster darstellend. Zargen: Nußbaum. Zargenverlauf zweigeteilt, seitlich auf Oberklotz geleimt. Starke Verjüngung der Zargenhöhe vom Halsansatz zum Unterklotz. Boden: zweiteilig. Ahorn (?). Flach, ohne Randüberstand. Keine Randeinlage vorhanden. Lang herausgezogenes, verrundetes Blatt. Zur Innenkonstruktion: Oberklotz mit Hals und Wirbelkästen in einem Stück. Langer, flacher Unterklotz, in den die äußeren Haken zur Saitenaufhängung unterständig eingeschlagen sind. Im Boden je 1 Paßstift an Ober- und Unterklotz. Dünn und schmal geschnittene Decken- und Bodenreifchen, die an den Klötzen und Balken stumpf enden; an diskantseitiger Oberflanke Bodenreifchen in neuerer Zeit ersetzt. Auf Höhe des unteren Griffbrettrandes, des Rosettenzentrums und kurz oberhalb des Steges 3 Balkenkonstruktionen mit jeweils einander gegenüberliegenden Querbalken an Decke und Boden, die jeweils durch in ganzer Zargenhöhe aufgelegte Klötzchenbeläge gegeneinander abgestützt werden, positioniert; Querbalken in die Zargenverstärkungen eingelassen. Über Bodenfuge Längsleiste mit Auslassungen für Querbalken angebracht. Gesamt L: 985 Decke L: 415 B (max.): 280 Decke S: 1,6-2,5 Deckenmensur: 73 Zargen H: 68...40 Zargen S: d 1 Boden L: 430 Boden S: 2,0-2,2 Rosette : 91; Schallochlage v. o.: 142 MONTURTEILE: Hals und Wirbelkästen: Hals und Wirbelkästen samt Zwischenstück eintraktig, aus Buche gefertigt. An den Hals in voller Griffbrettbreite schließt sich ein gerader Wirbelkasten mit 2 x 4 seitenständigen, geschwärzten, uneinheitlichen Wirbeln für die Griffbrettsaiten an (1 Wirbel fehlt). Zweiter Wirbelkasten für die freischwingenden Baßsaiten mit 9 ebenfalls geschwärzten, seitenständigen Wirbeln bestückt, wovon 5 diskantseitig und 4 baßseitig am Wirbelkasten plaziert sind; hier nahezu einheitliche Wirbelform mit Endknöpfchen. Der Baßwirbelkasten läuft in eine wappenförmige Kopfplatte aus. Verbunden sind die beiden Kästen durch einen zweifach geschwungenen Übergang. Beide Obersättel aus Bein, jener für die Baßsaiten in eine profilierte Unterlage eingelegt. Unmittelbar darunter schließt sich eine Umstimmvorrichtung in Form einer geschwärzten Rolle mit verschieden breiten, kleinen Capotasti aus Bein an, die mittels eines Wirbels (hier abgebrochen) gedreht werden kann. Mit insgesamt 4 Paaren von Capotasti, die jeweils 2 oder 3 Kerben für die Saitenführung besitzen, läßt sich ein Teil der Baßsaiten in unterschiedlichen Kombinationen anheben und um einen Halbton heraufstimmen. Zwischen den Capotasti sind Papierreste erkennbar, auf denen - wie ZISTERN - INV.NR. 205 43 ein Vergleich mit besser erhaltenen Instrumenten von Kram zeigt - ursprünglich Angaben zu Tonarten gemacht wurden. Halsmensur: 190 Hals S: 29 / 33 / 37 Wirbelkasten L (gesamt): 382 Wirbelkasten B innen: 12...32, außen: 32...38 Wirbelkasten für Baßsaiten B innen: 11...33, außen: 22...46 Kopfplatte: 34 x 48 Griffbrett und Obersättel: in der Stärke nach unten abnehmendes Griffbrett aus Buche, flach und nicht auf die Decke geleimt. Klammerprofil am Griffbrettende; oben mit 2 schmalen Verlängerungen auf den Wirbelkastenvorderkanten aufliegend. Zwischen Hals und Griffbrett ist ein Keil geschoben. 18 Bünde aus Messing; zwischen den Bünden leicht konkav ausgekehlte Einlagen aus Ahorn und Nußbaum aufgeleimt. Obersättel aus Bein. Griffbrett L (max.): 310 Griffbrett B: durchgehend 39 Bundabstände: 26 - 48 - 73 - 93 - 114 - 134 - 153 - 170 - 185 - 200 - 214 - 229 - 243 - 255 - 266 - 276 - 287 - 297 Steg: dreifüßiger Brückensteg aus Laubholz mit eingelassenem Messingsattel. B / S / H: 175 / 7 / 27 Untere Saitenbefestigung: 9 unterständig verankerte Metallhaken (den weiteren, teilweise ausgerissenen Lochbohrungen nach zu urteilen, sind mehrere Haken verloren gegangen), die über den in die Deckenkante eingelassenen Untersattel aus Nußbaum laufen und auf der Decke die Saiten aufnehmen. Untersattel B: 130 Besaitung: 17 Saiten bzw. 13 Chöre, davon 4 x 2 Griffbrettsaiten (6 aus Eisendraht, 1 aus Messingdraht, 1 fehlt) und 9 x 1 freischwingende Baßsaiten (4 aus Eisendraht, 4 aus Messingdraht, 1 umsponnen). Stimmung: Griffbrettsaiten: gg-c’c’-e’e’-g’g’, Baßsaiten: C-F-G-A-H(B)-c-d-e-f. Genannte Stimmung geht auf das Evangelische Choralbuch (1765 - ca. 1770) von J.W. Bunsold zurück, welches Intabulierungen in italienischer Tabulaturschrift für eine dreizehnchörige Zister und eine Anleitung zu deren Stimmung enthält.1 Schwingende Saitenlängen: Griffbrettsaiten: 462, freischwingende Baßsaiten ohne CapotastoVorrichtung: 647 ÜBERZUG: Auf Decke, Zargen, Hals und Wirbelkästen brauner bis dunkelbrauner Lack; der Boden mit rotbraunem Lack überzogen. ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN: Das Instrument befindet sich in einem sehr desolaten Zustand und bedarf dringend einer Restaurierung. 1 Wirbel und die dazugehörige Saite am unteren Wirbelkasten fehlend; am oberen Baßwirbelkasten ist der Stellwirbel für die Capotasto-Vorrichtung abgebrochen. Großer, offener Riß im diskantseitigen Decken- und Randbereich sowie an der Unterzarge, dort verursacht durch die in den Unterklotz eingeschlagenen Haken. Stark beschädigte Rosette. Bodenquerbalken auf Höhe des Schallochs und entsprechender Stützbelag an diskantseitiger Zarge haben sich gelöst, befinden sich aber noch als lose Teile im Corpus. Leichter Wurmbefall. Das Instrument scheint bis auf einen Teil der Wirbel und kleinere Verschleißteile weitestgehend im Originalzustand vorzuliegen. 1 Zit. nach Michel 1996, S. 85 u. 94. ZISTERN - INV.NR. 43 206 PROVENIENZ: Aus der Sammlung H. Schumacher. Im Zusammenhang mit vorliegendem Instrument erwähnt Schumacher in seinem Fundortkatalog (S. 22) die Stadt Brüssel als Erwerbsort. Andreas Ernst Kram (geb. 1718 in Nürnberg, gest. 1787 in Nürnberg) gilt als einer der Hauptvertreter des Ende des 17. Jahrhunderts - nach dem Vorbild der Theorben oder theorbierten Lauten - eintretenden Theorbenzisterbaus. Die Instrumente Krams nehmen nicht nur im Bezug auf ihre späte Erscheinungszeit im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts, als die Entwicklung des barocken Instrumentariums nahezu abgeschlossen war und derartige Zupfinstrumente allmählich von den besaiteten Tasteninstrumenten verdrängt wurden, eine Sonderstellung ein, sondern auch hinsichtlich ihrer singulären Stellung innerhalb des Nürnberger Musikinstrumentenbaus. Daß die Kramschen Theorbenzistern im damaligen Nürnberg Rang und Namen hatten, beweisen zeitgenössische Schriftquellen, in denen sie - als „Mandor-Zithern“ bezeichnet - vielfach Erwähnung finden.1 Bisher konnten in Instrumentenmuseen und -sammlungen 15 Theorbenzistern von Kram aus dem Zeitraum zwischen 1760 und 1790 nachgewiesen werden.2 Ein Vergleich mit diesen läßt keinen Zweifel an der Authentizität vorliegenden Instruments zu. LITERATUR: - Schumacher: Handschriftlicher Katalog, Nr. 110, S. 140. Fundortkatalog Nr. 110, S. 22. - Vannes 1956, Nr. 35, S. 12. - Michel 1996, S. 83-98. 1 Vgl. Michel 1996, S. 84f. Ausführliche Angaben über die Instrumentenmuseen und über vier Exemplare Kramscher Theorbenzistern im Germanischen Nationalmuseum Nürnberg sind in Michel 1996, S. 83-98 nachzulesen. 2 ZISTERN - INV.NR. 43 207 BILDNACHWEIS: Von li. nach re. bzw. von oben nach unten: Vorder-, Seiten-, Rückgesamtansicht, Wirbelkästen mit Umstimmvorrichtung für Baßsaiten. ZISTERN - INV.NR. 208 44 Inv.Nr. 44 Zister (10 Saiten, 5 Chöre = 5 x 2) Deutschland, 18. Jahrhundert SIGNATUR: Keine Signatur vorhanden. CORPUS: Primitiv gearbeitetes Instrument mit breittropfenförmigem Corpus ohne Randüberstand; leicht unregelmäßiger Corpusumriß. Decke: einteilig (?). Fichte mit feinen bis mittelbreiten Jahresringen. Flach, ohne Randüberstand. Keine Randeinlage vorhanden. Rundes Schalloch ohne Rosette. Zargen: aus Birne. Durchgehender Zargenverlauf am Unterklotz. Leichte Verjüngung der Zargenhöhe vom Halsansatz bis Unterklotz. Boden: einteilig. Material wie Zargen. Flach, ohne Randüberstand. Lang heraufgezogenes Bodenblatt. Keine Randeinlage vorhanden. Zur Innenkonstruktion: an der Unterseite ausgehöhlter Oberklotz mit Hals und Wirbelkasten in einem Stück; Zargen im Oberklotz verkeilt. Unterklotz in Form eines flachen, quadratischen, über die ganze Zargenhöhe reichenden Holzklötzchens. Innenreifchen an Decke und Boden vorhanden. Unterhalb des Steges je ein Querbalken an Decke und Boden, die einander gegenüberliegen und stumpf an Zargenverstärkungen enden. Ober- und unterhalb des Schallochs je ein kurzer (etwas länger als Schallochdurchmesser), dünner Deckenquerbalken eingesetzt. Beschädigungen an der Decke mit kleinen, quadratischen Holzbelägen gesichert (nachträglich eingefügt). Rosettenrand mit Papier gesichert. Gesamt L: 790 Decke L: 400 B (max.): 310 Decke S: 2,0-2,5 Deckenmensur: 250 Zargen H: 80...69 Zargen S: 1,7-2,3 Boden L: 420 Boden S: 2,0-3,0 Schalloch : 79; Schallochlage v. o.: 115 MONTURTEILE: Hals und Wirbelkasten: Hals mit s-förmigem Wirbelkasten schwarz lackiert. Flachrunder Hals in voller Griffbrettbreite. Halsstock an den Seitenwänden einfach profiliert. Der Wirbelkasten endet in einer längsrechteckigen Kopfplatte mit einem kugelförmigen Aufsatz. Rück- und Seitenwände des Wirbelkastens mit einer am Rand rundum eingeschnittenen Zierrille versehen. 10 Flankenwirbel aus schwarz gebeiztem Obstholz mit querovalen Wirbelköpfen und Endknöpfchen. Halsmensur: 205 Hals S: 23 / 22 / 25 Wirbelkasten L: 190 Wirbelkasten B innen: 13...33, außen: 21...45 Kopfplatte: 27 x 33 Griffbrett und Obersattel: aufgedoppeltes, schwarz lackiertes Griffbrett mit 2 halbkreisförmigen Ausnehmungen an der Unterkante; nicht auf der Decke aufliegend. Obersattel und 14 eingelassene Bünde aus Eisen. 4 Capotastolöcher, jeweils vor dem 2.-5. Bund; die unteren beiden sind mit Pappe ausgestopft. Griffbrett L (max.): 280 Griffbrett B: 47...52 Bundabstände: 23 - 47 - 72 - 93 - 113 - 131 - 149 - 166 - 184 - 199 - 212 - 225 - 238 - 250 Steg: aus Laubholz. Hohe Stegeinlage aus Elfenbein. B / S / H: 66 / 8 / 29 ZISTERN - INV.NR. 44 209 Untere Saitenbefestigung: der Anzahl der Chöre entsprechend 5 eiserne Stifte, die in den Unterklotz geschlagen sind. Zum Schutz des Deckenrandes ist ein kräftiger Eisendraht in der Funktion eines Untersattels aufgesetzt. Untersattel B: 58 Besaitung: 10 Saiten in der Anordnung von 5 Doppelchören (9 Saiten aus Messing- und Eisendraht, 1 Saite umsponnen). Schwingende Saitenlänge: 450 ÜBERZUG: Corpus mit hellbraunem Lack überzogen. ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN: Der Capotasto fehlt. Das Instrument ist stark wurmbefallen. Boden löst sich vom Zargenkranz. Vorliegende Zister scheint - den Abnutzungsspuren am Griffbrett und an den Capotastolöchern nach zu urteilen - rege in Gebrauch gewesen zu sein. PROVENIENZ: Aus der Sammlung H. Schumacher. Nach einer entsprechenden Erwähnung im Fundortkatalog (S. 9) hat Schumacher vorliegende Zister von einem Händler bzw. von einer Privatperson aus Kriens erworben. Daraus läßt sich aber nicht automatisch die Schlußfolgerung ableiten, daß es sich bei diesem Instrument auch um den Typ der Krienser Halszither handelt, dessen Merkmale doch stark von den sich hier zeigenden Stil- und Formelementen abweichen.1 Vielmehr scheint eine deutsche Herkunft plausibel, da der vorliegende Wirbelkastenabschluß in Form einer Kopfplatte vermehrt an deutschen Instrumenten zu finden ist. LITERATUR: - Schumacher: Handschriftlicher Katalog, Nr. 102, S. 135. Fundortkatalog Nr. 102, S. 9. - Vannes 1956, Nr. 30, S. 11. 1 Vgl. Bachmann-Geiser 1981, S. 60-64. ZISTERN - INV.NR. 44 BILDNACHWEIS: Von li. nach re.: Vorder-, Seiten-, Rückgesamtansicht. 210 ZISTERN - INV.NR. 211 45 Inv.Nr. 45 Zister (10 Saiten, 5 Chöre = 5 x 2) Deutschland, 18. Jahrhundert SIGNATUR: Keine Signatur vorhanden. CORPUS: Tropfenförmiges Corpus ohne Randüberstand. Auf Decke aufgeleimter, gleichzeitig als Steg fungierender Saitenhalter. Decke: einteilig. Feinjährige Fichte. Flach, ohne Randüberstand. Anstelle einer Randeinlage 2 aufgemalte Doppellinien, teilweise verblaßt. Eingesetzte Rosette (zwölfzackiges Sternmotiv) aus geschwärztem Karton; Zierrand aus 4 konzentrischen, schwarz bzw. hellbraun aufgemalten Ringen unterschiedlicher Stärke. Zargen: aus schlichtem Ahorn. Zweigeteilter Zargenverlauf am Unterklotz. Zargen am Oberklotz seitlich angelegt, Fuge von Zarge und Halsstock mit je einem fünffach gekanteten Profilleistchen bedeckt. Vom Halsansatz zum Unterklotz hin abnehmende Zargenhöhe. Boden: zweiteilig. Material wie Zargen. Flach, ohne Randüberstand. Zweilinige Randbemalung. Bodenblatt nach oben lang herausgezogen. Zur Innenkonstruktion: eckiger, separater (?) Oberklotz. Steg-Saitenhalter-Konstruktion mittels eines dicken Eisenstiftes mit dem Unterklotz verbunden. Boden zusätzlich mit jeweils 2 Paßstiften an Ober- und Unterklotz fixiert. Schmale, dünne Bodenreifchen vorhanden. Ober- und unterhalb des Schallochs je eine Balkenkonstruktion mit Querrippen an Decke und Boden und Zargenverstärkungen. Boden- bzw. Deckenrisse mit Papierstreifen beklebt. Gesamt L: 805 (810) Decke L: 405 B (max.): 312 Decke S: 2,1-2,3 Deckenmensur: 353 Zargen H: 74...60 Zargen S: 1,1-1,3 Boden L: 413 Boden S: 1,9-2,3 Rosette : 82; Schallochlage v. o.: 168 MONTURTEILE: Hals und Wirbelkasten: Hals mit Wirbelkasten und Kopf aus Ahorn in einem Stück. Hals in voller Griffbrettbreite. Der geschwungene, sich stark verjüngende Wirbelkasten endet in einer löwenähnlichen Tierfratze mit breitem, geöffnetem Maul. 10 seitenständig befestigte, geschwärzte, querovale Steckwirbel mit flachovalen Holzendknöpfchen. Halsmensur: 225 Hals S: 17 / 19 / 24 Wirbelkasten L: 206 Wirbelkasten B innen: 5...38, außen: 17...45 Kopf B: 32 Griffbrett und Obersattel: flaches, gleichbleibend starkes Griffbrett, geschwärzt und nicht auf der Decke aufliegend. 12 in das Griffbrett eingelegte Bünde aus Bein, 2. Bund fehlend. An der Halsunterseite sind 5 kleinere Ausnehmungen sichtbar, die von einem Capotasto stammen dürften, der nicht durch Perforierungen im Hals und Griffbrett gesteckt, sondern lediglich um den Hals geschraubt wurde. Obersattel aus Ebenholz. Griffbrett L: 330 Griffbrett B: 46...53 Bundabstände: 30 - (56) - 82 - 105 - 128 - 149 - 170 - 189 - 208 - 225 - 241 - 256 Steg/Untere Saitenbefestigung: geschwärzter, am unteren Corpusende auf die Decke geleimter Steg. Die Saiten laufen über den im oberen Bereich stark erhöhten bzw. verbreiterten Abschnitt des Steges zu einem in den unteren Deckenrand und in die Unterzarge eingelegten, ebenfalls geschwärzten Saitenhalter, der über der Deckenkante einen Wulst ZISTERN - INV.NR. 45 212 bildet, unter dem schließlich die Saiten mittels eines quer eingehängten Eisenstiftes befestigt sind. Steg B / S / H: 70 / 50 / 30 Saitenhalter B: 63 Besaitung: 10 Saiten bzw. 5 Doppelchöre, davon 8 Saiten aus Eisendraht und 2 metallumsponnen. Schwingende Saitenlänge: 570 ÜBERZUG: Brauner, spröder Lack, der auf dem Corpus partiell abgesprungen ist. ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN: Diskantseitig neben dem Schalloch großer Deckenriß in voller Deckenlänge. Weitere kleinere Risse auf Decke und Zargen. Decke im Bereich des Saitenhalters stark eingesunken. Bodenfuge offen. Wurmbefall an Decke und Griffbrett. Rosette brüchig. 2. Bund fehlend. Zwischen Schalloch und jetziger Stegkonstruktion Spuren des wahrscheinlich originalen Steges auf der Decke sichtbar. Mit dieser früheren Stegposition hatte das Instrument mit ca. 520 mm immer noch eine sehr große Mensur, die aber den sonst üblichen Durchschnittsmaßen von ca. 430 mm eher entsprechen würde als die aktuelle Mensurlänge von 570 mm. Man kann aufgrund dieser Sachlage vermuten, daß jener Umbau statt fand, um die Zister mit einer vergleichsweise tiefen Stimmung spielen zu können. PROVENIENZ: Aus der Sammlung H. Schumacher. Die Angabe im Fundortkatalog (S. 9) liefert lediglich die Information, daß vorliegende Halszither von einer Privatperson bzw. von einem Händler erworben worden ist. LITERATUR: - Schumacher: Handschriftlicher Katalog, Nr. 111, S. 141. Fundortkatalog Nr. 111, S. 9. - Vannes 1956, Nr. 29, S. 11. ZISTERN - INV.NR. 45 213 BILDNACHWEIS: Von li. nach re. bzw. von oben nach unten: Vorder-, Seiten-, Rückgesamtansicht, Wirbelkasten mit Kopf. ZISTERN - INV.NR. 214 46 Inv.Nr. 46 Zister (10 Saiten, 6 Chöre = 2 x 1 + 4 x 2) Deutschland oder Schweiz, 1. Hälfte 19. Jahrhundert SIGNATUR: Keine Signatur vorhanden. CORPUS: Kleines tropfenförmiges Corpus ohne Randüberstand. Wirbelkasten mit Schnecke. Decke: zweiteilig. Fichte mit feinen bis mittelbreiten Jahresringen. Flach, ohne Randüberstand. Doppellinige Randbemalung, partiell verblaßt. Eingeleimte Rosette (zwölfzackiges Sternmotiv) aus geschwärztem Karton, mit weißlichem Papier unterlegt. Zierrand wie Randgestaltung aus einer aufgemalten, schwarzen Doppellinie bestehend. Zargen: leicht geflammter Ahorn in Radialschnitt. Zweigeteilter Zargenverlauf am Unterklotz. Zargen am Oberklotz seitlich angelegt; Fuge von Zarge und Halsstock mit je einem fünffach gekanteten Profilleistchen bedeckt, diskantseitig fehlend. Vom Halsansatz zum Unterklotz hin abnehmende Zargenhöhe. Boden: zweiteilig. Diskantseitige Bodenhälfte aus deutlich geflammtem Ahorn in Radialschnitt, die andere Hälfte dagegen aus schlichtem Ahorn gefertigt. Flach, ohne Randüberstand. Zweilinige Randbemalung wie Decke. Nach oben lang herausgezogenes Bodenblatt, das 2 kleine Ausbuchtungen für die Profilleistchen aufweist. Zur Innenkonstruktion: Oberklotz und Hals in einem Stück. Unterklotz flachrund, an den Seiten zweifach abgekantet. In Decke und Boden je 2 Paßstifte an Ober- und Unterklotz. Schmale Boden- und Deckenreifchen vorhanden. Oberhalb des Schallochs und im Stegbereich je eine Balkenkonstruktion (Boden-, Decken- und Zargenbalken). Bodenfuge mit Papierstreifen verstärkt. Gesamt L: 785 (795) Decke L: 330 B (max.): 255 Decke S: 1,0-1,2 Deckenmensur: 243 Zargen H: 66...50 Zargen S: um 1 Boden L: 345 Boden S: 1,1-1,5 Rosette : 70; Schallochlage v. o.: 130 MONTURTEILE: Hals und Wirbelkasten: Hals mit Wirbelkasten aus Ahorn in einem Stück. Hals in voller Griffbrettbreite. Der geschwungene Wirbelkasten endet in einer sorgfältig geschnitzten Schnecke. 10 schwarz lackierte, seitenständig befestigte Wirbel mit großen hölzernen Endknöpfchen. An der Wirbelkastenhinterwand ist unterhalb der Schnecke ein Metallhaken zur Aufhängung eingeschlagen. Halsmensur: 238 Hals S: durchgehend 29 Wirbelkasten L: 217 Wirbelkasten B innen: 7...45, außen: 18...51 Kopf B: 33 Griffbrett und Obersattel: flaches, geschwärztes, nach unten sich leicht verjüngendes Griffbrett aus Ahorn, das oben mit 2 schmalen Verlängerungen auf den Wirbelkastenvorderkanten aufliegt. 13 in das Griffbrett eingelegte Bünde aus Messing. Obersattel aus Bein. Griffbrett L: 317 (358) Griffbrett B: 52...56 Bundabstände: 28 - 48 - 75 - 97 - 120 - 141 - 158 - 178 - 195 - 210 - 226 - 241 - 257 Steg: geschwärzter Steg mit Messingsattel. B / S / H: 92 / 7 / 22 ZISTERN - INV.NR. 46 215 Untere Saitenbefestigung: Saitenaufhängung mittels 6 in die Unterzarge eingeschlagener Metallstifte. In die Deckenunterkante eingelegte Verstärkung aus Hartholz als Untersattel fungierend. Untersattel B: 63 Besaitung: 10 Saiten bzw. 6 Chöre, davon 4 x 2 Saiten aus Messing- bzw. Eisendraht und 2 x 1 Saiten aus Messingdraht bzw. metallumsponnen. Schwingende Saitenlänge: 480 ÜBERZUG: Corpus und Hals samt Wirbelkasten mit hellbraunem Überzug versehen. ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN: Das Instrument ist stark schadhaft: Allgemein fragiler Corpus aufgrund geringer Stärke von Decke, Boden und Zargen. Grobe Deckenrisse in ganzer Länge. Boden löst sich partiell vom Zargenkranz. Starker Wurmbefall mit ausgeprägten Wurmgängen in Decke und Zargen. Diskantseitiges Profilleistchen fehlend. PROVENIENZ: Aus der Sammlung H. Schumacher. Vorliegendes Instrument erwarb Schumacher laut Fundortkatalog (S. 9) von einer Privatperson bzw. von einem Händler aus Kriens. LITERATUR: - Schumacher: Handschriftlicher Katalog, Nr. 104, S. 137. Fundortkatalog Nr. 104, S. 9. - Vannes 1956, Nr. 27, S. 10. ZISTERN - INV.NR. 46 BILDNACHWEIS: Von li. nach re.: Vorder-, Seiten-, Rückgesamtansicht. 216 ZISTERN - INV.NR. 217 47 Inv.Nr. 47 Zister (10 Saiten, 6 Chöre = 2 x 1 + 4 x 2) Niklaus Lötsche(r), Polen (?), 1843 SIGNATUR: Handschriftlicher Zettelrest am Halsstock (kaum lesbar): Instrument Macher // Niklaus Lötsche[r] // Chrotzma // Lautna Luze // [1]843 CORPUS: Rohe Arbeit. Breites tropfenförmiges Corpus mit geraden Oberflanken. Randüberstand an Decke und Boden. Wirbelbrett mit vorderständigen Wirbeln. Decke: einteilig. Mittel- bis grobjährige Fichte. Flach, mit Randüberstand. Keine Randadern vorhanden. Eingesetzte Rosette aus geschwärztem Karton (zwölfzackiges Sternmotiv). Zargen: aus Kirsche (?). Durchgehender Zargenverlauf am Unterklotz. Konstant bleibende Zargenhöhe. Boden: zweiteilig, aus Kirsche. Flach, mit Randüberstand. Keine Randverzierung vorhanden. Entlang der Bodenfuge ein flacher Balken aus Buche aufgesetzt. Zur Innenkonstruktion: Separater Oberklotz, in den die Innenreifchen an Decke und Boden eingelassen sind. Unterklotz flach und eckig gearbeitet. Oberhalb des Schallochs und zwischen Steg und Unterklotz je ein Deckenbalken eingesetzt; der obere mit nur diskantseitiger Zargenstützstrebe, der untere mit Zargenverstärkungen auf beiden Seiten ausgestattet. Weitere Verstärkungen in Form einer Balkenkonstruktion unterhalb des Schallochs: neben Decken-, Boden- und Zargenrippen weist diese 3 dünne Stützbalken auf, die senkrecht zwischen Boden- und Deckenbalken verlaufen. Risse im Decken- und Bodenbereich mit kleinen Holzklötzchen belegt. Gesamt L: 660 Decke L: 313 B (max.): 318 Randüberstand Decke: 1,5 Decke S: 3,0-3,5 Deckenmensur: 200 Zargen H: durchgehend 73 Zargen S: 1,5 Boden L: 332 Randüberstand Boden: 2 Boden S: 2,4-2,6 Rosette : 66; Schallochlage v. o.: 70 MONTURTEILE: Hals und Wirbelbrett: Hals mit geschwärztem Wirbelbrett in einem Stück. Der sich nach hinten verjüngende Halsstock weist im vorderen Bereich eine Fuge auf (hinterer Teil des Halsstocks also angesetzt). Hals in voller Griffbrettbreite. Auf dem lilienförmigen Wirbelbrett sind vorderständig 10 schwarz lackierte Wirbel mit hagebuttenförmigen Wirbelköpfen angebracht. Im volutenartigen Abschluß des Wirbelbretts befindet sich ein Loch zur Aufhängung des Instruments. Halsmensur: 185 Hals S: 26 / 26 / 29 Wirbelbrett L: 147 Wirbelbrett größte B / kleinste B: 63 / 22 Wirbelbrett S: 17 Griffbrett und Obersattel: flaches, dickes, auf der Oberseite geschwärztes Griffbrett, das sich sowohl nach unten als auch zum Wirbelbrettansatz hin verjüngt. 