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DE.BUG
AIR LIQUIDE | KLIMEK | DAT POLITICS | CLARO INTELECTO | CORY DOCTOROW | MÄRTINI BRÖS | MOABEAT | 279 REVIEWS
MONATSZEITUNG FÜR
ELEKTRONISCHE LEBENSASPEKTE
JUNI 2004. EUR 2.80 / Schweiz: SFR 5,50
MUSIK MEDIEN KULTUR SELBSTBEHERRSCHUNG
11 GET PHYSICAL
Mit ihrem Solo-Album "I Com" hat Miss Kittin einen
großen Schritt zur Seite gemacht, weg vom DJ-Pult
hinters Mikrophon. Toppt sie demnächst als Caroline
Hervé mit ihrem Chanson-Futurismus die französischen Charts?
In Berlin steht die Schmiede für saftigen Disco-House nach Metro Area. Sechs Freunde haben den guten
Geschmack gefressen, vergessen aber das befreiende Rülpsen auf dem Dancefloor nicht. Wenn Minimalhouse aus Italien käme ...
08 MOCKY
R'n'B hat seinen entspannten Sunnyboy. Der Kumpel von Peaches und Gonzales kurvt im Go-Kart
durch peacige Oldschool-Beats und schlägt jeglicher Gangsta-Attitüde ein extrem Slacker-lässiges
Schnippchen. Kappe ab, Puschen an.
LIZENZEN
OHNE
GRENZEN!
Filesharing ganz legal?
Mit Lizenzmodellen wie
Creative Commons aus dem
Packeis des Lizenz-Jungles.
Raus aus der Grauzone
der Nutzungsrechte!
Die fairen neuen Deals
in unserem Special
ab Seite #25
13
ABZWEIG JENA JETZT / ROBAG WRUHME
Merkt euch diesen Namen! Wenn jemand die Mutter
aller kommenden House-Schulen sein wird, dann er.
Gabor Schablitzki aus Jena vereint als Robag Wruhme
seine multiplen Persönlichkeiten, die er als Elektronika-Hero “Beefcake” und Mitglied des DeephouseExpertenteams “Wighnomy Brothers” zur Perfektion
gebracht hat. Nicht Köln, nicht Berlin und nicht London wurde so in den vergangenen Jahren zum Nabel
des stilsicheren Dancefloors, sondern Jena, die Stadt
der Eigenbrödler, Laser-Experten und Harry-Belafonte-Fans. Hier sitzt das Label “Freude am Tanzen”, das
Robag für seine musikalischen Testfahrten den Rüc-
ken frei hält. Mit seiner Mischung aus gepflegter House-Tradition, wuselndem Spaß an durchgerockten HipHop-Beats
und dem sichersten Händchen für Euphorie in aufsteigendem Moll ist er der Hoffnungsträger für alle, denen immer
öfter immer langweiliger wird im Club zwischen KonsensMinimalismus, marktschreierischem Retro und überkandideltem Stylefaschismus. Back to the music. Robag Wruhme
versöhnt die Nerds und die Feierschweine und das mit einer
Musik, die sich um nichts weniger Gedanken macht, als
irgendwelchen Ansprüchen zu genügen. Patentjäger aufgepasst: Sichert euch den Namen “Wuzzelbud”, das Buzz-Wort
des Zukunft. Jena ist tief, Chicago war gestern.
16 DJ-BATTLE IN VIETNAM
32 LEINEN-SNEAKER
06 FREAKLÜB
MUSIK
KULTUR
MEDIEN
MÄRTINI BRÖS…................................................................................<SEITE#03>
MUSIKCLIPS: ZOOT WOMAN, BRITNEY SPEARS.................... <SEITE#04>
BILDERKRITIKEN............................................................................<SEITE#04>
AIR LIQUIDE........................................................................................<SEITE#10>
GADGETS: MOBILE PLATTENSPIELER UND AUTOS...............<SEITE#12>
SLEEVEDESIGN LEX RECORDS....................................................<SEITE#08>
WORKSHOP.........................................................................................<SEITE#15>
MODE: LEINEN-SNEAKERS...........................................................<SEITE#32>
MY FAVORITE MACHINES: MELBEATZ’ MPC4000...................<SEITE#22>
CLARO INTELECTO….….....................................................................<SEITE#18>
PERFORIERTES DESIGN: MARKUS DRESSEN........................... <SEITE#34>
MUSIKTECHNIK: KORG LEGACY COLLECTION.......................<SEITE#23>
DAEDELUS…........................................................................................<SEITE#24>
KUNST VERBRÄT HOLLYWOOD: JACK GOLDSTEIN...............<SEITE#35>
BÜCHER ONLINE FÜR UMME: CORY DOCTOROW......................<SEITE#26>
Nein, es gibt nicht nur Karaoke in Asien, auch DJWettbewerbe. Mit Bier auf der Tanzfläche ist man als
Tänzer raus, mit den populistischsten Bum-Bum-Beats als DJ drin. Und um Punkt Mitternacht ist
Schluss. Unsere Reisereportage.
