PDF der Magisterarbeit

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PDF der Magisterarbeit
Richard-Wagner-Museum, Luzern-Tribschen
Universität Augsburg
Philosophische Fakultät I
Lehrstuhl für Musikwissenschaft
Die europäischen Streich- und Zupfinstrumente
im Richard-Wagner-Museum, Luzern-Tribschen
– MAGISTERARBEIT IM FACH MUSIKWISSENSCHAFT –
Vorgelegt von:
Mareike Roosen
Steingadener Str. 12
86199 Augsburg
Erstkorrektor: Frau Prof. Dr. Marianne Danckwardt
Zweitkorrektor: Herr Prof. Dr. Jürgen Eppelsheim
Abgabetermin: 21. Mai 2001
Verlängert bis: 11. Juni 2001
INHALTSVERZEICHNIS
Inhaltsverzeichnis
Vorwort ...................................................................................................................................... 4
Zur Geschichte der Städtischen Sammlung alter Musikinstrumente im Richard-WagnerMuseum, Luzern-Tribschen ...................................................................................................... 5
Einleitung zum Katalog
Allgemeine Hinweise ................................................................................................... 15
Abkürzungen ................................................................................................................ 16
Beschreibungs- und Katalogisierungsaspekte ............................................................. 17
Verzeichnis aller im Katalog behandelten Instrumente (Checklist) ........................................ 25
Beschreibender Katalog
Streichinstrumente ....................................................................................................... 30
Zupfinstrumente ......................................................................................................... 135
Literaturverzeichnis ............................................................................................................... 255
4
VORWORT
Vorwort
Die Städtische Sammlung alter Musikinstrumente im Richard-Wagner-Museum, LuzernTribschen, verfügt über einen an die 200 Objekte umfassenden Bestand europäischer sowie
außereuropäischer historischer Musikinstrumente der verschiedensten Gattungen. Grundstock
der heutigen Ausstellung bildet die beachtliche Kollektion des Luzerner
Instrumentensammlers Heinrich Schumacher, der durch seine intensive Sammlertätigkeit im
Zeitraum von 1881 bis 1906 zahlreiche Tonwerkzeuge im In- und Ausland erwarb. Durch
Schenkungen, Ankäufe, Leihgaben und Tauschvorgänge ist die seit 1943 in den
Räumlichkeiten des Richard-Wagner-Museums untergebrachte Sammlung zu einer
interessanten und sehenswerten Instrumentenkollektion angewachsen.
Es ist daher um so verwunderlicher, daß die Sammlung bis vor einigen Jahren kaum
instrumentenkundliches Interesse auf sich gezogen hat und keine vollständige Erfassung auf
wissenschaftlicher Basis erfuhr, zumal der bereits 1956 von René Vannes verfaßte, nicht sehr
detaillierte Katalog zur Sammlung eine Reihe von Falschinformationen enthält.
Nachdem eine ausführliche Inventarisierung der Blasinstrumente im Jahre 1995 von
Eckhard Böhringer als Magisterarbeit am Lehrstuhl für Musikwissenschaft der Universität
Augsburg eingereicht wurde, soll mit vorliegender Arbeit die wissenschaftliche Auswertung
der europäischen Streich- und Zupfinstrumente folgen. Auf die Aufnahme der
außereuropäischen Streich- und Zupfinstrumente mußte aus Umfangsgründen verzichtet
werden.
Diese Arbeit wäre nicht zustande gekommen ohne die Unterstützung und Aufgeschlossenheit,
die mir von allen Seiten entgegengebracht wurde:
Mein ganz besonderer Dank gilt Prof. Dr. Marianne Danckwardt für die stets wohlwollende
Begleitung meiner Arbeit und die konstruktiven Verbesserungsvorschläge, Dr. Erich Tremmel
für vielfältige Anregungen und seine allumfassende Hilfe und Eckhard Böhringer für den
Anstoß zur Bearbeitung vorliegenden Themas, die großzügige Überlassung vieler Materialien
und technischer Meßgeräte und die zahlreichen wertvollen, fachkundigen Gespräche.
Bedanken möchte ich mich weiterhin bei Dr. Ueli Habegger, der in seiner Funktion als
Kulturbeauftragter der Stadt Luzern das Vorhaben ermöglichte und unterstützte, und bei
Frau Esther Jaeger, der Kustodin des Richard-Wagner-Museums, für ihre herzliche Aufnahme
und die sehr guten Arbeitsbedingungen im Museum.
Großer Dank gebührt auch jenen Personen, die jederzeit ein geduldiges, offenes Ohr für die
vielen anfallenden Fragen hatten und zur Klärung zahlreicher Probleme beitrugen:
Hildegard Dodel (Geigenbauerin, Cremona), Dr. Thomas Drescher (Basel), Prof. Dr. Jürgen
Eppelsheim (München), Paul Hess (Zentral- und Hochschulbibliothek Luzern), Urs
Langenbacher (Zupfinstrumentenmacher, Füssen), Enrico Liemacher (Geigenbauwerkstatt
Luzern), Marcel Renggli (Restaurator, Hergiswil), Christiane Rieche (Händelhaus Halle),
Roswitha Schwarz (Konservatorin, Bayerisches Nationalmuseum München).
Nicht zuletzt möchte ich meinen Eltern, die den Fortgang der Magisterarbeit stets mit
Interesse verfolgt haben, und den zahlreichen Freunden, die mir viel Verständnis und besonders hinsichtlich computertechnischer Probleme - jederzeit tatkräftige Unterstützung
entgegenbrachten, Dank sagen.
Augsburg, im Juni 2001
Mareike Roosen
ZUR GESCHICHTE DER STÄDTISCHEN SAMMLUNG ALTER MUSIKINSTRUMENTE IM RICHARDWAGNER-MUSEUM, LUZERN-TRIBSCHEN
5
Zur Geschichte der Städtischen Sammlung alter Musikinstrumente im
Richard-Wagner-Museum, Luzern-Tribschen
Fast alle größeren öffentlichen Musikinstrumentenmuseen sind einst aus einer
Privatsammlung entstanden oder durch sie erst zu dem geworden, was sie heute sind. So ist
auch die Reichhaltigkeit und Bedeutsamkeit vorliegender Sammlung dem Engagement und
der Sammelleidenschaft einer Einzelperson zu verdanken, die seinerzeit keine Kosten und
Mühen scheute, die beachtliche Anzahl von über 300 historischen Musikinstrumenten
zusammenzutragen: Heinrich Schumacher, geboren 1858, stammte aus einer angesehenen
Luzerner Familie. Zusammen mit seinem Bruder Dagobert übernahm er nach dem Besuch der
Realschule in Luzern und einer Ausbildungszeit in den chemischen Fabriken von Leverkusen
die Farbenfabrik Schumacher & Co in Luzern. Schon relativ früh zog er sich aus diesen
Geschäften zurück, um sich vermehrt dem Sammeln alter Musikinstrumente zuzuwenden.1
Wie aus den Angaben in Schumachers Fundortkatalog2 zu ersehen ist, konzentrierte sich seine
Suche nach geeigneten Instrumenten für seine Sammlung vor allem auf sein Heimatland, die
Schweiz: Hier erwiesen sich, neben den vielen Händlern, Geigenbauern und Privatpersonen,
von denen er einen Großteil der volkstümlichen Streich- und Zupfinstrumente erstehen
konnte, insbesondere die Klöster des Landes als wahre Fundgruben historischer
Musikinstrumente. Von dort stammen beispielsweise sämtliche Trombe marine, die Mehrzahl
der Klavichorde, viele Narren- und Schnabelflöten, zwei Viole d’amore, eine AltViola da gamba, eine Pochette und das wertvolle Regal von Johannes Pfleger. Doch dehnte
sich Schumachers Suche auch auf das Ausland aus, wobei er auf seinen Streifzügen
hauptsächlich in Deutschland, Holland, Belgien, Frankreich und Italien fündig wurde.
In der Zeit um die Jahrhundertwende, in der sich die instrumentenkundliche Forschung
innerhalb der Musikwissenschaft erst zu entwickeln begann und das Sammeln alter
Tonwerkzeuge meist noch als sonderliche Liebhaberei abgetan wurde, war der Kontakt und
Austausch mit Gleichgesinnten sehr wichtig. Schumacher pflegte regelmäßigen persönlichen
und schriftlichen Kontakt mit bekannten Sammlern und Fachleuten des Auslandes wie
Otto Lobeck (Herisau), Paul de Wit (Leipzig), Wilhelm Heyer (Köln), A. Kraus (Florenz),
Carl Claudius (Malmö) und Angul Hammerich (Kopenhagen).3 Eine intensivere
freundschaftliche Beziehung verband ihn mit Otto Lobeck aus Herisau (Kanton Appenzell),
der zu damaliger Zeit die größte private Instrumentensammlung der Schweiz besaß. Aus
Schumachers Besitz wechselten nachweislich zwei Instrumente in diese seit 1935 in der
Schola Cantorum Basiliensis in Basel aufbewahrte Appenzeller Sammlung hinüber (eine
Viola da gamba und die Tromba marina von Johann Balthasar Beeler aus Schwyz mit der
Jahreszahl 1689).4 Ein weiteres Zeugnis ihres fachlichen Austausches ist in Schumachers
Handschriftlichem Katalog5 zu finden, der auf Seite 68 die Randbemerkung „von Lobeck“
1
Dreyer 1955, S. 1.
Schumachers Fundortkatalog (Luzern o.J., heute Depositum der Bibliothek der GEFAM in der
Zentralbibliothek Luzern) besteht aus 23 handgeschriebenen Blättern, auf denen er sämtliche europäischen und
einen Teil der außereuropäischen Instrumente seiner Sammlung mit eigenen Inventar- und Fotonummern
aufführt. Die Zuordnung der Fundorte ist lückenhaft und auf die Nennung von Städte- oder Ortsnamen
beschränkt, so daß im folgenden Katalogteil dieser Arbeit nur in wenigen Fällen Aussagen über die früheren
Besitzverhältnisse der Instrumente gemacht werden können.
3
Dreyer 1955, S. 2.
4
Nef 1983, S. 97.
5
Schumachers Handschriftlicher Katalog, der um 1900 in Luzern verfaßt worden ist, bestand ursprünglich aus
vier Heften von durchschnittlich etwa 75 Blättern (heute in zwei Bänden zusammengefaßt; Depositum der
Bibliothek der GEFAM in der Zentralbibliothek Luzern). Neben sorgfältig ausformulierten
Einzelbeschreibungen der Instrumente seiner Sammlung beinhaltet dieser Katalog kleinere geschichtliche
Einführungen zu jeder Instrumentengattung.
2
ZUR GESCHICHTE DER STÄDTISCHEN SAMMLUNG ALTER MUSIKINSTRUMENTE IM RICHARDWAGNER-MUSEUM, LUZERN-TRIBSCHEN
6
und auf Seite 70 die Notiz „Sollten Sie Interesse a/Monochord haben, so kann ich Ihnen ein
Buch mit Abbildungen senden“ aufweist. Die Seiten 68 bis 71 seines Katalogs sind doppelt
vorhanden, und es ist anzunehmen, daß Schumacher jenes beschriftete Exemplar für Lobeck
abgeschrieben und nach deren Rückgabe mit der Anmerkung „von Lobeck“ versehen hat. Bei
dem in der Notiz erwähnten Buch, das Schumacher Lobeck zukommen lassen wollte, handelt
es sich möglicherweise um den zweiten Band des Syntagma musicum6 von Michael
Praetorius, da ein solcher Band im Nachlaß Lobecks existiert, in dem sich zweimalig der
Stempel „Hch. Schumacher/Hptm.“ und auf einer anderen Seite der handschriftliche Vermerk
„Henry Schumacher/Luzern“ befindet.7
Eine zweite Person, mit der Schumacher in näherem Kontakt gestanden zu haben scheint, war
Paul de Wit aus Leipzig. Im Jahre 1910 bringt de Wit einen Katalog mit „Geigenzetteln alter
Meister vom 16. bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts“ heraus, in dem zwei Zettel abgebildet
sind, deren Originale eindeutig von Instrumenten aus Schumachers Sammlung stammen
(Inv.Nr. 5 und Inv.Nr. 6).8 Da das Fotografieren der Zettel durch die Schallöcher eines
geschlossenen Instruments zu damaliger Zeit technisch noch nicht möglich war, mußte das
Corpus zu diesem Zwecke geöffnet werden, was für das Instrument einen erheblichen Eingriff
darstellt. Im Falle der vorliegenden beiden Instrumente geschah dies jedoch mit großer
Wahrscheinlichkeit im Rahmen von Restaurationsvorgängen, die von Hermann Seyffarth aus
Leipzig, dem Restaurator von Paul de Wit, ausgeführt wurden.9 Dieser Restaurator wurde in
den Jahren 1903 und 1904 (auf Empfehlung de Wits?) von Schumacher nach Luzern berufen,
um mehrere Streich- und Tasteninstrumente spielbar zu machen.10
Schumachers Sammlertätigkeit begann im Jahre 1881. Schon nach sieben Jahren hatte er so
viele Instrumente zusammengetragen, daß im April des Jahres 1888 eine Ausstellung und ein
Konzert auf ausgewählten historischen Musikinstrumenten im Hotel du Lac in Luzern
stattfinden konnten. Zu diesem für die Schweiz in dieser Art erstmaligen Ereignis - wie auch
zu den folgenden Aktivitäten rund um die Sammlung - sind zahlreiche Dokumente überliefert
(Fotografien, von Schumacher verfaßte Ausstellungsführer, Konzertprogramme, -plakate,
Zeitungsartikel, -kritiken).11 So existieren von der Ausstellung 1888 im Hotel du Lac
Originalfotografien, die in vorliegendem Falle aus Schumachers Fotoalbum12 stammen:
6
Praetorius Michael: Syntagma musicum. Bd. II: De organographia. Wolfenbüttel 1619 und 1620.
Nef 1983, S. 97/98.
8
de Wit 1910, Bd. II, Taf. 34, Nr. 395 und Taf. 6, Nr. 56.
9
Während die Alt-Viola da gamba Inv.Nr. 5 einen entsprechenden Vermerk Seyffarths über dessen Arbeit im
Corpus aufweist, kann bei dem Pardessus de viole Inv.Nr. 6 nur aufgrund der Tatsache, daß er in den von
Schumacher organisierten Konzerten verwendet wurde und dazu in einem spielbaren Zustand sein mußte, eine
vorausgehende Restauration Seyffarths angenommen werden.
10
Dreyer 1955, S. 2.
11
Die Dokumente zu den Ausstellungen und Konzerten liegen in gesammelten Zustand in der Bibliothek der
GEFAM in der Zentralbibliothek Luzern vor.
12
Heinrich Schumacher: Fotoalbum: Sammlung alter Musik-Instrumente v. 17, 18 & Anfang des
19. Jahrhunderts von Hch. Schumacher, Luzern. Luzern, 1. Juni 1909. Aufbewahrt im Richard-WagnerMuseum, Luzern-Tribschen. Das gesamte Album wurde abfotografiert; die Negative befinden sich im Bildarchiv
des Lehrstuhls für Musikwissenschaft der Universität Augsburg.
7
ZUR GESCHICHTE DER STÄDTISCHEN SAMMLUNG ALTER MUSIKINSTRUMENTE IM RICHARDWAGNER-MUSEUM, LUZERN-TRIBSCHEN
7
Den nächsten Höhepunkt erreichte die Sammlung im Juni des Jahres 1904 mit einer
Ausstellung und einem anschließenden Konzert im Kursaal von Luzern. Von diesem Ereignis
ist eine Konzertankündigung in Form eines Plakates erhalten:13
13
Depositum der Bibliothek der GEFAM in der Zentralbibliothek Luzern.
ZUR GESCHICHTE DER STÄDTISCHEN SAMMLUNG ALTER MUSIKINSTRUMENTE IM RICHARDWAGNER-MUSEUM, LUZERN-TRIBSCHEN
8
ZUR GESCHICHTE DER STÄDTISCHEN SAMMLUNG ALTER MUSIKINSTRUMENTE IM RICHARDWAGNER-MUSEUM, LUZERN-TRIBSCHEN
9
Im Januar 1906 folgte eine weitere Ausstellung mit einem Konzert in der Tonhalle in Zürich.
Das erhaltene Konzertprogramm14 führt im Detail auf, welche Instrumente der Sammlung
zum Einsatz kamen:
14
Depositum der Bibliothek der GEFAM in der Zentralbibliothek Luzern.
ZUR GESCHICHTE DER STÄDTISCHEN SAMMLUNG ALTER MUSIKINSTRUMENTE IM RICHARDWAGNER-MUSEUM, LUZERN-TRIBSCHEN
10
ZUR GESCHICHTE DER STÄDTISCHEN SAMMLUNG ALTER MUSIKINSTRUMENTE IM RICHARDWAGNER-MUSEUM, LUZERN-TRIBSCHEN
11
Sowohl das oben abgebildete Pogramm als auch die erhaltenen Dokumente zu den anderen
Konzerten zeigen, daß in den Veranstaltungen, neben Tasteninstrumenten, hauptsächlich
Streichinstrumente zum Klingen gebracht wurden: Zu diesen regelmäßig eingesetzten
Instrumenten gehören die Baß-Viola da gamba von Joachim Tielke aus dem Jahre 1693,
Inv.Nr. 1, die Baß-Viola da gamba mit barock-geschweiftem Corpusumriß, Inv.Nr. 2 (im
Programm Ernst Busch zugeschrieben), die Alt-Viola da gamba von Hermann Joseph Stoß
mit der Jahreszahl 1718, Inv.Nr. 5, der Pardessus de viole von Jean Christophe Cousin 1741,
Inv.Nr. 6, die Viola d’amore von Sebastian Klo(t)z aus dem Jahre 1734 (befindet sich heute
nicht mehr in der Sammlung), die 1763 von Pietro Giovanni Mantegazza gebaute
Viola d’amore Inv.Nr. 9 und die Pochetten Inv.Nr. 13 und 14 (auf oben abgebildetem
Programm nicht erwähnt). Für die Spielbarmachung sorgte, wie schon erwähnt, Hermann
Seyffarth aus Leipzig, der die Instrumente 1903 (Streichinstrumente) und 1904
(Tasteninstrumente) einer Restauration unterzog. Wie wichtig für Schumacher der Aspekt der
Spielbarkeit seiner Klangwerkzeuge war, läßt sich aus den Eintragungen in seinem
Handschriftlichen Katalog ersehen: Im Rahmen der Einzelbeschreibungen der Instrumente
werden nicht nur Informationen zu den einzelnen Konzerteinsätzen mit zum Teil detaillierter
Aufzählung der dort gespielten Werke gegeben, sondern es erhält auch jedes beschriebene
Objekt den Zusatz „defect“, „intakt“ oder „spielbar“. Darüberhinaus legte Schumacher zumindest hinsichtlich seiner Viole da gamba - gesteigerten Wert auf die Präsentation seiner
Instrumente in einem möglichst authentischen Zustand. So ließ er - wahrscheinlich auch im
Zuge der Restaurationsmaßnahmen an den Streichinstrumenten von Hermann Seyffarth im
Jahre 1903 - die Baß-Viola da gamba von Tielke Inv.Nr. 1 und die Baß-Viola da gamba von
Imber Inv.Nr. 3, die zwischenzeitlich zu viersaitigen Violoncelli umgebaut waren, wieder in
ihren ursprünglichen Zustand als sechs- bzw. siebensaitige Gambeninstrumente
zurückversetzen. Bildlich dokumentiert ist dieser Vorgang in Schumachers Fotoalbum, das
zwei Abbildungen enthält, die die Instrumente jeweils vor und nach der Restauration zeigen:
ZUR GESCHICHTE DER STÄDTISCHEN SAMMLUNG ALTER MUSIKINSTRUMENTE IM RICHARDWAGNER-MUSEUM, LUZERN-TRIBSCHEN
12
Bis auf ein Konzert im März 1907 im Casino Luzern und einige Einsätze in auswärtigen
Aufführungen, für die Schumacher immer wieder ausgewählte Stücke seiner Sammlung zur
Verfügung stellte, war es in den letzten Lebensjahren des Sammlers still um die Instrumente
geworden. Nach Schumachers Tod 1923 versuchten die Erben, die die Sammelleidenschaft
des Verstorbenen nicht teilten, vergeblich das große Sammelgut von über 300
Musikinstrumenten als Ganzes zu veräußern. Es folgte die allmähliche Auflösung der
Sammlung mit dem Verkauf einzelner Stücke ins In- und Ausland. Folgende Abbildung1 zeigt
einen Ausschnitt der von den Nachkommen Schumachers erstellten Preisliste der Instrumente:
1
Depositum der Bibliothek der GEFAM in der Zentralbibliothek Luzern.
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13
ZUR GESCHICHTE DER STÄDTISCHEN SAMMLUNG ALTER MUSIKINSTRUMENTE IM RICHARDWAGNER-MUSEUM, LUZERN-TRIBSCHEN
14
Erst in den Jahren 1941 bis 19432, als schon ein großer Teil der historischen
Musikinstrumente der Liquidation durch die Nachkommen Schumachers zum Opfer gefallen
war, entschloß sich - auf Initiative des Luzerner Architekten Otto Dreyer - die Stadt Luzern,
den restlichen Bestand von 180 Objekten käuflich zu erwerben. Dieses ab 1943 in den
Räumlichkeiten des ersten Stockwerks des Richard-Wagner-Museums zu Tribschen
untergebrachte Kulturgut bildet den Grundstock der heutigen städtischen Sammlung alter
Musikinstrumente in Luzern, die sich im Verlauf der Jahre durch Schenkungen, Ankäufe,
Leihgaben und Tauschvorgänge auf über 200 Klangwerkzeuge vergrößern konnte. Dank der
abermaligen Bemühungen Otto Dreyers, der die Instrumentensammlung ab 1943 als
Konservator betreute, finanzierte die Stadt Luzern 1966 eine gründliche Renovierung der
Ausstellungsräume.3 In demselben Jahr fand unter Mitarbeit von Gertrud Kappeler, der
damaligen Kustodin des Museums,4 und Josef Hiestand eine Inventarisierung aller
vorhandenen Instrumente statt, im Zuge derer jedes Objekt in Form einer kurzen
Beschreibung der wichtigsten Merkmale und Maße sowie fotografisch erfaßt wurde.5
Zusammen mit dem 1956 entstandenen, sehr oberflächlich und ungenau gearbeiteten
Ausstellungskatalog von René Vannes bilden diese Inventarisierungsbögen die einzige nach
Heinrich Schumachers Tod entstandene Informationsquelle zu den Instrumenten.
Im Jahre 1983 folgte eine weitere Renovierung der Museumsräume, bei der durch den Einbau
von zusätzlichen Vitrinen nun nahezu alle der zuvor frei im Raum aufgestellten bzw.
aufgehängten Instrumente hinter Glas ausgestellt wurden.6 Wurde die zwischen 1943 und
1983 bestehende Möglichkeit des freien Publikumszugangs zu den Exponaten damals als
positive museumspädagogische Maßnahme bewertet, da sie „eine viel lebendigere Beziehung
zwischen Beschauer und Musikinstrument“7 entstehen läßt, muß heute rückblickend aus
konservatorischer Sicht festgestellt werden, daß diese Ausstellungsbedingungen für die alten
Instrumente sehr belastend waren. Vergleicht man den gegenwärtigen, teilweise ziemlich
desolaten Zustand der Sammlungsstücke mit den entsprechenden Angaben bei
Kappeler/Hiestand 1966, die die meisten Instrumente noch als „intakt“ oder gar „spielbar“
beschreiben konnten, wird deutlich, wie sehr die Instrumente in dieser vergleichsweise kurzen
Zeit gelitten haben müssen.
2
In der Literatur werden in diesem Zusammenhang sowohl das Jahr 1941 (Dreyer 1955, S. 3) als auch das Jahr
1943 (Dreyer 1966, S. 6) erwähnt.
3
Dreyer 1966, S. 6.
4
Nachfolgerin von Gertrud Kappeler wurde 1990 Esther Jaeger.
5
Die Inventarisierungsbögen von G. Kappeler und J. Hiestand sind in einem Ordner zusammengefaßt, der im
Richard-Wagner-Museum, Luzern-Tribschen, aufbewahrt wird.
6
Böhringer 1995, S. 4.
7
Vannes 1956, S. 4.
EINLEITUNG ZUM KATALOG: ALLGEMEINE HINWEISE
15
Einleitung zum Katalog
Allgemeine Hinweise
Die Zielsetzung des Katalogs besteht darin, die insgesamt 66 Objekte des für diese Arbeit
relevanten Sammlungsbestands in technischer und stilistischer Hinsicht derart ausreichend zu
charakterisieren, daß sich die individuellen Arbeitstechniken des Herstellers herausarbeiten
lassen, um bei Bedarf Vergleichsinformationen zur Verfügung zu haben oder Hilfen für
Zuordnungen und Zuschreibungen von unsigniert überlieferten Instrumenten bzw.
Streichbögen1 zu erhalten. Dabei stellen die neben den möglichst ausführlichen
Einzelbeschreibungen angegebenen Meßdaten eine Auswahl dar und erheben keinen
Anspruch auf Vollständigkeit.
Aus Kostengründen mußte im Rahmen dieser Arbeit leider auf einige wissenschaftliche
Untersuchungsmethoden wie die Erstellung von Röntgenbildern oder dendrochronologischen
Analysen des Holzes verzichtet werden, und damit müssen in einigen Fällen - zumindest zum
jetzigen Zeitpunkt - schwierige Fragen zur Datierung bzw. Einordnung oder zur Beurteilung
von nachträglich vollzogenen Umbauten der Instrumente offenbleiben.
Bei der systematischen Gruppierung der Klangwerkzeuge wurde typologisch zunächst
zwischen Streich- und Zupfinstrumenten unterschieden, um diesen zwei Großgruppen dann
die einzelnen Instrumentengattungen zuzuweisen.2 Innerhalb der jeweiligen Gattungen sind
die Instrumente schließlich nach Stimmgröße und chronologisch nach der unterstellten
Herstellungszeit geordnet. Auf eine separate geschichtliche Einführung der Instrumententypen
wurde verzichtet. Wenn aber allgemeine gattungsspezifische Erklärungen eine sinnvolle
Ergänzung zu den Instrumentenbeschreibungen darstellen oder der technologische Befund
eine Interpretation der Ergebnisse auf entwicklungshistorischer Ebene verlangt, fließen diese
Informationen direkt in die Diskussion der Instrumente mit ein.
Die vorgenommenen Instrumentenbeschreibungen folgen prinzipiell einem bestimmten
Katalogisierungsschema, welches im nächsten Abschnitt ausführlich vorgestellt werden soll.
Zur besseren Orientierung wurde angestrebt, das Katalogisierungsschema unabhängig von
den unterschiedlichen Instrumententypen möglichst einheitlich zu gestalten. Aufgrund der
großen bautechnischen Unterschiede der im vorliegenden Bestand vertretenen Gruppierungen
war es jedoch stellenweise nötig, spezifische Modifizierungen des Schemas vorzunehmen.
Außerdem schien es wenig sinnvoll, jedes Instrument mit der gleichen vollständigen,
ausführlichen Beschreibung zu bedenken, da insbesondere bei neuzeitlichen Modellen aus
industriellen Massenproduktionen, die instrumentenbaulich und historisch von geringerer
Bedeutung sind, summarische Erfassungen genügen.
Der Verfasserin dieser Arbeit standen zur Beschreibung und Vermessung der Instrumente
unter anderem folgende technische Hilfsmittel zur Verfügung: Hacklinger Dickenmeßgerät,
Wölbungskurvenmesser, Endoskop, verschiedene Lichtquellen (Inspektionslampe,
Taschenlampe, UV-Lampe), Inspektionsspiegel, Schublehren in verschiedenen Größen,
flexibles Maßband, Winkelmesser, Lupen mit unterschiedlichem Vergrößerungsfaktor.
Fotografiert wurde mit einer auf einem Stativ befestigten Spiegelreflexkamera, wobei die
Instrumente mit zwei Halogen-Strahlern à 500 Watt ausgeleuchtet wurden. Zusätzlich wurde
für die nötige Helligkeit bei den Gesamtaufnahmen überwiegend ein interner Blitz
dazugeschaltet. In diesen Fällen war eine geringe Schattenbildung im Randbereich der
Instrumente und eine mehr oder weniger starke Reflexion auf den Corpora nicht zu
vermeiden.
1
Im Fortlauf dieses Kapitels wird die Gruppe der Streichbögen nicht mehr separat erwähnt. Die hier angeführten
allgemeinen Hinweise gelten jedoch selbstverständlich auch für diese Gruppe.
2
Ist von einer Gattung nur ein einzelnes Instrument vorhanden, wurde auf die Nennung einer übergeordneten
Instrumentenfamilie verzichtet (Inv.Nr. 10, 11, 12, 22, 32, 33, 57).
ABKÜRZUNGEN
16
Abkürzungen
A
Abb.
B
Bd./Bde.
Bl.
bzw.
ca.
d.h.
Faks.-Ausg.
fl.
geb.
GEFAM
gest.
H
hrg.
hs.
incl.
Inv.Nr.
Jg.
Jhdt.
k.M.
L
li.
max.
MGG
min.
o.ä.
o.J.
re.
s.
S
s.o.
s.u.
T
Taf.
u.
u.a.
ü.d.W.
vgl.
v.o.
v.u.
z.B.
zit. nach
‡
=Abstand
=Abbildung
=Breite
=Band/Bände
=Blatt
=beziehungsweise
=circa
=das heißt
=Faksimile-Ausgabe
=lat. “floruit“, nachgewiesen von/bis
=geboren
=Gesellschaft der Freunde alter Musikinstrumente
=gestorben
=Höhe
=herausgegeben
=handgeschrieben
=inclusive
=Inventarnummer
=Jahrgang
=Jahrhundert
=keine Messung
=Länge
=links
=maximal
=Die Musik in Geschichte und Gegenwart. Zweite neubearbeitete Ausgabe hrg.
von Ludwig Finscher, Kassel u.a. 1998
=minimal
=oder ähnliches
=ohne Jahresangabe
=rechts
=siehe
=Stärke
=siehe oben
=siehe unten
=Tiefe
=Tafel
=und
=unter anderem
=über die Wölbung
=vergleiche
=von oben
=von unten
=zum Beispiel
=zitiert nach
=Durchmesser
EINLEITUNG ZUM KATALOG: BESCHREIBUNGS- UND KATALOGISIERUNGSASPEKTE
17
Beschreibungs- und Katalogisierungsaspekte
Dem verwendeten Katalogisierungsschema liegen folgende Festsetzungen und Richtlinien
zugrunde:
x Sämtliche Maße sind in Millimetern angegeben. Sie verstehen sich mit einer Toleranz von
r 0,1 mm bei Maßangaben mit einer Kommastelle, von r 1 mm bei Maßen zwischen 10 mm
und 1000 mm, von r 5 mm bei Maßen größer als 1000 mm.
x Da stets am geschlossenen Instrument gemessen wurde, sind mit den Corpusgrößenangaben
immer die äußeren Maße gemeint.
x Aus technischen Gründen war es oftmals nicht möglich, direkte Maße beispielsweise mittels
einer Schublehre zu nehmen. Aus diesem Grunde wird in solchen Fällen in der Regel das Maß
über die Wölbung (im folgenden abgekürzt: ü.d.W.) angegeben, welches mit einem über die
Wölbung gelegten flexiblen Maßband gewonnen wurde. Der sich daraus ergebende
Unterschied zur direkten Messung muß einkalkuliert werden.
x Die meßtechnischen Daten eines Instruments werden jeweils im Anschluß an die
Einzelteilbeschreibungen aufgeführt, damit dem Leser diese weiterreichenden Informationen
direkt zur Verfügung stehen.
x Die Bestimmung der Hölzer und sonstigen Materialien beruht auf makroskopischen
Beobachtungen und ist daher nicht verbindlich, sondern nur als Anhaltspunkt zu verstehen.
So läßt sich beispielsweise Fichten- von Tannenholz nur mikroskopisch, aber nicht
makroskopisch voneinander unterscheiden. Da jedoch Tanne im Streich- und
Zupfinstrumentenbau erwiesenermaßen nur eine untergeordnete Rolle spielt, wird bei der
Bestimmung der entsprechenden Hölzer immer die Bezeichnung Fichte verwendet. Schwer
bestimmbare Materialien sind entweder gar nicht aufgeführt oder mit einem Fragezeichen
versehen.
x Die Beschreibung und Vermessung der Instrumente orientiert sich am heute vorliegenden
Ist-Zustand der Objekte. Es werden daher alle Teile eines Instruments - unabhängig von ihrer
historischen Authentizität und Zugehörigkeit - gleichwertig erfaßt. An entsprechenden Stellen
des Katalogisierungsschemas wird aber durchaus auf Probleme hinsichtlich des Vorliegens
nachträglicher Umbauten und Veränderungen eingegangen, und es werden - falls ein
eindeutiger Befund vorliegt - Antworten auf die oft sehr schwierigen Einordnungsfragen des
Instruments sowie seiner Einzelteile gegeben.
x Es wird angestrebt, die mittels des verwendeten Katalogisierungsschemas durchgeführten
Instrumentenerfassungen möglichst einheitlich und konsequent zu gestalten. Um eine
optimale Anpassung an die spezifischen Charakteristika der im Sammlungsbestand zahlreich
vertretenen Instrumententypen zu gewährleisten, wird eine Abänderung des Schemas jedoch
des öfteren unumgänglich sein. Diese Modifizierungen sind nur bei näherem
Erklärungsbedarf in den folgenden Detailbeschreibungen des Schemas vermerkt.
x Die Meßparameter Länge, Breite, Höhe, Stärke etc. beziehen sich in ihren Ausrichtungen
stets auf die normale Betrachtungshaltung in Frontalansicht (im Unterschied zur
Spielhaltung), wobei die obere Saitenbefestigung des Instruments mit Stimmfunktion nach
oben zeigt.
EINLEITUNG ZUM KATALOG: BESCHREIBUNGS- UND KATALOGISIERUNGSASPEKTE
18
x Die bei den Instrumentenbeschreibungen verwendete Terminologie richtet sich bei den
Streichinstrumenten und Streichbögen nach Otto/Adelmann 1975 und bei den
Zupfinstrumenten meist nach Hellwig, F. 1974 und Wackernagel 1997.
x Die Bezeichnungen „Halsstock“ und „Halsfuß“ werden in vorliegender Arbeit synonym
verwendet.
x Der Hinweis „keine Messung“ (k.M.) wird verwendet, wenn die Messung aus technischen
oder logischen1 Gründen nicht durchgeführt werden konnte.
x Die mißverständlichen Bezeichnungen „rechts“ bzw. „links“ sind bei allen entsprechend
besaiteten Instrumenten (die Harfen ausgeschlossen) - unabhängig von ihrer Größe und
Stimmlage - durch die Begriffe „baßseitig“ bzw. „diskantseitig“ ersetzt. Mit Lokalisierungen
wie „vorn/hinten“ ist stets die Deckenebene/Bodenebene gemeint. Die Begriffe „oben/unten“
beziehen sich ebenfalls auf Corpusdecke und -boden, können aber auch Orte in Längsrichtung
(Richtung Kopf/Unterklotz) näher bestimmen. Dabei wird - unabhängig von den
verschiedenen Spielhaltungen - stets von der normalen, vor den Augen des Betrachters
senkrecht erscheinenden Betrachtungshaltung der Instrumente ausgegangen. Dieser Umstand
gilt ebenfalls für die Zithern, deren obere, stimmbare Saitenaufhängung, analog den
Saiteninstrumenten mit Hälsen, als oberer Bereich, die untere Saitenaufhängung als unterer
Bereich definiert wird.
x Maße, die an Maxima- und Minimastellen ungleichmäßig verlaufender Größen
abgenommen wurden, sind durch einen Schrägstrich getrennt. Punkte zwischen zwei
Maßangaben weisen auf gleichmäßig zu- oder abnehmende Größen hin, wobei die Zahl des
weiter oben liegenden Meßortes zuerst genannt wird; die Zahlen geben Minima- und
Maximawerte an. Maßangaben, die mit dem Wort „um“ gekoppelt sind, konnten nicht genau
ermittelt werden oder differieren in ihren Ergebnissen zu stark.
1
Logische Gründe liegen beispielsweise dann vor, wenn die Boden- und Deckenstärkemessungen an einem
bestimmten Meßort aufgrund vorhandener Innenteile (Stimmstockfutter, Stimmstockbrett etc.) stark verfälscht
werden würden.
EINLEITUNG ZUM KATALOG: BESCHREIBUNGS- UND KATALOGISIERUNGSASPEKTE
19
Das Katalogisierungsschema für die Streichinstrumente schlüsselt sich im einzelnen
folgendermaßen auf:
- Inventarnummer
- Bezeichnung des Instruments und Angabe der Saitenzahl
- Instrumentenbauer, Herstellungsort und -zeit
- Signatur
- Beschreibung des Corpus
Gesamtcharakterisierung
Decke
Zargen
Boden
Innenkonstruktion
Maße
- Beschreibung der Monturteile
Hals und Wirbelkasten, Maße
Griffbrett und Obersattel, Maße
Steg, Maße
Untere Saitenbefestigung, Maße
Besaitung, Maße
- Überzug
- Erhaltungszustand und Umbauten
- Provenienz
- Literaturangaben
- Bildnachweis
INVENTARNUMMER: In vorliegender Arbeit wurden den Sammlungsobjekten neue
Inventarnummern zugeteilt. Diese Vorgehensweise schien insofern berechtigt, als
Schumacher und Vannes 1956 bzw. Kappeler/Hiestand 1966 keine einheitliche Numerierung
verwenden. Außerdem lassen sich die nach 1966 in die Sammlung gekommenen Instrumente
schlecht in die bestehenden Numerierungen eingliedern. Die Inventarnummern von
Schumacher und Vannes 1956 sind bei den entsprechenden Literaturangaben genannt.
BEZEICHNUNG DES INSTRUMENTS UND ANGABE DER SAITENZAHL: Falls nötig,
ist die Benennung des Instrumententyps durch die Angabe der Stimmgröße erweitert.
INSTRUMENTENBAUER, HERSTELLUNGSORT UND -ZEIT: Die regionale und
zeitliche Einordnung wird anhand der Signatur (bzw. Lebensdaten) des Erbauers oder anhand
typologischer Merkmale ermittelt. Ist das Instrument unsigniert überliefert, kann die
stilistische Analyse meist nur eine grobe Einordnung leisten; diese darf aber nicht als
verbindliche Information angesehen werden. Datierungsschwierigkeiten können
beispielsweise dann auftreten, wenn die Instrumente in ihrer Konstruktion einer bestimmten
Bautradition nachempfunden sind und damit einen bestimmten Herstellungsraum vorgeben, in
Wirklichkeit aber später entstanden sind (vgl. beispielsweise Inv.Nr. 10 u. 11).
SIGNATUR: Die Wiedergabe der Signatur erfolgt im genauen Wortlaut mit Angabe von Ort
(nur bei ungewöhnlicher Anbringung vermerkt) und Art der Signierung. Der Zeilenwechsel
ist durch einen doppelten Schrägstrich gekennzeichnet. Sonstige Interpunktionszeichen
entsprechen dem Original. Da die fotografische Reproduktion der Zettel technisch nur
EINLEITUNG ZUM KATALOG: BESCHREIBUNGS- UND KATALOGISIERUNGSASPEKTE
20
vereinzelt zu realisieren war, sind die in einigen Fällen in der Literatur vorhandenen
Abbildungen der originalen oder ähnlicher Zettel um so wertvoller.
BESCHREIBUNG DES CORPUS:
Gesamtcharakterisierung: Neben der Umrißform des Corpus in Frontalansicht werden an
dieser Stelle auch bauliche, zuweilen das gesamte Instrument betreffende Besonderheiten
mitgeteilt.
Decke, Zargen, Boden: An dieser Stelle erfolgt eine ausführliche verbale Beschreibung der
Corpusteile.
Innenkonstruktion: Soweit es die Sicht durch die Schallöffnungen zuläßt, wird hier auf das
Vorhandensein von Innenteilen und Stützelementen, deren Aussehen und die Art der
Verarbeitung eingegangen. Da die Teile der Innenkonstruktion üblicherweise aus Fichte
bestehen, ist das Material nur im Falle einer Abweichung vermerkt.
Maße: (Es sind im folgenden nur die Maße aufgeführt, die einer Erklärung bedürfen.)
Gesamtlänge: Oberkante Schnecke (Kopf etc.) bis Unterrand Corpus. Der Wert in Klammern
gibt die Gesamtlänge inklusive Knopf für Saitenhalter, Stachel etc. wieder.
Deckenlänge: ü.d.W. gemessen.
Bodenlänge: ü.d.W. gemessen, das auf den Halsfuß reichende Blatt mit eingeschlossen; bei
Viola da gamba-Typen wird zusätzlich die Länge vom unteren Rand bis zum Knick
angegeben.
Breite: an Decke und ü.d.W. gemessen; in der Regel drei Maße (größte Breite am Ober- und
Unterbügel, geringste am Mittelbügel), bei geschweiften Corpusumrissen auch mehrere Maße
angegeben.
Zargenhöhe: am Oberklotz, Oberbügel, Mittelbügel und Unterklotz (Knopf) gemessen; die
Maße verstehen sich jeweils ohne Decke und Boden.
Zargenstärke: bei Stärken unter 1 Millimeter konnte mit dem Hacklinger Dickenmeßgerät
kein genauer Meßwert mehr ermittelt werden.
Deckenstärke: Meßorte: I) beim Stimmstock; II) an den oberen Backenteilen; III) an den
unteren Backenteilen; IV) in der unmittelbaren Nähe der Ränder / an der Hohlkehle; V) in der
Nähe der Schallöcher.
Bodenstärke: Meßorte: I) beim Stimmstock; II) an den oberen Backenteilen; III) an den
unteren Backenteilen; IV) in der unmittelbaren Nähe der Ränder / an der Hohlkehle.
Randüberstand an Decke und Boden: aufgrund häufiger Unregelmäßigkeiten (z.B. durch
Beschädigungen) ist hier jeweils ein Mittelwert angegeben.
Wölbungshöhe: angegeben wird der maximale Wert, der mit Hilfe eines
Wölbungskurvenmessers ermittelt wurde.
Deckenmensur: Abstand vom oberen Deckenrand bis zur Verbindungslinie zwischen den
inneren F-Loch-Kerben; wenn keine Kerben vorhanden sind, ist bis zur Mitte der Stegstelle
gemessen worden, wobei sich die Steglage meist nicht mehr exakt ermitteln läßt. In diesen
Fällen wurde ein intendierter Wert festgestellt, der sich an den Eindrücken bzw. den
Abnutzungsspuren an der Decke orientiert. Jene Variabilität ist bei der Angabe der Meßwerte
zu berücksichtigen.
Länge der Schallöcher: in der Diagonalen gemessen.
Abstand der Schallöcher: gemessen wurde der innere Abstand zwischen den oberen Punkten
(bzw. Schallochenden) und der Abstand zwischen den Außenkanten der unteren Punkte (bzw.
Schallochenden). Bei zusätzlichen Schallöffnungen ist der Abstand vom oberen Deckenrand
bis zur Oberkante des Schallochs wiedergegeben.
EINLEITUNG ZUM KATALOG: BESCHREIBUNGS- UND KATALOGISIERUNGSASPEKTE
21
BESCHREIBUNG DER MONTURTEILE:
Auf die beschreibende Darstellung der Monturteile (von oben nach unten) folgen stets die
Maßangaben.
Hals und Wirbelkasten:
Die Beschreibung der äußeren Form der Wirbel bezieht sich immer auf den Wirbelkopf,
obwohl in der Beschreibung nicht gesondert auf diesen Teil des Wirbels hingewiesen,
sondern lediglich der allgemeine Begriff „Wirbel“ verwendet wird.
Maße: Halsmensur: Abstand zwischen Obersattel und oberem Deckenrand; der Wert in
Klammern gibt die Halsmensur einschließlich des Überhangs über die Decke bei eingesetzten
Hälsen wieder.
Halsstärke: die Werte gelten inklusive Griffbrett; am Obersattel, im mittleren Bereich und am
Übergang zum Halsstock gemessen, mit der Schublehre abgenommen.
Wirbelkastenlänge: von Oberkante Schnecke (Kopf etc.) bis zur Verbindungslinie ObersattelUnterkante und Wirbelkastenhinterwandende gemessen.
Wirbelkastenbreiten: jeweils innen und außen von oben nach unten (mit Schublehre)
gemessen.
Schnecken-(Kopf-)breite: mit Schublehre gemessen.
Griffbrett und Obersattel:
Maße: Griffbrettlänge: von Unterkante Obersattel bis unterer Griffbrettabschluß gemessen;
bei deutlichem Überhang auf die Wirbelkastenvorderkanten ist (in Klammern) zusätzlich die
Gesamtlänge angegeben.
Griffbrettbreite: vom Obersattel bis zum unteren Griffbrettabschluß, ohne Wölbung und mit
Schublehre gemessen.
Steg:
Maße: Stegstärke: am unteren Fußende gemessen.
Untere Saitenbefestigung:
Maße: Saitenhalterbreite: obere und geringste Breite mittels Schublehre gemessen.
Besaitung: Angaben zum Saitenbezug bzw. Saitenmaterial beziehen sich auf den gegenwärtig
vorgefundenen Zustand. Soweit sinnvoll, beruhen die Aussagen bezüglich der Stimmung der
Instrumente auf zeitgenössischen Quellen, die bei uneinheitlicher Überlieferungssituation im
Text angegeben sind.
Maße: Schwingende Saitenlänge: Abstand zwischen Unterkante Obersattel und Stegkante.
Wie bei den Deckenmensurangaben muß aufgrund des nicht fest fixierten Steges mit geringen
Maßabweichungen nach oben oder unten gerechnet werden.
ÜBERZUG: In dieser Rubrik sind Informationen zur Präparierung des Holzes und zu deren
Beschädigungen sowie zu etwaigen Retuschen infolge von Reparaturen verzeichnet. Die
Beschreibung der Farbe des Überzugs beruht auf subjektiver Beurteilung; dabei konnte in den
meisten Fällen nicht eruiert werden, ob jene Farbe nur Bestandteil des Lackes ist, ob sie durch
das Beizen des Holzes zustande kam oder ob sie das Ergebnis beider Präparierungsarten
darstellt.
ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN: Neben einer Darstellung des Zustands samt
Registrierung von Fehlteilen oder Beschädigungen wird hier auch auf etwaige Umbauten,
nachträgliche Veränderungen und Reparaturen bzw. Restaurierungen eingegangen, wobei
Aussagen hinsichtlich der Originalität von Instrumententeilen nur in einigermaßen klaren
Fällen gemacht werden.
PROVENIENZ: An dieser Stelle steht die Erschließung der Individualgeschichte des
Instruments von seiner Herkunft bis zur Eingliederung in die Schumachersche Sammlung im
Vordergrund. Wenn der Erbauer bekannt ist, werden grobe biographische Daten vermerkt.
EINLEITUNG ZUM KATALOG: BESCHREIBUNGS- UND KATALOGISIERUNGSASPEKTE
22
Bei unsigniert oder unsicher überlieferten Instrumenten wird eine zeitliche und regionale
Zuordnung versucht. Aufgrund der leider sehr ungenauen Angaben in Schumachers
Fundortkatalog mußten Bemühungen, die Biographie der einzelnen Instrumente näher zu
erschließen, oft ergebnislos bleiben. Falls es angebracht erscheint, wird in diesem Abschnitt
auch über geschichtliche Aspekte zum Instrumententyp oder über technologische Details
Auskunft gegeben.
LITERATURANGABEN: Es ist nur diejenige Literatur genannt, in der explizit
Informationen zu dem jeweiligen Instrument enthalten oder ausführliche Angaben über den
Erbauer nachzulesen sind.
BILDNACHWEIS: Neben den in Originalgröße wiedergegebenen, abgepausten
Schallochumrissen (nur Streichinstrumente; jeweils baßseitiges, bei der Streichzither
diskantseitiges Schalloch) sind sämtliche Instrumente fotografisch dokumentiert. Dabei ist
das Objekt meist zum einen in Vorder-, Seiten- und Rückgesamtansicht dargestellt; zum
anderen sind, je nach empfundener Erfordernis der Verfasserin, Fotografien von Signaturen
(falls technisch realisierbar), Köpfen bzw. Schnecken, Rosetten oder anderen
charakteristischen Besonderheiten beigegeben.
EINLEITUNG ZUM KATALOG: BESCHREIBUNGS- UND KATALOGISIERUNGSASPEKTE
23
Den verwendeten Meß- und Beschreibungsparametern der Streichbögen liegen folgende
Richtlinien zugrunde:
x Da die vorliegenden Objekte bis auf eine Ausnahme keine Bogensignierungen aufweisen
(das Stempeln der Bögen kam erst ab etwa 1800 und auch dann nur vereinzelt in Gebrauch),
kann die Datierung und Lokalisierung nur anhand stilistischer Eigenheiten erfolgen
(Gestaltungsmerkmale von Stange, Kopf, Frosch und Froschführung). Die zeitliche und nur in
wenigen Fällen vorgenommene räumliche Zuordnung sowie die Zuweisung zu einer
bestimmten Instrumentenfamilie orientieren sich für Bögen des 18. Jahrhunderts an den bei
Leeuwen-Boomkamp/van der Meer 1971 tabellarisch aufbereiteten Kriterien und für Bögen
des 19. Jahrhunderts an den detaillierten Ausführungen bei Apian-Bennewitz 1892. Dabei ist
anzumerken, daß die an sich schon heikle Zuordnung der Bögen zusätzlich durch
nachträgliche Eingriffe und durch das Auswechseln von Teilen, die einer starken Abnutzung
unterlegen sind (Frosch, Schraube mit Schraubenkopf, Wicklung), erschwert und verfälscht
werden kann. Auf die Identifizierung nicht mehr im Originalzustand vorliegender Teile wurde
aufgrund fehlender Anhaltspunkte weitestgehend verzichtet.
Da Vannes 1956 nur einen der insgesamt acht heute in der Sammlung vorliegenden Bögen
separat aufführt und grob beschreibt (Inv.Nr. B5) und auch Schumacher diese in seinem
Handschriftlichen Katalog lediglich sporadisch erwähnt, ihnen in ihrer Funktion als bloße
Zubehörteile aber keine weitere Beachtung schenkt, können die vorliegenden Quellen bei
Fragen zur Provenienz nicht herangezogen werden.
x Die Bestimmung der Stangenhölzer muß meist auf die Angabe „außereuropäisches
Hartholz“ beschränkt bleiben. So läßt sich beispielsweise das aufgrund seiner günstigen
Eigenschaften im Bogenbau häufig verwendete Fernambukholz in seinen vielfältigen
Färbungen und zusätzlichen Behandlungen durch Beizen und Lackieren nur schwer von
anderen verwandten Hölzern (z.B. Brasilholz) unterscheiden. Auch die genauere Bestimmung
der im Froschbereich verwendeten Metalle konnte des öfteren nicht vorgenommen werden
(z.B. Inv.Nr. B7).
x Sämtliche hier behandelte Bögen besitzen einen beweglichen Frosch, dessen Stellung durch
eine Schraubmechanik reguliert wird. Es wird daher im Text nicht weiter auf die
Spannvorrichtung eingegangen.
x Innerhalb des beschreibenden Textes verwendete Ortsbegriffe:
hinten = Griffende
vorne = Kopfende
links = spielerseitig
rechts = spielerabgewandt
x Die Stangenlänge (einschließlich Kopf) wurde im entspannten Zustand und als Sehne, also
nicht entlang der Krümmung, gemessen. Ebenso wurde der Verlauf der Stange im
entspannten Zustand erfaßt.
x Die Länge des Haarbezugs entspricht der Streichlänge und ist demnach ohne die
Haarauflage an Kopf und Frosch gemessen.
x Die Ermittlung des Schwerpunktes erfolgt samt Frosch und Schraubenkopf und ist vom
Griffende aus gemessen (einschließlich Schraubenkopf).
EINLEITUNG ZUM KATALOG: BESCHREIBUNGS- UND KATALOGISIERUNGSASPEKTE
24
Die oben festgelegten Kriterien für die Streichinstrumentenbeschreibungen lassen sich
weitestgehend auf das Zupfinstrumentarium übertragen. Folgende Punkte bedürfen dennoch
einer vorausgehenden Klärung:
x Die Decken- bzw. Bodenstärkeangaben bei den Zupfinstrumenten (sowie bei den
Trumscheiten und der Drehleier) sind nicht mit einer bestimmten Ortsangabe verbunden,
sondern geben lediglich eine Wertspanne wieder, die aus mehreren, gut verteilten
Einzelmessungen an den betreffenden Corpusteilen gewonnen wurde. Dieses
zusammenfassende Verfahren wurde hier als ausreichend empfunden, da die meist flachen
Decken und Böden im Gegensatz zu den gewölbten Pendants der Streichinstrumente in ihren
Werten nur geringfügig differieren. Zudem sind einige Meßorte aufgrund komplexer
Innenbebalkung mit dem Meßgerät schwer oder gar nicht erreichbar, so daß auf eine
Einzelaufstellung der Werte auch aus meßtechnischen Gründen verzichtet werden mußte.
x Wenn nicht anders vermerkt, ist die Bundanordnung stets chromatisch. Bundabstände sind
nur dann angegeben, wenn die Bünde in das Griffbrett eingelegt sind. Gemessen wurde dabei
der Abstand von der Unterkante des Obersattels bis zum Beginn der einzelnen Bundstäbchen
(bei den Trombe marine bis zur Mitte der Tonmarkierungen). Bei Instrumenten mit nicht
eindeutig erkennbarer Stegposition wurde die schwingende Saitenlänge - falls möglich - aus
der Mensur des Oktavbundes (12. Bund bei chromatischer Anordnung) errechnet. Dabei
wurde vorausgesetzt, daß dieser als reine Oktave intendiert war.
x Angaben zur Innenkonstruktion können nur insoweit gemacht werden, als es die oft stark
eingeschränkte Sicht durch die enggemusterten Rosetten zuläßt. Für die Lauten wurden von
den die Klangqualität wesentlich mitbestimmenden Deckenquerbalken mit Hilfe des
Hacklinger Dickenmeßgeräts (Ertasten der Position mit dem Magneten) ungefähre
Abstandsmaße vom oberen Deckenrand ermittelt. Die Authentizität der Bebalkung kann mit
diesem Verfahren natürlich nicht beurteilt werden.
x Meist konnten bei den Lauten aufgrund schlechter Sichtverhältnisse keine näheren Angaben
zum Oberklotz sowie zur Hals-Oberklotzverbindung gemacht werden. Es sei hier deshalb
erwähnt, daß der Hals bei Lauten gewöhnlich an den separaten Oberklotz geleimt und mit
einem eingeschlagenen Nagel fixiert wurde und wird.
x Die Stimmungen der Zupfinstrumente sind nur dann angegeben, wenn die aktuelle Anzahl
der Saiten bzw. die Einrichtung der Saitenchöre den ursprünglichen Zustand des Saitenbezugs
wiederzugeben scheinen.
x Die Maße der Deckenlänge und der Deckenmensur bei den Lauten schließen den (meist auf
den Hals aufliegenden) Deckenüberstand am oberen Abschluß mit ein. Der in Klammern
stehende Wert bei der Angabe der Griffbrettlängen der Lauten gibt das Maß inklusive der auf
die Decke reichenden Griffbrettspitzen wieder.
x Da der obere Deckenabschluß bei den meisten Zithern des Salzburger Typs nicht genau zu
ermitteln ist, gilt bei diesen Instrumenten als Deckenlänge das Maß zwischen der Unterkante
der oberen Sattelunterlage und der Oberkante des Steges. Für die Corpusbreite sind meist
zwei Maße ermittelt worden, die die kleinste und größte Ausprägung der Breite wiedergeben.
Des weiteren ist die Stegbreite der Zithern nur dann ermittelt, wenn sie nicht mit derjenigen
des Anhängestocks identisch ist.
VERZEICHNIS ALLER IM KATALOG BEHANDELTEN OBJEKTE (CHECKLIST)
25
Verzeichnis aller im Katalog behandelten Objekte (Checklist)
Streichinstrumente
Viole da gamba
Inv.Nr. 1
Baß-Viola da gamba (6 Saiten)
Inv.Nr. 2
Baß-Viola da gamba (6 Saiten)
Inv.Nr. 3
Baß-Viola da gamba (7 Saiten)
Inv.Nr. 4
Alt-Viola da gamba (5 Saiten)
Inv.Nr. 5
Alt-Viola da gamba (5 Saiten)
Inv.Nr. 6
Pardessus de Viole (6 Saiten)
Viole d’amore
Inv.Nr. 7
Viola d’amore (6 Spielund 6 Resonanzsaiten)
Inv.Nr. 8
Viola d’amore (6 Spielund 6 Resonanzsaiten)
Inv.Nr. 9
Viola d’amore (7 Spielund 7 Resonanzsaiten)
Joachim Tielke, Hamburg, 1693
Süddeutschland, 17./18. Jhdt.
René Imber, Lyon, 1707
Georg Aman, Augsburg, 1705
Hermann Joseph Stoß (?),
Augsburg, 1718
Jean Christoph Cousin /
Johann Christoph Vetter,
Straßburg, 1741
Deutschland, 18. Jhdt.
S. 30
S. 35
S. 39
S. 44
S. 49
S. 54
S. 57
Sebastian Klo(t)z,
S. 61
Mittenwald, 1740
Pietro Giovanni (Petrus Joannes) S. 65
Mantegazza, Mailand, 1763
Inv.Nr. 10
Viola (5 Griffbrettund 2 Bordunsaiten)
Provenienz unbestimmt;
Ende 18. Jhdt./19. Jhdt.
S. 69
Inv.Nr. 11
Violine (4 Saiten)
Provenienz unbestimmt;
Deutschland, um 1900 (?)
S. 73
Inv.Nr. 12
Philomele (4 Saiten)
Deutschland, um 1900
S. 76
Pochetten
Inv.Nr. 13
Inv.Nr. 14
Inv.Nr. 15
Pochette (4 Saiten)
Pochette (4 Saiten)
Pochette (4 Saiten)
17./18. Jhdt.
18. Jhdt.
Anfang 19. Jhdt.
S. 79
S. 82
S. 85
1. Hälfte 18. Jhdt.
um 1700
S. 88
S. 93
Mitte 18. Jhdt.
Mitte 18. Jhdt.
S. 97
S. 101
Trombe marine
Inv.Nr. 16
Tromba marina (1 Spielsaite)
Inv.Nr. 17
Tromba marina (1 Spielund 4 Resonanzsaiten)
Inv.Nr. 18
Tromba marina (1 Spielsaite)
Inv.Nr. 19
Tromba marina (1 Spielsaite)
VERZEICHNIS ALLER IM KATALOG BEHANDELTEN OBJEKTE (CHECKLIST)
Streichzithern
Inv.Nr. 20
Streichzither (4 Saiten)
Inv.Nr. 21
Streichmelodion (4 Saiten)
Inv.Nr. 22
Drehleier (2 Melodieund 4 Bordunsaiten)
26
Deutschland, um 1900
Deutschland, um 1900
S. 104
S. 107
Henry Thouvenel, Mirecourt,
2. Hälfte 19. Jhdt.
S. 110
Streichbögen
Inv.Nr. B1
Inv.Nr. B2
Inv.Nr. B3
Inv.Nr. B4
Inv.Nr. B5
Inv.Nr. B6
Inv.Nr. B7
Inv.Nr. B8
Inv.Nr. B9
Streichbogen für Tromba marina
Streichbogen für Violoncello
Streichbogen für Viola
Streichbogen für Diskantinstrument aus dem Bereich
der Volksmusik
Streichbogen für Viola d’amore
Streichbogen für Violine
Streichbogen für Violine
Streichbogen für Pochette
Streichbogen für Pochette
18. Jhdt.
Frankreich, um 1800
2. Hälfte 18. Jhdt.
um 1800
S. 115
S. 117
S. 119
S. 121
1. Hälfte 18. Jhdt.
um 1800
Wolff, Mitte 19. Jhdt.
1. Hälfte 19. Jhdt.
1. Hälfte 19. Jhdt.
S. 123
S. 125
S. 128
S. 131
S. 133
Zupfinstrumente
Lauten
Inv.Nr. 23
Inv.Nr. 24
Inv.Nr. 25
Inv.Nr. 26
Inv.Nr. 27
Inv.Nr. 28
Gitarren
Inv.Nr. 29
Inv.Nr. 30
Inv.Nr. 31
Chitarrone
(17 Saiten, 12 Chöre)
Theorbe
(15 Saiten, 10 Chöre)
Theorbe
(22 Saiten, 12 Chöre)
Theorbe
(17 Saiten, 12 Chöre)
Theorbierte Laute
(21 Saiten, 15 Chöre)
Mandora
(11 Saiten, 6 Chöre)
Gitarre (6 Saiten)
Gitarre (6 Saiten)
Lyra-Gitarre (6 Saiten)
Michele Attore, Padua, 1583 (?)
S. 135
um 1700
S. 140
Leopoldo Franciolini,
Florenz, um 1900 (?)
Leopoldo Franciolini,
Florenz, um 1900 (?)
Petrus Baum,
Deutschland, 18. Jhdt. (?)
Franciolini, Florenz, um 1900 (?)
Deutschland, 18. Jhdt.
S. 144
S. 154
Federico Peirano, Cádiz, 1830
Michel, Paris, um 1900
Joseph Pons, Paris, 1804/1805
S. 158
S. 166
S. 169
S. 148
S. 151
VERZEICHNIS ALLER IM KATALOG BEHANDELTEN OBJEKTE (CHECKLIST)
27
Inv.Nr. 32
Neapolitanische Mandoline
(8 Saiten, 4 Chöre)
Ende 19. Jhdt.
S. 172
Inv.Nr. 33
Balalaika (3 Saiten)
Leningrad,
1. Hälfte 20. Jhdt.
S. 174
Banjos
Inv.Nr. 34
Banjo (6 Saiten)
S. 177
Inv.Nr. 35
Banjo (7 Saiten)
Nordamerika oder England,
2. Hälfte 19. Jhdt.
Nordamerika oder England,
um 1900
Deutschland oder Schweiz,
1. Hälfte 19. Jhdt.
Frankreich (?), 19. Jhdt.
S. 181
Zithern
Inv.Nr. 36
Inv.Nr. 37
Inv.Nr. 38
Inv.Nr. 39
Inv.Nr. 40
Inv.Nr. 41
Inv.Nr. 42
Zistern
Inv.Nr. 43
Inv.Nr. 44
Inv.Nr. 45
Inv.Nr. 46
Inv.Nr. 47
Inv.Nr. 48
Inv.Nr. 49
Inv.Nr. 50
Wende-Zither
in Mittenwalder Form
Zither (4 Melodieund 12 Begleitsaiten)
Schlagzither (4 Griffbrettund 25 Begleitsaiten)
Konzertzither (5 Griffbrettund 30 Begleitsaiten)
Konzertzither (5 Griffbrettund 27 Begleitsaiten)
Konzertzither (5 Griffbrettund 27 Begleitsaiten)
Gitarrenzither (21 Melodieund 20 Begleitsaiten)
Theorbenzister
(17 Saiten, 13 Chöre)
Zister
(10 Saiten, 5 Chöre)
Zister
(10 Saiten, 5 Chöre)
Zister
(10 Saiten, 6 Chöre)
Zister
(10 Saiten, 6 Chöre)
Entlebucher Halszither
(10 Saiten, 5 Chöre)
Zister
(10 Saiten, 6 Chöre)
Emmentaler Halszither
(9 Saiten, 5 Chöre)
Georg Tiefenbrunner,
München, 1852
Otto Body,
Innsbruck, 1895
Franz Schandl,
Mittenwald, nach 1896
Hermann Bölsterli,
Zürich/Mittenwald, um 1900
Deutschland, um 1900
S. 179
S. 185
S. 189
S. 192
S. 195
S. 198
S. 201
Andreas Ernst Kram,
Nürnberg, 1770
Deutschland, 18. Jhdt.
S. 204
S. 208
Deutschland, 18. Jhdt.
S. 211
Deutschland oder Schweiz,
1. Hälfte 19. Jhdt.
Niklaus Lötsche(r),
Polen (?), 1843
Entlebuch (Kanton Luzern),
1. Hälfte 19. Jhdt.
Schweiz oder England (?),
vermutlich 1811
Abraham Kauer (?),
Schweiz, Mitte 19. Jhdt.
S. 214
S. 217
S. 220
S. 223
S. 226
VERZEICHNIS ALLER IM KATALOG BEHANDELTEN OBJEKTE (CHECKLIST)
Inv.Nr. 51
Inv.Nr. 52
Inv.Nr. 53
Inv.Nr. 54
Zister
(10 Saiten, 5 Chöre)
Toggenburger Halszither
(13 Saiten, 5 Chöre)
Toggenburger Halszither
(13 Saiten, 5 Chöre)
Zister
(10 Saiten, 5 Chöre)
Schweiz, 1. Hälfte 19. Jhdt.
28
S. 229
Toggenburg (Kanton St. Gallen), S. 232
1. Hälfte 19. Jhdt.
Toggenburg (Kanton St. Gallen), S. 235
1. Hälfte 19. Jhdt.
Italien oder Schweiz,
S. 238
um 1900
Harfen
Inv.Nr. 55
Inv.Nr. 56
Einfachpedalharfe (35 Saiten)
Neo-irische Harfe (30 Saiten)
Jean Louvet, Paris, 1776
G. Morley, London,
Mitte 19. Jhdt.
S. 241
S. 246
Inv.Nr. 57
Harpe ditale (29 Saiten)
J. Pfeiffer, Paris, um 1830
S. 250
Beschreibender Katalog
VIOLE DA GAMBA - INV.NR.