15 eiserne, in das Griffbrett eingelegte Bünde, wobei der 11. und 12. Bund nur für die beiden oberen Chöre, die Bünde 13-15 nur für den obersten Chor ausgearbeitet sind. Der Abstand zwischen dem 14. und 15. Bund beträgt eine kleine Terz. In Hals und Griffbrett lediglich 1 Lochbohrung vor dem 2. Bund zur Aufnahme eines Capotasto vorhanden. Obersattel aus Ebenholz. Griffbrett L (max.): 240 (260) Griffbrett B: 54...56 Bundabstände: 21 - 41 - 60 - 78 - 95 - 110 - 125 - 139 - 151 - 163 - 175 - 186 - 196 - 207 - 235 ZISTERN - INV.NR. 47 218 Steg: Nußbaum (?). Eingelegter Sattel aus Eisendraht. B / S / H: 122 / 8 / 25 Untere Saitenbefestigung: Saitenaufhängung mittels 6 in die Unterzarge eingeschlagener Metallstifte. In die Decke eingelegter, leicht gebogener Untersattel aus Hartholz. Untersattel B / S / H: 90 / 13 / 17 Besaitung: 10 Saiten bzw. 6 Chöre (4 x 2 + 2 x 1), davon 7 Saiten aus Metalldraht und 3 Saiten metallumsponnen. Schwingende Saitenlänge: 383 ZUBEHÖR: Schraubcapotasto aus Obstbaumholz mit Lederbelag auf der Unterseite. Hölzerne Schraubenmutter; Schraube selber aus Eisen. ÜBERZUG: Sämtliche Corpusteile mit dunkelbraunem Lack auf rotbraunem Grund überzogen. Lack spröde und partiell abgesprungen, im Bereich der Reparaturstellen großflächig retuschiert. ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN: Das Instrument ist stark schadhaft. Decke, Boden und Zargen mehrfach gesprungen, zum Teil von innen und außen grob geflickt. Der Boden löst sich teilweise vom Zargenkranz ab. Wurmbefall im Bereich des Griff- und Wirbelbretts. Rosette nicht mehr vollständig mit dem Schallochrand verbunden. Steg nicht original, da alte Stegspuren sichtbar. PROVENIENZ: Aus der Sammlung H. Schumacher. Das Instrument ist im Fundortkatalog (S. 10) unter der Rubrik „Privaten, Händler“ genannt. Über Niklaus Lötsche(r), den Hersteller des Instruments, konnten in der Literatur keine Angaben gefunden werden. Die grobe, einfache Verarbeitung vorliegender Zister zusammen mit den Angaben auf dem Zettel spricht jedoch für eine Herkunft aus einer wahrscheinlich polnischen (möglicherweise ländlichen) Amateurwerkstatt. LITERATUR: - Schumacher: Handschriftlicher Katalog, Nr. 112, S. 141. Fundortkatalog Nr. 112, S. 10. - Vannes 1956, Nr. 31, S. 11. ZISTERN - INV.NR. 47 BILDNACHWEIS: Von li. nach re.: Vorder-, Seiten-, Rückgesamtansicht. 219 ZISTERN - INV.NR. 220 48 Inv.Nr. 48 Entlebucher Halszither (10 Saiten, 5 Chöre = 5 x 2) Entlebuch (Kanton Luzern), 1. Hälfte 19. Jahrhundert SIGNATUR: Keine Signatur vorhanden. CORPUS: Gedrungene tropfenförmige Corpusform. Wirbelbrett mit Zitherstiften. Sämtliche Corpusteile sind mit Abziehbildern versehen. Decke: einteilig. Ahorn in Radialschnitt mit leichter Flammung. Flach, mit geringem, stark beschädigtem Randüberstand. 4 größere Abziehbilder auf Decke, von denen jene, die diskantund baßseitig sowie unterhalb des Schallochs plaziert sind, üppige Blumenbouquets in Blumenvasen darstellen; das oberhalb des Schallochs angebrachte Bild beinhaltet einen in Spiegelschrift verrätselten, von einem Blüten- und Blätterkranz eingerahmten Spruch (Nicht das irdische // Vergnügen. // Nicht nach eitler Lust // zu siegen // Macht uns glücklich, macht // uns reich, // Uns ein Rosenkranz zu winden, // Unsere Freundschaft zu verbinden // Macht uns glücklich macht // uns wahren Engeln gleich.); unterhalb der Inschrift sind zwei sitzende, einander zugewandte Engelsgestalten abgebildet. Randdekoration ebenfalls aus einem Abziehbild bestehend, hier in Form eines breiten Streifens mit Pflanzenornamenten. Sternförmige (zwölfzackig), geschwärzte Rosette aus Karton eingesetzt; als Schallochzierrand Abziehstreifen mit Blütendekor. Zargen: Ahorn in Schwartenschnitt. Durchgehender Zargenverlauf am Unterklotz. Zargen am Oberklotz seitlich anliegend; Fuge von Zarge und Halsstock mit je einem gedrehten Halbsäulchen bedeckt. Vom Halsansatz zum Unterklotz hin abnehmende Zargenhöhe. 3 großflächige Abziehbilder (Tiger, Blumengirlande, Blumenbouquet) aufgebracht. Boden: einteilig. Material ebenfalls Ahorn. Flach, mit geringfügigem Randüberstand. Nach oben lang herausgezogenes Bodenblatt. Auch der Boden ist reich mit Abziehbildern verziert: in der Mitte befindet sich ein kreisförmiges Bild einer in einem Weingarten sich aufhaltenden Frauengestalt, das von zwei Kreisen umgeben ist; zwischen den beiden Kreisen ein Blätterkranz. Auf die untere Bodenhälfte sind halbkreisförmig 8 weitere kleinere Bildchen aufgebracht, die allesamt heimatliche Motive darstellen. Randornamentik wie Schallochumrandung. Zur Innenkonstruktion: Oberklotzgestaltung nicht ermittelt. Unterklotz flachrund, nicht auf dem Boden aufliegend. Innenreifchen an Decke und Boden vorhanden. Je eine Balkenkonstruktion mit Decken-, Boden- und Zargenverstärkungen ober- und unterhalb des Schallochs positioniert; Decken- und Bodenbalken in die Zargenauflagen eingelassen. Gesamt L: 635 (643) Decke L: 370 B (max.): 310 Randüberstand Decke: 3 Decke S: 1,4-1,9 Deckenmensur: 280 Zargen H: 80...61 Zargen S: 1,2-1,6 Boden L: 390 Randüberstand Boden: 4 Boden S: 1,3-2,0 Rosette : 72; Schallochlage v. o.: 191 MONTURTEILE: Hals und Wirbelbrett: Hals mit Wirbelbrett aus Ahorn in einem Stück. Hals in voller Griffbrettbreite. Auf dem massiven Halsstock ist ein weiteres, nicht mehr vollständig erhaltenes Abziehbild mit einer Landschaftsdarstellung angebracht. Das leicht nach hinten geneigte, oben verrundete Wirbelbrett weist 10 vorderständig angebrachte Zitherstifte aus Eisen auf. An der Oberkante des Wirbelbretts Lochbohrung zur Aufhängung. Halsmensur: 169 Hals S: 23 / 22 / 22 Wirbelbrett L: 109 ZISTERN - INV.NR. 48 221 Wirbelbrett größte B / kleinste B: 45 / 41 Wirbelbrett S: 24 Griffbrett und Obersattel: flaches, nur auf der Oberseite geschwärztes Griffbrett aus Ahorn, oberhalb des Obersattels und im unteren Abschnitt an Stärke abnehmend. 12 in das Griffbrett eingelegte, metallene Bünde. Obersattel aus Bein. Griffbrett L: 242 (270) Griffbrett B: 46...60 Bundabstände: 26 - 46 - 70 - 87 - 110 - 129 - 144 - 161 - 177 - 192 - 206 - 220 Steg: schwarz lackierter Steg mit eingelegtem Beinsattel. B / S / H: 100 / 17 / 25 Untere Saitenbefestigung: Die direkt über die Deckenkante verlaufenden Saiten sind an 5 unterständig eingeschlagenen Beinknöpfchen mit kugelförmigen Abschlüssen befestigt. Besaitung: Das Instrument ist für 10 Saiten (5 x 2 Chöre) konzipiert, von denen aktuell 4 Saiten aus Messingdraht, 3 aus Eisendraht und 2 metallumsponnen sind. Stimmung: nicht bekannt (bei Bachmann-Geiser 1981 ebenfalls nicht angegeben). Schwingende Saitenlänge: 446 ÜBERZUG: Am Corpus und am Hals samt Wirbelbrett gelb- bis orangefarbene Glanzlackierung; an Boden und Zargen deutliche Krakeleebildung. ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN: 1 Saite fehlt. Im Bereich des Steges ist die Decke stark eingesunken; ebenso hat sich die Bodenmitte leicht nach innen gewölbt. Die Ränder von Decke und Boden sind stark beschädigt. An der Unterzarge befindet sich im Bereich des Unterklotzes ein zugebuchstes Loch, das ursprünglich einem Anhängeknöpfchen Raum bot. Abnutzungsspuren im Stegbereich weisen auf eine Stegauswechslung in neuerer Zeit hin. PROVENIENZ: Aus der Sammlung H. Schumacher. Vorliegendes Instrument erwarb Schumacher laut Fundortkatalog (S. 9) von einer Privatperson bzw. von einem Händler aus Luzern. Es besteht kaum Zweifel, daß das vorliegende Instrument auch im Raum Luzern (Entlebuch) hergestellt worden ist, da es sich durch seine charakteristischen Merkmale wie die Abziehbilder auf dem Corpus, die gelb-orangefarbene Lackierung und das Wirbelbrett mit Zitherstiften und ferner durch seine Abmessungen klar als Entlebucher Halszither klassifizieren läßt.1 LITERATUR: - Schumacher: Handschriftlicher Katalog, Nr. 99, S. 133/134. Fundortkatalog Nr. 99, S. 9. - Vannes 1956, Nr. 23, S. 10. 1 Weitere Informationen zu diesem Zisterntyp bei Bachmann-Geiser 1981, S. 60ff. ZISTERN - INV.NR. 48 BILDNACHWEIS: Von li. nach re.: Vorder-, Seiten-, Rückgesamtansicht. 222 ZISTERN - INV.NR. 223 49 Inv.Nr. 49 Zister (10 Saiten, 6 Chöre = 2 x 1 + 4 x 2) Schweiz oder England (?), vermutlich 1811 SIGNATUR: Am Unterende des Griffbretts sind aus Messing die Initialen H und I eingelegt; zwischen den Buchstaben ein Ornament mit Kreuz eingelassen. In die baßseitige Oberzarge nahe des Halsstocks ist die Zahl 1811 geritzt. CORPUS: Schlankes tropfenförmiges Corpus mit langem Hals, der nur diskantseitig unter dem Griffbrett ausgearbeitet ist. Decke: zweiteilig (?). Fichte mit feinen, zu den Rändern hin mittelbreiten Jahresringen. Flach, ohne Randüberstand. Entlang des Randes ist ein dünner Adergraben eingeritzt, der mit schwarzer Farbe ausgefüllt ist. Eingeleimte Rosette aus dickem Karton, aus dem in symmetrischer Anordnung verrundete Ornamente ausgeschnitten sind; Rosette bis auf einen äußeren, geschwärzten Ring in grauer Farbe. Zargen: schlichter Ahorn. Zweigeteilter Zargenverlauf; in die Fuge über dem Unterklotz geschwärzter Span eingesetzt. Zargen am Oberklotz seitlich angelegt; Fuge von Zarge und Halsstock mit geschwärzten, dreifach gekanteten Profilleistchen bedeckt. Vom Halsansatz zum Unterklotz hin deutlich abnehmende Zargenhöhe. Boden: einteilig. Material wie Zargen. Flach, ohne Randüberstand. Randgestaltung wie Decke. Nach oben lang herausgezogenes, verrundetes Bodenblatt. Zur Innenkonstruktion: an der Unterseite ausgehöhlter Oberklotz. Flacher, eckiger Unterklotz. Boden mit 2 senkrecht untereinander stehenden Paßstiften am Oberklotz fixiert. Schmale, dünne Bodenreifchen; Deckenreifchen konnten nicht ermittelt werden. Oberhalb des Schallochs und im Stegbereich je eine Balkenkonstruktion (mit Boden-, Decken- und Zargenbalken auf gleicher Höhe). Gesamt L: 820 Decke L: 375 B (max.): 260 Decke S: 2,5-3,3 Deckenmensur: 263 Zargen H: 72...50 Zargen S: 2,2-2,3 Boden L: 407 Boden S: 2,8-3,1 Rosette : 70; Schallochlage v. o.: 150 MONTURTEILE: Hals und Wirbelkasten: Hals mit Wirbelkasten aus einem Stück schwarz lackierten, nicht identifizierten Holzes. Der Hals ist nur der diskantseitigen Griffbretthälfte unterlegt.1 Der leicht s-förmig geschwungene Wirbelkasten endet in einer abgeschrägten Fläche, auf der ursprünglich eine Kopfplatte o.