Der Mode-Tipp des Sommers. Du machst Karriere,
bist aber nicht hip? Du bist hip, machst aber keine
Karriere? Leinen-Halbschuhe sind die Lösung für
beides. Wir stellen die wichtigsten Modelle für die
Image-Rettung vor.
Streetart macht sich immer breiter im Stadtbild.
Auch Freaklüb aus Barcelona sorgen mit ihrem orangehaarigen Character "Aunara" dafür, dass die Stadt
zum Comic wird. Mit den berühmten Bimbos von Boris Hoppek hat sich Aunara schon angefreundet.
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DE.BUG
09 MISS KITTIN
83
WHATEVER
HONKY TONK
IMPRESSUM
DEBUG Verlags GmbH
Brunnenstr. 196, 10119 Berlin
Email Redaktion: [email protected]
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Fon: 030.28384458, Fax: 030 2838 4459
Herausgeber: Alexander Baumgardt, Mercedes
Bunz, Jörg Clasen, Jan Rikus Hillmann, Sascha
Kösch, Fee Magdanz, Riley Reinhold, Anton Waldt,
Benjamin Weiss
Redaktion: Mercedes Bunz ([email protected]),
Thaddeus Herrrmann ([email protected]), Jan Joswig ([email protected]), Karen Khurana ([email protected]), Sascha Kösch ([email protected]), Sven von
Thülen ([email protected]), Clara Völker
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Reviewredaktion: Sascha Kösch ([email protected]),
Jan Ole Jöhnk ([email protected])
Bildredaktion: Ole Brömme ([email protected])
Redaktion Wien: Anton Waldt ([email protected])
Redaktion Lüneburg: Heiko H. Gogolin ([email protected]), Nils Dittbrenner ([email protected])
Texte: Anton Waldt, Stefan Heidenreich, Verena
Dauerer, Annett Jaensch, Karen Khurana, Sven von
Thülen, Sascha Kösch, Thaddeus Herrmann, Patrick
Bauer, Multipara, Sami Khatib, Paul Paulun, Mercedes Bunz, Clara Völker, Arne Linde, Benjamin Weiss,
Mario Sixtus, Natascha Kutosow, Sandra Sydow, Sasha Horsley, Benjamin Weiss, John Twells, Marcus
Hauer, Katja Hanke, Renko Heuer, Martin Osti, Aljoscha Weskott, Janko Roettgers, Alex Heimes, Baas
Döhler, Jan Joswig, Tobias Vethake
Fotos: Sibylle Fendt, Stefan Korte, Katja Kuhl, Olaf
Heine, Volkmar Klemm
Reviews: Nils Dittbrenner as bob, Clara Völker as
caynd, Heiko H. Gogolin as bub, Jan Joswig as jeep,
Karen Khurana as karen, Mercedes Bunz as mercedes, Patrick Bauer as bauer, Paul Paulun as pp,
Sascha Kösch as bleed, René Josquin as m.path.iq,
Sven von Thülen as sven.vt, Thaddeus Herrmann as
thaddi, Mathias Mertens as mwm, Arne Linde as Arne, Anne Pascale as miu, Janko Röttgers as janko, Eric Mandel as em, Jan Simon as jan, Carsten Görig as
ryd, Florian Brauer as budjonny, Florian Schreiner as
xenya, Nina Scherner as nina, Baas Döhler as baas,
Tamas Novak as tamas, David Weber as dvd, Sami
Khatib as sk
A BETTER TOMORROW / Für ein besseres Morgen
TEXT
BILD
ANTON WALDT | [email protected]
Die Rotzlöffel Etzi und Fetzi aalen sich bereits behaglich, Veteranen nesteln an der Kippfunktion ihrer Bürosessel und versuchen sich zaghaft im Knochenschütteln sowie der Hoffnung, dass alles noch schubi wird:
Der Mülleimer-Charakter "Kalle Kiez" belohnt den Jägermeister-0,1-Einwurf jetzt mit einem knalligen "Knorke, Keule!" und exakt so haben wir uns "Schaltstellen in
Sachen Informationen" spätestens seit dem Dosenpfand vorgestellt. "Unterweisungen in Sachen Leben"
heißt jetzt ja auch "Lifing"
und "Methoden in Sachen Überleben" schlicht "Trinking": "Ich nicht mehr saufen? Klar trinke ich noch", erklärte der 74-Jährige Gene Hackman unlängst allen