1
30
Streichinstrumente
Viole da gamba1
Inv.Nr. 1
Baß-Viola da gamba (6 Saiten)
Joachim Tielke, Hamburg, 1693
SIGNATUR:
Druckzettel: JOACHIM TIELKE // in Hamburg / An. 16 [hs.:] 93
CORPUS:
Kleineres Baßmodell in klassischer Gambenform mit auffallend stumpfwinkligen Ecken.
Bodenwölbung vorhanden.
Decke: dreiteilig; der mittlere Teil in Form eines schmalen, mit der jetzigen Halsfußbreite
ungefähr übereinstimmenden, zur Corpusbasis hin etwas breiter werdenden Mittelstreifens.
Decke bestehend aus mitteljähriger Fichte. Flache, ebenmäßige Wölbung ohne Hohlkehle;
denkbar ist, daß die Wölbung nicht aus dem Holz gestochen wurde, sondern durch Biegung
der einzelnen Streifen (hier vermutlich ausschließlich des mittleren Streifens) über einem
heißen Eisen zustande kam, wie es in der osteuropäischen oder englischen Bautradition im
17. Jahrhundert vielerorts üblich war.2 Dreiteilige, jeweils doppelt geführte Randeinlage.
C-Löcher.
Zargen: durchgehend und teilweise sehr breit geflammter Ahorn in Radialschnitt. Zweigeteilte
Unterzarge. Auf beiden Seiten des Halsstocks je eine keilförmige Ebenholzausfüllung im
vorderen Zargenbereich.
Boden: zweigeteilt. Regelmäßig waagerecht geflammter Ahorn in Radialschnitt. Mittelhohe
Wölbung, die in einer geringen Hohlkehle ausschwingt; der obere Teil erscheint anstelle der
Abknickung sanft abgebogen. Verrundetes Bodenblatt. Keine Randader vorhanden.
Zur Innenkonstruktion: eckiger Oberklotz mit abgeschrägten Kanten, der mit dem Halsstock
durch eine von außen eingetriebene Schraube fixiert ist (Schraubenende innen aus dem
Oberklotz ragend);3 die ebenfalls sichtbare Holzdübelspitze dürfte jedoch wie der Oberklotz
ein ursprünglich zum Instrument gehöriger Bestandteil sein. Flacher, halbrunder Unterklotz,
der mit dem Zapfenende des Knopfes durchsetzt ist. In der Decke je 1 Paßstift an Ober- und
Unterklotz; der Boden ist durch 1 Paßstift mit dem Unterklotz und durch 3 Paßstifte am Blatt
mit dem Oberklotz verbunden. Decke dubliert und mittels mehrerer Paßstifte am Rand am
Zargenkranz fixiert (spätere Zutat, um die Decke nach dem Öffnen des Instruments wieder
passend zu machen). Dünn und schmal geschnittene, an den Eckklötzen jeweils stumpf
endende Deckenreifchen; Bodenreifchen überwiegend aus mehreren kleinen, partiell auch
erneuerten Teilen zusammengestückelt und (außer an der baßseitigen Oberzarge, wo die
Reifchen in den vermutlich erneuerten Eckklotz eingelassen sind) über die Eckklötze
1
Die im folgenden Abschnitt verwendete Namensgebung der einzelnen Mitglieder der Gambenfamilie folgt der
bis heute auch im Deutschen weitestgehend üblichen französischen und englischen Terminologie und nicht der
von Praetorius 1619 überlieferten, der beispielsweise die in dieser Arbeit als Baßgamben bezeichneten
Instrumente mit der Stimmung D-G-c-e-a-d’ als Tenorgamben tituliert. Die Stimmungsangaben gehen, wenn
nicht anders vermerkt, auf Rousseau 1687 und Dolmetsch 1964 zurück.
2
Martius 1987, Heft 3, S. 11ff.
3
Eine von außen durch den Halsstock ausgeführte Nagelung oder Verschraubung hat die Funktion, den
Aufleimvorgang des Halses auf den Oberklotz - besonders bei einem geschlossen vorliegenden Corpus fixierend zu unterstützen, da das Anbringen einer stabilisierenden Zwinge während des Trocknungsvorganges
des Leimes in diesem Bereich sehr schwierig ist. Außerdem erlaubt eine derartige Stellschraube, die Hals- und
Griffbrettstellung im Verhältnis zur Deckenebene von außen zu korrigieren.
VIOLE DA GAMBA - INV.NR.
31
1
verlaufend. An der Originalität der gesamten Bodeninnenreifchen muß gezweifelt werden, da
Tielke bei seinen bekannten Instrumenten niemals derartige Verstärkungen verwendete,
sondern den Winkel zwischen Boden und Zargen mit Leinenbelägen zu sichern pflegte.1 Das
Stimmstockbrett in annähernd viereckiger Form mit abgerundeten Ecken, das nicht bis zu den
Rändern verläuft und an den Seiten abgeflacht ist, weist an jeder Ecke eine rechteckige, an
den Ecken abgerundete, die Bodenfläche verstärkende, kleinere Fichtenholzauflage auf, deren
Jahresringe etwa 45 Grad zur Mittelfuge nach oben bzw. unten verlaufen (s. Abb.). 2 flache,
breite, nicht ganz bis zum Rand reichende Bodenquerbalken in der oberen bzw. unteren
Corpuspartie. Leinenverstärkungen an Bodenfuge; die Zusammenstöße der Deckenteile sind
mit Leinenbelägen und kleinen, quadratischen Holzplättchen abgesichert; der aufgedoppelte,
geschweifte Baßbalken fungiert ebenfalls als Verstärkung einer Nahtstelle und muß in
späterer Zeit ausgetauscht worden sein, da sich unter dem Balken Holzbeläge befinden.
Zusätzlich sind die Zargeninnenwände partiell mit Laubholzzulagen bzw. weißlichen Belägen
(möglicherweise stark in Leim getränktes Papier; nachträglich eingefügt) ausgekleidet.
Gesamt L: 1130 (1170)
Decke L: 643
B: 292 / 222 / 355
Wölbungshöhe Decke (max.): um 27
Decke S:
I) 2,5-2,6 II) 2,5-3,2 III) 2,5-3,1
IV) 2,0-2,4 V) 2,0-2,8
Deckenmensur: 358
Schallöcher: L 116, A oben 170, A unten 255
Zargen H: 80 / 120 / 120 / 119
Zargen S: 0,8-1,3
Boden L: 665
Wölbungshöhe Boden (max.): um 14
Boden S:
I) k.M. II) 1,7-2,5 III) 2,5-3,0
IV) 1,4-1,6
MONTURTEILE:
Hals und Wirbelkasten: Ahorn. An den Wirbelkasten angeschäfteter, fein geschnitzter
Frauenkopf mit charakteristischem Diadem über der hohen Stirn und breit angelegter Frisur,
deren Langhaar an den Seiten in flachen Locken herabhängt und unten mit je einer
vierzipfligen Schleife zusammengehalten wird; am Hinterkopf befindet sich ein aufgesetzter
Haarknoten, von dem ein zweiteiliges Tuch herabfällt; den Hals ziert eine aus dem Holz
geschnitzte Perlenkette. Der Kopf entspricht in allen Einzelheiten den bekannten Tielkeschen
Frauenköpfen2, die er am häufigsten für seine Instrumente verwendete.
Wirbelkastenvorderkanten mit kurzen, verzierenden Einstichen versehen. Der untere
Wirbelkastenabschluß ist auf der Rückseite mit einem Schnitzwerk in Form einer halben
Blüte verziert. 6 Wirbel aus Palisander mit Beinknöpfchen; oberstes Wirbelloch ausgebuchst.
Keine Bünde vorhanden.
Halsmensur: 286
Hals S: 29 / 30 / 37
Wirbelkasten L: 227
Wirbelkasten B innen: 17...37, außen: 32...55
Kopf B: 46
Griffbrett und Obersattel: Ebenholz.
Griffbrett L: 495
Griffbrett B: 53...73
Steg: Ahorn. Die starken Abnutzungsspuren um den jetzigen Stegstandort herum deuten auf
verschiedene Stegorte in früherer Zeit hin.
B / S / H: 102 / 10 / 90
Untere Saitenbefestigung: Einhängung des schwarz lackierten, seitlich mehrfach geschweiften
und mit einem Palisandersattel versehenen Saitenhalters in einen Pflock aus Palisander, der
nur zu etwa zwei Dritteln in die Unterzarge eingelassen ist; der restliche Freiraum am
Zargenzusammenstoß ist mit einem Holzstreifen zugesetzt. Im Pflock befindet sich zusätzlich
ein profiliert gedrechselter Hohlknopf aus Palisander.
1
2
Vgl. Hellwig 1980, S. 60.
Vgl. Hellwig 1980, S. 68-76.
VIOLE DA GAMBA - INV.NR.
1
32
Saitenhalter L: 230
Saitenhalter größte B / kleinste B: 80 / 35
Besaitung: Das Instrument ist für 6 Saiten konzipiert, davon sind derzeit 5 Saiten vorhanden,
wobei die 2 oberen aus Darm und die 3 unteren metallumsponnen sind.
Stimmung: D-G-c-e-a-d’.
Wie bei den anderen Viole da gamba auch weist der Steg auf der dem Spieler zugewandten
Seite eine Beschriftung bezüglich der Stimmungen der einzelnen Saiten auf (s. Abb.). Die
Notierung dieser Tonbuchstaben könnte möglicherweise von Schumacher stammen; ein
Vergleich mit dessen Handschrift erbrachte jedoch kein eindeutiges Ergebnis.
Schwingende Saitenlänge: 650
ÜBERZUG:
Dunkelbrauner, spröder Lack, der an vielen Stellen abgesprungen ist. Die restaurierten
Schadstellen sind mit ähnlich gefärbtem Lack retuschiert.
ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN:
Die oberste Saite (d’) fehlt. Die Corpusränder und der Wirbelkastenkopf weisen vermehrt
Wurmfraßlöcher auf. Boden und Decke im Bereich der Mittelfugen und an den Rändern stark
zerkratzt. Deckenrisse älteren Datums restauriert; auffällig ist der sich über nahezu die ganze
Corpuslänge erstreckende Riß in der Deckenmitte, wo im Falle einer zweigeteilten Decke
gewöhnlich die Mittelfuge verläuft. Offene Bodenfuge und Zargenrisse. Deckenrand
weitestgehend dubliert und an der Unterzarge teilweise ersetzt. Decken- und Bodenwölbung
deutlich verzogen.
Die Schaftspuren am Kopfansatz und die eingelegten Ebenholzstücke am oberen Zargenrand
weisen auf das Einsetzen eines neuen Halses mit Wirbelkasten hin. Der aktuell vorliegende
Hals wurde erst im Rahmen eines Restaurierungsvorganges zu Schumachers Zeiten ersetzt,
bei dem das zwischenzeitlich als Violoncello eingerichtete Instrument in seinen
ursprünglichen Zustand als sechssaitige Viola da gamba zurückversetzt wurde.1 Dabei sind
Wirbel, Griffbrett, Steg, Saitenhalter und Saitenhalterbefestigung ebenfalls erneuert worden.
Sowohl die aktuell bestehende, eher ungewöhnliche Hals-Oberklotz-Verbindung, die von
einer von außen durch den Halsstock eingetriebenen Schraube gesichert wird und die man
ferner bei der Baß-Viola da gamba Inv.Nr. 2 findet, als auch die Tatsache, daß in beiden
Instrumenten im Zuge früherer Reparaturen dasselbe auffällige, weißliche Material zur
Ausfütterung im Zargen- und Bodenbereich verwendet wurde, spricht für ein und denselben
Restaurator. Vermutlich war dies Hermann Seyffarth aus Leipzig, der im Jahr 1903 von
Schumacher beauftragt wurde, einige der Streichinstrumente spielbar zu machen. Mit
Sicherheit läßt sich seine Arbeit jedoch nur an der Alt-Gambe Inv.Nr. 5 nachweisen, die eine
Signatur aus seiner Hand aufweist.
PROVENIENZ:
Aus der Sammlung H. Schumacher. Im Fundortkatalog desselben (S. 21) ist die Stadt Brüssel
als Erwerbsort vermerkt.
Joachim Tielke, einer der hervorragendsten und bekanntesten Lauten- und Geigenmacher
seiner Zeit, wurde 1641 in Ostpreußen (vermutlich Königsberg) geboren und starb 1719 in
Hamburg, wo er sich - nach einer längeren Lebens- und Schaffensphase in Italien niederließ.2 Tielke erlangte insbesondere durch die auffallend prachtvolle und aufwendige
Ausstattung seiner Instrumente große Berühmtheit.
1
Dokumentiert ist dieser Vorgang durch zwei Bilder in Schumachers Fotoalbum, die jeweils den Zustand vor
und nach der Restauration wiedergeben (vgl. die Abbildungen auf S. 11/12, Nr. 63 in dieser Arbeit).
2
Vgl. Kinsky 1912, S. 644ff.
VIOLE DA GAMBA - INV.NR.
1
33
Signierung, Gestaltungs- und Konstruktionsmerkmale lassen keine Zweifel an der
Authentizität des vorliegenden Instruments aufkommen. Charakteristische Merkmale wie der
Umriß, die gewölbte Bodenkonstruktion, die doppelten Randeinlagen der ohne Hohlkehle
auslaufenden Decke, die Bekrönung durch den Tielkeschen Frauenkopf und die Anlage der
Innenteile stimmen mit den kennzeichnenden Kriterien vergleichbarer Instrumente von Tielke
aus dieser Schaffensperiode überein.1
LITERATUR:
- Schumacher: Handschriftlicher Katalog, Nr. 63, S. 90. Fundortkatalog Nr. 63, S. 21.
- Vannes 1956, Nr. 76, S. 16.
- Hellwig 1980, S. 225 Nr. 64.
- Nirrnheim, S. 455 Nr. 14.
- Heyer, S. 646 Nr. 37.
- Hellwig 1964, S. 33.
BILDNACHWEIS:
Von li. nach re. bzw. von oben nach unten: Vorder-, Seiten-, Rückgesamtansicht,
Wirbelkasten mit Kopf, Steg mit Stimmungsangabe, Skizze der Innenkonstruktion, Schalloch.
1
Ausführliche Beschreibung dieser Instrumente in: Hellwig 1980, S. 57-62.
VIOLE DA GAMBA - INV.NR.
1
34
VIOLE DA GAMBA - INV.NR.
35
2
Inv.Nr. 2
Baß-Viola da gamba (6 Saiten)
Süddeutschland, 17./18. Jahrhundert
SIGNATUR:
Keine Signatur vorhanden; oberhalb des linken Schallochs an der Decke Reste eines Zettels
sichtbar, nicht zu identifizieren (Reparaturzettel?).
CORPUS:
Geschweifter Umriß mit runden, lang herausgezogenen Schultern und einer Einschnürung in
der unteren, eckenlosen Hälfte. Randüberstand an Decke und Boden.
Decke: zweiteilig. Fichte mit feinen bis mittelbreiten, teilweise welligen Jahresringen. Hohe,
rasch aufwärts steigende Wölbung, die oben einen breiten Rücken bildet und in einen breiten
Rand ohne Hohlkehle ausläuft. Das Fehlen einer Gegenwölbung im Randbereich bei einer
ziemlich hohen Wölbung wirkt bei vorliegendem Instrument unfertig und unvollkommen.
Einfache dreispänige Randeinlage. Flammenförmige Schallöcher mit Unterpunktloch und
kleinem gestielten Seitenpunkt.
Zargen: Ahorn in Radialschnitt mit leichter, regelmäßiger Flammung. Unterzarge zweiteilig.
Boden: zweiteilig. Ahorn, nach der Schwarte geschnitten. Flach, mit hoch sitzender
Abknickung. Verrundetes Bodenblatt. Aufgemalte dreilinige Randader, die unter dem Blatt zu
einem Blütenornament zusammenläuft, an einigen Stellen schon stark verblaßt.
Zur Innenkonstruktion: flacher, halbrunder Oberklotz aus neuerer Zeit, der wie bei vorigem
Instrument (Inv.Nr. 1) mit einer von außen gedübelten Halskonstruktion versehen ist (runde
Auskleidung auf dem Halsfuß sichtbar). Rechteckiger Unterklotz mit verrundeten Kanten,
durch den der runde Zapfen des Knopfes gesteckt ist; Unterklotz möglicherweise original.
Schmale Reifchen an Decke und Boden. Eckklötze und Stimmstock vorhanden. Das die ganze
Bodenbreite einnehmende Stimmstockbrett verschmälert sich baßseitig und ist an den
Rändern abgeflacht. 3 Bodenquerbalken, je 1 auf Höhe der Abknickung, oberhalb der
Schallöcher und bei den Einschnürungen angebracht. Zwischen oberstem und unterstem
Bodenbalken ist die Mittelfuge durch breitere, rechteckige Holzbeläge quer zu dieser
verstärkt. An der Decke ist ein ovales Stimmstockfutter neueren Datums eingesetzt. Baßseitig
neben dem eingeleimten Baßbalken sind zur Sicherung der Decke Stützklötzchen
abwechselnd mit Papierstreifen aus neuerer Zeit sichtbar. Ebenso dürften die harten,
weißlichen Beläge, die zur Sicherung der Rißbildungen an Boden und Zargen aufgelegt
wurden, eine spätere Ergänzung eines Restaurators sein (vgl. Inv.Nr. 1).
Gesamt L: 1145 (1182)
Decke L: 650
B: 320 / 240 / Unterbügel zwei Maße: 380 / 340
Wölbungshöhe Decke (max.): um 30
Randüberstand Decke: 4
Decke S:
I) 4,0-5,5 II) 1,4-2,0 III) 2,0
IV) 2,4-2,7 V) 3,5-3,8
Deckenmensur: 365
Schallöcher: L 130, A oben 185, A unten 305
Zargen H: 90 / 110 / 110 / 108
Zargen S: 1,1-1,7
Boden L: 665; unterer Rand bis Knick: 555
Boden: geknickt um 13°
Randüberstand Boden: 3
Boden S:
I) 2,5 II) 2,5 III) 2,1-2,6
IV) 2,3-2,5
MONTURTEILE:
Hals und Wirbelkasten: aus Ahorn. Der Überstand des Halsstocks auf der Decke läßt auf
einen in den Oberklotz eingelassenen Hals schließen. Sorgfältig geschnitzter, rundlicher
Löwenkopf mit eingesetzter Zunge aus Elfenbein (?), die aus dem mit 2 Zahnreihen zu je
10 Zähnen bestückten Maul herausragt; das Maul ist großräumig geschwärzt, und im Bereich
der Zahnreihen sind Reste roter Farbe erkennbar; Kopf möglicherweise angeschäftet (obwohl
keine Schaftspuren offensichtlich sind, läßt der gerade abgeschnittene Abschluß der
Löwenmähne an den Wirbelkastenseitenwänden Zweifel an einer Einheit von Wirbelkasten
VIOLE DA GAMBA - INV.NR.
2
36
und Kopf aufkommen). Wirbelkastenwände aufgedoppelt. 1 Wirbelloch ausgebuchst und neu
gebohrt. 6 Wirbel aus Palisander. Keine Bünde vorhanden.
Halsmensur: 295 (305)
Hals S: 30 / 32 / 35
Wirbelkasten L: 226
Wirbelkasten B innen: 17...34, außen: 36...47
Kopf B: 46
Griffbrett und Obersattel: Ebenholz.
Griffbrett L: 552
Griffbrett B: 50...60
Steg: Ahorn.
B / S / H: 90 / 10 / 87
Untere Saitenbefestigung: schwarz lackierter, geschweifter Saitenhalter, der mit einer
Darmschlinge an einem Hohlknopf aus Palisander befestigt ist. Weit in die Unterzarge
hineinreichender Untersattel aus Ebenholz.
Saitenhalter L: 220
Saitenhalter größte B / kleinste B: 75 / 29
Untersattel B: 68
Besaitung: 6 Saiten, davon derzeit die fünf oberen aus Darm und die unterste
metallumsponnen.
Stimmung: D-G-c-e-a-d’.
Mit Bleistift ist diese Stimmung auf der dem Spieler zugewandten Seite des Steges unterhalb
der jeweiligen Saiten vermerkt (vgl. Inv.Nr. 1); der Tonbuchstabe für die oberste Saite (d’)
fehlt.
Schwingende Saitenlänge: 672
ÜBERZUG:
Mittelbrauner Öllack mit großflächigen, dunkelbraunen Retuschen an Decke, Boden und
Zargen.
ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN:
Starker Wurmbefall besonders an Boden und Kopf; teilweise sind die Wurmlöcher
ausgekittet. Mehrere Rißreparaturen an Decke, Boden und Zargen; offene Risse an Boden und
Zargen. Eingesetztes Zargenstück an baßseitiger Unterzarge. Baßseitig neben dem
Saitenhalter ist die Decke mit einem Holzspan aus grobjähriger Fichte ausgeflickt; in diesem
Bereich wurde auch die Randeinlage der Decke erneuert. Die Deckenwölbung ist im Bereich
des Steges weiträumig deformiert.
Hals, Wirbel, Griffbrett, Steg, Knopf und Saitenhalter neuzeitlich ergänzt; Kopf
wahrscheinlich ebenfalls nicht original zugehörig.
PROVENIENZ:
Aus der Sammlung H. Schumacher. Laut den Angaben in seinem Fundortkatalog (S. 21) hat
Schumacher diese Viola da gamba im „Ausland“ erworben.
Die Zuschreibung des vorliegenden Instruments an Ernst Busch (um 1590 - 1648) in
Nürnberg1 muß als sehr zweifelhaft angesehen werden, da weder die äußerlichen Merkmale
wie Umriß, Löwenkopf und Schallochform noch die Innenkonstruktion mit Buschs
Instrumenten übereinstimmt.2
Das augenfälligste Merkmal dieser Baß-Viola da gamba ist sicherlich ihr geschweifter Umriß.
Derartige barocke Umrißformen mit ein oder mehreren Einschnürungen lassen sich im 17.
und 18. Jahrhundert vor allem sowohl in Süddeutschland bzw. Italien als auch in
Norddeutschland und England nachweisen. Die vorliegende Schallochform mit der unteren
1
2
Vgl. H. Schumacher: Handschriftlicher Katalog, S. 89 und Vannes 1956, S. 16.
Zur weiteren Abgrenzung vgl. Martius/Schulze 1991, S. 145-183.
VIOLE DA GAMBA - INV.NR.
2
37
F-Lochmündung scheint jedoch nicht typisch englisch zu sein, sondern eher aus dem
kontinentalen, mitteleuropäischen traditionellen Gambenbau zu stammen.1 Diese Annahme
wird durch die Existenz einer Baß-Viola da gamba2 von Thomas Edlinger (Augsburg) aus
dem Jahre 1673 gestützt, die nicht nur dieselbe Schallochform wie vorliegende, anonym
überlieferte Gambe, sondern auch den gleichen geschweiften Corpusumriß aufweist.
Zusammen mit den ebenfalls grob übereinstimmenden Corpusmaßen sprechen diese
Analogien für eine Herkunft des fraglichen Instruments aus dem süddeutschen Raum und
machen eine Einordnung in das Umfeld Thomas Edlingers aus Augsburg wahrscheinlich.
LITERATUR:
- Schumacher: Handschriftlicher Katalog, Nr. 62, S. 89. Fundortkatalog Nr. 62, S. 21.
- Vannes 1956, Nr. 77, S. 16.
- Martius/Schulze 1991, S. 163 bzw. S. 170f.
BILDNACHWEIS:
Von li. nach re. bzw. von oben nach unten: Vorder-, Seiten-, Rückgesamtansicht,
Wirbelkasten mit Kopf, Schalloch.
1
Freundliche mündliche Auskunft von Thomas Drescher (Basel) am 23.09.00.
Ausgestellt in der Ueno Gakuen collection in Tokio, Inv.Nr. 3. Vgl. Catalogue of the european musical
instruments of the XVIIth, XVIIIth and XIXth centuries in the Ueno Gakuen collection, S. 21f. u. 151.
2
VIOLE DA GAMBA - INV.NR.
2
38
VIOLE DA GAMBA - INV.NR.
39
3
Inv.Nr. 3
Baß-Viola da gamba (7 Saiten)
René Imber, Lyon, 1707
SIGNATUR:
Handgeschriebener Zettel: René Imber a Lyon // 1707.
CORPUS:
Gambencorpus standardisierter Form.
Decke: obere Corpuspartie aus 5, die untere aus 7 Spänen zusammengesetzt. Späne aus Fichte
mit mittelbreiten, teilweise welligen Jahresringen. Flache, durch Biegen der Späne
entstandene Wölbung mit breitem Rücken, ohne Hohlkehle. Einfache dreispänige
Randeinlage, die an einigen Stellen nachgebessert wurde und am baßseitigen Unterbügel ganz
fehlt. C-Löcher.
Zargen: eng- bis weitgeflammter Ahorn in Radialschnitt. Unterzarge zweiteilig.
Boden: zweiteilig. Enggeflammter Ahorn in Radialschnitt. Flach, im oberen Teil abgeknickt.
Keine Randeinlage vorhanden. Blatt mit dachartigem Abschluß.
Zur Innenkonstruktion: Flacher, halbrunder Oberklotz, an den Seiten mit Leinenstreifen
verklebt. Hals-Oberklotz-Verbindung doppelt genagelt. Ungewöhnlich kleiner, aber originaler
Unterklotz, eckig und an den Kanten abgeschrägt. Im Boden je 1 Paßstift am Ober- bzw.
Unterklotz. Bodenfuge mit einem in den Oberklotz eingesetzten und am Unterklotz stumpf
endenden Längsbalken belegt, der für das die ganze Corpusbreite einnehmende
Stimmstockbrett unterbrochen ist. Bodenquerbalken auf Knickhöhe, für den Längsbalken eine
Auslassung aufweisend. Dünne, abgerundete Deckenreifchen. Anstelle von Bodenreifchen
und Eckverstärkungen sind Leinenbeläge eingeklebt. Deckenfugen mit Pergamentstreifen
gesichert. Risse in Decke und Boden ebenfalls mit Pergament bzw. in einem Fall mit
rechteckigem Klötzchen belegt. Neuer, großer Baßbalken eingeleimt.
Gesamt L: 1240 (1280)
Decke L: 690
B: 322 / 240 / 390
Wölbungshöhe Decke (max.): um 26
Decke S:
I) 2,5 II) 1,5-1,8 III) 2,5-3,2
IV) 1,3-1,9 V) 2,2-2,6
Deckenmensur: 375
Schallöcher: L 110, A oben 167, A unten 280
Zargen H: 90 / 130 / 133 / 134
Zargen S: 0,9-1,4
Boden L: 735; unterer Rand bis Knick: 580
Boden: geknickt um 26°
Boden S:
I) 1,5 II) 1,2
III) 1,2 IV) 1,2-1,4
MONTURTEILE:
Hals und Wirbelkasten: sehr flacher Hals aus Hartholz, der an beiden Seiten mittels zweier
Ansätze verbreitert worden ist. Zwischen Bodenblatt und vorderem Halsstock ist ein
Zwischenstück eingesetzt (s. Abb.). Sorgfältig geschnitzter Greisenkopf mit dickkrempiger
Mütze; die Gesichtszüge sind charaktervoll herausgearbeitet. Wirbelkastenvorderkanten mit
Flachschnitzerei (Wappenmusterband ) versehen. 7 Wirbel aus Palisander, von denen 5 in
ausgebuchsten Wirbellöchern stecken. Keine Bünde vorhanden.
Halsmensur: 325
Hals S: 22 / 24 / 27
Wirbelkasten L: 205
Wirbelkasten B innen: 17...40, außen: 35...58
Kopf B: 51
Griffbrett und Obersattel: geschwärztes Griffbrett, das durch einen Ansatz auf jeder Seite
verbreitert wurde. Obersattel aus Ebenholz.
Griffbrett L: 460
Griffbrett B: 51...78
Steg: Ahorn. Angesetzte Fußstücke zur Erhöhung des Steges aus Ahorn. Auf Stegrückseite
mit Bleistift „Saitenhalter“ notiert.
VIOLE DA GAMBA - INV.NR.
3
40
B / S / H: 102 / 10 / 90
Untere Saitenbefestigung: Einhängung des schwarz lackierten Saitenhalters in einen ebenfalls
geschwärzten Pflock, der mit zwei Nägeln am Unterklotz fixiert wurde, Nägelköpfe
abgezwickt. Der Saitenhalter weist 9 Löcher (in 2 Reihen angeordnet) zur Saitenbefestigung
auf. Im Pflock bzw. im Unterklotz befindet sich eine Öffnung, die zu Zeiten der Nutzung des
Instruments als Violoncello einem Hohlknopf Raum bot.
Saitenhalter L: 270
Saitenhalter größte B / kleinste B: 67 / 42
Besaitung: Das Instrument ist mit 3 Darmsaiten und 4 umsponnenen Saiten ausgestattet.
Stimmung: A-D-G-c-e-a-d’.
Beschriftung des Steges nach oben genannter Stimmung (vgl. Inv.Nr. 1); Buchstabe für die
A-Saite nicht notiert.
Schwingende Saitenlänge: 705
ÜBERZUG:
Dunkelbraun-rötlicher Lack; dieser an der Decke krakeliert und an den Fugen- und
Rißreparaturstellen streifenförmig abgewaschen.
ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN:
Das Instrument ist stark renovierungsbedürftig. Der Stimmstock hat sich gelöst und liegt dem
Instrument als externes Teil bei. Kleinere, offene Risse an Decke und Zargen; massivere, zum
Teil schon restaurierte Beschädigungen im unteren Corpusteil des Bodens, im Bereich der
Bodenfuge und der Abknickung.
Das Instrument zeigt deutliche Spuren mehrerer Um- bzw. Rückbauten. Es wurde
zwischenzeitlich als Violoncello verwendet,1 worauf heute noch das Vorhandensein eines
Hohlknopfloches im Pflock, die Verbreiterung des Griffbretts sowie des Halses und das
Ausbuchsen der meisten Wirbellöcher hinweist. Beim Wiedereinrichten zur Viola da gamba
wurde nicht nur der Hals samt Wirbelkasten und das Griffbrett beibehalten, sondern auch der
Saitenhalter wiederverwendet, indem in diesen lediglich weitere Löcher zur Saitenaufhängung
eingebohrt wurden. Trotz eingreifender Veränderungen könnte der Hals (ohne die
Seitenansätze) mit dem verkanteten Halsstock original zum Instrument gehörig gewesen sein.
Aus welchem Stadium die Verlängerung des Halsstockes durch ein Zwischenstück stammt
und welche Funktion dieser Eingriff hatte, läßt sich heute nicht mehr eindeutig rekonstruieren.
Vermutlich sollte auf diese Weise der Halsüberstand über der Decke nach vorne vergrößert
werden. Nicht erklärbar ist allerdings, daß das Zwischenstück dem Aussehen nach
ursprünglich zum Halsstock gehörig erscheint (s. Abb.).
PROVENIENZ:
Aus der Sammlung H. Schumacher. Im Fundortkatalog (S. 21) desselben ist die Stadt
St. Gallen als Erwerbsort vermerkt.
René Imber wirkte Anfang des 18. Jahrhunderts in Lyon und ist wohl mit dem bei Vannes2
genannten René Inbert bzw. René Inber identisch. Nähere Angaben über das Leben und
Wirken des Geigenbauers können an dieser Stelle nicht gegeben werden, da bis auf die
vorliegende Baß-Viola da gamba und eine Tromba marina aus dem Jahre 1715 (Paris,
1
Vgl. Schumacher: Handschriftlicher Katalog, S. 88; Fotoalbum (vgl. Abbildungen S. 11/12, Nr. 61 in dieser
Arbeit).
2
Vannes 1951, Bd. I, S. 172, Bd. II, S. 26 u. 125.
VIOLE DA GAMBA - INV.NR.
3
41
Sammlung Stephané Dervillé, Nr. 81)1 kein weiteres Instrument erhalten zu sein scheint und
auch sonst keine Angaben in den einschlägigen Quellen zu finden waren. Man kann aufgrund
der fachmännischen Arbeit, die vorliegende Viola da gamba aufweist, nur vermuten, daß
Imber professioneller Geigenbauer war und weitere Instrumente verfertigt hat.
Die bautechnischen Elemente des Instruments stimmen mit der charakteristischen
französischen, teilweise von den Engländern übernommenen Bauweise im 17./18. Jahrhundert
überein: Typisch für französische Gamben ist nicht nur das Hinzufügen einer siebten Saite,2
um den Tonumfang nach unten zu erweitern, sondern auch der Bau mit
Pergamentversteifungen an den Fugenverbindungen und auf Gehrung geleimte Zargen anstatt
dem Einsetzen von Innenreifchen und Eckklötzen. Einer zeitsparenden, produktiven
Bauweise, die aufgrund der steigenden Nachfrage ab dem 17. Jahrhundert, als die englische
Gambenmode auch auf Frankreich überzugreifen begann, vielfach praktiziert wurde, war
weiterhin die auch hier angewandte Deckenkonstruktion aus mehreren gebogenen Streifen
zuträglich. Derartig gefertigte Decken findet man gehäuft bei Zeitgenossen Imbers wieder,
wie beispielsweise bei dem Pariser Geigenbauer Michel Collichon (fl. 1666-1693).3
LITERATUR:
- Schumacher: Handschriftlicher Katalog, Nr. 61, S. 88. Fundortkatalog Nr. 61, S. 21.
- Vannes 1956, Nr. 78, S. 17.
- Vannes 1951, Bd. II, S. 26.
- König 1985, S. 67/68 u. S. 84-87.
1
Genannt in Adkins/Dickinson 1991, Bd. 1, S. 125. Dort ist der Name René Imbert angegeben. Vannes 1951
(Bd. I, S. 172) ordnet die fragliche Tromba marina jedoch zeitlich ins 16. bis Anfang des 17. Jahrhunderts ein
und beschreibt einen zugehörigen Brandstempel, der die Inschrift „Inber, Lyon“ wiedergibt. In einer der
frühesten bekannten Quellen über das Instrument (F. Galpin: Mr. Prin and His Trompette Marine. In: Music and
Letters XIV, 1933, S. 27), aus der sowohl Adkins/Dickinson als auch Vannes ihre Informationen gezogen zu
haben scheinen, taucht der Name Imber Lyon sowie Imbert auf. Weitere klärende Forschungen bezüglich der
Namensgebung und des Wirkens dieses Geigenbauers wären wünschenswert, lassen sich in dieser Arbeit jedoch
nicht weiter intensivieren.
2
Es wird davon ausgegangen, daß das Instrument schon vor seinem Umbau zum Violoncello mit 7 Saiten
ausgestattet war.
3
Vgl. Otterstedt 1994, S. 146ff.
VIOLE DA GAMBA - INV.NR.
3
42
BILDNACHWEIS:
Von li. nach re. bzw. von oben nach unten: Vorder-, Seiten-, Rückgesamtansicht,
Wirbelkasten mit Kopf, Signaturausschnitt, Halsstockkonstruktion, Schalloch.
VIOLE DA GAMBA - INV.NR.
3
43
VIOLE DA GAMBA - INV.NR.
44
4
Inv.Nr. 4
Alt-Viola da gamba (5 Saiten)
Georg Aman, Augsburg, 1705
SIGNATUR:
Druckzettel: Georg Aman, Lauten- // und Geigen-Macher, in // Augspurg, 17 [hs.:] 05
Auf dem Stimmstock ist handschriftlich mit Bleistift der Name „Aman“ vermerkt.
CORPUS:
Kleineres Altmodell in klassischer Gambenform mit annähernd rechtwinkligen Ecken.
Decke: zweiteilig. Fichte mit fein- bis mittelbreiten, sehr regelmäßig verlaufenden
Jahresringen. Mittelhohe Wölbung mit deutlich ausgeprägter Hohlkehle. Einfache dreispänige
Randeinlage. Wenig geneigte, eng zueinander geschnittene, flammenförmige Schallöcher mit
gestieltem Seitenpunkt. Unter dem Griffbrettende ist eine kleine Schallöffnung in Herzform
ausgestochen.
Zargen: Ahorn in Radialschnitt mit kurzen, unregelmäßigen, überwiegend abgesetzten
Flammen. Durchgehender Verlauf der Unterzarge. Eingesetzte Zargenstücke im Unter- bzw.
Oberbügel.
Boden: aus einem Stück bestehend. Ahorn in Schwartenschnitt mit zu den Rändern hin
deutlicher Flammung. Flach und im oberen Corpusbereich schwach abgeknickt. Keine
Randader vorhanden. Gekantetes Bodenblatt. Im unteren Corpusteil an beiden Seiten jeweils
ein schmaler Streifen angesetzt.
Zur Innenkonstruktion: eckiger Oberklotz, darin ein altes Nagelloch mit einem Holzdübel
zugesetzt; baßseitig neben dem Oberklotz ist ein Eckklötzchen in voller Zargenhöhe
eingesetzt, das zusammen mit einem Paßstift der Ausflickung an der Oberzarge mehr Halt
bietet. Trapezförmiger Unterklotz. Im Boden am Oberklotz weiterer Paßstift.
Stimmstockbrett, Stimmstockfutter, Eckklötze, eingesetzter, vermutlich originaler Baßbalken,
Stimmstock und Innenreifchen vorhanden. Um den Stimmstock ist eine schwarze Schnur mit
2 langen Enden gebunden, die höchstwahrscheinlich im Rahmen einer späteren Restaurierung
zur Stimmstockpositionierung im Corpus belassen wurde. Je ein sich an den Enden
verjüngender und stumpf an die Bodenreifchen anstoßender Bodenquerbalken im oberen
Corpusteil unterhalb der Abknickung und etwa in der Mitte der unteren Corpuspartie. An der
Decke im Bereich der Schallöcher, der Stegstelle und des Baßbalkens Verstärkungen durch
Pergament- und Holzklötzchenbeläge sichtbar. Partielle Auskleidung der Zargen mit
Holzbelägen.
Gesamt L: 770 (777)
Decke L: 420
B: 210 / 152 / 250
Wölbungshöhe Decke (max.): um 18
Decke S:
I) 2,2-2,4 II) 2,2-2,5 III) 1,5-2,0
IV) 1,6-2,1 V) 1,7-3,1
Deckenmensur: 220
Schallöcher: L 100, A oben 95, A unten 158
Zargen H: 46 / 67 / 67 / 68
Zargen S: 1,1-2,1
Boden L: 440; unterer Rand bis Knick: 345
Boden: geknickt um 9°
Boden S:
I) 3,0 II) 1,9-2,1
III) 2,1-2,2 IV) 1,6-1,7
Herz: 13 x 12; Schallochlage v. o.: 100
MONTURTEILE:
Hals und Wirbelkasten: Hals mit Wirbelkasten und Kopf aus Birne. Der Halsfuß ist durch
einen etwa 15 mm hohen Sockel erhöht worden; der übrige Hals zeigt sich heute aus
mehreren Teilen zusammengestückelt, so daß sich kaum Aussagen über seine ursprüngliche
Grundgestalt machen lassen. Zum Wirbelkasten gehörender Löwenkopf mit gescheitelter,
langer Mähne, faltigen Gesichtszügen, kräftig ausgeprägter Oberlippe und aus weit
geöffnetem Maul herausragender, eingesetzter Zunge. Vorliegender Kopf ähnelt in seiner
Gestalt den Löwenköpfen Jacobus Stainers (um 1617-1683). Dieser Zusammenhang ist
VIOLE DA GAMBA - INV.NR.
4
45
insofern nicht verwunderlich, als Aman bekannterweise nach einem Stainer-Modell arbeitete1
und daher auch hinsichtlich der Wirbelkastenabschlüsse sein Vorbild nachgeahmt haben kann.
In diskantseitiger Wirbelkastenwand keilförmige Ausflickung. 5 Wirbel aus Obstholz
(Zwetschge?), wobei der oberste Wirbel dem übrigen Wirbelsatz nicht zugehörig ist. Keine
Bünde vorhanden.
Halsmensur: 185
Hals S: 23 / 28 / 34
Wirbelkasten L: 160
Wirbelkasten B innen: 8...27, außen: 22...38
Kopf B: 40
Griffbrett und Obersattel: dunkel lackiertes Griffbrett, das eine keilförmige Kontur besitzt und
an seiner Unterseite über der Decke 2 Einkerbungen aufweist. Obersattel aus Ebenholz.
Griffbrett L: 280
Griffbrett B: 27...54
Steg: Ahorn.
B / S / H: 54 / 7 / 50
Untere Saitenbefestigung: Der geschwärzte, seitlich geschweifte Saitenhalter ist in einen
ebenfalls geschwärzten Pflock eingehängt, der oberhalb des Unterrandes durch die Decke
geführt und in den Unterklotz eingelassen ist.
Saitenhalter L: 160
Saitenhalter größte B / kleinste B: 53 / 25
Besaitung: Das Instrument ist für 5 Saiten konzipiert; zur Zeit nur 3 Darmsaiten und
1 umsponnene Saite vorhanden.
Stimmung: uneinheitlich.
Schumacher gibt in seinem handschriftlichen Katalog (S. 91/92) sowohl für vorliegendes
Instrument als auch für Inv.Nr. 5 die Stimmung d/c-g-c’-e’-a’ an, und man findet diese
ebenfalls mit Bleistift auf den Stegen notiert wieder (vgl. Inv.Nr. 1). Diese Stimmungsangabe
sollte jedoch mit Vorsicht betrachtet und nicht als die alleinig gültige angesehen werden, da
Entstehung und Verwendungsgewohnheiten der fünfsaitigen Viole da gamba in dieser
Formgestalt bis heute nicht geklärt werden konnten (s.u.) und jene Stimmung in keiner der
von der Verfasserin verwendeten Quellen zu finden war.
Schwingende Saitenlänge: 408
ÜBERZUG:
Rotbrauner, recht spröder Lack, der an vielen Stellen leicht geronnen ist.
ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN:
Oberste Saite fehlend. Geringer Wurmbefall an Wirbelkasten und Kopf, teilweise ausgekittet.
Der Boden ist im Bereich der unteren Corpuspartie geringfügig eingesunken. Die
Ausflickungen an Boden, Zargen und Wirbelkasten und die einschneidenden Arbeiten im
Halsbereich lassen auf mindestens einen Restaurationsvorgang schließen, im Zuge dessen
vermutlich auch Griffbrett und Saitenhalter neu nachgebildet wurden. Möglicherweise wurde
das oberste Wirbelloch erst in neuerer Zeit gebohrt. Indizien dafür bieten der von dem übrigen
Wirbelsatz in seiner Gestalt abweichende, oberste Wirbel und die unten auffallend gerade
endende Mähne des Löwenkopfes, die möglicherweise nachträglich gestutzt wurde, um für
einen neuen Wirbel Platz zu schaffen. Das Instrument zeigt sich bis auf kleinere Risse in
Boden und Zargen in einem guten Zustand.
PROVENIENZ:
Das nach Schumachers Tode in den Besitz seiner Geschwister übergegangene Instrument
wurde dem Richard-Wagner-Museum von diesen als Leihgabe zur Verfügung gestellt. In
1
Hamma 1986, Bd. I, S. 25.
VIOLE DA GAMBA - INV.NR.
4
46
Schumachers Fundortkatalog (S. 8) ist die vorliegende Alt-Gambe in der Kategorie „Privaten,
Händlern“ genannt und - wie einige andere Streichinstrumente auch - mit dem Namen „Züst“
versehen. Ob dieser Name Auskunft über den früheren Besitzer des Instruments gibt oder ob
hinter dieser Notiz nicht eher ein damals geplanter oder bereits ausgeführter
Restaurationsvorgang bei dem Geigenbauer mit diesem Namen steht (vgl. Signatur am
Oberklotz von Inv.Nr. 5), muß wohl offen bleiben.
Georg Aman ist 1671 in Vils (Tirol) geboren und übernahm die Werkstatt von Georg und
Mathias Wörle in Augsburg, wo er zahlreiche Instrumente aller Gattungen schuf. Zum
Todesdatum in Augsburg sind in den Quellen keine einheitlichen Angaben zu finden. Die
Daten schwanken zwischen 1723 (Vannes 1956, S. 39), 1731 bzw. nach 1731
(Lütgendorff/Drescher 1990 (Ergänzungsband), S. 8; Hamma 1986, Bd. 1, S. 25; Layer 1978,
S. 111) und 1734 (Bletschacher 1978, S. 189).
Das vorliegende Instrument entspricht mit seiner einteiligen Bodenkonstruktion, der
Verwendung von Birnbaumholz im Halsbereich und in seinen Dimensionen den
Gewohnheiten Amans.1 Ebenso läßt die Tatsache, daß der Zettel einem Vergleich mit anderen
Signierungen standhält,2 kaum Zweifel bezüglich der Authentizität aufkommen.
Problematisch allerdings erscheint die Einordnung der vorliegenden fünfsaitigen
Alt-Viola da gamba hinsichtlich anderer Gestaltungsmerkmale: Während die Länge des
Halses auf die übliche Spielweise der Viole da gamba in Beinhaltung abgestimmt ist, schließt
die Formgebung und die relativ niedrige Zargenhöhe ein Spiel auf dem Arm nicht aus. Des
weiteren fällt - wie auch bei Inv.Nr. 5 - die runde, violinähnliche Ausarbeitung des Halses auf,
die für das Anbringen von Darmbünden doch eher ungeeignet erscheint, da diese sofort
rutschen würden. Ähnliche Merkmale weisen acht Instrumente Joachim Tielkes auf (lediglich
insgesamt etwas kleiner mensuriert), dessen Einordnung von Kinsky 1912 (S. 429ff.) und
van der Meer 1972 (S. 547-555) als eine frühe Form der Viola d’amore ohne Resonanzsaiten
vorgeschlagen wurde. Van der Meer ordnet, nach einem intensiven Studium verschiedener
Schriften zwischen 1679 und 1738, auch andere fünf- bis sechssaitige gambenartige
Instrumente in dieser Größe mit relativ niedrigen Zargen aus dem Zeitraum von Mitte des 17.
bis Mitte des 18. Jahrhunderts diesem Typ zu. Jene Vermutung impliziert jedoch, daß die
fraglichen Instrumente auf dem Arm gespielt wurden und mit überwiegend metallenen Saiten
bezogen waren. Für die von Kinsky und van der Meer angebrachte These würden bei den
vorliegenden Instrumenten der bundfreie Hals und die für Alt-Gamben eher niedrige
Zargenhöhe sprechen. Die Metallsaiten könnten im Laufe der Jahrhunderte gegen Darmsaiten
ausgewechselt worden sein. Dennoch sei an dieser Stelle mitgeteilt, daß sowohl Inv.Nr. 4 als
auch Inv.Nr. 5, aufgrund ihrer Ausmaße, auf dem Arm sehr unbequem zu handhaben sind,3
was zwar keinen endgültigen Beweis für die Viole da gamba-Spielweise zwischen den Knien
darstellt, die Ergebnisse van der Meers bezogen auf vorliegenden Fall aber eher zweifelhaft
erscheinen läßt.
Wie einige erhaltene Instrumente beweisen (darunter auch die beiden vorliegenden
Exemplare), war die Herstellungsweise derartiger fünfsaitiger Gamben auch im süddeutschen
Raum nicht unbekannt. Es sei hier zusätzlich auf zwei weitere Instrumente verwiesen, die in
ihren Größenverhältnissen mit den besprochenen Objekten vergleichbar sind und hinsichtlich
ihrer richtigen Benennung auch einige Schwierigkeiten aufgeben dürften: Zum einen ist das
das vermutlich in Augsburg entstandene Instrument von Mathias Hummel (fl. 1681-1715) aus
der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts, welches im Katalog4 als Diskant-Viola da gamba
1
Vgl. Piegendörfer 1895, S. 8/9.
Vgl. Hamma 1986, Bd. 1, S. 26; Layer 1978, S. 184; de Wit 1910, Bd. 1, Tafel 1; Lütgendorff 1904, S. 11.
3
Auch Schumacher, der die Instrumente in Konzerten eingesetzt hat, bemerkt in seinem Fotoalbum, daß
Inv.Nr. 4 u. 5 in Beinhaltung gespielt wurden.
4
Brenner 1989, S. 14, Inv.Nr. 370.
2
VIOLE DA GAMBA - INV.NR.
4
47
aufgenommen ist; zum anderen die auf das Jahr 1696 datierte Alt-Gambe des Münchner
Instrumentenmachers Rudolph Höß (um 1650-um 1710).1
Um die hier angesprochenen Fragen bezüglich Funktion, Benennung und Spielweise der
fünfsaitigen Alt-Viole da gamba zu klären, wird in Zukunft noch gründliche Forschungsarbeit
zu leisten sein.
LITERATUR:
- Schumacher: Handschriftlicher Katalog, Nr. 64, S. 91. Fundortkatalog Nr. 64, S. 8.
- Vannes 1956, Nr. L4, S. 39.
- Piegendörfer, S. 8f.
BILDNACHWEIS:
Von li. nach re. bzw. von oben nach unten: Vorder-, Seiten-, Rückgesamtansicht,
Wirbelkasten mit Kopf, Schallöcher.
1
Otto/Adelmann 1975, S. 109, Inv.Nr. 4524.
VIOLE DA GAMBA - INV.NR.
4
48
VIOLE DA GAMBA - INV.NR.
49
5
Inv.Nr. 5
Alt-Viola da gamba (5 Saiten)
vermutlich Hermann Joseph Stoß, Augsburg, 1718
SIGNATUR:
Handgeschriebener Zettel1: Joseph Stoß laude, // und geig Macher zu // Augsburg ao 1718
Am Oberklotz gedruckter Reparaturzettel: J. K. ZÜST jun. ST. GALLEN // Geigenmacher und
Reparateur // 26 AUG. 92 // Specialität: ächt ital. Saiten & // Alte ächt ital. Instrumente
Auf der diskantseitigen Innenseite der Decke ist eine weitestgehend unleserliche Signierung
mit Bleistift vorgenommen worden, bei der es sich aber, dem zu entziffernden Wortlaut nach
zu urteilen [...Züst...St. Gallen...1892...], ebenfalls um einen Vermerk des oben genannten
Geigenbauers Züst handeln muß.
Handgeschriebener Reparaturvermerk mit Bleistift an baßseitiger Unterzarge: Repariert
Hermann Seyffarth // Leipzig - Gohlis 1903
CORPUS:
Gambencorpus klassischer Formgebung mit vollem Unterbügel, oben und unten annähernd
rechtwinkligen Ecken und lang herausgezogenem Blatt. Ungewöhnlich kurzer Hals.
Decke: zweiteilig. Fichte mit sehr feinen, nur baßseitig zum Rand hin breiter werdenden
Jahresringen. Nach ausgeprägter Hohlkehle steigt die Wölbung rasch aufwärts und bildet
oben einen breiten Rücken. Gemalte einlinige Randader. Flammenförmige Schallöcher mit
gestieltem Seitenpunkt. Unterhalb des Griffbrettendes befindet sich eine sorgfältig
geschnitzte, eingesetzte Holzrosette, die ein symmetrisch angelegtes Gittermuster darstellt,
das in der Mitte einen Stern bildet und zu den Rändern hin von einem Rankenornament
durchzogen ist.
Zargen: Ahorn in Radialschnitt mit kurzer, unregelmäßiger und überwiegend abgesetzter
Flammung. Unterzargenverlauf durchgehend.
Boden: zweiteilig. Ahorn in Radialschnitt mit regelmäßigen, von der Mitte aus schräg abwärts
verlaufenden Flammen. Flach, mit hochsitzender Abknickung. Keine Randeinlage vorhanden.
Der Boden läuft in ein langes, annähernd verrundetes Blatt aus.
Zur Innenkonstruktion: Eckiger, an den Kanten abgeschrägter Oberklotz, auf dem das Etikett
von Züst geklebt ist (s. Signatur); Oberklotz als separates Teil mit dem Halsstock verbunden.
Halbrunder Unterklotz, der mit dem Knopf verdübelt ist. Die Decke ist mit je 1 Paßstift am
Ober- und Unterklotz, der Boden mit 2 Stiften auf der Höhe des Blattes fixiert; ebenso sind
die Zargen baß- und diskantseitig durch Paßstifte mit dem Oberklotz verbunden.
Stimmstockbrett, Baßbalken, Innenreifchen, Eckklötze und Stimmstock vorhanden. Die
Bodenfuge ist mit 8 quadratisch zugeschnittenen, kleinen Fichtenbelägen gesichert. Je ein
Bodenquerbalken im oberen bzw. unteren Corpusteil sowie auf Höhe der Rosette, wobei der
mittlere Balken wahrscheinlich original ist, die äußeren, sich an den Enden verjüngenden
Verstärkungen jedoch nachträglich eingesetzt wurden.
Gesamt L: 768 (780)
Decke L: 460
B: 215 / 150 / 275
Wölbungshöhe Decke (max.): um 18
Decke S:
I) 2,5 II) 2,7-3,2 III) 2,7-3,2
IV) 2,0-2,7 V) 2,4-2,6
Deckenmensur: 241
Schallöcher: L 92, A oben 94, A unten 180
1
Zargen H: 55 / 77 / 75 / 76
Zargen S: 0,8-1,4
Boden L: 474; unterer Rand bis Knick: 390
Boden: geknickt um 15°
Boden S:
I) k.M. II) 2,2-2,6 III) 2,4-2,5
IV) 2,3-2,5
Rosette: ‡ 45; Schallochlage v. o.: 122
Abgebildet bei de Wit 1910, Bd. II, Taf. 34, Nr.395. Anstatt „Augsburg“ hier jedoch „Günzburg“ gelesen.
VIOLE DA GAMBA - INV.NR.
5
50
MONTURTEILE:
Hals und Wirbelkasten: auffallend kurzer Hals mit Wirbelkasten und Schnecke sowie die
Wirbel aus Obstbaumholz gefertigt. Den Wirbelkasten krönt ein mit üppig-lockigem
Langhaar ausgestatteter Frauenkopf, dessen Augen mit einem Tuch oder einer Haarsträhne
verbunden sind. Der Frauenhals ist mit einer mehrgliedrigen Kette geschmückt. Unmittelbar
unterhalb des Kopfes auf der Wirbelkastenhinterwand ist ein muschelartiges Schnitzwerk
sichtbar. Keine Bünde vorhanden.
Halsmensur: 152
Hals S: 23 / 29 / 36
Wirbelkasten L: 167
Wirbelkasten B innen: 11...28, außen: 23...40
Kopf B: 40
Griffbrett und Obersattel: keilförmig geschnittenes, über der Decke einfach geschwungenes
Griffbrett aus Laubholz, dem unter Wiederverwendung eines alten, schwarz lackierten
Mittelteils schmale Ebenholzansätze an den Längsseiten angefügt wurden. Zwischen Hals und
Griffbrett 2 Keile aus Ebenholz geschoben. Obersattel aus Ebenholz.
Griffbrett L: 280
Griffbrett B: 30...57
Steg: Ahorn.
B / S / H: 59 / 6 / 42
Untere Saitenbefestigung: Saitenhalteraufhängung mittels Darmsaitendurchzug an einem
Sattelknopf. Saitenhalter geschwärzt und seitlich geschweift.
Saitenhalter L: 155
Saitenhalter größte B / kleinste B: 52 / 25
Untersattel B: 50
Besaitung: 5 Saiten, davon 4 aus Darm und 1 metallumsponnen.
Stimmung: uneinheitlich.
Auch hier soll auf eine Stimmungsangabe verzichtet werden (vgl. Inv.Nr. 4), da in den
überlieferten Quellen stark differierende Angaben vorzufinden sind. Ferner sind des öfteren
mehrere Möglichkeiten der Stimmung angegeben, so daß zu vermuten ist, daß damals noch
keine feste Stimmung (und wohl auch keine feste Stegposition) existiert hat und das
Instrument jeweils den musikalischen Erfordernissen angepaßt worden ist. Es sei hier
lediglich auf die Stimmung d/c-g-c’-e’-a’ verwiesen, die wiederum mit Bleistift auf der
Oberseite des Steges festgehalten ist (vgl. Inv.Nr. 1), allerdings wohl eher einen
Stimmvorschlag aus neuerer Zeit darstellt. Da diese Stimmung praktikabel erscheint, ist
anzunehmen, daß sie auch in den von Schumacher erwähnten musikhistorischen Konzerten
Verwendung fand und sich dort bewähren konnte.1
Bemerkenswert erscheint an diesem Instrument der kurze, stark gerundete Hals (ebenfalls zu
rund, um sinnvoll Bünde ansetzen zu können; vgl. Inv.Nr. 4), der mit seiner geringen Länge
eventuell die für eine Alt-Gambe recht große Corpusmensur kompensieren sollte, damit eine
bestimmte Saitenlänge nicht überschritten wird und eine höhere Stimmung beibehalten
werden konnte. Aufgrund dieser Merkmale (kurzer violinartiger Hals; moderate Zargenhöhe)
kann auch hier eine intendierte Armhaltung und damit eine Zuordnung zu den Armviolen und
speziell zu den Viole d’amore des alten Typs (vgl. Inv.Nr. 4) nicht ausgeschlossen werden.
Schwingende Saitenlänge: 398
ÜBERZUG:
Zargen und Boden mit rötlich-braunem Lack überzogen; die Decke ist hellbraun lackiert.
1
Vgl. S. 6ff. in dieser Arbeit.
VIOLE DA GAMBA - INV.NR.
5
51
ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN:
Das Instrument weist an Zargen und Kopf Risse auf. Bodenfuge teilweise offen; Boden
zusätzlich leicht eingesunken. Retuschen an früheren Schadstellen sichtbar. Deutliche
Restaurierungsmaßnahmen am ganzen Instrument (besonders im Bereich des Halses, der
Saitenhalteraufhängung und des Steges; die Lackabnutzung im Stegbereich läßt auf einen
häufigen Positionswechsel des Steges schließen). Der Hals könnte original sein, alle anderen
Monturteile sind jedoch mit Sicherheit im Laufe der Zeit ersetzt worden. Die 5 Wirbel aus
Zwetschge (?) gleichen in Form und Material exakt dem obersten, ersetzten Wirbel der
Alt-Gambe von Georg Aman (Inv.Nr. 4). Dieser Befund legt trotz der ab dem 19. Jahrhundert
einsetzenden Verbreitung von maschinell gefertigten Einheitsersatzteilen nahe, daß der
gleiche Restaurator (in diesem Fall aufgrund vorhandener Signierungen J.K. Züst oder
H. Seyffarth) an beiden Alt-Gamben gearbeitet hat. Die Rosette paßt ihrem Aussehen nach
eher ins 19. oder 20. Jahrhundert und könnte demnach ausgetauscht worden sein. Griffbrett in
den unteren Lagen deutlich abgenutzt.
PROVENIENZ:
Aus der Sammlung H. Schumacher. Laut Fundortkatalog (S. 3) hat Schumacher dieses
Instrument im Kapuzinerkloster St. Maria in Wattwil erstanden.
Das Instrument dürfte dem Füssener Instrumentenbauer Hermann Joseph Stoß (geb. um 1682
in Bernbeuren, gest. 1765 in Füssen) zuzuschreiben sein, mit dem die Füssener Linie der
berühmten Geigenbauerfamilie Stoß beginnt. Schumacher gibt in seinem Handschriftlichen
Katalog (S. 92) den Namen „Joseph Stoßländer“ an, was wohl auf einen Lesefehler seinerseits
zurückzuführen ist, der in der Literatur aber leider weitläufig übernommen wurde. Ebenso
hartnäckig scheint sich die Annahme zu halten, daß neben der vorliegenden, in Augsburg
geschaffenen Viola da gamba aus dem Jahre 1718 ein weiteres Instrument des oben genannten
Meisters existiert, das im gleichen Jahre in Günzburg bzw. Obergünzburg1 entstanden sein
soll. Ursache dieser Fehlannahme ist die de Witsche Veröffentlichung des Augsburger Zettels,
aus dem versehentlich die Ortsangabe „Günzburg“ gelesen wurde. Seitdem wird H. J. Stoß
ein vorübergehender Aufenthalt in Günzburg/Obergünzburg zugeschrieben, obwohl dort sonst
nichts über ihn auszumachen ist.
Allerdings konnte bisher auch für Augsburg nicht belegt werden, daß Stoß dort jemals tätig
war.2 Da Stoß im Jahre 1705 das Füssener Bürgerrecht erwarb, ist es zudem
unwahrscheinlich, daß er sich für längere Zeit in Augsburg aufgehalten hat. Es kann deshalb
nicht ausgeschlossen werden, daß es sich bei dem fraglichen Zettel um eine Fälschung
handelt.
LITERATUR:
- Schumacher: Handschriftlicher Katalog, Nr. 65, S. 92. Fundortkatalog Nr. 65, S. 3.
- Vannes 1956, Nr. 79, S. 17.
- de Wit, Bd. II, Taf. 34, Nr. 395.
1
Beide Ortsangaben sind zu finden, wobei eine Analogie nicht vorausgesetzt werden kann, da Obergünzburg
nicht unbedingt zu Günzburg a. d. D. gehört, sondern eine eigenständige kleine Stadt im Ostallgäu zwischen
Kempten und Kaufbeuren ist.
2
Die Suche im Stadtarchiv Augsburg in den Steuerbüchern der Jahre vor 1718 (die Bücher ab 1718 sind leider
verschollen), in den Beisitz-Aufnahme-Verzeichnissen, den Bürgeraufnahme-Büchern und in den
Aufenthaltsconsens-Listen blieb bisher erfolglos. Ebenso war im fraglichen Zeitraum kein bischöfliches
Dienstverhältnis in Augsburg nachzuweisen.
VIOLE DA GAMBA - INV.NR.
5
52
BILDNACHWEIS:
Von li. nach re. bzw. von oben nach unten: Vorder-, Seiten-, Rückgesamtansicht,
Wirbelkasten mit Kopf, Rosette, Schalloch.
VIOLE DA GAMBA - INV.NR.
5
53
VIOLE DA GAMBA - INV.NR.
54
6
Inv.Nr. 6
Pardessus de viole (6 Saiten)
Jean Christophe Cousin / Johann Christoph Vetter, Straßburg, 1741
SIGNATUR:
Handgeschriebener Zettel1: Jean Christophe Cousin // à Strasbourg 1741 // Johañ Christoph
Vetter // in Straßburg
CORPUS:
Gambenförmiges Corpus mit hohen Zargen und breitem Hals.
Decke: zweiteilig. Feinjährige Fichte. Mittelhohe Wölbung, im Mittelbügel leichte
Hohlkehlung aufweisend. Einspänige Randeinlage. Weiträumige C-Löcher.
Zargen: Ahorn in Radialschnitt mit leichten, regelmäßigen Flammen. Unterzarge aus 2 Teilen
bestehend.
Boden: zweiteilig, mit einfacher Trennungsader aus Ebenholz in der Bodenmitte. Ahorn mit
schwacher und unregelmäßiger Flammung. Flach, mit Abknickung im oberen Teil. Keine
Randeinlage vorhanden. Blatt mit dachartigem Abschluß.
Zur Innenkonstruktion: eckiger, an den Kanten abgeschrägter Oberklotz. Halbrunder
Unterklotz. Beide Klötze sind an den Unterkanten mit Leinenstreifen verstärkt. Stimmstock,
Baßbalken, Eckklötze, Innenreifchen und Stimmstockbrett vorhanden. Aus den
Bodenreifchen ist ein Stück herausgebrochen. Bodenfuge mit einer Holzleiste verstärkt.
Deckenfuge und Kante bei der Abknickung mit Leinenverstärkungen geschützt.
Stimmstockfutter aus weißlichem, harten Belag (vgl. Inv.Nr. 1 u. 2).
Gesamt L: 570 (585)
Decke L: 317
B: 148 / 111 / 189
Wölbungshöhe Decke (max.): um 15
Decke S:
I) 1,6-1,8 II) 1,3 III) 1,5-1,7
IV) 1,2-1,5 V) 1,2-1,7
Deckenmensur: 165
Schallöcher: L 70, A oben 68, A unten 130
Zargen H: 50 / 67 / 67 / 68
Zargen S: 0,8-1,1
Boden L: 330; unterer Rand bis Knick: 270
Boden: geknickt um 15°
Boden S:
I) k.M. II) 1,6-1,7 III) 1,5-1,7
IV) 1,5
MONTURTEILE:
Hals und Wirbelkasten: flacher Hals mit Wirbelkasten und Schnecke aus einem Stück
Obstholz. Der gekantete Halsfuß wurde dem Hals separat angesetzt, im vorderen Bereich ist
er unter dem Griffbrett mit einem halbrunden Klötzchen, das mit einem Paßstift gesichert
wurde, versehen. Sorgfältig gestochene Schnecke mit hohem Scheitel und gekehlten
Windungen; Hohlkehlung auch an der Wirbelkastenrückseite. 6 Wirbel aus Palisander. Keine
Bünde vorhanden.
Halsmensur: 130
Hals S: 15 / 17 / 20
Wirbelkasten L: 113
Wirbelkasten B innen: 11...36, außen: 20...41
Schnecke B: 35
Griffbrett und Obersattel: Griffbrett mit einem Furnier aus Birne (?) überzogen. Obersattel aus
Ebenholz.
Griffbrett L: 227
Griffbrett B: 41...58
Steg: Ahorn.
B / S / H: 55 / 7 / 48
Untere Saitenbefestigung: Über die gesamte Unterzarge in den Unterklotz ist ein geschwärzter
Pflock eingesetzt, der mit dem Saitenhalter aus Ebenholz verbunden ist.
1
Abgebildet bei de Wit 1910, Bd. II, Taf. 6, Nr. 56.
VIOLE DA GAMBA - INV.NR.
6
55
Saitenhalter L: 120
Saitenhalter größte B / kleinste B: 57 / 19
Besaitung: 6 Saiten vorgesehen, davon derzeit 4 Darmsaiten und 1 metallumsponnene Saite
vorhanden.