ä. befestigt gewesen sein muß. 10 schwarz lackierte, seitenständig befestigte Wirbel mit Endknöpfchen, einheitliches Aussehen. In den oberen Teil der Wirbelkastenhinterwand ist zum Zwecke der Aufhängung ein Loch eingebohrt. Halsmensur: 255 Hals S: 28 / 28 / 30 Wirbelkasten L: 200 Wirbelkasten B innen: 13...31, außen: 25...41 Griffbrett und Obersattel: flaches, geschwärztes Griffbrett, das oben mit 2 schmalen Verlängerungen auf den Wirbelkastenvorderkanten aufliegt; Klammerprofil am Unterende. 16 in das Griffbrett eingelegte Bünde aus Messing, wobei der 15. Bund nur für die beiden 1 Die baßseitige Aussparung des Halses ist ein häufig vorkommendes Charakteristikum der Zistern. Sie ermöglicht ein sicheres Auf- und Abrutschen des linken Daumens und erleichtert somit schnelle Lagenwechsel (Wackernagel 1997, S. 55). ZISTERN - INV.NR. 49 224 oberen Chöre und der 16. Bund nur für den obersten Chor ausgearbeitet ist. 7 Lochbohrungen zur Aufnahme eines Capotasto, jeweils vor dem 1.-7. Bund. Obersattel aus Bein. Griffbrett L (max.): 358 (387) Griffbrett B: 44...51 Griffbrett S (ohne Hals): 6 / 6 / 5 Bundabstände: 30 - 52 - 77 - 98 - 120 - 142 - 160 - 178 - 195 - 211 - 227 - 241 - 257 - 271 - 284 - 295 Steg: aus Hartholz. Hoher Beinsattel aufgesetzt. B / S / H: 65 / 8 / 25 Untere Saitenbefestigung: Saitenaufhängung mittels 5 in die Unterzarge eingeschlagener Haken. Zum Schutz der Decke ist auf die Deckenunterkante ein Stück dicker Eisendraht gelegt. Besaitung: 10 Saiten bzw. 6 Chöre, davon 4 x 2 Saiten aus Messing- bzw. Eisendraht und 2 x 1 Saiten aus Messingdraht bzw. metallumsponnen. Schwingende Saitenlänge: 510 ÜBERZUG: Corpus und Hals samt Wirbelkasten mit mittelbraunem Überzug versehen. ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN: Wirbelkastenabschluß fehlend. Kein Capotasto vorhanden. Deckenriß im baßseitigen Randbereich. Decke an den Rändern partiell nicht mehr schließend. Die Innenreifchen haben sich teilweise gelöst und liegen im Corpus als lose Teile vor. Wurmbefall an Griffbrett und Decke. PROVENIENZ: Aus der Sammlung H. Schumacher. Vorliegendes Instrument erwarb Schumacher laut Fundortkatalog (S. 9) von einer Privatperson bzw. von einem Händler aus „Trippelkorn“. Vannes 1956 (S. 11) vermutet aufgrund der Initialen H und I eine englische Herkunft der Zister, indem er sie dem Instrumentenmacher Henry Ingram aus Edinburgh zuschreibt, zu dem in der Literatur jedoch keine Angaben zu finden sind. Möglich wäre es aber auch, daß die Initialen auf dem Griffbrett eine Widmung an den Auftraggeber bzw. Spieler der Zister waren und nicht in Verbindung mit dem Erbauer stehen. Die eingeritzte Zahl an der baßseitigen Oberzarge ist mit großer Wahrscheinlichkeit eine Jahreszahl und gibt den Entstehungszeitpunkt des Instruments wieder. LITERATUR: - Schumacher: Handschriftlicher Katalog, Nr. 96, S. 132. Fundortkatalog Nr. 96, S. 9. - Vannes 1956, Nr. 32, S. 11. ZISTERN - INV.NR. 49 225 BILDNACHWEIS: Von li. nach re. bzw. von oben nach unten: Vorder-, Seiten-, Rückgesamtansicht, Intarsie mit Initialen am Griffbrettunterende, Jahreszahl-Einritzung an baßseitiger Oberzarge. ZISTERN - INV.NR. 226 50 Inv.Nr. 50 Emmentaler Halszither (9 Saiten, 5 Chöre = 1 x 1 + 4 x 2) Abraham Kauer (?), Schweiz, Mitte 19. Jahrhundert SIGNATUR: Keine Signatur vorhanden. CORPUS: Tropfenförmiges Corpus. Mechanische Stimmung mittels einer Schraubvorrichtung (Preston’s machine). Decke: einteilig. Feinjährige Fichte. Flach, ohne Randüberstand. Randverzierung in Form eines grün bzw. rot aufgemalten, dünneren Streifens. Dreifach nach unten vertiefte Rosette aus Pergament, aus der konzentrische Verzierungen ausgestochen sind; unterste Ebene rot, die zwei obersten goldgelb bemalt. Die Rosette ist von einem erhabenen, schwarz lackierten Holzring eingerahmt. Um das Schalloch herum sind großflächig Weinranken aufgemalt. Zargen: Ahorn in Radialschnitt mit enger, regelmäßiger Flammung. Zweigeteilter Zargenverlauf am Unterklotz. Zargen am Oberklotz seitlich angelegt; Fuge von Zarge und Halsstock mit halbrunden, im Mittelteil achtfach gerillten Säulchen bedeckt, darauf Reste von schwarzer Farbe sichtbar. Vom Halsansatz zum Unterklotz hin abnehmende Zargenhöhe. Zargenkranz mit 6 aufschablonierten Blumenornamenten in gelblicher Farbe verziert. Boden: einteilig. Pappel (?). Flach, ohne Randüberstand. Nach oben lang herausgezogenes Bodenblatt. Keine Randverzierung vorhanden. Zur Innenkonstruktion: Ober- und Unterklotzgestaltung aufgrund schlechter Sichtverhältnisse nicht ermittelt. Boden mit je 1 Paßstift an Unter- und Oberklotz genagelt. Kräftige Innenreifchen an Decke und Boden vorhanden. 2 Balkenkonstruktionen mit Decken-, Bodenund Zargenverstärkungen ober- und unterhalb des Schallochs. Gesamt L: 684 (698) Decke L: 400 B (max.): 297 Decke S: k.M. Deckenmensur: 290 Zargen H: 73...55 Zargen S: k.M. Boden L: 410 Boden S: k.M. Rosette : 95; Schallochlage v. o.: 178 MONTURTEILE: Hals und Wirbelbrett: Hals und Wirbelbrett aus einem Stück nicht identifizierten Holzes. Hals in voller Griffbrettbreite. An der Halsrückseite ist ein mit 6 Nägeln fixierter Eisenbeschlag in länglicher, rechteckiger Form angebracht. Dem leicht nach hinten geneigten Wirbelbrett ist zur oberen Saitenbefestigung ein Messingbeschlag mit integrierter Preston’s machine aufgesetzt: Gestimmt werden die Saiten mittels 9 kleiner Metallstifte, die auf senkrecht positionierten Schrauben sitzen und durch Schlitze nach außen geführt sind, wo sie die Saiten aufnehmen. Die Schrauben ragen oberständig aus der Wirbelbrettoberseite hervor, so daß sie dort mit Hilfe eines Schlüssels gedreht und die an die Stifte gehängten Saiten gespannt werden können. Eine derartige Stimmechanik findet man hauptsächlich bei der English guitar vor, einer aus England stammenden Zisternart, die in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts aufgrund ihrer simplen Stimmung (c-e-gg-c’c’-e’e’-g’g’) besonders in der englischen Damenwelt der Oberschicht sehr beliebt war und dort zum großen Teil Theorbe, Laute und sogar Cembalo verdrängen konnte. Vorliegende Schraubenmechanik ist nach ihrem Erfinder J.N. Preston aus London benannt, der sie um 1760/70 einführte. In die Oberkante des Wirbelbretts ist ein metallener Haken zur Aufhängung eingeschlagen. Halsmensur: 200 Hals S: 22 / 22 / 25 Wirbelbrett L: 75 Wirbelbrett größte B / kleinste B: 49 / 42 Wirbelbrett S: 37 ZISTERN - INV.NR. 50 227 Griffbrett und Obersattel: flaches, geschwärztes Griffbrett, nach unten in der Stärke abnehmend; Klammerprofil am Unterende. 15 in das Griffbrett eingelegte Bünde aus Messing, Bund 13-15 diskantseitig sukzessive verkürzt. Obersattel aus Bein. Griffbrett L (max.): 327 Griffbrett B: 48...54 Bundabstände: 29 - 55 - 80 - 104 - 126 - 147 - 168 - 187 - 205 - 222 - 238 - 252 - 265 - 279 - 290 Steg: aus nicht identifiziertem Holz. B / S / H: 80 / 6 / 26 Untere Saitenbefestigung: unterständige Saitenaufhängung mittels 8 in den Unterklotz eingeschlagener Eisenstifte. In den Deckenrand eingelassener Untersattel aus Bein. Untersattel B: 57 Besaitung: Das Instrument ist für 9 Saiten (1 x 1 + 4 x 2) konzipiert, von denen aktuell 4 Saiten aus Messing-, 4 aus Eisendraht bestehen und 1 metallumsponnen ist. Stimmung: Für die Emmentaler Halszither sind zwei Stimmungen überliefert (nach Bachmann-Geiser 1981, S. 61): c-gg-c’c’-e’e’-g’g’ und D- BB - DD - FisFis - BB Schwingende Saitenlänge: 492 ÜBERZUG: Decke gelblich-braun, die restlichen Teile braunorange lackiert. Am gesamten Corpus deutliche Lackschäden. ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN: Corpus schadhaft durch Deckenrisse und stellenweise Ablösung des Bodens vom Zargenkranz. Wurmbefall an Zargen, Boden, Griffbrett und am Hals mit Wirbelbrett. Allgemeiner Lackverlust, die Zargen- und Deckenrandbemalung partiell stark verblaßt. Griffbrett im oberen Diskantbereich deutlich abgegriffen. PROVENIENZ: Aus der Sammlung H. Schumacher. Vorliegendes Instrument erwarb Schumacher laut Fundortkatalog (S. 9) von einer Privatperson bzw. von einem Händler aus Luzern. Trotz Schraubenstimmvorrichtung nach englischem Vorbild kann eine englische Herkunft bzw. die Verwendung als English guitar ausgeschlossen werden, da Saiten- und Bundanzahl, Mensurverhältnisse sowie Zargenverlauf nicht übereinstimmen (die English guitar ist mit 10 Saiten und 12 Bünden in der Anordnung 2 x 1 + 4 x 2 ausgestattet, hat eine durchschnittliche schwingende Saitenlänge von 420 mm und weist eine zum Hals hin abnehmende Zargenhöhe auf). Vielmehr ähnelt die Zister mit ihren Verzierungen und Abmessungen dem Schweizer Typus der Emmentaler Halszither. Möglicherweise stammt das Instrument von dem Zisternmacher Abraham Kauer (1794-1875) aus Dürrenroth (Kanton Bern), dessen Instrumente durch eine gelbe Deckenlackierung und handgemalte Rosen- oder Laubblätterkränze um die Rosette herum auffallen.1 LITERATUR: - Schumacher: Handschriftlicher Katalog, Nr. 100, S. 134. Fundortkatalog Nr. 100, S. 9. - Vannes 1956, Nr. 33, S. 11. 1 Vgl. Bachmann-Geiser 1981, S. 61. ZISTERN - INV.NR. 50 228 BILDNACHWEIS: Von li. nach re. bzw. von oben nach unten: Vorder-, Seiten-, Rückgesamtansicht, Rosette, Wirbelbrett mit Preston’s machine. ZISTERN - INV.NR. 229 51 Inv.Nr. 51 Zister (10 Saiten, 5 Chöre = 5 x 2) Schweiz, 1. Hälfte 19. Jahrhundert SIGNATUR: Keine Signatur vorhanden. CORPUS: Primitiv gearbeitetes Instrument. Tropfenförmiges Corpus mit geringem Randüberstand; leicht unregelmäßiger (baßseitig stärker ausgebuchteter) Corpusumriß. Decke: einteilig. Grobjährige Fichte. Flach, mit leicht überstehendem, unregelmäßig gearbeitetem Randüberstand. Breiter, mit dunkelroter Farbe aufgetragener Zierrand, der an der Innenseite halbkreisförmig geschwungen ausgearbeitet ist. In das mit einem ebenfalls roten Rand umgebene Schalloch ist eine geschwärzte Rosette aus Karton eingesetzt; das perforierte Muster ist innen einem vierblättrigen Kleeblatt nachempfunden, das von einer sichel- bzw. halbkreisförmigen Ornamentik umgeben ist. Zargen: Fichte mit breiten Jahresringen. Durchgehender Zargenverlauf am Unterklotz. Annähernd konstante Zargenhöhe. Vom Halsansatz zum Unterklotz hin leichte Zunahme der Zargenhöhe. Boden: einteilig. Wie Decke und Zargen aus grobjähriger Fichte. Flach, mit geringem Randüberstand. Keine Randeinlage vorhanden. Zur Innenkonstruktion: der an seiner Unterseite ausgenommene Oberklotz mit Hals und Wirbelkasten in einem Stück; Zargen in den Oberklotz eingelassen. Unterklotz in Form eines flachen, rechteckigen Holzbrettchens, das mit einem Nagel an der Unterzarge fixiert ist. Boden zusätzlich mit 1 Paßstift am Oberklotz befestigt. Nur Deckenreifchen vorhanden. Auf Steghöhe je ein Querbalken an Decke und Boden, die einander gegenüberliegen und stumpf an Zargenverstärkungen enden; Boden- und Deckenbalken durch einen dünnen, senkrecht im Corpus stehenden Balken abgestützt, der mittig direkt unter dem Steg plaziert ist. Deckenlängsbalken, von Balkenkonstruktion bis Unterklotz verlaufend. Oberhalb des Schallochs ist ein weiterer Deckenquerbalken eingesetzt. Gesamt L: 820 (826) Decke L: 370 B (max.): 315 Randüberstand Decke: 2 Decke S: 2,5-3,3 Deckenmensur: 260 Zargen H: 70...74 Zargen S: 4,5-5,0 Boden L: 415 Randüberstand Boden: 2 Boden S: 2,6-3,3 Rosette : 95; Schallochlage v. o.: 127 MONTURTEILE: Hals und Wirbelkasten: Hals und Wirbelkasten aus einem Stück nicht identifizierten Holzes. Flachrunder Hals in voller Griffbrettbreite. Halsstock auffallend hoch gearbeitet. Der nur ansatzweise s-förmig geschwungene Wirbelkasten endet in einem einfach geschnitzten, hundeähnlichen Tierkopf, dessen Gesicht rot bemalt ist. Ebenso sind die Wirbelkastenvorderkanten mit roter Farbe bedeckt. 