über 30 die amtliche Abendgestaltung: "Irgendwer gab
uns diese verdammt großen Drinks, die so gut schmeckten. Wir hatten einige davon." Besonders gebeutelten
Gestalten wie Herrn Trittin und Doktor Motte reicht
das aber schon lange nicht mehr und was man so hört,
versuchen sie es jetzt mit "Licking": Dazu hockt man
sich in ein Baumhaus in Berlin-Zehlendorf, leckt verschiedene Kröten ab und jammert über Weissblechstrolche, abgesagte Paraden und andere entzauberte
Mythen, wie die betrunkenen Killerschimpasen aus
Uganda, die im Kibale-Wald hausen, illegal gebrautes
Bannanenbier süffeln und Kinder frühstücken und daher auch "Mobutu" heißen. "Lang mal die Kröte rüber"
und "Wie soll das alles enden?" wechseln sich dann munter ab und am Ende so einer Leck-Session ist man schon
mal überzeugt, dass der Dalai Lama und seine Mordbuben - allen voran die Beastie Boys und Richard Gere bestimmt schuldig sind und die fiesen Aborigines,
Nelson Mandela und natürlich die gemeingefährlichen
Regenwaldindianer auch Dreck am Stecken haben. Von
"Licking" ist daher unter "Lifing"-Aspekten dringend abzuraten, das Konzept wurde schließlich auch nicht für
Baumhäuser in Berlin-Zehlendorf entwickelt, sondern
auf die klassische Knast- und Bibel-Tour. ErweckungsSchabernack aller Colour ist ja überhaup mächtig ange-
WWWKROETEK.ORG
sagt, und wenn sich sogar Arte mit Karl dem Großen
ein neues Übernational-Bewusstsein erquengelt, wollen wir uns auch nicht weiter zurückhalten: "Ein Bürger
Athens vernachlässigt die öffentlichen Aufgaben nie, um
dem eigenen Geschäft nachzugehen. In keinem Moment
widmet er sich öffentlichen Ämtern, um private Interessen zu befriedigen. Uns wurde gelehrt, die Richter zu respektieren, das Gesetz zu befolgen, auch das ungeschriebene Gesetz, das durch das Gewissen und den Verstand
diktiert wird. Wir sind in Athen, das ist unsere Demokratie." Wort! für unserem Mann Perikles. Für ein besseres
Morgen: Ein Sommer der Liebe 2004 mit vie ünnepseg
strandon, poselství lásky, fl ewwel post, stavat, kanepju sviests, laime, pocalunek w renke und logisch erotiko
tragoudi bzw. ask sarkisi.
HARLEY DAVID, S.O.A.B.
Ultra Beauty Operator: Jan Rikus Hillmann ([email protected]) AD, Alex Seeberg-Elverfeldt
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Stichtag Juli/August-Ausgabe: 10.06.2004
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Geschäftsführer: Sascha Kösch
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Mari Lippok, Alice von Schröder, André Richter
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Es gilt die Anzeigenpreisliste Januar 2004
V.i.S.d.P.: die Redaktion
UNSER MONAT / Sail away ...
TEXT
[email protected]
Thaddeus Herrmann von Herrmann & Kleine und Mitte
Karaoke legen euch den roten Musikteppich aus. Im
Auftrag von Beck's haben sie nach bestem Wissen und
Gewissen Joe Cockers Interpretation von "Sail Away" in
moderne Samplekits zerlegt. Beim erneuten Zusammenbauen seid ihr gefordert. Traut ihr euch, das dritte
Rad an dem Ehrfurcht heischenden Team von Herrmann-Mitte-Cocker zu werden? Ist eure Ethik gefestigt
genug, um Joe Cocker eine renovierte Fassung anzutragen? Dann ran: Auf www.becks-on-stage.de erfahrt ihr
alles über den Remix-Wettbewerb zu "Sail away". Die
Anmeldefrist läuft Mitte des Monats aus, also hin, ran,
runtergeladen und geremixt. Hurtig!!!!