Stimmung: g-c’-e’-a’-d’-g’’ (nach Dolmetsch 1964, S. 27)
Schumacher zieht in seinem Handschriftlichen Katalog (S. 95) die Stimmung d-g-c’-e’-a’-d’’
in Betracht, die für das Pardessus de viole jedoch nicht in Frage kommt.
Die Stimmung Schumachers ist bei diesem Instrument ebenfalls mit Bleistift auf dem Steg
festgehalten (vgl. Inv.Nr. 1).
Schwingende Saitenlänge: 298
ÜBERZUG:
Gut erhaltener Firnis in braungelber Farbe.
ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN:
Die unterste Saite fehlt. Das Instrument ist bis auf einen kleinen Riß am diskantseitigen
Schalloch und eine geringfügige Deformation des Bodens im Bereich der Stimmstockposition
gut erhalten. Das Griffbrett ist besonders diskantseitig sichtbar abgegriffen.
ZUBEHÖR:
Laut Vannes 1956 (S. 17) ist dem Instrument ein Bogen zugehörig. Leider läßt sich heute
nicht mehr ermitteln, welcher Bogen aus der Sammlung Schumachers gemeint ist, da auch die
Ausstellungsanordnung im Museum in dieser Hinsicht keine Rückschlüsse zuläßt.
PROVENIENZ:
Aus der Sammlung H. Schumacher. Im Zusammenhang mit diesem Instrument nennt
Schumacher in seinem Fundortkatalog (S. 8) die Stadt St. Gallen als Erwerbsort.
Der in Straßburg lebende Geigenbauer Jean Christophe Cousin wurde gegen Ende des
17. Jahrhunderts geboren und starb dort 1761. Er war als guter Lauten- und Geigenmacher
bekannt und nannte sich in deutscher Sprache Johann Christoph Vetter. Auf seinen
handgeschriebenen Zetteln sind stets beide Namen verzeichnet.1
LITERATUR:
- Schumacher: Handschriftlicher Katalog, Nr. 66, S. 94/95. Fundortkatalog Nr. 66, S. 8.
- Vannes 1956, Nr. 80, S. 17.
1
Vgl. Vannes 1951, Bd. I, S. 378.
VIOLE DA GAMBA - INV.NR.
6
56
BILDNACHWEIS:
Von li. nach re. bzw. von oben nach unten: Vorder-, Seiten-, Rückgesamtansicht,
Wirbelkasten mit Schnecke, Schalloch.
VIOLE D’AMORE - INV.NR.
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7
Viole d’amore
Inv.Nr. 7
Viola d’amore (6 Spiel- und 6 Resonanzsaiten)
Deutschland, 18. Jahrhundert
SIGNATUR:
Keine Signatur vorhanden.
CORPUS:
Klassisches Gambencorpus mit ebenmäßig gerundeten Umrißlinien in feiner Ausführung.
Zierlicher oberer und voller unterer Teil, am Mittelbügel fast rechtwinklige Ecken.
Decke: zweiteilig. Fichte mit überwiegend mittelbreiten Jahresringen. Mittelhoch gewölbte
Decke mit geringer, in den Mittelbügeln deutlich verstärkter Hohlkehle, von da aus steigt die
Wölbung rasch aufwärts und bildet oben einen breiten Rücken. Einfache dreispänige
Randeinlage. Steil gesetzte flammenförmige Schallöcher mit kleinem, gestieltem Seitenpunkt.
Zargen: schwach geflammter Ahorn in Radialschnitt, die Zargenstücke des Mittelbügels aus
Ahorn in Schwartenschnitt. Unterzarge einteilig.
Boden: einteilig. Ahorn mit schwacher, schräg aufwärts verlaufender Flammung. Flach, im
oberen Corpusteil abgeknickt. Rundes Bodenblatt. Keine Randader vorhanden.
Zur Innenkonstruktion: eckiger Oberklotz, an dem keine Nagelung sichtbar ist. Unterklotz
halbrund; Knopf durch Unterklotz getrieben, so daß das Ende innen sichtbar ist. Decke mit
1 Paßstift am Unterklotz fixiert. Eckklötze, Baßbalken, Stimmstockbrett, Innenreifchen
vorhanden. Bodenbebalkung in Form von einem Balken unterhalb der Abknickung und einem
im unteren Corpusteil. Bodenknick mit einem Pergamentstreifen stabilisiert. Belag der
Deckenfuge mit Klötzchen in Rautenform.
Gesamt L: 765 (778)
Decke L: 390
B: 192 / 127 / 242
Wölbungshöhe Decke (max.): um 16
Decke S:
I) 2,5-2,7 II) 1,0-1,5 III) 1,2-1,7
IV) 1,7-2,4 V) 2,2-2,8
Deckenmensur: 200
Schallöcher: L 91, A oben 74, A unten 134
Zargen H: 43 / 57 / 57 / 59
Zargen S: um 1
Boden L: 405; unterer Rand bis Knick: 310
Boden: geknickt um 10°
Boden S:
I) k.M. II) 2,5 III) 2,7-2,8
IV) 2,5
MONTURTEILE:
Hals und Wirbelkasten: Hals mit Wirbelkasten und Schnecke aus Ahorn. Sorgfältig
gestochene, auffallend breite Schnecke. Offener Wirbelkasten, in dem 12 geschwärzte Wirbel
stecken. Wirbelsatz nicht einheitlich. Die Resonanzsaiten erreichen über einen knöchernen, in
die offene Rückwand des Wirbelkastens eingelegten Führungssattel hinterzügig ihre Wirbel
im oberen Teil des Wirbelkastens.
Halsmensur: 156
Hals S: 24 / 29 / 36
Wirbelkasten L: 230
Wirbelkasten B innen: 9...25, außen: 19...31
Schnecke B: 47
Griffbrett und Obersattel: beide aus Ebenholz. Zwischen Hals und Griffbrett sind 2 Keile
geschoben, um das Griffbrett der Höhe des neuen Steges anzupassen. Die Resonanzsaiten
laufen in der verdeckten Ausnehmung des Halses über einen eigenen Obersattel in den
Wirbelkasten.
Griffbrett L: 272
Griffbrett B: 32...57
VIOLE D’AMORE - INV.NR.
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Steg: Ahorn.
B / S / H: 55 / 5 / 43
Untere Saitenbefestigung: Knopf aus Ebenholz mit Perlmuttauge, an dem der
ebenholzfurnierte Saitenhalter mittels einer Bundsaite befestigt ist. Saitenhalter zur Baßseite
hin nach unten abgeschrägt. Resonanzsaiten mit eisernen Doppelhaken im Saitenhalter
eingehängt. Untersattel aus Ebenholz.
Saitenhalter L: 145
Saitenhalter größte B / kleinste B: 48 / 25
Untersattel B: 25
Besaitung: Das Instrument ist mit 6 Spiel- und 6 Resonanzsaiten ausgestattet; davon bestehen
zur Zeit 3 Spielsaiten aus Darm und 3 Spielsaiten sind metallumsponnen. Resonanzsaiten aus
Metall.
Stimmung: Variierende Stimmung; Spielsaiten meist im Dur-Dreiklang, Resonanzsaiten
skalenmäßig auf die Töne der gespielten Tonart bzw. nach der Stimmung der Spielsaiten im
Einklang oder in der höheren Oktave zu diesen gestimmt. Für die Spielsaiten sei hier
exemplarisch die von Schumacher vorgeschlagene Stimmung mit d-fis-a-d’-fis’-a’
(Handschriftlicher Katalog, S. 99f.), eine Stimmung nach Koch 1802 (S. 1693) mit
c-e-g-c’-e’-g’ und eine weitere Stimmung nach van der Meer 1983 (S. 111) mit
d-a-d’-fis’-a’-d’’ wiedergegeben.
Schwingende Saitenlänge: 355
ÜBERZUG:
Rötlich-brauner Lack, der besonders am Unterrand des Bodens und im Bereich der
Deckenmittelfuge großflächig abgesprungen ist.
ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN:
3 von 12 Wirbeln sind durch Absplitterung stark beschädigt. Stimmstock umgefallen, befindet
sich als loses Teil im Corpusinnern. Ein großer Bodenriß erstreckt sich über den ganzen
diskantseitigen Unterbügel (s. Abb.). Des weiteren kleine Zargenrisse und Wurmfraßlöcher an
Boden, Zargen, Hals und Wirbelkasten. Lackabnutzungen besonders bei den
Berührungspunkten des Steges mit der Decke und rückwärtig am unteren Rand.
Griffbrett, Steg, Saitenbefestigung und Wirbel1 in neuerer Zeit ergänzt.
PROVENIENZ:
Aus der Sammlung H. Schumacher. Aufgrund einer Randbemerkung im Handschriftlichen
Katalog Schumachers (S. 103) könnte das Instrument von dem Kaplan der Kapellkirche in
Luzern erworben worden sein.
Die hier aufgeführte Viola d’amore stammt aus deutscher Schule und dürfte der süddeutschen
Gegend zuzuordnen sein.
LITERATUR:
- Schumacher: Handschriftlicher Katalog, Nr. 71, S. 103. Fundortkatalog Nr. 71, S. 8.
- Vannes 1956, Nr. 82, S. 18.
1
Auskunft von Schumacher im Handschriftlichem Katalog, S. 103.
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BILDNACHWEIS:
Von li. nach re. bzw. von oben nach unten: Vorder-, Seiten-, Rückgesamtansicht,
Wirbelkasten mit Schnecke, Bodenriß am diskantseitigen Unterbügel, Schalloch.
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Inv.Nr. 8
Viola d’amore (6 Spiel- und 6 Resonanzsaiten)
Sebastian Klo(t)z, Mittenwald, 1740
SIGNATUR:
Handgeschriebener Zettel: Sebastian Kloz in // Mittenwald :A: 1740
CORPUS:
Corpus in klassischer Gambenform, überaus sorgfältig, in jeder Beziehung harmonisch und
elegant gearbeitet.
Decke: zweiteilig. Fichte mit sehr regelmäßig verlaufenden, in der Mitte engen, zum Rand hin
breiter werdenden Jahresringen. Mittelhohe Wölbung, die in einer leichten Hohlkehle
ausläuft. Einfache dreispänige Randeinlage. Flammenförmige Schallöcher mit kleinem,
gestieltem Seitenpunkt. Unterhalb des Griffbrettendes ist eine geschnitzte, runde Rosette aus
Bein eingelegt: symmetrisch angelegtes Ornament in Blütenform, eingefaßt von einer
schwarzen, gemalten Randlinie.
Zargen: Vogelaugenahorn. Unterzargenverlauf durchgehend.
Boden: zweiteilig, mit brauner dreispäniger Trennungsader in der Bodenmitte.
Vogelaugenahorn. Flach, im oberen Corpusteil schwach abgeknickt. Großes, rundes
Bodenblatt. Keine Randader vorhanden.
Zur Innenkonstruktion: Separater, nicht genagelter Oberklotz. Flachrunder Unterklotz, durch
den der Knopf getrieben ist, so daß das Ende innen sichtbar ist. Paßstifte befinden sich
beidseitig an den Zargen auf Höhe des Oberklotzes und auf der Decke am Unterklotz.
Eckklötze, Baßbalken, Stimmstockbrett, Stimmstock und Innenreifchen vorhanden. Auf Höhe
der Abknickung ist deutlich eine Kerbe erkennbar, die in den Boden geschnitten wird, um
dessen Oberteil manuell besser biegen zu können. Je ein Bodenbalken unterhalb der
Abknickung und im unteren Corpusteil. Bodenfuge mit einem Leinenstreifen belegt.
Gesamt L: 772 (784)
Decke L: 388
B: 182 / 122 / 228
Wölbungshöhe Decke (max.): um 15
Decke S:
I) 2,5 II) 2,2 III) 2,1-1,4
IV) 1,8-2,8 V) 2,1-2,7
Deckenmensur: 198
Schallöcher: L 85, A oben 93, A unten 145
Zargen H: 45 / 56 / 55 / 55
Zargen S: <1
Boden L: 405; unterer Rand bis Knick: ~320
Boden: geknickt um 7°
Boden S:
I) k.M. II) 1,6-1,8 III) 1,4-1,5
IV) 1,7-1,9
Rosette: ‡ 35; Schallochlage v. o.: 97
MONTURTEILE:
Hals und Wirbelkasten: Der Hals aus Ahorn spricht mit seinem leicht geschwungenen, noch
nicht begradigten Profil an der Unterseite für Originalität. Oberhalb des Halses schließt sich
ein offener Wirbelkasten mit einem schwarz lackierten, kleinen Mohrenkopf an, welcher an
den Wirbelkasten angeschäftet ist; Anschäftung auf den Wirbelkastenvorderkanten mit 2
Paßstiften gesichert. 12 geschwärzte Obstbaumwirbel, davon befinden sich 5 in
ausgebuchsten Löchern. Die Resonanzsaiten erreichen über einen in die offene Rückwand des
Wirbelkastens eingelegten Führungssattel aus dunkel lackiertem Holz hinterzügig ihre Wirbel
im oberen Teil des Wirbelkastens.
Halsmensur: 155
Hals S: 24 / 26 / 32
Wirbelkasten L: 237
Wirbelkasten B innen: 8...30, außen: 20...39
Kopf B: 32
Griffbrett und Obersattel: keilförmiges, mit dünnem Ebenholzfurnier versehenes Griffbrett
aus Ahorn. Obersattel aus Ebenholz. Die Resonanzsaiten laufen in der verdeckten
Ausnehmung des Halses über einen eigenen Obersattel in den Wirbelkasten.
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Griffbrett L: 250
Griffbrett B: 33...54
Steg: Ahorn.
B / S / H: 50 / 4 / 40
Untere Saitenbefestigung: mit Ebenholz furnierter Saitenhalter aus Ahorn, der mittels einer
Darmschlinge, die mit einer Schnur umwickelt ist, an einem Knopf aus Ebenholz befestigt ist.
Saitenhalter diskantseitig nach unten abgeschrägt und mit Eisenhaken ausgestattet, in die
oberhalb des Saitenhalters die Spielsaiten eingehängt sind und die auf der Unterseite zur
Befestigung der Resonanzsaiten dienen. Untersattel aus Palisander (?).
Saitenhalter L: 140
Saitenhalter größte B / kleinste B: 45 / 25
Untersattel B: 32
Besaitung: Das Instrument ist für 6 Spiel- und 6 Resonanzsaiten ausgerichtet; derzeit
5 Spielsaiten vorhanden (davon 4 aus Darm und 1 metallumsponnen). Resonanzsaiten aus
Metall.
Stimmung: vgl. Inv.Nr. 7.
Schwingende Saitenlänge: 353
ÜBERZUG:
Dicker, rötlich-hellbrauner Lack, der überwiegend gut erhalten und nur zwischen Steg und
Saitenhalter auf der Decke abgetragen ist.
ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN:
Das optisch sehr schön gearbeitete Instrument ist bis auf eine gering rissige Bodenfuge, die
teilweise Ablösung der Zargen an den Ecken und den Lackabrieb auf der Decke und der
leichten Bodenausbeulung im Bereich des Stimmstocks gut erhalten. Die oberste Saite fehlt.
Der original zum Wirbelkasten und damit auch zum Hals gehörige Kopf ist kurz oberhalb des
obersten Wirbels abgebrochen gewesen und mit Hilfe zweier Paßstifte wieder angesetzt
worden.
Das Instrument ist insofern interessant, als es weitestgehend im Originalzustand erhalten zu
sein scheint. Auch der überwiegende Teil der Monturteile ist offenbar nicht ausgetauscht
worden.
PROVENIENZ:
Aus der Sammlung H. Schumacher. Im Handschriftlichen Katalog Schumachers (S. 101) ist wie bei der vorigen Viola d’amore - am Rand die Notiz „Kaplan der Kapellkirche Luzern“
verzeichnet. Ob diese Person der frühere Besitzer des Instruments ist, muß offen bleiben.
Der Geigenbauer Sebastian Klo(t)z (geb. 1696 in Mittenwald, gest. 1775 in Mittenwald)
gehörte zu der berühmten Geigenbauerfamilie, deren Mitglieder im 17., 18. und
19. Jahrhundert der Mittenwalder Geigenbautradition nachgingen. Sebastian Klo(t)z, Sohn
des Mathias Klo(t)z, erreichte mit seinen nach Stainer und Amati gearbeiteten Modellen noch
größere Bekanntheit als sein Vater und zählt bis heute zu den bedeutendsten Geigenbauern
seiner Zeit.1 Da Klo(t)z bis 1760 seine Instrumente üblicherweise mit einem kleinen
Druckzettel zu signieren pflegte2, entspricht der vorliegende handgeschriebene Zettel nicht
der Konvention. Es existierte in Schumachers Sammlung jedoch eine zweite Viola d’amore
dieses Geigenbauers aus dem Jahre 1734,3 die nach seinen Beschreibungen und den
Abbildungen in seinem Fotoalbum der hier besprochenen stark ähnelt. Das ebenfalls mit
einem Mohrenkopf als Wirbelkastenabschluß ausgestattete Instrument weist auch einen
1
Vgl. Lütgendorff/Drescher 1990 (Ergänzungsband), S. 326f.
Ebda.
3
Der heutige Aufbewahrungsort des nach Schumachers Tod verkauften Instruments ist nicht bekannt.
2
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handgeschriebenen Zettel auf, der bezüglich Orthographie und Fraktur mit vorliegendem
übereinstimmt.
LITERATUR:
- Schumacher: Handschriftlicher Katalog, Nr. 69, S. 101. Fundortkatalog Nr. 69, S. 8.
- Vannes 1956, Nr. 83, S. 18.
BILDNACHWEIS:
Von li. nach re. bzw. von oben nach unten: Vorder-, Seiten-, Rückgesamtansicht,
Wirbelkasten mit Kopf, Rosette, Schalloch.
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Inv.Nr. 9
Viola d’amore (7 Spiel- und 7 Resonanzsaiten)
Pietro Giovanni (Petrus Joannes) Mantegazza, Mailand, 1763
SIGNATUR:
Gestochener Zettel in Kartusche; Rahmen aus üppigen floralen Rankenornamenten, in die am
oberen Rand eine Engelsgestalt integriert ist:1 Petrus Io Fratresq // Mantegatia Mediolani //
in Via S Margarite anno // 176 [hs.:] 3
CORPUS:
Größeres Corpus in standardisierter Gambenform mit schmalem, langem Unterbügel.
Decke: zweiteilig. Auffallend gutes Fichtenholz mit feinen, sehr regelmäßig verlaufenden
Jahresringen. In den Mittelbügeln hochgewölbte Decke mit ausgeprägter Hohlkehle; Wölbung
nach oben und unten breit auslaufend und dort in leichter Hohlkehle endend. Einfache
dreispänige Randeinlage. Rand stellenweise dubliert. Flammenförmige Schallöcher mit
kleinem, gestieltem Seitenpunkt.
Zargen: mäßig und teilweise schräg geflammter Ahorn in Schwartenschnitt. Zargenhöhe ab
den Bodenknicken im Ober- bzw. Unterbügel nach unten und oben abnehmend.
Unterzargenverlauf durchgehend.
Boden: einteilig. Schwach und unregelmäßig geflammter Ahorn, nach der Schwarte
geschnitten. Flach, im oberen sowie im unteren Corpusteil eine Abknickung aufweisend.
Nahezu verrundetes Bodenblatt. Keine Randader vorhanden.
Zur Innenkonstruktion: Flachrunder, wahrscheinlich originaler Oberklotz, der zur
Halsfixierung ursprünglich mit einem Nagel versehen war; heute ist nur noch das Nagelloch
sichtbar; Oberklotz an den Seiten mit Klötzchen verstärkt. Unterklotz ebenfalls halbrund und
mit dem Knopf an der Unterzarge verdübelt; Reste eines alten Knopfendes sichtbar, das von
dem neuen Knopf fast vollständig verdrängt worden ist. In der Decke 1 Paßstift am
Unterklotz. Eckklötze, eingeleimter, sehr langer Baßbalken, Stimmstockbrett, Stimmstock,
Innenreifchen vorhanden. Oberer Bodenknick mit Pergamentstreifen gesichert. Unmittelbar
darunter schließt sich ein Querbalken an, der an den Seiten abgeflacht ist. Ebenfalls
abgeflacht erscheint der zweite Bodenbalken, der im Unterbügel kurz unterhalb der
pergamentbeschichteten Abknickung positioniert ist. Die Zargeninnenseiten sind an den
Rißstellen durch Leinenbeläge bzw. kleine Klötzchen verstärkt.
Gesamt L: 810 (823)
Decke L: 413
B: 197 / 135 / 240
Wölbungshöhe Decke (max.): um 17
Decke S:
I) 2,8-3,0 II) 1,9-2,1 III) 2,4-2,6
IV) 2,7-3,2 V) 2,4-2,7
Deckenmensur: 232
Schallöcher: L 102, A oben 70, A unten 190
Zargen H: 45 / 67 / 67 / 68 / 51
Zargen S: <1
Boden L: 435; unterer Rand bis oberer Knick:
335; zwischen den Knicken: 240; unterer Rand bis
unterer Knick: 92
Boden: geknickt um 7° (oben), 5° (unten)
Boden S:
I) k.M. II) 2,1-2,2
III) 2,4-2,5 IV) 2,0-2,2
MONTURTEILE:
Hals und Wirbelkasten: Hals mit offenem Wirbelkasten aus Ahorn. Oberhalb des
Wirbelkastens ist ein pausbäckiges Kinderköpfchen mit üppig gelocktem Haar angeschäftet;
Kopf an der Wirbelkastenrückseite mit Paßstift gesichert. 14 Obstbaumwirbel in ovaler Form;
Wirbelsatz nicht einheitlich. Die Löcher sind größtenteils ausgebuchst und teilweise an
anderer Stelle neu gebohrt worden. Hinterzügige Befestigung der Resonanzsaiten, die über
1
Abbildungen ähnlicher Zettel bei de Wit 1910, Bd. I, Taf. 24, Nr.265, Vannes 1951, Bd. I, Abb.-Nr. 1575 und
Lütgendorff 1904, S. 405.
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einen in der Rückwand des Wirbelkastens eingelegten Führungssattel in den oberen Teil des
Kastens laufen.
Halsmensur: 155
Hals S: 27 / 30 / 35
Wirbelkasten L: 250
Wirbelkasten B innen: 11...23, außen: 20...37
Kopf B: 50
Griffbrett und Obersattel: Griffbrett und Obersattel aus Ebenholz. Die Resonanzsaiten laufen
in der verdeckten Ausnehmung des Halses über einen eigenen Obersattel in den Wirbelkasten.
Griffbrett L: 297
Griffbrett B: 35...55
Steg: Ahorn. Durch 2 flache Untersätze aus Laubholz erhöht.
B / S / H: 57 / 5 / 41
Untere Saitenbefestigung: spitz geschweifter Saitenhalter und Untersattel aus Ebenholz. Am
unteren Ende des Saitenhalters sind die Enden der mit dem Ebenholzknopf verbundenen
Darmschlinge mit Hilfe von 2 Schraubvorrichtungen an einem kleinen Metallbeschlag
befestigt. Die Resonanzsaiten laufen unter dem Saitenhalter zu 3 Anhangknöpfchen aus
Ebenholz, die in der Unterzarge oberhalb des Knopfes fixiert sind. Ausflickungen in der
Unterzarge an der Resonanzsaitenaufhängung und am Knopf. Zusätzlich sind die Löcher der
Anhangknöpfchen und das Knopfloch zugebuchst und neu gebohrt worden.
Saitenhalter L: 150
Saitenhalter größte B: 72
Untersattel B: 48
Besaitung: Das Instrument ist für 7 Spiel- und 7 Resonanzsaiten ausgerichtet, davon derzeit
6 Spielsaiten (3 aus Darm, 3 metallumsponnen) und 7 Resonanzsaiten (3 Drahtsaiten, 3
umsponnen) aufgezogen.
Stimmung: Auch bei der siebensaitigen Viola d’amore ist keine einheitliche Stimmung
überliefert (vgl. Inv.Nr. 7 u. 8). Im 18. Jahrhundert war es vielerorts üblich, die Viola d’amore
stimmtechnisch der Tonart der auszuführenden Komposition anzupassen, um das Spiel
komplizierter Passagen zu erleichtern und um die Ausführung bestimmter Doppelgriffe
überhaupt erst zu ermöglichen. Zur Orientierung und zur Demonstration der großen
Bandbreite seien hier 3 Stimmungen der Spielsaiten wiedergegeben: nach Schumacher
(Handschriftlicher Katalog, S. 99) und van der Meer 1983 (S. 111) d-fis-a-d’-fis’-a’-d’’; nach
Eisel 1738 (S. 34) F-B-d-g-c’-f’-b’; nach Koch 1802 (S. 1692) G-c-e-a-d’-g’-c’’.
Schwingende Saitenlänge: 389
ÜBERZUG:
Rötlich-brauner Öllack, an vielen Stellen retuschiert oder nicht mehr erhalten.
ZUBEHÖR:
Vannes 1956 (S. 17) und Schumacher (Handschriftlicher Katalog, S. 99; Fotoalbum)
schreiben diesem Instrument den aus der 1. Hälfte des 18. Jahrhunderts stammenden Bogen
Inv.Nr. B5 zu.
ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN:
Zweitoberste Saite fehlt. Teils restaurierte und retuschierte (helleres Aussehen), teils neue,
offene Risse an Boden, Decke und Zargen. Der dublierte Rand und die massiven Umbaubzw. Reparaturspuren an der Unterzarge geben Hinweis auf mehrere Restaurationsvorgänge.
3 Wirbel gehören nicht zum Wirbelsatz, weichen in ihrer Form aber nicht wesentlich von den
übrigen ab; lediglich die Endknöpfchen fehlen. Obwohl Hals und Wirbelkasten mit den
Wirbeln in historischer Formgebung einen originalen Eindruck hinterlassen, spricht der
angeschäftete Kopf für eine Erneuerung des Halses zu einem späteren Zeitpunkt. Griffbrett,
untere Saitenbefestigung und Steg ebenfalls aus neuerer Zeit.
VIOLE D’AMORE - INV.NR.
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PROVENIENZ:
Aus der Sammlung H. Schumacher. Im Fundortkatalog (S. 8) ist im Zusammenhang mit
dieser Viola d’amore die Stadt Genf (Genève) genannt.
Pietro Giovanni Mantegazza wirkte in der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts in Mailand, wo er
zusammen mit seinen Brüdern Francesco und Carlo eine Geigenbauwerkstatt betrieb. Die
überlieferten Zettelsignaturen geben nicht nur über die Zusammenarbeit mit seinen Brüdern
Auskunft (s. Signatur: „Fratresq“), sondern auch über die unterschiedlichsten Schreibweisen
des Familiennamens: neben der Lesart Mantegazza und Mantegatia existieren die
orthographischen Varianten Montegiata, Montegazia, Montegarzia, Mantigatia, Mentecaria,
Mantegazia und Manticasia.1
LITERATUR:
- Schumacher: Handschriftlicher Katalog, Nr. 67, S. 98/99. Fundortkatalog Nr. 67, S. 8.
- Vannes 1956, Nr. 81, S. 17.
BILDNACHWEIS:
Von li. nach re. bzw. von oben nach unten: Vorder-, Seiten-, Rückgesamtansicht,
Wirbelkasten mit Kopf, Schalloch.
1
Vannes 1951, Bd. I, S. 225/226.
VIOLE D’AMORE - INV.NR.
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VIOLA - INV.NR.
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Inv.Nr. 10
Viola (5 Griffbrett- und 2 Bordunsaiten)
Provenienz unbestimmt; Ende 18. Jahrhundert/19. Jahrhundert
SIGNATUR:
Gedruckter Zettel (unecht): Iacob Stainer, in Apsam // prope Oenipundum. Ao. 17..
CORPUS:
Größeres Violamodell mit stark ausgeprägten Wölbungen von Decke und Boden. Das
Instrument ähnelt in seiner eigenartigen Machart der im 16. und teilweise 17. Jahrhundert
hauptsächlich in Italien gebräuchlich gewesenen (Diskant-)Lira da braccio, die durch eine
annähernd violinartige Corpusform und eine Ausstattung mit 7 Saiten, von denen 5 über das
Griffbrett und 2 als Bordun seitlich von diesem einherlaufen, gekennzeichnet war.1
Möglicherweise hat sich der hiesige Erbauer an jenem Vorbild orientiert und eine - zumindest
funktionelle - Instrumentennachbildung angestrebt.
Decke: zweiteilig. Fichte mit regelmäßig verlaufenden, in der Mitte engen, zum Rand hin
etwas breiteren Jahresringen. Kräftig gewölbte Decke mit ausgeprägter Hohlkehle und
Randüberstand. Einfache dreispänige Randeinlage. Unpräzise geschnittene F-Löcher mit
tiefen, stark gegeneinander versetzten Kerben.
Zargen: deutlich geflammter Ahorn in Radialschnitt, dessen Maserung durch künstliche
Schwärzung hervorgehoben ist. Unterzarge zweiteilig.
Boden: einteilig. Ahorn, nach der Schwarte geschnitten mit kurzen, unregelmäßigen,
überwiegend abgesetzten Flammen. Wie Decke hoch gewölbt mit ausgeprägter Hohlkehle
und Randüberstand. Einfache dreispänige Randeinlage. Rundes Bodenblatt.
Zur Innenkonstruktion: verrundeter Oberklotz, in den der Halsfuß eingesetzt ist
(Halsüberstand über Decke). Unterklotz flachrund, Knopf in diesen eingeschlagen. Boden ist
mit 2 Paßstiften am Oberklotz fixiert. Eckklötze, eingeleimter Baßbalken, Stimmstock und
relativ breite Innenreifchen vorhanden. Deckeninnenseite mit viereckigen, kleinen
Holzbelägen verstärkt.
Gesamt L: 713 (721)
Decke L: 403
B: 196 / 137 / 246
Wölbungshöhe Decke (max.): um 20
Randüberstand Decke: 4
Decke S:
I) 2,5 II) 2,1-2,3 III) 2,3-2,5
IV) 1,3-1,9 V) 1,6-2,2
Deckenmensur: 220
Schallöcher: L 85, A oben 50, A unten 160
Zargen H: 39 / 37 / 37 / 40
Zargen S: 1,0-1,2
Boden L: 412
Wölbungshöhe Boden (max.): um 25
Randüberstand Boden: 4
Boden S:
I) 2,8-3,1 II) 1,8-2,0
III) 3,0 IV) 1,0-1,1
MONTURTEILE:
Hals und Wirbelkasten: Hals mit Wirbelkasten aus Ahorn. Der in seinem Längsverlauf
durchgehend rund gearbeitete Wirbelkasten endet in einer weit ausladenden, lang geöffneten
Schnecke in Phantasieform. Auf der baßseitigen Wirbelkastenvorderkante ist ein kleiner
Aufsatz herausgearbeitet, der die 2 kleinen Wirbel für die Bordunsaiten faßt. Die 5 großen
und 2 kleinen Wirbel in Material (verschiedene Obstbaumhölzer, Ahorn) und Form
unterschiedlich gearbeitet.
Halsmensur: 180 (187)
Hals S: 31 / 29 / 32
Wirbelkasten L (Oberkante bis Unterkante Obersattel): 140
Wirbelkasten B innen: 9...16, außen: 23...31
Kleiner Wirbelkasten L / B außen: 44 / 15; L / B innen: 32 / 7
Schnecke B: 31
1
Vgl. Kinsky 1912, S. 383ff.
VIOLA - INV.NR.
10
70
Griffbrett und Obersattel: Griffbrett und Obersattel aus Ebenholz.
Griffbrett L: 336
Griffbrett B: 30...53
Steg: Ahorn. Baßseitig schließt sich ein kleiner Ausläufer an, der den Bordunsaiten eine
Auflagefläche bietet.
B / S / H: 52 / 5 / 42
Untere Saitenbefestigung: Saitenhalter und Untersattel aus Ebenholz. Saitenhalter zur
Diskantseite hin nach unten abgeschrägt. Saitenhalteraufhängung mittels Darmsaitendurchzug
an einem Ebenholzknopf.
Saitenhalter L: 133
Saitenhalter größte B / kleinste B: 62 / 21
Untersattel B: 37
Besaitung: Das Instrument ist für 5 Griffbrett- und 2 Bordunsaiten ausgerichtet, davon sind
4 Griffbrettsaiten aus Darm und 2 Bordunsaiten aus Metalldraht aufgezogen.
Stimmung: Schumacher gibt in seinem Handschriftlichen Katalog (S. 104) für die
Bordunsaiten (dort als Aliquot-Saiten bezeichnet) die Stimmung c’-e’ an. Für die
Griffbrettsaiten schreibt er die Stimmung c-g-d’-a’-e’’ vor, die - abgesehen von der
zusätzlichen e’’-Saite in der Höhe - derjenigen der gewöhnlichen Viola entspricht.1
Schwingende Saitenlänge: 403
ÜBERZUG:
Brauner, gut erhaltener Lack, der auf Decke und Zargen durch partielle Schwärzung
überdeckt ist, um das Instrument älter erscheinen zu lassen.
ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN:
Zweitoberste Saite fehlt. Bis auf kleinere Ausflickungen am baßseitigen F-Loch im Bereich
des Schaftes, an der baßseitigen Oberzarge und in der Unterzarge im Bereich des Knopfes
zeigt sich das Instrument in einem gut erhaltenen Zustand. Es ist durchaus vorstellbar, daß das
Corpus ursprünglich zu einer gewöhnlichen Viola gehörte und später unter Anschäften eines
neuen Halses und Austauschen der anderen Monturteile in den heute vorliegenden Zustand
versetzt wurde.
PROVENIENZ:
Aus der Sammlung H. Schumacher. Im Fundortkatalog (S. 8) ist dieses Instrument unter der
Rubrik „Privaten, Händlern“ genannt und dürfte von einer Person aus der Schweiz erworben
worden sein.
Jacobus Stainer (geb. um 1617 in Absam, gest. 1683 in Absam) gehörte zu den bedeutendsten
Meistern deutscher Geigenbaukunst. Aufgrund seiner bestechend meisterhaft ausgeführten
Instrumente ist fast kein anderer Geigenbauer so häufig nachgeahmt bzw. Mißbrauch mit
seinem Namen getrieben worden. Leider sind noch heute im Handel große Druckbögen mit
dutzenden, nicht als Nachahmung gekennzeichneten Zetteln von Stainer und anderen großen
Meistern für jedermann erhältlich, so daß dem Mißbrauch auch durch Laien keine Grenzen
gesetzt sind. Der im vorliegenden Instrument befindliche Blanko-Zettel ohne spezifizierende
Jahreszahl ist mit Sicherheit neueren Datums und erweist sich schon durch das vorgedruckte
falsche Jahrhundert („17..“) als plumpe Fälschung. Des weiteren macht die Verwendung der
Schreibweise „prope Oenipundum“ anstatt „prope Oenipontum“ (Hinweis auf das nahe
gelegene Innsbruck) und „Apsam“ anstatt „Absom“ die Signatur höchst unglaubwürdig.2
1
Die Viola alta, eine von Hermann Ritter in Würzburg (1876) erfundene, größer proportionierte Viola, besaß
ebenfalls eine 5. Saite in e’’. Diese Erweiterung der Saitenanzahl, die sich allgemein nicht durchsetzen konnte,
sollte einer Veredelung des Klangcharakters und der Vergrößerung des Tonumfangs (Sachs 1913, S. 410)
dienen.
2
Zu dieser Problematik vgl. Roy 1983, S. 35-45.
VIOLA - INV.NR.
10
71
Aufgrund dieser offensichtlichen Zettelfälschung liegt es nahe, daß der unbekannte
Geigenbauer der Viola lediglich das Arbeiten nach einem Stainer-Modell deutlich machen
wollte,1 was man in groben Zügen bei Betrachtung der ausgeprägten Wölbung und der Maße
des Corpus nachvollziehen kann. Die ungewöhnliche Form des Wirbelkastens und die
Konzeption für einen fünfsaitigen Bezug mit zusätzlich 2 Bordunsaiten läßt jedoch keinerlei
Verbindungen zum Vorbild zu, da von Stainer kein Instrument in dieser Gestalt bekannt ist.
Aufgrund des guten Erhaltungszustands und einiger konstruktiver Merkmale dürfte das
Instrument frühestens Ende des 18. Jahrhundert gebaut worden sein.
LITERATUR:
- Schumacher: Handschriftlicher Katalog, Nr. 72, S. 104. Fundortkatalog Nr. 72, S. 8.
- Vannes 1956, Nr. 84, S. 18.
BILDNACHWEIS:
Von li. nach re. bzw. von oben nach unten: Vorder-, Seiten-, Rückgesamtansicht,
Wirbelkasten mit Schnecke, Schalloch.
1
Auch in dieser Verwendungsweise ist der Zettelmißbrauch wohl nicht zu entschuldigen, da eine derartige
Signatur, die nicht explizit als Nachahmung gekennzeichnet ist, gegenüber einem unkundigen Laien immer noch
eine verkaufsfördernde Wirkung haben kann.
VIOLA - INV.NR.
10
72
VIOLINE - INV.NR.
73
11
Inv.Nr. 11
Violine (4 Saiten)
Provenienz unbestimmt; möglicherweise Deutschland, um 1900
SIGNATUR:
Keine Signatur vorhanden.
CORPUS:
Violincorpus mit stark geschweifter Kontur: je 2 scharfe Einbuchtungen im Ober- und
Unterbügel. Eine Ähnlichkeit mit den Modellen Johann Anton Gedlers in Füssen (ca. 1725ca. 1790), wie sie Vannes hier zu sehen glaubte1, kann nicht bestätigt werden, da Gedlers
sanft-wellenförmige Modelle durch mehrfaches Biegen der Zargen charakterisiert sind,
während die Ober-, Mittel- und Unterzargen bei vorliegender Violine jeweils aus mehreren
kurzen, einfach gebogenen Zargenstücken zusammengesetzt sind: zwei völlig
unterschiedliche Konstruktionsweisen. Randüberstand plastisch stark herausgearbeitet.
Decke: zweiteilig. Eng- bis mitteljährige Fichte. Mittelhohe Wölbung mit schwacher
Hohlkehle. Einfache dreispänige Randeinlage. Plastisch ausgearbeiteter Randüberstand.
Schmale, deutlich geneigte C-Löcher mit gegeneinander versetzten Kerben; ausladende, sich
stark verjüngende Übergänge vom Schaft zu den Punkten.
Zargen: mäßig geflammter Ahorn in Radialschnitt. Unteres Stück der Unterzarge
durchgehend.
Boden: einteilig. Ahorn mit regelmäßigen, überwiegend durchgehenden Flammen. Wie Decke
gleichmäßige, mittelhohe Wölbung mit geringer Hohlkehle. Einfache dreispänige
Randeinlage an plastisch ausgearbeitetem Randüberstand. Rundes Bodenblatt.
Zur Innenkonstruktion: verrundeter Oberklotz, in den der Halsfuß eingesetzt ist (Überstand
über Decke). Unterklotz flachrund, Knopf in diesen eingeschlagen. Eckklötze, stark
geschwungener Baßbalken, Stimmstock und Innenreifchen im Innern sichtbar.
Gesamt L: 600 (607)
Decke L: 360
B: 164 / 107 / 207
Wölbungshöhe Decke (max.): um 14
Randüberstand Decke: 2
Decke S:
I) 3,5-3,6 II) 1,8-2,2 III) 1,4-2,1
IV) 1,4-1,5 V) 2,0-3,2
Deckenmensur: 196
Schallöcher: L 77, A oben 72, A unten 130
Zargen H: durchgehend 32
Zargen S: <1
Boden L: 370
Wölbungshöhe Boden (max.): um 17
Randüberstand Boden: 2
Boden S:
I) 3,2-3,5 II) 2,4-2,7
III) 2,2 IV) 1,4-1,9
MONTURTEILE:
Hals und Wirbelkasten: Hals mit Wirbelkasten aus Ahorn. An den rückwandig gekehlten
Wirbelkasten schließt sich ein im Verhältnis zu den übrigen Dimensionen recht großer
Jünglingskopf mit vollem Haar an. 4 Wirbel aus Ebenholz, an sämtlichen Seitenkanten
gekehlt und mit Endknöpfchen aus Elfenbein versehen.
Halsmensur: 130 (135)
Hals S: 22 / 17 / 22
Wirbelkasten L: 117
Wirbelkasten B innen: 10...16, außen: 20...24
Kopf B: 40
Griffbrett und Obersattel: Griffbrett und Obersattel aus Ebenholz.
Griffbrett L: 270
Griffbrett B: 29...42
Steg: Ahorn. Mit dem Brandstempel J.E. ZÜST ZÜRICH versehen.
B / S / H: 41 / 4 / 32
1
Vgl. Vannes 1956, S. 19.
VIOLINE - INV.NR.
11
74
Untere Saitenbefestigung: Saitenhalter und Untersattel aus Ebenholz. Saitenhalter mit
2 kreisförmigen Elfenbeinaugen im unteren bzw. oberen Teil verziert. Zusätzlich ist ein Sattel
aus Elfenbein unterhalb der Saitenhalteroberkante eingelegt; die Löcher für die Aufhängung
der beiden untersten Saiten sind mit Elfenbein ausgekleidet. Saitenhalteraufhängung mittels
einer Hängelsaite an einem Knopf aus Ebenholz.
Saitenhalter L: 113
Saitenhalter größte B / kleinste B: 38 / 14
Untersattel B: 40
Besaitung: Das Instrument besitzt heute einen Bezug aus 4 Metallsaiten, von denen 3
umsponnen sind.
Stimmung: g-d’-a’-e’’
Schwingende Saitenlänge: 328
ÜBERZUG:
Brauner Lack, rund um die Stegstelle und am Boden partiell abgesplittert. In den Hohlkehlen
von Decke, Boden und Wirbelkastenrückwand, auf den Zargen und unterhalb des Griffbrettes
auf der Decke ist eine künstliche Schwärzung aufgetragen, die ein fortgeschritteneres Alter
des Instruments suggerieren soll.
ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN:
Das Instrument ist in einem guten Zustand. Lediglich an der baßseitigen Oberzarge auf Höhe
der 2. Einziehung ist ein fingerdickes Loch aus der Zargenwand gebrochen. Die Decke zeigt
im unteren diskantseitigen Bereich eine beginnende Rißbildung.
Das Instrument dürfte zu Schumachers Zeiten von J.E. Züst in Zürich restauriert worden sein,
da der Steg einen entsprechenden Brandstempel aufweist.
PROVENIENZ:
Da die vorliegende Violine in den Aufzeichnungen des Heinrich Schumacher nicht zu finden
ist, muß angenommen werden, daß das Instrument erst nach seinem Tod in die Sammlung
aufgenommen wurde. In den von Hiestand und Kappeler im Jahre 1966 erstellten
Inventarisierungsbögen ist unter der Rubrik „Fundort und frühere Standorte“ der Name
Paul Jecklin aus Zürich verzeichnet. Wer dieser frühere Besitzer war und wann die Violine in
die Schumachersche Sammlung überwechselte, konnte bis jetzt nicht ermittelt werden.
Mit dem durch mehrere Einschnürungen charakterisierten Umriß reiht sich der Geigenbauer
dieser Violine in eine Tradition ein, die im Barock ihren Ausgang nahm und durch ein
bewußtes Abweichen von der normalen Violinform geprägt war. Das Arbeiten mit derartig
geformten Randlinien ist - wie erhaltene Instrumente belegen - vermehrt sowohl innerhalb der
Brescianer Schule (Tomaso Castelli, fl. um 1620) als auch bei Geigenbauern Westböhmens
(Schönbacher Schule) nachzuweisen. Ferner findet man die mehrfach geschweifte Kontur bei
mehreren Instrumenten des Prager Meisters Johann Ulrich Eberle bzw. Eberll (1699-1768).
Vorliegende Violine ist als neubarockes Instrument zu bezeichnen, da sie in neuerer Zeit
entstanden ist und lediglich eine Imitation jener alten, derartig geformten Instrumente
darstellt.
LITERATUR:
- Vannes 1956, Nr. 88, S. 19.
VIOLINE - INV.NR.
11
75
BILDNACHWEIS:
Von li. nach re. bzw. von oben nach unten: Vorder-, Seiten-, Rückgesamtansicht,
Wirbelkasten mit Kopf, Schalloch.
PHILOMELE - INV.NR.
76
12
Inv.Nr. 12
Philomele (4 Saiten)
Deutschland, um 1900
SIGNATUR:
Keine Signatur vorhanden.
CORPUS:
Corpus im oberen Teil dreieckig-spitz zulaufend, im unteren Teil abgerundet und ohne Ecken
gestaltet, wodurch die Mittelbügel stark eingezogen erscheinen. Flache Decke und Boden.
Kein Randüberstand. Saitenaufhängung am Steg.
Decke: einteilig. Nußbaum (?). Flach, ohne Randeinlage und Randüberstand. Mehrmals
geschweifte F-Löcher in Phantasieform mit je einem kleinen, lang gestielten Seitenpunkt und
einem größeren abgesetzten Beipunkt.
Zargen: aus nicht identifiziertem, dunkelbraun lackiertem Holz. Unterzarge zweiteilig.
Boden: einteilig. Ahorn in Radialschnitt mit schräg verlaufender Flammung. Flach, ohne
Randeinlage und Randüberstand. Am Halsfuß in eine Rundung auslaufend.
Zur Innenkonstruktion: Hals stumpf auf den Oberklotz geleimt. Zur Vergrößerung der
Leimfläche anstatt einer durchgehenden Innenbereifung vereinzelte Klötzchenbeläge
angebracht. In voller Zargenhöhe 2 Verstärkungsleisten (Griffbrettbrücken) in Längsrichtung
(wahrscheinlich in ganzer Corpuslänge) eingesetzt, ungefähr unter den Griffbrettaußenkanten
verlaufend. Die übrigen Konstruktionselemente und Innenverstärkungen konnten aufgrund
schlechter Einsehbarkeit nicht ermittelt werden.
Gesamt L: 565
Decke L: 345
B: 34 (Halsfuß) / 107 (Ecken) /
95 (Mittelbügel) / 210 (Unterbügel)
Decke S:
I) 1,3 (am Steg) II) 1,0 III) 1,1-1,3
IV) 1,0-1,1 V) 1,1-1,3
Deckenmensur: 183
Schallöcher: L 75, A oben 58, A unten 108
Zargen H: durchgehend 22
Zargen S: 1,0-1,2
Boden L: 362
Boden S:
I) k.M. II) 1,5
III) 1,6 IV) 1,7-1,8
MONTURTEILE:
Hals und Wirbelkasten: Hals mit Wirbelkasten und Kopf aus einem Stück Nußbaum (?). Der
Wirbelkasten läuft in eine längsovale, wappenförmige Kopfplatte aus. Die Saiten werden
durch eine neuzeitliche, hinterständige Stimmwirbelmechanik, die auch bei Gitarren
Verwendung findet, gespannt. Schraubenstimmvorrichtung auf einer gravierten, jeweils an
den Wirbelkastenseiten angebrachten Metallplatte fixiert.
Halsmensur: 133
Hals S: durchgehend 20
Wirbelkasten L: 92
Wirbelkasten B innen: 10...15, außen: 17...22
Kopfplatte: 17 x 29
Griffbrett und Obersattel: Griffbrett und Obersattel geschwärzt.
Griffbrett L: 313
Griffbrett B: 23...44
Steg und untere Saitenbefestigung: Die Saiten enden an einem geschwärzten, mit eingelegtem
Metallsattel versehenen Bock, der am Ende des Griffbretts mit diesem verbunden und auf der
Decke fest fixiert ist. Saitenaufhängung mittels 4 unterständig angebrachter, eiserner Stifte.
Bock B / S / H: 43 / 8 / 35
Besaitung: 4 Stahlsaiten, von denen die 2 untersten umsponnen sind.
Stimmung: in regulärer Violinstimmung: g-d’-a’-e’’
Schwingende Saitenlänge: 313
PHILOMELE - INV.NR.
12
77
ÜBERZUG:
Boden, Zargen und Wirbelkasten mit dunkelbraun-rotem Lack überzogen. Decke dagegen
farblos lackiert.
ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN:
Das Instrument befindet sich in einem intakten Zustand. Geringfügige Lackbeschädigungen
an Kopf und Zargen. Gebrauchsspuren der auf dem Arm gespielten Philomele sind im unteren
Deckenrandbereich in Form leichter Verdunkelungen sichtbar.
PROVENIENZ:
Es besteht keine Eintragung seitens Schumacher im Fundortkatalog. Im Handschriftlichen
Katalog (S. 84) wird dieses Instrument jedoch beschrieben, und am Rande seiner Notizen ist
„München“ verzeichnet. Auch hier ist die Bedeutung des Randeintrages unklar. Es wäre
denkbar, daß mit München der Herstellungsort gemeint ist, da die Philomele ihren Ursprung
Mitte des 19. Jahrhunderts in den Werkstätten Münchner Zitherbauer hatte und sich von dort
aus verbreitete - unter anderem nach Sachsen, aus dessen Region Philomelen erhalten sind,
die denselben auffälligen, hier vorliegenden Corpusumriß aufweisen.1 Daher wäre eine
Abstammung aus dem sächsischen bzw. vogtländischen Raum in hiesigem Falle in Erwägung
zu ziehen.
LITERATUR:
- Schumacher: Handschriftlicher Katalog, Nr. 57, S. 84.
- Vannes 1956, Nr. 85, S. 18.
1
Vgl. die Philomele vogtländischer Herkunft in: Kinsky 1912, Nr. 902, S. 535f.
PHILOMELE - INV.NR.
12
78
BILDNACHWEIS:
Von li. nach re. bzw. von oben nach unten: Vorder-, Seiten-, Rückgesamtansicht,
Wirbelkasten mit Kopf, Schalloch.
POCHETTEN - INV.NR.
79
13
Pochetten
Inv.Nr. 13
Pochette (4 Saiten)
17./18. Jahrhundert
SIGNATUR:
Keine Signatur vorhanden.
CORPUS:
Bootförmiges, zargenloses Corpus in schlichter Ausführung. Rücken, Hals und Wirbelkasten
aus einem Stück gearbeitet, Decke separat.
Decke: einteilig. Wie der übrige Corpus aus Birnbaumholz. Leichte Wölbung in
Längsrichtung ohne Hohlkehle. Keine Randeinlage vorhanden. Decke bündig aufgesetzt.
Zwischen Griffbrettende und Steg ist eine zentrale, runde Schallöffnung ausgeschnitten. Im
unteren, breiteren Deckenabschnitt 2 Schallöcher, die im oberen Bereich formal an F-Löchern
orientiert sind, unten jedoch flammenförmig auslaufen; deutlich gegeneinander versetzte
Kerben.
Rücken mit Hals und Wirbelkasten: aus einem Stück Birnbaumholz. Der Übergang vom
muldenförmigen Rücken zum Hals ist durch einen wulstartigen Überstand kenntlich gemacht.
Der sichelförmige Wirbelkasten endet in einer wappenförmigen Kopfplatte. 4 Wirbel aus
verschiedenen
Laubbaumhölzern.
Auf
den
Wirbelkastenvorderkanten
jeweils
2 Quereinkerbungen.
Zur Innenkonstruktion: außer einem Stimmstock konnten keine Einzelheiten im Corpusinnern
ermittelt werden.
Gesamt L: 463
Decke L (mit unterem Überstand): 272 (283)
B: 50 / 74 / 17
Wölbungshöhe Decke (max.): um 10
Decke S:
I) 1,7 II) 1,0-1,1 III) 1,3
IV) 1,1-1,3 V) 1,0-1,7
Deckenmensur: 170
Schallöcher: L 37, A oben 18, A unten 47
Zargen H: s. Wölbungshöhe Rücken
Zargen S: s. Rückenstärken
Boden L (mit unterem Überstand): 278 (284)
Wölbungshöhe Rücken: 35 (Halsansatz), 56
(bei größter Breite), 13 (am unteren Rand)
Boden S:
I) 3,1-4,0 II) 1,7-2,5
III) 2,2-2,7 IV) 1,1-1,3
Kreisförmige Schallöffnung: ‡ 9; Schallochlage
v. o.: 101
Halsmensur: 100
Hals S: 18 / 20 / 25
Wirbelkasten L: 79
Wirbelkasten B innen: 7...19, außen: 15...21
Kopfplatte: 15 x 15
MONTURTEILE:
Griffbrett und Obersattel: aus Laubholz gefertigt. Griffbrett auf der Oberseite geschwärzt.
Zwischen Hals und einfach geschweiftem Griffbrett Keil geschoben.
Griffbrett L: 148
Griffbrett B: 22...29
Steg: Material nicht identifiziert.
B / S / H: 22 / 3 / 19
Untere Saitenbefestigung: geschwärzter Saitenhalter mit Bundsaite an einem aus dem Corpus
gearbeiteten Vorsprung befestigt.
Saitenhalter L: 86
Saitenhalter größte B / kleinste B: 26 / 10
POCHETTEN - INV.NR.
13
80
Besaitung: Von den 4 Saiten des Instruments bestehen die 3 obersten aus Darm, die unterste
ist metallumsponnen.
Stimmung: die Pochetten werden stets in Quinten gestimmt. Während Schumacher1 eine
Einstimmung in der regulären Violinstimmung (g-d’-a’-e’’) vorschlägt, ist in der Literatur für
die 4-saitige Taschengeige meist die Stimmung c’-g’-d’’-a’’ wiedergegeben.2 Die Vorgabe
bei Vannes 19563, dieses Instrument eine Oktave höher als die Violine zu stimmen, muß als
unrichtig zurückgewiesen werden, da eine Stimmung der obersten Saite nach e’’’ bei
vorliegender Saitenmensur nicht möglich ist.
Schwingende Saitenlänge: 270
ÜBERZUG:
Hellgelb-brauner Lack.
ZUBEHÖR:
Diesem Instrument ist ein Bogen zugehörig, bei dem es sich entweder um Inv.Nr. B8 oder
Inv.Nr. B9 handelt. Da die Bögen von Schumacher (Handschriftlicher Katalog, S. 107 u. 109)
lediglich erwähnt und nicht näher beschrieben werden, ist eine genaue Zuordnung heute nicht
mehr möglich.
ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN:
Starke Lackabnutzung im oberen Griffbrettbereich und auf der Saitenhalteroberfläche.
Vereinzelter Wurmbefall. Das Instrument befindet sich in einem gut erhaltenen Zustand. Die
Griffbrett-Hals-Konstruktion mit eingeschobenem Keil spricht für ein originales Griffbrett.
Die anderen Monturteile könnten im Lauf der Zeit ersetzt worden sein.
PROVENIENZ:
Aus der Sammlung H. Schumacher. Das Instrument wurde - wie Inv.Nr. 14 - dem Museum
von Otto Dreyer (Luzern) als Leihgabe zur Verfügung gestellt, nachdem er beide Pochetten
von den Erben Schumachers als Anerkennung für seine Bemühungen um die Sammlung
geschenkt bekommen hat.4 Laut Fundortkatalog Schumachers (S. 2) stammt vorliegende
Pochette - wie viele Instrumente aus seiner Sammlung auch - aus dem Luzerner Kloster
St. Anna im Bruch.
Aufgrund des schmalen, bootförmigen Umrisses und der Bauweise, bei der Rücken, Hals und
Wirbelkasten aus einem Stück bestehen, kann man mutmaßen, daß die Pochette im 17. oder
18. Jahrhundert entstanden ist. Bootförmige Taschengeigen wurden schon im 17. Jahrhundert
gebaut, während die vergleichbaren Instrumente mit einem an der Viola da gamba oder
Violine orientierten Corpus (vgl. Inv.Nr. 14 u. 15) erst im 18. Jahrhundert allmählich in Mode
kamen und auch entsprechend ihren Vorbildern immer häufiger aus separaten Teilen
zusammengesetzt waren.5 Trotz dieser Kriterien kann hier ein späterer Entstehungszeitpunkt
im 19. Jahrhundert mit historisierenden Bauabsichten nicht völlig ausgeschlossen werden.
LITERATUR:
- Schumacher: Handschriftlicher Katalog, Nr. 73, S. 107. Fundortkatalog Nr. 73, S. 2.
- Vannes 1956, Nr. L2, S. 39.
1
Schumacher: Handschriftlicher Katalog, S. 107ff.
Vgl. beispielsweise Wackernagel 1997, S. 231 und Kinsky 1912, S. 338.
3
Vannes 1956, S. 39.
4
Dieser Sachverhalt geht aus einem Briefwechsel hervor, dessen einzelne Dokumente im Nachlaß Schumachers
aufbewahrt sind. Der Nachlaß befindet sich als Depositum in der Zentralbibliothek in Luzern.
5
Vgl. Wackernagel 1997, S. 230f.
2
POCHETTEN - INV.NR.
13
81
BILDNACHWEIS:
Von li. nach re. bzw. von oben nach unten: Vorder-, Seiten-, Rückgesamtansicht,
Wirbelkasten mit Kopf, Schalloch.
POCHETTEN - INV.NR.
82
14
Inv.Nr. 14
Pochette (4 Saiten)
18. Jahrhundert
SIGNATUR:
Keine Signatur vorhanden.
CORPUS:
Kleines, langgestrecktes Violincorpus mit abgerundeten Einziehungen anstelle der oberen und
unteren Ecken. Boden, Zargen und Hals aus einem Stück gefertigt.
Decke: zweiteilig. Fichte mit regelmäßig verlaufenden, engen Jahresringen. Mittelhohe
Wölbung, in ausgeprägter Hohlkehle ausschwingend. Aufgemalte einlinige Randader. Kein
Randüberstand, jedoch neben der tief eingegrabenen Hohlkehle ein plastisch
herausgearbeiteter Wulst stehengelassen, der optisch einen Überstand suggeriert. F-Löcher
mit stark versetzten Kerben.
Zargen und Boden: eine Einheit bildend. Unregelmäßig geflammter Ahorn in Radialschnitt.
Boden kräftig gewölbt mit ausgeprägter Hohlkehle; Randgestaltung wie Decke. Rundes,
großes Bodenblatt.
Zur Innenkonstruktion: Soweit erkennbar, sind außer einem Stimmstock keine
Innenverstärkungen vorhanden.
Gesamt L: 465
Decke L: 235
B: 103 / 72 / 130
Wölbungshöhe Decke (max.): um 15
Decke S:
I) 1,6-1,7 II) 1,7-2,2 III) 1,7
IV) 1,5-2,3 V) 1,5-2,7
Deckenmensur: 128
Schallöcher: L 46, A oben 28, A unten 82
Zargen H: durchgehend 12
Zargen S: 3,4-4,3
Boden L: 251
Wölbungshöhe Boden (max.): um 18
Boden S:
I) 4,5-4,8 II) 3,0-4,8
III) 1,4-2,6 IV) 1,3-2,3
MONTURTEILE:
Hals und Wirbelkasten: Hals mit Boden und Zargen aus einem Stück geschnitzt; am Ansatz
des Halses kein Halsfuß, sondern lediglich ein großes Bodenblatt herausgearbeitet. Mehrere
Schnittspuren am Wirbelkasten könnten einen Hinweis auf das Anschäften des oberen
Wirbelkastens bzw. Kopfes darstellen (nicht eindeutig feststellbar). Der Wirbelkasten endet in
einem Löwenkopf mit langer, in der Mitte gescheitelter Mähne; Maul weit geöffnet. 4 neuere,
sorgfältig schwarz lackierte Wirbel mit Perlmuttaugen, die in ihrer Größe für normale
Violinen konzipiert sind. Im unteren Teil der Wirbelkastenrückwand ist ein rotes Siegel
angebracht, in das nicht identifizierbare Initialen graviert sind.
Halsmensur: 138
Hals S: 18 / 24 / 29
Wirbelkasten L: 80
Wirbelkasten B innen: 7...18, außen: 16...23
Kopf B: 25
Griffbrett und Obersattel: Der erforderliche Griffbrettabstand über der Decke entsteht hier
durch eine stark keilförmige Kontur des mit Ebenholz furnierten Griffbretts und zusätzlich
durch einen zwischen Hals und Griffbrett geschobenen Keil. Obersattel aus Ebenholz.
Griffbrett L: 220
Griffbrett B: 24...36
Steg: Ahorn (?).
B / S / H: 27 / 3 / 22
Untere Saitenbefestigung: Saitenhalter aus Ebenholz; mit einer Darmschlinge an einem
Vorsprung befestigt, der am unteren Corpusrand aus Decke und Boden herausgearbeitet ist.
Untersattel aus Ebenholz.
Saitenhalter L: 65
POCHETTEN - INV.NR.
14
83
Saitenhalter größte B / kleinste B: 36 / 14
Untersattel B: 18
Besaitung: Das Instrument ist mit 2 umsponnenen Metall- und 2 Darmsaiten bezogen.
Stimmung: Vgl. Inv.Nr. 14
Schwingende Saitenlänge: 265
ÜBERZUG:
Rotbrauner Lack, der besonders an den Rändern stark geronnen und auf der Decke
großflächig abgesprungen ist.
ZUBEHÖR:
Zu diesem Instrument gehörten sowohl ein Bogen (Inv.Nr. B8 oder Inv.Nr. B9) als auch ein
Dämpfer aus neuerer Zeit (Maße: 24 / 5 / 21).
ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN:
2 nicht offene Deckenrisse im unteren Corpusteil. An den Seitenwänden des Wirbelkastens
kleinere Risse vorhanden. Starker Lackabrieb auf der Decke im Bereich der Streichstelle.
Monturteile teilweise in neuerer Zeit ergänzt.
PROVENIENZ:
Aus der Sammlung H. Schumacher. Das Instrument befindet sich, wie das vorige, im Besitz
Otto Dreyers (Luzern) und ist der Sammlung als Leihgabe übergeben worden. Laut
Schumachers handgeschriebenen Notizen hat er das Instrument von einer Privatperson oder
einem Händler erworben, der vermutlich den Namen „Meyer“ trug, da dieser Name im
Fundortkatalog (S. 8) unmittelbar neben fraglicher Pochette verzeichnet ist.
Corpusumriß und Bauweise sprechen für eine Einordnung ins 18. Jahrhundert.
LITERATUR:
- Schumacher: Handschriftlicher Katalog, Nr. 76, S. 109. Fundortkatalog Nr. 76, S. 8.
- Vannes 1956, Nr. L3, S. 39.
BILDNACHWEIS:
Von li. nach re. bzw. von oben nach unten: Schalloch, Vorder-, Seiten-, Rückgesamtansicht,
Wirbelkasten mit Kopf, Siegel an der Wirbelkastenrückwand.
POCHETTEN - INV.NR.
14
84
POCHETTEN - INV.NR.
85
15
Inv.Nr. 15
Pochette (4 Saiten)
Anfang 19. Jahrhundert
SIGNATUR:
Keine Signatur vorhanden.
CORPUS:
Extrem kleines Violincorpus mit relativ plumpem Hals, der in seinen Dimensionen dem Hals
einer Violine im Normalformat entspricht. Aufgrund der geringen Deckenmensur hier jedoch
eine deutlich kürzere schwingende Saitenlänge. Boden, Zargen und Hals mit Wirbelkasten aus
einem Stück Holz herausgearbeitet.
Decke: einteilig. Mittel- bis grobjährige Fichte. Kräftig gewölbt mit ausgeprägter Hohlkehle.
Keine Randeinlage vorhanden. Decke bündig aufgesetzt, neben der tief eingegrabenen
Hohlkehle jedoch ein wulstartiger Rand stehengelassen. Steil stehende F-Löcher mit leicht
versetzten Schallochkerben.
Boden, Zargen und Hals mit Wirbelkasten: aus einem Stück Ahorn mit unregelmäßigen,
schräg stehenden Flammen. Boden flach gewölbt, in ausgeprägter Hohlkehle ausschwingend,
die den plastisch ausgearbeiteten Rand ohne Randeinlage noch stärker zur Geltung kommen
läßt. Rundes Bodenblatt stehengelassen. Zargen verjüngen sich zum unteren Teil des Corpus
hin. Am Ende des gekehlten Wirbelkastens schließt sich anstelle der Schnecke eine
Kopfplatte an, auf der sich ein Stern aus Perlmutter mit gezackten Rändern befindet, durch
dessen Mitte zur Befestigung ein Stecker mit einem Rheinkieselknopf angebracht ist. 4 grob
geschnitzte, uneinheitliche Wirbel aus verschiedenen Laubhölzern.
Zur Innenkonstruktion: Abgesehen von einem Stimmstock sind keine verstärkenden
Innenteile auszumachen.
Gesamt L: 370 (375)
Decke L: 145
B: 66 / 48 / 84
Wölbungshöhe Decke (max.): um 12
Decke S: k.M.
Deckenmensur: 75
Schallöcher: L 33, A oben 18, A unten 55
Zargen H: 24 / 19 / 19 / 14
Zargen S: k.M.
Boden L: 156
Wölbungshöhe Boden (max.): um 9
Boden S: k.M.
Halsmensur: 140
Hals S: 20 / 21 / 27
Wirbelkasten L: 80
Wirbelkasten B innen: 9...14, außen: 17...23
Kopfplatte: 21 x 24
MONTURTEILE:
Griffbrett und Obersattel: Zwischen dem keilförmigen, geschwärzten Griffbrett und dem Hals
ist ein Keil eingefügt. Obersattel aus Bein.
Griffbrett L: 184
Griffbrett B: 23...34
Steg: Ahorn (?). Geringe Höhe, so daß die Saiten auf dem Griffbrett aufliegen und das
Instrument dadurch nicht spielbar ist.
B / S / H: 15 / 2 / 11
Untere Saitenbefestigung: in der Unterzarge Knopf aus Bein, der dem Saitenhalter aus
Ebenholz mittels einer Darmschlinge Halt bietet. Untersattel aus Ebenholz.
Saitenhalter L: 43
Saitenhalter größte B / kleinste B: 25 / 10
Untersattel B: 18
Besaitung: Das Instrument ist mit 3 Darm- und einer umsponnenen Metallsaite ausgestattet.