10 seitenständige Steckwirbel aus Obstholz in uneinheitlicher Form, davon 7 in roher, sich in der Formgebung ähnelnder Ausführung und 3 völlig unterschiedlich gestaltet. Oberhalb der Wirbel ist quer durch die Wirbelkastenhinterwand ein Loch gebohrt, um eine Aufhängung des Instruments zu ermöglichen. Halsmensur: 255 Hals S: durchgehend 22 Wirbelkasten L: 180 Wirbelkasten B innen: 24...29, außen: 35...41 Kopf B: 35 ZISTERN - INV.NR. 51 230 Griffbrett und Obersattel: flaches, geschwärztes Griffbrett, nach unten in der Stärke gleichmäßig abnehmend, oben mit 2 schmalen Verlängerungen auf den Wirbelkastenvorderkanten aufliegend. Griffbrett zwar nicht auf Decke aufliegend, aber mit sehr geringem Abstand über dieser angebracht. Einfaches Klammerprofil am Griffbrettende. Unterhalb des Obersattels und nach dem 9. Bund ist je 1 grober Paßstift zur Befestigung des Griffbretts auf dem Hals bzw. Oberklotz eingeschlagen. 14 eingelegte Bünde aus Messing, Bund 12-14 diskantseitig sukzessive verkürzt. Obersattel aus Horn. Griffbrett L (max.): 345 (390) Griffbrett B: 41..52 Bundabstände: 29 - 54 - 81 - 105 - 130 - 153 - 170 - 191 - 208 - 225 - 240 - 256 - 273 - 286 Steg: geschwärzter Steg mit eingelassenem Eisensattel. B / S / H: 92 / 6 / 20 Untere Saitenbefestigung: der Anzahl der Chöre entsprechend 5 eiserne, hakenförmige Stifte, die in den Unterklotz eingeschlagen sind. Zum Schutz des Deckenrandes ist ein dicker Lederstreifen in der Funktion eines Untersattels aufgelegt. Untersattel B: 73 Besaitung: 10 Saiten in der Anordnung von 5 Doppelchören aus Messing- und Eisendraht, unterste Saite umsponnen. Schwingende Saitenlänge: 510 ÜBERZUG: Auf Boden, Zargen und im Halsbereich dicker, teilweise stark geronnener, dunkelbrauner Lack aufgetragen. Decke mit einem etwas helleren Überzug versehen. ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN: Außer einem kleinen Riß in der Decke und einer beginnenden Ablösung des Bodens im Unterzargenbereich sind keine gravierenden Schäden feststellbar. Die 3 in der Form abweichenden Wirbel sind in späterer Zeit ersetzt worden. Die deutlichen Abnutzungsspuren im diskantseitigen, mittleren Griffbrettbereich lassen auf einen regen Gebrauch der Zister schließen. PROVENIENZ: Aus der Sammlung H. Schumacher. Der Erwähnung im Fundortkatalog nach (S. 9) hat Schumacher vorliegende Zister von einem Händler bzw. von einer Privatperson aus Luzern erworben. Die rohe, unsorgfältige Bauweise (asymmetrische Umrißlinie, erhebliche Stärke der Corpusteile) und die Verwendung von Fichtenholz für Boden und Zargen (üblich ist Ahornholz) läßt die Vermutung zu, daß dieses Instrument von einem Laien gefertigt wurde, der weniger auf verarbeitende und optische Kriterien als auf die Spielbarkeit seines Instruments Wert legte. LITERATUR: - Schumacher: Handschriftlicher Katalog, Nr. 97, S. 133. Fundortkatalog Nr. 97, S. 9. - Vannes 1956, Nr. 28, S. 11. ZISTERN - INV.NR. 51 231 BILDNACHWEIS: Von li. nach re. bzw. von oben nach unten: Vorder-, Seiten-, Rückgesamtansicht, Wirbelkasten mit Kopf. ZISTERN - INV.NR. 232 52 Inv.Nr. 52 Toggenburger Halszither (13 Saiten, 5 Chöre = 1 x 1 + 4 x 3) Toggenburg (Kanton St. Gallen), 1. Hälfte 19. Jahrhundert SIGNATUR: Keine Signatur vorhanden. CORPUS: Großmensuriertes Instrument mit tropfenförmigem Corpus. Decke mit 3 Schallöchern und Saitenhalter ausgestattet. Decke: einteilig. Fichte mit feinen Jahresringen. Flach, ohne Randüberstand. Doppelte, aufgemalte Randader. Rosette aus bronziertem Karton eingesetzt, aus der in konzentrischer Anordnung tropfen-, keil- und hakenförmige Muster ausgeschnitten sind. Beidseitig des Steges in die Decke gestochene rosettenartige Muster, bei denen 1 Lochbohrung von 6 kreisförmig angeordneten, tropfenförmigen Löchern umgeben ist. Randdekoration der Schallöcher in Form von gemalten, geometrischen Tuscheornamenten. Zargen: stark geflammter Ahorn in Radialschnitt. Zweigeteilter Zargenverlauf am Unterklotz. Beidseitig des Oberklotzes gedrechselte und geschwärzte Halbsäulchen aus Fichte angebracht. Vom Halsansatz zum Unterklotz hin abnehmende Zargenhöhe. Boden: zweiteilig. Ahorn in Schwartenschnitt. Flach, ohne Randüberstand. Randornamentik wie Decke. Auf Höhe des Oberklotzes ist ein doppellinig aufgemalter Stern in einem ebenfalls doppellinig gestalteten Kreis aufgebracht. Eine weitere zweilinige Verzierung am Unterklotz: 4 übereinander angeordnete Halbkreise, wobei der oberste nochmals in sich aus kleinen, ineinander verschlungenen Halbkreisen besteht. Zur Innenkonstruktion: Hals vermutlich stumpf auf den separaten Oberklotz geleimt. Zusätzlich zur Verleimung 4 Paßstifte am Zusammenstoß der Zargen über dem Unterklotz eingeschlagen. Die weitere Innengestaltung konnte bis auf eine Balkenkonstruktion zwischen Saitenhalter und Steg (Decken- und Bodenbalken sowie Zargenverstärkungen) nicht ermittelt werden. Gesamt L: 990 (1005) Decke L: 450 B (max.): 322 Decke S: 1,0-1,6 Deckenmensur: 300 Zargen H: 88...78 Zargen S: <1 Boden L: 445 Boden S: 1,0-1,6 Rosette groß : 80; Schallochlage v. o.: 168 Rosetten klein : 52; Schallochlage v. o.: 270 MONTURTEILE: Hals und Wirbelkasten: Hals mit Wirbelkasten aus Ahorn in einem Stück. Hals in voller Griffbrettbreite. Sockelförmig ausgearbeiteter Halsstock. Hals geht in einen leicht s-förmig geschwungenen Wirbelkasten über, der in einer aufgesetzten, runden, gedrechselten Kopfplatte mit Mitteldorn ausläuft; Kopfplatte schwarz lackiert. 13 (davon 7 baßseitig und 6 diskantseitig angebracht) seitenständige, geschwärzte Wirbel, die seitlich einfach gekerbt und mit Endknöpfchen versehen sind. Unterhalb des ersten Wirbels seitenständige Bohrung vorhanden. Halsmensur: 220 Hals S: durchgehend 23 Wirbelkasten L: 317 Wirbelkasten B innen: 13...27, außen: 24...45 Kopfplatte : 42 Griffbrett und Obersattel: flaches, geschwärztes Griffbrett aus Ahorn, im oberen Bereich auf die Decke geleimt, oberhalb des Obersattels verlängert und auf dem Wirbelkasten aufliegend. Klammerprofil am Griffbrettende. Unterer Teil des Griffbretts mit aufschablonierten ZISTERN - INV.NR. 52 233 Goldrosen verziert. 12 in das Griffbrett eingelegte Bünde aus Messing. Vor dem 1.-6. Bund 6 Lochbohrungen zur Aufnahme eines Capotasto. Obersattel ebenfalls aus Messing. Griffbrett L (max.): 370 (414) Griffbrett B: 46...53 Bundabstände: 29 - 55 - 80 - 104 - 127 - 148 - 168 - 187 - 204 - 221 - 236 - 251 Steg: schwarz lackierter Steg mit eingelegtem Messingsattel. B / S / H: 100 / 7 / 18 Untere Saitenbefestigung: Die Saitenaufhängung erfolgt durch Eisenhaken, die an einem flachen, schwarz gebeizten Saitenhalter eingehängt sind. Befestigung des geschweiften Saitenhalters mittels eines dicken Eisendrahts an einem unterständigen Sattelknopf. Auf dem Saitenhalter, entsprechend dem Griffbrett, Blumenornamente in goldener Farbe aufgemalt. Kein Untersattel vorhanden. Saitenhalter L: 100 Saitenhalter größte B / kleinste B: 60 / 35 Besaitung: Das Instrument ist für 13 Saiten (1 x 1 + 4 x 3 Chöre) konzipiert, von denen aktuell 3 Saiten aus Messing-, 6 aus Eisendraht und die 4 unteren metallumsponnen sind. Stimmung: c-ggg-c’c’c’-e’e’e’-g’g’g’ (nach Bachmann-Geiser 1981, S. 61) Schwingende Saitenlänge: 520 ÜBERZUG: Orange-hellbrauner Überzug; am Hals und an den Griffbrettseiten Reste eines dunkelbraunen Lacks erkennbar. ZUBEHÖR: Schraubcapotasto aus Messing mit Flügelmutter. Messingriegel mit rotem Filz unterlegt. ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN: Mehrere grobe Deckenrisse. Diskantseitiges Säulchen am Oberklotz in beginnender Ablösung. An Ober- sowie Unterseite des Halses bzw. Griffbrettes deutliche Abnutzungsspuren durch Capotasto. Bis auf den Steg und 1 Wirbel (schwarz lackiert mit Beinknöpfchen) scheint das Instrument in originalem Zustand vorzuliegen. PROVENIENZ: Aus der Sammlung H. Schumacher. Vorliegendes Instrument erwarb Schumacher laut Fundortkatalog (S. 9) von einer Privatperson bzw. von einem Händler aus Appenzell. Es ist anzunehmen, daß es dort auch hergestellt worden ist. Die Toggenburger Halszither (oder Appenzeller Halszither, wie sie bei Schumacher und Vannes 1956 genannt wird) wurde ab Ende des 18. Jahrhunderts in Toggenburg bzw. Appenzell und Umgebung gebaut, kam aber bereits um 1900 wieder außer Gebrauch. Diese stets unsigniert gebliebene Zisternart weist in ihren Stil- und Formelementen (mit ca. 1000 mm Länge auffallend groß; 3 Schallöcher; untere Saitenbefestigung an einem Saitenhalter; Drei- bis Vierchörigkeit; runde, gedrechselte Kopfplatte als Wirbelkastenabschluß; gemalte Tuscheornamente auf den Corpusteilen)1 kaum Schwankungen auf, so daß vorliegendes Exemplar sicher eingeordnet werden konnte. LITERATUR: - Schumacher: Handschriftlicher Katalog, Nr. 95, S. 131. Fundortkatalog Nr. 95, S. 9. - Vannes 1956, Nr. 24, S. 10. 1 Vgl. Bachmann-Geiser 1981, S. 62. ZISTERN - INV.NR. 52 BILDNACHWEIS: Von li. nach re.: Vorder-, Seiten-, Rückgesamtansicht. 