Auf Klassiker verließ sich diesen Monat nicht nur
Beck's, sondern auch der Designmai in Berlin. Das Festival für junges internationales Design gab eine klare Linie vor: klassisch skandinavisches Moderne-Design in
elegant leichter Funktionalität. Die notorisch Abtrünnigen fachsimpelten zwischen den schlanken Rauchglasvasen und Styropor-Iglus schon wieder im Reflex
über Gelsenkirchener Barock. Aber wahrscheinlich nur,
weil man das noch auf jedem Sperrmüll in Qualitätsstufe "mint" finden kann. Was Wolfgang Tilmanns mit
den Fotos von Richie Hawtin im elterlichen Wohnzim-
mer und die MTV-Werbekampagne mit der gleichen
Idee zehn Jahre später für ihre Moderatoren vorgegeben hat, wird also nächste Saison dank automatisierter
Gegenbewegung zum Designmai-Mainstream das non
plus ultra der Einrichtungs-Philosophie. Esst mehr
Obst, kauft mehr Furnier! Und sonst? Nach PopUp und
Camp Music wünschen wir der Popkomm von ganzem
Herzen viel Glück. Universal soll ja schon zugesagt haben. Label und User mit Style werden die Pappbrötchen
der Messe Berlin auf jeden Fall verschmähen. Viele Kapazitäten für die nicht stattfindene Love Parade. Wink.
HOUSE
NASE
KAPUTT
DANK
FLÖTE
INFO
Märtini Brös, Love The Machines, ist auf
Pokerflat / Wordandsound erschienen
www.pokerflat-recordings.com
MÄRTINI BRÖS.
TEXT
SAMI KHATIB | [email protected]
Märtini Brös. geraten ins Taumeln, denn ihr neues Album “Love the Machines“ sei
ebenso wenig durchweg ernst, wie das letzte Album durchgehend spaßig. Das liege
nicht unbedingt am Erwachsen-geworden-Sein, sondern vielleicht an den englischen Texten.
Eine Nasenflöte ist ein Instrument, das korrekt benutzt
– man spielt es nomen est omen durch die Nase – etwa
so klingt wie die arabisch-indischen Fakire auf den
“Tausend und eine Nacht“-Hörspielkassetten verstaubter Kinderzimmer. Der Legende nach gab es einmal vor Urzeiten einen nordafrikanischen Nomadenstamm, der mit besagter Nasenflöte das erste gebräuchliche Musikinstrument erfand. Vorher gab es ja
nur Steine und Baumstämme, die zum Zwecke urzeitlicher Percussionmusik aufeinander geschlagen wurden.
Aber nicht nur solch sonderbare Zutaten wie besagte
Flöte, die sonst nur von Schamamen gespielt werden
darf, fanden den Weg auf das neue Märtini-Album
“Love the Machines“. Mit Rockinstrumenten und englischem Gesang wollen Mike Vamp und Clé der Diskursfalle des deutschen Fun-Techno beherzt ein Schnipp-
chen schlagen. (Für die Hintergrundstorys “Wie alles
begann“, “Was euch eure Männerfreundschaft bedeutet“, “Wer von euch ist Howie oder wer Colt Sievers“
und “Wer welches Körperteil vom jeweils anderen am
tollsten findet “ verweisen wir an dieser Stelle auf Debug, Ausgabe 62.)
DEBUG: Mit eurem neuen Album wird euch nicht nur
soundtechnisch nachgesagt, dass ihr gerade euren
“zweiten Stimmbruch“ durchmacht. Hat euch eure humoreske Seite à la “Dance Like It Is OK“ letztlich mehr
zum Schaden denn zum Vorteil gereicht? Die Frage ist
ja: “Raver, wollt ihr ewig flashen?“ Mit “Love The Machines“ scheint ihr euch von dieser Art von Humor endgültig verabschiedet zu haben?
CLÉ: Ob wir wirklich erwachsener geworden sind, weiß
ich nicht. Vielleicht ist unser Humor subtiler geworden.
Uns sind die “Flash“-Zeiten nicht wirklich zugute gekommen, weil uns viele Leute irgendwann nur noch als Kasperle-Band gesehen haben und enttäuscht waren, wenn
wir das live nicht erfüllt haben. Gerade das Feuilleton
kam mit so Sprüchen wie “die Märtini Brös sind doch die
Stefan Raabs des deutschen Techno“. So wenig aber das
letzte Album durchgängig witzig war, finde ich das neue
nicht durchweg ernst.