POCHETTEN - INV.NR.
15
86
Stimmung: Vgl. Inv.Nr. 13
Schwingende Saitenlänge: 215
ÜBERZUG:
Braun bis dunkelbraun lackiert. Im Stegbereich ist der Lack partiell abgesprungen.
ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN:
Die oberste Darmsaite liegt im gerissenen Zustand vor. Oberer baßseitiger Wirbel im
vorderen Schaftbereich abgebrochen. Mit der momentanen Ausstattung mit einem sehr
niedrigen Steg ist ein Spiel auf diesem Instrument nicht denkbar. Abnutzungsspuren im
oberen Griffbrettbereich zeigen jedoch, daß auf dieser Pochette trotz ihres kleinen Corpus
musiziert worden war. Guter Erhaltungszustand.
PROVENIENZ:
Aus der Sammlung H. Schumacher. Laut der Eintragung im Fundortkatalog (S. 21) ist die
vorliegende Tanzmeistergeige in Florenz erworben worden.
Die weitere Provenienz ist unbestimmt. Dem Corpus nach zu urteilen, ist das Instrument im
frühen 19. Jahrhundert entstanden.
LITERATUR:
- Schumacher: Handschriftlicher Katalog, Nr. 75, S. 108. Fundortkatalog Nr. 75, S. 21.
- Vannes 1956, Nr. 74, S. 16.
BILDNACHWEIS:
Von li. nach re. bzw. von oben nach unten: Vorder-, Seiten-, Rückgesamtansicht,
Wirbelkasten mit Kopf, Schalloch.
POCHETTEN - INV.NR.
15
87
TROMBE MARINE - INV.NR.
88
16
Trombe marine1
Inv.Nr. 16
Tromba marina (1 Spielsaite)
1. Hälfte 18. Jahrhundert
SIGNATUR:
Keine Signatur vorhanden.
CORPUS:
Langgestrecktes, sich nach oben verjüngendes Corpus, das aus 5 vom zweiten Drittel an nach
unten weit ausladenden, leicht konkav gebogenen Spänen und einer flachen Decke
zusammengesetzt ist.
Decke: zweiteilig. Fichte mit groben, teilweise welligen Jahresringen. An den Rändern und
am oberen Deckenabschluß mit weißem Pergament eingefaßt.
Rücken: 5 Späne, wie die Decke aus Fichte mit groben, partiell welligen Jahresringen.
Sämtliche Spanfugen und die oberen Abschlüsse mit weißem Pergament beklebt.
Zur Konstruktion: Hals und Oberklotz miteinander verzapft. Rückenspäne und Decke an den
Oberklotz geleimt. Unterer Deckenrand sowie untere Spanenden mit einem Eisenblechkranz
gesichert. Keine Innenbebalkung vorhanden. Die unteren zwei Drittel der Fugen sämtlicher
Rückenspäne innen mit zum Teil beschriebenen Pergamentstreifen beklebt (Ausschnitte aus
einem Chorbuch in Mensuralnotation mit lateinischem Text). Zur Stabilisierung diverser
Rißbildungen von innen weißliche Pergamentstreifen aus neuerer Zeit aufgebracht. Das
Austrittsloch ist im Innern durch ein einfach geschweiftes Saitendurchzugsbrett aus Nußbaum
verstärkt.
Gesamt L: 1860
Decke L: 1210
Decke B: 65...390
Decke S: 3,8-4,5
Deckenmensur: 980
Rücken T (max.): 280
B der beiden äußeren Späne: 40...155
B der inneren Späne: 25...180
Rücken S: 3,5-5,0
MONTURTEILE:
Hals und Wirbelkasten: Hals mit Wirbelkasten aus Hartholz, von der ursprünglich schwarzen
Lackierung nur noch Reste vorhanden. Auf dem vorne abgeflachten Hals befinden sich für die
Flageolettgriffe 9 Halsmarkierungen aus Pergament, von denen die 3 untersten vollständig,
von den restlichen 6 nur noch Spuren erhalten sind; zwischen den Markierungen Kerben
eingeritzt, die möglicherweise korrigierte oder zusätzliche Tonpositionen anzeigen. Obere
Saitenaufhängung mittels eines grob gearbeiteten hölzernen Wirbels, der in einem geraden,
mit einem an der Violinschnecke orientierten Schneckenabschluß versehenen Wirbelkasten
untergebracht ist und durch ein eisernes Zahnrad und eine Sperrklinke arretiert wird.
Halsmensur: 518
Hals S: 34 / 32 / 42
Hals B: 39...44
Bundabstände (von oben nach unten): 107 - 120 - 132 - 148 - 166 - 185 - 258 - 313 - 390
Wirbelkasten L: 115
Wirbelkasten B innen: 21, außen: 38
Schnecke B: 38
Steg: Bei der Erzeugung des charakteristisch schnarrenden, trompetenartigen Klanges der
Tromba marina spielt der Steg eine wichtige Rolle: durch seinen asymmetrischen,
schuhförmigen Bau und durch die Randpositionierung der Saite über dem kürzeren und
1
Zu etymologischen Aspekten dieser Instrumentengattung vgl. Berdux/Tremmel 1998, Sp. 971/972.
TROMBE MARINE - INV.NR.
16
89
dickeren Ende desselben wird eine einseitige Belastung erreicht. Der längere und dünnere Teil
des Steges schwebt dadurch über der Decke, wird beim Anstreichen der Saite in
Schwingungen versetzt und schlägt in gleichmäßiger rascher Folge auf die Decke auf.
Bisweilen wird der schmetternde Klang zusätzlich durch ein auf das freischwebende
Stegfußende aufgebrachtes oder in die Decke eingelegtes Plättchen aus Glas, Elfenbein oder
Metall verstärkt.
Vorliegender Steg aus Birnbaum ist an entsprechender Stelle mit einem solchen
Elfenbeinplättchen unterlegt. In der Unterseite des Absatzes weist er einen kleinen Nagel auf,
womit der Steg, der nur durch den Druck der Saite fixiert wird und beim Spiel leicht
verrutschen kann, auf der Decke in Position gehalten werden soll. Eine ähnliche Funktion übt
der (frz.) guidon aus, eine Hilfssaite, die am Steg oder unterhalb von diesem an der Spielsaite
befestigt wird und mit der die Stellung des Steges und damit die gewünschte Stärke des
Aufschlagens auf die Decke reguliert werden kann. Vorliegendes Instrument weist eine
einfache guidon-Vorrichtung auf, die durch einen einzelnen, (vom Spieler aus) auf der rechten
Seite in die Decke eingeschlagenen Wirbel gekennzeichnet ist, mit dem die hier direkt am
Steg befestigte Hilfssaite gespannt oder gelockert werden kann. Entsprechend dieser
Spannung wird das freischwebende Stegende entweder von der Decke weggezogen - wodurch
es beim Spiel um so heftiger auf diese aufschlägt - oder der Decke angenähert, was die
gegenteilige Wirkung zur Folge hat.
B / S / H: 71 / 14 / 39
Untere Saitenbefestigung: Am unteren Ende der Decke ist die innen verknotete Saite nach
außen geführt, wobei das Austrittsloch durch eine rundliche Auflage aus Obstholz verstärkt
ist. In kurzem Abstand über dem Austrittsloch ist eine an den Enden abgeflachte, fast die
ganze Deckenbreite einnehmende Leiste aus Nußbaum in der Funktion eines Untersattels
aufgeleimt.
Saitenaustrittsverstärkung ‡: 40
Untersattel B / S / H: 315 / 18 / 20
Besaitung: Das Instrument ist mit 1 Spielsaite aus Darm bezogen.
Stimmung: Die Trombe marine werden ausschließlich in der Flageolettgriffweise gespielt.
Durch die Teilung der Saite in einem bestimmten Verhältnis erklingen die Töne der
Obertonreihe, wobei als Basiston (Stimmung der unverkürzten Spielsaite) meist C oder D
verwendet wurde.1 Resultierend aus dieser besonderen Spielweise befindet sich die
Streichstelle entgegen der üblichen Spielhaltung bei Streichinstrumenten zwischen dem
Obersattel und der die Saite berührenden Hand.
Schwingende Saitenlänge: 1500
ÜBERZUG:
Corpus mit dunkelbraunem Überzug versehen; die schwarze Lackierung an Hals und
Wirbelkasten nur noch in Resten vorhanden.
ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN:
Starke Wurmschäden am gesamten Instrument. Obersattel fehlend. Wirbel der guidonVorrichtung abgebrochen und nur noch Reste der Hilfssaite aus Darm vorhanden.
Pergamentverstärkungen im Innen- und Außenbereich des Corpus teilweise erneuert. Neuere
Rißbildungen am Corpus. Am Wirbelkasten ist unterhalb des Wirbelaustrittsloches ein Stück
der Seitenwand herausgebrochen.
Steg sowie Untersattel und Saitenaustrittsverstärkung vermutlich nicht original
(Abnutzungsspuren auf der Decke).
1
Vgl. Prin 1742, fol. 10v.
TROMBE MARINE - INV.NR.
16
90
PROVENIENZ:
Diese Tromba marina hat Schumacher nach seinen Angaben im Fundortkatalog (S.4) aus dem
Benediktinerinnen-Kloster St. Andreas in Sarnen erstanden. Das Kontaktieren des Klosters
zwecks weiterer Nachforschungen bezüglich der Herkunft des Instruments blieb leider
ergebnislos.
Im Landesmuseum Zürich (Inv.Nr. 3405/284) befindet sich eine Tromba marina, die
dieselben charakteristischen Merkmale wie vorliegendes Instrument aufweist (hexagonale
Corpusform, Eisenblecheinfassung am unteren Ende des Corpus, gleiche
Positionsmarkierungen am Hals, gleiche Wirbelkastengestaltung und Stimmechanik,
weißliche Pergamentstreifen auf den Fugenverbindungen). Das aus dem Kloster St. Lazarus in
Seedorf erworbene Objekt und das hier besprochene Instrument könnten daher vom gleichen
Hersteller stammen.
Adkins/Dickinson 1991 nahmen anhand von spezifischen Stil- und Formelementen eine
Einordnung der anonym überlieferten Trombe marine vor. Dabei kristallisierten sich
verschiedene Schulen heraus, die mit einer bestimmten Region in Verbindung gebracht
wurden. Die vier Instrumente, die sich noch heute in der Sammlung im Richard-WagnerMuseum befinden, weisen allesamt die gleiche Corpusform mit leicht konkav gebogener
Spangestaltung auf und lassen sich nach Adkins/Dickinson aufgrund eines überlieferten
signierten Instruments gleicher Formgebung (Tromba marina von Matthias Hornsteiner II,
Mittenwald, 1790; heute Berliner Musikinstrumentenmuseum Inv.Nr. 158) in die sogenannte
Mittenwalder Gruppe des Typ B einordnen.1 Ursprünglich befanden sich insgesamt sieben
Trombe marine in Schumachers Besitz. Durch Veräußerungen und Tauschvorgänge nach
Schumachers Tod, aber auch noch zu seinen Lebzeiten (vgl. S. 5f. in dieser Arbeit), reduzierte
sich dieser außergewöhnlich große Sammlungsbestand von sieben auf heute leider nur noch
vier Instrumente. Der jüngste Tauschvorgang fand 1974/75 statt, bei dem die Tromba marina
Inv.Nr. 72 (nach Vannes 1956; nach Kappeler/Hiestand 1966 Inv.Nr. 71) in den Besitz von
Karl Mangold (Zollikon) überging, der der Sammlung dafür ein Kontrafagott überließ.2
LITERATUR:
- Schumacher: Handschriftlicher Katalog, Nr. 52, S. 73. Fundortkatalog Nr. 52, S. 4.
- Vannes 1956, Nr. 73, S. 15.
- Adkins/Dickinson 1991, Appendix 3, S. 325/326 (dort jedoch unter der Inv.Nr. 71 geführt).
1
2
Adkins/Dickinson 1991, S. 124ff.
Vgl. Böhringer 1995, Inv.Nr. 133a, S. 163.
TROMBE MARINE - INV.NR.
16
91
BILDNACHWEIS:
Von li. nach re. bzw. von oben nach unten: Vorder-, Seiten-, Rückgesamtansicht,
Corpusinnenansicht, Hals mit Wirbelkasten.
TROMBE MARINE - INV.NR.
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92
TROMBE MARINE - INV.NR.
93
17
Inv.Nr. 17
Tromba marina (1 Spiel- und 4 Resonanzsaiten)
um 1700
SIGNATUR:
Auf der Innenseite des mittleren Spans ist mit Bleistift die Ziffer „55“ notiert; diese entspricht
der Katalognummer von Schumacher und dürfte daher auch aus seiner Hand stammen.
CORPUS:
Langgestrecktes, nach unten kelchförmig ausladendes Corpus, fünfspänig. Entgegen der
gewöhnlich eher schlichten Ausführung der Trombe marine ist die Decke hier reich bemalt.
Decke: zweiteilig (?), aus Ahorn. Deckenränder mit bunten Pergamentstreifen belegt, an den
Längsseiten sich nach unten verbreiternd. Im oberen Drittel Rosette aus dunkel gefärbtem
Pergament (?) eingesetzt (Blütenornament mit integriertem tropfenförmigem Muster),
einfache Schallochumrandung aus geschwärztem Pergament. Bemalung der gesamten Decke
mit bunten Blumengirlanden; in der unteren Deckenhälfte innerhalb eines Blätterkranzes in
Medaillonform (Länge ca. 220 mm) ein Gemälde des Heiligen Michael, der hier mit Flügeln
und den Symbolen der Waage und des geflammten Schwerts dargestellt ist.
Rücken: 5 Späne aus mittel- bis grobjähriger Fichte. Spanfugen ebenfalls mit bunten, sich
nach unten keilförmig verbreiternden Pergamentstreifen belegt.
Zur Konstruktion: Hals in den schmalen, glockenförmigen Oberklotz eingesetzt. Rückenspäne
an den Oberklotz geleimt, wobei die Anstöße mit einer fünfkantigen Kranzleiste überdeckt
sind; darunter ein breiter Pergamentstreifen über Späne und Decke geklebt. Decke bis zum
Halsansatz in den vorne abgeflachten Oberklotz eingelegt. Zur Vergrößerung der Standfläche
und zur Stabilisierung des unten stets offenen Corpus ist an die Außenseite der Spanenden
bzw. des Deckenabschlusses ein Leistenkranz aus Fichte geleimt. Zusätzlich ist an das untere,
innere Deckenende eine festigende, fast über die ganze Breite reichende Holzleiste
geschraubt. Direkt darüber schließt sich ein flacher Querbalken aus Obstholz an, in dessen
Mitte eine hoher Überstand mit aufgesetztem Eisensattel stehen gelassen wurde, um darin
4 Wirbel aus Birne für die 4 freischwingenden Resonanzsaiten zu befestigen. Obere
Resonanzsaitenbefestigung vermutlich an Anhängestiften, die auf einer Verlängerung des
Oberklotzes angebracht sind. Da die Stimmung der Resonanzsaiten hier durch die im unteren
Corpusteil angebrachten Wirbel und nicht - wie meistens üblich - mittels einer
Stimmvorrichtung am Oberklotz erfolgt, die über eine in die Decke integrierte Schiebetür zu
erreichen ist, ist bei vorliegender Tromba marina im Oberklotzbereich lediglich ein kleines
Rechteck aus der Decke gesägt, das zum Teil mit Pergament belegt ist und bei Bedarf
herausgenommen werden kann (heute nicht mehr möglich, da stark verzogen). Stabilisierende
Maßnahmen im Innern des Corpus durch je einen leicht gebogenen Deckenquerbalken
unterhalb des Schallochs bzw. auf Höhe des Steges und durch Pergamentbeläge entlang der
Spanfugen.
Gesamt L: 1810
Decke L: 1215
Decke B: 73 (43)...320
Decke S: 5,0-6,0
Deckenmensur: 1035
Rücken T (max.): 220
B Späne: um 33...um 123
Rosette: ‡ 63; Schallochlage v. o.: 287
Rücken S: 4,0-6,0
MONTURTEILE:
Hals und Wirbelkasten: Hals mit Wirbelkasten und Wirbelkastenabschluß geschwärzt und aus
einem Stück gefertigt. Auf der Vorderseite des vollständig verrundeten Halses sind die
Tonbuchstaben (von unten nach oben) C-E-G-C-D-E-F-G-A-B-C aufgebracht, die den 4.-6.,
8.-14. und 16. Partialton der Obertonreihe auf C markieren. Entgegen logischer Erwartungen
sind die Buchstaben - in Abweichung zu den Markierungen bei den Trombe marine
TROMBE MARINE - INV.NR.
17
94
Inv.Nr. 18 u. 19 - aus der Spielerperspektive auf dem Kopf stehend, in Frontalansicht dagegen
in normal lesbarer Anordnung angebracht. Die Spielsaite gelangt über einen am
Wirbelkastenunterende stehengelassenen Wulst in Funktion eines Obersattels zu einem
vierkantig ausgearbeiteten Eisenwirbel, auf dessen (vom Spieler aus gesehen) rechtem
Abschluß außerhalb des Wirbelkastens eine s-förmig gebogene Kurbel mit einem hölzernen
Endknauf angebracht ist; das linke Ende ist verrundet. Gesichert wird diese Stimmechanik
durch ein eisernes Zahnrad mit Sperrklinke. Wirbelkastenabschluß in Form eines
Adlerkopfes.
Halsmensur: 440
Hals S: 35 / 39 / 43
Hals B: 32...40
Bundabstände (von oben nach unten): 95 - 105 - 115 - 124 - 133 - 147 - 162 - 182 - 246 - 293 - 365
Wirbelkasten L: 170
Wirbelkasten B innen: 22...27, außen: 45...52
Kopf B: 39
Steg: braun lackiert. Auf die Unterseite des auf die Decke aufschlagenden Fußes ein
Elfenbeinplättchen mittels 2 kleiner Nägel angebracht. Fixierung des feststehenden Endes
durch eine in die Unterseite getriebene Metallspitze. Zur Stegregulierung einfache
guidon-Vorrichtung mit einer im (vom Spieler aus) rechten, unteren Deckenbereich
angebrachten Wirbelhalterung (vgl. Inv.Nr. 16).
B / S / H: 67 / 9 / 38
Untere Saitenbefestigung: Unterhalb des rot bemalten Untersattels mit nach oben
geschwungenen Enden ist die im Innern verknotete Spielsaite durch ein Loch in der Decke
nach außen geführt.
Untersattel B / S: 139 / 34
Besaitung: Das Instrument ist mit 1 Spielsaite aus Darm und 4 Resonanzsaiten aus Messing
bezogen.
Stimmung: Basiston (Stimmung der unverkürzten Spielsaite) auf C. Die Resonanzsaiten
werden auf dieselbe Tonhöhe wie die Spielsaite gestimmt, hier also C.1
Schwingende Saitenlängen: Spielsaite: 1445; Resonanzsaiten: k.M.
ÜBERZUG:
Corpus mittelbraun lackiert; Hals und Wirbelkasten mit schwarzem Lack versehen, auf der
Halsvorderseite leicht geronnen.
ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN:
1 Resonanzsaite gerissen. Wirbel und Saite für guidon-Vorrichtung fehlend. Leichter
Wurmfraß am gesamten Instrument. Mehrere kleine Rißbildungen an der Deckenunterkante,
zum Teil innen und außen mit Pergamentauflagen belegt. Starker Lackabrieb im HalsWirbelkasten-Bereich.
Steg nicht original zum Instrument gehörig.
PROVENIENZ:
Wie alle anderen Trombe marine aus seiner Sammlung, fand und erwarb Schumacher auch
dieses Exemplar in einem Schweizer Frauenkloster. Dieser Fundort ist für Trombe marine
nicht ungewöhnlich, da sie vom 17. bis ins 19. Jahrhundert überwiegend in Nonnenklöstern
des deutschsprachigen Raums Verwendung fanden (daher auch der Name Nonnengeige).2 Aus
dem Kapuzinerinnen-Kloster Santa Maria in Wattwil erstand Schumacher nicht nur
vorliegende Tromba marina; er erwarb zusätzlich ein zweites Instrument (heute Exponat des
1
Zur Stimmung der Resonanzsaiten vgl. R. Holmes: Academy of Armory, ca. 1680, Manuskript
(British Library). Zit. nach Küllmer 1986, S. 313.
2
Vgl. Berdux/Tremmel 1998, Sp. 977.
TROMBE MARINE - INV.NR.
17
95
Musikinstrumentenmuseums in Genf, Inv.Nr. 160), welches dem hier beschriebenen in
nahezu allen Einzelheiten gleicht und mit großer Sicherheit aus derselben Werkstatt stammt.
Die ungewöhnlich dekorative Ausstattung der Decken beider Instrumente läßt an eine
Sonderanfertigung für einen Liebhaber oder für einen besonderen Auftraggeber denken. Die
Anfrage an das Kloster, ob sich in den Kloster-Chroniken aus dem fraglichen Zeitraum
Hinweise zu den biographischen Umständen der Instrumente finden lassen, blieb leider auch
hier ergebnislos.
Jenes paarige Auftreten der Trombe marine, das sich im Sammlungsbestand Schumachers
vermehrt beobachten läßt, hängt mit ihrer Verwendung als Trompetenersatz für die Nonnen
zusammen, denen das Spiel auf Blasinstrumenten untersagt war. Wie die Trompeten wurden
sie häufig im Ensemble gespielt,1 wobei zur Erreichung größtmöglicher Homogenität eine
gewisse Gleichartigkeit der Instrumente sehr erwünscht war.
LITERATUR:
- Schumacher: Handschriftlicher Katalog, Nr. 55, S. 76. Fundortkatalog Nr. 55, S. 3.
- Vannes 1956, Nr. 70, S. 15.
- Adkins/Dickinson 1991, Appendix 3, S. 410-412.
BILDNACHWEIS:
Von li. nach re. bzw. von oben nach unten: Vorder-, Seiten-, Rückgesamtansicht, Hals mit
Wirbelkasten, Detailansicht Decke, Corpusinnenansicht.
1
Ebda., Sp. 978.
TROMBE MARINE - INV.NR.
17
96
TROMBE MARINE - INV.NR.
97
18
Inv.Nr. 18
Tromba marina (1 Spielsaite)
Mitte 18. Jahrhundert
SIGNATUR1:
Auf der Innenseite des mittleren Spans ist die Ziffer „54“ verzeichnet. Hierbei dürfte es sich wie bei Inv.Nr. 17 u. 19 - um eine von Schumacher stammende Numerierung handeln.
CORPUS:
Schlicht gearbeitetes, großrahmiges Instrument mit langgestrecktem, nach oben konisch
zulaufendem Corpus aus 5 leicht konkav gebogenen Spänen und einer flachen Decke.
Decke: dreiteilig; Mittelteil aus fein- bis mitteljähriger Fichte, die beiden äußeren Ansätze aus
Fichte mit weitstehenden Jahresringen.
Rücken: 5 Späne aus grobjähriger Fichte, Jahresringe teilweise sehr wellig verlaufend, in
einem der äußeren Späne Astloch sichtbar.
Zur Konstruktion: Hals und Oberklotz miteinander verzapft. Decke und Rückenspäne an den
unteren Teil des Oberklotzes geleimt und gestiftet; Corpus oben mit einem sockelförmigen,
einfach profilierten, sechsteiligen Abschluß versehen. Als Standfläche ist in die Innenseite der
Corpusöffnung eine Rahmenbebalkung eingepaßt, die von außen zusätzlich mit einem
aufgenagelten Eisenblechkranz gesichert ist. Außer einer auf die Decke aufgebrachten
Saitendurchzugsleiste keine Innenbebalkung vorhanden. Sämtliche Spanfugen und ein
Deckenriß innen mit Leinenbelägen gesichert. Die Decke ist auf der Innenseite im Bereich
des Steges großflächig mit Glassplittern beschichtet, um den Geräuschpegel des Instruments
niedriger zu halten.2
Gesamt L: 1965
Decke L: 1280
Decke B: 90...410
Decke S: um 4,0
Rücken T (max.): 290
B Späne: um 43...um 180
Deckenmensur: 985
Rücken S: um 3,0
MONTURTEILE:
Hals und Wirbelkasten: Hals mit Wirbelkasten und Wirbelkastenabschluß aus einem Stück
Laubholz gefertigt und mit schwarzem Lack überzogen. Obersattel eingenutet, ebenfalls
geschwärzt. Auf die abgeflachte Halsvorderseite sind 12 (2 fehlend) quadratische und mit
Tonbuchstaben beschriftete Positionsmarkierungen aus starkem Papier geleimt (von unten
nach oben): A-D-F[#]-A-[C]-D-E-F[#]-G-A-[H]-C. Dies entspricht dem 3.-14. Partialton der
Obertonreihe auf D. Der Wirbelkasten geht in einen schlicht gearbeiteten, an der
Violinschnecke orientierten Kopf über. Obere Saitenbefestigung mittels eines
schmiedeeisernen Wirbels mit ringförmigem Kopf, der durch ein Zahnrad und eine
Sperrklinke aus Eisen arretiert werden kann.
Halsmensur: 512
Hals S: 43 / 39 / 40
Hals B: durchgehend 43
Bundabstände (von oben nach unten): 88-101-117-132-146-164-180-204-235-306-388-476
Wirbelkasten L: 130
Wirbelkasten B innen: 21, außen: 42
Kopf B: 42
Steg: aus Buche; auf die Unterseite des auf die Decke aufschlagenden Fußes ist ein
Elfenbeinplättchen angebracht. Stegregulierung durch eine auf der (vom Spieler aus) rechten
Deckenseite angebrachten guidon-Vorrichtung mit 2 Wirbeln aus unterschiedlichen
Obsthölzern. Dabei dient der obere, in den Oberklotz eingeschlagene Wirbel zur Befestigung
1
Dem Instrument wird bei Adkins/Dickinson 1991 (S. 419) fälschlicherweise die Inschrift Jesus Nazarenum
Rex... zugeschrieben.
2
Vgl. Küllmer 1986, S. 319/320.
TROMBE MARINE - INV.NR.
18
98
des oberen Endes der Hilfssaite; der untere Wirbel fungiert lediglich als Lenkstift, an dem die
Hilfssaite entlang läuft, um schließlich unterhalb des Steges an der Spielsaite befestigt zu
werden. Der Vorteil einer derartigen guidon-Einrichtung besteht darin, daß diese vom Spieler
benutzt werden kann, ohne daß er seine Spielposition verlassen muß. Zur Bedienung der
einfachen guidon-Vorrichtung mit nur einem Wirbel in der Nähe des Steges muß das
Instrument dagegen in jedem Fall abgesetzt werden - die unkomfortablere Lösung (vgl. dazu
auch die entsprechenden Ausführungen bei Inv.Nr. 16 u. 17). Wie an vielen anderen
Museumsinstrumenten mit einer solchen Ausstattung auch,1 ist die Funktion als guidon hier
jedoch nicht mehr offensichtlich: Die beiden Wirbel sind als Träger einer sympathetisch
mitschwingenden Aliquotsaite mißverstanden worden,2 die wahrscheinlich zur klanglichen
Unterstützung des Grundtons in der Oberoktave zu diesem eingestimmt werden sollte. Da
eine in dieser Art und Funktion angebrachte Resonanzsaite historisch nicht nachgewiesen
werden kann, ist die vorliegende Einrichtung mit einer zwischen die Wirbel gespannten
Darmsaite als nicht authentische Zutat neueren Datums zu beurteilen.
B / S / H: 60 / 13 / 36
Untere Saitenbefestigung: Die im Innern verknotete Saite wird am unteren Deckenrand durch
ein Loch nach außen geführt; Austrittsöffnung mit einer quadratischen, an den Saiten
abgefasten Holzverstärkung belegt. Darüber dunkelbraun lackierter, seitlich abgefaster
Untersattel auf die Decke geleimt.
Untersattel B / S / H: 150 / 24 / 18
Saitenaustrittsverstärkung: 30 x 30
Besaitung: Das Instrument ist für 1 Spielsaite aus Darm konzipiert (zur Zeit fehlend).
Stimmung: Spielsaite auf D gestimmt.
Schwingende Saitenlänge: 1515
ÜBERZUG:
Corpus mit hellbraunem Überzug versehen; Hals und Wirbelkasten schwarz lackiert.
ZUBEHÖR:
In Schumachers Fotoalbum ist dem Instrument der Bogen Inv.Nr. B1 zugeordnet. Ob der
Bogen zusammen mit dem Instrument erworben wurde oder ob diese Zuordnung nicht doch
eher willkürlich geschah, muß an dieser Stelle offen bleiben.
ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN:
Spielsaite nicht vorhanden. Diverse Rißbildungen an Decke und Rücken. Von
2 Positionsmarkierungen am Hals nur noch geringe Papierreste sichtbar. Saitenmaterial für
guidon-Vorrichtung fehlend (s.o.).
Steg nicht original.
PROVENIENZ:
Laut Fundortkatalog (S. 2) erwarb Schumacher dieses Instrument aus dem KapuzinerinnenKloster St. Anna im Bruch, Luzern. Da das Kloster im Jahre 1904 abgebrochen wurde und
eine frühere Anfrage nach der Herkunft einiger Blasinstrumente, die Schumacher ebenfalls
aus diesem Kloster erstanden hatte, erfolglos blieb,3 wurde auf eine Nachfrage bezüglich der
Provenienz der Trombe marine Inv.Nr. 18 u. 19 verzichtet.
LITERATUR:
- Schumacher: Handschriftlicher Katalog, Nr. 54, S. 75. Fundortkatalog Nr. 54, S. 2.
1
Vgl. Adkins/Dickinson 1991, S. 170.
Auch Schumacher (Handschriftlicher Katalog), Vannes 1956 und Kappeler/Hiestand 1966 unterlagen dieser
Fehlannahme.
3
Vgl. Böhringer 1995, S. 185.
2
TROMBE MARINE - INV.NR.
18
99
- Vannes 1956, Nr. 71, S. 15.
- Adkins/Dickinson 1991, Appendix 3, S. 419.
BILDNACHWEIS:
Von li. nach re. bzw. von oben nach unten: Vorder-, Seiten-, Rückgesamtansicht,
Corpusinnenansicht, Hals mit Wirbelkasten.
TROMBE MARINE - INV.NR.
18
100
TROMBE MARINE - INV.NR.
19
101
Inv.Nr. 19
Tromba marina (1 Spielsaite)
Mitte 18. Jahrhundert
SIGNATUR:
Auf der Innenseite des mittleren Spans ist die Ziffer „51“ verzeichnet. Hierbei dürfte es sich wie bei Inv.Nr. 17 u. 18 - um eine von Schumacher stammende Numerierung handeln.
CORPUS:
Das Instrument ist hinsichtlich seiner konstruktionellen Gegebenheiten und Ausmaße in
nahezu allen Details mit voriger Tromba marina (Inv.Nr. 18) identisch. Daher soll im
folgenden lediglich auf die Abweichungen eingegangen werden.
Decke: s. Inv.Nr. 18
Rücken: s. Inv.Nr. 18
Zur Konstruktion: Anstöße im Innern mit Pergament belegt.
MONTURTEILE:
Hals und Wirbelkasten: s. Inv.Nr. 18
Steg: aus Nußbaum; auf der Unterseite des auf die Decke aufschlagenden Fußes Klebespuren
sichtbar, die auf einen ursprünglichen Belag (wahrscheinlich aus Elfenbein) hinweisen.
B / S / H: 73 / 9 / 41
Untere Saitenbefestigung: s. Inv.Nr. 18
Besaitung: s. Inv.Nr. 18
ÜBERZUG:
s. Inv.Nr. 18
ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN:
Oberer Wirbel und Saite der guidon-Vorrichtung fehlend. Obersattel nicht mehr vorhanden.
Die Positionsmarkierungen auf der Halsvorderseite haben sich bis auf die zweitunterste (D)
und die oberste (C) nahezu vollständig abgelöst; mit Hilfe der Angaben von Schumacher
(Handschriftlicher Katalog, S. 72) und dem Vergleichsinstrument (Inv.Nr. 18) lassen sich
jedoch die gleichen Tonbuchstaben wie bei Inv.Nr. 18 rekonstruieren. Am Corpus vereinzelt
Wurmschäden erkennbar. Am Rücken großflächige dunkle Verfärbungen (vermutlich
Wasserschäden).
Der Steg ist eine Ergänzung aus neuerer Zeit.
PROVENIENZ:
Wie voriges Instrument stammt diese Tromba marina aus dem Frauenkloster St. Anna im
Bruch, Luzern. Aufgrund der starken Ähnlichkeit beider Instrumente kann nicht nur
angenommen werden, daß sie von ein und demselben Instrumentenbauer gefertigt worden
sind, sondern es ist zudem wahrscheinlich, daß sie auch paarweise zum Einsatz kamen.
LITERATUR:
- Schumacher: Handschriftlicher Katalog, Nr. 51, S. 72. Fundortkatalog Nr. 51, S. 2.
- Adkins/Dickinson 1991, Appendix 3, S. 418.
TROMBE MARINE - INV.NR.
19
102
BILDNACHWEIS:
Von li. nach re. bzw. von oben nach unten: Vorder-, Seiten-, Rückgesamtansicht,
Corpusinnenansicht, Hals mit Wirbelkasten.
TROMBE MARINE - INV.NR.
19
103
STREICHZITHERN – INV.NR.
104
20
Streichzithern
Inv.Nr. 20
Streichzither (4 Saiten)
Deutschland, um 1900
SIGNATUR:
Keine Signatur vorhanden.
CORPUS:
Flaches Corpus in Herzform mit weit herausragender, abgestumpfter Spitze. Stimmstock mit
Stimmechanik.
Decke: Ahorn, Palisander furniert. Flach, bündig mit den Zargen abschließend. Einspänige
Randeinlage aus weißlichem Material (Zelluloid?). Unterhalb der größten Breite 2 ovale
Schallöcher eingeschnitten, eingefaßt von Zierspänen, die der Deckenrandeinlage
entsprechen.
Zargen: Ahorn, schwarz lackiert.
Boden: fein- bis mitteljährige Fichte, schwarz lackiert. 3 gedrechselte Füßchen aus Bein
(Kunststoff?) mit Eisendornen jeweils in die oberen Herzrundungen bzw. auf Höhe des
Griffbrettendes eingeschraubt.
Zur Innenkonstruktion: in Längsrichtung angebrachte, zentrale Griffbrettbrücke mit
2 Auslassungen. Ober- und unterhalb der Schallöcher je ein Deckenquerbalken eingesetzt, der
für die Griffbrettbrücke unterbrochen ist. Im Bereich der Füßchen je ein Klötzchen an den
Boden geleimt, in die die Füßchen eingeschraubt sind.
Gesamt L:501 (510)
Decke L: 422
B: 267 / 48
Decke S: 3,0-3,5
Zargen H: 25
Zargen S: 3,1-3,3
Schallöcher: beide 35 x 69
Boden S: 3,7-4,0
MONTURTEILE:
Stimmstock: in Form einer asymmetrischen Flamme. Stimmechanik mit Neusilberplatte,
darauf das Motiv eines mit Obst gefüllten Horns eingraviert.
Stimmstock L / B (max.): 90 / 53
Griffbrett: schwarz gebeizt. Zentral auf die Decke geleimt, gewölbt und nach oben an Stärke
abnehmend. 29 chromatisch eingelegte Bünde aus Neusilber; je 2 Positionsmarkierungen aus
Perlmutt vor dem 5., 9. und 12. Bund, 1 Markierung vor dem 17. Bund. Obersattelbund
ebenfalls aus Neusilber. 4 Schränkstifte aus Eisen.
Griffbrett L (max.): 332
Griffbrett B: durchgehend 47
Bundabstände: 20-40-60-78-95-111-127-141-155-168-181-192-203-214-224-233-242-251-259-267274-280-286-292-297-302-307-312-317
Untere Saitenbefestigung: schwarz lackierter Sattelbock mit Sattelbund aus Messing. Durch
4 Saitenschlitze gelangen die Saiten zu 4 unterständig eingeschlagenen Eisenstiften.
Sattelbock B / L / H (über Decke): 48 / 30 / 22
Besaitung: 4 Metallsaiten, davon 1 metallumsponnen.
Stimmung: Die Stimmung entspricht der klassischen Violinstimmung in umgekehrter
Anordnung (die höchste Saite befindet bei der Streichzither auf der linken Saite des
Griffbretts): e’’-a’-d’-g (nach Sachs 1913, S. 361f.).
Schwingende Saitenlänge: 392
STREICHZITHERN – INV.NR.
20
105
ÜBERZUG:
Außer der mit farbloser, überwiegend krakelierter Politur überzogenen Decke ist das Corpus
mit Stimmstock und Sattelbock schwarz lackiert.
ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN:
Guter Erhaltungszustand ohne erkennbare Beschädigungen.
PROVENIENZ:
Diese ursprünglich nicht zu Schumachers Sammlung gehörige Streichzither ist zwischen 1956
und 1966 in die Ausstellung eingegliedert worden. Laut Kappeler/Hiestand 1966 gehörte das
Instrument zuvor dem Trödler Dibiasi aus Luzern.
Die herzförmige Corpusform gilt als Prototyp der von Johann Petzmayer in München
erfundenen Streichzither. Da die Verwendung einer Stimmechanik bei Zithern erst seit 1895
allgemein zur Anwendung kommt, muß vorliegendes Exemplar nach dieser Zeit entstanden
sein.1
BILDNACHWEIS:
Von oben nach unten: Vorder-, Rückgesamtansicht, Wirbelbrett mit Stimmechanik.
1
Michel 1995, S. 104/105.
STREICHZITHERN – INV.NR.
20
106
STREICHZITHERN – INV.NR.
107
21
Inv.Nr. 21
Streichmelodion (4 Saiten)
Deutschland, um 1900
SIGNATUR:
Keine Signatur vorhanden.
CORPUS:
Sauber verarbeitetes historisierendes Gambencorpus mit abfallenden Schultern und weit
ausladendem, eckenlosen Ober- und Unterbügel; Mittelbügel schwach gebogen und an
scharfen Einziehungen ansetzend.
Decke: zweiteilig. Fichte mit sehr regelmäßig verlaufenden, in der Mitte engen, zum Rand hin
breiter werdenden Jahresringen. Mittelhohe Wölbung, die in einer leichten Hohlkehle
ausläuft. Einfache dreispänige Randeinlage an einem überstehenden, plastisch ausgearbeiteten
Rand. Lange, mit Mensurkerben versehene F-Löcher, deren Klappen spitz auslaufen.
Zargen: Ahorn in Radialschnitt. Zweigeteilter Unterzargenverlauf.
Boden: zweiteilig. Deutlich geflammter Ahorn in Radialschnitt. Wölbung, Hohlkehle und
Randeinlage der Decke entsprechend. Rundes Bodenblatt. 2 in den oberen Backen sich
befindende Füßchen aus Bein mit Eisendornen.
Zur Innenkonstruktion: Der Hals ist in den separaten, eckigen Oberklotz eingesetzt. Im
flachrunden Unterklotz ist der Saitenhalterknopf fixiert. Die Decke ist mit 1 Paßstift am
Unterklotz gesichert. Breite Decken- und Bodenreifchen. Stimmstock und Baßbalken
vorhanden, diese jedoch - entsprechend der Besaitung - in umgekehrter Anordnung wie bei
der Violine positioniert. Die Zusammenstöße der Zargenenden des Mittelbügels mit Oberund Unterbügel sind mit dünnen Verstärkungen belegt. Die Füßchen im Boden enden innen in
kleinen Gegenklötzchen.
Gesamt L: 597 (600)
Decke L: 352
B: 195 / 112 / 242
Wölbungshöhe Decke (max.): um 14
Randüberstand Decke: 4
Decke S:
I) 3,2-3,9 II) 2,0-2,4 III) 1,7-2,3
IV) 1,6-2,3 V) 2,5-3,0
Deckenmensur: 192
Schallöcher: L 80, A oben 43, A unten 136
Zargen H: durchgehend 30
Zargen S: <1,0
Boden L: 370
Wölbungshöhe Boden (max.): um 17
Randüberstand Boden: 4
Boden S:
I) 2,4 II) 1,8-2,0
III) 1,7-2,2 IV) 1,9-2,5
MONTURTEILE:
Hals und Wirbelbrett: Nußbaum, in einem Stück. An der Halsunterseite ist in Längsrichtung
ein flacher Grat stehen gelassen. Wirbelbrett in Form einer asymmetrischen Flamme.
Stimmechanik; Abdeckplatte aus Neusilber mit eingravierten Akanthusranken. Wirbelköpfe
aus Bein. In die Rückseite des Wirbelbretts ist ein drittes gedrechseltes Füßchen aus Bein
(Kunststoff?) eingelassen, welches ebenfalls zur Abstützung des Instruments auf dem Tisch
dient.
Halsmensur: 163 (173)
Hals S: 28 / 29 / 31
Wirbelbrett L: 85
Wirbelbrett B (max.): 51
Griffbrett: geschwärztes und gewölbtes Griffbrett mit 27 eingelegten Bünden aus Neusilber in
chromatischer Anordnung; je 1 Positionsmarkierung aus Perlmutt vor dem 5., 9., 12., 17., 21.
und 24. Bund. Obersattelbund ebenfalls aus Neusilber. 4 Schränkstifte aus Eisen.
Griffbrett L: 288
Griffbrett B: 38...50
Bundabstände: 18-37-55-72-87-102-115-128-141-152-163-174-183-142-201-210-217-225-232-238245-251-256-261-266-271-275
STREICHZITHERN – INV.NR.
21
108
Steg: Ahorn.
B / S / H: 40 / 4 / 35
Untere Saitenbefestigung: Saitenhalter und Untersattel aus Ebenholz. Saitenhalteraufhängung
mittels Hängelsaite und Ebenholzknopf.
Saitenhalter L: 92
Saitenhalter größte B / kleinste B: 45 / 15
Untersattel B: 40
Besaitung: Das Instrument ist mit 4 metallumsponnenen Saiten bezogen.
Stimmung: s. Inv.Nr. 20
Schwingende Saitenlänge: 350
ÜBERZUG:
Corpus, Hals und Wirbelbrett mit rotbraunem Überzug versehen.
ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN:
Hängelsaite zur Aufhängung des Saitenhalters gerissen; durch die resultierende fehlende
Saitenspannung liegt der Steg dem Instrument nur noch lose bei. Die abgerundete Ecke am
baßseitigen Oberbügel ist stark beschädigt.
PROVENIENZ:
Das Instrument ist erst nach Schumachers Tod in die Sammlung eingegliedert worden. Über
frühere Besitzverhältnisse ist nichts bekannt.
Nachdem sich die 1823 von Johann Petzmayer in München erfundene Streichzither in
Herzform etabliert hatte, entstanden bald darauf Streichzithertypen, deren Corpora an den
Vorbildern aus dem Streichinstrumentenbau orientiert waren. Das durch ein historisierendes
Gambencorpus gekennzeichnete Streichmelodion (Streichmelodeon) wurde überwiegend in
der Fabrik Ernst Rudolf Gliers (gegründet 1884) in Markneukirchen gebaut.1
LITERATUR:
- Vannes 1956, Nr. 87, S. 87.
1
Vgl. Heyde 1989, S. 17.
STREICHZITHERN – INV.NR.
21
109
BILDNACHWEIS:
Von li. nach re. bzw. von oben nach unten: Vorder-, Seiten-, Rückgesamtansicht, Wirbelbrett
mit Stimmechanik, Schalloch.
DREHLEIER - INV.NR.
22
110
Inv.Nr. 22
Drehleier1 (2 Melodie- und 4 Bordunsaiten)
Henry Thouvenel, Mirecourt, 2. Hälfte 19. Jahrhundert
SIGNATUR:
Brandstempel am Tangentenkasten (im Dreieck angeordnet): THOUVENEL // HENRY // A.
MIRECOURT
Auf Deckelinnenseite Reste eines kleinen Etiketts mit blauem Rand (frühere
Museumsnummer?).
CORPUS:
Zargencorpus in Gitarrenform mit gestrecktem Oberbügel, flach eingezogenem
Mittelbügel und seitlich stark gerundetem Unterbügel.
Decke: einteilig, aus Ahorn. In Querrichtung flachrund gebogen. Breite Randeinlage aus
Ebenholz- und Beinrhomben im Wechsel, nach innen von einer dreispänigen Ader aus
Ebenholz und Ahorn begrenzt. Seitlich des Saitenhalters je ein Schalloch in E-Form,
jeweils aus 4 Öffnungen zusammengesetzt. Durch den geöffneten Tangentenkasten weitere
12 kleine, runde Schallöffnungen in paarweiser Anordnung sichtbar. Ölloch oberhalb des
Achsenlagers - d. h. zwischen Tangentenkastenende und Streichrad - in die Decke gebohrt.
Zargen: Material wie Decke. Unterschiedlich hohe Zargen: im Bereich des Unterklotzes
und an den Einziehungen größte, an den Ausbiegungen geringste Höhe. In der Unterzarge
am Zusammenstoß keilförmiges Zwischenstück aus Ebenholz eingesetzt, aus dem nahe der
Decke die s-förmige eiserne Kurbel mit abschließendem Knauf aus Obstholz hervorragt.
Am vorderen Corpusabschluß und an der Unterzarge beidseitig der Kurbel hölzerne
Tragbandknöpfe für den ledernen Tragegurt angebracht.
Boden: einteilig, flach. Material ebenfalls Ahorn.
Zur Innenkonstruktion: Oberklotzbeschaffenheit nicht ermittelt. Unterklotz eckig, mit
abgeschrägten Kanten. Durchgehende, teilweise ersetzte Bodenreifchen, in die die Enden
der Querbalken und Zargenverstärkungen eingelassen sind. Vor und hinter dem Rad je eine
Balkenkonstruktion (einander gegenüberliegender Boden- und Deckenbalken mit
Zargenverstärkungen); Bodenbalken der hinteren Bebalkung fehlend. Kurbelachse durch
eine mittige Verdickung im vorderen Deckenbalken zum Rad geführt, hinterer
Deckenbalken vermutlich ebenfalls verdickt und das Achsenlager aufnehmend (nicht
sichtbar). Eine dritte Balkenkonstruktion auf Höhe des Mittelbügels ist wahrscheinlich,
von dieser jedoch nur der Bodenbalken sichtbar.
Gesamt L: 640 (697 mit Kurbel)
Decke L: 480
B: 200 / 170 / 258
Wölbungshöhe Decke (max.): um 25
Decke S: 1,6-1,8
Zargen H2: 82 / 72 / 79 / 72 / 100
Zargen S: < 1
Boden L: 460
Schallöcher: L 65, A innen 70, A außen 185
Boden S: 1,7-2,0
MONTURTEILE:
Wirbelkasten und Obersättel: Wirbelkasten mit geschnitztem Kopf aus einem Stück Ahorn.
Wirbelkasten unten offen. Leicht vertiefte Wirbelkastenvorder und -seitenwände; diese mit
fünfzackigen Sternornamenten punziert, die von rhombisch angeordneten
Verbindungslinien eingerahmt sind. Als Wirbelkastenabschluß schmaler geschnitzter
Frauenkopf mit Haarreif. 6 vorderständig angebrachte, in Material und Form
uneinheitliche Wirbel; die zwei oberen aus Ebenholz mit Endknöpfchen aus Bein, die
übrigen geschwärzt. In die Wirbelkastenseitenwände je 2 kleine Löcher eingebohrt, durch
1
2
Die Terminologie der einzelnen Bestandteile der Drehleier richtet sich nach Wackernagel 1997.
Zargenhöhe am Oberklotz, Oberbügel, Mittelbügel, Unterbügel und Unterklotz abgenommen.
DREHLEIER - INV.NR.
22
111
die die Bordunsaiten zur Befestigung in das Innere des Wirbelkastens laufen. Obersättel
für die Bordunsaiten in Form von großen, beiderseits des Tangentenkastens angebrachten
Stegen aus Hartholz. Am oberen Ende des Tangentenkastens dachförmiger Obersattel für
die Melodiesaiten eingesetzt.
Wirbelkasten L: 165
Wirbelkasten B außen: 38...52
Kopf B: 39
Obersättel für Bordunsaiten H: 38
Tangentenkasten: Ahorn. Der mit einem Riegel aus Bein feststellbare Kastendeckel
ebenfalls aus Ahorn, an der Oberseite mit Ebenholz, an den Seitenwänden mit Palisander
furniert; das Ebenholzfurnier weist eine einfache Randader aus Ahorn auf. Längswände
des stumpf auf die Decke geleimten Tangentenkastens in den Wirbelkasten eingefälzt. An
den Seitenwänden Linien zur genauen Bestimmung der Tastenposition eingeritzt.
Klaviatur bestehend aus 23 in 2 Reihen angeordneten Tasten aus Ebenholz: die untere
Reihe weist - für die Ausführung einer diatonischen Tonskala - 13 Tasten, die obere Reihe
- für das Spiel chromatischer Töne - 10 Tasten mit Beingriffen auf (1 Taste und 1 Beingriff
zur Zeit fehlend). Zur Verkürzung der beiden Melodiesaiten sind in jede Taste 2
angestielte und zum Zwecke der Feinstimmung drehbare Tangenten aus Hartholz
eingesetzt.
Tangentenkasten L / B / H: 313 / 53...65 / 66 (incl. Deckel 78)
Rad und Radabdeckung: Rad aus Ahorn, zum Zentrum hin leicht gewölbt. Geschwärzter
Radbügel, der zwischen die 2 auf die Decke geleimten, ebenfalls geschwärzten
Bügelbacken geklemmt wird.
Rad ‡: 145
Rad S außen: 13
Haupt- und Bordunstege: Hauptsteg für die Melodiesaiten aus Ahorn. Bordunstege und
Schnarrsteg fehlen, ihre Position ist anhand der Spuren auf der Decke jedoch
rekonstruierbar. Zur Verstärkung des schnarrenden Tons der trompette ist an der Stelle, wo
der schwingende Fuß des Schnarrsteges auf die Decke aufschlagen würde, ein viereckiges
Plättchen aus Bein eingelegt.
Hauptsteg: B / S / H: 65 / 15 / 60
Untere Saitenbefestigung: Saitenhalter für die Melodiesaiten aus Ahorn, auf der Oberseite
- vergleichbar mit dem Tangentenkastendeckel - mit einem eine einfache Randeinlage aus
Ahorn aufweisenden Ebenholzfurnier belegt; Saitenhalter mit Hilfe einer keilförmigen
Verdickung nahe des Deckenrandes auf die Decke geleimt und zusätzlich mit 2 Stiften
gesichert. Bordunsaitenanhänge beidseitig des Saitenhalters unterhalb des Deckenrandes
an der Unterzarge befestigt. Der im Saitenhalter fixierte Hilfswirbel aus Elfenbein hat die
Funktion, mittels einer im rechten Winkel an die trompette befestigten Hilfssaite den
Abstand vom äußeren, auf die Decke aufschlagenden Schnarrstegfuß zur Decke zu
regulieren und damit die Länge und Intensität des Schnarrklanges zu beeinflussen.1
Saitenhalter L: 97
Saitenhalter größte B / kleinste B: 46 / 28
Besaitung: 6 Darmsaiten, bestehend aus 2 Melodiesaiten (chanterelles) und 4 Bordunsaiten
(grand bourdon, petit bourdon, mouche und trompette).
Stimmung: chanterelles im Einklang auf g’ (Tonumfang g’-g’’’), grand bourdon auf G,
petit bourdon auf c, mouche auf g, trompette auf c’ gestimmt. Für die französische
Drehleier ist eine zweite Stimmung auf D überliefert, die vor allem im Bourbonnais zum
Einsatz kam. 2
1
Die Tonerzeugungs- und Regulierungsmechanismen der trompette der Drehleier sind denen der
Trombe marine sehr ähnlich. Vgl. daher auch die entsprechenden Ausführungen bei den Trombe marine in
dieser Arbeit.
2
Bröcker 1977, Bd. 1, S. 54-57; Bd. 2, S. 751.
DREHLEIER - INV.NR.
22
112
Schwingende Saitenlängen: Melodiesaiten 340; Bordunsaiten um 370
ÜBERZUG:
Gelbbrauner, harter, spröder Lack; am Boden und an der dem Spieler zugewandten
Zargenseite stark abgenutzt.
ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN:
1 Obertaste, 1 Obertastengriff und 1 Tangente fehlend. Beide Bordunstege, Schnarrsteg
sowie die Hilfssaite für die trompette nicht mehr vorhanden. Eine der Melodiesaiten
gerissen. Das gesamte Instrument ist durch Wurmbefall beschädigt. Leichte Deckenrisse.
Deckenrandeinlage an den Berührungspunkten mit den Bordunsaiten abgesprungen.
An dem Instrument ist mindestens ein Restaurationsvorgang ausgeführt worden, bei dem
ein Teil der Wirbel, der Hilfssaitenstellwirbel im Saitenhalter und der Radbügel ersetzt
wurden. Der ursprünglich zum Instrument gehörige Radbügel war vermutlich, wie
Saitenhalter und Tangentenkastendeckel, mit einem Ebenholzfurnier und einer einfachen
Randeinlage versehen. Das in die Decke eingelegte Beinplättchen für den Schnarrsteg
dürfte ebenfalls aus neuerer Zeit stammen.
PROVENIENZ:
Die Drehleier wurde dem Museum von Otto Dreyer (St. Niklausen) zur Verfügung gestellt.
Henry Thouvenel (geb. 1851 in Mirecourt, gest. 1929 in Mirecourt), auch bekannt unter
dem Übernamen Paganini, stellte neben Instrumenten wie Drehleiern, Gitarren und
Mandolinen auch zahlreiche Violinen und Violoncelli her.1 Die Instrumentensammlung
des Deutschen Museums in München2 sowie das Museu de la Música in Barcelona3
besitzen ebenfalls je eine Drehleier von Thouvenel, die abgesehen von ihren
lautenförmigen Corpora dem vorliegenden Instrument sehr ähnlich sind.
LITERATUR:
- Vannes 1956, Nr. 95, S. 19/20.
1
Vgl. Vannes 1951, Bd. I, S. 361.
Vgl. Wackernagel 1997, S. 300f.
3
Vgl. Museu de la Música 1/Catàleg d’instruments. Barcelona 1991, S. 179.
2
DREHLEIER - INV.NR.
22
113
BILDNACHWEIS:
Von oben nach unten: Vordergesamtansicht, Seitengesamtansichten, Wirbelkasten mit
Kopf, Brandstempel, Schalloch.
DREHLEIER - INV.NR.
22
114
STREICHBÖGEN - INV.NR.
B1
115
Streichbögen
Inv.Nr. B1
Im Fotoalbum Schumachers ist der Bogen der Tromba marina Inv.Nr. 18 zugeordnet.
Streichbogen für Tromba marina
18. Jahrhundert
L Gesamt: 575
Gewicht: 122 g
STANGE:
Nußbaum (?). Grob gearbeitete, ungleichmäßig vierkantige Stange, die im Froschbereich an
der Unterseite deutlich abgeflacht ist; leicht konvex gebogen.
L: 533
‡: 12...17
Gleichgewichtspunkt: um 222
KOPF:
Neuzeitliche Form (Französische Kopfform) mit lang herausgezogener Spitze, unsauber
verarbeitet. Keilkästchen rechteckig.
L: 47
H: 30
B (max.): 16
FROSCH:
Gleiches Material wie Stange. An der Grundfläche dem Stangenquerschnitt angepaßte,
rechteckige Ausnehmung; hinten kantig abgeschrägt. Das Maul ist oval ausgeschnitten, wobei
der haarführende Teil länger gearbeitet ist und mit einer keilförmigen Verdickung abschließt.
Auf der rechten Froschseite ist von Schumacher mit Bleistift die Zahl 54 vermerkt worden,
um die Zugehörigkeit des Bogens zur gleichbezifferten Tromba marina (hier Inv.Nr. 18)
deutlich zu machen.
L unten / Mitte / Bahn: 82 / 46 / 60
B (max.): 18
H: 35
SCHRAUBENKOPF:
Durch den kugelförmigen Kopf aus nicht identifiziertem Holz ist eine Schraube getrieben,
deren Ende um etwa 5 mm aus diesem herausragt.
L: 21
‡: 20
BEZUG:
Schwarze Bogenbehaarung. Offene Haarführung am Frosch.
L: 400
A zu Stange am Frosch / am Kopf: 35 / 20
B Haarband am Frosch / am Kopf: 15 / 11
ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN:
Der Schraubenkopf weist auf der rechten Seite einen Riß auf.
STREICHBÖGEN - INV.NR.
B1
LITERATUR:
- Adkins/Dickinson 1991, Appendix 3, S. 485.
BILDNACHWEIS:
Von oben nach unten: Gesamtansicht, Frosch, Spitze.
116
STREICHBÖGEN - INV.NR.
B2
117
Inv.Nr. B2
Streichbogen für Violoncello
Frankreich, um 1800
L Gesamt: 720
Gewicht: 72 g
STANGE:
Außereuropäisches Hartholz. Konkav gebogene Stange, im hinteren Drittel oktogonal
auslaufend.
L: 705
‡: 6...10
Gleichgewichtspunkt: um 280
KOPF:
Neuzeitliche Form (Französische Kopfform). Keilkästchen trapezförmig. Kopfplatte aus
Elfenbein.
L: 28
H: 29
B (max.): 12
FROSCH:
Ebenholz. Dem Stangenquerschnitt angepaßte, prismatische Froschführung. Frosch nach
unten abgerundet. Schmales, ovales Maul. An den Backen große Perlmuttaugen. Ring aus
Metall, Schub zur Abdeckung der Haarführung aus hellerem Holz.
L Mitte / Bahn: 34 / 52
B (max.): 15
H: 27
SCHRAUBENKOPF: Elfenbein. Oktogonale Form mit wulstbildender Zierrille im vorderen
Bereich.
L: 17
‡: 10
BEZUG:
L: 610
A zu Stange am Frosch / am Kopf: 22 / 22
B Haarband am Frosch / am Kopf: 12 / 10
ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN:
Bezug stark verfärbt. Kopfplatte teilweise abgelöst, im mittleren Bereich Bruchstelle
erkennbar.
STREICHBÖGEN - INV.NR.
B2
BILDNACHWEIS:
Von oben nach unten: Gesamtansicht, Frosch, Spitze.
118
STREICHBÖGEN - INV.NR.
B3
119
Inv.Nr. B3
Streichbogen für Viola
2. Hälfte 18. Jahrhundert
L Gesamt: 726
Gewicht: 46 g
STANGE:
Schlangenholz. Durchgehend runde, konkav gebogene Stange. Auf Froschhöhe an der
Unterseite flache, von 2 Kerben begrenzte Feder angehobelt.
L: 714
‡: 6...9
Gleichgewichtspunkt: um 310
KOPF:
Gedrungen wirkender Kopf in neuzeitlicher Form (Französische Kopfform). Keilkästchen
rechteckig. Keine Kopfplatte vorhanden.
L: 24
H: 22
B (max.): 11
FROSCH:
Nadelholz mit hellbraunem Überzug. Der Frosch läuft mit den Kanten seiner Nut in 2
schmalen Führungsrillen der Stange. Ovales, klein proportioniertes Maul, dessen
haarführender Teil länger ist.
L unten / Mitte / Bahn: 44 / 28 / 41
B (max.): 12
H: 20
SCHRAUBENKOPF:
Elfenbein. Zylindrische Form mit Zierrille im hinteren Bereich; hinterer Abschluß flach
verrundet.
L: 13
‡: 8
BEZUG:
Offene Haarführung am Frosch.
L: 630
A zu Stange am Frosch / am Kopf: 20 / 17
B Haarband am Frosch / am Kopf: 11 / 10
ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN:
Der Frosch ragt mit dem hinteren Teil geringfügig über seine Führungsbahn hinaus und liegt
in diesem Bereich nicht mehr vollständig auf der Stange auf. An der rechten Froschseite ist
im oberen Bereich ein Holzstück ersetzt worden. Sonst guter Erhaltungszustand.
STREICHBÖGEN - INV.NR.
B3
BILDNACHWEIS:
Von oben nach unten: Gesamtansicht, Frosch, Spitze.
120
STREICHBÖGEN - INV.NR.
B4
121
Inv.Nr. B4
Streichbogen für Diskantinstrument aus dem Bereich der Volksmusik
um 1800
L Gesamt: 696
Gewicht: 52 g
STANGE:
Außereuropäisches Hartholz, Reste eines dunkelbraunen Lackes vorhanden. Durchgehend
runde, nahezu gerade Stange. Am hinteren Ende an der Unterseite sind 2 Führungsrillen für
den Frosch eingeschnitten, die eine flache Feder begrenzen.
L: 682
‡: 7...10
Gleichgewichtspunkt: um 282
KOPF:
Neuzeitliche Form (Französische Kopfform) mit lang herausgezogener Spitze. Keilkästchen
rechteckig. Kopfplatte aus Elfenbein.
L: 30
H: 24
B (max.): 11
FROSCH:
Elfenbein (?). Der verhältnismäßig kleine Frosch erhält seine Führung durch eine flache,
durch 2 Rinnen der Stange begrenzte Feder. Das Maul ist oval ausgeschnitten, die Enden
verdickt bzw. leicht eingerollt.
L unten / Mitte / Bahn: 39 / 26 / 37
B (max.): 10
H: 19
SCHRAUBENKOPF:
Elfenbein. Zylindrische Form mit Zierrille im vorderen Bereich.
L: 14
‡: 9
BEZUG:
Offene Haarführung am Frosch.
L: 595
A zu Stange am Frosch / am Kopf: 17 / 15
B Haarband am Frosch / am Kopf: 8 / 8
ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN:
Massiver Lackverlust an Stange. Auf der rechten Froschseite ist ein halbkreisförmiges Stück
Elfenbein (?) ersetzt worden.
ANMERKUNG:
Abmessungen und Gewicht lassen keine eindeutige Zuordnung zu einem bestimmten
Streichinstrumententyp zu. Der Gebrauch als Bogen für ein Streichinstrument aus dem
Bereich der Volksmusik und explizit für eine Streichzither ist denkbar und rechtfertigt die
räumliche Zuordnung im Museum zu diesem Instrumententyp.
STREICHBÖGEN - INV.NR.
B4
BILDNACHWEIS:
Von oben nach unten: Gesamtansicht, Frosch, Spitze.
122
STREICHBÖGEN - INV.NR.
B5
123
Inv.Nr. B5
Vannes 1956 (S. 19) führt unter der Nr. 86 einen Bogen mit „Schnabelspitze“ auf, bei dem es
sich um vorliegendes Objekt handeln dürfte.
Streichbogen für Viola d’amore
1. Hälfte 18. Jahrhundert
L Gesamt: 750
Gewicht: 66 g
STANGE:
Außereuropäisches Hartholz, dunkelbraun lackiert. Runde, gerade Stange, am hinteren Ende
an der Unterseite kantige Ausnehmung für die Froschbahn. Am Ansatz des Schraubenkopfes
Ring aus dunkelfarbigem Metall angebracht.
L: 738
‡: 4...9
Gleichgewichtspunkt: um 285
KOPF:
Langer, niedriger Kopf mit deutlich nach oben gebogener Spitze (Schwanenschnabel-Form).
Rechteckiges Keilkästchen.
L: 40
H: 9
B (max.): 9
FROSCH:
Buchsbaum (?). Froschführung rund. Frosch an der hinteren, unteren Ecke leicht kantig
abgerundet. Ovales Maul, dessen haarführender Teil länger ist.
L unten / Mitte / Bahn: 60 / 35 / 51
B (max.): 10
H: 25
SCHRAUBENKOPF:
Elfenbein. Schwach oktogonale Form mit Zierrille im vorderen Bereich; hinterer Abschluß
flach verrundet und ursprünglich mit einer Einlage versehen.
L: 13
‡: 9
BEZUG:
Dunkelbraune Färbung. Offene Haarführung am Frosch.
L: 627
A zu Stange am Frosch / am Kopf: 22 / 6
B Haarband am Frosch / am Kopf: 8 / 8
ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN:
Im vorderen Drittel der Stange auf der Oberseite deutlicher Lackverlust. Hintere
Schraubenkopfeinlage fehlend. Der Frosch sitzt nicht in seiner Bahn, sondern ragt nach hinten
über diese hinaus; die dadurch verzogene Schraubvorrichtung hat wahrscheinlich auch den
etwa 4,5 cm langen Riß in der Stange oberhalb des Frosches verursacht. Aufgrund der
geringen Abstimmung von Frosch und Stange ist es wahrscheinlich, daß der Frosch der
Stange nicht original zugehörig ist.
STREICHBÖGEN - INV.NR.
B5
124
ANMERKUNG:
Die Zuordnung vorliegenden Bogens zur Instrumentengruppe der Viole d’amore erfolgte
aufgrund einer kurzen Beschreibung bei Schumacher (Handschriftlicher Katalog, S. 99), der
den Bogen einer bestimmten Viola d’amore (hier Inv.Nr. 9) zuordnet und ihn auch in seinem
Fotoalbum zusammen mit diesem Instrument abbildet. Des weiteren läßt sich in diesem Fall
eine Entscheidung, ob es sich um einen Violin- oder Gambenbogen handelt, nur schwer
treffen (das relativ hohe Gewicht und der größere Haarabstand am Frosch sprechen für den
Gebrauch als Gambenbogen), so daß die Verwendung für ein Instrument, welches Merkmale
beider Instrumentenfamilien aufweist, plausibel erscheint.
BILDNACHWEIS:
Von oben nach unten: Gesamtansicht, Frosch, Spitze.
STREICHBÖGEN - INV.NR.
B6
125
Inv.Nr. B6
Streichbogen für Violine
um 1800
L Gesamt: 740
Gewicht: 58 g
STANGE:
Außereuropäisches Hartholz (Fernambuk?), im Froschbereich mit Ebenholz und Elfenbein
ummantelt; in die Elfenbeinpartien sind 4 mit schwarzem Kitt gefüllte
Ornamentgruppierungen eingebohrt, die jeweils aus 8 Kreisen mit integriertem Punkt
bestehen. Konkav gebogene Stange, im hinteren Drittel oktogonal auslaufend.