234 ZISTERN - INV.NR. 235 53 Inv.Nr. 53 Toggenburger Halszither (13 Saiten, 5 Chöre = 1 x 1 + 4 x 3) Toggenburg (Kanton St. Gallen), 1. Hälfte 19. Jahrhundert SIGNATUR: Keine Signatur vorhanden. CORPUS: Das Instrument ist bis auf kleinere Details mit Inv.Nr. 53 identisch. Decke: einteilig. Fichte mit sehr feinen Jahresringen. Flach, ohne Randüberstand. Doppelte, aufgemalte Randader. Rosette aus (von innen nach außen) gelb, grün und schwarz gefärbtem Karton, aus dem in konzentrischer Anordnung tropfen-, keil- und hakenförmige Muster ausgeschnitten sind. Beidseitig des Steges jeweils eine aus der Decke gestochene Schallochgruppe, bestehend aus jeweils 1 runden Lochbohrung, die von 6 kreisförmig angeordneten tropfenförmigen Löchern umgeben ist. Randdekoration der Schallöcher in Form von aufgemalten Doppellinien (kleine Schallöcher) bzw. einem Tuscheornament aus einander überschneidenden Halbkreisen (großes Schalloch). Zargen: deutlich geflammter Ahorn in Radialschnitt. Zweigeteilter Zargenverlauf am Unterklotz. Beidseitig des Oberklotzes gedrechselte und geschwärzte Halbsäulchen angebracht. Vom Halsansatz zum Unterklotz hin abnehmende Zargenhöhe. Boden: zweiteilig. Ahorn mit starker Flammung in Radialschnitt. Flach, ohne Randüberstand. Randornamentik wie Decke. Auf Höhe des Oberklotzes ist ein doppellinig aufgemalter Stern in einem ebenfalls doppellinig gestalteten Kreis aufgebracht. Eine weitere zweilinige Verzierung am Unterklotz: 4 übereinander angeordnete Halbkreise, wobei der oberste nochmals in sich aus kleinen, einander überschneidenden Halbkreisen besteht. Zur Innenkonstruktion: Hals vermutlich stumpf auf den separaten Oberklotz geleimt. Zusätzlich zur Verleimung 4 Paßstifte an der Zargenfuge über dem Unterklotz eingeschlagen. Ober- und unterhalb des großen Schallochs je eine Balkenkonstruktion, wobei Decken- und Bodenbalken in die Zargenverstärkungen eingelassen sind. Weitere Konstruktionsmerkmale des Corpusinnern konnten nicht ermittelt werden. Gesamt L: 987 (994) Decke L: 455 B (max.): 322 Decke S: 1,1-1,8 Deckenmensur: 300 Zargen H: 93...74 Zargen S: <1,2 Boden L: 447 Boden S: 1,5-2,5 Rosette groß : 84; Schallochlage v. o.: 170 Rosetten klein : 39; Schallochlage v. o.: 290 MONTURTEILE: Hals und Wirbelkasten: Hals mit Wirbelkasten aus einem Stück nicht identifizierten Laubholzes. Hals in voller Griffbrettbreite. Sockelförmig ausgearbeiteter Halsstock. Hals geht in einen s-förmig geschwungenen Wirbelkasten über, der in einer runden, gedrechselten, schwarz lackierten Kopfplatte mit Mitteldorn ausläuft. 13 (davon 7 baßseitig und 6 diskantseitig angebracht) seitenständige, geschwärzte Wirbel, die überwiegend seitlich einfach gekerbt und mit Endknöpfchen versehen sind. Unterhalb des ersten Wirbels seitenständige Bohrung zur Aufhängung vorhanden. Halsmensur: 215 Hals S: 27 / 25 / 27 Wirbelkasten L: 218 Wirbelkasten B innen: 10...30, außen: 24...41 Kopfplatte : 40 Griffbrett und Obersattel: flaches, auf der Oberseite geschwärztes Griffbrett aus Ahorn, auf Höhe des Oberklotzes auf die Decke geleimt; oberhalb des Obersattels verlängert und auf dem Wirbelkasten aufliegend. Klammerprofil am Griffbrettende. Unterer Teil des Griffbretts mit ZISTERN - INV.NR. 53 236 bunten Pflanzenornamenten bemalt (typische Toggenburger Malerei). 12 in das Griffbrett eingelegte Bünde aus Messing. Vor dem 1.-4. Bund 4 Lochbohrungen zur Aufnahme eines Capotasto. Obersattel ebenfalls aus Messing. Griffbrett L (max.): 365 (407) Griffbrett B: 43...58 Bundabstände: 30 - 57 - 82 - 106 - 129 - 150 - 170 - 189 - 206 - 223 - 237 - 254 Steg: schwarz lackierter Steg, mit roter und grüner Ornamentik bemalt. Eingelassener Sattel aus Metall. B / S / H: 103 / 8 / 26 Untere Saitenbefestigung: Die Saitenaufhängung erfolgt durch eiserne Haken, die an einem flachen, schwarz gebeizten Saitenhalter eingehängt sind. Befestigung des geschweiften Saitenhalters mittels eines dicken Eisendrahts an einem unterständigen, schwarz lackierten Sattelknopf. Verzierung des Saitenhalters in gleicher Machart wie Griffbrettbemalung. Kein Untersattel vorhanden. Saitenhalter L: 97 Saitenhalter größte B / kleinste B: 60 / 31 Besaitung: Das Instrument ist für 13 Saiten (1 x 1 + 4 x 3 Chöre) konzipiert, von denen aktuell 2 Saiten aus Messing-, 9 aus Eisendraht und die 2 unteren metallumsponnen sind. Stimmung: c-ggg-c’c’c’-e’e’e’-g’g’g’ (nach Bachmann-Geiser 1981, S. 61) Schwingende Saitenlänge: 510 ÜBERZUG: Auf dem Corpus orangebrauner Lack, der am Boden stark abgenützt ist. Hals und Wirbelkasten mit hellerem Lack überzogen. Griffbrettseitenränder dunkelbraun lackiert. ZUBEHÖR: Schraubcapotasto aus Messing mit Flügelmutter. ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN: Leichte Deckenrisse. Boden löst sich an mehreren Stellen vom Zargenkranz. 1 Wirbel erscheint in abweichender Form und dürfte daher aus neuerer Zeit stammen. PROVENIENZ: Aus der Sammlung H. Schumacher. Im Fundortkatalog desselben (S. 9) ist dieses Instrument in der Rubrik „Privaten, Händlern“ ohne weitere Angaben genannt. Zum Typus der Toggenburger Halszither siehe Inv.Nr. 53. LITERATUR: - Schumacher: Handschriftlicher Katalog, Nr. 108, S. 134. Fundortkatalog Nr. 108, S. 9. - Vannes 1956, Nr. 25, S. 10. ZISTERN - INV.NR. 53 237 BILDNACHWEIS: Von li. nach re. bzw. von oben nach unten: Vorder-, Seiten-, Rückgesamtansicht, Schraubcapotasto am Hals. ZISTERN - INV.NR. 238 54 Inv.Nr. 54 Zister (10 Saiten, 5 Chöre = 5 x 2) Italien oder Schweiz, um 1900 SIGNATUR: Auf Bodenmitte Brandstempel: Schriftzug LA FAVORITA, darunter Stern und zwei Blätter in Form eines halben Lorbeerkranzes. Brandstempel auf dem Kopf stehend. CORPUS: Grob gearbeitetes Instrument mit birnenförmigem Corpus ohne Randüberstand, im mittleren Flankenbereich gerade geschnitten. Wirbelkasten in Form eines rechteckigen Rahmens. Mit Schraubcapotasto1. Decke: einteilig, unregelmäßiger Umriß. Fein- bis grobjährige Fichte mit teilweise sehr schräg und wellig verlaufenden Jahresringen. Flach, ohne Randüberstand. Keine Randeinlage vorhanden. Rundes Schalloch ohne Rosette. Zargen: schlichter Ahorn. Durchgehender Zargenverlauf am Unterklotz. Konstante Zargenhöhe. Boden: einteilig, asymmetrisch geschnittener Umriß (an der baßseitigen Flanke ausgeprägtere Rundung). Material wie Zargen. Flach, ohne Randüberstand. Keine Randeinlage vorhanden. Kleines, verrundetes Bodenblatt. Zur Innenkonstruktion: Hals stumpf auf den Zargenkranz geleimt. Separater, durch 10 Nägel mit dem Hals verbundener Oberklotz in Form eines flachen, dem Umriß des Halsfußes entsprechenden Brettchens. Als Unterklotz kleiner, rechteckiger Holzbelag eingefügt. Zwischen den beiden Klötzen breiter, kurz unterhalb der Decke verlaufender Längsbalken eingesetzt, der am Unterklotz stumpf endet, am Oberklotz durch ein eingeschobenes Holzplättchen mit diesem verbunden ist. Je 2 Querrippen an Decke und Boden (ober- und unterhalb des Schallochs), nur an der baßseitigen Zarge mit senkrechten Zargenstützbalken versehen. Zwischen oberem Deckenquerbalken und Boden befindet sich ein senkrechter, durch 3 Nägel befestigter Stützbalken. Decke und Boden an den Rändern von außen mit zahlreichen Nägeln an den Zargenkranz fixiert; ebenso ist die Innenbebalkung mittels von außen eingeschlagener Nägel mit dem Zargenkranz verbunden. Papierbeläge zur Sicherung der Bodenrisse aus neuerer Zeit. Keine Innenreifchen vorhanden. Gesamt L: 714 (718) Decke L: 315 B (max.): 270 Decke S: 2,2-2,8 Deckenmensur: 175 Zargen H: durchgehend 70 Zargen S: 1,2-2,2 Boden L: 330 Boden S: 1,8-2,2 Schalloch: : 55; Schallochlage v. o.: 90 MONTURTEILE: Hals und Wirbelkasten: Hals mit Wirbelkasten aus Ahorn. Massiger, grob geschnitzter Halsstock mit angedeuteter Kantenbildung, sich nach hinten stark verjüngend. Hals in voller Griffbrettbreite. Instabile Befestigung von 10 geschwärzten Steckwirbeln in einem leicht nach hinten geneigten Wirbelrahmen; die seitenständig in den Rahmenwänden verankerten Wirbel sind an ihren Enden nicht fixiert, sondern hängen frei in der offenen Rahmenmitte. Die Rahmenvorderseite mit kleinen Brandstempeln in Blütenform verziert. In oberer Querleiste Lochbohrung zur Aufhängung. Halsmensur: 225 Hals S: 20 / 19 / 26 Wirbelkasten L: 185 1 Der Capotasto, ein auf der Rückseite des Halses mit einer durch den Hals hindurch verlaufenden Schraube befestigter Querriegel, wird auf die Saiten aufgelegt, um in seiner Funktion als beweglicher Sattel eine Transposition in höhere Lagen zu ermöglichen, ohne mühsame Barrégriffe anwenden zu müssen. ZISTERN - INV.NR. 54 239 Wirbelkasten B innen: 49, außen: 75 Griffbrett und Obersattel: in der Stärke nach unten abnehmendes Griffbrett aus Nußbaum, flach und nicht auf die Decke geleimt, aber am oberen Deckenbeginn durch zwei Holzklötzchen zwischen Decke und Griffbrett abgestützt; die Klötzchen sind mit 2 Nägeln fixiert. Klammerprofil am Griffbrettende, im unteren Bereich mit Blüten-Brandstempeln (wie auf Wirbelrahmen) verziert. 12 eingelassene Bünde aus Eisen. An Hals und Griffbrett 6 Lochbohrungen zur Aufnahme eines Capotasto, jeweils vor dem 1.-4. und vor dem 6. Bund. Obersattel aus Horn. Griffbrett L (max.): 305 Griffbrett B: durchgehend 50 Bundabstände: 23 - 48 - 70 - 88 - 105 - 120 - 133 - 147 - 160 - 172 - 183 - 194 Steg: durch 2 kleine Sockel aus Ahorn erhöhter Steg aus Nußbaum mit eingelassenem Eisensattel. B / S / H: 95 / 11 / 27 Untere Saitenbefestigung: unterständige Saitenaufhängung mittels 7 in den Unterklotz eingeschlagener Nägel. Auf dem Deckenrand angebrachter Untersattel aus Messing. Untersattel B: 60 Besaitung1: 10 Saiten bzw. 5 Doppelchöre aus Messing- und Eisendraht. Schwingende Saitenlänge: 400 ÜBERZUG: Boden und Zargen mit dunkelbraunem Lack, Hals mit Wirbelrahmen und Decke mit hellerem, rötlich-gelbem Überzug versehen. Unsorgfältige Ausführung. ZUBEHÖR: Grob geschnitzter, hölzerner Capotasto mit Eisenschraube und Flügelmutter. ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN: Das Instrument weist starke Beschädigungen auf: am Halsansatz ein ca. 10 x 3 cm großes Stück aus dem Boden herausgebrochen. Massive Risse in Decke und Boden. Der Boden löst sich partiell vom Zargenkranz. Decke im Bereich des Schallochs eingesunken. Aufgrund alter Bundspuren am Hals und starker Eingriffe im Hals-Oberklotz-Bereich ist der Hals wohl nicht original zum Corpus gehörig. Möglicherweise ist das gesamte Instrument aus alten Instrumententeilen zusammengesetzt bzw. zusammengeschnitten worden, was auch den leicht asymmetrisch verlaufenden Corpusumriß und den leicht verschobenen, auf dem Kopf stehenden Brandstempel erklären würde. PROVENIENZ: Aus der Sammlung H. Schumacher. Im Fundortkatalog (S. 9) bezeichnet er das Instrument als „Entlebucher Zither“ aus Entlebuch. Obwohl Corpusform, Zargenverlauf und andere kleinere Details nicht mit der typischen Entlebucher Halszither übereinstimmen2 und auch der im Boden eingebrannte Schriftzug „La Favorita“ - wenn er denn nicht von einem anderen industriell gefertigten Instrument stammt - eher für eine italienische Herkunft sprechen würde, ist es hinsichtlich der fünfchörigen Einrichtung und der Mensurwerte durchaus vorstellbar, daß seitens des zweifellos dilettantischen Erbauers ein funktioneller Gebrauch ähnlich der Entlebucher Halszither intendiert war. 1 Entsprechend der großen Variabilität, Formen- und Artenvielfalt im Zisternbau sind zahlreiche Stimmungen überliefert. Daher wird bei den folgenden Besprechungen der Zistern dann auf eine Stimmungsangabe verzichtet werden, wenn eine genaue Zuordnung zu einem bestimmten Zisterntyp nicht möglich ist. Allgemein kann jedoch gesagt werden, daß die Zisterstimmungen seit der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts - im Gegensatz zu den auf der Quarte basierenden Stimmungen von Laute und Gitarre - auf Dur-Dreiklangsstimmungen beruhen. 