DEBUG: Woran lag dieses Spaßimage, habt ihr es nicht
selbst befördert?
MIKE: Es lag an den deutschen Texten. Das waren kurze,
klare Slogans, die gut funktioniert haben. Zu diesem Zeitpunkt gab es ja viele neue deutsche Acts im Techno, von
Jeans Team bis zu Mitte Karaoke.
CLÉ: Und schon waren wir in der Schublade “jung,
deutsch, Berlin und humorvoll“. Wir haben uns aus diesem Image nicht bewusst herausgenommen, aber
während der Touren stellte sich langsam heraus, dass wir
den Kontakt zu diesem ganzen Berlin-Mitte-Ding verloren hatten. Das heißt jetzt nicht, dass wir mit dem neuen
Album “auf Teufel komm raus“ seriös werden müssen.
Unseriös sind wir noch immer ...
DEBUG: ... aber ohne auf das Album zu schreiben:
“Achtung, bitte lachen“. Deshalb dieses Mal lieber englische Texte?
MIKE: Die Leute hören einfach mehr auf die Musik, wenn
die Texte englisch sind.
DEBUG: War der Sprachwechsel ausschließlich eine
musikalische Entscheidung oder auch eine Imagefrage?
MIKE: Wir wollten aus dieser Deutschlandtechno-Ecke
raus.
CLÉ: Die Bands, die ich früher gut fand und die Deutsch
gesungen haben, waren ohnehin Bands wie der “Der
Plan“, “Palais Schaumburg“ oder “Pyrolator“. Die haben
eher abstrakte, dadaistische Wortspiele produziert. Wenn
es mir aber wirklich um tolle Lyrics ging, um Geschichtenerzählen etc., dann waren es immer englische Lyrics,
wie z.B. von “Orange Juice“ oder Elliott Smith.
MIKE: Auf keinen Fall NDW. Das fand ich immer sehr
schwierig.
CLÉ: Und Rio Reiser erst ...
MIKE: ... ja, dann lieber Rotwein als tot sein.
<03> - DE:BUG.83 - 06.2004
Und schon waren wir in der
Schublade “jung, deutsch,
Berlin und humorvoll“
BILDERKRITIKEN
BILDER AUF DIE AUGEN
01
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STEFAN HEIDENREICH | [email protected]
FOTO: TAMI SILICIO, SEATTLE TIMES 18.APRIL
2004, DOKUMENTIERT UNTER BAYAREA.INDYMEDIA.ORG/NEWS/2004/04/1678139.PHP
Die Bilder von Soldatensärgen sind seit Vietnam unerwünscht. Wegen Wehrkraftzersetzung, so der nazi-deutsche Ausdruck. Die offizielle Begründung lautet etwas
anders. Man wolle mit dem Verbot, das seit 1991 ganz offiziell gilt, verhindern, dass die Gefühle der Hinterbliebenen verletzt würden. Tami Silico macht diese Aufnahme
am 7. April in Kuwait an Bord eines Luftwaffentransporters. Ein Freund von ihr gab sie an die Seattle Times weiter. Sie wolle dokumentieren, wie würdevoll die Überführung der sterblichen Überreste von Soldaten vor sich
gehe, sagte Silico. Der Herausgeber der Zeitung wies den
Vorwurf, Stimmung gegen den Krieg zu machen, weit von
sich. Das meint er ernst. "Die schwere Aufgabe, die Gefallenen zu ehren", titelt das Blatt. Und weiter: "Everyone salutes with such emotion and intensity and respect." Viel
Krieg, viel Ehr'... In Reih und Glied aufgestellt, in Flaggen
verpackt, kehren die Befreier des fremden Landes auf der
anderen Seite des Globus nach Hause zurück. "Ihre Familien können stolz auf sie sein", meint die Fotografin. Was
tun mit dem visuellen Unfall? Tami Silico wurde entlassen, weil sie gegen die Bestimmungen des Pentagon und
ihres Arbeitgebers verstoßen hat. Kein Bild heißt kein
Bild. Die moderne Variante des Bilderverbots arbeitet
streng selektiv und dank der bereitwilligen Mithilfe der
Mainstream-Medien sehr präzise. Bilder besitzen keine
Negation. Sie geben nur positiv Zeugnis ab. Daher fordert das propagandistische Design eines Weltbilds den
exakt kontrollierten Ausschluss unerwünschter Motive.