L: 732
‡: 5...8
Gleichgewichtspunkt: um 275
KOPF:
Neuzeitliche Form (Französische Kopfform). Keilkästchen leicht trapezförmig geformt.
Kopfplatte aus Elfenbein.
L: 24
H: 22
B (max.): 8
FROSCH:
Elfenbein. Grundfläche dem Stangenquerschnitt entsprechend mit prismatischer
Ausnehmung. Maul tief und oval eingeschnitten. An den Froschwangen jeweils eine
eingelegte Ebenholzscheibe mit Perlmuttauge, umrahmt von 8 ringförmigen Ornamenten (wie
Stange), die von mit schwarzem Kitt gefüllten Punkten durchsetzt sind. Ring aus Neusilber.
Auf der Froschunterseite hinter dem Schub aus Ebenholz ist ein kleiner Kreis aus Ebenholz
eingelegt, der von 2 sich bis zur Rückseite des Frosches fortpflanzenden Zierrillen eingerahmt
ist.
L unten / Mitte / Bahn: 48 / 29 / 43
B (max.): 11
H: 22
SCHRAUBENKOPF:
Metallummantelung um Ebenholz- bzw. Elfenbeinkern. Wie Stange oktogonal geformt, sich
nach vorne leicht verjüngend.
L: 9
‡: 9
BEZUG:
L: 640
A zu Stange am Frosch / am Kopf: 20 / 17
B Haarband am Frosch / am Kopf: 10 / 8
ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN:
Massiver Haarverlust. Elfenbein am Frosch und an der hinteren Stangenummantelung
brüchig. Am Kopf und an der Kopfplatte Bruchstellen, die auf eine frühere Reparatur unter
Wiederverwendung der alten Teile hinweisen.
STREICHBÖGEN - INV.NR.
B6
BILDNACHWEIS:
Von oben nach unten: Gesamtansicht, Frosch, Froschunterseite, Spitze.
126
STREICHBÖGEN - INV.NR.
B6
127
STREICHBÖGEN - INV.NR.
B7
128
Inv.Nr. B7
Streichbogen für Violine
Wolff, Mitte 19. Jahrhundert
SIGNATUR:
Auf rechter Stangenseite Brandstempel: WOLFF
Auf linker Froschseite ein gelblicher Kreppzettel angebracht, auf dem mit Bleistift
handgeschrieben vermerkt ist: Violine // Wien // um 1800
L Gesamt: 754
Gewicht: 54 g
STANGE:
Außereuropäisches Hartholz (Fernambuk?). Deutlich konkav gebogene Stange, im hinteren
Drittel oktogonal auslaufend. Metallene Führungsbahn zwischen Frosch und Stange.
L: 737
‡: 5...9
Gleichgewichtspunkt: um 277
KOPF:
Kopf neuzeitlich geformt (Französische Kopfform). Keilkästchen trapezförmig. Über die
Spitze reichende Kopfplatte aus Elfenbein, darauf mit Bleistift der Buchstabe H vermerkt.
Kopfplattenunterlage aus Ebenholz (?).
L: 24
H: 24
B (max.): 10
FROSCH:
Ebenholz. Froschführung prismatisch. Froschbacken mit je einem Perlmuttauge. Kanten
sauber verrundet. Ring und Zwickel aus Metall, der Schub mit einem in die Metallumfassung
eingelassenen Perlmuttplättchen.
L unten / Mitte / Bahn: 46 / 32 / 45
B (max.): 12
H: 21
SCHRAUBENKOPF:
Ebenholz mit 2 Neusilberringen. Oktogonale Form, geteilt.
L: 16
‡: 8
BEZUG:
L: 655
A zu Stange am Frosch / am Kopf: 16 / 18
B Haarband am Frosch / am Kopf: 7 / 7
ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN:
Deutlicher Haarverlust. Sonst guter Zustand.
ANMERKUNG:
Der Kreppzettel auf dem Frosch könnte von Schumacher stammen. Wie bei den
Stegbeschriftungen auch (s. Viole da gamba) lieferte ein Vergleich mit Schumachers
Handschrift jedoch kein eindeutiges Ergebnis, welches diese Vermutung stützen würde. Es ist
anzunehmen, daß der Schreiber dieses Zettels seine Einordnung aufgrund der Existenz eines
STREICHBÖGEN - INV.NR.
B7
129
in der 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts in Wien wirkenden Instrumentenbauers mit dem Namen
Friedrich Philipp Wolff vornahm. F.P. Wolff war primär Klavierbauer, stellte aber auch
Violinen nach dem Modell Stradivaris her.1 Da seine Streichinstrumente jedoch als
amateurhafte Arbeiten beschrieben werden2, verwundert es, daß er der Hersteller
vorliegenden, handwerklich guten Bogens gewesen sein und zudem über einen eigenen
Brandstempel verfügt haben soll. Einige modernere Merkmale des Bogens wie seine
metallene Führungsbahn zwischen Frosch und Stange (kam erst ab ca. 1830 in Gebrauch), die
eingelassenen Froschaugen, der mit 2 Silberringen ausgestattete Schraubenkopf und die
Unterlage zwischen Kopfunterseite und Kopfplatte lassen ebenso eine spätere Datierung
plausibel erscheinen. Somit kommen als Hersteller auch die Gebrüder Leopold und Jules
Wolff in Frage, die in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts in Kreuznach eine
Streichinstrumenten- und Saitenfabrik betrieben.3
BILDNACHWEIS:
Von oben nach unten: Gesamtansicht, Frosch mit Brandstempel, Frosch mit Kreppzettel,
Spitze.
1
Vgl. Vannes 1951, Bd. I, S. 397.
Ebda.
3
Vgl. Lütgendorff 1904, S. 715.
2
STREICHBÖGEN - INV.NR.
B7
130
STREICHBÖGEN - INV.NR.
B8
131
Inv.Nr. B8
Laut Schumacher (Handschriftlicher Katalog, S. 107/109; Fotoalbum) und Vannes 1956
(S. 39) gehören die beiden Pochettenbögen (B8 und B9) zu den Pochetten Inv.Nr. 13 u. 14.
Streichbogen für Pochette
1. Hälfte 19. Jahrhundert
L Gesamt: 464
Gewicht: 26 g
STANGE:
Außereuropäisches Hartholz. Deutlich konkav gebogene Stange, im hinteren Drittel
oktogonal auslaufend. Metallene Führungsbahn zwischen Frosch und Stange. Großräumige
Wicklung aus metallumsponnenem Faden vorhanden.
L: 450
‡: 4...7
Gleichgewichtspunkt: um 160
KOPF:
Neuzeitliche Form (Französische Kopfform), in stumpfem Winkel ansetzend. Keilkästchen
rechteckig. Über die Spitze reichende Kopfplatte aus Elfenbein.
L: 18
H: 16
B (max.): 6
FROSCH:
Ebenholz. Froschführung prismatisch. Kanten sauber verrundet. Froschbacken mit je einer
kreisförmigen metallunterlegten Perlmutteinlage verziert. Ring und Zwickel aus Metall, der
metalleingefaßte Schub aus Perlmutt. Oberhalb des Haaransatzes ist das Ende eines kleinen,
in den Ring geschobenen Holzkeils sichtbar.
L unten / Mitte / Bahn: 32 / 23 / 30
B (max.): 8
H: 12
SCHRAUBENKOPF:
Ebenholzkern, zylindrische Form. Die ursprüngliche gedrechselte Ummantelung aus
Elfenbein (sichtbar in Schumachers Fotoalbum) nicht mehr vorhanden.
L: 14
‡: 6 (im jetzigen Zustand)
BEZUG:
L: 393
A zu Stange am Frosch / am Kopf: 8 / 10
B Haarband am Frosch / am Kopf: 6 / 7
ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN:
Stangenumwicklung brüchig, im hinteren Bereich ganz fehlend. Ummantelung des
Schraubenkopfes fehlend. Der in den Ring geschobene, hier sichtbare Holzkeil ist
normalerweise vollständig in diesem untergebracht, wo er die gleichmäßige Verteilung der
Haare unterstützt.
STREICHBÖGEN - INV.NR.
B8
BILDNACHWEIS:
Von oben nach unten: Gesamtansicht, Frosch, Spitze.
132
STREICHBÖGEN - INV.NR.
B9
133
Inv.Nr. B9
Laut Schumacher (Handschriftlicher Katalog, S. 107/109; Fotoalbum) und Vannes 1956
(S. 39) gehören die beiden Pochettenbögen (B8 und B9) zu den Pochetten Inv.Nr. 13 u. 14.
Streichbogen für Pochette
1. Hälfte 19. Jahrhundert
L Gesamt: 474
Gewicht: 32 g
STANGE:
Außereuropäisches Hartholz. Deutlich konkav gebogene Stange, im hinteren Drittel
oktogonal auslaufend. Metallene Führungsbahn zwischen Frosch und Stange. Wicklung aus
metallumsponnenem Faden vorhanden.
L: 458
‡: 5...8
Gleichgewichtspunkt: um 165
KOPF:
Neuzeitliche Form (Französische Kopfform). Keilkästchen trapezförmig. Über die Spitze
reichende Kopfplatte aus Elfenbein mit Unterlage aus Ebenholz (?).
L: 19
H: 19
B (max.): 8
FROSCH:
Ebenholz. Prismatische Froschführung. Froschbacken mit je einer kreisförmigen
Perlmutteinlage in einem Metallbett. Ring, Zwickel und Schub aus Metall, der letztere
zusätzlich mit Perlmutt belegt.
L unten / Mitte / Bahn: 32 / 23 / 30
B (max.): 9
H:14
SCHRAUBENKOPF:
Ebenholz mit 2 Silberringen und Perlmuttauge. Oktogonale Form.
L: 14
‡: 7
BEZUG:
L: 400
A zu Stange am Frosch / am Kopf: 10 / 12
B Haarband am Frosch / am Kopf: 7 / 7
ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN:
Stangenumwicklung brüchig, im hinteren Bereich ganz fehlend.
STREICHBÖGEN - INV.NR.
B9
BILDNACHWEIS:
Von oben nach unten: Gesamtansicht, Frosch, Spitze.
134
LAUTEN - INV.NR.
23
135
Zupfinstrumente
Lauten
Inv.Nr. 23
Chitarrone (17 Saiten, 12 Chöre = 6 x 1 + 5 x 2 + 1 x 1)1
Michele Attore, Padua, 1583 (?)
SIGNATUR:
Handgeschriebener Pergamentzettel: Michele Attore // Fecit anno Domini 1583 // Padova
Am oberen Ende des Griffbretts ist die Ziffer „432“ vermerkt (ältere Museumsnummer?).
CORPUS:
Mandelförmiges Corpus. Die beiden Wirbelkästen liegen - von einem langen, geraden
Halsfortsatz getrennt - in einer Ebene zum Griffbrett.
Decke: dreiteilig, auf den Hals überhängend. Fichte mit feinen bis mittelbreiten Jahresringen.
Eingesetzte, leicht vertiefte Rosette aus braun gefärbtem Pergament (sechsblättrige Blüte,
umrahmt von 2 Ringen, davon 11 leicht eingebogene Strahlen fortlaufend), unterlegt mit
Karton, u.a. in Form von konzentrisch angeordneten, feinen Stegen und Zackenrändern. Als
Schallochumrandung leicht erhabener Ring aus dunkel gefärbtem Karton aufgesetzt,
zahlreiche runde Perforierungen aufweisend. Randeinfassung aus Ebenholz.
Rücken: aus 25 Ahornspänen in Radialschnitt gefertigt, durch feine Ebenholzadern getrennt;
auf die beiden äußeren, ungekehlten Späne Karniesleiste aus dem gleichen Material gesetzt.
Schmale, sechsfach geschweifte Kappe aus dem gleichen Material wie die Späne.
Tragbandknopf an der Corpusbasis aus Ebenholz.
Zur Innenkonstruktion: Soweit zu erkennen, besteht der Oberklotz aus 3 Schichten; im
baßseitigen Bereich Einschlagstelle eines Nagels sichtbar. Zur Stabilisierung ist oberhalb des
Tragbandknopfes ein Paßstift eingeschlagen. 3 Deckenbalken ermittelt: zwischen Oberklotz
und Schalloch, kurz unterhalb des Schallochs und auf Höhe des Steges. Rückenspäne im
Innern zur Stabilisierung vollständig mit in italienischer Sprache handbeschriebenem
Pergament unterfüttert.
Gesamt L: 1970 (1988)
Rücken T (max.): 180
Decke L: 680
B (max.): 398
Decke S: 2,7-3,4
Rücken S: 1,0-1,8
Deckenmensur: 498
Rosette ‡: 115; Schallochlage v. o.: 227
Deckenbebalkung: 1.) um 200 2.) um 355 3.) um 500
MONTURTEILE:
Hals und Griffbrett: aus nicht identifiziertem Material. Rückseite des Halses mit in
Längsrichtung verlaufenden Ebenholz- und Beinstreifen belegt. Randeinfassung des
Griffbretts aus Beinspänen. Griffbrettspitzen ersetzt. In die Griffbrettoberseite ist eine
rechteckige, am oberen Abschluß verrundete Intarsie aus Bein eingelegt, auf der eine
Zeichnung (nur mit einem Umhang bekleidete Frauengestalt) in schwarzer Farbe eingraviert
ist. 3 von ursprünglich 7-10 Bünden aus Darm erhalten.
Halsmensur: 276
Hals S: durchgehend 35
Griffbrett L: 240 (333)
1
Die Angaben zur Saitenanzahl und Choreinrichtung (beginnend mit den tieferen Chören) beziehen sich auf den
heute vorliegenden Zustand. Da die Authentizität der Art des Saitenbezugs nicht gewährleistet ist und diese auch
in Folge des häufigen Austauschens von Steg, Obersattel und Kragen bzw. Krägen nicht mehr rekonstruiert
werden kann, wird - mit Ausnahme der Mandora - im folgenden auf eine Stimmungsangabe verzichtet.
LAUTEN - INV.NR.
136
23
Griffbrett B: 92...105
Krägen mit Verbindungsstück: Die beiden senkrecht übereinander angeordneten Krägen samt
langem, geradem Zwischenstück sind aus geschwärztem Laubholz gefertigt und an den Hals
angeschäftet. Offener Diskantkragen mit 11 querovalen Wirbeln aus geschwärztem Holz;
Wirbelköpfe mit hölzernen Endknöpfchen versehen. Das sich nach oben leicht verjüngende
Verbindungsstück geht in den angeschäfteten Baßkragen über, der in Größe und Formgebung
dem
Wirbelkasten
eines
Violoncellos
ähnelt;
Schnecke
grob
geschnitzt,
Wirbelkastenrückseite gekehlt. Im Baßkragen sind 6 größere, ebenfalls geschwärzte Wirbel
mit Endknöpfchen untergebracht. Obersättel aus Bein; Sattel am Baßkragen in einen
aufgesetzten Vorsprung eingelegt und dadurch weit vorragend; an den weit überstehenden
Enden jeweils eine zusätzliche Kerbe eingeschnitten, die an vorliegendem Instrument keine
Funktion übernimmt.
Krägen L (gesamt): 1055
Baßkragen L: 195
Diskantkragen B innen: 15...33, außen: 52...63
Baßkragen B innen: 26, außen: 32...40
Schnecke B: 62
Steg: Saiten in einem Knüpfsteg mit schwalbenschwanzförmigen Riegelschweifen
untergebracht. An den äußeren Enden mit jeweils einer zusätzlichen Kerbe versehen.
B / S / H: 283 / 30 / 13
Besaitung: 17 Saiten bzw. 12 Chöre, davon 6 x 1 freischwingende Baßsaiten und 5 x 2 + 1 x 1
Griffbrettsaiten. Sämtliche Saiten aus Darm.
Schwingende Saitenlängen:
Griffbrettsaiten: 740, freischwingende Baßsaiten: 1566
ÜBERZUG:
Dunkelrotbrauner (Rücken) bzw. mittelbrauner (Decke und Griffbrettvorderseite) Farblack,
teilweise geronnen und unsauber retuschiert.
ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN:
Eine der freischwingenden Baßsaiten zur Zeit fehlend. Deckenrisse nahe der Corpusbasis und
offene Spanzwischenräume im Rücken grob gekittet. Die eingesetzte Rosette löst sich partiell
von der Deckenunterseite.
Es gibt heute kaum noch Lauten aus dem 16. und 17. Jahrhundert, die in ihrem ursprünglichen
Zustand überliefert sind. Vielmehr führte das Anpassen der Lauten an die über die
Jahrhunderte immer neu entstehenden Spielbedürfnisse zu weitreichenden Veränderungen an
den Instrumenten,1 so daß sich die Eruierung des originalen Zustands oft als sehr schwierig
erweist. Auch vorliegendes Instrument hat starke Eingriffe und unsachgemäße Reparaturen
über sich ergehen lassen müssen: Hals mit Kragenkonstruktion, Griffbrett (neu angesetzte
Spitzen), Rosette (nicht aus dem Deckenholz geschnitzt, sondern eingesetzt), Obersättel und
Steg (Lackretuschen auf Decke, funktionslose Einkerbungen) sind nicht original zum
Instrument gehörig. Außerdem paßt die Decke mit ihrer Stärke von 2,7-3,4 mm (üblich wären
1,0-1,9 mm) nicht zum Rücken, der im Gegensatz zu dieser in der für Lauten üblichen,
möglichst leichten Bauweise konstruiert ist, so daß anzunehmen ist, daß auch die Decke nicht
original zum Instrument gehört.
1
Die Umbauten der Lauteninstrumente im Barock konzentrierten sich zumeist auf das Hinzufügen tieferer
Baßchöre, was auf die um 1600 mit der Monodie aufkommende Betonung der Baßlinie - im Gegensatz zu der
Gleichberechtigung der Stimmen in der Renaissance - zurückzuführen ist. Derartige Veränderungswünsche an
das Instrument waren mit dem Ansetzen eines breiteren Halses mit passendem Griffbrett, dem Hinzufügen von
mindestens einem Kragen und dem Austausch von Steg und meist auch der Deckenbebalkung verbunden.
LAUTEN - INV.NR.
23
137
PROVENIENZ:
Aus der Sammlung H. Schumacher. Im Zusammenhang mit vorliegendem Instrument erwähnt
Schumacher in seinem Fundortkatalog (S. 21) die Stadt Florenz als Erwerbsort.
Michele Attore läßt sich um die Wende des 16. Jahrhunderts in Padua und Venedig als
Lautenbauer von überwiegend Chitarronen nachweisen.1 Ob sein Name auf den wenigen
überlieferten Zettelinschriften in stark verwelschter Schreibung wiedergegeben ist und er
damit in Wirklichkeit mit dem bekannten Lautenbauer Michael Hartung (Michielle Harton)
aus Tiefenbruck identisch ist, konnte in der Forschung bisher noch nicht eruiert werden.
Gesetzt den Fall, daß es sich um ein und dieselbe Person handelt, muß von einer Fälschung
des vorliegenden Zettels ausgegangen werden, da sich das angegebene Jahr 1583 nicht mit der
Ortsangabe „Padua“ vereinbaren läßt: Michael Hartung ist erst in den Jahren 1591 bis 1624 in
Padua nachzuweisen. Ein früherer Aufenthalt in selbiger Stadt kommt nicht in Frage, da
Hartung mit großer Sicherheit nach 1669 gestorben ist2 und somit 1583 noch nicht tätig
gewesen sein kann. Ebenso macht der Umstand, daß an vorliegendem Chitarrone das Sigle
Michael Hartungs (M < H), mit dem er viele seiner Instrumente versah,3 nicht zu finden ist,
eine Verbindung zu diesem Lautenmacher unwahrscheinlich.
LITERATUR:
- Schumacher: Handschriftlicher Katalog, Nr. 88, S. 122. Fundortkatalog Nr. 88, S. 21.
- Vannes 1956, Nr. 6, S. 7.
- Pohlmann 1982, S. 377.
- Toffolo 1987, S. 52.
1
Vergleichsinstrumente im Musikhistorischen Museum Köln (Chitarrone, Venedig 1620, Inv.Nr. 513) und im
Florenzer Museum (Chitarrone, Padua 1628, Inv.Nr. 55). Ein Vergleich der Instrumente und Signaturen mit
vorliegendem Chitarrone ergab keine Gemeinsamkeiten, so daß hier eine Zettelfälschung nicht ausgeschlossen
werden kann.
2
Lütgendorff/Drescher 1990 (Ergänzungsband), S. 238.
3
Vgl. Milliot 1987.
LAUTEN - INV.NR.
23
138
BILDNACHWEIS:
Von li. nach re. bzw. von oben nach unten: Vorder-, Seiten-, Rückgesamtansicht, Rosette,
Halsintarsie.
LAUTEN - INV.NR.
23
139
LAUTEN - INV.NR.
140
24
Inv.Nr. 24
Theorbe (15 Saiten, 10 Chöre = 4 x 1 + 5 x 2 + 1 x 1)
um 1700
SIGNATUR:
An der Corpusbasis unterhalb des Deckenrandes sind die Initialen S S eingeritzt.
CORPUS:
Langes, schlankes mandelförmiges Corpus. 2 leicht schräg versetzte, übereinander
angeordnete Krägen.
Decke: aus 5 Streifen zusammengesetzte Decke, auf dem Hals aufliegend. Mittel- bis
grobjährige Fichte, im oberen Bereich 2 Astlöcher aufweisend. Eingesetzte Rosette aus
schwarz lackiertem Holz in Rankenornamentik mit zentraler achtblättriger Blüte; Blüte mit
Pergament unterlegt. Randeinfassung aus geschwärztem Holz.
Rücken: gefertigt aus 9 leicht gekehlten Spänen aus regelmäßig geflammtem Ahorn in
Radialschnitt, die durch feine dreifache Ebenholzadern zusammengehalten sind; Adern an
manchen Spanfugen nicht mehr vorhanden (besonders im unteren Rückenbereich). Mehrfach
geschweifte Kappe aus dem gleichen Material wie die Späne, an den Enden in leicht
eingerollten Spitzen endend. Tragbandknopf aus Ebenholz.
Zur Innenkonstruktion: 4 Deckenbalken: ober- und unterhalb des Schallochs, auf
Schallochhöhe und kurz oberhalb des Steges. Die Spanfugen sind mit Leinenstreifen belegt.
Gesamt L: 1048 (1059)
Rücken T (max.): 155
Decke L: 522
B (max.): 285
Decke S: um 1,0
Rücken S: d1,0
Deckenmensur: 413
Rosette ‡: 92; Schallochlage v. o.: 190
Deckenbebalkung: 1.) um 150 2.) um 230 3.) um 310 4.) um 390
MONTURTEILE:
Hals und Griffbrett: flacher Hals und Griffbrett geschwärzt, dabei schließt die Schwärzung
auch den auf dem Hals aufliegenden Deckenabschnitt mit ein. Keine Griffbrettspitzen
vorhanden. 8 flexible Bünde aus Darm.
Halsmensur: 285
Hals S: 16 / 19 / 22
Griffbrett L: 260
Griffbrett B:56...68
Krägen: Die geschwärzte, aus einem Stück bestehende Kragenkonstruktion ist an den Hals
angeschäftet. Leicht s-förmig geschwungener Diskantkragen, baßseitig mit 6, diskantseitig
mit 5 geschwärzten, querovalen Wirbeln mit hölzernen Endknöpfchen ausgestattet. Daran
schließt sich, durch einen kleinen Wulst abgetrennt, der zierliche Baßkragen an, der weitere
4 Wirbel in gleicher Gestalt aufweist und in einer Rückwärtsbiegung endet. Beide Obersättel
aus Bein, wobei derjenige für die Baßsaiten auf einem weit vorragenden Fortsatz des
Baßkragens angebracht ist.
Krägen L (gesamt): 256
Diskantkragen B innen: 17...36, außen: 33...50
Baßkragen B innen: 8...10, außen: 19...25
Steg: Schmaler Knüpfsteg aus Palisander.
B / S / H: 178 / 10 / 7
Besaitung: 15 Saiten bzw. 10 Chöre, davon 4 x 1 freischwingende Baßsaiten
(2 metallumsponnen, 2 aus Darm) und 5 x 2 + 1 x 1 Griffbrettsaiten (10 aus Darm,
1 metallumsponnen).
Schwingende Saitenlängen:
Griffbrettsaiten: 673, freischwingende Baßsaiten: 820
LAUTEN - INV.NR.
24
141
ÜBERZUG:
Rücken mit gelbbraunem, Decke mit farblosem Lack überzogen. Starke Lackabnutzung und
Retuschen im Stegbereich, an der Kappe und an den beiden äußeren Spänen in der Nähe des
Deckenrandes.
ZUBEHÖR:
Dem Instrument liegt ein Steg aus geschwärzter Buche bei, der bei der Restauration vor
3 Jahren (s.u.) entfernt wurde.
ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN:
Das Instrument wurde im Jahre 1997 restauriert.1 Dabei wurde der Steg ersetzt und ein Teil
der Rosette rekonstruiert und in die vorhandene, damals defekte Rosette eingefügt. Die
Deckenrisse, die bereits mit Papierstreifen belegt waren, wurden mit Holzbelägen gesichert.
Sämtliche Deckenbalken wurden unter Beibehaltung der ursprünglichen Positionierung
ersetzt. Zusätzlich erhielt das Instrument einen neuen Satz Saiten. Die Obersättel und der
Tragbandknopf sind ebenfalls nicht original, stammen aber aus einer früheren Restauration.
PROVENIENZ:
Aus der Sammlung H. Schumacher. Im Zusammenhang mit vorliegendem Instrument erwähnt
Schumacher in seinem Fundortkatalog (S. 21) die Stadt Brüssel als Erwerbsort.
Aufgrund der Zusammensetzung des Rückens aus neun Spänen läßt sich diese anonym
überlieferte Theorbe ins späte 17. bzw. frühe 18. Jahrhundert einordnen: nach einer Art
manieristischer Periode des Lautenbaus um 1600 mit Rücken aus 15 bis 41 Spänen kehrte
man Ende des 17. Jahrhunderts wieder zu den einfacheren neun- bis dreizehnspänigen
Rückenformen zurück, die schon zu früheren Zeiten des Lautenbaus, genauer bis in die zweite
Hälfte des 16. Jahrhunderts, Verwendung fanden.
LITERATUR:
- Schumacher: Handschriftlicher Katalog, Nr. 89, S. 123. Fundortkatalog Nr. 89, S. 22.
- Vannes 1956, Nr. 3, S. 6.
- Pohlmann 1982, S. 370.
1
Restauriert von Enrico Liemacher, Karl Koch AG, Atelier für Geigen- und Gitarrenbau, Luzern.
LAUTEN - INV.NR.
24
142
BILDNACHWEIS:
Von li. nach re. bzw. von oben nach unten: Vorder-, Seiten-, Rückgesamtansicht, Rosette,
Initialen-Einritzung an Corpusbasis.
LAUTEN - INV.NR.
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143
LAUTEN - INV.NR.
25
144
Inv.Nr. 25
Theorbe (22 Saiten, 12 Chöre = 5 x 2 + 5 x 2 + 2 x 1)
vermutlich Werkstatt oder Umkreis Leopoldo Franciolini, Florenz, um 1900
SIGNATUR:
Keine Signatur vorhanden.
CORPUS:
Voluminöses, flach-mandelförmiges Corpus. 2 Krägen, die durch ein geschwungenes
Zwischenstück miteinander verbunden sind.
Decke: vierteilig (?), auf dem Hals aufliegend. Grobjährige Fichte mit teilweise stark welligen
Jahresringen. Eingesetzte Rosette aus braun gefärbtem Karton (am äußeren Rand
8 Halbkreise, die zum Teil durch schmale Verbindungsstücke mit einem sich im Zentrum der
Rosette befindenden Kreuz verbunden sind), unterlegt mit Spitzendekor aus Pergament.
Auffällige Schallochumrandung aus einem breiten Streifen schwarzen Kitts, in den
28 Perlmuttornamente (stilisierte Vogelmotivik) eingelegt sind, eingerahmt von jeweils einer
Bein- bzw. Ebenholzader. Randeinfassung aus Ebenholz.
Rücken: bestehend aus 27 durch Ebenholzadern getrennten Spänen, die bis auf die beiden
äußeren, breiten Späne gekehlt sind; Karniesleisten aus dem gleichen Material vorhanden.
Material aufgrund dicker Lackierung nicht ermittelt. Kappe an den Seiten zweifach
geschweift, darin ein gedrechselter Tragbandknopf mit Elfenbeinkopf.
Zur Innenkonstruktion: 3 Deckenbalken ermittelt: zwischen Oberklotz und Schalloch, kurz
unterhalb des Schallochs und auf Höhe des Steges. Rückenspäne im Innern zur Stabilisierung
vollständig mit Pergament ausgekleidet (mit teilweise farbigem Noten- und Textdruck in
französischer Sprache versehen, musiktheoretische Abhandlung?).
Gesamt L: 1240 (1245)
Rücken T (max.): 170
Decke L: 548
B (max.): 388
Decke S: 2,0-2,8
Rücken S: <1,0-2,0
Deckenmensur: 380
Rosette ‡: 102; Schallochlage v. o.: 165
Deckenbebalkung: 1.) um 130 2.) um 288 3.) um 390
MONTURTEILE:
Hals und Griffbrett: Der mit Ebenholz furnierte Hals ist auf der Rückseite großflächig mit
Bein- und Ebenholzstreifen belegt. Dünnes Griffbrett aus Ebenholz, in das in viereckiger
Form ein Arabeskenornament aus Ebenholz und Bein eingelegt ist, umrandet mit 2 Spänen
aus denselben Materialien. 9 flexible Bünde vorhanden.
Halsmensur: 290
Hals S: 23 / 23 / 25
Griffbrett L: 259 (320)
Griffbrett B: 94...108
Krägen mit Verbindungsstück: Die geschwärzte, aus einem Stück bestehende
Kragenkonstruktion ist an den Hals angeschäftet. Diskantkragen für die Griffbrettsaiten mit
12 Wirbeln, Baßkragen, der durch ein seitlich ausschwingendes Zwischenstück von dem
vorigen getrennt ist, mit 10 Wirbeln ausgestattet; die querovalen, grob gearbeiteten Wirbel
sind aus Obstbaumholz und mit Endknöpfchen versehen. Abschluß des Baßkragens in Form
einer rechteckigen Kopfplatte. Beide Obersättel aus Bein.
Krägen L (gesamt): 430
Diskantkragen B innen: 25...38, außen: 74...87
Baßkragen B innen: 15...33, außen: 29...52
Kopfplatte: 34 x 40
Steg: Saitenaufhängung der Griffbrett- bzw. freischwingenden Baßsaiten mittels 2 getrennter,
in der Höhe gegeneinander versetzter Knüpfstege mit jeweils einer kräftigen Beinauflage.
Geteilte, nach oben eingedrehte Riegelschweife.
LAUTEN - INV.NR.
145
25
Steg für Griffbrettsaiten B / S / H: 167 / 16 / 7
Steg für Baßsaiten B / S / H: 151 / 16 / 7
Besaitung: 22 Saiten bzw. 12 Chöre, davon 5 x 2 freischwingende Baßsaiten und 5 x 2 + 2 x 1
Griffbrettsaiten. Instrument zur Zeit mit 4 metallumsponnenen Baßsaiten und 18 Darmsaiten
bezogen.
Schwingende Saitenlängen:
Griffbrettsaiten: 638, freischwingende Baßsaiten: 913
ÜBERZUG:
Rücken mit dunkelrotbraunem, dickem Farblack überzogen. Decke mit dunkelbrauner Beize
behandelt.
ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN:
1 Griffbrettsaite fehlend. Der Corpus weist sowohl an Decke als auch am Rücken im Bereich
der Fugenverbindungen vermehrt Rißbildungen auf. Pergamentunterlage der Rosette stark
beschädigt. Beineinlagen am Hals teilweise brüchig.
Rosette, Stegkonstruktion (Spuren eines alten, diagonal verlaufenden Steges für die Baßsaiten
sichtbar), Obersättel und sämtliche Intarsien in neuerer Zeit ergänzt (s.u.). Corpus
wahrscheinlich älteren Datums.
PROVENIENZ:
Aus der Sammlung H. Schumacher. Im Zusammenhang mit vorliegendem Instrument erwähnt
Schumacher in seinem Fundortkatalog (S. 21) die Stadt Florenz als Erwerbsort.
Bei der Beschäftigung mit historischen Lauten und deren Einordnung ist man mit Problemen
zweierlei Art konfrontiert: Zum einen sind die Instrumente - wie schon erwähnt - im Laufe
der Zeit massiven Eingriffen unterworfen worden, so daß sie meist nur noch in wenigen
Einzelteilen original vorliegen. Zum anderen sind Lauten schon im 17. Jahrhundert und in
großem Umfange im 19. und 20. Jahrhundert gefälscht worden. Sind die Fälschungen aus
dem 17. Jahrhundert handwerklich hochwertige Kopien der berühmten Meister aus den
italienischen Lautenbauzentren Bologna, Padua, Venedig oder Rom, legte man bei den
Fälschungen aus neuerer Zeit weniger Wert auf Spielbarkeit und Klangqualität der
Instrumente, sondern stattete sie, in ihrer überwiegenden Funktion als Schau- und
Demonstrationsobjekte für Museen und Sammlungen, mit optisch auffälligem, aber für
Lauten oft völlig untypischem Dekor aus. Besonders Theorben des 17. Jahrhunderts gehörten
zu den beliebteren Fälschungsobjekten und sind in einer auffallend großen Anzahl
überliefert.1 Wie auch vorliegende Sammlung beweist, schien der Phantasie bei deren
Ausstattung keine Grenzen gesetzt zu sein (vgl. auch Inv.Nr. 26), was jedoch häufig dazu
führte, daß sich das Instrument, welches neben den überwiegend neu konstruierten, schweren
Teilen auch noch aus originalen, möglichst leicht gebauten Fragmenten zusammengesetzt ist,
nicht mehr im Gleichgewicht befindet und den Spielanforderungen nur noch unzureichend
gerecht wird.
Einer der bekanntesten Fälscher und Händler auf diesem Gebiet war Leopoldo Franciolini
(1844-1920) aus Florenz, der um die Wende des 20. Jahrhundert mit alten Musikinstrumenten
aller Art handelte und diese in ganz Europa - vor allem in die um 1900 vielerorts neu
entstehenden öffentlichen und privaten Musikinstrumentensammlungen - vertrieb. Die
damalig noch weit verbreitete Unkenntnis über historische Musikinstrumente ausnutzend, bot
er in seinen zahlreichen Katalogen2 neben originalen oder nur teilweise gefälschten bzw.
veränderten Instrumenten auch Objekte mit fiktiven Zettelinschriften niemals existierender
Instrumentenbauer oder mit erfundenen Jahreszahlen an. Ungeachtet aller historischen
Vorgaben schuf und verkaufte er sogar als sehr selten angepriesene „Neuerfindungen“, die als
1
2
Wackernagel 1997, S. 13.
Zusammengestellt bei Ripin 1974.
LAUTEN - INV.NR.
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146
ganzer Instrumententyp oder in einzelnen Details in dieser Form nie existiert haben. Als
verkaufsfördernde Maßnahme stattete er die allenfalls nur noch in einzelnen Teilen originalen
Instrumente meist mit auffallenden Ornamenten in Form von dekorativen Einlegearbeiten aus,
die zwar auf die damaligen Sammler anziehend gewirkt haben dürften, aber den historischen
Vorbildern kaum entsprachen.1
Auch vorliegende Theorbe weist Intarsien am Hals und - ganz untypisch für authentische
Lauten - am Schallochrand auf. Die Tatsache, daß Franciolini in seinen Katalogen (vermehrt
anonyme) Theorben mit derartigen Einlegearbeiten anbot2 und daß besonders das am Hals
befindliche Arabeskenornament aus Ebenholz und Bein an Franciolini zugeschriebenen
Instrumenten häufig wiederzufinden ist,3 macht - zusammen mit dem von Schumacher
angegebenen Erwerbsort Florenz - eine Herkunft dieser Theorbe aus der Werkstatt
Franciolinis sehr wahrscheinlich.
LITERATUR:
- Schumacher: Handschriftlicher Katalog, Nr. 90, S. 123. Fundortkatalog Nr. 90, S. 22.
- Vannes 1956, Nr. 4, S. 6.
- Pohlmann 1982, S. 370.
BILDNACHWEIS:
Von li. nach re. bzw. von oben nach unten: Vorder-, Seiten-, Rückgesamtansicht, Rosette.
1
Vgl. Ripin 1974, S. ixff.
Ebda., S. 2ff.
3
Vgl. beispielsweise den Chitarrone aus der Musikinstrumentensammlung im Deutschen Museum, Inv.Nr. 5433
(beschrieben bei Wackernagel 1997, S. 16).
2
LAUTEN - INV.NR.
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147
LAUTEN - INV.NR.
26
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Inv.Nr. 26
Theorbe (17 Saiten, 12 Chöre = 6 x 1 + 5 x 2 + 1 x 1)
vermutlich Werkstatt oder Umkreis Leopoldo Franciolini, Florenz, um 1900
SIGNATUR:
Die einzelnen Worte sind ausgeschnitten und auf einem Druckzettel mit schwarzer
Umrandung zusammengesetzt (unecht): Matteo Sales di Venezia // fecit Anno Domini 1612
CORPUS:
Mandelförmiges Corpus. 2 Krägen, die durch ein schmales, geschwungenes Zwischenstück
miteinander verbunden sind; Kragen für die Griffbrettsaiten extrem in die Länge gezogen.
Decke: zweiteilig, auf den Hals aufliegend. Mittel- bis grobjährige Fichte. Eingeleimte
Rosette aus schwarz gefärbtem Karton (im Zentrum sechsblättrige Blüte, am äußeren Rand
6 Halbkreise), unterlegt mit Spitzendekor aus Pergament. Schalloch umgeben von einem
mehrfach perforierten, aufgesetzten Kranz aus Karton. Zwischen Steg und Unterrand ist ein
zweiteiliges Ornament aus Laubholz eingelegt, wobei das untere in mehrfach geschwungener
Dreiecksform ausgearbeitet ist und das obere ein auf den Kopf gestelltes Herz darstellt.
Randeinfassung aus Ebenholz.
Rücken: bestehend aus 21 durch Ebenholzadern getrennten Spänen, die bis auf die beiden
Randspäne gekehlt sind. Karniesleisten vorhanden, die im unteren Corpusviertel in die
ungeschweifte Kappe übergehen. Material von Spänen und Kappe aufgrund stark deckender
Lackierung nicht ermittelt. Gedrechselter Tragbandknopf an der Corpusbasis.
Zur Innenkonstruktion: Oberklotz aus mehreren Teilen zusammengesetzt und mit
2 Nageleinschlaglöchern versehen (möglicherweise Spuren und Reste eines älteren
Oberklotzes). 3 Deckenbalken ermittelt: unmittelbar ober- und unterhalb des Schallochs und
unterhalb des Steges; unter der Pergamentrosette kleiner Diagonalbalken aus neuerer Zeit
verlaufend. Rückenspäne im Innern zur Stabilisierung vollständig mit Pergament
ausgekleidet.
Gesamt L: 1555 (1560)
Rücken T (max.): 153
Decke L: 515
B (max.): 344
Decke S: 1,5-2,2
Rücken S: 2,6-3,7
Deckenmensur: 357
Rosette ‡: 95; Schallochlage v. o.: 185
Deckenbebalkung: 1.) um 170 2.) um 280 3.) um 450
MONTURTEILE:
Hals und Griffbrett: dünnes Griffbrett aus Ebenholz mit angesetzten Griffbrettspitzen. Die
Halsrückseite ist vollständig mit Bein- und Ebenholzstreifen belegt. 4 flexible Bünde aus
Darm vorhanden.
Halsmensur: 295
Hals S: 30 / 28 / 31
Griffbrett L: 263 (369)
Griffbrett B:80...96
Krägen mit Verbindungsstück: Die geschwärzte, aus einem Stück bestehende
Kragenkonstruktion ist an den Hals angeschäftet; diese ist für eine Theorbe ungewöhnlich
lang und erinnert in ihren Ausmaßen eher an einen Chitarronekragen. Der langgestreckte,
halbrund geschnittene und ausgehöhlte Diskantkragen ist in Fortsetzung des Streifenmusters
an der Halsrückseite ebenfalls mit Bein- und Ebenholzstreifen dekoriert und seitlich mit
11 geschwärzten, weit auseinander liegenden Wirbeln bestückt; Wirbel in Form und Größe
nicht einheitlich, sondern wahllos zusammengetragen. Der zierliche Baßkragen ist durch ein
kurzes, geschweiftes Zwischenstück an den unteren Kragen angeschlossen. Der mit
6 sichelförmigen, geschwärzten Wirbeln ausgestattete Baßkragen läuft am oberen Ende in
eine Schnecke aus, die jedoch entgegen der sonst üblichen Stellung nach hinten zeigt. Beide
Obersättel aus Bein.
LAUTEN - INV.NR.
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26
Krägen L (gesamt): 760
Diskantkragen B innen: um 32...um 56, außen: 48...77
Baßkragen B innen: 9...30, außen: 21...45
Schnecke B: 39
Steg:
geschwärzter
Knüpfsteg
schwalbenschwanzförmig.
mit
breiter
Auflagefläche.
Riegelschweife
B / S / H: 267 / 33 / 13
Besaitung: 17 Saiten aus Darm bzw. 12 Chöre, davon 6 x 1 freischwingende Baßsaiten und
5 x 2 + 1 x 1 Griffbrettsaiten. Aufgrund der eingeschnittenen Kerben an Obersattel und Steg
entsteht eine tendenziell dreichörige Griffbrettsaitenanordnung (1 x 2 + 3 x 3). Da diese
Gruppierung für Theorben völlig unüblich ist, kann die oben genannte Saitenaufteilung als
wahrscheinlicher angenommen werden.
Schwingende Saitenlängen:
Griffbrettsaiten: 620, freischwingende Baßsaiten: 1231
ÜBERZUG:
Rücken mit dunkelrotbraunem, dickem Farblack überzogen. Decke dunkel- bis mittelbraun
lackiert, an vielen Stellen Lackrückstände und Retuschen sichtbar.
ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN:
Die Decke löst sich teilweise vom Rücken; Deckenrisse im Bereich der Mittelfuge und an
baßseitiger Flanke. Spanfugen überwiegend grob gekittet. Diverse Wurmlöcher zugesetzt.
Streifeneinlagen an der Rückseite von Hals und Kragen brüchig und partiell ganz fehlend.
Vorliegendes Instrument ist vermutlich unter Wiederverwendung eines grob instand
gesetzten, älteren Corpus entstanden. Dabei wurde eine neue Rosette mit Zierrand eingesetzt
und ein neuer Steg aufgeleimt. Hals-Kragen-Konstruktion samt Obersättel ebenfalls aus
neuerer Zeit.
PROVENIENZ:
Aus der Sammlung H. Schumacher. Im Zusammenhang mit vorliegendem Instrument erwähnt
Schumacher in seinem Fundortkatalog (S. 21) die Stadt Florenz als Erwerbsort. Dieser
Umstand, zusammen mit dem zusammengestückelten Zettel und der ungewöhnlichen
Ausarbeitung des Kragens, läßt auch bei diesem Instrument an eine Fälschung aus der
Florenzer Werkstatt Leopoldo Franciolinis denken (vgl. die Ausführungen bei Inv.Nr. 25).
Bei dem vorgefundenen Zettel handelt es sich um eine plumpe Fälschung der Signierungen
des Matteo Sellas (hier in der falschen Schreibweise „Matteo Sales“ wiedergegeben), eines
bekannten, in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts in Venedig nachgewiesenen
Zupfinstrumentenbauer. Dieser auch unter dem Namen Matthäus Seelos bekannte
Instrumentenmacher pflegte seine Instrumente bzw. Zettelsignaturen mit dem Zusatz
„alla Corona“ zu versehen1 - ein weiteres Indiz für die Falschheit des vorliegenden Zettels, da
dieser Zusatz hier nicht vorhanden ist.
Wie viele der von Franciolini stammenden Instrumente dürfte auch diese Theorbe - unter
anderem aufgrund der hier vorgefundenen, für Lauten sehr ungewöhnlichen dreichörigen
Griffbrettsaitenanordnung - nicht primär zum Musizieren bestimmt gewesen sein. So fällt in
diesem Zusammenhang auch auf, daß bei keiner Laute der Sammlung seitens Schumacher
(Handschriftlicher Katalog) Bemerkungen bezüglich diverser Konzerteinsätze zu finden sind,
die bei den artifiziellen Streichinstrumenten dagegen in größerem Ausmaß existieren.
LITERATUR:
- Schumacher: Handschriftlicher Katalog, Nr. 91, S. 124. Fundortkatalog Nr. 91, S. 22.
- Vannes 1956, Nr. 5, S. 6.
1
Vgl. Lütgendorff/Drescher 1990 (Ergänzungsband), S. 554/555.
LAUTEN - INV.NR.
26
- Pohlmann 1982, S. 363.
- Toffolo 1987, S. 84.
BILDNACHWEIS:
Von li. nach re. bzw. von oben nach unten: Vorder-, Seiten-, Rückgesamtansicht, Rosette.
150
LAUTEN - INV.NR.
27
151
Inv.Nr. 27
Theorbierte Laute (21 Saiten, 15 Chöre = 9 x 1 + 6 x 2)
Petrus Baum (?), Deutschland, 18. Jahrhundert / Werkstatt oder Umkreis Leopoldo
Franciolini, Florenz, um 1900 (?)
SIGNATUR:
Druckzettel mit Zierrand (unecht): Magno Tiaffobrucher // Faciebat Venetiae // Anno Domini
1610
Brandstempel PB am oberen sowie am unteren Deckenende
CORPUS:
Mandelförmiges Corpus. 2 Krägen, von denen der Baßkragen nahezu in einer Ebene zum
Griffbrett verläuft, der Kragen für die Griffbrettsaiten um etwa 80° abgeknickt an den Hals
angesetzt ist.
Decke: zweiteilig, auf dem Hals aufliegend. Fichte mit Jahresringen, die schräg zur
Saitenebene verlaufen. Aus dem Deckenholz geschnitzte, vierteilig angelegte
Flechtwerkrosette, gerahmt von einem Zierrand aus Rhomben zwischen feinen Rillen in
Flachschnitzerei. Randeinfassung aus Ebenholz.
Rücken: aus 21 Ahornspänen in Radialschnitt mit deutlicher Flammung zusammengesetzt;
Späne durch feine Ebenholzadern getrennt und bis auf die zwei äußeren gekehlt.
Ungeschweifte, seitlich sich verjüngende Kappe, die baß- und diskantseitig in eine
Karniesleiste übergeht; Karniesleisten und Kappe aus Ahorn. Gedrechselter Tragbandknopf
an der Corpusbasis aus Buchsbaum mit Elfenbeinauge.
Zur Innenkonstruktion: 3 Deckenbalken ermittelt, die ober- und unterhalb des Schallochs und
auf Steghöhe plaziert sind. Späne innen vollständig mit Papier ausgekleidet, welches mit einer
Abhandlung in lateinischer Sprache bedruckt ist.
Gesamt L: 1035 (1040)
Rücken T (max.): 155
Decke L: 532
B (max.): 325
Decke S: 1,8-2,5
Rücken S: um 1,0
Deckenmensur: 403
Rosette ‡: 110; Schallochlage v. o.: 167
Deckenbebalkung: 1.) um 140 2.) um 280 3.) um 400
MONTURTEILE:
Hals und Griffbrett: gesamter Hals mit Griffbrett reich verziert: Halsrückseite nahezu
vollständig mit Streifen aus leicht versetzt angeordneten Ebenholz- bzw. Beinrhomben belegt,
baß- und diskantseitig von 2 feinen Spänen aus denselben Materialien eingerahmt. Das dünne
Griffbrett aus Ebenholz weist im äußeren Bereich ebenfalls Einlegearbeiten aus Ebenholzund Beinstreifen auf; im Mittelpunkt des Griffbretts befinden sich 2 im Aussehen genau
übereinstimmende Arabeskenverzierungen aus Ebenholz, die untereinander in eine
Grundfläche aus Bein eingelegt sind. 7 Darmbünde vorhanden.
Halsmensur: 250
Hals S: durchgehend 22
Griffbrett L: 224 (275)
Griffbrett B: 95...107
Krägen: Griffbrettsaiten im abgeknickten, freischwingende Baßsaiten im gerade verlaufenden
Kragen untergebracht; beide Krägen an den Hals angeschäftet und sowohl in ihren Ausmaßen
als auch im Aussehen nahezu identisch. Sie unterscheiden sich lediglich in der Anzahl der
aufgenommenen Wirbel, indem der Baßkragen 9 viereckige, an den Kanten leicht verrundete
Wirbel aus dunkel gebeiztem Hartholz mit Beinköpfchen und je 2 Zierrillen an den
Seitenkanten aufweist, der Diskantkragen dagegen 12 Wirbel in derselben Aufmachung
besitzt. Die geschwärzten und an der Rückseite durchbrochenen Krägen enden jeweils in einer
annähernd quadratischen Kopfplatte, auf die - von Beinspänen gerahmt - eine in schwarzem
LAUTEN - INV.NR.
152
27
Kitt eingelegte Perlmuttblüte aufgesetzt ist. Beide Obersättel aus Bein, wobei der Sattel am
Baßkragen baßseitig weit übersteht, um die tieferen Saiten in die richtige Position zu bringen.
Diskantkragen L: 280
Baßkragen L: 250
Krägen B innen: 16...35, außen: 31...48
Kopfplatte: 40 x 38
Steg: Knüpfsteg aus Nußbaum (?); die schlichten Riegelschweife leicht nach oben
geschwungen und in einer rundlichen Verdickung auslaufend.
B / S / H: 218 / 15 / 16
Besaitung: 21 Saiten bzw. 15 Chöre, davon 9 x 1 freischwingende Baßsaiten und 6 x 2
Griffbrettsaiten. Sämtliche Saiten aus Darm.
Schwingende Saitenlängen:
Griffbrettsaiten: 630, freischwingende Baßsaiten: 673
ÜBERZUG:
Auf das gesamte Corpus ist mittelbrauner, gut erhaltener Lack aufgetragen.
ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN:
Das Instrument liegt in einem guten Erhaltungszustand vor. 1 Griffbrettsaite fehlend.
Abgeknickter Kragen am Übergang zum Hals brüchig und instabil. Das Corpus weist bis auf
die leicht rissige Deckenfuge im unteren Corpusbereich und kleinere Rißansätze im Rücken
keine Beschädigungen oder Umbauspuren auf. Dieser Umstand macht eine Einordnung des
Corpus ins frühe 17. Jahrhundert (s. Signatur) sehr fragwürdig.
PROVENIENZ:
Aus der Sammlung H. Schumacher. Im Zusammenhang mit vorliegendem Instrument erwähnt
Schumacher in seinem Fundortkatalog (S. 21) die Stadt Florenz als Erwerbsort.
Magnus Tieffenbrucker (der Jüngere) war ein Mitglied der berühmten gleichnamigen Lautenund Violenmacherfamilie aus Füssen (oder dessen unmittelbarer Umgebung) und wirkte um
die Wende des 16. Jahrhunderts in Venedig.1 Obwohl die erhaltenen Zettel von
M. Tieffenbrucker seinen Namen in sehr verschiedener, auch stark verwelschter Schreibweise
wiedergeben,2 kann bei vorliegendem Zettel von einer falschen Namenswiedergabe
ausgegangen und die Signatur damit als gefälscht identifiziert werden.
Eine wohl authentischere Signatur stellt der zweimalig auf der Decke angebrachte
Brandstempel PB dar, der nach Vannes3 von dem deutschen Instrumentenmacher Petrus
Baum stammen könnte, von dem in der Literatur jedoch nicht mehr bekannt ist, als daß er im
18. Jahrhundert in Deutschland tätig war.4
Aufgrund des Fundortes Florenz, des reich verzierten Halses mit unter anderem einem großen
Arabeskenornament auf der Vorderseite (vgl. Inv.Nr. 25) und des für theorbierte Lauten
ungewöhnlichen Baßsaitenbezugs mit 9 Einzelchören (in zeitgenössischen Quellen ist ein
Bezug mit bis zu 8 Doppel- oder Einzelchören überliefert)5 kann auch hier - wie bei
Inv.Nr. 25 u. 26 - eine Herkunft aus der Werkstatt oder aus dem Umkreis L. Franciolinis nicht
ausgeschlossen werden. Träfe dies zu, ist es nur schwer zu beurteilen, inwieweit originale
Instrumententeile verwendet wurden. Die Möglichkeit, daß hier Einzelteile eines früheren
Tieffenbrucker-Instruments verarbeitet wurden, scheidet jedoch mit großer Sicherheit aus.
LITERATUR:
- Schumacher: Handschriftlicher Katalog, Nr. 86, S. 119/120. Fundortkatalog Nr. 86, S. 21.
1
Vgl. Kinsky 1912, S. 269ff.
Vgl. Toffolo 1987, S. 92ff.
3
Vannes 1956, S. 5/6
4
Vgl. Vannes 1959, Bd. II, S. 4.
5
Zur Besaitung und Stimmung der theorbierten Laute vgl. Radke 1972.
2
LAUTEN - INV.NR.
27
- Vannes 1956, Nr. 2, S. 5/6.
- Pohlmann 1982, S. 374 (Abbildung) u. 376.
- Toffolo 1987, S. 95.
BILDNACHWEIS:
Von li. nach re. bzw. von oben nach unten: Vorder-, Seiten-, Rückgesamtansicht, Rosette.
153
LAUTEN - INV.NR.
28
154
Inv.Nr. 28
Mandora (11 Saiten, 6 Chöre = 5 x 2 + 1 x 1)
Deutschland, 18. Jahrhundert
SIGNATUR:
Handgeschriebener Zettel (unecht): Magnus Dieffenbrugger 1612
Darunter Druckzettel (in altdeutscher Schrift): Paulus Alletsee, Renovit 1716 (Der
Zettelabschnitt „Paulus Alletsee“ ist erhaben und heller und scheint somit separat aufgeklebt
worden zu sein; möglicherweise überdeckt er einen anderen Namen)
CORPUS:
Langes, schlankes mandelförmiges Corpus, das diskantseitig etwas stärker ausgebaucht ist.
Nach hinten abgeknickter Kragen mit einem Chanterelle-Reiter.
Decke: zweiteilig. Fichte mit regelmäßigen mittelbreiten Jahresringen Aus dem Vollen
herausgeschnittene Flechtwerkrosette, die auf der Unterseite mit Pergament gesichert ist.
Randeinfassung aus Ebenholz.
Rücken: bestehend aus 9 ungekehlten Spänen, die durch dünne Beinadern getrennt sind.
Späne abwechselnd aus Palisander und einem nicht ermittelten Laubholz gefertigt. Kappe mit
schlichtem Umriß aus Palisander (?), darin ein Tragbandknopf aus Elfenbein. Zweiter
Tragbandknopf aus Elfenbein im oberen Teil der Muschel im Oberklotz verankert.
Zur Innenkonstruktion: 7 an den Enden abgeflachte Deckenquerbalken: unterhalb des
Oberklotzes, unmittelbar ober- und unterhalb der Rosette, unter dem Rosettenmittelpunkt,
zwischen Rosette und Steg, kurz oberhalb des Steges und oberhalb der vorhandenen
Gegenkappe; zusätzlich 3 schwächere, kurze Balken unter der Rosette. In der unteren
Corpuspartie diskant- und baßseitig je 2 kurze Diagonalbalken angebracht. Deckenrisse sowie
Rücken mit großflächigen Pergamentstreifen in Quer- und Längsrichtung belegt; Pergament
mit handgeschriebenem oder gedrucktem lateinischem Text in roter und schwarzer Farbe
versehen (geistlicher Text).
Gesamt L: 863 (868)
Rücken T (max.): 170
Decke L: 510
B (max.): 305
Decke S: <1,0
Rücken S: <1,0
Deckenmensur: 411
Rosette ‡: 89; Schallochlage v. o.: 158
Deckenbebalkung: 1.) um 95 2.) um 150 3.) um 202 4.) um 248 5.) um 315 6.) um 375 7.) um 465
MONTURTEILE:
Hals und Griffbrett: schmaler, an der Unterseite mit Ebenholz furnierter Hals. Griffbrett aus
dünner Ebenholzauflage, eingefaßt von 2 feinen Beinadern. In die Decke eingelegte
Griffbrettspitzen, die aber aufgrund ihrer Position und Separation Überreste eines älteren,
breiteren Halses darstellen. 4 Darmbünde erhalten.
Halsmensur: 320
Hals S: 18 / 20 / 23
Griffbrett L: 320
Griffbrett B:53...70
Kragen: Der im Winkel von 82° zum Hals stehende Kragen ist an diesen angeschäftet und
besitzt einen aufgesetzten Chanterelle-Reiter für die oberste Saite. Insgesamt 11 querovale,
geschwärzte Wirbel mit Beinknöpfchen vorhanden. Den Abschluß des Kragens aus einem
nicht identifizierten Laubholz bildet eine rechteckige Kopfplatte, die aus je 2 Bein- bzw.
Ebenholzdreiecken zusammengesetzt ist. Die offene Kragenrückseite ist mit einem
dunkelbraun lackierten Laubholzfurnier in durchbrochener Rankenornamentik belegt, an den
Längsseiten mit 2 Zierbändern versehen. Kragenvorderkanten mit Ebenholz furniert.
Obersattel aus Bein.
Kragen L: 160
Kragen B innen: 10...35, außen: 24...48
LAUTEN - INV.NR.
28
155
Kopfplatte: 22 x 16
Steg: geschwärzter Knüpfsteg, auf der Oberseite mit einem Ebenholzstreifen, der von
Beinadern eingefaßt ist, furniert. Riegelschweife in Form sich nach oben einrollender
Akanthusblätter aus Ebenholz; diskantseitiges Ornament stark beschädigt.
B / S / H: 90 / 15 / 12
Besaitung: 11 Saiten aus Darm bzw. 6 Chöre (5 x 2 + 1 x 1).
Stimmung: Ff-Gg-cc’-ff-aa-d’ 1
Schwingende Saitenlänge: 733
ÜBERZUG:
Rücken mit dunkelbraunem Überzug; Decke und Wirbelkastenseitenwände in hellerem
Braun.
ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN:
Rücken sehr fragil, Späne teilweise eingesunken und rissig; im Fugenbereich zweier mittlerer
Späne ein ca. 6 cm langer, schmaler Streifen herausgebrochen. Decke wurmstichig und mit
mehreren kleinen, zum Teil bereits gekitteten Rissen durchsetzt. Ebenholzfurnier am Hals
rissig. Riegelschweife stark beschädigt.
Die deutlichen Arbeitsspuren am Hals- bzw. Rückenansatz, der fehlende Deckenüberstand auf
dem Hals und die nicht zum aktuellen Griffbrett gehörenden Griffbrettspitzen sind Indizien
dafür, daß vorliegendes Corpus in früherer Zeit mit einem breiteren Hals versehen und damit
für mehr Saiten eingerichtet worden war. Im Stegbereich sind Spuren eines alten,
geschwungenen Steges sichtbar. Oberhalb des obersten Wirbels ist ein weiteres Wirbelloch
eingebohrt, im jetzigen Zustand jedoch zugebuchst und ohne Funktion.
PROVENIENZ:
Aus der Sammlung H. Schumacher. Das vorliegende Instrument ist im Fundortkatalog (S. 9)
unter der Rubrik „Privaten, Händlern“ verzeichnet und mit dem Namen Jost Meyer versehen,
der demnach der frühere Besitzer gewesen sein könnte.
Die Mandora ist eine auf 6 oder 8 Chöre reduzierte Laute, die an der Wende des 17. zum
18. Jahrhunderts vor allem in Süddeutschland und Österreich in Mode kam. Dieser besonders
bei Dilettanten beliebte Lautentyp löste die elf- bis dreizehnchörige Barocklaute ab, die durch
ihre im Laufe der Zeit sich stark vergrößernde Saitenanzahl immer schwieriger zu
beherrschen war. Bis die Mandora ihrerseits zu Beginn des 19. Jahrhunderts von der noch
einfacher zu handhabenden sechssaitigen Gitarre verdrängt wurde, entstanden in den
Werkstätten bekannter Lauten- und Geigenmacher zahlreiche Exemplare, die entweder
Neubauten oder aber Umbauten früherer Barocklauten darstellen.2
Die vorliegende Mandora weist deutliche Spuren einer früheren Barockisierung auf. Daß
diese ursprünglich barocke Laute das Werk Magnus Tieffenbruckers war, wie es der einfache
Zettel ohne Ortsangabe suggeriert, ist unwahrscheinlich, da Schreibweise und Zettelinschrift
(ohne Ortsangabe!) nicht mit vergleichbaren authentischen Signierungen von
M. Tieffenbrucker übereinstimmen.3 Außerdem müßte der Rücken in diesem Fall nicht nur
aus 9, sondern, wie es um 1600 üblich war, aus 15 bis 41 Spänen zusammengesetzt sein.
Wann und von wem der gefälschte Tieffenbrucker-Zettel eingesetzt wurde, ist ungewiß. Der
Umbau zur Mandora läßt sich mit großer Wahrscheinlichkeit Johann Paul Alletsee (geb. 1684
in Waltenhofen bei Füssen, gest. 1733 in München)4 zuschreiben, von dem ein
Reparaturzettel im Instrument vorliegt: das angegebene Reparaturjahr 1716 fällt genau in die
1
Nach Janowka 1701, S. 72; zitiert nach Wackernagel 1997, S. 25.
Zur Frühgeschichte der Mandora vgl. Kirsch 1999.
3
Vgl. Toffolo 1987, S. 92ff.
4
Layer 1978, S. 110/111.
2
LAUTEN - INV.NR.
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156
Zeit der verstärkt aufkommenden Nachfrage nach Mandoren; außerdem zählt München zu
den wichtigsten Verbreitungsgebieten der Mandora, wo Alletsee ab 1710 als kurfürstlicher
Hoflauten- und -geigenmacher wirkte.5
LITERATUR:
- Schumacher: Handschriftlicher Katalog, Nr. 82, S. 115. Fundortkatalog Nr. 82, S. 9.
- Vannes 1956, Nr. 1, S. 5.
- Pohlmann 1982, S. 341.
- Toffolo 1987, S. 95.
BILDNACHWEIS:
Von li. nach re. bzw. von oben nach unten: Vorder-, Seiten-, Rückgesamtansicht, Rosette,
Kragen.
5
Layer 1978, S. 110/111.
LAUTEN - INV.NR.
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GITARREN - INV.NR.
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Gitarren
Inv.Nr. 29
Gitarre1 (6 Saiten)
Federico Peirano, Cádiz, 1830
SIGNATUR:
Druckzettel mit Zierrand aus überwiegend ineinander verschlungenen Linien; in die oberste
Zeile ist das Motiv einer Gitarre integriert: ME HIZO EN CÁDIZ // FEDERICO PEIRANO. //
calle de Allien n. ° 170 // AÑO 1830
Am helleren Hintergrund des Namens "Federico Peirano" auf der Etikette ist zu erkennen, daß
dieser Abschnitt einst von einem zweiten Klebezettel mit einem vermutlich anderem Namen
überdeckt und später, unter Hinterlassung von Spuren, wieder von diesem befreit wurde.
CORPUS:
Schmales Corpus in Achtform mit aufwendigen Einlegearbeiten auf der Decke.
Decke: dreiteilig, das Mittelstück ein ca. 50 mm breiter Streifen. Material Fichte mit in der
Mitte feinen, nach außen hin gröber werdenden Jahresringen. Flach, an den Rändern eine
fünfspänige Einlage aus abwechselnd Riopalisander und Ahorn. Um das Schalloch breiter
Zierrand (40 mm) in konzentrischen Kreisen: 2 Ringe mit Perlmuttornamenten in schwarzem
Kitt zwischen drei- bzw. siebenspänigen Einlagen aus Riopalisander und Pao Amarillo
(Gelbholz) im Wechsel. Unterhalb des Steges runde Verzierung in ähnlicher Einlegearbeit
wie Schallochrandverzierung (1 größeres, rautenförmiges Perlmuttornament von 6 kleineren,
eckigen Perlmutteinlagen in schwarzem Kitt umgeben; Randbegrenzung durch siebenspänige
Einlage).
Zargen: bestehend aus Pao Amarillo (Gelbholz) und 3 Riopalisanderstreifen. An der Fuge des
zweigeteilten Zargenverlaufs über dem Unterklotz schmaler Streifen aus Riopalisander
eingesetzt, in dem ein Tragbandknopf aus Bein mit Ebenholzendknöpfchen fixiert ist.
Boden: aus Pao Amarillo und 8 leicht fächerförmig und paarweise angeordneten
Riopalisanderstreifen unterschiedlicher Stärke zusammengesetzt. Flach, ohne Randeinlage.
Nach oben spitz zulaufendes Bodenblatt.