2 Zu den bautechnischen Charakteristika der Entlebucher Halszither vgl. Bachmann-Geiser 1981, S. 60-64. ZISTERN - INV.NR. 54 240 LITERATUR: - Schumacher: Handschriftlicher Katalog, Nr. 103, S. 136. Fundortkatalog Nr. 103, S. 9. - Vannes 1956, Nr. 26, S. 10. BILDNACHWEIS: Von li. nach re. bzw. von oben nach unten: Vorder-, Seiten-, Rückgesamtansicht, Brandstempel am Rücken. HARFEN - INV.NR. 55 241 Harfen1 Inv.Nr. 55 Einfachpedalharfe (35 Saiten) Jean Louvet, Paris, 1776 SIGNATUR: Druckzettel unter dem Unterklotz: LOUVET, Luthier, à la Vielle // Royale, rue de la Croix des Petits- // Champs, à côté de la petite porte Saint // Honoré, à Paris. // 17 [hs.:] 76. no. 291. Auf der linken2 Halsseite (unter der Farbe) Brandstempel: J. LOUVET // A PARIS CORPUS: Neunspänige Corpusschale mit leicht quergewölbter Decke. Dekor im Stil Louis XVI. Umstimmöglichkeit durch 7 Pedale und Zugkrückenmechanik. Decke: Fichte mit querlaufenden, feinen bis mittelbreiten Jahresringen. Leichte Querwölbung. Obere Kantenschutzleisten sehr flach, vergoldet. Seitliche Kantenleisten in Form von je einem verrundeten Ebenholzspan, der mit der Decke bündig abschließt. Das symmetrisch angelegte Deckendekor ist über einer hellgrünen Grundierung aufgebracht (Vernis Martin-Stil): zwischen üppiger Zweig-Ornamentik mit Blumengirlanden sind 4 Putten und 2 Trophäenabbildungen von Musikinstrumenten (Lauten- bzw. Blasinstrumente) aufgemalt. Corpusschale: bestehend aus 9 Ahornspänen, hellgrün bemalt. Im mittleren Span 4 linsenförmige Schallöcher herausgeschnitten. Der jeweils 2. und 3. Span von außen mit je 2 Blumenbouquets dekoriert. Zur Innenkonstruktion: Corpusschale durch 3 verleimte Rippen verstärkt; diese sind an den Stoßstellen in den seitlichen Corpusleisten verkeilt. Zusätzliche Sicherung durch kleine, jeweils über 2-3 Späne reichende Querklötzchen, die in regelmäßiger Anordnung über die gesamte Corpusschale verteilt sind. Sämtliche Fugen in Längsrichtung mit Leinenstreifen belegt. Innerer Saitensteg, entsprechend seinem Gegensteg auf der Außenseite, über die gesamte Deckenlänge reichend. Gesamt H: 1590 Weite: 790 Gesamt B (mit ausgeklappten Pedalen): 590 Decke B: 110...330 Decke L: 1155 Corpusschale T: 60...120 Wölbungshöhe Decke (max.): um 8 Stegleiste B / S: 9...35 / 2...5 Decke S: k.M. Späne S: 3,5-4,8 Schallöcher (von oben nach unten): 13 x 90; 15 x 113; 20 x 125; 26 x 125 MONTURTEILE: Hals und Schulter: Hals aus Ahorn (?); auf Höhe des 14. Wirbels3 einen Höcker aufweisend. Ober- und Unterkante reich beschnitzt und vergoldet. Am Übergang zum Kopf ist der Hals beidseitig mit erhabenen, vergoldeten Akanthusschnitzereien versehen; am Übergang zur Schulter auf der rechten Seite ein ähnlich gearbeitetes Schnitzwerk. Seitenwände hellgrün bemalt und mit Blumengirlanden verziert. Die mit dem unteren Randprofil über die obere Corpusschale reichende Schulter ist mit einem weiteren Blumenbouquet versehen. Die in einer Auslassung im rechten Teil des Halses untergebrachte Umstimmechanik ist über den Mechanikdeckel erreichbar; Verschlußkeil hier jedoch festgeleimt, so daß eine genauere Betrachtung der Mechanik nicht möglich ist. 35 vorne vierkantig geformte Eisenwirbel, ab 1 Die verwendeten Fachtermini richten sich nach Droysen-Reber 1999. Die bei den Harfen nicht zu vermeidende Verwendung der Begriffe „links“ und „rechts“ geht immer von der Sichtweise des Spielers aus. 3 Die Durchzählung der Wirbel beginnt mit demjenigen für die tiefste Saite. 2 HARFEN - INV.NR. 55 242 dem 14. Wirbel vorne geschlitzt. Darunter 35 Sattelstifte aus Messing angebracht. 32 Zugkrücken aus Messing, die die Saiten nach Pedaleintritt gegen fest verankerte Halbtonsättel aus Messing ziehen und damit um die Länge eines Halbtons verkürzen. Die tiefste und die höchste Saite haben keine Mechanik und sind nicht zu alterieren. Säule mit Kopf: Säule und Kopf aus Ahorn (?), sämtlicher plastischer Dekor und Säulenprofile vergoldet. Säule vierfach doppelwellig profiliert, die Kannelüren entsprechend dem Corpus und Hals mit hellgrünem Überzug versehen. Kopf in Form einer mit Akanthusschnitzereien versehenen Volute mit Blütenabschluß. Gegenvolute mit doppeltem Lorbeergehänge bestückt und unten mit einer Blütenspange abschließend. Säulenabschluß ebenfalls mit einer Volute und nach oben gerichteten Akanthusblättern verziert. Säule (max.): 50 Untere Saitenbefestigung: Stegleiste aus Laubholz, an den Saitenaustrittslöchern zur Verstärkung mit Messingkrampen versehen. 35 uneinheitliche Saitenstifte aus Palisander und Ebenholz, überwiegend mit Bein- oder Perlmuttaugen belegt. Pedalkasten: Vorderzarge sanft geschwungen, mit viereckigem Einzug in der Mitte. Profilleisten vergoldet. Auf der Oberseite vergoldete Akanthusschnitzereien aufgebracht. 7 Pedale aus Eisen für eine einfache Rückung (à simple mouvement). 4 Holzfüße. Pedalkasten B (ohne Pedale) / T / H: 355 / 245 / 45 Besaitung: 35 Darmsaiten. Stimmung: nach Corbelin 1779 (zit. nach Droysen-Reber 1999, S. 223) in Es-Dur mit einem Tonumfang von As-g’’’. Die Pedale lassen aber auf einen Tonumfang von B-as’’’ schließen.1 Schwingende Saitenlängen: 1390...109; C-Saiten: 1360, 1085, 658, 388, 211 ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN: Starker Wurmbefall am gesamten Instrument. Der Hals weist in Schulternähe einen Bruch auf; große Volute am Kopf rissig. Rißbildungen im oberen Bereich der Corpusschale, dort ist das Corpus leicht eingesunken. Hellgrüne Farbe an der Corpusschale partiell abgeblättert. Saitenstifte zum Teil stark beschädigt. Zweitoberste Saite und 1 Zugkrücke fehlend. Die Sattelstifte sind vereinzelt durch Schlitzschrauben aus Eisen ersetzt. Die oberste Saite scheint erst später hinzugefügt worden zu sein (Wirbelanbringung in der Verzierung), so daß die Harfe ursprünglich einen Tonumfang von B-g’’’ gehabt haben dürfte. Einige der Sattelstifte, Halbtonsättel und Saitenstifte am Steg sind im Laufe der Zeit ersetzt worden. PROVENIENZ: Aus der Sammlung H. Schumacher. Im Zusammenhang mit vorliegendem Instrument erwähnt Schumacher in seinem Fundortkatalog (S. 20) die Stadt „Haag“ als Erwerbsort, womit höchstwahrscheinlich die niederländische Stadt Den Haag gemeint ist. Die in Bourg d’Argennes (Normandie) geborenen Brüder Jean und Pierre Louvet lebten und wirkten um die Mitte des 18. Jahrhunderts in Paris, das in dieser Zeit Zentrum des Harfenspiels und Harfenbaus war. Hier erfuhr die Pedalharfe nicht nur technische Verbesserungen wie den Umstimmechanismus mittels Zugkrücken, sondern sie paßte sich in ihrer dekorativen Gestaltung auch den repräsentativen Anforderungen des Pariser Hochadels an, in dessen Kreisen sie besonders bei der Damenwelt zum Modeinstrument avancierte.2 Jean Louvet (geb. um 1728 in Bourg d’Argennes, gest. 1793 in Paris), genannt „le jeune“, gab sich laut einer Anzeige aus dem Jahre 1777 selber als Spezialist für den Bau von Pedalharfen, Drehleiern und anderen Saiteninstrumenten aus. Es wird angenommen, daß er bei seinem fast 20 Jahre älteren Bruder Pierre Louvet (1708/09-1784) in die Lehre gegangen ist, bevor er im 1 Es wird dabei von der üblichen Pedalanordnung ausgegangen, bei der sich die 3 Pedale für B/H, C/Cis und D/Dis auf der linken Seite und die 4 Pedale für Es/E, F/Fis, G/Gis und As/A auf der rechten Seite befinden. 2 Zur Pariser Harfe in der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts vgl. Droysen-Reber 1999, S. 53ff. HARFEN - INV.NR. 55 243 Alter von 25 Jahren maître luthier wurde. Seine Werkstatt befand sich in der Rue de la Croixdes-Petits-Champs, und er führte wie sein Bruder das Ladenschild „à la vielle royale“.1 LITERATUR: - Schumacher: Handschriftlicher Katalog, Nr. 39, S. 53/54. Fundortkatalog Nr. 39, S. 20. - Vannes 1956, Nr. 9, S. 8. BILDNACHWEIS: Von li. nach re. bzw. von oben nach unten: Seitengesamtansicht (rechts), Seitengesamtansicht (links), Vorder-, Rückgesamtansicht, Volute und Zugkrückenmechanik, Brandstempel auf li. Halsseite. 1 Lütgendorff/Drescher 1990 (Ergänzungsband), S. 375. HARFEN - INV.NR. 55 244 HARFEN - INV.NR. 55 245 HARFEN - INV.NR. 56 246 Inv.Nr. 56 Neo-irische Harfe (30 Saiten) G. Morley, London, Mitte 19. Jahrhundert SIGNATUR: Auf die Vorderseite ist in goldener Schrift gedruckt (nur noch bedingt lesbar; rekonstruiert nach Vannes 1956, S. 9): GEO MORLEY // HARPMAKER // FROM ERARD // 6 SUSSEX PLACE // SOUTH KENSINGTON, LONDON // NO [hs.:] 1097 In die Unterseite des Sockels ist die Zahl 1097 eingestanzt. CORPUS: Corpus zusammengesetzt aus einer Rundschale und einer flachen Decke. Verkürzung der Saiten mit Hilfe von Blättchen (levers). Decke: Fichte mit querlaufenden, mittelbreiten Jahresringen. Massige obere Kantenschutzleisten aus Hartholz. Symmetrisch angelegtes Deckendekor in Form von Kleeblattranken an den Rändern und je einem widderähnlichen Fabeltier beidseitig des unteren Säulenabschlusses. Corpusschale: Ahorn. Die aus 2 Teilen zusammengesetzte Rundschale weist in der Mitte eine spaltförmige Öffnung auf, in die 5 breite Klötze eingesetzt sind, so daß 4 rechteckige Schallöffnungen entstehen. An den Rändern und zwischen den Schallöchern Kleeblattornamente in Gold aufgebracht. Zur Innenkonstruktion: Corpusschale mit 5 Paßstiften am Oberklotz und mit 8 Schrauben an der Basis fixiert. Exakt unter dem oberen Saitensteg verläuft der innere Gegensteg, an dem die Saiten verknotet und zum Teil verknebelt sind. Außer den beiden kräftigen seitlichen Corpusleisten keine weitere Bebalkung vorhanden. Gesamt H: 970 Weite: 570 Gesamt B: 274 Decke B: 82...274 Decke L: 887 Corpusschale T: 55...140 Decke S: k.M. Corpusschale S: 2,3-2,8 Stegleiste B / S: 16...22 / 1...3,5 Schallöcher (von oben nach unten): 18 x 109; 21 x 138; 33 x 118; 39 x 147 MONTURTEILE: Hals und Schulter: Ahorn (?), aus 5 Teilen zusammengesetzt. Seitenwände und Oberseite des Halses sowie Schulter mit goldenen Kleeblattketten verziert. An der rechten Schulterseite Messingknopf zur Befestigung eines Tragbandes angebracht. Unterhalb der 30 gelochten, vorne verrundeten Eisenwirbel und der Sattelstifte aus Messing in gleicher Anzahl sind 30 Messingblättchen (davon 10 abgebrochen) senkrecht in den Hals eingelassen. Um die Saiten jeweils um einen Halbton zu erhöhen, müssen die sich in Richtung Diskant verkleinernden Blättchen mit der Hand um 90 Grad zum Spieler hin an die Saite gedreht werden, so daß sich die schwingende Saitenlänge verkürzt. Vorderstange mit Kopf: Ahorn (?). Die aus 2 Teilen zusammengefügte, vierkantige Vorderstange verjüngt sich zur Basis hin. Zu beiden Seiten des Kopfes (auf der linken Seite aufgrund starken Farbverlustes nicht mehr sichtbar) und an der Stangenvorderseite goldene Kleeblattranken aufgebracht. Vorderstange B / T: oben 49 / 130; unten 45 / 34 Untere Saitenbefestigung: Stegleiste aus Laubholz mit 30 uneinheitlichen Haltestiften aus überwiegend Ebenholz mit eingelegten Perlmuttaugen. Besaitung: 30 Darmsaiten. Schwingende Saitenlängen: 854...82; C-Saiten: 765, 302, 160 HARFEN - INV.NR. 56 247 ÜBERZUG: Decke mit farblosem Lack, die anderen Teile mit grüner Farbe überzogen. ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN: Das Instrument befindet sich in einem sehr fragilen Zustand. Zum Teil massiver Verlust des grünen Farbüberzugs. 10 von 30 Hebeln zur Verkürzung der Saiten abgebrochen. Ein Teil der Saitenstifte in neuerer Zeit ergänzt. PROVENIENZ: Vorliegende Harfe ist in den Aufzeichnungen Schumachers nicht verzeichnet, so daß von einer nachträglichen Eingliederung in die Sammlung ausgegangen werden muß. Laut eines Vermerks in den Inventarisierungsbögen Kappeler/Hiestands 1966 war das Instrument vorher im Besitze des Paul Jecklin aus Zürich. Trotz ihres Namens weist die Neo-irische Harfe kaum Gemeinsamkeiten mit der traditionellen irischen Harfe auf, die Ende des 18. Jahrhunderts auszusterben begann. Mit der Übernahme einiger Bau- und Konstruktionsprinzipien aus dem modernen kontinentalen Pedalharfenbau wie der unteren Fixierung der Saiten an einem Steg mit Saitenstiften und der Ausarbeitung des Corpus als Rundschale sowie der möglichst leichten Bauweise und unkomplizierten Handhabung entstand auf den britischen Inseln ab dem beginnenden 19. Jahrhundert ein neuer Harfentyp, der primär für die zahlreich existierenden Harfengesellschaften und interessierten Amateure geschaffen wurde. Mit der Neo-irischen Harfe sind stets die Namen von John Egan aus Dublin und von seinem Neffen Francis Hewson verknüpft, die als Protagonisten zweier Harfenmodelle gelten.1 Zu dem kleineren Modell, das mit einem Umstimmechanismus für eine Halbtonerhöhung mittels per Hand zu bedienender Blättchen ausgestattet war und von Egan als Portable Harp vermarktet wurde, kann vorliegende Harfe gezählt werden. Über den Wirkungszeitraum des Londoner Harfen- und Gitarrenmachers G. Morley konnten in der Literatur keine Angaben gefunden werden.2 Wie Rimmer 1977 (S. 67) feststellte, ist das Modell der Portable Harp von Egan um die Mitte des 19. Jahrhunderts auch in England gebaut worden. Somit kann von einem Wirken Morleys in diesem Zeitraum ausgegangen werden. LITERATUR: - Vannes 1956, Nr. 11, S. 9. 1 Eine ausführliche Beschreibung der beiden Modelle in Rimmer 1977, S. 67f. Lütgendorff 1904, S. 441. Bei Vannes 1951 (Bd. I, S. 248) ist ein John George Morley genannt. Da die dort angegebene Ortsangabe (samt Straßenname) mit den vorliegenden Zettelangaben übereinstimmt, ist eine Entsprechung beider Personen wahrscheinlich. 2 HARFEN - INV.NR. 56 248 BILDNACHWEIS: Von li. nach re. bzw. von oben nach unten: Seitengesamtansicht (rechts), Seitengesamtansicht (links), Vorder-, Rückgesamtansicht, obere Saitenbefestigung und Umstimmvorrichtung mittels Blättchen, Signatur. HARFEN - INV.NR. 56 249 HARPE DITALE - INV.NR. 250 57 Inv.Nr. 57 Harpe ditale (29 Saiten) J. Pfeiffer, Paris, um 1830 SIGNATUR: Auf der rechten Halsseite in die Messingplatine eingraviert: Pfeiffer par Brevet d’Invention // A Paris // No 97 CORPUS: Lyraähnliches, mehrfach geschweiftes Zargencorpus ohne Wölbung. Einfache Verkürzung der Saiten durch eine Drehscheibenmechanik, die mittels 7 am Hals befestigter Hebel (ditales) aktiviert wird. Decke: dreiteilig. Fichte1 mit diagonal verlaufenden, teilweise welligen Jahresringen. Flach, ohne Randüberstand. Decke zusammen mit dem Boden und den Zargen an der Basis von einem in der Mitte gelochten, querrechteckigen Fichtenbrett abgeschlossen, das von einem Leistenkranz aus Buchsbaum eingerahmt wird. Zargen: Palisander. Nach oben sich verjüngende Zargen. Boden: zweiteilig, aus Palisander. Flach, ohne Randüberstand. 3 gleichmäßig verteilte, aus dem Holz geschnittene Rosetten, nach oben an Größe abnehmend; die oberste ein Blütenmotiv darstellend, die beiden unteren in Rankenornamentik. Zur Innenkonstruktion: In die oberen beiden Corpusecken je ein Eckklotz eingesetzt, daran die Boden- und Deckenreifchen stumpf anstoßend. An der Decke verläuft ein Gegensteg aus Buche in gleicher Form und Größe wie der Außensteg; im unteren Drittel wird dieser von einem Deckenlängsbalken gekreuzt, von dem ober- und unterhalb des Gegenstegs 2 schmale, der Biegung des Gegenstegs angepaßte Balken weglaufen, die an der spielerseitigen Zarge enden. Zwischen der obersten und mittleren Rosette verläuft ein Bodenquerbalken. Im Zentrum der Oberzarge und in den unteren Teilen der seitlichen Zargen sind Verstärkungen in Form von dünnen Balken aufgelegt. Unterhalb des Gegenstegs flacher Deckenbelag aufgeleimt. Gesamt H: 915 Decke L (min. / max.): 285 / 387 Decke B (min. / max.): 291 / 473: Decke S: 3,5-4,2 Rosetten (von oben nach unten): 68; 87; 94 Gesamt B: 490 Zargen H: 53...95 Zargen S: 2,8-3,2 Boden S: 2,6-3,2 MONTURTEILE: Hals und Schulter: Hals mit Schulter in einem Stück, an Säule und Corpus stumpf ansetzend. Material Buche, Palisander furniert; Einfassung der Ränder mit Buchsbaumspänen. Unterhalb der 29 oben verrundeten Eisenwirbel ist beidseitig des Halses eine breite Messingplatine aufgeschraubt; darin sind 29 Drehscheiben aus Messing verankert, die jeweils mit 2 Sattelstiften aus demselben Material ausgestattet sind. Die Drehscheiben werden über eine in der Unterseite des Halses bzw. zwischen den Messingplatinen untergebrachte Mechanik aktiviert, deren Ausgang 7 (davon einer abgebrochen) eiserne, an der linken Außenseite des Halses befestigte Hebel (ditales) bilden. Die ditales werden bei Bedarf vom Spieler mit der linken Hand angezogen, wobei mit jedem Hebel jeweils alle gleichnamigen Saiten um einen Halbton nach oben gestimmt werden können, indem sich die Scheiben nach Aktivierung so drehen, daß die Saiten von den senkrecht aufgebrachten Sattelstiften gabelartig umfaßt werden und sich deren schwingende Saitenlänge dadurch um die erforderliche Länge verkürzt. Hebel L: 95 1 Von Schumacher (Handschriftlicher Katalog, S. 55) als Tannenholz identifiziert. HARPE DITALE - INV.NR. 57 251 Säule mit Kopf: in Empireform. Palisander furniert. Säule rund, in nahezu gleichbleibender Stärke; am oberen und unteren Säulenabschluß mit profilierten Ringen aus Buchsbaum verziert. Der Kopf schließt mit einer runden, die Basis mit einer rechteckigen Platte aus Buchsbaum ab. Säule (min. / max.): 40 / (mit Buchsbaumringen) 68 Säule L: 608 Untere Saitenbefestigung: auf der Decke angebrachter, schwarz gebeizter Steg mit einer Satteleinlage aus Bein, schräg nach oben gebogen und sich nach oben verjüngend; zur Befestigung der Saiten 29 Saitenstifte aus Ebenholz mit unterschiedlich großen Perlmuttaugen eingesetzt. Steg B / S / H: 480 / 13...23 / 8...10 Besaitung: 29 Saiten, davon 28 Darmsaiten und 1 metallumsponnen. Stimmung: Das Instrument hat die Grundstimmung Es-Dur mit einem Tonumfang von Es-es’’’.1 Die Hebel wirken auf folgende Töne bzw. Saiten: es, f, g, as, b, c, d Schwingende Saitenlängen: 750...150; C-Saiten: 710, 526, 313, 184 ÜBERZUG: Decke unbehandelt; das Palisanderholz bzw. -furnier mit Klarlack überzogen. ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN: 2 Saiten fehlend, 1 Saite gerissen. Hebel für die Umstimmung der es-Saiten abgebrochen. 1 Stegsaitenstift stark beschädigt. Randverzierung aus Buchsbaum partiell abgesplittert. Säulenringe aus Buchsbaum brüchig. Die unbehandelte, optisch unschöne Decke paßt nicht zur sonst sorgfältigen Auswahl des Holzes und zur sauberen Verarbeitung des Instruments. Es konnten jedoch keine Lackrückstände oder sonstige Behandlungsspuren ausgemacht werden, die auf einen ursprünglich anderen Zustand der Decke hinweisen würden. PROVENIENZ: Aus der Sammlung H. Schumacher. Laut eines Eintrages in Schumachers Fundortkatalog (S. 20) wurde das Instrument in Brüssel erworben. In derselben Stadt ist ein Vergleichsinstrument2 des gleichen Herstellers erhalten (Conservatoire royal, Brüssel, Nr. 248; abgebildet in Baines 1966, Nr. 340). J. Pfeiffer (geb. 1769 in Trier, gest. 1839 in Paris) war als Klavierbauer in Paris tätig.3 Im Jahre 1830 brachte er eine Erfindung auf den Markt, die er Harpolyre nannte - ein kleines harfenähnliches Instrument mit einem Corpus in Lyraform, das zum Spielen auf dem Schoß oder auf einem Tisch positioniert wurde und das anstatt eines Pedalsystems mit 7 Hebeln (ditales) zur einfachen Verkürzung der Saiten (simple mouvement) ausgestattet war.4 Während Vannes 1956 (S. 8) diese Erfindung als Modifikation der von Edward Light im Jahre 1816 in London patentierten Harp-lute einordnet, gibt Sachs 1913 (S. 183) die Harpinella als unmittelbare Vorgängerin der Harpe ditale an, eine 1818 von Marstrand in Kopenhagen konstruierte, kleinere Harfe in Lyraform mit doppeltem Saitenbezug und einer Umstimmvorrichtung mittels 7 am Hals befestigter Hebel. 1 Die bei Sachs 1913 (S. 183) angegebene Stimmung für die Harpe ditale von es-es’’’ dürfte auf einen Irrtum V.-Ch. Mahillons zurückzuführen sein, der in seinem Katalog der Brüsseler Sammlung (Bd. 1, 2Gent 1893, S. 342f., Nr. 248) den Umfang mittels einer Notenzeile ebenfalls mit es-es’’’ angibt. Sachs hat diesen Fehler wahrscheinlich aus jenem Katalog übernommen. Die Stimmung des 29-saitigen Instruments ist auf Es-es’’’ zu korrigieren. (Freundliche schriftliche Mitteilung von Prof. Dr. Jürgen Eppelsheim vom 10.10.01) 2 Bei diesem Instrument befindet sich der Saitenbezug jedoch auf der rechten Saite, während die ditales auf der gegenüberliegenden Seite angebracht sind. 3 Vannes 1951, Bd. I, S. 276. 4 Sachs 1913, S. 183. HARPE DITALE - INV.NR. 57 252 Welches Instrument Pfeiffer als direktes Vorbild auch gehabt haben mag, seine Erfindung richtete sich - wie alle derart gestalteten Instrumente - primär an Amateure.1 Ob die Übertragung des Pedalsystems auf einen mit der Hand zu bedienenden Mechanismus jedoch eine Vereinfachung darstellt und allein die geringe, handlichere Größe des Instruments den fehlenden Komfort einer Pedalmechanik ausgleichen kann, ist zu bezweifeln. LITERATUR: - Schumacher: Handschriftlicher Katalog, Nr. 41, S. 55/56. Fundortkatalog Nr. 41, S. 20. - Vannes 1956, Nr. 10, S. 8. BILDNACHWEIS: Von li. nach re. bzw. von oben nach unten: Seitengesamtansicht (rechts), Seitengesamtansicht (links), obere Saitenbefestigung und Drehscheibenmechanik mit ditales, Halsmechanik, Signatur (Gravur). 1 Baines 1966, S. 54. HARPE DITALE - INV.NR. 57 253 HARPE DITALE - INV.NR. 57 254 255 LITERATURVERZEICHNIS Literaturverzeichnis Adelmann, Olga: Die Alemannische Schule. Archaischer Geigenbau des 17. 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