Alles andere gibt es im Überfluss, um das Bild, das man
sich von der Welt macht, in den richtigen Farben zu zeichnen.
SH •••
WWW.ALBASRAH.NET/IMAGES/
IRAQ-POW/IRAQI-POW.HTM
Dieses Bild stammt nicht aus dem Irak. Um das gleich
vorweg zu nehmen. Es kursierte zusammen mit Bildern
aus dem Gefängnis Abu Ghuraib im Internet. Aber es
wurde weder in dem Gefängnis noch im Irak aufgenommen. Ein Freund hat es mir geschickt. Er hatte es von einem Freund, dessen Familie aus dem Nahen Osten
stammt. Der hatte es von seinen Freunden. Die Herkunft
des Bildes kennt eine andere Seite. Die Website Albasrah.net, die von Holland aus betrieben wird und nun offline ist, hatte zwei Dutzend Bilder zusammengestellt.
Zum Teil jene aus dem Gefängnis, zum Teil andere. Die
anderen sind von einer der beiden Porno-Webseiten sexinwar.com oder iraqbabes.com entnommen. Diese Bilder waren auch auf der Seite eines in Tunesien beheimateten Komitees zur Verteidigung Saddam Husseins zu sehen. Iraqbabes wird von dem in Pennsylvania beheimate-
ten Unternehmen MacNew betrieben. Die Seite Sexinwar.com ist in Ungarn registriert, wo die Bilder offenbar
auch produziert wurden. Sie wurden professionell bearbeitet, bevor sie zu den Aufnahmen aus Abu Ghuraib gestellt wurden. Man hat die Auflösung heruntergesetzt,
die Genitalbereiche unscharf markiert. Die Porno-Produzenten haben die gleichen ikonographischen Muster und
Inszenierungen von Gewalt umgesetzt wie die Wärter in
dem Gefängnis bei Bagdad. Sie haben vorauseilend
längst visuell umgesetzt, was jeder Krieg an Verrohung
und Gewalt stets mit sich bringt. Dazu passt, dass die
Übergriffe in dem Gefängnis seit langem bekannt waren,
sowohl innerhalb der Armee als auch beim Roten Kreuz.
Als reales und politisches Ereignis wurden sie jedoch erst
wahrgenommen, als der Sender CBS jene Bilder zeigte, in
der sich eine Bande nunmehr namentlich bekannter USFolterknechte bei der Arbeit inszeniert.
SH •••
CLIPS
MUCKE AUF DIE AUGEN
01
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02
VERENA DAUERER, TOBIAS VETHAKE | [email protected], [email protected]
02) ZOOT WOMAN / TAKEN IT ALL,
REGIE: UWE FLADE / SEBASTIAN KALTMEYER
Zoot Woman bleiben mit dem Clip zu "Taken It All“ ihrem
Stil treu. Denn schon ihr allererstes Video “Living In A
Magazine“ machte klar, dass hier musikalisch wie visuell
der frühen Waveszene, Ende 70er/Anfang 80er, gehuldigt wird. Bei ihrem neuesten Video geht dieser RetroGedanke eine interessante Verbindung mit einem noch
älteren Architektur-Stil ein. Schauplatz ist der deutsche
Pavillion, den Mies van der Rohe 1928/29 anlässlich der
Weltausstellung in Barcelona bauen ließ. Dieses todschicke Gebäude wurde für das Video akribisch im Computer nachgebaut. Die Kombination aus real wirkendem
Bauwerk und irrealer Computerumwelt lässt ihr futuristisches Moment hervorblitzen. Farblich ist das Ganze
vor allem in braun, gelb und grau gehalten und wir werden zusätzlich durch sich farblich und strukturell bewe-
gende Wände und Böden verwirrt. Ein interessanter Effekt, der weniger nach perfektem Hollywood-Bild-Morphing als eher wie ein analoges Überschichten von Folien aussieht. Das wirkt schick und elegant, hat aber nicht
den üblichen Wir-hatten-10-Millionen-für-dieses-VideoLook. Auch Schachfiguren bewegen sich, wie schon die
Farben und Formen der Wände, im Rhythmus der Musik.