Zur Innenkonstruktion: Hals und der halbrunde Oberklotz in einem Stück, Zargen in den
seitlich geschlitzten Oberklotz eingelassen; zur Vergrößerung der Leimfläche ist dem
Oberklotz bodenseitig eine flache rechteckige Platte aus Zeder angesetzt. Flacher Unterklotz
mit abgeschrägten Kanten; darin ein zentraler Riß erkennbar, der durch den von außen
eingetriebenen Tragbandknopf verursacht wurde. Innenreifchen in Form von dreieckigen,
dicht, aber unregelmäßig aneinandergereihten Leimklötzchen, wobei die Bodenklötzchen aus
Cedro, die Deckenklötzchen aus Fichte gefertigt sind. Die Bodenfugen sind mit kleinen,
rechteckigen Belägen aus Cedro verstärkt. 2 Bodenquerbalken im unteren Bereich, deren
Enden in auf die Zargenwand gelegte Konsolen aus Cedro eingelassen sind. Zargenwand auf
der Innenseite mit Papier ausgekleidet, welches mit Zahlen in tabellarischer Anordnung
1
Das Instrument wurde im Jahre 1999 von Enrico Liemacher (Karl Koch AG, Atelier für Geigen- und
Gitarrenbau, Murbacherstr. 15, 6003 Luzern) einer umfassenden Restauration unterzogen. Die Identifizierung
der Holzarten, die Ausführungen zu den im Rahmen dieser Restaurierung vorgenommenen Veränderungen am
Instrument sowie die Vermutungen zur Einordnung Peiranos in sein Umfeld gehen teils auf eine schriftliche
Instrumentenbeschreibung des Restaurators, teils auf mündlich eingeholte Informationen zurück. E. Liemacher,
der vorliegende Gitarre bereits nachgebaut und zu diesem Zwecke detaillierte Baupläne angefertigt hat, stellte
der Verfasserin dieser Arbeit freundlicherweise umfangreiches Bildmaterial zur Verfügung, von dem hier auf
folgenden Seiten einige Innen- und Detailaufnahmen sowie eine Nachbildung des Signaturzettels wiedergegeben
werden sollen.
GITARREN - INV.NR.
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29
beschrieben ist und daher möglicherweise aus einem alten Buchhaltungsbuch stammt. Zargen
zusätzlich zu den Konsolen durch eingepaßte Zederstäbchen verstärkt, die allerdings im
Rahmen der letzten Restauration neu eingesetzt wurden. Je ein Deckenquerbalken kurz unterund oberhalb des Schallochs; die Enden ebenfalls in Cedrokonsolen fixiert. 2 breitere
v-förmig angeordnete Beläge beidseitig des Schallochs. Im Bereich der unteren Corpuspartie
fünfstrahliges Verleistungsmuster, wobei die beiden äußeren Balken fächerförmig nach außen
laufen. Rißbildungen in Decke durch mehrere im Rahmen der Restauration eingefügte
Holzbeläge gesichert.
Gesamt L: 955 (965)
Decke L: 465
B: 237 / 190 / 297
Decke S: 2,0-2,3 (Mitte); 1,4-1,6 (Rand)
Deckenmensur: 320
Zargen H: 88 / 88 / 92 / 100
Zargen S: um 1,0
Boden L: 485
Boden S: 2,2-2,5 (Mitte); 1,8-2,1 (Rand)
Schalloch ‡: 90; Schallochlage v. o.: 106
MONTURTEILE:
Hals und Wirbelbrett: aus Honduras-Zeder; Hals aus mehreren Stücken, das angeschäftete
Wirbelbrett aus 2 Platten zusammengeleimt. Schmaler, separat angesetzter Halsstock, oben
einen spitzen Grat bildend. Trapezförmiges, am oberen Rand geschweiftes Wirbelbrett, das
auf der Vorderseite mit einem Palisanderfurnier überzogen ist; nahe des Oberrandes mit
einem kleinen Loch zum Aufhängen versehen. 6 hinterständig angebrachte Wirbel mit
Perlmuttaugen an den Wirbelköpfen sowie am unteren Ende der Wirbelschäfte; 5 Wirbel aus
Ebenholz, 1 aus Palisander.
Halsmensur: 320
Hals S: 25 / 24 / 26
Wirbelbrett L: 185
Wirbelbrett größte B / kleinste B: 87 / 53
Griffbrett und Obersattel: flaches, dünnes Griffbrett aus Palisander, das auf der Decke aufliegt
und bis zum Oberrand des Schallochs reicht. 18 eingelassene Bünde aus Messing, wobei der
12. Bund, wie es ab ca. 1800 üblich wird, am Schnittpunkt von Hals und Corpusoberkante
angebracht ist. Obersattel aus Bein.
Griffbrett L (max.): 438
Griffbrett B: 50...64
Bundabstände: 37 - 70 - 101 - 131 - 160 - 187 - 212 - 235 - 258 - 279 - 299 - 319 - 337 - 353 - 370 385 - 399 - 412
Steg: Knüpfsteg aus Palisander mit Beinsattel und Perlmuttverzierungen (im Rahmen der
Restauration im Jahre 1999 nach dem Vorbild andalusischer Gitarrenbauer um 1800 ersetzt).
B / S / H: 172 / 29 / 15
Besaitung: Das Instrument ist zur Zeit mit 3 Darmsaiten (obere Saiten) und
3 metallumsponnenen Saiten (untere Saiten) ausgestattet.
Stimmung: E-A-d-g-h-e’
Schwingende Saitenlänge: 640
ÜBERZUG:
Decke natur-geölt, Boden und Zargen mit Schellack goldgelb poliert. Zahlreiche
Lackretuschen am gesamten Corpus.
ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN:
Nach der sorgfältigen Restauration im Jahre 1999 (Karl Koch AG, Atelier für Geigen- und
Gitarrenbau, Luzern) zeigt sich das Instrument in einem spielbaren Zustand. Folgende
restaurative Maßnahmen wurden durchgeführt:
Einige fehlende Perlmutteilchen der Schallochrandeinlage ersetzt. Decke am diskantseitigen
Oberbügel mittels eines kleinen, dreieckigen Einsatzes geflickt. Da der Deckenrand durch das
häufige Öffnen des Instruments stark beschädigt war und grobe Kittreparaturen sowie
Nagellöcher aufwies, mußte die Randeinlage am Unterbügel ersetzt werden. Deckenrisse
GITARREN - INV.NR.
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160
durch dünne Holzauflagen im Innern stabilisiert. Die durch das mehrmalige Austauschen des
Steges in diesem Bereich unbrauchbar gewordene Decke wurde ebenfalls durch breitere
Beläge verstärkt; die drei mittleren Balken der fünfstrahligen Verleistungskonstruktion
wurden dabei ersetzt. Klötzchen-Innenbereifung teilweise erneuert. Zargenwände zur
Stabilisierung von innen vereinzelt mit dünnen Zederstreben versehen. Der Boden lag nahezu
unbeschädigt vor, so daß nur wenige Risse geleimt werden mußten. Im Rahmen einer
früheren Reparaturmaßnahme ist das Wirbelbrett an der diskantseitigen, oberen Ecke durch
ein dunkelfarbiges Holzstück unschön ausgebessert worden.
PROVENIENZ:
Das Instrument ist in den Aufzeichnungen Schumachers nicht enthalten und muß daher nach
seinem Tode in die Sammlung gekommen sein. Laut eines Vermerks in den
Inventarisierungsbögen von Kappeler/Hiestand 1966 befand sich das Instrument vor der
Eingliederung in die Sammlung im Besitze des Geigenbauers Wenro aus Bern.
Von Federico Peirano, dem Erbauer vorliegender spanischen Gitarre, sind weder
biographische Details noch weitere Instrumente bekannt. Daß er sein Handwerk beherrschte,
beweist zweifelsohne vorliegende Gitarre, die sowohl hinsichtlich der sauberen Verarbeitung
und der umfangreichen Einlegearbeiten als auch in ihren klanglichen Qualitäten überzeugt.
Der Umstand, daß Decke, Boden, Zargen und Hals aus mehreren kleinen Teilen
zusammengesetzt sind, zeigt aber auch, daß ihm größtenteils die Mittel gefehlt zu haben
scheinen, um Holz in ausreichender Breite zu bekommen.
Den Zettelangaben nach war Peirano in der 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts in Cádiz tätig. Sein
Instrument kann bezüglich der Stil- und Formelemente als eine typische Arbeit aus Cádiz und
Umgebung angesehen werden. Aus dieser traditionellen andalusischen Linie des Gitarrenbaus
gingen zahlreiche berühmte Instrumentenbauer hervor, wie beispielsweise Antonio de Torres
(1817-1892), der in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts in Sevilla und Almería wirkte und auf
den viele noch heute gültige Verbesserungen im Gitarrenbau zurückzuführen sind.1 Es ist
durchaus denkbar, ja sogar wahrscheinlich, daß Torres von anderen Gitarrenbauern aus der
Region, unter anderem von Peirano aus Cádiz, beeinflußt wurde. Peirano wiederum arbeitete
bezüglich Innenkonstruktion und Einlegearbeiten nach dem Vorbild der in der 2. Hälfte des
18. Jahrhunderts wirkenden Gitarrenbauer aus Cádiz. Besonders deutliche Ähnlichkeiten
lassen sich beim Vergleich mit Instrumenten von Juan Pagés aus Cádiz feststellen
(Einlegearbeiten am Schalloch, Innenbebalkung mit fünfstrahligem Verleistungsmuster,
Verwendung einer Klötzchen-Innenbereifung, Formulierung „me hizo“ [=„mich machte“] auf
dem Zettel),2 so daß dieser als direkter Lehrmeister von Peirano in Frage kommt. Neben
diesen Merkmalen sind an vorliegendem Instrument weitere Charakteristika zu beobachten,
die der Spanischen Schule des Gitarrenbaus eigen sind: da wäre zum einen das - im Gegensatz
zu französischen oder italienischen Exemplaren - sich stark trapezförmig verbreiternde
Wirbelbrett und die Hals-Wirbelbrett-Verbindung mit der an der Wirbelbrettrückseite aus
dem Holz herausgearbeiteten, dreieckigen Verstärkung zu nennen; zum anderen sind die
Hals-Corpus-Verbindung in einem Stück mit eingeschobenen Zargen und das dachförmige
Halsstockprofil als typische Merkmale spanischer Provenienz zu identifizieren.
LITERATUR:
- Vannes 1956, Nr. 7, S. 7.
1
Vgl. Romanillos 1990.
Ausführliche Beschreibung einer Gitarre von Juan Pagés in: Museo Municipal Madrid/The Metropolitan
Museum of Art: La guitarra española, 1993, S. 118ff.
2
GITARREN - INV.NR.
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161
BILDNACHWEIS:
Von li. nach re. bzw. von oben nach unten: Vorder-, Seiten-, Rückgesamtansicht,
Einlegearbeiten am Schalloch, Signatur, Nachbildung der Signatur.
Innenansichten: Zustand Decke vor Restauration, Zustand Decke nach Restauration, Boden
und Zargenkranz mit partiell erneuerter Klötzchen-Innenbereifung, Zustand Zargenkranz nach
Restauration (zusätzliche Verstärkung durch Zederstäbchen), Zustand unterer
Deckenabschnitt vor Restauration (alter, aber nicht originaler Steg, Deckenrandeinlage grob
gekittet, Rißbildungen).
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GITARREN - INV.NR 30
Inv.Nr. 30
Gitarre (6 Saiten)
Michel, Paris, um 1900
SIGNATUR:
Brandstempel: MICHEL // A PARIS
CORPUS:
Corpus in Achtform mit deutlich eingezogener Mitte.
Decke: zweiteilig. Fichte mit feinen Jahresringen. Flach. Breite Randeinfassung aus
schwarzem, nicht identifiziertem Holz, daran anschließend 5 abwechselnd helle und dunkle
Späne. Rundes Schalloch mit großflächiger Randverzierung in Form einer in 4 konzentrischen
Kreisen angeordneten, zwölfspänigen Einlage aus hell- und dunkelfarbigem Holz.
Zargen: Vogelaugenahorn. An der Fuge des zweigeteilten Zargenverlaufs an der Corpusbasis
keilförmiger Streifen aus geschwärztem Holz eingesetzt, darin Tragbandknopf aus Ebenholz
verankert.
Boden: einteilig. Vogelaugenahorn. Flach und mit Randeinfassung wie Decke. Kleines,
verrundetes Bodenblatt, geschwärzt und separat angesetzt.
Zur Innenkonstruktion: Hals vermutlich stumpf auf den separaten, flachrunden Oberklotz
geleimt. Unterklotz ebenfalls flachrund. Breite, durchgehende Innenbereifung an Decke und
Boden, an den Klötzen stumpf endend. Zwischen Ober- und Unterklotz stabilisierender,
breiter Längsbalken auf den Boden geleimt. Darüber sind 4 an den Enden abgefaste
Bodenquerbalken auf Höhe der größten Oberbügel- und geringsten Mittelbügelbreite sowie
ober- und unterhalb des Steges eingesetzt. An der Decke ebenfalls 4 Querbalken vorhanden,
die den Bodenbalken aber nicht genau gegenüberliegen, sondern leicht versetzt angebracht
sind: ober- und unterhalb des Schallochs und jeweils kurz unterhalb der entsprechenden
Bodenbebalkung ober- und unterhalb des Steges.
Gesamt L: 915 (923)
Decke L: 440
B: 240 / 170 / 305
Decke S: 2,5-2,9 (Mitte); 2,2-2,5 (Rand)
Deckenmensur: 315
Zargen H: 72 / 72 / 77 / 78
Zargen S: um 1,0
Boden L: 450
Boden S: 2,6-3,0 (Mitte); 2,3-2,6 (Rand)
Schalloch ‡: 85; Schallochlage v. o.: 110
MONTURTEILE:
Hals und Wirbelbrett: Hals aus Zeder (?) mit einem verrundeten, sich nach hinten
verjüngenden Halsstock. Das geschwärzte, leicht trapezförmige und am oberen Rand
geschweifte Wirbelbrett ist an den Hals angeschäftet und weist nahe des Oberrandes ein
kleines Loch zur Aufhängung auf. 6 große, hinterständig angebrachte, geschwärzte Wirbel
mit Perlmuttaugen an den birnenförmigen Wirbelköpfen.
Halsmensur: 315
Hals S: 19 / 20 / 23
Wirbelbrett L: 165
Wirbelbrett größte B / kleinste B: 73 / 47
Griffbrett und Obersattel: flaches, dünnes Griffbrett aus geschwärztem, nicht identifiziertem
Hartholz, das auf der Decke aufliegt und bis zum Oberrand des Schallochs reicht.
18 eingelassene Bünde aus Messing. Obersattel aus Bein.
Griffbrett L (max.): 437
Griffbrett B: 45...61
Bundabstände: 34 - 67 - 98 - 128 - 157 - 183 - 208 - 232 - 254 - 275 - 296 - 315 - 333 - 350 - 367 382 - 396 - 410
Steg: aus Ebenholz. Der Steg weist seitlich nach oben gebogene Spitzen auf, die aufgrund
vorhandener Spuren auf der Decke ursprünglich jeweils am Oberende mit aufgesetzten
GITARREN - INV.NR 30
167
Endpunkten verziert gewesen sein mußten. 6 Haltestifte mit Beinaugen, davon 5 aus
Ebenholz, der 6. in Palisander ergänzt. Sattel aus Bein.
B / S / H: 140 / 27 / 10
Besaitung: Das Instrument ist zur Zeit mit 3 Darmsaiten (obere Saiten) und
3 metallumsponnenen Saiten (untere Saiten) ausgestattet.
Stimmung: E-A-d-g-h-e’
Schwingende Saitenlänge: 630
ÜBERZUG:
Decke natur-geölt, Boden und Zargen mit Schellack goldgelb poliert.
ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN:
Deckenrisse im oberen und unteren Corpusbereich. Der Boden löst sich partiell vom
Zargenkranz. Endpunkte der Stegspitzen fehlend. 1 Haltestift im Steg ersetzt. Die dunklen
Verfärbungen im diskantseitigen Deckenbereich unterhalb des Schallochs lassen sich als
Gebrauchsspuren identifizieren und weisen darauf hin, daß das Instrument vor der
Eingliederung in die Sammlung rege gespielt wurde.
PROVENIENZ:
Da die hier besprochene Gitarre weder bei Schumacher noch bei Vannes 1956 oder
Kappeler/Hiestand 1966 erwähnt ist, muß das Instrument nach 1966 Eingang in die
Ausstellung gefunden haben. Im Jahre 1957 führt Otto Dreyer im Rahmen einer Auflistung
seiner gesammelten Musikinstrumente eine Gitarre an, die ebenfalls mit dem Brandstempel
MICHEL // A PARIS signiert ist.1 Möglicherweise handelt es sich dabei um vorliegendes
Instrument, welches er der Sammlung im Richard-Wagner-Museum zu einem späteren
Zeitpunkt zuführte.
Der Instrumentenmacher Michel aus Paris ist bisher weitgehend unbekannt geblieben.
Lediglich Lütgendorff2 verzeichnet einen in Paris lebenden Alphons Michel, allerdings ohne
weitere Nennung von biographischen Daten, so daß eine Übereinstimmung beider Personen
ungewiß ist. Das nur leicht trapezförmig ausgearbeitete Wirbelbrett und der Steg mit
Haltestiften - im Gegensatz zu dem in Spanien verwendeten Knüpfsteg - sind jedoch
Merkmale, die eine französische Herkunft bestätigen.
1
2
Dreyer 1957, S. 2.
Lütgendorff 1904, S. 431.
GITARREN - INV.NR 30
168
BILDNACHWEIS:
Von li. nach re. bzw. von oben nach unten: Vorder-, Seiten-, Rückgesamtansicht,
Brandstempel.
GITARREN - INV.NR.
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Inv.Nr. 31
Lyra-Gitarre (6 Saiten)
Joseph Pons, Paris, 1804/05
SIGNATUR:
2 identische Druckzettel mit Zierrand, jeweils auf der Bodeninnenseite gegenüber den
Schallöchern angebracht: PONS, fils, // LUTHIER, // Rue du Grand Hurleur // No. 5. // A
PARIS, an 13.1
Brandstempel auf der Decke unterhalb des Griffbrettendes (unleserlich): PONS, fils, //
[A] PARIS
Brandstempel am unteren Deckenrand (nur noch einzelne Buchstaben bzw. Ziffern lesbar):
UNA, [..] // C. [..]n 18.
CORPUS:
Der Corpus ähnelt der Form einer klassischen Lyra. Flache Decke, leicht gewölbter Boden.
Decke: zweiteilig, nach oben in 2 sich verjüngende, leicht s-förmig geschwungene Jocharme
auslaufend, die oben jeweils von einem aufgesetzten, vergoldeten Adlerkopf bekrönt werden.
Fichte mit in der Mitte groben und teilweise welligen, zum Rand hin feiner werdenden
Jahresringen. Breite Randeinfassung aus Ebenholz, woran sich nach innen eine vierspänige
Einlage aus abwechselnd hellen und dunklen Adern anschließt. Beidseitig des Saitenbezugs je
eine Rosette mit 6 fischblasenförmigen Öffnungen aus dem Deckenholz geschnitzt,
eingerahmt von einer aus 5 Adern zusammengesetzten, kreisförmigen Einlage; im
Rosettenzentrum kleine, punktförmige Ebenholzeinlage.
Zargen: Mahagoni. Zusammen mit Decke und Boden an der Basis in einen querrechteckigen,
sockelähnlichen, die Standfläche vergrößernden Leistenkranz aus geschwärztem, nicht
identifiziertem Holz eingepaßt.
Boden: einteilig. Mahagoni. Leichte Wölbung, die durch die massive Rißbildung stark
verzogen ist. Randeinfassung wie Decke, hier jedoch ohne die sich anschließende
Spaneinlage. Separates, geschwärztes und verrundetes Bodenblatt.
Zur Innenkonstruktion: Hals stumpf auf den Oberklotz geleimt. Breite, zum Teil fast die
Hälfte der Zargenhöhe bedeckende Innenreifchen, am oberen Ende in den Oberklotz
eingelassen; Deckenreifchen flacher als Bodenreifchen. Es konnten 3 an den Enden
abgeflachte Bodenquerbalken auf Höhe der Schallöcher, zwischen den Schallöchern und dem
Steg und kurz oberhalb des Steges sowie 2 Deckenquerbalken ober- und unterhalb der
Schallöcher ermittelt werden.
Gesamt L: 860
Decke L (ohne Jocharme): 383
B (max.): 355
Deckenmensur: 275
Decke S: k.M.
Rosetten ‡: 58; Schallochlage v. o.: 87
Zargen H: 8...86
Zargen S: k.M.
Boden L (ohne Jocharme): 395
Wölbungshöhe Boden (max.): um 14
Boden S: k.M.
MONTURTEILE:
Hals und Wirbelbrett: Hals und angeschäftetes Wirbelbrett aus schwarz gebeiztem Hartholz;
der Halsfuß mit einem schwarz gebeizten Furnier überzogen. Wirbelbrett mit 6 hinterständig
angebrachten Wirbeln aus Ebenholz, die an den Wirbelköpfen sowie am unteren Ende der
Wirbelschäfte überwiegend mit Perlmuttaugen verziert sind. Für die höchste und tiefste Saite
2 Schränkbolzen aus Ebenholz angebracht. Bekrönung des Wirbelbretts mit einer vergoldeten
1
Mit „an 13“ ist mit großer Wahrscheinlichkeit das Jahr XIII des französischen Revolutionskalenders gemeint,
so daß das Instrument in den Jahren 1804/05 entstanden sein dürfte. Vgl Grotefend 1982, S. 29 und S. 142.
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31
170
Palmette. Das Wirbelbett ist durch runde Querstreben aus Messing mit den Jocharmen
verbunden; die Querstreben enden in vergoldeten, hopfenförmigen Aufsätzen.
Halsmensur: 340
Hals S: 16 / 18 / 18
Wirbelbrett L (ohne Aufsatz): 79
Wirbelbrett B (max.): 110
Griffbrett und Obersattel: Dem geschwärzten, flachen Griffbrett liegen 13 (zur Zeit 1 fehlend)
flexible Bünde aus Nylonschnur auf, die auf der Halsunterseite mit einem in Längsrichtung
verlaufenden Nylonfaden verknüpft sind; zusätzliche Fixierung der Bünde durch seitlich
eingeschnittene Kerben an den Halsrändern. Obersattel aus Bein.
Griffbrett L (max.): 340
Griffbrett B: 48...60
Bundabstände: 35 - (66) - 97 - 125 - 153 - 180 - 204 - 226 - 247 - 268 - 287 - 306 - 323
Steg: Knüpfsteg aus Ebenholz. 6 in eine Messingunterlage eingelassene Haltestifte aus
Ebenholz mit Perlmuttaugen. Zu beiden Seiten des Steges üppige, an den Ansätzen jeweils
mit einer kleinen Perlmutteinlage versehene Ebenholzverzierungen in Form von
Akanthusblättern.
B / S / H: 132 / 18 / 10
Besaitung: 6 Darmsaiten.
Stimmung: E-A-d-g-h-e’
Schwingende Saitenlänge: 613
ÜBERZUG:
Corpus mit braunem Überzug versehen.
ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN:
Boden stark rissig. 2. Bundschnur fehlend. Außer 2 ersetzten Wirbeln und 1 Haltestift im Steg
liegt das Instrument im Originalzustand vor.
PROVENIENZ:
Das Instrument stammt nicht aus dem ursprünglichen Sammlungsbestand Schumachers,
sondern muß erst nach seinem Tode in die Ausstellung aufgenommen worden sein. Gemäß
einer Notiz in dem entsprechenden Inventarisierungsbogen von Kappeler/Hiestand 1966 war
diese Lyra-Gitarre zuvor im Besitze einer „Frau Halter-Kreis aus Luzern“.
Joseph Pons, der Sohn des César Pons (1743-1831), wirkte um 1800 in Paris und London (?),
wo er zahlreiche Violinen durchschnittlicher Qualität und Gitarren von großem Format
herstellte.1 Joseph Pons hatte einen Bruder mit dem Vornamen Louis David, der ebenfalls den
Beruf seines Vaters ausübte. Als Erbauer vorliegenden Instruments, dessen Zettelsignierung
keinen Vornamen aufweist, kommt dieser jedoch mit großer Wahrscheinlichkeit nicht in
Frage, da er, wie sein Vater, hauptsächlich in Grenoble tätig war.
Frankreich gilt als Ausgangsort der Lyra-Gitarren-Herstellung, von wo sich dieses besonders
von Frauen gespielte Instrument seit den 1790er Jahren in ganz Europa verbreiten und
etablieren konnte. Größere Beliebtheit erlangte die Lyra-Gitarre in der Zeit des einsetzenden
Klassizismus besonders durch ihre dekorative, der antiken Lyra nachempfundene
Formgebung, wofür man - zumindest in der 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts, danach wurde sie
kaum noch gebaut - auch bereit war, gegenüber der normalen Gitarre beträchtliche
Klangeinbußen und eine gewisse Unhandlichkeit in Kauf zu nehmen.2
LITERATUR:
- Vannes 1956, Nr. 8, S. 7/8
1
2
Vgl. Vannes 1951, Bd. I, S. 285.
Vgl. Wackernagel 1997, S. 75f.
GITARREN - INV.NR.
31
171
BILDNACHWEIS:
Von li. nach re. bzw. von oben nach unten: Vorder-, Rückgesamtansicht, Zettelsignatur,
Brandstempel am oberen Deckenrand.
NEAPOLITANISCHE MANDOLINE
172
- INV.NR. 32
Inv.Nr. 32
Neapolitanische Mandoline (8 Saiten, 4 Chöre = 4 x 2)
Ende 19. Jahrhundert
SIGNATUR:
Keine Signatur vorhanden.
CORPUS:
Tief gewölbtes, mandelförmiges Corpus in schlichter Ausführung.
Decke: zweiteilig. Feinjährige Fichte. Flach. Siebenspänige Randeinlage aus abwechselnd
hellem und dunklem Holz. Querovales Schalloch mit ebenfalls siebenspäniger Randeinlage.
Kein Spielblatt vorhanden.
Rücken: bestehend aus 13 ungekehlten Spänen aus Ahorn in Radialschnitt, die durch dünne
Ebenholzadern getrennt sind; die beiden Außenspäne breiter gearbeitet. Einfache Kappe aus
Ahorn mit abgeschrägten Abschlußkanten.
Zur Innenkonstruktion: Hals und Oberklotz aus einem Stück Ahorn. Rückenspäne vollständig
mit schwarzem Papier beklebt. Deckenreifchen vorhanden, am Oberklotz stumpf endend. 3 an
ihren Enden in die Reifchen eingelassene Deckenquerbalken, die jeweils ober- und unterhalb
des Schallochs und auf Steghöhe positioniert sind.
Gesamt L: 610 (615)
Decke L: 310
Decke S: 1,5-2,1
Deckenmensur: 215
Rücken T (max.): 118
B (max.): 197
Rücken S: 1,4-2,0
Schalloch: 70 x 39; Schallochlage v. o.: 80
MONTURTEILE:
Hals und Wirbelbrett: Hals aus schwarz lackiertem Ahorn, wobei sich die schwarze
Lackierung bis auf den Rückenansatz fortsetzt. Das seitlich einfach eingezogene und am
Oberrand geschweifte Wirbelbrett aus schwarz lackiertem Hartholz ist an den Hals
angeschäftet. 8 hinterständig angebrachte, uneinheitliche Wirbel, ebenfalls schwarz lackiert
und mit Perlmutt- bzw. Beinaugen an den Wirbelköpfen versehen.
Halsmensur: 147
Hals S: 18 / 21 / 24
Wirbelbrett L: 156
Wirbelbrett größte B / kleinste B: 73 / 29
Griffbrett und Obersattel: flaches, geschwärztes und bis zum oberen Schallochrand reichendes
Griffbrett mit 15 eingelassenen Bünden aus Messing in chromatischer Anordnung. Obersattel
aus Ebenholz.
Griffbrett L: 224
Griffbrett B:29...38
Bundabstände: 21 - 40 - 58 - 75 - 90 - 106 - 121 - 135 - 147 - 160 - 171 - 182 - 192 - 201 - 211
Steg: einfacher Steg in Form eines schmalen Balkens aus Ebenholz.
B / S / H: 73 / 4 / 8
Untere Saitenbefestigung: Über einen auf die Deckenunterkante aufgelegten Untersattel aus
Messing laufen die Saiten zu 4 unterständig in die Kappe eingeschlagenen
Ebenholzknöpfchen.
Untersattel B: 45
Besaitung: 8 Saiten bzw. 4 Chöre (4 x 2), davon 6 Saiten aus Metalldraht, die untersten beiden
Saiten metallumsponnen.
Stimmung: gg-d’d’-a’a’-e’’e’’
Schwingende Saitenlänge: 362
ÜBERZUG:
Decke natur-geölt, Boden und Zargen mit Schellack goldgelb poliert.
NEAPOLITANISCHE MANDOLINE
- INV.NR. 32
173
ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN:
Riß über die ganze Länge des Bodens. Sonst keine Schäden feststellbar.
PROVENIENZ:
Aus der Sammlung H. Schumacher. Die vorliegende Mandoline ist im Fundortkatalog
Schumachers nicht erwähnt; während ihr im Handschriftlichen Katalog die Nr. 94 zugewiesen
wird, trägt sie im Fotoalbum die Nr. 112.
Bei vorliegendem Instrument handelt es sich um den Typus der Neapolitanischen Mandoline
in standardisierter Sopranlage. Unterscheiden läßt sich dieser Mandolinentyp von der auch
sehr weit verbreiteten Mailänder Mandoline durch den vierchörigen Bezug, die unterständige
Saitenbefestigung und die tiefe Wölbung des Rückens. Das charakteristische Merkmal der
Abknickung der Decke im unteren Corpusbereich ist hier nicht gegeben.
LITERATUR:
- Schumacher: Handschriftlicher Katalog, Nr. 94, S. 127.
BILDNACHWEIS:
Von li. nach re.: Vorder-, Seiten-, Rückgesamtansicht.
BALALAIKA - INV.NR.
174
33
Inv.Nr. 33
Balalaika (3 Saiten)
Leningrad, 1. Hälfte 20. Jahrhundert
SIGNATUR:
2 Firmenzettel der Musikinstrumentenfabrik Lunatscharskowo in Leningrad: auf dem
größeren Zettel in Farbdruck ist lediglich der Firmenname und -ort vermerkt; der kleinere,
darunter plazierte Zettel gibt die Instrumentenbezeichnung, die Seriennummer (Nr. 216), den
Preis (5 Rubel, 40 Kopeken) und die genaue Adresse der Fabrik an (Tschapaewa-Str. 15,
Leningrad).
CORPUS:
Dreieckiges Corpus mit flacher Decke und gewölbtem, siebenspänigem Rücken.
Decke: aus vier Fichtenstreifen mit feinen bis mittleren Jahresringen zusammengesetzt.
Rundes, kleines Schalloch, eingefaßt von einem flachen Ring aus dunklem Holz. Furniere aus
demselben dunkelbraun lackierten Material befinden sich in geschweifter Kontur in den
3 Ecken der Decke, wobei die Auflage am oberen Deckenrand größer gearbeitet ist. Breite
Randeinfassung aus Laubholz.
Rücken und Boden: Rücken bestehend aus 7 leicht gekehlten und gebogenen Spänen aus
Buche. Der halbkreisförmige Boden aus einem Stück Buche gefertigt; darauf in Fortsetzung
der Spananstöße des Rückens dunkle Adern aufgemalt, die in Richtung Decke
zusammenlaufen und nahe des Deckenrandes an einem eingelegten Halbkreis aus dunklem
Holz enden, in dessen Innern 3 weiße Kunststoffknöpfchen zur unterständigen
Saitenaufhängung verankert sind.
Zur Innenkonstruktion: Deckenreifchen vorhanden. Je ein Deckenbalken oberhalb des
Schallochs und auf Höhe des Steges ermittelt. Spanfugen mit Papierstreifen belegt.
Gesamt L: 692
Decke L: 292
Decke S: 2,0-2,5
Deckenmensur: 180
Rücken T (max.) = Boden L: 120
B (max.): 440
Rücken S: 2,5-3,0
Schalloch ‡: 25; Schallochlage v. o.: 108
MONTURTEILE:
Hals und Wirbelbrett: aus Buche. Der schmale Hals scheint stumpf auf den Oberklotz
aufgesetzt zu sein; grob gearbeiteter Halsfuß, aus 2 Teilen bestehend. Das leicht
trapezförmige Wirbelbrett ist an den Hals angeschäftet und mit einer mechanischen, für
3 Wirbel konzipierten Stimmvorrichtung versehen.
Halsmensur: 262
Hals S: 18 / 18 / 20
Wirbelbrett L: 129
Wirbelbrett größte B / kleinste B: 72 / 29
Griffbrett und Obersattel: In das auf der Vorderseite geschwärzte Griffbrett sind 16 metallene
Bünde in chromatischer Anordnung eingelassen. 5 weiße Positionsmarkierungen jeweils vor
dem 2., 5., 7., 10. und 12. Bund. Obersattel aus Laubholz.
Griffbrett L: 262
Griffbrett B:30...38
Bundabstände: 24 - 47 - 68 - 89 - 108 - 127 - 144 - 160 - 176 - 190 - 204 - 217 - 230 - 241 - 252 - 262
Steg: breiter Brückensteg aus Laubholz.
B / S / H: 102 / 5 / 12
Besaitung: 3 Saiten aus Metall.
Stimmung: a’-a’-e’’ (nach Rose 1900/01, S. 75f.)
Schwingende Saitenlänge: 443
BALALAIKA - INV.NR.
33
175
ÜBERZUG:
Corpus, Halsrückseite und Wirbelbrett mit gold-hellbraunem, leicht krakeliertem Überzug
versehen.
ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN:
Ansätze von Rißbildungen an der Decke vorhanden. Sonst guter Erhaltungszustand.
PROVENIENZ:
Da vorliegende Balalaika erst in den Inventarisierungsbögen von Kappeler/Hiestand 1966
Erwähnung findet, muß sie zwischen 1956 und 1966 in die Sammlung gekommen sein.
Es handelt sich hier um ein in Serienarbeit hergestelltes russisches Instrument, das aufgrund
der Ortsangabe Leningrad auf dem Zettel nicht vor 1924 entstanden sein kann.1 Um 1900
bildeten sich, parallel zur Gründung zahlreicher Balalaika-Orchester, sechs verschiedene
Größen heraus. Das hier besprochene Instrument ist als Prim-Balalaika, das SopranInstrument innerhalb der Familie,2 einzuordnen.
BILDNACHWEIS:
Von li. nach re. bzw. von oben nach unten: Vorder-, Seiten-, Rückgesamtansicht.
1
2
Die Stadt St. Petersburg wurde 1914 zu Petrograd und erst 1924 zu Leningrad umbenannt.
Vgl. Rose 1900/01.
BALALAIKA - INV.NR.
33
176
BANJOS - INV.NR.
34
177
Banjos
Inv.Nr. 34
Banjo1 (6 Saiten)
Nordamerika oder England, 2. Hälfte 19. Jahrhundert
SIGNATUR:
Keine Signatur vorhanden.
CORPUS:
An der Rückseite gewellter Holzreifen aus rotbraun lackierter Buche, über den das Fell aus
Pergament gezogen ist; Fell mittels eines am oberen Corpusrand aufgesetzten Spannringes mit
5 Messingschrauben befestigt.
Zur Konstruktion: Der Hals läuft in einen schmalen, unter dem Fellbezug entlanglaufenden
Halsspieß aus, der oben und unten durch den Holzreifen gesteckt und dort verkeilt ist.
Gesamt L: 870
Corpus H: 50...64
Fellbezug ‡: 285
MONTURTEILE:
Hals und Wirbelbrett: Hals mit Wirbelbrett und Halsspieß aus einem Stück schwarz lackierten
Holzes. Hals in der Stärke und Breite nach unten zunehmend, am oberen Ende in eine nahezu
rechteckige Kopfplatte übergehend, an der hinterständig 5 geschwärzte Wirbel
uneinheitlichen Aussehens angebracht sind. Halsvorderseite mit verschiedenfarbigen, dünnen
Holzauflagen versehen; dazwischen zur Griffmarkierung 4 dünnere Streifen mit
Rautenmustern eingefügt, die jeweils die Terz, Quart, Quint und Oktav über dem Grundton
markieren. Baßseitig am Hals ist ein Wirbel für die Diskantbordunsaite eingedreht.
Halsmensur: 450
Hals S: 19 / 22 / 40
Hals B: 38...61
Wirbelbrett L: 135
Wirbelbrett größte B / kleinste B: 60 / 39
Steg: geschwärzt.
B / S / H: 72 / 5 / 16
Untere Saitenbefestigung: Der geschwärzte Saitenhalter ist mittels einer Perlonschnur am
unten herausragenden Halsspieß befestigt.
Saitenhalter L: 42
Saitenhalter größte B / kleinste B: 40 / 12
Besaitung: 5 isolonge Saiten aus Darm (3) bzw. metallumsponnen (2) und 1 kürzere
Diskantbordunsaite aus Darm.
Stimmung: z.B. nach Sachs2: g’(Diskantbordunsaite)-G-d-g-h-d’
Schwingende Saitenlänge3: 610; Diskantbordunsaite: 443
1
Obwohl sich vorliegende Arbeit auf die Besprechung der europäischen Zupf- und Streichinstrumente
beschränkt, sollen die Banjos mit ihrer ursprünglich afro-amerikanischen Herkunft ebenfalls - wenn auch nur in
knapper Form - behandelt werden, da sie im 19. Jahrhundert auch in England schon weit verbreitet waren und
eine englischen Herkunft bei den zwei in der Sammlung vertretenen Exemplaren nicht ausgeschlossen werden
kann.
2
Sachs 1913, S. 30.
3
Aufgrund eines sehr lose aufgesetzten Steges und nicht erkennbarer Stegspuren wurde die Saitenmensur
errechnet, indem der Abstand zwischen der Unterkante des Obersattels und der Oktavmarkierung
(normalerweise 12. Bund) verdoppelt wurde.
BANJOS - INV.NR.
34
178
ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN:
Guter Erhaltungszustand.
PROVENIENZ:
Aus der Sammlung H. Schumacher. Im Fundortkatalog (S. 19) ist dieses Instrument unter der
Rubrik „Privaten, Händlern“ ohne weitere Angaben von Namen verzeichnet.
Bis in die 80er Jahre des 19. Jahrhunderts war es nicht üblich, die Banjo-Hälse mit Bünden zu
versehen, so daß vorliegendes Instrument nicht nach diesem Zeitraum entstanden sein dürfte.
LITERATUR:
- Schumacher: Handschriftlicher Katalog, Nr. 320. Fundortkatalog Nr. 320, S. 19.
- Vannes 1956, Nr. 216, S. 38.
BILDNACHWEIS:
Von li. nach re.: Vorder-, Seiten-, Rückgesamtansicht.
BANJOS - INV.NR.
35
179
Inv.Nr. 35
Banjo (7 Saiten)
Nordamerika oder England, um 1900
SIGNATUR:
Keine Signatur vorhanden.
CORPUS:
Groß dimensionierter, dunkelbraun lackierter Holzreifen aus Nußbaum, Unterkante
wellenförmig ausgeschnitten. Um das über den Holzreifen gelegte Fell aus Pergament in
Position halten und dessen Spannung regulieren zu können, ist um den oberen Corpusrand des
Reifens ein mit 8 Messingschrauben ausgestatteter Spannring aus Messing gelegt.
Zur Konstruktion: Halsspieß in Form einer zylindrischen, reich gemaserten Holzstange
(Vogelaugenahorn?), die separat eingesetzt und oben mit dem Halsfuß bzw. unten mit dem
viereckigen Unterklotz verzapft ist.
Gesamt L: 810 (827)
Corpus H: 80...95
Fellbezug ‡: 360
MONTURTEILE:
Hals und Wirbelbrett: Fixierung des geschwärzten Halses am Holzreifen mit Hilfe von
2 Paßstiften und 1 Schraube am sich nach hinten verjüngenden Halsfuß. Das ebenfalls
geschwärzte Wirbelbrett ist zweifach geschlitzt und an den Hals angeschäftet. 6 Saiten
aufnehmende Stimmechanik aus Messing mit Wirbelköpfen aus Bein. Oberseite des Halses
mit verschiedenen Hölzern furniert, am unteren Ende ein Quadrat aus hellem Holz mit
sechsspänigem Zierrand eingelegt. 10 eingelassene Bünde aus Bein. Baßseitig am Hals ist ein
Aufsatz für die Aufnahme eines Diskantbordunsaitenwirbels angebracht. Obersattel aus
Palisander.
Halsmensur: 305
Hals S: 18 / 21 / 25
Hals B: 44...57
Wirbelbrett L: 145
Wirbelbrett größte B / kleinste B: 60 / 45
Steg: Palisander.
B / S / H: 100 / 5 / 14
Untere Saitenbefestigung: kleiner Saitenhalter aus Messing; mit einem ringförmigen
Verbindungsstück in einen unterständig angebrachten Messingknopf eingehängt.
Saitenhalter L: 27
Saitenhalter größte B / kleinste B: 47 / 16
Besaitung: 6 isolonge Saiten und 1 kürzere Diskantbordunsaite aus Darm.
Stimmung: z.B. nach Sachs1: g’(Diskantbordunsaite)-G-c-d-g-h-d’
Schwingende Saitenlänge: k.M.
ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN:
Am Halsfuß Bruchstelle sichtbar. Die untere Saitenbefestigung mit Messingsaitenhalter ist
erst später angebracht worden, da 7 unterständige Einschlaglöcher am Holzreifen auf eine
ursprüngliche Saitenbefestigung an Stiften oder auf eine direkte Verschlaufung der Saiten
schließen lassen.
1
Sachs 1913, S. 30.
BANJOS - INV.NR.
35
180
PROVENIENZ:
Aus der Sammlung H. Schumacher. Im Fundortkatalog (S. 19) ist dieses Instrument unter der
Rubrik „Privaten, Händlern“ genannt.
Aufgrund der Verwendung einer gitarrenähnlichen Stimmechanik und der eingelegten Bünde
ist das vorliegende Banjo später als das vorige Instrument, also etwa in den Dezennien um die
Jahrhundertwende, entstanden.
LITERATUR:
- Schumacher: Handschriftlicher Katalog, Nr. 319. Fundortkatalog Nr. 319, S. 19.
BILDNACHWEIS:
Von li. nach re.: Vorder-, Seiten-, Rückgesamtansicht.
ZITHERN - INV.NR.
181
36
Zithern
Inv.Nr. 36
Wende-Zither in Mittenwalder Form
Deutschland oder Schweiz, 1. Hälfte 19. Jahrhundert
SIGNATUR:
Keine Signatur vorhanden.
CORPUS1:
Das symmetrisch ausgebauchte, lyraähnliche Corpus mit schwalbenschwanzförmigem
Kopfabschluß läßt sich beidseitig spielen. Unter Benutzung eines gemeinsamen Bodens
besitzt jede Deckenseite ein individuelles, unterschiedlich mensuriertes Besaitungssystem,
wodurch mit ein und demselben Instrument das Spiel in verschiedenen Lagen möglich ist.
Während die eine Deckenseite (I) mit 2 Griffbrettern (Ia: links angeordnet; Ib: rechts
angeordnet) ausgestattet ist (Doppelzither), weist die andere Seite (II) ein einfaches
Besaitungssystem mit 1 Griffbrett auf.
Decken: I: zweiteilig. Fichte mit in der Mitte engen, zum Rand hin etwas breiteren
Jahresringen. Als Randverzierung ein breiter Pinselstrich aus schwarzer Tusche aufgemalt.
2 horizontal gegeneinander versetzte, runde Schallöcher, ebenfalls mit einem einfachen
schwarzen Tuschestrich umrandet. 3 gedrechselte und geschwärzte Holzfüßchen.
II: entspricht weitestgehend der vorhergehenden Decke (I); anstatt 2 hier jedoch nur 1 zentral
eingeschnittenes Schalloch vorhanden.
Zargen: mitteljährige Fichte. Durchgehender Zargenverlauf am Anhängestock.
Boden: zweiteilig (?). Grobjährige Fichte.
Zur Innenkonstruktion: I: durchgehende Bodenbereifung vorhanden. Unter jedem Griffbrett
eine Griffbrettbrücke mit 2 Auslassungen; dazwischen ober- und unterhalb der Schallöcher je
ein Verbindungsquerbalken am Boden. Unterhalb der Griffbretter ein Deckenquerbalken
eingesetzt. II: Bodenbereifung in Form von kleinen, nicht gleichmäßig angeordneten
Klötzchenbelägen. Ober- und unterhalb des Schallochs je eine Balkenkonstruktion (Decken-,
Boden- und Zargenbalken, die einander gegenüberliegen) mit 2 bzw. 4 senkrecht eingefügten
Stützbalken. Weitere Stützbalken zwischen Boden und Decke auf Höhe des Steges, im
Bereich der Ausbuchtung seitlich der Begleitsaiten und auf Höhe des unteren
Griffbrettabschnitts. Am oberen Beginn der Ausbuchtung weiterer Bodenbalken eingesetzt.
Gesamt L:655 (660)
Decke L: I: 620; II: 605
B: 180 / 365
Decke S: I: 2,2-3,0; II: 2,0-3,0
Schalloch: I: beide 53; II: 81
Zargen H (gesamt): 90
Corpus H: I: 40; II: 45
Zargen S: 1,5-2,4
Boden S: k.M.
MONTURTEILE:
Stimmstöcke: I: geschwärzt. Oben in einem helmartigen Kopf auslaufend, darin oberständig
ein Messingring (zur Aufhängung?) und hinterständig ein pyramidenförmiges Metallfüßchen
eingeschlagen. Griffbrettsaiten an 4 zweireihig und Begleitsaiten an 10 einreihig
angeordneten Eisensteckwirbeln befestigt. Der zweite Stimmstock für das kleiner mensurierte
Saitensystem ist vollständig in das Corpusinnere eingebaut und mit 14 in 2 Reihen
angeordneten Eisensteckwirbeln bestückt. II: entspricht Stimmstock I, so daß insgesamt ein
1
Es sei an dieser Stelle nochmals darauf hingewiesen, daß sich die folgenden Beschreibungen der Zithern - wie
bei den Saiteninstrumente mit Hälsen - auf eine dem Beobachter senkrecht erscheinende Betrachtungshaltung
(s. Bildnachweis) beziehen.
ZITHERN - INV.NR.
36
182
schwalbenschwanzförmiges Kopfteil entsteht. Obere Stimmvorrichtung mit 11 einreihig
angeordneten Eisensteckwirbeln. Metallring und Metallfüßchen hier nicht vorhanden.
Kopf B (gesamt): 263
Griffbretter: sämtliche Griffbretter aus dunkel lackiertem Obstholz. Die unteren
Griffbrettenden halbkreisförmig ausgeschnitten. Ia: mit 17 eingelassenen, diatonisch
eingerichteten Bünden1 aus Messing ausgestattet; Ib: mit 15 Messingbünden in gleicher
Anordnung versehen. II: 12 eingelegte Messingbünde in diatonischer Anordnung.
Griffbrett L (max.): Ia: 370, Ib: 302; II: 289
Griffbrett B: I: beide 26; II: 36
Bundabstände: Ia: 39 - 85 - 105 - 140 - 169 - 186 - 212 - 235 - 256 - 269 - 284 - 297 - 308 - 320 - 330
- 340 - 349
Ib: 37 - 69 - 86 - 115 - 139 - 155 - 177 - 199 - 213 - 225 - 239 - 250 - 261 - 271 - 281
II: 37 - 70 - 87 - 117 - 140 - 156 - 178 - 199 - 214 - 226 - 239 - 253
Anhängestöcke und Stege: I: Steg und Anhängestock geschwärzt; die Saiten laufen über einen
Metallsattel zu 28 unterständig angebrachten Messingnägeln. II: oberständige
Saitenaufhängung mittels eines auf die Decke geleimten Steges. 11 Haltestifte aus Ebenholz
mit Perlmuttaugen. Stegeinlage aus Horn.
I: Anhängestock B / S: 202 / 30; Steg H: 10
II: Steg B / S / H: 202 / 28 / 7
Besaitung: Ia: 14 Metallsaiten bzw. 7 Chöre, davon 2 x 2 Griffbrettsaiten und 5 x 2
Begleitsaiten. Ib: wie Ia. II: 11 Einzelsaiten (überwiegend metallumsponnen), davon
3 Griffbrett- und 8 Begleitsaiten.
Schwingende Saitenlängen: Ia: Griffbrettsaiten: 427, Begleitsaiten: 428...554; Ib: Griffbrettsaiten:
361, Begleitsaiten: 363...393; II: Griffbrettsaiten: 364, Begleitsaiten: 417...531
ÜBERZUG:
Auf beiden Seiten ist das Corpus mit orangebraunem, teilweise geronnenem Lack versehen.
Die Monturteile in überwiegend schwarzer Lackierung.
ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN:
Leichte Zargenrisse. Großer zentraler Bodenriß. I: 1 Begleitsaite fehlend. Decke durch
2 Risse beschädigt. Der Bereich der unterständigen Saitenaufhängung zum Teil ausgeflickt.
1 Standfüßchen beschädigt. II: Massive Deckenrißbildungen, die eine leichte Absenkung der
Decke zur Folge hatten. Aufgrund starker Abnutzungsspuren auf dem Griffbrett zwischen den
Bünden und im Bereich der Schlagstelle auf der Decke ist zu ersehen, daß diese Zitherhälfte
gegenüber der anderen, kaum Abnutzungsspuren aufweisenden Seite bevorzugt gespielt
wurde.
PROVENIENZ:
Vorliegende Zither ist erst nach Schumachers Tod in die Sammlung eingegliedert worden.
Während Vannes 1956 (S. 13) Otto Dreyer aus Luzern als Stifter dieses Instruments erwähnt,
ist in den Inventarisierungsbögen von Kappeler/Hiestand 1966 der Geigenbauer
von Niederhäusern als früherer Besitzer vermerkt.
Sowohl bei Kappeler/Hiestand 1966 als auch auf einem dem Instrument beigelegten
Pappzettel wird diese Zither nach Mittenwald bzw. Deutschland in das 1. Drittel des
19. Jahrhunderts eingeordnet. Die Festlegung des Herkunftsortes Mittenwald geschah hier
jedoch möglicherweise nur aufgrund der äußeren Corpusform des Instruments, die als
Mittenwalder Form in die Geschichte einging. Überlieferte Instrumente zeigen deutlich, daß
1
Die diatonische Bundanordnung, der Vorläufer der im 19. Jahrhundert allmählich aufkommenden
chromatischen Griffbretteinteilung, ist als eine Dur-Tonleiter zu verstehen, deren Grundton bei den Zithern erst
beim 3. Bund beginnt. Mit der vorgelagerten leeren Saite, dem je im Ganztonabstand folgenden 1. und 2. Bund
und dem einen Halbton höheren 3. Bund kann der für viele Liedanfänge so typische Quartaufgang ausgeführt
werden (vgl. Wackernagel 1997, S. 108).
ZITHERN - INV.NR.
36
183
derartige Zithern nicht zwingend auch in der Region hergestellt wurden, nach deren
wichtigster Stadt sie benannt waren (z.B. Salzburg oder Mittenwald). Die im Kanton Schwyz
ab der Mitte des 19. Jahrhunderts gebaute Schwyzer (oder Muotathaler) Zither1 beispielsweise
weist ebenfalls jenen Corpusumriß auf. Sie ähnelt außerdem in zahlreichen weiteren
charakteristischen Merkmalen der vorliegenden Zither (besonders der Deckenseite I): Die als
Doppelzither konzipierte Schwyzer Zither ist mit zwei diatonisch angelegten Griffbrettern
und zwei Besaitungssystemen im Quart-Quint-Abstand ausgestattet. Ihr symmetrisches,
lyraähnliches Corpus mit dem Doppelhelm am oberen Abschluß ist mit einem gelb- oder
orangefarbenen Überzug und einem schwarzen Tuschestrich als Randverzierung versehen.
Ein weiteres übereinstimmendes Merkmal ist ihr Besaitungssystem bestehend aus je zwei
doppelten Melodiesaiten- und je fünf doppelten Begleitsaitenchören. Lediglich die
Bundanzahl mit 16 bzw. 13 Messingbünden und einige Abmessungen entsprechen nicht dem
vorliegendem Instrument. Obwohl für die beiden Seiten der hier besprochenen Zither ein
gemeinsamer Boden und aus einem Stück bestehende Zargen verwendet wurden, ist in diesem
Falle die Möglichkeit der Zusammensetzung aus zwei ursprünglich separat vorliegenden
Instrumenten, von denen zumindest ein Instrument (I) nach dem Vorbild der Schwyzer Zither
gefertigt wurde, nicht völlig auszuschließen. Hierfür spräche die auffallend unterschiedlich
gestaltete Innenkonstruktion beider Zitherhälften, die an eine Fertigung von verschiedenen
Herstellern denken läßt.
LITERATUR:
- Vannes 1956, Nr. 38, S. 13.
1
Vgl. dazu Bachmann-Geiser 1981, S. 50f.
ZITHERN - INV.NR.
36
BILDNACHWEIS:
Von li. nach re. bzw. von oben nach unten: Vordergesamtansichten, Seitengesamtansicht.
184
ZITHERN - INV.NR.
185
37
Inv.Nr. 37
Zither (4 Melodie- und 12 Begleitsaiten)
Frankreich (?), 19. Jahrhundert
SIGNATUR:
Keine Signatur vorhanden.
CORPUS:
Prunkvoll ausgestattetes, einseitig ausgebuchtetes Corpus mit hohen Zargen.
Decke: einteilig (?). Fichte mit mittelbreiten Jahresringen. Flach, mit Randüberstand. An der
Seite des Stimmstocks und an der ausgebuchteten Seite eine Randeinlage aus zweireihig
übereinander angeordneten, ineinander verzahnten Perlmuttdreiecken vorhanden; dazwischen
- in gezacktem Verlauf - fünfspänige Einlage aus hellem und dunklem Holz im Wechsel;
diese Randverzierung zusätzlich beidseitig von einer fünfspänigen Einlage aus dem gleichen
Material wie vorige eingerahmt. Die beiden anderen Corpusseiten weisen lediglich eine
fünfspänige (Anhängestock) bzw. vierspänige (gerade Längsseite) Randeinlage auf. 2 runde
Schallöcher, in die vergoldete, sternförmige Pergamentrosetten eingesetzt sind.
Schallochzierränder in gleichem Perlmuttmosaik wie an den betreffenden Seitenrändern.
Großflächige Deckendekorationsmalerei in 3 Motiven: Dudelsack, 2 Putten mit Flöte und
Schellentrommel, 1 Putte mit zwei kleinen Pauken.
Zargen: Material wie Decke. Auf gelber Grundierung mehrere Blumengestecke aufgemalt.
Boden: dreiteilig, aus schwach geflammtem Ahorn in Radial- bzw. Schwartenschnitt. Flach,
mit Randüberstand. Aufgemalter Goldstreifen als Randeinfassung, daran anschließend
dreispänige, gemalte Randader. Fuge zwischen Boden und überstehendem Anhänge- bzw.
Stimmstock mit Außenreifchen verstärkt.
Zur Innenkonstruktion: dunkle Brandspuren an der gebogenen Zarge sichtbar, die vom Biegen
des Zargenholzes an einem heißen Eisen herrühren. Decken- und Bodenreifchen vorhanden.
Nahe des Anhängestocks leicht diagonal verlaufende Balkenkonstruktion mit einander
gegenüberliegendem Decken- und Bodenquerbalken und stützenden Zargenverstärkungen;
Querbalken in die Zargenbeläge eingelassen. Bodenfuge in voller Corpuslänge mit einer
verstärkenden Holzleiste belegt.
Gesamt L:890
Decke L: 170
B: 170 / 316
Randüberstand Decke: 2
Decke S: k.M.
Rosetten ‡: 70
Zargen H: 77...82
Zargen S: k.M.
Boden L: 316
Randüberstand Boden: 3
Boden S: k.M.
MONTURTEILE:
Stimmstock: oben und seitlich mit Palisander furniert, darin dekorative Perlmutt- und
Holzeinlagen in Blumen- und Blütenform. Unterseite aus Ahorn. Sämtliche Ränder vergoldet.
Großer plastischer Aufsatz aus vergoldetem Stuck, übereinander geschichtete Blätter
darstellend. 16 zweireihig angeordnete, vierkantige Eisensteckwirbel mit herausgearbeiteten
Endknöpfchen.
Stimmstock L (max.) / B (max.): 119 / 180
Aufsatz B: 120
Saitenverkürzung: Anstelle eines Griffbretts sind lediglich 3 Klötzchen aus Laubholz
aufgeleimt, mit denen die Verkürzung der obersten 4 Saiten ermöglicht wird. Somit können
mit jeder dieser Saiten, zusätzlich zu ihrem Grundton, 3 unterschiedliche Töne erzeugt
werden.
Klötzchen B / S / H: 42 / 10 / 6
Klötzchenabstände: 34 - 186 - 390
ZITHERN - INV.NR.
186
37
Anhängestock: Materialien und Verzierung ähnlich wie Stimmstock. An den Seiten in
gedrechselte Säulchen auslaufend. Der gesamte Anhängestock ist von blätterartigem
plastischem Schmuck aus vergoldetem Stuck eingefaßt. Untere Saitenaufhängung mittels
14 oberständig eingeschlagener, eiserner Stifte.
Anhängestock B (mit Verzierungen) / S: 320 / 62
Besaitung: 16 Metallsaiten, davon 4 Melodie- und 12 Begleitsaiten.
Stimmung: Da das Instrument sehr groß mensuriert ist, kann hier weniger von einer allgemein
üblichen als eher von einer sehr individuellen Zitherstimmung ausgegangen werden.
Aufgrund der sich durch den gebogenen Stimmstock sukzessive vergrößernden Mensur der
Begleitsaiten kann von einer diatonischen Einstimmung dieser Saiten ausgegangen werden.
Schwingende Saitenlängen:
Melodiesaiten: 598, Begleitsaiten: 605...710
ÜBERZUG:
Boden und Decke (Grundfarbe) goldbraun lackiert; Zargen mit gelber Farbe überzogen.
ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN:
1 Melodiesaite liegt in gerissenem Zustand vor. Die Rosetten lösen sich partiell von ihrer
Einfassung ab. Boden und Unterseiten von Stimm- und Anhängestock leicht rissig.
Perlmutteinlagen zum Teil fehlend.
PROVENIENZ:
Aus der Sammlung H. Schumacher. Im Zusammenhang mit vorliegendem Instrument erwähnt
Schumacher in seinem Fundortkatalog (S. 22) die Stadt „Haag“ als Erwerbsort, womit
höchstwahrscheinlich die niederländische Stadt Den Haag gemeint ist. Im Zuge der
Auflösung der Sammlung nach Schumachers Tod dürfte die Zither in den Besitz von
Theodor Fischer aus Luzern übergegangen sein, der bei Kappeler/Hiestand 1966 und
Vannes 1956 als Donator vorliegenden Objekts erwähnt wird.
Auffällig an diesem Instrument erscheint seine prunkvolle Ausstattung im Stile Louis XVI.,
was für eine französische Herkunft aus der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts sprechen würde. Die
meisten überlieferten Instrumente aus diesem Zeitraum stammen jedoch aus dem
alpenländischen Raum und weisen, entsprechend ihrer Benutzung innerhalb ländlicher
Bevölkerungsschichten, eine eher schlichte Ausstattung auf. Erst als der Zither von Herzog
Max in Bayern vermehrtes Interesse entgegen gebracht wurde, begann ab Ende der 1830er
Jahre ihr Ansehen auch in bürgerlichen und adeligen Kreisen zu steigen.1 Inwieweit sich
dieser Sachverhalt auf andere Regionen, wie z.B. Frankreich, übertragen läßt, ist nur schwer
auszumachen, da die Geschichte der Zither vor dem Ende des 18. Jahrhunderts bisher
weitgehend ungeklärt geblieben ist. Wie die erhaltenen Exemplare belegen, begann sich die
Zither mit einem einseitig ausgebuchteten Corpusumriß jedoch erst in der 2. Hälfte des
18. Jahrhunderts aus der Zither in Scheitform zu entwickeln; vorliegende Zither scheint diese
Entwicklungsphase hinsichtlich ihrer konstruktiven Gegebenheiten aber schon hinter sich zu
haben, so daß in diesem Falle eine zeitliche Einordnung in die Mitte des 19. Jahrhundert
wahrscheinlicher ist und die Dekoration demnach dem Stile des Neorokoko zuzuordnen ist.
Ebenso ist fraglich, ob vorliegende Zither primär zum Spielgebrauch angefertigt worden war
oder ob sie mit ihrer dekorativen Ausstattung nicht eher einem überwiegend repräsentativen
Zwecke dienen sollte. Dies würde auch erklären, warum die figürlichen Malereien auf der
Decke in der unüblichen, dem Spieler abgewandten Position aufgebracht worden sind.
1
Wackernagel 1997, S. 107.
ZITHERN - INV.NR.
37
LITERATUR:
- Schumacher: Handschriftlicher Katalog, Nr. 120, S. 148. Fundortkatalog Nr. 120, S. 22.
- Vannes 1956, Nr. 22, S. 9/10.
BILDNACHWEIS:
Von oben nach unten: Vorder-, Rückgesamtansicht, Seitengesamtansichten.
187
ZITHERN - INV.NR.
37
188
ZITHERN - INV.NR.
189
38
Inv.Nr. 38
Schlagzither (4 Griffbrett- und 25 Begleitsaiten)
Georg Tiefenbrunner, München, 1852
SIGNATUR:
Druckzettel: Georg Tiefenbrunner // Saiten-Jnstrumentenmacher in München 18 [hs.:] 52
CORPUS:
Corpus in Salzburger Form mit starker, tief ansetzender Ausbuchtung. Stimmstock mit
Volute.
Decke: einteilig. Feinjährige Fichte, Ahorn furniert. Randeinfassung aus dunkelbraunem
Holz. Rundes Schalloch mit gleicher Randeinfassung.
Zargen: Material wie Decke.
Boden: einteilig. Mitteljährige Fichte. 3 Füßchen in Form von schwarz lackierten Holzkugeln.
Zur Innenkonstruktion: 2 Deckenquerbalken, ober- und unterhalb des Schallochs positioniert.
Griffbrettbrücke mit 2 Aussparungen.
Gesamt L:540 (545)
Decke L: 420
B: 185 / 305
Decke S: 4,3-4,7
Schalloch ‡: 89
Zargen H: 17
Zargen S: um 6,0
Boden L: 480
Boden S: 6,1-6,7
MONTURTEILE:
Stimmstock: aus schwarz lackiertem Laubholz, in einen schlichten helm- oder volutenartigen
Kopf auslaufend. 29 zwei- bzw. dreireihig angeordnete, oben vierkantige Steckwirbel aus
Eisen. Geteilter Obersattel aus Eisen bzw. Messing.
Griffbrett: schwarz gebeizt. 26 eingelassene Bünde aus Messing in chromatischer Anordnung;
18. und 20. Bund nur für die ersten beiden Saiten ausgearbeitet. Je 1 kleine
Positionsmarkierung aus Perlmutter vor dem 5., 9., 12. und 17. Bund.
Griffbrett L (max.): 335
Griffbrett B: 23...21
Bundabstände: 19 - 40 - 59 - 78 - 96 - 112 - 127 - 142 - 156 - 169 - 182 - 194 - 205 - 215 - 225 - 235 244 - 252 - 260 - 268 - 274 - 280 - 292 - 303 - 313 - 317
Steg und Anhängestock: aus schwarz lackiertem Laubholz. Stegsattel aus Eisen.
Unterständige Saitenaufhängung an Eisenstiften.
Steg H: 8
Anhängestock B / S: 211 / 14
Besaitung: 29 Metallsaiten (überwiegend umsponnen), davon 4 Griffbrett- und
25 Begleitsaiten.
Stimmung: Griffbrettsaiten: a’-a’-d’-g; Begleitsaiten: in einer Folge von aufsteigenden
Quinten und absteigenden Quarten gestimmt.1
Schwingende Saitenlängen:
Griffbrettsaiten: 393, Begleitsaiten: 396...427
ÜBERZUG:
Boden, Stimm- und Anhängestock schwarz lackiert. Ahornfurnier auf Decke und Zargen
dunkelbraun gebeizt und mit farbloser Politur überzogen.
ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN:
Risse in voller Deckenlänge. Deutliche Gebrauchsspuren in Form von Deckenkratzern an der
Schlagstelle und Vertiefungen auf dem Griffbrett im oberen Bundbereich.
1
Nähere Angaben zu den Zitherstimmungen bei Michel 1995, S. 56ff und Brandelmeier 1979, Bd. 2, S. 80.
ZITHERN - INV.NR.
38
190
PROVENIENZ:
Vorliegende Zither ist erst nach Schumachers Tod in die Sammlung gekommen. Nach einer
Notiz von Kappeler/Hiestand 1966 war das Instrument vorher im Besitz von
A. von Niederhäusern aus Luzern.
Georg Tiefenbrunner (geb. 1811 in Mittenwald, gest. 1880 in München) gilt als einer der
hervorragendsten Zitherbauer seiner Zeit. Nach Lehrjahren in Mittenwald und Landshut
siedelte er nach München über, wo er 1842 das Geschäft seines Schwiegervaters, des
Münchner Zithermachers Franz Kren, übernahm.1 Von Tiefenbrunner, der aufgrund seiner
großen Verdienste im Zitherbau den Hofinstrumentenmacher-Titel verliehen bekam, sind
zahlreiche
Instrumente
erhalten
geblieben
und
in
fast
jeder
größeren
Musikinstrumentensammlung zu finden.