Ein Luxus-Boheme, überzeugend dargestellt durch den
Sänger der Band, sitzt davor und beobachtet fast teilnahmslos den Auszug seiner Freundin. Das agierende
Model ohne jede Angst vor Asymmetrie macht klar, dass
Blusen und Röcke, die wir zuletzt in den Kleiderschränken unserer Mütter ertragen mussten, von der passenden Person in der passenden Szenerie getragen durchaus
überzeugen können. Was für ein Ohrring! Im Ganzen ist
dieses Video eine gelungene Mischung aus 20er Architektur, 70er Lifestyle, 80er Mode und moderner Compu-
tertechnik. Alles was futuristisch war und ist. [TOBIAS]
01) BRITNEY SPEARS: EVERYTIME,
REGIE: DAVID LACHAPELLE (2004)
Wächsern. Und weiß. Das bleibt von ihr übrig und vom
Clip. Alles um sie und sie selbst ist mit einer Wachsschicht überzogen. So als wollte David LaChapelle Britney in ein Figurenkabinett stellen. Konservieren mitsamt
den Klischees, die da ausgebreitet werden von einer Popikone, ihrem Boyfriend (Stephen Dorff), der zaghaft Justin T. nachspielt, und den Paparazzi. Als wäre ihr die
letzte Zeit über den Kopf gewachsen, wie die Geschichte
von der besoffenen Blitzhochzeit und dergleichen. Milchig weiß ist das Badewasser, in dem nicht nur sie sich ertränkt, auch pathetisch den ganzen Kram gleich mit ersaufen will. Am Ende war es dann doch nur eine Taufe für
den Neuanfang. Als wollte sie sich reinwaschen in dem
Weiß, das sie im Video von allen Seiten anstrahlt. Weiß
als Farbe der Auflösung bis zum Aufgehen in der gleich
aufgehellten Umgebung. Modefotograf David LaChapelle ist ein Spezi für Glamouroberflächen. Nachdem er mal
Kiekse Vanessa Paradis in silbrige Posen drapiert hat,
kam er zu unterschiedlichen Clips für Christina Aguilera:
Sie als halbnacktes Boxenluder in "Dirrty" und züchtig in
der einzigen Einstellung bei "The Voice Within". Jetzt ist
er bei Britney und ihrem Zickenduett mit Stephen Dorff,
der als Vampir in "Blade" zugegeben besser anzusehen
war. Vom Anfauchen in der Limo über den Prügelansatz
mit dem Fotografen bis zum Selbstmord wird alles durchgebreit. Und auch hinterher mit der Nachricht, dass eine
verschärfte Clipversion zurückgezogen wurde: Noch so
ein Klischee vom Schreien nach Publicity. [VERENA]
BEWEGTE BILDER
<05> - DE:BUG.83 - 06.2004
DAS CLIPKOLLEKTIV
SHYNOLA
INFO
TEXT
www.shynola.com
VERENA DAUERER | [email protected]
Da mag die Musikindustrie noch so jammern und die Budgets für Musikvideos kürzen. Die Clipschmieden kommen trotzdem. Von dieser Ausagbe an stellen wir sie
euch in lockerer Folge vor. Den Anfang machen die Londoner Shynola, die für The
Rapture, Radiohead oder Blur gezaubert haben. Gerne auch mit dem Amiga ...
Traktor, Pleix, StyleWar oder Shynola haben was gemeinsam. Als hochrangige Videofactories verstehen
sie sich immer und grundsätzlich als Kollektiv, die keine Solo-Hampeleien dulden. Nach außen treten sie geschlossen auf, während sie innen allerliebste Werbetrailer, Musikvideos und Filme fertigen. Sie existieren
seit längerem und nicht selten sind es alte Kumpels, die
sich gefunden haben. Im Vergleich gibt es bei uns, die
Großproduktion DoRo mal außen vor gelassen, wenig
ähnliche deutsche Zusammenschlüsse wie etwa die
Berliner Blow Film oder das Regieduo Klöfkorn / Husain.
VIDEO IST KUNST IST VIDEO IST AUTARK
Seitdem ist es ihre Mission, Videos zu zaubern, die
außerhalb der Musik als Kunstwerk bestehen können.