Ab der Jahrhundertmitte wurden Zithern häufig in großem Umfange serienmäßig hergestellt
und weiträumig exportiert. Da sowohl vorliegendes Instrument von Georg Tiefenbrunner als
auch die drei folgenden Zithern (Inv.Nr. 39-41) aus solchen industriellen Massenproduktionen
stammen und nur wenig individuelle, historisch bedeutende Züge aufweisen, sind diese hier
weniger ausführlich behandelt. Dennoch sei darauf hingewiesen, daß sich anhand dieser
Exemplare - besonders hinsichtlich eines Vergleichs der Tiefenbrunner-Zither mit den später
entstandenen Instrumenten der Sammlung - einige bedeutende Entwicklungstendenzen in der
2. Hälfte des 19. Jahrhunderts hin zur modernen, in dieser Form noch heute gebauten
Konzertzither verfolgen lassen: zum einen der Wegfall von akzessorischen
Wirbelstockelementen wie der voluten- oder helmförmige Kopf und das allmähliche
Abflachen der einseitigen Corpusausbuchtung bei Zithern des Salzburger Typs; um den
Tonumfang zu erweitern und einen volleren Klang zu erreichen, vergrößerte sich zum anderen
die Anzahl der Griffbrett- sowie der Begleitsaiten, die Instrumente wiesen größere Mensuren
auf, und das Griffbrett war nun mit 29 Bünden ausgestattet. Zusätzlich erleichterte die
Einführung der Stimmechanik für die Griffbrettsaiten den Stimmvorgang.
LITERATUR:
- Vannes 1956, Nr. 37, S. 12.
1
Kinsky 1912, S. 274.
ZITHERN - INV.NR.
38
BILDNACHWEIS:
Von oben nach unten: Vordergesamtansicht, Signatur.
191
ZITHERN – INV.NR.
192
39
Inv.Nr. 39
Konzertzither (5 Griffbrett- und 30 Begleitsaiten)
Otto Body, Innsbruck, 1895
SIGNATUR:
Druckzettel: OTTO BODY // Saiten & // Jnstrumentenmacher // JNNSBRUCK
Auf der Griffbrettbrücke im Innern des Corpus mit Bleistift notiert: 10 Otto Bodi in Insbruck
1895
CORPUS:
Corpus in Mittenwalder Form mit flacher, beidseitiger Ausbuchtung. Untere
Saitenaufhängung oberständig auf Decke. Stimmechanik für Griffbrettsaiten.
Decke: Feinjährige Fichte, Palisander furniert. Sechsspänige Randeinlage aus hellen und
dunklen Adern im Wechsel. Leicht ovales Schalloch mit gleicher Einlage wie am
Deckenrand.
Zargen: Material wie Decke, am oberen und unteren Rand dreispänige Einlage aus hellen und
dunklen Adern.
Boden: Feinjährige Fichte, schwarz lackiert. 3 Füßchen aus Bein mit Eisendornen.
Zur Innenkonstruktion: Innenbebalkung wie Inv.Nr. 38, Griffbrettbrücke hier jedoch ohne
Aussparungen.
Gesamt L:705
Decke L: 640
B: 175 / 380
Decke S: 5,1-5,8
Schalloch: 98 x 108
Zargen H: 23
Zargen S: k.M.
Boden L: 685
Boden S: 5,7-7,5
MONTURTEILE:
Stimmstock: geschwärzt. Begleitsaiten mittels 30 oben vierkantig geformter Eisensteckwirbel
befestigt, in 2 Reihen angeordnet. Stimmung der Griffbrettsaiten mittels einer Stimmechanik
(möglicherweise erst später hinzugefügt); Beschlag bestehend aus einer Neusilberplatte mit
rankenförmigen Ziselierarbeiten, Wirbelköpfe aus Bein. Zweigeteilter Obersattel aus
Neusilber bzw. Kupferdraht.
Griffbrett: dunkel gebeizt. 29 eingelassene Bünde aus Neusilber in chromatischer Anordnung;
18. Bund nur für die 1.-4. Saite, 23. und 25. Bund nur für die 1.-3. Saite. Je
2 Positionsmarkierungen vor dem 5., 9. und 12. Bund, je 1 Markierung vor dem 15. Bund.
Griffbrett L (max.): 365
Griffbrett B: 58...59
Bundabstände: 23 - 46 - 67 - 87 - 106 - 125 - 142 - 157 - 172 - 187 - 200 - 213 - 226 - 237 - 248 - 258
- 267 - 277 - 286 - 294 - 300 - 308 - 315 - 322 - 327 - 333 - 339 - 344 - 349
Steg und Anhängestock: geschwärzter Steg mit zweigeteilter Stegeinlage aus Eisendraht.
Untere Saitenaufhängung mittels oberständig auf der Decke angebrachter Eisenstifte, die
unter einem auf der Oberfläche geschwärzten Verdeck aus Ahorn verborgen sind.
Steg B / S / H: 239 / 22 / 11
Anhängestock B / S: 234 / 32
Verdeck der Saitenaufhängung: 234 x 40
Besaitung: 35 Metallsaiten (überwiegend umsponnen), davon 5 Griffbrett- und
30 Begleitsaiten.
Stimmung: Griffbrettsaiten: a’-d’-g’-g-c (Wiener Stimmung); Begleitsaiten: in einer Folge
von aufsteigenden Quinten und absteigenden Quarten gestimmt.
Schwingende Saitenlängen:
Griffbrettsaiten: 427, Begleitsaiten: 429...495
ZITHERN – INV.NR.
39
193
ÜBERZUG:
Boden, Stimm- und Anhängestock schwarz lackiert. Palisanderfurnier auf Decke und Zargen
mit gelbbraunem Überzug und farbloser Politur versehen.
ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN:
Leichte Rißbildungen in der Decke, 2 massivere Bodenrisse. Im Griffbrett langer Längsriß.
Wirbelköpfe der Stimmechanik und Zargenrandeinlagen zum Teil brüchig. Deutliche
Vertiefungen auf dem Griffbrett bis etwa zum 14. Bund zeigen, daß das Instrument rege
gespielt wurde.
PROVENIENZ:
Vorliegende Zither ist erst nach Schumachers Tod in die Sammlung gekommen.
Der Gitarren- und Zitherbauer Otto Body ist 1857 in Debreczin (Ungarn) geboren und ließ
sich nach seiner Ausbildungszeit in Mittenwald 1875 in Innsbruck nieder, wo er Anfang des
20. Jahrhunderts starb.1
LITERATUR:
- Vannes 1956, Nr. 36, S. 12.
BILDNACHWEIS:
Von oben nach unten: Vordergesamtansicht, Signatur.
1
Vannes 1951, Bd. I, S. 34.
ZITHERN – INV.NR.
39
194
ZITHERN – INV.NR.
195
40
Inv.Nr. 40
Konzertzither (5 Griffbrett- und 27 Begleitsaiten)
Franz Schandl, Mittenwald, nach 1896
SIGNATUR:
Ovaler Druckzettel: Frz. Schandl // Zither- & Saitenfabrik // MITTENWALD a. d. Isar //
(BAYERN.)
Rechts und links neben der Inschrift Vorder- und Rückseite einer Medaille abgebildet mit der
Aufschrift: BAYERISCHE LANDES-INDUSTRIE-GEWERBE- UND KUNSTAUSSTELLUNG,
NÜRNBERG 1896 bzw. PRINZ LUITPOLD DES KOENIGREICHS BAYERN VERWESER
CORPUS:
Corpus in Salzburger Form.
Decke: einteilig. Grobjährige Fichte, Palisander furniert. Randeinfassung aus dunkelbraun
lackiertem Holz, daran 5 farblich alternierende Adern anschließend. Ovales Schalloch mit
gleich gearbeiteter Randeinlage.
Zargen: Material wie Decke, am oberen und unteren Rand dreispänige Einlage aus hellem und
dunklem Holz.
Boden: einteilig. Mitteljährige Fichte, schwarz lackiert. 3 kugelförmige Füßchen aus Bein mit
Eisendornen.
Zur Innenkonstruktion: Innenbebalkung wie Inv.Nr. 38.
Gesamt L:552 (558)
Decke L: 495
B: 149 / 287
Decke S: 3,7-4,3
Schalloch: 25 x 216
Zargen H: 22
Zargen S: 6,3-7,0
Boden L: 556
Boden S: 4,0-5,0
MONTURTEILE:
Stimmstock: geschwärzt. 32 oben abgerundete, durchbohrte Vierkantsteckwirbel aus Eisen, in
2 Reihen angeordnet. Obersattel aus Eisendraht.
Griffbrett: Oberfläche geschwärzt, an den Rändern dunkelbraun lackiert. 29 eingelassene
Bünde aus Neusilber in chromatischer Anordnung; 18. Bund nur für die 1.-4. Saite, 23. und
25. Bund nur für die 1.-3. Saite. Je 2 Positionsmarkierungen vor dem 5., 9. und 12. Bund, je
1 Markierung vor dem 15. und 17. Bund.
Griffbrett L (max.): 353
Griffbrett B: durchgehend 56
Bundabstände: 21 - 43 - 63 - 83 - 101 - 119 - 135 - 150 - 165 - 179 - 192 - 205 - 216 - 227 - 237 - 247
- 257 - 265 - 274 - 281 - 288 - 295 - 302 - 308 - 314 - 320 - 324 - 329 - 334
Steg und Anhängestock: aus schwarz lackiertem Laubholz; Seitenflächen des Anhängestocks
wie Zargen mit Palisander furniert. Stegsattel aus Eisen. Unterständige Saitenaufhängung an
Eisenstiften.
Steg H: 8
Anhängestock B / S: 216 / 18
Besaitung: 32 Metallsaiten (überwiegend umsponnen), davon 5 Griffbrett- und
27 Begleitsaiten (1 Begleitsaite zur Zeit fehlend).
Stimmung: Griffbrettsaiten: a’-a’-d’-g-c (Münchener Stimmung); Begleitsaiten: in einer Folge
von aufsteigenden Quinten und absteigenden Quarten gestimmt.
Schwingende Saitenlängen:
Griffbrettsaiten: 414, Begleitsaiten: 455...495
ÜBERZUG:
Boden, Stimm- und Anhängestock schwarz lackiert. Palisanderfurnier auf Decke und Zargen
gelbbraun lackiert und mit farbloser Politur überzogen.
ZITHERN – INV.NR.
40
196
ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN:
1 Begleitsaite fehlend. Deckenrisse, einer davon in voller Deckenlänge. Boden löst sich im
Bereich des Stimmstocks vom Zargenkranz. Randeinlage an der griffbrettseitigen Zarge nicht
mehr vorhanden.
PROVENIENZ:
Da vorliegende Zither auch in den Inventarisierungsbögen von Kappeler/Hiestand 1966 nicht
erwähnt wird, muß das Instrument nach 1966 in die Sammlung aufgenommen worden sein.
Franz Schandl dürfte aus der Mittenwalder Instrumentenmacherfamilie Schandl stammen,
deren instrumentenbaulich tätige Mitglieder bis ins frühe 18. Jahrhundert nachzuweisen sind.1
Von Franz Schandl sind keine Lebensdaten überliefert; die hier vorliegende, Ende des 19.
Jahrhunderts entstandene Zither spricht jedoch für einen Wirkungszeitraum Schandls in der 2.
Hälfte des 19. Jahrhunderts.
BILDNACHWEIS:
Von oben nach unten: Vordergesamtansicht, Signatur.
1
Vgl. Lütgendorff/Drescher 1990 (Ergänzungsband), S. 534.
ZITHERN – INV.NR.
40
197
ZITHERN – INV.NR.
198
41
Inv.Nr. 41
Konzertzither (5 Griffbrett- und 27 Begleitsaiten)
Hermann Bölsterli, Zürich/Mittenwald, um 1900
SIGNATUR:
Druckzettel: HERMANN BÖLSTERLI //
SEEFELDSTRASSE 76 // Vertrag No. 296
MUSIK-SPEZIALITÄTEN
//
ZÜRICH
//
CORPUS:
Corpus in Salzburger Form mit reich bemalter Decke. Stimmechanik für Griffbrettsaiten.
Decke: nicht identifiziertes Laubholz, Palisander furniert. Fünfspänige Randeinlage aus
abwechselnd Bein- und dunkel lackierten Ahornspänen. Ovales Schalloch mit gleicher
Einlage wie Rand. Großflächiges Deckenabziehbild, ein florales Rankenornament darstellend,
in das 2 Flöte bzw. Schalmei spielende Putten integriert sind.
Zargen: fein- bis mitteljährige Fichte, Palisander furniert. Am oberen und unteren Rand
dreispänige Einlagen aus hellen und dunklen Adern im Wechsel.
Boden: fein- bis mitteljährige Fichte, schwarz lackiert. 3 kugelförmige Füßchen aus Bein mit
Eisendornen.
Zur Innenkonstruktion: Innenbebalkung wie Inv.Nr. 38.
Gesamt L:555
Decke L: 558
B: 218 / 295
Decke S: 4,0-4,3
Schalloch: 68 x 105
Zargen H: 25
Zargen S: 4,5-5,3
Boden L: 556
Boden S: 5,0-5,5
MONTURTEILE:
Stimmstock: Palisander furniert, an den Rändern mit dreispäniger Einlage aus Bein und
dunkel gefärbtem Ahorn versehen. Begleitsaiten mittels 27 oben abgerundeter VierkantEisensteckwirbel befestigt, in 2 Reihen angeordnet. Stimmung der Griffbrettsaiten mittels
einer Stimmechanik; Beschlag bestehend aus einer Neusilberplatte mit rankenförmigen
Ziselierarbeiten, Wirbelköpfe aus Bein. Zweigeteilter Obersattel aus Neusilber.
Griffbrett: dunkel gebeizt. 29 eingelassene Bünde aus Neusilber in chromatischer Anordnung;
18. Bund nur für die 1.-4. Saite, 23. und 25. Bund nur für die 1.-3. Saite. Je
2 Positionsmarkierungen vor dem 5., 9. und 12. Bund, je 1 Markierung vor dem 15. und
17. Bund.
Griffbrett L (max.): 355
Griffbrett B: durchgehend 58
Bundabstände: 21 - 43 - 63 - 83 - 102 - 119 - 136 - 152 - 162 - 180 - 193 - 205 - 217 - 228 - 238 - 248
- 257 - 266 - 275 - 282 - 290 - 297 - 303 - 310 - 315 - 321 - 326 - 330 - 335
Steg und Anhängestock: Steg aus Ahorn. Anhängestock wie Zargen vollständig mit
Palisander samt Einlegearbeiten furniert. Zweigeteilter Stegsattel aus Neusilber.
Unterständige Saitenaufhängung an Eisenstiften.
Steg H: 11
Anhängestock B / S: 217 / 20
Besaitung: 32 Metallsaiten (überwiegend umsponnen), davon 5 Griffbrett- und
27 Begleitsaiten.
Stimmung: Griffbrettsaiten: a’-a’-d’-g-c (Münchener Stimmung); Begleitsaiten: in einer Folge
von aufsteigenden Quinten und absteigenden Quarten gestimmt.
Schwingende Saitenlängen:
Griffbrettsaiten: 415, Begleitsaiten: 453...492
ZITHERN – INV.NR.
41
199
ÜBERZUG:
Dunkles Palisanderfurnier an Decke und Zargen, Hochglanz poliert. Boden schwarz,
Anhängestock und Obersatteleinlage goldgelb lackiert.
ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN:
Zentraler Deckenriß. Sonst guter Erhaltungszustand.
PROVENIENZ:
Da die hier besprochene Zither auch in den Inventarisierungsbögen von
Kappeler/Hiestand 1966 nicht erwähnt wird, muß das Instrument nach 1966 in die Sammlung
aufgenommen worden sein.
Über den Hersteller Hermann Bölsterli aus Zürich sind in der Literatur keine biographischen
Angaben zu finden. Er dürfte lediglich Musikalienhändler gewesen sein, der vorliegende
Zither nicht selber baute, sondern aus Mittenwald bezog, wo dieses Zithermodell (mit der
spezifischen Deckenverzierung) um 1900 weit verbreitet war.1
BILDNACHWEIS:
Von oben nach unten: Vordergesamtansicht, Signatur.
1
Freundliche mündliche Auskunft von Erich Tremmel (Augsburg) am 25.04.01.
ZITHERN – INV.NR.
41
200
ZITHERN – INV.NR.
201
42
Inv.Nr. 42
Gitarrenzither (21 Melodie- und 20 Begleitsaiten)
Deutschland, um 1900
SIGNATUR:
Druckzettel: DEUTSCH-AMERIK. GUITAR-ZITHER x Gesetzl. geschützt x CRF // K
CORPUS:
Annähernd trapezförmiges Corpus mit leichter Ausbuchtung auf der Seite der Melodiesaiten.
Kein Griffbrett vorhanden.
Decke: aus schwarz lackiertem, nicht identifiziertem Laubholz. Am runden Schalloch und am
Deckenrand je eine streifenförmige Verzierung in goldener und hellblauer Farbe,
überwiegend Blattornamentik. Im oberen Teil der Decke ist das Emblem des Firmenzettels
aufgebracht, welches einen Adler unter der gekreuzten amerikanischen und deutschen Flagge
darstellt; darin ein Banner mit der Aufschrift Guitare Zither. Unterhalb des Schallochs
befindet sich eine in goldener Farbe aufgebrachte Akkord- bzw. Tontabelle, die sich auf die
darüber liegenden Saiten bezieht, indem von jeder Saite die Stimmung wiedergegeben ist;
zusätzlich ist jedem Ton bzw. Akkord eine Zahl zugeordnet, damit das Instrument auch ohne
Notenkenntnisse gespielt werden kann.
Zargen: schwarz lackiert.
Boden: grobjährige Fichte, ebenfalls schwarz lackiert. 3 kegelförmige Füßchen aus Metall.
Zur Innenkonstruktion: ober- und unterhalb des Schallochs je ein quer verlaufender
Brückenbalken mit 2 bzw. 3 Auslassungen. Auf Schallochhöhe ein Querbalken in voller
Zargenhöhe mit Unterbrechung am Schalloch.
Gesamt L:491
Decke L: 390
B (max.): 355
Decke S: 5,0-6,0
Schalloch: 70
Zargen H: 22
Zargen S: k.M.
Boden L: 483
Boden S: 4,5-5,5
MONTURTEILE:
Stimmstock: Begleit- und Melodiesaiten an 41 vierkantigen, ein- bis dreireihig angeordneten
Eisensteckwirbeln befestigt. Obersattel aus Eisen.
Steg und Anhängestock: schwarz lackiert. Unterständige Saitenaufhängung an Eisenstiften,
darüber Saitenhalterverdeck aufgeschraubt.
Steg H: 8
Anhängestock B / S: 345 / 25
Verdeck der Saitenaufhängung: 336 x 21
Besaitung: 41 Saiten, davon 21 Melodiesaiten (überwiegend aus Metalldraht) und
20 metallumsponnene Begleitsaiten.
Stimmung: Melodiesaiten in nicht durchgängiger Folge chromatisch gestimmt (Es und B
ausgespart), 2 Oktaven umfassend (c’-c’’’); Begleitsaiten in 5 Akkordgruppen zu je 4 Saiten
zusammengefaßt (C-Dur, G-Dur, F-Dur, D-Dur, A-Dur).
Schwingende Saitenlängen:
Melodiesaiten: 172...395, Begleitsaiten: 408
ÜBERZUG:
Das gesamte Corpus ist mit schwarzem Lack überzogen.
ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN:
Deckenrandverzierung teilweise abgegriffen. Zargenwände brüchig. Sonst guter Zustand.
ZITHERN – INV.NR.
42
202
PROVENIENZ:
Da vorliegende Zither auch in den Inventarisierungsbögen von Kappeler/Hiestand 1966 nicht
erwähnt wird, muß das Instrument nach 1966 in die Sammlung aufgenommen worden sein.
Dem eingeklebten Zettel nach zu urteilen, wurde das Instrument - wie es bei diesem Zithertyp
häufig der Fall war - von einem deutsch-amerikanischen Konsortium vertrieben.1
Die Gitarrenzithern zählen zu den griffbrettlosen Zithern, die von der
Musikinstrumentenindustrie in verschiedenen Ausprägungen seit dem letzten Viertel des
19. Jahrhunderts entwickelt wurden, um den in dieser Zeit laut werdenden Forderungen nach
einfachen, problemlos erlernbaren „Volksinstrumenten“ nachzukommen. Diese sollten
vielfältig nutzbar, billig und möglichst auch ohne Notenkenntnisse spielbar sein. Die
Gitarrenzithern erfüllten diese Kriterien, indem sie mit einzelnen Melodiesaiten in
überschaubarer Anzahl und mehreren schon in Akkorden zusammengefaßten Saitenchören
ausgestattet waren. Mit Hilfe des auf die Decke aufgebrachten Tonbenennungs- und
Zuordnungsschemas wurde das Finden der richtigen Saiten und Akkorde erleichtert und ein
Spiel ohne Notenkenntnisse möglich. Die Bezeichnung für diesen Instrumententyp entstand
weniger wegen baulicher Gemeinsamkeiten mit ihrer Namensgeberin als vielmehr aufgrund
klanglicher Ähnlichkeiten hinsichtlich des für die Gitarre typischen akkordischen Spiels.2
BILDNACHWEIS:
Von oben nach unten: Vordergesamtansicht, Signatur.
1
2
Vgl. Michel 1995, S. 94.
Michel 1995, S. 92ff.
ZITHERN – INV.NR.
42
203
ZISTERN - INV.NR.
204
43
Zistern
Inv.Nr. 43
Theorbenzister (17 Saiten, 13 Chöre = 9 x 1 + 4 x 2)
Andreas Ernst Kram, Nürnberg, 1770
SIGNATUR:
Druckzettel: Andreas Ernst Kram, // in Nürnberg [anstelle der Punkte kleines e über dem u] //
Anno 177 [hs.:] 0
CORPUS:
Tropfenförmiges Corpus ohne Randüberstand. 2 separate Wirbelkästen.
Decke: zweiteilig. Fichte mit feinen bis mittelbreiten Jahresringen. Flach, ohne
Randüberstand. Keine Randeinlage vorhanden. Eingesetzte Rosette aus Nußbaum mit
Pergament unterlegt, ein gotisches Fischblasenmuster darstellend.
Zargen: Nußbaum. Zargenverlauf zweigeteilt, seitlich auf Oberklotz geleimt. Starke
Verjüngung der Zargenhöhe vom Halsansatz zum Unterklotz.
Boden: zweiteilig. Ahorn (?). Flach, ohne Randüberstand. Keine Randeinlage vorhanden.
Lang herausgezogenes, verrundetes Blatt.
Zur Innenkonstruktion: Oberklotz mit Hals und Wirbelkästen in einem Stück. Langer, flacher
Unterklotz, in den die äußeren Haken zur Saitenaufhängung unterständig eingeschlagen sind.
Im Boden je 1 Paßstift an Ober- und Unterklotz. Dünn und schmal geschnittene Decken- und
Bodenreifchen, die an den Klötzen und Balken stumpf enden; an diskantseitiger Oberflanke
Bodenreifchen in neuerer Zeit ersetzt. Auf Höhe des unteren Griffbrettrandes, des
Rosettenzentrums und kurz oberhalb des Steges 3 Balkenkonstruktionen mit jeweils einander
gegenüberliegenden Querbalken an Decke und Boden, die jeweils durch in ganzer
Zargenhöhe aufgelegte Klötzchenbeläge gegeneinander abgestützt werden, positioniert;
Querbalken in die Zargenverstärkungen eingelassen. Über Bodenfuge Längsleiste mit
Auslassungen für Querbalken angebracht.
Gesamt L: 985
Decke L: 415
B (max.): 280
Decke S: 1,6-2,5
Deckenmensur: 73
Zargen H: 68...40
Zargen S: d 1
Boden L: 430
Boden S: 2,0-2,2
Rosette ‡: 91; Schallochlage v. o.: 142
MONTURTEILE:
Hals und Wirbelkästen: Hals und Wirbelkästen samt Zwischenstück eintraktig, aus Buche
gefertigt. An den Hals in voller Griffbrettbreite schließt sich ein gerader Wirbelkasten mit
2 x 4 seitenständigen, geschwärzten, uneinheitlichen Wirbeln für die Griffbrettsaiten an
(1 Wirbel fehlt). Zweiter Wirbelkasten für die freischwingenden Baßsaiten mit 9 ebenfalls
geschwärzten, seitenständigen Wirbeln bestückt, wovon 5 diskantseitig und 4 baßseitig am
Wirbelkasten plaziert sind; hier nahezu einheitliche Wirbelform mit Endknöpfchen. Der
Baßwirbelkasten läuft in eine wappenförmige Kopfplatte aus. Verbunden sind die beiden
Kästen durch einen zweifach geschwungenen Übergang. Beide Obersättel aus Bein, jener für
die Baßsaiten in eine profilierte Unterlage eingelegt. Unmittelbar darunter schließt sich eine
Umstimmvorrichtung in Form einer geschwärzten Rolle mit verschieden breiten, kleinen
Capotasti aus Bein an, die mittels eines Wirbels (hier abgebrochen) gedreht werden kann. Mit
insgesamt 4 Paaren von Capotasti, die jeweils 2 oder 3 Kerben für die Saitenführung besitzen,
läßt sich ein Teil der Baßsaiten in unterschiedlichen Kombinationen anheben und um einen
Halbton heraufstimmen. Zwischen den Capotasti sind Papierreste erkennbar, auf denen - wie
ZISTERN - INV.NR.
205
43
ein Vergleich mit besser erhaltenen Instrumenten von Kram zeigt - ursprünglich Angaben zu
Tonarten gemacht wurden.
Halsmensur: 190
Hals S: 29 / 33 / 37
Wirbelkasten L (gesamt): 382
Wirbelkasten B innen: 12...32, außen: 32...38
Wirbelkasten für Baßsaiten B innen: 11...33, außen: 22...46
Kopfplatte: 34 x 48
Griffbrett und Obersättel: in der Stärke nach unten abnehmendes Griffbrett aus Buche, flach
und nicht auf die Decke geleimt. Klammerprofil am Griffbrettende; oben mit 2 schmalen
Verlängerungen auf den Wirbelkastenvorderkanten aufliegend. Zwischen Hals und Griffbrett
ist ein Keil geschoben. 18 Bünde aus Messing; zwischen den Bünden leicht konkav
ausgekehlte Einlagen aus Ahorn und Nußbaum aufgeleimt. Obersättel aus Bein.
Griffbrett L (max.): 310
Griffbrett B: durchgehend 39
Bundabstände: 26 - 48 - 73 - 93 - 114 - 134 - 153 - 170 - 185 - 200 - 214 - 229 - 243 - 255 - 266 - 276
- 287 - 297
Steg: dreifüßiger Brückensteg aus Laubholz mit eingelassenem Messingsattel.
B / S / H: 175 / 7 / 27
Untere Saitenbefestigung: 9 unterständig verankerte Metallhaken (den weiteren, teilweise
ausgerissenen Lochbohrungen nach zu urteilen, sind mehrere Haken verloren gegangen), die
über den in die Deckenkante eingelassenen Untersattel aus Nußbaum laufen und auf der
Decke die Saiten aufnehmen.
Untersattel B: 130
Besaitung: 17 Saiten bzw. 13 Chöre, davon 4 x 2 Griffbrettsaiten (6 aus Eisendraht, 1 aus
Messingdraht, 1 fehlt) und 9 x 1 freischwingende Baßsaiten (4 aus Eisendraht, 4 aus
Messingdraht, 1 umsponnen).
Stimmung: Griffbrettsaiten: gg-c’c’-e’e’-g’g’, Baßsaiten: C-F-G-A-H(B)-c-d-e-f.
Genannte Stimmung geht auf das Evangelische Choralbuch (1765 - ca. 1770) von
J.W. Bunsold zurück, welches Intabulierungen in italienischer Tabulaturschrift für eine
dreizehnchörige Zister und eine Anleitung zu deren Stimmung enthält.1
Schwingende Saitenlängen:
Griffbrettsaiten: 462, freischwingende Baßsaiten ohne CapotastoVorrichtung: 647
ÜBERZUG:
Auf Decke, Zargen, Hals und Wirbelkästen brauner bis dunkelbrauner Lack; der Boden mit
rotbraunem Lack überzogen.
ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN:
Das Instrument befindet sich in einem sehr desolaten Zustand und bedarf dringend einer
Restaurierung. 1 Wirbel und die dazugehörige Saite am unteren Wirbelkasten fehlend; am
oberen Baßwirbelkasten ist der Stellwirbel für die Capotasto-Vorrichtung abgebrochen.
Großer, offener Riß im diskantseitigen Decken- und Randbereich sowie an der Unterzarge,
dort verursacht durch die in den Unterklotz eingeschlagenen Haken. Stark beschädigte
Rosette. Bodenquerbalken auf Höhe des Schallochs und entsprechender Stützbelag an
diskantseitiger Zarge haben sich gelöst, befinden sich aber noch als lose Teile im Corpus.
Leichter Wurmbefall.
Das Instrument scheint bis auf einen Teil der Wirbel und kleinere Verschleißteile
weitestgehend im Originalzustand vorzuliegen.
1
Zit. nach Michel 1996, S. 85 u. 94.
ZISTERN - INV.NR.
43
206
PROVENIENZ:
Aus der Sammlung H. Schumacher. Im Zusammenhang mit vorliegendem Instrument erwähnt
Schumacher in seinem Fundortkatalog (S. 22) die Stadt Brüssel als Erwerbsort.
Andreas Ernst Kram (geb. 1718 in Nürnberg, gest. 1787 in Nürnberg) gilt als einer der
Hauptvertreter des Ende des 17. Jahrhunderts - nach dem Vorbild der Theorben oder
theorbierten Lauten - eintretenden Theorbenzisterbaus. Die Instrumente Krams nehmen nicht
nur im Bezug auf ihre späte Erscheinungszeit im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts, als die
Entwicklung des barocken Instrumentariums nahezu abgeschlossen war und derartige
Zupfinstrumente allmählich von den besaiteten Tasteninstrumenten verdrängt wurden, eine
Sonderstellung ein, sondern auch hinsichtlich ihrer singulären Stellung innerhalb des
Nürnberger Musikinstrumentenbaus. Daß die Kramschen Theorbenzistern im damaligen
Nürnberg Rang und Namen hatten, beweisen zeitgenössische Schriftquellen, in denen sie - als
„Mandor-Zithern“ bezeichnet - vielfach Erwähnung finden.1
Bisher konnten in Instrumentenmuseen und -sammlungen 15 Theorbenzistern von Kram aus
dem Zeitraum zwischen 1760 und 1790 nachgewiesen werden.2 Ein Vergleich mit diesen läßt
keinen Zweifel an der Authentizität vorliegenden Instruments zu.
LITERATUR:
- Schumacher: Handschriftlicher Katalog, Nr. 110, S. 140. Fundortkatalog Nr. 110, S. 22.
- Vannes 1956, Nr. 35, S. 12.
- Michel 1996, S. 83-98.
1
Vgl. Michel 1996, S. 84f.
Ausführliche Angaben über die Instrumentenmuseen und über vier Exemplare Kramscher Theorbenzistern im
Germanischen Nationalmuseum Nürnberg sind in Michel 1996, S. 83-98 nachzulesen.
2
ZISTERN - INV.NR.
43
207
BILDNACHWEIS:
Von li. nach re. bzw. von oben nach unten: Vorder-, Seiten-, Rückgesamtansicht,
Wirbelkästen mit Umstimmvorrichtung für Baßsaiten.
ZISTERN - INV.NR.
208
44
Inv.Nr. 44
Zister (10 Saiten, 5 Chöre = 5 x 2)
Deutschland, 18. Jahrhundert
SIGNATUR:
Keine Signatur vorhanden.
CORPUS:
Primitiv gearbeitetes Instrument mit breittropfenförmigem Corpus ohne Randüberstand; leicht
unregelmäßiger Corpusumriß.
Decke: einteilig (?). Fichte mit feinen bis mittelbreiten Jahresringen. Flach, ohne
Randüberstand. Keine Randeinlage vorhanden. Rundes Schalloch ohne Rosette.
Zargen: aus Birne. Durchgehender Zargenverlauf am Unterklotz. Leichte Verjüngung der
Zargenhöhe vom Halsansatz bis Unterklotz.
Boden: einteilig. Material wie Zargen. Flach, ohne Randüberstand. Lang heraufgezogenes
Bodenblatt. Keine Randeinlage vorhanden.
Zur Innenkonstruktion: an der Unterseite ausgehöhlter Oberklotz mit Hals und Wirbelkasten
in einem Stück; Zargen im Oberklotz verkeilt. Unterklotz in Form eines flachen,
quadratischen, über die ganze Zargenhöhe reichenden Holzklötzchens. Innenreifchen an
Decke und Boden vorhanden. Unterhalb des Steges je ein Querbalken an Decke und Boden,
die einander gegenüberliegen und stumpf an Zargenverstärkungen enden. Ober- und unterhalb
des Schallochs je ein kurzer (etwas länger als Schallochdurchmesser), dünner
Deckenquerbalken eingesetzt. Beschädigungen an der Decke mit kleinen, quadratischen
Holzbelägen gesichert (nachträglich eingefügt). Rosettenrand mit Papier gesichert.
Gesamt L: 790
Decke L: 400
B (max.): 310
Decke S: 2,0-2,5
Deckenmensur: 250
Zargen H: 80...69
Zargen S: 1,7-2,3
Boden L: 420
Boden S: 2,0-3,0
Schalloch ‡: 79; Schallochlage v. o.: 115
MONTURTEILE:
Hals und Wirbelkasten: Hals mit s-förmigem Wirbelkasten schwarz lackiert. Flachrunder Hals
in voller Griffbrettbreite. Halsstock an den Seitenwänden einfach profiliert. Der Wirbelkasten
endet in einer längsrechteckigen Kopfplatte mit einem kugelförmigen Aufsatz. Rück- und
Seitenwände des Wirbelkastens mit einer am Rand rundum eingeschnittenen Zierrille
versehen. 10 Flankenwirbel aus schwarz gebeiztem Obstholz mit querovalen Wirbelköpfen
und Endknöpfchen.
Halsmensur: 205
Hals S: 23 / 22 / 25
Wirbelkasten L: 190
Wirbelkasten B innen: 13...33, außen: 21...45
Kopfplatte: 27 x 33
Griffbrett und Obersattel: aufgedoppeltes, schwarz lackiertes Griffbrett mit
2 halbkreisförmigen Ausnehmungen an der Unterkante; nicht auf der Decke aufliegend.
Obersattel und 14 eingelassene Bünde aus Eisen. 4 Capotastolöcher, jeweils vor dem
2.-5. Bund; die unteren beiden sind mit Pappe ausgestopft.
Griffbrett L (max.): 280
Griffbrett B: 47...52
Bundabstände: 23 - 47 - 72 - 93 - 113 - 131 - 149 - 166 - 184 - 199 - 212 - 225 - 238 - 250
Steg: aus Laubholz. Hohe Stegeinlage aus Elfenbein.
B / S / H: 66 / 8 / 29
ZISTERN - INV.NR.
44
209
Untere Saitenbefestigung: der Anzahl der Chöre entsprechend 5 eiserne Stifte, die in den
Unterklotz geschlagen sind. Zum Schutz des Deckenrandes ist ein kräftiger Eisendraht in der
Funktion eines Untersattels aufgesetzt.
Untersattel B: 58
Besaitung: 10 Saiten in der Anordnung von 5 Doppelchören (9 Saiten aus Messing- und
Eisendraht, 1 Saite umsponnen).
Schwingende Saitenlänge: 450
ÜBERZUG:
Corpus mit hellbraunem Lack überzogen.
ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN:
Der Capotasto fehlt. Das Instrument ist stark wurmbefallen. Boden löst sich vom
Zargenkranz.
Vorliegende Zister scheint - den Abnutzungsspuren am Griffbrett und an den
Capotastolöchern nach zu urteilen - rege in Gebrauch gewesen zu sein.
PROVENIENZ:
Aus der Sammlung H. Schumacher. Nach einer entsprechenden Erwähnung im
Fundortkatalog (S. 9) hat Schumacher vorliegende Zister von einem Händler bzw. von einer
Privatperson aus Kriens erworben. Daraus läßt sich aber nicht automatisch die
Schlußfolgerung ableiten, daß es sich bei diesem Instrument auch um den Typ der Krienser
Halszither handelt, dessen Merkmale doch stark von den sich hier zeigenden Stil- und
Formelementen abweichen.1 Vielmehr scheint eine deutsche Herkunft plausibel, da der
vorliegende Wirbelkastenabschluß in Form einer Kopfplatte vermehrt an deutschen
Instrumenten zu finden ist.
LITERATUR:
- Schumacher: Handschriftlicher Katalog, Nr. 102, S. 135. Fundortkatalog Nr. 102, S. 9.
- Vannes 1956, Nr. 30, S. 11.
1
Vgl. Bachmann-Geiser 1981, S. 60-64.
ZISTERN - INV.NR.
44
BILDNACHWEIS:
Von li. nach re.: Vorder-, Seiten-, Rückgesamtansicht.
210
ZISTERN - INV.NR.
211
45
Inv.Nr. 45
Zister (10 Saiten, 5 Chöre = 5 x 2)
Deutschland, 18. Jahrhundert
SIGNATUR:
Keine Signatur vorhanden.
CORPUS:
Tropfenförmiges Corpus ohne Randüberstand. Auf Decke aufgeleimter, gleichzeitig als Steg
fungierender Saitenhalter.
Decke: einteilig. Feinjährige Fichte. Flach, ohne Randüberstand. Anstelle einer Randeinlage
2 aufgemalte Doppellinien, teilweise verblaßt. Eingesetzte Rosette (zwölfzackiges
Sternmotiv) aus geschwärztem Karton; Zierrand aus 4 konzentrischen, schwarz bzw.
hellbraun aufgemalten Ringen unterschiedlicher Stärke.
Zargen: aus schlichtem Ahorn. Zweigeteilter Zargenverlauf am Unterklotz. Zargen am
Oberklotz seitlich angelegt, Fuge von Zarge und Halsstock mit je einem fünffach gekanteten
Profilleistchen bedeckt. Vom Halsansatz zum Unterklotz hin abnehmende Zargenhöhe.
Boden: zweiteilig. Material wie Zargen. Flach, ohne Randüberstand. Zweilinige
Randbemalung. Bodenblatt nach oben lang herausgezogen.
Zur Innenkonstruktion: eckiger, separater (?) Oberklotz. Steg-Saitenhalter-Konstruktion
mittels eines dicken Eisenstiftes mit dem Unterklotz verbunden. Boden zusätzlich mit jeweils
2 Paßstiften an Ober- und Unterklotz fixiert. Schmale, dünne Bodenreifchen vorhanden.
Ober- und unterhalb des Schallochs je eine Balkenkonstruktion mit Querrippen an Decke und
Boden und Zargenverstärkungen. Boden- bzw. Deckenrisse mit Papierstreifen beklebt.
Gesamt L: 805 (810)
Decke L: 405
B (max.): 312
Decke S: 2,1-2,3
Deckenmensur: 353
Zargen H: 74...60
Zargen S: 1,1-1,3
Boden L: 413
Boden S: 1,9-2,3
Rosette ‡: 82; Schallochlage v. o.: 168
MONTURTEILE:
Hals und Wirbelkasten: Hals mit Wirbelkasten und Kopf aus Ahorn in einem Stück. Hals in
voller Griffbrettbreite. Der geschwungene, sich stark verjüngende Wirbelkasten endet in einer
löwenähnlichen Tierfratze mit breitem, geöffnetem Maul. 10 seitenständig befestigte,
geschwärzte, querovale Steckwirbel mit flachovalen Holzendknöpfchen.
Halsmensur: 225
Hals S: 17 / 19 / 24
Wirbelkasten L: 206
Wirbelkasten B innen: 5...38, außen: 17...45
Kopf B: 32
Griffbrett und Obersattel: flaches, gleichbleibend starkes Griffbrett, geschwärzt und nicht auf
der Decke aufliegend. 12 in das Griffbrett eingelegte Bünde aus Bein, 2. Bund fehlend. An
der Halsunterseite sind 5 kleinere Ausnehmungen sichtbar, die von einem Capotasto stammen
dürften, der nicht durch Perforierungen im Hals und Griffbrett gesteckt, sondern lediglich um
den Hals geschraubt wurde. Obersattel aus Ebenholz.
Griffbrett L: 330
Griffbrett B: 46...53
Bundabstände: 30 - (56) - 82 - 105 - 128 - 149 - 170 - 189 - 208 - 225 - 241 - 256
Steg/Untere Saitenbefestigung: geschwärzter, am unteren Corpusende auf die Decke
geleimter Steg. Die Saiten laufen über den im oberen Bereich stark erhöhten bzw.
verbreiterten Abschnitt des Steges zu einem in den unteren Deckenrand und in die Unterzarge
eingelegten, ebenfalls geschwärzten Saitenhalter, der über der Deckenkante einen Wulst
ZISTERN - INV.NR.
45
212
bildet, unter dem schließlich die Saiten mittels eines quer eingehängten Eisenstiftes befestigt
sind.
Steg B / S / H: 70 / 50 / 30
Saitenhalter B: 63
Besaitung: 10 Saiten bzw. 5 Doppelchöre, davon 8 Saiten aus Eisendraht und
2 metallumsponnen.
Schwingende Saitenlänge: 570
ÜBERZUG:
Brauner, spröder Lack, der auf dem Corpus partiell abgesprungen ist.
ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN:
Diskantseitig neben dem Schalloch großer Deckenriß in voller Deckenlänge. Weitere kleinere
Risse auf Decke und Zargen. Decke im Bereich des Saitenhalters stark eingesunken.
Bodenfuge offen. Wurmbefall an Decke und Griffbrett. Rosette brüchig. 2. Bund fehlend.
Zwischen Schalloch und jetziger Stegkonstruktion Spuren des wahrscheinlich originalen
Steges auf der Decke sichtbar. Mit dieser früheren Stegposition hatte das Instrument mit
ca. 520 mm immer noch eine sehr große Mensur, die aber den sonst üblichen
Durchschnittsmaßen von ca. 430 mm eher entsprechen würde als die aktuelle Mensurlänge
von 570 mm. Man kann aufgrund dieser Sachlage vermuten, daß jener Umbau statt fand, um
die Zister mit einer vergleichsweise tiefen Stimmung spielen zu können.
PROVENIENZ:
Aus der Sammlung H. Schumacher. Die Angabe im Fundortkatalog (S. 9) liefert lediglich die
Information, daß vorliegende Halszither von einer Privatperson bzw. von einem Händler
erworben worden ist.
LITERATUR:
- Schumacher: Handschriftlicher Katalog, Nr. 111, S. 141. Fundortkatalog Nr. 111, S. 9.
- Vannes 1956, Nr. 29, S. 11.
ZISTERN - INV.NR.
45
213
BILDNACHWEIS:
Von li. nach re. bzw. von oben nach unten: Vorder-, Seiten-, Rückgesamtansicht,
Wirbelkasten mit Kopf.
ZISTERN - INV.NR.
214
46
Inv.Nr. 46
Zister (10 Saiten, 6 Chöre = 2 x 1 + 4 x 2)
Deutschland oder Schweiz, 1. Hälfte 19. Jahrhundert
SIGNATUR:
Keine Signatur vorhanden.
CORPUS:
Kleines tropfenförmiges Corpus ohne Randüberstand. Wirbelkasten mit Schnecke.
Decke: zweiteilig. Fichte mit feinen bis mittelbreiten Jahresringen. Flach, ohne
Randüberstand. Doppellinige Randbemalung, partiell verblaßt. Eingeleimte Rosette
(zwölfzackiges Sternmotiv) aus geschwärztem Karton, mit weißlichem Papier unterlegt.
Zierrand wie Randgestaltung aus einer aufgemalten, schwarzen Doppellinie bestehend.
Zargen: leicht geflammter Ahorn in Radialschnitt. Zweigeteilter Zargenverlauf am Unterklotz.
Zargen am Oberklotz seitlich angelegt; Fuge von Zarge und Halsstock mit je einem fünffach
gekanteten Profilleistchen bedeckt, diskantseitig fehlend. Vom Halsansatz zum Unterklotz hin
abnehmende Zargenhöhe.
Boden: zweiteilig. Diskantseitige Bodenhälfte aus deutlich geflammtem Ahorn in
Radialschnitt, die andere Hälfte dagegen aus schlichtem Ahorn gefertigt. Flach, ohne
Randüberstand. Zweilinige Randbemalung wie Decke. Nach oben lang herausgezogenes
Bodenblatt, das 2 kleine Ausbuchtungen für die Profilleistchen aufweist.
Zur Innenkonstruktion: Oberklotz und Hals in einem Stück. Unterklotz flachrund, an den
Seiten zweifach abgekantet. In Decke und Boden je 2 Paßstifte an Ober- und Unterklotz.
Schmale Boden- und Deckenreifchen vorhanden. Oberhalb des Schallochs und im
Stegbereich je eine Balkenkonstruktion (Boden-, Decken- und Zargenbalken). Bodenfuge mit
Papierstreifen verstärkt.
Gesamt L: 785 (795)
Decke L: 330
B (max.): 255
Decke S: 1,0-1,2
Deckenmensur: 243
Zargen H: 66...50
Zargen S: um 1
Boden L: 345
Boden S: 1,1-1,5
Rosette ‡: 70; Schallochlage v. o.: 130
MONTURTEILE:
Hals und Wirbelkasten: Hals mit Wirbelkasten aus Ahorn in einem Stück. Hals in voller
Griffbrettbreite. Der geschwungene Wirbelkasten endet in einer sorgfältig geschnitzten
Schnecke. 10 schwarz lackierte, seitenständig befestigte Wirbel mit großen hölzernen
Endknöpfchen. An der Wirbelkastenhinterwand ist unterhalb der Schnecke ein Metallhaken
zur Aufhängung eingeschlagen.
Halsmensur: 238
Hals S: durchgehend 29
Wirbelkasten L: 217
Wirbelkasten B innen: 7...45, außen: 18...51
Kopf B: 33
Griffbrett und Obersattel: flaches, geschwärztes, nach unten sich leicht verjüngendes
Griffbrett aus Ahorn, das oben mit 2 schmalen Verlängerungen auf den
Wirbelkastenvorderkanten aufliegt. 13 in das Griffbrett eingelegte Bünde aus Messing.
Obersattel aus Bein.
Griffbrett L: 317 (358)
Griffbrett B: 52...56
Bundabstände: 28 - 48 - 75 - 97 - 120 - 141 - 158 - 178 - 195 - 210 - 226 - 241 - 257
Steg: geschwärzter Steg mit Messingsattel.
B / S / H: 92 / 7 / 22
ZISTERN - INV.NR.
46
215
Untere Saitenbefestigung: Saitenaufhängung mittels 6 in die Unterzarge eingeschlagener
Metallstifte. In die Deckenunterkante eingelegte Verstärkung aus Hartholz als Untersattel
fungierend.
Untersattel B: 63
Besaitung: 10 Saiten bzw. 6 Chöre, davon 4 x 2 Saiten aus Messing- bzw. Eisendraht und
2 x 1 Saiten aus Messingdraht bzw. metallumsponnen.
Schwingende Saitenlänge: 480
ÜBERZUG:
Corpus und Hals samt Wirbelkasten mit hellbraunem Überzug versehen.
ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN:
Das Instrument ist stark schadhaft: Allgemein fragiler Corpus aufgrund geringer Stärke von
Decke, Boden und Zargen. Grobe Deckenrisse in ganzer Länge. Boden löst sich partiell vom
Zargenkranz. Starker Wurmbefall mit ausgeprägten Wurmgängen in Decke und Zargen.
Diskantseitiges Profilleistchen fehlend.
PROVENIENZ:
Aus der Sammlung H. Schumacher. Vorliegendes Instrument erwarb Schumacher laut
Fundortkatalog (S. 9) von einer Privatperson bzw. von einem Händler aus Kriens.
LITERATUR:
- Schumacher: Handschriftlicher Katalog, Nr. 104, S. 137. Fundortkatalog Nr. 104, S. 9.
- Vannes 1956, Nr. 27, S. 10.
ZISTERN - INV.NR.
46
BILDNACHWEIS:
Von li. nach re.: Vorder-, Seiten-, Rückgesamtansicht.
216
ZISTERN - INV.NR.
217
47
Inv.Nr. 47
Zister (10 Saiten, 6 Chöre = 2 x 1 + 4 x 2)
Niklaus Lötsche(r), Polen (?), 1843
SIGNATUR:
Handschriftlicher Zettelrest am Halsstock (kaum lesbar): Instrument Macher // Niklaus
Lötsche[r] // Chrotzma // Lautna Luze // [1]843
CORPUS:
Rohe Arbeit. Breites tropfenförmiges Corpus mit geraden Oberflanken. Randüberstand an
Decke und Boden. Wirbelbrett mit vorderständigen Wirbeln.
Decke: einteilig. Mittel- bis grobjährige Fichte. Flach, mit Randüberstand. Keine Randadern
vorhanden. Eingesetzte Rosette aus geschwärztem Karton (zwölfzackiges Sternmotiv).
Zargen: aus Kirsche (?). Durchgehender Zargenverlauf am Unterklotz. Konstant bleibende
Zargenhöhe.
Boden: zweiteilig, aus Kirsche. Flach, mit Randüberstand. Keine Randverzierung vorhanden.
Entlang der Bodenfuge ein flacher Balken aus Buche aufgesetzt.
Zur Innenkonstruktion: Separater Oberklotz, in den die Innenreifchen an Decke und Boden
eingelassen sind. Unterklotz flach und eckig gearbeitet. Oberhalb des Schallochs und
zwischen Steg und Unterklotz je ein Deckenbalken eingesetzt; der obere mit nur
diskantseitiger Zargenstützstrebe, der untere mit Zargenverstärkungen auf beiden Seiten
ausgestattet. Weitere Verstärkungen in Form einer Balkenkonstruktion unterhalb des
Schallochs: neben Decken-, Boden- und Zargenrippen weist diese 3 dünne Stützbalken auf,
die senkrecht zwischen Boden- und Deckenbalken verlaufen. Risse im Decken- und
Bodenbereich mit kleinen Holzklötzchen belegt.
Gesamt L: 660
Decke L: 313
B (max.): 318
Randüberstand Decke: 1,5
Decke S: 3,0-3,5
Deckenmensur: 200
Zargen H: durchgehend 73
Zargen S: 1,5
Boden L: 332
Randüberstand Boden: 2
Boden S: 2,4-2,6
Rosette ‡: 66; Schallochlage v. o.: 70
MONTURTEILE:
Hals und Wirbelbrett: Hals mit geschwärztem Wirbelbrett in einem Stück. Der sich nach
hinten verjüngende Halsstock weist im vorderen Bereich eine Fuge auf (hinterer Teil des
Halsstocks also angesetzt). Hals in voller Griffbrettbreite. Auf dem lilienförmigen Wirbelbrett
sind vorderständig 10 schwarz lackierte Wirbel mit hagebuttenförmigen Wirbelköpfen
angebracht. Im volutenartigen Abschluß des Wirbelbretts befindet sich ein Loch zur
Aufhängung des Instruments.
Halsmensur: 185
Hals S: 26 / 26 / 29
Wirbelbrett L: 147
Wirbelbrett größte B / kleinste B: 63 / 22
Wirbelbrett S: 17
Griffbrett und Obersattel: flaches, dickes, auf der Oberseite geschwärztes Griffbrett, das sich
sowohl nach unten als auch zum Wirbelbrettansatz hin verjüngt. 15 eiserne, in das Griffbrett
eingelegte Bünde, wobei der 11. und 12. Bund nur für die beiden oberen Chöre, die Bünde
13-15 nur für den obersten Chor ausgearbeitet sind. Der Abstand zwischen dem 14. und 15.
Bund beträgt eine kleine Terz. In Hals und Griffbrett lediglich 1 Lochbohrung vor dem
2. Bund zur Aufnahme eines Capotasto vorhanden. Obersattel aus Ebenholz.
Griffbrett L (max.): 240 (260)
Griffbrett B: 54...56
Bundabstände: 21 - 41 - 60 - 78 - 95 - 110 - 125 - 139 - 151 - 163 - 175 - 186 - 196 - 207 - 235
ZISTERN - INV.NR.
47
218
Steg: Nußbaum (?). Eingelegter Sattel aus Eisendraht.
B / S / H: 122 / 8 / 25
Untere Saitenbefestigung: Saitenaufhängung mittels 6 in die Unterzarge eingeschlagener
Metallstifte. In die Decke eingelegter, leicht gebogener Untersattel aus Hartholz.
Untersattel B / S / H: 90 / 13 / 17
Besaitung: 10 Saiten bzw. 6 Chöre (4 x 2 + 2 x 1), davon 7 Saiten aus Metalldraht und
3 Saiten metallumsponnen.
Schwingende Saitenlänge: 383
ZUBEHÖR:
Schraubcapotasto aus Obstbaumholz mit Lederbelag auf der Unterseite. Hölzerne
Schraubenmutter; Schraube selber aus Eisen.
ÜBERZUG:
Sämtliche Corpusteile mit dunkelbraunem Lack auf rotbraunem Grund überzogen. Lack
spröde und partiell abgesprungen, im Bereich der Reparaturstellen großflächig retuschiert.
ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN:
Das Instrument ist stark schadhaft. Decke, Boden und Zargen mehrfach gesprungen, zum Teil
von innen und außen grob geflickt. Der Boden löst sich teilweise vom Zargenkranz ab.
Wurmbefall im Bereich des Griff- und Wirbelbretts. Rosette nicht mehr vollständig mit dem
Schallochrand verbunden. Steg nicht original, da alte Stegspuren sichtbar.
PROVENIENZ:
Aus der Sammlung H. Schumacher. Das Instrument ist im Fundortkatalog (S. 10) unter der
Rubrik „Privaten, Händler“ genannt.
Über Niklaus Lötsche(r), den Hersteller des Instruments, konnten in der Literatur keine
Angaben gefunden werden. Die grobe, einfache Verarbeitung vorliegender Zister zusammen
mit den Angaben auf dem Zettel spricht jedoch für eine Herkunft aus einer wahrscheinlich
polnischen (möglicherweise ländlichen) Amateurwerkstatt.
LITERATUR:
- Schumacher: Handschriftlicher Katalog, Nr. 112, S. 141. Fundortkatalog Nr. 112, S. 10.
- Vannes 1956, Nr. 31, S. 11.
ZISTERN - INV.NR.
47
BILDNACHWEIS:
Von li. nach re.: Vorder-, Seiten-, Rückgesamtansicht.
219
ZISTERN - INV.NR.
220
48
Inv.Nr. 48
Entlebucher Halszither (10 Saiten, 5 Chöre = 5 x 2)
Entlebuch (Kanton Luzern), 1. Hälfte 19. Jahrhundert
SIGNATUR:
Keine Signatur vorhanden.
CORPUS:
Gedrungene tropfenförmige Corpusform. Wirbelbrett mit Zitherstiften. Sämtliche Corpusteile
sind mit Abziehbildern versehen.
Decke: einteilig. Ahorn in Radialschnitt mit leichter Flammung. Flach, mit geringem, stark
beschädigtem Randüberstand. 4 größere Abziehbilder auf Decke, von denen jene, die diskantund baßseitig sowie unterhalb des Schallochs plaziert sind, üppige Blumenbouquets in
Blumenvasen darstellen; das oberhalb des Schallochs angebrachte Bild beinhaltet einen in
Spiegelschrift verrätselten, von einem Blüten- und Blätterkranz eingerahmten Spruch (Nicht
das irdische // Vergnügen. // Nicht nach eitler Lust // zu siegen // Macht uns glücklich, macht
// uns reich, // Uns ein Rosenkranz zu winden, // Unsere Freundschaft zu verbinden // Macht
uns glücklich macht // uns wahren Engeln gleich.); unterhalb der Inschrift sind zwei sitzende,
einander zugewandte Engelsgestalten abgebildet. Randdekoration ebenfalls aus einem
Abziehbild bestehend, hier in Form eines breiten Streifens mit Pflanzenornamenten.
Sternförmige (zwölfzackig), geschwärzte Rosette aus Karton eingesetzt; als Schallochzierrand
Abziehstreifen mit Blütendekor.
Zargen: Ahorn in Schwartenschnitt. Durchgehender Zargenverlauf am Unterklotz. Zargen am
Oberklotz seitlich anliegend; Fuge von Zarge und Halsstock mit je einem gedrehten
Halbsäulchen bedeckt. Vom Halsansatz zum Unterklotz hin abnehmende Zargenhöhe.
3 großflächige Abziehbilder (Tiger, Blumengirlande, Blumenbouquet) aufgebracht.
Boden: einteilig. Material ebenfalls Ahorn. Flach, mit geringfügigem Randüberstand. Nach
oben lang herausgezogenes Bodenblatt. Auch der Boden ist reich mit Abziehbildern verziert:
in der Mitte befindet sich ein kreisförmiges Bild einer in einem Weingarten sich aufhaltenden
Frauengestalt, das von zwei Kreisen umgeben ist; zwischen den beiden Kreisen ein
Blätterkranz. Auf die untere Bodenhälfte sind halbkreisförmig 8 weitere kleinere Bildchen
aufgebracht, die allesamt heimatliche Motive darstellen. Randornamentik wie
Schallochumrandung.
Zur Innenkonstruktion: Oberklotzgestaltung nicht ermittelt. Unterklotz flachrund, nicht auf
dem Boden aufliegend. Innenreifchen an Decke und Boden vorhanden. Je eine
Balkenkonstruktion mit Decken-, Boden- und Zargenverstärkungen ober- und unterhalb des
Schallochs positioniert; Decken- und Bodenbalken in die Zargenauflagen eingelassen.
Gesamt L: 635 (643)
Decke L: 370
B (max.): 310
Randüberstand Decke: 3
Decke S: 1,4-1,9
Deckenmensur: 280
Zargen H: 80...61
Zargen S: 1,2-1,6
Boden L: 390
Randüberstand Boden: 4
Boden S: 1,3-2,0
Rosette ‡: 72; Schallochlage v. o.: 191
MONTURTEILE:
Hals und Wirbelbrett: Hals mit Wirbelbrett aus Ahorn in einem Stück. Hals in voller
Griffbrettbreite. Auf dem massiven Halsstock ist ein weiteres, nicht mehr vollständig
erhaltenes Abziehbild mit einer Landschaftsdarstellung angebracht. Das leicht nach hinten
geneigte, oben verrundete Wirbelbrett weist 10 vorderständig angebrachte Zitherstifte aus
Eisen auf. An der Oberkante des Wirbelbretts Lochbohrung zur Aufhängung.
Halsmensur: 169
Hals S: 23 / 22 / 22
Wirbelbrett L: 109
ZISTERN - INV.NR.
48
221
Wirbelbrett größte B / kleinste B: 45 / 41
Wirbelbrett S: 24
Griffbrett und Obersattel: flaches, nur auf der Oberseite geschwärztes Griffbrett aus Ahorn,
oberhalb des Obersattels und im unteren Abschnitt an Stärke abnehmend. 12 in das Griffbrett
eingelegte, metallene Bünde. Obersattel aus Bein.
Griffbrett L: 242 (270)
Griffbrett B: 46...60
Bundabstände: 26 - 46 - 70 - 87 - 110 - 129 - 144 - 161 - 177 - 192 - 206 - 220
Steg: schwarz lackierter Steg mit eingelegtem Beinsattel.
B / S / H: 100 / 17 / 25
Untere Saitenbefestigung: Die direkt über die Deckenkante verlaufenden Saiten sind an
5 unterständig eingeschlagenen Beinknöpfchen mit kugelförmigen Abschlüssen befestigt.
Besaitung: Das Instrument ist für 10 Saiten (5 x 2 Chöre) konzipiert, von denen aktuell
4 Saiten aus Messingdraht, 3 aus Eisendraht und 2 metallumsponnen sind.
Stimmung: nicht bekannt (bei Bachmann-Geiser 1981 ebenfalls nicht angegeben).
Schwingende Saitenlänge: 446
ÜBERZUG:
Am Corpus und am Hals samt Wirbelbrett gelb- bis orangefarbene Glanzlackierung; an
Boden und Zargen deutliche Krakeleebildung.
ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN:
1 Saite fehlt. Im Bereich des Steges ist die Decke stark eingesunken; ebenso hat sich die
Bodenmitte leicht nach innen gewölbt. Die Ränder von Decke und Boden sind stark
beschädigt. An der Unterzarge befindet sich im Bereich des Unterklotzes ein zugebuchstes
Loch, das ursprünglich einem Anhängeknöpfchen Raum bot. Abnutzungsspuren im
Stegbereich weisen auf eine Stegauswechslung in neuerer Zeit hin.
PROVENIENZ:
Aus der Sammlung H. Schumacher. Vorliegendes Instrument erwarb Schumacher laut
Fundortkatalog (S. 9) von einer Privatperson bzw. von einem Händler aus Luzern. Es besteht
kaum Zweifel, daß das vorliegende Instrument auch im Raum Luzern (Entlebuch) hergestellt
worden ist, da es sich durch seine charakteristischen Merkmale wie die Abziehbilder auf dem
Corpus, die gelb-orangefarbene Lackierung und das Wirbelbrett mit Zitherstiften und ferner
durch seine Abmessungen klar als Entlebucher Halszither klassifizieren läßt.1
LITERATUR:
- Schumacher: Handschriftlicher Katalog, Nr. 99, S. 133/134. Fundortkatalog Nr. 99, S. 9.
- Vannes 1956, Nr. 23, S. 10.
1
Weitere Informationen zu diesem Zisterntyp bei Bachmann-Geiser 1981, S. 60ff.
ZISTERN - INV.NR.
48
BILDNACHWEIS:
Von li. nach re.: Vorder-, Seiten-, Rückgesamtansicht.
222
ZISTERN - INV.NR.
223
49
Inv.Nr. 49
Zister (10 Saiten, 6 Chöre = 2 x 1 + 4 x 2)
Schweiz oder England (?), vermutlich 1811
SIGNATUR:
Am Unterende des Griffbretts sind aus Messing die Initialen H und I eingelegt; zwischen den
Buchstaben ein Ornament mit Kreuz eingelassen.
In die baßseitige Oberzarge nahe des Halsstocks ist die Zahl 1811 geritzt.
CORPUS:
Schlankes tropfenförmiges Corpus mit langem Hals, der nur diskantseitig unter dem Griffbrett
ausgearbeitet ist.
Decke: zweiteilig (?). Fichte mit feinen, zu den Rändern hin mittelbreiten Jahresringen. Flach,
ohne Randüberstand. Entlang des Randes ist ein dünner Adergraben eingeritzt, der mit
schwarzer Farbe ausgefüllt ist. Eingeleimte Rosette aus dickem Karton, aus dem in
symmetrischer Anordnung verrundete Ornamente ausgeschnitten sind; Rosette bis auf einen
äußeren, geschwärzten Ring in grauer Farbe.
Zargen: schlichter Ahorn. Zweigeteilter Zargenverlauf; in die Fuge über dem Unterklotz
geschwärzter Span eingesetzt. Zargen am Oberklotz seitlich angelegt; Fuge von Zarge und
Halsstock mit geschwärzten, dreifach gekanteten Profilleistchen bedeckt. Vom Halsansatz
zum Unterklotz hin deutlich abnehmende Zargenhöhe.
Boden: einteilig. Material wie Zargen. Flach, ohne Randüberstand. Randgestaltung wie
Decke. Nach oben lang herausgezogenes, verrundetes Bodenblatt.
Zur Innenkonstruktion: an der Unterseite ausgehöhlter Oberklotz. Flacher, eckiger Unterklotz.
Boden mit 2 senkrecht untereinander stehenden Paßstiften am Oberklotz fixiert. Schmale,
dünne Bodenreifchen; Deckenreifchen konnten nicht ermittelt werden. Oberhalb des
Schallochs und im Stegbereich je eine Balkenkonstruktion (mit Boden-, Decken- und
Zargenbalken auf gleicher Höhe).
Gesamt L: 820
Decke L: 375
B (max.): 260
Decke S: 2,5-3,3
Deckenmensur: 263
Zargen H: 72...50
Zargen S: 2,2-2,3
Boden L: 407
Boden S: 2,8-3,1
Rosette ‡: 70; Schallochlage v. o.: 150
MONTURTEILE:
Hals und Wirbelkasten: Hals mit Wirbelkasten aus einem Stück schwarz lackierten, nicht
identifizierten Holzes. Der Hals ist nur der diskantseitigen Griffbretthälfte unterlegt.1 Der
leicht s-förmig geschwungene Wirbelkasten endet in einer abgeschrägten Fläche, auf der
ursprünglich eine Kopfplatte o.ä. befestigt gewesen sein muß. 10 schwarz lackierte,
seitenständig befestigte Wirbel mit Endknöpfchen, einheitliches Aussehen. In den oberen Teil
der Wirbelkastenhinterwand ist zum Zwecke der Aufhängung ein Loch eingebohrt.
Halsmensur: 255
Hals S: 28 / 28 / 30
Wirbelkasten L: 200
Wirbelkasten B innen: 13...31, außen: 25...41
Griffbrett und Obersattel: flaches, geschwärztes Griffbrett, das oben mit 2 schmalen
Verlängerungen auf den Wirbelkastenvorderkanten aufliegt; Klammerprofil am Unterende.
16 in das Griffbrett eingelegte Bünde aus Messing, wobei der 15. Bund nur für die beiden
1
Die baßseitige Aussparung des Halses ist ein häufig vorkommendes Charakteristikum der Zistern. Sie
ermöglicht ein sicheres Auf- und Abrutschen des linken Daumens und erleichtert somit schnelle Lagenwechsel
(Wackernagel 1997, S. 55).
ZISTERN - INV.NR.
49
224
oberen Chöre und der 16. Bund nur für den obersten Chor ausgearbeitet ist. 7 Lochbohrungen
zur Aufnahme eines Capotasto, jeweils vor dem 1.-7. Bund. Obersattel aus Bein.
Griffbrett L (max.): 358 (387)
Griffbrett B: 44...51
Griffbrett S (ohne Hals): 6 / 6 / 5
Bundabstände: 30 - 52 - 77 - 98 - 120 - 142 - 160 - 178 - 195 - 211 - 227 - 241 - 257 - 271 - 284 - 295
Steg: aus Hartholz. Hoher Beinsattel aufgesetzt.
B / S / H: 65 / 8 / 25
Untere Saitenbefestigung: Saitenaufhängung mittels 5 in die Unterzarge eingeschlagener
Haken. Zum Schutz der Decke ist auf die Deckenunterkante ein Stück dicker Eisendraht
gelegt.
Besaitung: 10 Saiten bzw. 6 Chöre, davon 4 x 2 Saiten aus Messing- bzw. Eisendraht und
2 x 1 Saiten aus Messingdraht bzw. metallumsponnen.
Schwingende Saitenlänge: 510
ÜBERZUG:
Corpus und Hals samt Wirbelkasten mit mittelbraunem Überzug versehen.
ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN:
Wirbelkastenabschluß fehlend. Kein Capotasto vorhanden. Deckenriß im baßseitigen
Randbereich. Decke an den Rändern partiell nicht mehr schließend. Die Innenreifchen haben
sich teilweise gelöst und liegen im Corpus als lose Teile vor. Wurmbefall an Griffbrett und
Decke.
PROVENIENZ:
Aus der Sammlung H. Schumacher. Vorliegendes Instrument erwarb Schumacher laut
Fundortkatalog (S. 9) von einer Privatperson bzw. von einem Händler aus „Trippelkorn“.
Vannes 1956 (S. 11) vermutet aufgrund der Initialen H und I eine englische Herkunft der
Zister, indem er sie dem Instrumentenmacher Henry Ingram aus Edinburgh zuschreibt, zu
dem in der Literatur jedoch keine Angaben zu finden sind. Möglich wäre es aber auch, daß
die Initialen auf dem Griffbrett eine Widmung an den Auftraggeber bzw. Spieler der Zister
waren und nicht in Verbindung mit dem Erbauer stehen. Die eingeritzte Zahl an der
baßseitigen Oberzarge ist mit großer Wahrscheinlichkeit eine Jahreszahl und gibt den
Entstehungszeitpunkt des Instruments wieder.
LITERATUR:
- Schumacher: Handschriftlicher Katalog, Nr. 96, S. 132. Fundortkatalog Nr. 96, S. 9.
- Vannes 1956, Nr. 32, S. 11.
ZISTERN - INV.NR.
49
225
BILDNACHWEIS:
Von li. nach re. bzw. von oben nach unten: Vorder-, Seiten-, Rückgesamtansicht, Intarsie mit
Initialen am Griffbrettunterende, Jahreszahl-Einritzung an baßseitiger Oberzarge.
ZISTERN - INV.NR.
226
50
Inv.Nr. 50
Emmentaler Halszither (9 Saiten, 5 Chöre = 1 x 1 + 4 x 2)
Abraham Kauer (?), Schweiz, Mitte 19. Jahrhundert
SIGNATUR:
Keine Signatur vorhanden.
CORPUS:
Tropfenförmiges Corpus. Mechanische Stimmung mittels einer Schraubvorrichtung
(Preston’s machine).
Decke: einteilig. Feinjährige Fichte. Flach, ohne Randüberstand. Randverzierung in Form
eines grün bzw. rot aufgemalten, dünneren Streifens. Dreifach nach unten vertiefte Rosette
aus Pergament, aus der konzentrische Verzierungen ausgestochen sind; unterste Ebene rot, die
zwei obersten goldgelb bemalt. Die Rosette ist von einem erhabenen, schwarz lackierten
Holzring eingerahmt. Um das Schalloch herum sind großflächig Weinranken aufgemalt.
Zargen: Ahorn in Radialschnitt mit enger, regelmäßiger Flammung. Zweigeteilter
Zargenverlauf am Unterklotz. Zargen am Oberklotz seitlich angelegt; Fuge von Zarge und
Halsstock mit halbrunden, im Mittelteil achtfach gerillten Säulchen bedeckt, darauf Reste von
schwarzer Farbe sichtbar. Vom Halsansatz zum Unterklotz hin abnehmende Zargenhöhe.
Zargenkranz mit 6 aufschablonierten Blumenornamenten in gelblicher Farbe verziert.
Boden: einteilig. Pappel (?). Flach, ohne Randüberstand. Nach oben lang herausgezogenes
Bodenblatt. Keine Randverzierung vorhanden.
Zur Innenkonstruktion: Ober- und Unterklotzgestaltung aufgrund schlechter Sichtverhältnisse
nicht ermittelt. Boden mit je 1 Paßstift an Unter- und Oberklotz genagelt. Kräftige
Innenreifchen an Decke und Boden vorhanden. 2 Balkenkonstruktionen mit Decken-, Bodenund Zargenverstärkungen ober- und unterhalb des Schallochs.
Gesamt L: 684 (698)
Decke L: 400
B (max.): 297
Decke S: k.M.
Deckenmensur: 290
Zargen H: 73...55
Zargen S: k.M.
Boden L: 410
Boden S: k.M.
Rosette ‡: 95; Schallochlage v. o.: 178
MONTURTEILE:
Hals und Wirbelbrett: Hals und Wirbelbrett aus einem Stück nicht identifizierten Holzes. Hals
in voller Griffbrettbreite. An der Halsrückseite ist ein mit 6 Nägeln fixierter Eisenbeschlag in
länglicher, rechteckiger Form angebracht. Dem leicht nach hinten geneigten Wirbelbrett ist
zur oberen Saitenbefestigung ein Messingbeschlag mit integrierter Preston’s machine
aufgesetzt: Gestimmt werden die Saiten mittels 9 kleiner Metallstifte, die auf senkrecht
positionierten Schrauben sitzen und durch Schlitze nach außen geführt sind, wo sie die Saiten
aufnehmen. Die Schrauben ragen oberständig aus der Wirbelbrettoberseite hervor, so daß sie
dort mit Hilfe eines Schlüssels gedreht und die an die Stifte gehängten Saiten gespannt
werden können. Eine derartige Stimmechanik findet man hauptsächlich bei der English guitar
vor, einer aus England stammenden Zisternart, die in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts
aufgrund ihrer simplen Stimmung (c-e-gg-c’c’-e’e’-g’g’) besonders in der englischen
Damenwelt der Oberschicht sehr beliebt war und dort zum großen Teil Theorbe, Laute und
sogar Cembalo verdrängen konnte. Vorliegende Schraubenmechanik ist nach ihrem Erfinder
J.N. Preston aus London benannt, der sie um 1760/70 einführte. In die Oberkante des
Wirbelbretts ist ein metallener Haken zur Aufhängung eingeschlagen.
Halsmensur: 200
Hals S: 22 / 22 / 25
Wirbelbrett L: 75
Wirbelbrett größte B / kleinste B: 49 / 42
Wirbelbrett S: 37
ZISTERN - INV.NR.
50
227
Griffbrett und Obersattel: flaches, geschwärztes Griffbrett, nach unten in der Stärke
abnehmend; Klammerprofil am Unterende. 15 in das Griffbrett eingelegte Bünde aus
Messing, Bund 13-15 diskantseitig sukzessive verkürzt. Obersattel aus Bein.
Griffbrett L (max.): 327
Griffbrett B: 48...54
Bundabstände: 29 - 55 - 80 - 104 - 126 - 147 - 168 - 187 - 205 - 222 - 238 - 252 - 265 - 279 - 290
Steg: aus nicht identifiziertem Holz.
B / S / H: 80 / 6 / 26
Untere Saitenbefestigung: unterständige Saitenaufhängung mittels 8 in den Unterklotz
eingeschlagener Eisenstifte. In den Deckenrand eingelassener Untersattel aus Bein.
Untersattel B: 57
Besaitung: Das Instrument ist für 9 Saiten (1 x 1 + 4 x 2) konzipiert, von denen aktuell
4 Saiten aus Messing-, 4 aus Eisendraht bestehen und 1 metallumsponnen ist.
Stimmung: Für die Emmentaler Halszither sind zwei Stimmungen überliefert (nach
Bachmann-Geiser 1981, S. 61): c-gg-c’c’-e’e’-g’g’ und D- BB - DD - FisFis - BB
Schwingende Saitenlänge: 492
ÜBERZUG:
Decke gelblich-braun, die restlichen Teile braunorange lackiert. Am gesamten Corpus
deutliche Lackschäden.
ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN:
Corpus schadhaft durch Deckenrisse und stellenweise Ablösung des Bodens vom
Zargenkranz. Wurmbefall an Zargen, Boden, Griffbrett und am Hals mit Wirbelbrett.
Allgemeiner Lackverlust, die Zargen- und Deckenrandbemalung partiell stark verblaßt.
Griffbrett im oberen Diskantbereich deutlich abgegriffen.
PROVENIENZ:
Aus der Sammlung H. Schumacher. Vorliegendes Instrument erwarb Schumacher laut
Fundortkatalog (S. 9) von einer Privatperson bzw. von einem Händler aus Luzern. Trotz
Schraubenstimmvorrichtung nach englischem Vorbild kann eine englische Herkunft bzw. die
Verwendung als English guitar ausgeschlossen werden, da Saiten- und Bundanzahl,
Mensurverhältnisse sowie Zargenverlauf nicht übereinstimmen (die English guitar ist mit
10 Saiten und 12 Bünden in der Anordnung 2 x 1 + 4 x 2 ausgestattet, hat eine
durchschnittliche schwingende Saitenlänge von 420 mm und weist eine zum Hals hin
abnehmende Zargenhöhe auf). Vielmehr ähnelt die Zister mit ihren Verzierungen und
Abmessungen dem Schweizer Typus der Emmentaler Halszither. Möglicherweise stammt das
Instrument von dem Zisternmacher Abraham Kauer (1794-1875) aus Dürrenroth
(Kanton Bern), dessen Instrumente durch eine gelbe Deckenlackierung und handgemalte
Rosen- oder Laubblätterkränze um die Rosette herum auffallen.1
LITERATUR:
- Schumacher: Handschriftlicher Katalog, Nr. 100, S. 134. Fundortkatalog Nr. 100, S. 9.
- Vannes 1956, Nr. 33, S. 11.
1
Vgl. Bachmann-Geiser 1981, S. 61.
ZISTERN - INV.NR.
50
228
BILDNACHWEIS:
Von li. nach re. bzw. von oben nach unten: Vorder-, Seiten-, Rückgesamtansicht, Rosette,
Wirbelbrett mit Preston’s machine.
ZISTERN - INV.NR.
229
51
Inv.Nr. 51
Zister (10 Saiten, 5 Chöre = 5 x 2)
Schweiz, 1. Hälfte 19. Jahrhundert
SIGNATUR:
Keine Signatur vorhanden.
CORPUS:
Primitiv gearbeitetes Instrument. Tropfenförmiges Corpus mit geringem Randüberstand;
leicht unregelmäßiger (baßseitig stärker ausgebuchteter) Corpusumriß.
Decke: einteilig. Grobjährige Fichte. Flach, mit leicht überstehendem, unregelmäßig
gearbeitetem Randüberstand. Breiter, mit dunkelroter Farbe aufgetragener Zierrand, der an
der Innenseite halbkreisförmig geschwungen ausgearbeitet ist. In das mit einem ebenfalls
roten Rand umgebene Schalloch ist eine geschwärzte Rosette aus Karton eingesetzt; das
perforierte Muster ist innen einem vierblättrigen Kleeblatt nachempfunden, das von einer
sichel- bzw. halbkreisförmigen Ornamentik umgeben ist.
Zargen: Fichte mit breiten Jahresringen. Durchgehender Zargenverlauf am Unterklotz.
Annähernd konstante Zargenhöhe. Vom Halsansatz zum Unterklotz hin leichte Zunahme der
Zargenhöhe.
Boden: einteilig. Wie Decke und Zargen aus grobjähriger Fichte. Flach, mit geringem
Randüberstand. Keine Randeinlage vorhanden.
Zur Innenkonstruktion: der an seiner Unterseite ausgenommene Oberklotz mit Hals und
Wirbelkasten in einem Stück; Zargen in den Oberklotz eingelassen. Unterklotz in Form eines
flachen, rechteckigen Holzbrettchens, das mit einem Nagel an der Unterzarge fixiert ist.
Boden zusätzlich mit 1 Paßstift am Oberklotz befestigt. Nur Deckenreifchen vorhanden. Auf
Steghöhe je ein Querbalken an Decke und Boden, die einander gegenüberliegen und stumpf
an Zargenverstärkungen enden; Boden- und Deckenbalken durch einen dünnen, senkrecht im
Corpus stehenden Balken abgestützt, der mittig direkt unter dem Steg plaziert ist.
Deckenlängsbalken, von Balkenkonstruktion bis Unterklotz verlaufend. Oberhalb des
Schallochs ist ein weiterer Deckenquerbalken eingesetzt.
Gesamt L: 820 (826)
Decke L: 370
B (max.): 315
Randüberstand Decke: 2
Decke S: 2,5-3,3
Deckenmensur: 260
Zargen H: 70...74
Zargen S: 4,5-5,0
Boden L: 415
Randüberstand Boden: 2
Boden S: 2,6-3,3
Rosette ‡: 95; Schallochlage v. o.: 127
MONTURTEILE:
Hals und Wirbelkasten: Hals und Wirbelkasten aus einem Stück nicht identifizierten Holzes.
Flachrunder Hals in voller Griffbrettbreite. Halsstock auffallend hoch gearbeitet. Der nur
ansatzweise s-förmig geschwungene Wirbelkasten endet in einem einfach geschnitzten,
hundeähnlichen Tierkopf, dessen Gesicht rot bemalt ist. Ebenso sind die
Wirbelkastenvorderkanten mit roter Farbe bedeckt. 10 seitenständige Steckwirbel aus
Obstholz in uneinheitlicher Form, davon 7 in roher, sich in der Formgebung ähnelnder
Ausführung und 3 völlig unterschiedlich gestaltet. Oberhalb der Wirbel ist quer durch die
Wirbelkastenhinterwand ein Loch gebohrt, um eine Aufhängung des Instruments zu
ermöglichen.
Halsmensur: 255
Hals S: durchgehend 22
Wirbelkasten L: 180
Wirbelkasten B innen: 24...29, außen: 35...41
Kopf B: 35
ZISTERN - INV.NR.
51
230
Griffbrett und Obersattel: flaches, geschwärztes Griffbrett, nach unten in der Stärke
gleichmäßig abnehmend, oben mit 2 schmalen Verlängerungen auf den
Wirbelkastenvorderkanten aufliegend. Griffbrett zwar nicht auf Decke aufliegend, aber mit
sehr geringem Abstand über dieser angebracht. Einfaches Klammerprofil am Griffbrettende.
Unterhalb des Obersattels und nach dem 9. Bund ist je 1 grober Paßstift zur Befestigung des
Griffbretts auf dem Hals bzw. Oberklotz eingeschlagen. 14 eingelegte Bünde aus Messing,
Bund 12-14 diskantseitig sukzessive verkürzt. Obersattel aus Horn.
Griffbrett L (max.): 345 (390)
Griffbrett B: 41..52
Bundabstände: 29 - 54 - 81 - 105 - 130 - 153 - 170 - 191 - 208 - 225 - 240 - 256 - 273 - 286
Steg: geschwärzter Steg mit eingelassenem Eisensattel.
B / S / H: 92 / 6 / 20
Untere Saitenbefestigung: der Anzahl der Chöre entsprechend 5 eiserne, hakenförmige Stifte,
die in den Unterklotz eingeschlagen sind. Zum Schutz des Deckenrandes ist ein dicker
Lederstreifen in der Funktion eines Untersattels aufgelegt.
Untersattel B: 73
Besaitung: 10 Saiten in der Anordnung von 5 Doppelchören aus Messing- und Eisendraht,
unterste Saite umsponnen.
Schwingende Saitenlänge: 510
ÜBERZUG:
Auf Boden, Zargen und im Halsbereich dicker, teilweise stark geronnener, dunkelbrauner
Lack aufgetragen. Decke mit einem etwas helleren Überzug versehen.
ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN:
Außer einem kleinen Riß in der Decke und einer beginnenden Ablösung des Bodens im
Unterzargenbereich sind keine gravierenden Schäden feststellbar. Die 3 in der Form
abweichenden Wirbel sind in späterer Zeit ersetzt worden. Die deutlichen Abnutzungsspuren
im diskantseitigen, mittleren Griffbrettbereich lassen auf einen regen Gebrauch der Zister
schließen.
PROVENIENZ:
Aus der Sammlung H. Schumacher. Der Erwähnung im Fundortkatalog nach (S. 9) hat
Schumacher vorliegende Zister von einem Händler bzw. von einer Privatperson aus Luzern
erworben.
Die rohe, unsorgfältige Bauweise (asymmetrische Umrißlinie, erhebliche Stärke der
Corpusteile) und die Verwendung von Fichtenholz für Boden und Zargen (üblich ist
Ahornholz) läßt die Vermutung zu, daß dieses Instrument von einem Laien gefertigt wurde,
der weniger auf verarbeitende und optische Kriterien als auf die Spielbarkeit seines
Instruments Wert legte.
LITERATUR:
- Schumacher: Handschriftlicher Katalog, Nr. 97, S. 133. Fundortkatalog Nr. 97, S. 9.
- Vannes 1956, Nr. 28, S. 11.
ZISTERN - INV.NR.
51
231
BILDNACHWEIS:
Von li. nach re. bzw. von oben nach unten: Vorder-, Seiten-, Rückgesamtansicht,
Wirbelkasten mit Kopf.
ZISTERN - INV.NR.
232
52
Inv.Nr. 52
Toggenburger Halszither (13 Saiten, 5 Chöre = 1 x 1 + 4 x 3)
Toggenburg (Kanton St. Gallen), 1. Hälfte 19. Jahrhundert
SIGNATUR:
Keine Signatur vorhanden.
CORPUS:
Großmensuriertes Instrument mit tropfenförmigem Corpus. Decke mit 3 Schallöchern und
Saitenhalter ausgestattet.
Decke: einteilig. Fichte mit feinen Jahresringen. Flach, ohne Randüberstand. Doppelte,
aufgemalte Randader. Rosette aus bronziertem Karton eingesetzt, aus der in konzentrischer
Anordnung tropfen-, keil- und hakenförmige Muster ausgeschnitten sind. Beidseitig des
Steges in die Decke gestochene rosettenartige Muster, bei denen 1 Lochbohrung von
6 kreisförmig angeordneten, tropfenförmigen Löchern umgeben ist. Randdekoration der
Schallöcher in Form von gemalten, geometrischen Tuscheornamenten.
Zargen: stark geflammter Ahorn in Radialschnitt. Zweigeteilter Zargenverlauf am Unterklotz.
Beidseitig des Oberklotzes gedrechselte und geschwärzte Halbsäulchen aus Fichte
angebracht. Vom Halsansatz zum Unterklotz hin abnehmende Zargenhöhe.
Boden: zweiteilig. Ahorn in Schwartenschnitt. Flach, ohne Randüberstand. Randornamentik
wie Decke. Auf Höhe des Oberklotzes ist ein doppellinig aufgemalter Stern in einem
ebenfalls doppellinig gestalteten Kreis aufgebracht. Eine weitere zweilinige Verzierung am
Unterklotz: 4 übereinander angeordnete Halbkreise, wobei der oberste nochmals in sich aus
kleinen, ineinander verschlungenen Halbkreisen besteht.
Zur Innenkonstruktion: Hals vermutlich stumpf auf den separaten Oberklotz geleimt.
Zusätzlich zur Verleimung 4 Paßstifte am Zusammenstoß der Zargen über dem Unterklotz
eingeschlagen. Die weitere Innengestaltung konnte bis auf eine Balkenkonstruktion zwischen
Saitenhalter und Steg (Decken- und Bodenbalken sowie Zargenverstärkungen) nicht ermittelt
werden.
Gesamt L: 990 (1005)
Decke L: 450
B (max.): 322
Decke S: 1,0-1,6
Deckenmensur: 300
Zargen H: 88...78
Zargen S: <1
Boden L: 445
Boden S: 1,0-1,6
Rosette groß ‡: 80; Schallochlage v. o.: 168
Rosetten klein ‡: 52; Schallochlage v. o.: 270
MONTURTEILE:
Hals und Wirbelkasten: Hals mit Wirbelkasten aus Ahorn in einem Stück. Hals in voller
Griffbrettbreite. Sockelförmig ausgearbeiteter Halsstock. Hals geht in einen leicht s-förmig
geschwungenen Wirbelkasten über, der in einer aufgesetzten, runden, gedrechselten
Kopfplatte mit Mitteldorn ausläuft; Kopfplatte schwarz lackiert. 13 (davon 7 baßseitig und
6 diskantseitig angebracht) seitenständige, geschwärzte Wirbel, die seitlich einfach gekerbt
und mit Endknöpfchen versehen sind. Unterhalb des ersten Wirbels seitenständige Bohrung
vorhanden.
Halsmensur: 220
Hals S: durchgehend 23
Wirbelkasten L: 317
Wirbelkasten B innen: 13...27, außen: 24...45
Kopfplatte ‡: 42
Griffbrett und Obersattel: flaches, geschwärztes Griffbrett aus Ahorn, im oberen Bereich auf
die Decke geleimt, oberhalb des Obersattels verlängert und auf dem Wirbelkasten aufliegend.
Klammerprofil am Griffbrettende. Unterer Teil des Griffbretts mit aufschablonierten
ZISTERN - INV.NR.
52
233
Goldrosen verziert. 12 in das Griffbrett eingelegte Bünde aus Messing. Vor dem 1.-6. Bund
6 Lochbohrungen zur Aufnahme eines Capotasto. Obersattel ebenfalls aus Messing.
Griffbrett L (max.): 370 (414)
Griffbrett B: 46...53
Bundabstände: 29 - 55 - 80 - 104 - 127 - 148 - 168 - 187 - 204 - 221 - 236 - 251
Steg: schwarz lackierter Steg mit eingelegtem Messingsattel.
B / S / H: 100 / 7 / 18
Untere Saitenbefestigung: Die Saitenaufhängung erfolgt durch Eisenhaken, die an einem
flachen, schwarz gebeizten Saitenhalter eingehängt sind. Befestigung des geschweiften
Saitenhalters mittels eines dicken Eisendrahts an einem unterständigen Sattelknopf. Auf dem
Saitenhalter, entsprechend dem Griffbrett, Blumenornamente in goldener Farbe aufgemalt.
Kein Untersattel vorhanden.
Saitenhalter L: 100
Saitenhalter größte B / kleinste B: 60 / 35
Besaitung: Das Instrument ist für 13 Saiten (1 x 1 + 4 x 3 Chöre) konzipiert, von denen
aktuell 3 Saiten aus Messing-, 6 aus Eisendraht und die 4 unteren metallumsponnen sind.
Stimmung: c-ggg-c’c’c’-e’e’e’-g’g’g’ (nach Bachmann-Geiser 1981, S. 61)
Schwingende Saitenlänge: 520
ÜBERZUG:
Orange-hellbrauner Überzug; am Hals und an den Griffbrettseiten Reste eines dunkelbraunen
Lacks erkennbar.
ZUBEHÖR:
Schraubcapotasto aus Messing mit Flügelmutter. Messingriegel mit rotem Filz unterlegt.
ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN:
Mehrere grobe Deckenrisse. Diskantseitiges Säulchen am Oberklotz in beginnender
Ablösung. An Ober- sowie Unterseite des Halses bzw. Griffbrettes deutliche
Abnutzungsspuren durch Capotasto. Bis auf den Steg und 1 Wirbel (schwarz lackiert mit
Beinknöpfchen) scheint das Instrument in originalem Zustand vorzuliegen.
PROVENIENZ:
Aus der Sammlung H. Schumacher. Vorliegendes Instrument erwarb Schumacher laut
Fundortkatalog (S. 9) von einer Privatperson bzw. von einem Händler aus Appenzell. Es ist
anzunehmen, daß es dort auch hergestellt worden ist. Die Toggenburger Halszither (oder
Appenzeller Halszither, wie sie bei Schumacher und Vannes 1956 genannt wird) wurde ab
Ende des 18. Jahrhunderts in Toggenburg bzw. Appenzell und Umgebung gebaut, kam aber
bereits um 1900 wieder außer Gebrauch. Diese stets unsigniert gebliebene Zisternart weist in
ihren Stil- und Formelementen (mit ca. 1000 mm Länge auffallend groß; 3 Schallöcher;
untere Saitenbefestigung an einem Saitenhalter; Drei- bis Vierchörigkeit; runde, gedrechselte
Kopfplatte als Wirbelkastenabschluß; gemalte Tuscheornamente auf den Corpusteilen)1 kaum
Schwankungen auf, so daß vorliegendes Exemplar sicher eingeordnet werden konnte.
LITERATUR:
- Schumacher: Handschriftlicher Katalog, Nr. 95, S. 131. Fundortkatalog Nr. 95, S. 9.
- Vannes 1956, Nr. 24, S. 10.
1
Vgl. Bachmann-Geiser 1981, S. 62.
ZISTERN - INV.NR.
52
BILDNACHWEIS:
Von li. nach re.: Vorder-, Seiten-, Rückgesamtansicht.
234
ZISTERN - INV.NR.
235
53
Inv.Nr. 53
Toggenburger Halszither (13 Saiten, 5 Chöre = 1 x 1 + 4 x 3)
Toggenburg (Kanton St. Gallen), 1. Hälfte 19. Jahrhundert
SIGNATUR:
Keine Signatur vorhanden.
CORPUS:
Das Instrument ist bis auf kleinere Details mit Inv.Nr. 53 identisch.
Decke: einteilig. Fichte mit sehr feinen Jahresringen. Flach, ohne Randüberstand. Doppelte,
aufgemalte Randader. Rosette aus (von innen nach außen) gelb, grün und schwarz gefärbtem
Karton, aus dem in konzentrischer Anordnung tropfen-, keil- und hakenförmige Muster
ausgeschnitten sind. Beidseitig des Steges jeweils eine aus der Decke gestochene
Schallochgruppe, bestehend aus jeweils 1 runden Lochbohrung, die von 6 kreisförmig
angeordneten tropfenförmigen Löchern umgeben ist. Randdekoration der Schallöcher in Form
von aufgemalten Doppellinien (kleine Schallöcher) bzw. einem Tuscheornament aus einander
überschneidenden Halbkreisen (großes Schalloch).
Zargen: deutlich geflammter Ahorn in Radialschnitt. Zweigeteilter Zargenverlauf am
Unterklotz. Beidseitig des Oberklotzes gedrechselte und geschwärzte Halbsäulchen
angebracht. Vom Halsansatz zum Unterklotz hin abnehmende Zargenhöhe.
Boden: zweiteilig. Ahorn mit starker Flammung in Radialschnitt. Flach, ohne Randüberstand.
Randornamentik wie Decke. Auf Höhe des Oberklotzes ist ein doppellinig aufgemalter Stern
in einem ebenfalls doppellinig gestalteten Kreis aufgebracht. Eine weitere zweilinige
Verzierung am Unterklotz: 4 übereinander angeordnete Halbkreise, wobei der oberste
nochmals in sich aus kleinen, einander überschneidenden Halbkreisen besteht.
Zur Innenkonstruktion: Hals vermutlich stumpf auf den separaten Oberklotz geleimt.
Zusätzlich zur Verleimung 4 Paßstifte an der Zargenfuge über dem Unterklotz eingeschlagen.
Ober- und unterhalb des großen Schallochs je eine Balkenkonstruktion, wobei Decken- und
Bodenbalken in die Zargenverstärkungen eingelassen sind. Weitere Konstruktionsmerkmale
des Corpusinnern konnten nicht ermittelt werden.
Gesamt L: 987 (994)
Decke L: 455
B (max.): 322
Decke S: 1,1-1,8
Deckenmensur: 300
Zargen H: 93...74
Zargen S: <1,2
Boden L: 447
Boden S: 1,5-2,5
Rosette groß ‡: 84; Schallochlage v. o.: 170
Rosetten klein ‡: 39; Schallochlage v. o.: 290
MONTURTEILE:
Hals und Wirbelkasten: Hals mit Wirbelkasten aus einem Stück nicht identifizierten
Laubholzes. Hals in voller Griffbrettbreite. Sockelförmig ausgearbeiteter Halsstock. Hals geht
in einen s-förmig geschwungenen Wirbelkasten über, der in einer runden, gedrechselten,
schwarz lackierten Kopfplatte mit Mitteldorn ausläuft. 13 (davon 7 baßseitig und
6 diskantseitig angebracht) seitenständige, geschwärzte Wirbel, die überwiegend seitlich
einfach gekerbt und mit Endknöpfchen versehen sind. Unterhalb des ersten Wirbels
seitenständige Bohrung zur Aufhängung vorhanden.
Halsmensur: 215
Hals S: 27 / 25 / 27
Wirbelkasten L: 218
Wirbelkasten B innen: 10...30, außen: 24...41
Kopfplatte ‡: 40
Griffbrett und Obersattel: flaches, auf der Oberseite geschwärztes Griffbrett aus Ahorn, auf
Höhe des Oberklotzes auf die Decke geleimt; oberhalb des Obersattels verlängert und auf dem
Wirbelkasten aufliegend. Klammerprofil am Griffbrettende. Unterer Teil des Griffbretts mit
ZISTERN - INV.NR.
53
236
bunten Pflanzenornamenten bemalt (typische Toggenburger Malerei). 12 in das Griffbrett
eingelegte Bünde aus Messing. Vor dem 1.-4. Bund 4 Lochbohrungen zur Aufnahme eines
Capotasto. Obersattel ebenfalls aus Messing.
Griffbrett L (max.): 365 (407)
Griffbrett B: 43...58
Bundabstände: 30 - 57 - 82 - 106 - 129 - 150 - 170 - 189 - 206 - 223 - 237 - 254
Steg: schwarz lackierter Steg, mit roter und grüner Ornamentik bemalt. Eingelassener Sattel
aus Metall.
B / S / H: 103 / 8 / 26
Untere Saitenbefestigung: Die Saitenaufhängung erfolgt durch eiserne Haken, die an einem
flachen, schwarz gebeizten Saitenhalter eingehängt sind. Befestigung des geschweiften
Saitenhalters mittels eines dicken Eisendrahts an einem unterständigen, schwarz lackierten
Sattelknopf. Verzierung des Saitenhalters in gleicher Machart wie Griffbrettbemalung. Kein
Untersattel vorhanden.
Saitenhalter L: 97
Saitenhalter größte B / kleinste B: 60 / 31
Besaitung: Das Instrument ist für 13 Saiten (1 x 1 + 4 x 3 Chöre) konzipiert, von denen
aktuell 2 Saiten aus Messing-, 9 aus Eisendraht und die 2 unteren metallumsponnen sind.
Stimmung: c-ggg-c’c’c’-e’e’e’-g’g’g’ (nach Bachmann-Geiser 1981, S. 61)
Schwingende Saitenlänge: 510
ÜBERZUG:
Auf dem Corpus orangebrauner Lack, der am Boden stark abgenützt ist. Hals und
Wirbelkasten mit hellerem Lack überzogen. Griffbrettseitenränder dunkelbraun lackiert.
ZUBEHÖR:
Schraubcapotasto aus Messing mit Flügelmutter.
ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN:
Leichte Deckenrisse. Boden löst sich an mehreren Stellen vom Zargenkranz. 1 Wirbel
erscheint in abweichender Form und dürfte daher aus neuerer Zeit stammen.
PROVENIENZ:
Aus der Sammlung H. Schumacher. Im Fundortkatalog desselben (S. 9) ist dieses Instrument
in der Rubrik „Privaten, Händlern“ ohne weitere Angaben genannt. Zum Typus der
Toggenburger Halszither siehe Inv.Nr. 53.
LITERATUR:
- Schumacher: Handschriftlicher Katalog, Nr. 108, S. 134. Fundortkatalog Nr. 108, S. 9.
- Vannes 1956, Nr. 25, S. 10.
ZISTERN - INV.NR.
53
237
BILDNACHWEIS:
Von li. nach re. bzw. von oben nach unten: Vorder-, Seiten-, Rückgesamtansicht,
Schraubcapotasto am Hals.
ZISTERN - INV.NR.
238
54
Inv.Nr. 54
Zister (10 Saiten, 5 Chöre = 5 x 2)
Italien oder Schweiz, um 1900
SIGNATUR:
Auf Bodenmitte Brandstempel: Schriftzug LA FAVORITA, darunter Stern und zwei Blätter in
Form eines halben Lorbeerkranzes. Brandstempel auf dem Kopf stehend.
CORPUS:
Grob gearbeitetes Instrument mit birnenförmigem Corpus ohne Randüberstand, im mittleren
Flankenbereich gerade geschnitten. Wirbelkasten in Form eines rechteckigen Rahmens. Mit
Schraubcapotasto1.
Decke: einteilig, unregelmäßiger Umriß. Fein- bis grobjährige Fichte mit teilweise sehr schräg
und wellig verlaufenden Jahresringen. Flach, ohne Randüberstand. Keine Randeinlage
vorhanden. Rundes Schalloch ohne Rosette.
Zargen: schlichter Ahorn. Durchgehender Zargenverlauf am Unterklotz. Konstante
Zargenhöhe.
Boden: einteilig, asymmetrisch geschnittener Umriß (an der baßseitigen Flanke ausgeprägtere
Rundung). Material wie Zargen. Flach, ohne Randüberstand. Keine Randeinlage vorhanden.
Kleines, verrundetes Bodenblatt.
Zur Innenkonstruktion: Hals stumpf auf den Zargenkranz geleimt. Separater, durch 10 Nägel
mit dem Hals verbundener Oberklotz in Form eines flachen, dem Umriß des Halsfußes
entsprechenden Brettchens. Als Unterklotz kleiner, rechteckiger Holzbelag eingefügt.
Zwischen den beiden Klötzen breiter, kurz unterhalb der Decke verlaufender Längsbalken
eingesetzt, der am Unterklotz stumpf endet, am Oberklotz durch ein eingeschobenes
Holzplättchen mit diesem verbunden ist. Je 2 Querrippen an Decke und Boden (ober- und
unterhalb des Schallochs), nur an der baßseitigen Zarge mit senkrechten Zargenstützbalken
versehen. Zwischen oberem Deckenquerbalken und Boden befindet sich ein senkrechter,
durch 3 Nägel befestigter Stützbalken. Decke und Boden an den Rändern von außen mit
zahlreichen Nägeln an den Zargenkranz fixiert; ebenso ist die Innenbebalkung mittels von
außen eingeschlagener Nägel mit dem Zargenkranz verbunden. Papierbeläge zur Sicherung
der Bodenrisse aus neuerer Zeit. Keine Innenreifchen vorhanden.
Gesamt L: 714 (718)
Decke L: 315
B (max.): 270
Decke S: 2,2-2,8
Deckenmensur: 175
Zargen H: durchgehend 70
Zargen S: 1,2-2,2
Boden L: 330
Boden S: 1,8-2,2
Schalloch: ‡: 55; Schallochlage v. o.: 90
MONTURTEILE:
Hals und Wirbelkasten: Hals mit Wirbelkasten aus Ahorn. Massiger, grob geschnitzter
Halsstock mit angedeuteter Kantenbildung, sich nach hinten stark verjüngend. Hals in voller
Griffbrettbreite. Instabile Befestigung von 10 geschwärzten Steckwirbeln in einem leicht nach
hinten geneigten Wirbelrahmen; die seitenständig in den Rahmenwänden verankerten Wirbel
sind an ihren Enden nicht fixiert, sondern hängen frei in der offenen Rahmenmitte. Die
Rahmenvorderseite mit kleinen Brandstempeln in Blütenform verziert. In oberer Querleiste
Lochbohrung zur Aufhängung.
Halsmensur: 225
Hals S: 20 / 19 / 26
Wirbelkasten L: 185
1
Der Capotasto, ein auf der Rückseite des Halses mit einer durch den Hals hindurch verlaufenden Schraube
befestigter Querriegel, wird auf die Saiten aufgelegt, um in seiner Funktion als beweglicher Sattel eine
Transposition in höhere Lagen zu ermöglichen, ohne mühsame Barrégriffe anwenden zu müssen.
ZISTERN - INV.NR.
54
239
Wirbelkasten B innen: 49, außen: 75
Griffbrett und Obersattel: in der Stärke nach unten abnehmendes Griffbrett aus Nußbaum,
flach und nicht auf die Decke geleimt, aber am oberen Deckenbeginn durch zwei
Holzklötzchen zwischen Decke und Griffbrett abgestützt; die Klötzchen sind mit 2 Nägeln
fixiert. Klammerprofil am Griffbrettende, im unteren Bereich mit Blüten-Brandstempeln (wie
auf Wirbelrahmen) verziert. 12 eingelassene Bünde aus Eisen. An Hals und Griffbrett
6 Lochbohrungen zur Aufnahme eines Capotasto, jeweils vor dem 1.-4. und vor dem 6. Bund.
Obersattel aus Horn.
Griffbrett L (max.): 305
Griffbrett B: durchgehend 50
Bundabstände: 23 - 48 - 70 - 88 - 105 - 120 - 133 - 147 - 160 - 172 - 183 - 194
Steg: durch 2 kleine Sockel aus Ahorn erhöhter Steg aus Nußbaum mit eingelassenem
Eisensattel.
B / S / H: 95 / 11 / 27
Untere Saitenbefestigung: unterständige Saitenaufhängung mittels 7 in den Unterklotz
eingeschlagener Nägel. Auf dem Deckenrand angebrachter Untersattel aus Messing.
Untersattel B: 60
Besaitung1: 10 Saiten bzw. 5 Doppelchöre aus Messing- und Eisendraht.
Schwingende Saitenlänge: 400
ÜBERZUG:
Boden und Zargen mit dunkelbraunem Lack, Hals mit Wirbelrahmen und Decke mit
hellerem, rötlich-gelbem Überzug versehen. Unsorgfältige Ausführung.
ZUBEHÖR:
Grob geschnitzter, hölzerner Capotasto mit Eisenschraube und Flügelmutter.
ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN:
Das Instrument weist starke Beschädigungen auf: am Halsansatz ein ca. 10 x 3 cm großes
Stück aus dem Boden herausgebrochen. Massive Risse in Decke und Boden. Der Boden löst
sich partiell vom Zargenkranz. Decke im Bereich des Schallochs eingesunken.
Aufgrund alter Bundspuren am Hals und starker Eingriffe im Hals-Oberklotz-Bereich ist der
Hals wohl nicht original zum Corpus gehörig. Möglicherweise ist das gesamte Instrument aus
alten Instrumententeilen zusammengesetzt bzw. zusammengeschnitten worden, was auch den
leicht asymmetrisch verlaufenden Corpusumriß und den leicht verschobenen, auf dem Kopf
stehenden Brandstempel erklären würde.
PROVENIENZ:
Aus der Sammlung H. Schumacher. Im Fundortkatalog (S. 9) bezeichnet er das Instrument als
„Entlebucher Zither“ aus Entlebuch. Obwohl Corpusform, Zargenverlauf und andere kleinere
Details nicht mit der typischen Entlebucher Halszither übereinstimmen2 und auch der im
Boden eingebrannte Schriftzug „La Favorita“ - wenn er denn nicht von einem anderen
industriell gefertigten Instrument stammt - eher für eine italienische Herkunft sprechen würde,
ist es hinsichtlich der fünfchörigen Einrichtung und der Mensurwerte durchaus vorstellbar,
daß seitens des zweifellos dilettantischen Erbauers ein funktioneller Gebrauch ähnlich der
Entlebucher Halszither intendiert war.
1
Entsprechend der großen Variabilität, Formen- und Artenvielfalt im Zisternbau sind zahlreiche Stimmungen
überliefert. Daher wird bei den folgenden Besprechungen der Zistern dann auf eine Stimmungsangabe verzichtet
werden, wenn eine genaue Zuordnung zu einem bestimmten Zisterntyp nicht möglich ist. Allgemein kann jedoch
gesagt werden, daß die Zisterstimmungen seit der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts - im Gegensatz zu den auf der
Quarte basierenden Stimmungen von Laute und Gitarre - auf Dur-Dreiklangsstimmungen beruhen.
2
Zu den bautechnischen Charakteristika der Entlebucher Halszither vgl. Bachmann-Geiser 1981, S. 60-64.
ZISTERN - INV.NR.
54
240
LITERATUR:
- Schumacher: Handschriftlicher Katalog, Nr. 103, S. 136. Fundortkatalog Nr. 103, S. 9.
- Vannes 1956, Nr. 26, S. 10.
BILDNACHWEIS:
Von li. nach re. bzw. von oben nach unten: Vorder-, Seiten-, Rückgesamtansicht,
Brandstempel am Rücken.
HARFEN - INV.NR.
55
241
Harfen1
Inv.Nr. 55
Einfachpedalharfe (35 Saiten)
Jean Louvet, Paris, 1776
SIGNATUR:
Druckzettel unter dem Unterklotz: LOUVET, Luthier, à la Vielle // Royale, rue de la Croix
des Petits- // Champs, à côté de la petite porte Saint // Honoré, à Paris. // 17 [hs.:] 76.
no. 291.
Auf der linken2 Halsseite (unter der Farbe) Brandstempel: J. LOUVET // A PARIS
CORPUS:
Neunspänige Corpusschale mit leicht quergewölbter Decke. Dekor im Stil Louis XVI.
Umstimmöglichkeit durch 7 Pedale und Zugkrückenmechanik.
Decke: Fichte mit querlaufenden, feinen bis mittelbreiten Jahresringen. Leichte Querwölbung.
Obere Kantenschutzleisten sehr flach, vergoldet. Seitliche Kantenleisten in Form von je einem
verrundeten Ebenholzspan, der mit der Decke bündig abschließt. Das symmetrisch angelegte
Deckendekor ist über einer hellgrünen Grundierung aufgebracht (Vernis Martin-Stil):
zwischen üppiger Zweig-Ornamentik mit Blumengirlanden sind 4 Putten und
2 Trophäenabbildungen von Musikinstrumenten (Lauten- bzw. Blasinstrumente) aufgemalt.
Corpusschale: bestehend aus 9 Ahornspänen, hellgrün bemalt. Im mittleren Span
4 linsenförmige Schallöcher herausgeschnitten. Der jeweils 2. und 3. Span von außen mit je
2 Blumenbouquets dekoriert.
Zur Innenkonstruktion: Corpusschale durch 3 verleimte Rippen verstärkt; diese sind an den
Stoßstellen in den seitlichen Corpusleisten verkeilt. Zusätzliche Sicherung durch kleine,
jeweils über 2-3 Späne reichende Querklötzchen, die in regelmäßiger Anordnung über die
gesamte Corpusschale verteilt sind. Sämtliche Fugen in Längsrichtung mit Leinenstreifen
belegt. Innerer Saitensteg, entsprechend seinem Gegensteg auf der Außenseite, über die
gesamte Deckenlänge reichend.
Gesamt H: 1590
Weite: 790
Gesamt B (mit ausgeklappten Pedalen): 590
Decke B: 110...330
Decke L: 1155
Corpusschale T: 60...120
Wölbungshöhe Decke (max.): um 8
Stegleiste B / S: 9...35 / 2...5
Decke S: k.M.
Späne S: 3,5-4,8
Schallöcher (von oben nach unten): 13 x 90; 15 x 113; 20 x 125; 26 x 125
MONTURTEILE:
Hals und Schulter: Hals aus Ahorn (?); auf Höhe des 14. Wirbels3 einen Höcker aufweisend.
Ober- und Unterkante reich beschnitzt und vergoldet. Am Übergang zum Kopf ist der Hals
beidseitig mit erhabenen, vergoldeten Akanthusschnitzereien versehen; am Übergang zur
Schulter auf der rechten Seite ein ähnlich gearbeitetes Schnitzwerk. Seitenwände hellgrün
bemalt und mit Blumengirlanden verziert. Die mit dem unteren Randprofil über die obere
Corpusschale reichende Schulter ist mit einem weiteren Blumenbouquet versehen. Die in
einer Auslassung im rechten Teil des Halses untergebrachte Umstimmechanik ist über den
Mechanikdeckel erreichbar; Verschlußkeil hier jedoch festgeleimt, so daß eine genauere
Betrachtung der Mechanik nicht möglich ist. 35 vorne vierkantig geformte Eisenwirbel, ab
1
Die verwendeten Fachtermini richten sich nach Droysen-Reber 1999.
Die bei den Harfen nicht zu vermeidende Verwendung der Begriffe „links“ und „rechts“ geht immer von der
Sichtweise des Spielers aus.
3
Die Durchzählung der Wirbel beginnt mit demjenigen für die tiefste Saite.
2
HARFEN - INV.NR.
55
242
dem 14. Wirbel vorne geschlitzt. Darunter 35 Sattelstifte aus Messing angebracht.
32 Zugkrücken aus Messing, die die Saiten nach Pedaleintritt gegen fest verankerte
Halbtonsättel aus Messing ziehen und damit um die Länge eines Halbtons verkürzen. Die
tiefste und die höchste Saite haben keine Mechanik und sind nicht zu alterieren.
Säule mit Kopf: Säule und Kopf aus Ahorn (?), sämtlicher plastischer Dekor und
Säulenprofile vergoldet. Säule vierfach doppelwellig profiliert, die Kannelüren entsprechend
dem Corpus und Hals mit hellgrünem Überzug versehen. Kopf in Form einer mit
Akanthusschnitzereien versehenen Volute mit Blütenabschluß. Gegenvolute mit doppeltem
Lorbeergehänge bestückt und unten mit einer Blütenspange abschließend. Säulenabschluß
ebenfalls mit einer Volute und nach oben gerichteten Akanthusblättern verziert.
Säule ‡ (max.): 50
Untere Saitenbefestigung: Stegleiste aus Laubholz, an den Saitenaustrittslöchern zur
Verstärkung mit Messingkrampen versehen. 35 uneinheitliche Saitenstifte aus Palisander und
Ebenholz, überwiegend mit Bein- oder Perlmuttaugen belegt.
Pedalkasten: Vorderzarge sanft geschwungen, mit viereckigem Einzug in der Mitte.
Profilleisten vergoldet. Auf der Oberseite vergoldete Akanthusschnitzereien aufgebracht.
7 Pedale aus Eisen für eine einfache Rückung (à simple mouvement). 4 Holzfüße.
Pedalkasten B (ohne Pedale) / T / H: 355 / 245 / 45
Besaitung: 35 Darmsaiten.
Stimmung: nach Corbelin 1779 (zit. nach Droysen-Reber 1999, S. 223) in Es-Dur mit einem
Tonumfang von As-g’’’. Die Pedale lassen aber auf einen Tonumfang von B-as’’’ schließen.1
Schwingende Saitenlängen: 1390...109; C-Saiten: 1360, 1085, 658, 388, 211
ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN:
Starker Wurmbefall am gesamten Instrument. Der Hals weist in Schulternähe einen Bruch
auf; große Volute am Kopf rissig. Rißbildungen im oberen Bereich der Corpusschale, dort ist
das Corpus leicht eingesunken. Hellgrüne Farbe an der Corpusschale partiell abgeblättert.
Saitenstifte zum Teil stark beschädigt. Zweitoberste Saite und 1 Zugkrücke fehlend. Die
Sattelstifte sind vereinzelt durch Schlitzschrauben aus Eisen ersetzt. Die oberste Saite scheint
erst später hinzugefügt worden zu sein (Wirbelanbringung in der Verzierung), so daß die
Harfe ursprünglich einen Tonumfang von B-g’’’ gehabt haben dürfte. Einige der Sattelstifte,
Halbtonsättel und Saitenstifte am Steg sind im Laufe der Zeit ersetzt worden.
PROVENIENZ:
Aus der Sammlung H. Schumacher. Im Zusammenhang mit vorliegendem Instrument erwähnt
Schumacher in seinem Fundortkatalog (S. 20) die Stadt „Haag“ als Erwerbsort, womit
höchstwahrscheinlich die niederländische Stadt Den Haag gemeint ist.
Die in Bourg d’Argennes (Normandie) geborenen Brüder Jean und Pierre Louvet lebten und
wirkten um die Mitte des 18. Jahrhunderts in Paris, das in dieser Zeit Zentrum des
Harfenspiels und Harfenbaus war. Hier erfuhr die Pedalharfe nicht nur technische
Verbesserungen wie den Umstimmechanismus mittels Zugkrücken, sondern sie paßte sich in
ihrer dekorativen Gestaltung auch den repräsentativen Anforderungen des Pariser Hochadels
an, in dessen Kreisen sie besonders bei der Damenwelt zum Modeinstrument avancierte.2
Jean Louvet (geb. um 1728 in Bourg d’Argennes, gest. 1793 in Paris), genannt „le jeune“, gab
sich laut einer Anzeige aus dem Jahre 1777 selber als Spezialist für den Bau von Pedalharfen,
Drehleiern und anderen Saiteninstrumenten aus. Es wird angenommen, daß er bei seinem fast
20 Jahre älteren Bruder Pierre Louvet (1708/09-1784) in die Lehre gegangen ist, bevor er im
1
Es wird dabei von der üblichen Pedalanordnung ausgegangen, bei der sich die 3 Pedale für B/H, C/Cis und
D/Dis auf der linken Seite und die 4 Pedale für Es/E, F/Fis, G/Gis und As/A auf der rechten Seite befinden.
2
Zur Pariser Harfe in der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts vgl. Droysen-Reber 1999, S. 53ff.
HARFEN - INV.NR.
55
243
Alter von 25 Jahren maître luthier wurde. Seine Werkstatt befand sich in der Rue de la Croixdes-Petits-Champs, und er führte wie sein Bruder das Ladenschild „à la vielle royale“.1
LITERATUR:
- Schumacher: Handschriftlicher Katalog, Nr. 39, S. 53/54. Fundortkatalog Nr. 39, S. 20.
- Vannes 1956, Nr. 9, S. 8.
BILDNACHWEIS:
Von li. nach re. bzw. von oben nach unten: Seitengesamtansicht (rechts), Seitengesamtansicht
(links), Vorder-, Rückgesamtansicht, Volute und Zugkrückenmechanik, Brandstempel auf li.
Halsseite.
1
Lütgendorff/Drescher 1990 (Ergänzungsband), S. 375.
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246
Inv.Nr. 56
Neo-irische Harfe (30 Saiten)
G. Morley, London, Mitte 19. Jahrhundert
SIGNATUR:
Auf die Vorderseite ist in goldener Schrift gedruckt (nur noch bedingt lesbar; rekonstruiert
nach Vannes 1956, S. 9): GEO MORLEY // HARPMAKER // FROM ERARD // 6 SUSSEX PLACE //
SOUTH KENSINGTON, LONDON // NO [hs.:] 1097
In die Unterseite des Sockels ist die Zahl 1097 eingestanzt.
CORPUS:
Corpus zusammengesetzt aus einer Rundschale und einer flachen Decke. Verkürzung der
Saiten mit Hilfe von Blättchen (levers).
Decke: Fichte mit querlaufenden, mittelbreiten Jahresringen. Massige obere
Kantenschutzleisten aus Hartholz. Symmetrisch angelegtes Deckendekor in Form von
Kleeblattranken an den Rändern und je einem widderähnlichen Fabeltier beidseitig des
unteren Säulenabschlusses.
Corpusschale: Ahorn. Die aus 2 Teilen zusammengesetzte Rundschale weist in der Mitte eine
spaltförmige Öffnung auf, in die 5 breite Klötze eingesetzt sind, so daß 4 rechteckige
Schallöffnungen entstehen. An den Rändern und zwischen den Schallöchern
Kleeblattornamente in Gold aufgebracht.
Zur Innenkonstruktion: Corpusschale mit 5 Paßstiften am Oberklotz und mit 8 Schrauben an
der Basis fixiert. Exakt unter dem oberen Saitensteg verläuft der innere Gegensteg, an dem
die Saiten verknotet und zum Teil verknebelt sind. Außer den beiden kräftigen seitlichen
Corpusleisten keine weitere Bebalkung vorhanden.
Gesamt H: 970
Weite: 570
Gesamt B: 274
Decke B: 82...274
Decke L: 887
Corpusschale T: 55...140
Decke S: k.M.
Corpusschale S: 2,3-2,8
Stegleiste B / S: 16...22 / 1...3,5
Schallöcher (von oben nach unten): 18 x 109; 21 x 138; 33 x 118; 39 x 147
MONTURTEILE:
Hals und Schulter: Ahorn (?), aus 5 Teilen zusammengesetzt. Seitenwände und Oberseite des
Halses sowie Schulter mit goldenen Kleeblattketten verziert. An der rechten Schulterseite
Messingknopf zur Befestigung eines Tragbandes angebracht. Unterhalb der 30 gelochten,
vorne verrundeten Eisenwirbel und der Sattelstifte aus Messing in gleicher Anzahl sind
30 Messingblättchen (davon 10 abgebrochen) senkrecht in den Hals eingelassen. Um die
Saiten jeweils um einen Halbton zu erhöhen, müssen die sich in Richtung Diskant
verkleinernden Blättchen mit der Hand um 90 Grad zum Spieler hin an die Saite gedreht
werden, so daß sich die schwingende Saitenlänge verkürzt.
Vorderstange mit Kopf: Ahorn (?). Die aus 2 Teilen zusammengefügte, vierkantige
Vorderstange verjüngt sich zur Basis hin. Zu beiden Seiten des Kopfes (auf der linken Seite
aufgrund starken Farbverlustes nicht mehr sichtbar) und an der Stangenvorderseite goldene
Kleeblattranken aufgebracht.
Vorderstange B / T: oben 49 / 130; unten 45 / 34
Untere Saitenbefestigung: Stegleiste aus Laubholz mit 30 uneinheitlichen Haltestiften aus
überwiegend Ebenholz mit eingelegten Perlmuttaugen.
Besaitung: 30 Darmsaiten.
Schwingende Saitenlängen: 854...82; C-Saiten: 765, 302, 160
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ÜBERZUG:
Decke mit farblosem Lack, die anderen Teile mit grüner Farbe überzogen.
ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN:
Das Instrument befindet sich in einem sehr fragilen Zustand. Zum Teil massiver Verlust des
grünen Farbüberzugs. 10 von 30 Hebeln zur Verkürzung der Saiten abgebrochen. Ein Teil der
Saitenstifte in neuerer Zeit ergänzt.
PROVENIENZ:
Vorliegende Harfe ist in den Aufzeichnungen Schumachers nicht verzeichnet, so daß von
einer nachträglichen Eingliederung in die Sammlung ausgegangen werden muß. Laut eines
Vermerks in den Inventarisierungsbögen Kappeler/Hiestands 1966 war das Instrument vorher
im Besitze des Paul Jecklin aus Zürich.
Trotz ihres Namens weist die Neo-irische Harfe kaum Gemeinsamkeiten mit der traditionellen
irischen Harfe auf, die Ende des 18. Jahrhunderts auszusterben begann. Mit der Übernahme
einiger Bau- und Konstruktionsprinzipien aus dem modernen kontinentalen Pedalharfenbau
wie der unteren Fixierung der Saiten an einem Steg mit Saitenstiften und der Ausarbeitung
des Corpus als Rundschale sowie der möglichst leichten Bauweise und unkomplizierten
Handhabung entstand auf den britischen Inseln ab dem beginnenden 19. Jahrhundert ein neuer
Harfentyp, der primär für die zahlreich existierenden Harfengesellschaften und interessierten
Amateure geschaffen wurde. Mit der Neo-irischen Harfe sind stets die Namen von John Egan
aus Dublin und von seinem Neffen Francis Hewson verknüpft, die als Protagonisten zweier
Harfenmodelle gelten.1 Zu dem kleineren Modell, das mit einem Umstimmechanismus für
eine Halbtonerhöhung mittels per Hand zu bedienender Blättchen ausgestattet war und von
Egan als Portable Harp vermarktet wurde, kann vorliegende Harfe gezählt werden.
Über den Wirkungszeitraum des Londoner Harfen- und Gitarrenmachers G. Morley konnten
in der Literatur keine Angaben gefunden werden.2 Wie Rimmer 1977 (S. 67) feststellte, ist
das Modell der Portable Harp von Egan um die Mitte des 19. Jahrhunderts auch in England
gebaut worden. Somit kann von einem Wirken Morleys in diesem Zeitraum ausgegangen
werden.
LITERATUR:
- Vannes 1956, Nr. 11, S. 9.
1
Eine ausführliche Beschreibung der beiden Modelle in Rimmer 1977, S. 67f.
Lütgendorff 1904, S. 441. Bei Vannes 1951 (Bd. I, S. 248) ist ein John George Morley genannt. Da die dort
angegebene Ortsangabe (samt Straßenname) mit den vorliegenden Zettelangaben übereinstimmt, ist eine
Entsprechung beider Personen wahrscheinlich.
2
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BILDNACHWEIS:
Von li. nach re. bzw. von oben nach unten: Seitengesamtansicht (rechts), Seitengesamtansicht
(links), Vorder-, Rückgesamtansicht, obere Saitenbefestigung und Umstimmvorrichtung
mittels Blättchen, Signatur.
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HARPE DITALE - INV.NR.
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Inv.Nr. 57
Harpe ditale (29 Saiten)
J. Pfeiffer, Paris, um 1830
SIGNATUR:
Auf der rechten Halsseite in die Messingplatine eingraviert: Pfeiffer par Brevet d’Invention //
A Paris // No 97
CORPUS:
Lyraähnliches, mehrfach geschweiftes Zargencorpus ohne Wölbung. Einfache Verkürzung
der Saiten durch eine Drehscheibenmechanik, die mittels 7 am Hals befestigter Hebel (ditales)
aktiviert wird.
Decke: dreiteilig. Fichte1 mit diagonal verlaufenden, teilweise welligen Jahresringen. Flach,
ohne Randüberstand. Decke zusammen mit dem Boden und den Zargen an der Basis von
einem in der Mitte gelochten, querrechteckigen Fichtenbrett abgeschlossen, das von einem
Leistenkranz aus Buchsbaum eingerahmt wird.
Zargen: Palisander. Nach oben sich verjüngende Zargen.
Boden: zweiteilig, aus Palisander. Flach, ohne Randüberstand. 3 gleichmäßig verteilte, aus
dem Holz geschnittene Rosetten, nach oben an Größe abnehmend; die oberste ein
Blütenmotiv darstellend, die beiden unteren in Rankenornamentik.
Zur Innenkonstruktion: In die oberen beiden Corpusecken je ein Eckklotz eingesetzt, daran
die Boden- und Deckenreifchen stumpf anstoßend. An der Decke verläuft ein Gegensteg aus
Buche in gleicher Form und Größe wie der Außensteg; im unteren Drittel wird dieser von
einem Deckenlängsbalken gekreuzt, von dem ober- und unterhalb des Gegenstegs 2 schmale,
der Biegung des Gegenstegs angepaßte Balken weglaufen, die an der spielerseitigen Zarge
enden. Zwischen der obersten und mittleren Rosette verläuft ein Bodenquerbalken. Im
Zentrum der Oberzarge und in den unteren Teilen der seitlichen Zargen sind Verstärkungen in
Form von dünnen Balken aufgelegt. Unterhalb des Gegenstegs flacher Deckenbelag
aufgeleimt.
Gesamt H: 915
Decke L (min. / max.): 285 / 387
Decke B (min. / max.): 291 / 473:
Decke S: 3,5-4,2
Rosetten ‡ (von oben nach unten): 68; 87; 94
Gesamt B: 490
Zargen H: 53...95
Zargen S: 2,8-3,2
Boden S: 2,6-3,2
MONTURTEILE:
Hals und Schulter: Hals mit Schulter in einem Stück, an Säule und Corpus stumpf ansetzend.
Material Buche, Palisander furniert; Einfassung der Ränder mit Buchsbaumspänen. Unterhalb
der 29 oben verrundeten Eisenwirbel ist beidseitig des Halses eine breite Messingplatine
aufgeschraubt; darin sind 29 Drehscheiben aus Messing verankert, die jeweils mit
2 Sattelstiften aus demselben Material ausgestattet sind. Die Drehscheiben werden über eine
in der Unterseite des Halses bzw. zwischen den Messingplatinen untergebrachte Mechanik
aktiviert, deren Ausgang 7 (davon einer abgebrochen) eiserne, an der linken Außenseite des
Halses befestigte Hebel (ditales) bilden. Die ditales werden bei Bedarf vom Spieler mit der
linken Hand angezogen, wobei mit jedem Hebel jeweils alle gleichnamigen Saiten um einen
Halbton nach oben gestimmt werden können, indem sich die Scheiben nach Aktivierung so
drehen, daß die Saiten von den senkrecht aufgebrachten Sattelstiften gabelartig umfaßt
werden und sich deren schwingende Saitenlänge dadurch um die erforderliche Länge
verkürzt.
Hebel L: 95
1
Von Schumacher (Handschriftlicher Katalog, S. 55) als Tannenholz identifiziert.
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Säule mit Kopf: in Empireform. Palisander furniert. Säule rund, in nahezu gleichbleibender
Stärke; am oberen und unteren Säulenabschluß mit profilierten Ringen aus Buchsbaum
verziert. Der Kopf schließt mit einer runden, die Basis mit einer rechteckigen Platte aus
Buchsbaum ab.
Säule ‡ (min. / max.): 40 / (mit Buchsbaumringen) 68
Säule L: 608
Untere Saitenbefestigung: auf der Decke angebrachter, schwarz gebeizter Steg mit einer
Satteleinlage aus Bein, schräg nach oben gebogen und sich nach oben verjüngend; zur
Befestigung der Saiten 29 Saitenstifte aus Ebenholz mit unterschiedlich großen Perlmuttaugen
eingesetzt.
Steg B / S / H: 480 / 13...23 / 8...10
Besaitung: 29 Saiten, davon 28 Darmsaiten und 1 metallumsponnen.
Stimmung: Das Instrument hat die Grundstimmung Es-Dur mit einem Tonumfang von
Es-es’’’.1 Die Hebel wirken auf folgende Töne bzw. Saiten: es, f, g, as, b, c, d
Schwingende Saitenlängen: 750...150; C-Saiten: 710, 526, 313, 184
ÜBERZUG:
Decke unbehandelt; das Palisanderholz bzw. -furnier mit Klarlack überzogen.
ERHALTUNGSZUSTAND UND UMBAUTEN:
2 Saiten fehlend, 1 Saite gerissen. Hebel für die Umstimmung der es-Saiten abgebrochen.
1 Stegsaitenstift stark beschädigt. Randverzierung aus Buchsbaum partiell abgesplittert.
Säulenringe aus Buchsbaum brüchig.
Die unbehandelte, optisch unschöne Decke paßt nicht zur sonst sorgfältigen Auswahl des
Holzes und zur sauberen Verarbeitung des Instruments. Es konnten jedoch keine
Lackrückstände oder sonstige Behandlungsspuren ausgemacht werden, die auf einen
ursprünglich anderen Zustand der Decke hinweisen würden.
PROVENIENZ:
Aus der Sammlung H. Schumacher. Laut eines Eintrages in Schumachers Fundortkatalog
(S. 20) wurde das Instrument in Brüssel erworben. In derselben Stadt ist ein
Vergleichsinstrument2 des gleichen Herstellers erhalten (Conservatoire royal, Brüssel,
Nr. 248; abgebildet in Baines 1966, Nr. 340). J. Pfeiffer (geb. 1769 in Trier, gest. 1839 in
Paris) war als Klavierbauer in Paris tätig.3 Im Jahre 1830 brachte er eine Erfindung auf den
Markt, die er Harpolyre nannte - ein kleines harfenähnliches Instrument mit einem Corpus in
Lyraform, das zum Spielen auf dem Schoß oder auf einem Tisch positioniert wurde und das
anstatt eines Pedalsystems mit 7 Hebeln (ditales) zur einfachen Verkürzung der Saiten
(simple mouvement) ausgestattet war.4 Während Vannes 1956 (S. 8) diese Erfindung als
Modifikation der von Edward Light im Jahre 1816 in London patentierten Harp-lute
einordnet, gibt Sachs 1913 (S. 183) die Harpinella als unmittelbare Vorgängerin der Harpe
ditale an, eine 1818 von Marstrand in Kopenhagen konstruierte, kleinere Harfe in Lyraform
mit doppeltem Saitenbezug und einer Umstimmvorrichtung mittels 7 am Hals befestigter
Hebel.
1
Die bei Sachs 1913 (S. 183) angegebene Stimmung für die Harpe ditale von es-es’’’ dürfte auf einen Irrtum
V.-Ch. Mahillons zurückzuführen sein, der in seinem Katalog der Brüsseler Sammlung (Bd. 1, 2Gent 1893,
S. 342f., Nr. 248) den Umfang mittels einer Notenzeile ebenfalls mit es-es’’’ angibt. Sachs hat diesen Fehler
wahrscheinlich aus jenem Katalog übernommen. Die Stimmung des 29-saitigen Instruments ist auf Es-es’’’ zu
korrigieren. (Freundliche schriftliche Mitteilung von Prof. Dr. Jürgen Eppelsheim vom 10.10.01)
2
Bei diesem Instrument befindet sich der Saitenbezug jedoch auf der rechten Saite, während die ditales auf der
gegenüberliegenden Seite angebracht sind.
3
Vannes 1951, Bd. I, S. 276.
4
Sachs 1913, S. 183.
HARPE DITALE - INV.NR.
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252
Welches Instrument Pfeiffer als direktes Vorbild auch gehabt haben mag, seine Erfindung
richtete sich - wie alle derart gestalteten Instrumente - primär an Amateure.1 Ob die
Übertragung des Pedalsystems auf einen mit der Hand zu bedienenden Mechanismus jedoch
eine Vereinfachung darstellt und allein die geringe, handlichere Größe des Instruments den
fehlenden Komfort einer Pedalmechanik ausgleichen kann, ist zu bezweifeln.
LITERATUR:
- Schumacher: Handschriftlicher Katalog, Nr. 41, S. 55/56. Fundortkatalog Nr. 41, S. 20.
- Vannes 1956, Nr. 10, S. 8.
BILDNACHWEIS:
Von li. nach re. bzw. von oben nach unten: Seitengesamtansicht (rechts), Seitengesamtansicht
(links), obere Saitenbefestigung und Drehscheibenmechanik mit ditales, Halsmechanik,
Signatur (Gravur).
1
Baines 1966, S. 54.
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57
253
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57
254
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