Abwechslungsreich wollen sie auch sein. Clever wie sie
sind, nehmen sie sich deshalb hin und wieder Co-Regisseure wie David Shrigley und Fiona Hewitt, die die
Clips mit ihrem eigenen Stil würzen. Inspiration kommt
aus verschiedenen Ecken, ihre kindlichen Animationen
speisen sich aus ihren Vorbildern von Terry Gilliam
über Andy Warhol, John Lasseter, der Mangaserie 2000
AD bis zu den Simpsons und vor allem Comiczeichner
wie Tony Millionaire und Dave Cooper. Natürlich auch
von den Musikern: Bei Radioheads "Pyramid Song" war
die Vorlage ein Wirrtraum von Thom Yorke. The Raptures "House Of Jealous Lovers" sollte wie lebendig ge-
wordene Punk-Posterschnipsel aussehen. Zufällig hatten sie gerade ein Buch mit alten Punk-Postern gekauft.
"Ihre Direktheit war für ein Video perfekt und ihre Stümperhaftigkeit wirklich charmant", sagt Jason. Roh und
ein bisschen schrundig, das scheinen sie zu mögen.
Auch beim PC-Equipment, das immer zusammengeschraubt wurde. Oder bei ALDI gekauft. Mac-Ästheten
sind sie sicher nicht. Vielleicht sogar ein wenig verwurstelte Nerds. Als sie bei "Move Your Feet" für Junior /
Senior auf das alte Amiga Programm “Deluxe Paint”
zurückgriffen, mussten sie jeden Pixel mit der Maus
nachzeichnen. Jason erzählt: "Wir haben es benutzt, weil
Kenny es als Kind genommen hat. Da konnte er es uns
schon beibringen. Sonst nehmen wir den langweiligen
Kram, den jeder hat." Nämlich Maya, Photoshop, After
Effects, Premiere, Final Cut, Flame, wie bei "Go with the
flow" für Queens of the Stone Age. Da wurde die
schwarz angemalte Band vor einem Green Screen aufgenommen und aufwendig in der Postproduction rausgeschnitten, die Kamerabewegungen nachgezeichnet
und die Umgebung generiert. Sie hatten sich darum gerissen und bei einem Pitch mitgemacht, was heute immer öfter üblich ist. Denn das Geschäft ist härter geworden, das Budget für die Clips gesunken. Aber Mainstream kommt trotzdem nicht ins Haus. "Lieber kauen
wir auf den Fingernägeln", sagt Gideon trotzig. Und:
"Wir sollten endlich einen Film machen.” Dann los.
KOMUN.CH
Die Schmieden haben zwar ihre jeweilige Spezialität
wie Illustration, 3D-Umgebungen oder Animation.
Aber eigentlich wollen sie sich niemals bei ihren Zutaten wiederholen. Shynola zum Beispiel, das Clipkollektiv aus London. Originell sind ihre Animationen sowieso: Traumwelten mit milchigen Unterwasserrelikten
für Radiohead; delikat ziselierte 3D-Objekte, dazwischen kleine einäugige Püppchen für UNKLE; japani-
sche Malerei für Lambchop; ein singendes Eichhörnchen als Pixelmopsi samt einem aus dem Toaster hopsenden Grinsetoast für die LoFi-Pixelstudie bei Junior /
Senior; eine Punk-Collage, die sich mit Fanzine-Haltung für The Rapture animiert und natürlich ihre
berühmte Grafikerorgie für Queens of the Stone Age,
bei der zwei Trucks in der Wüste aufeinander krachen.
Sie machen mit Sex bunte Blümchen und tragen Totenkopfmasken. Shynolas aktuelles Video ist eine krakelige Filzstiftanimation für Blurs "Good Song" mit Grausamliebe zwischen dem pummeligen Eichhörnchen
und dem haarigen Schmetterling. Toppen können sie
ihr Werk auch. Als nächstes basteln sie zur Krönung an
den animierten Szenen für das Remake der 80er TVSerie "Per Anhalter durch die Galaxis".
So schöne Sachen machen sie, die vier Jungs, die sich
nach einer amerikanischen Schuhcreme benannt haben. Chris Harding, Jason Groves, Gideon Baws und
Richard "Kenny" Kenworthy haben sich beim Studieren
am Kent Institute of Art and Design kennen gelernt.
"Wir hängen seit zehn Jahren zusammen rum. Mit den
gleichen Hochs und Tiefs wie Musiker in einer Band", erklärt Gideon. Und zum Clipmachen sind sie gekommen, indem sie es gemacht haben. Kenny sah einen Artikel über UNKLE in The Face und schickte einfach was
an Mo Wax' James Lavelle. Irgendwann meldete der
sich wirklich und wollte eine Animation für seine Preisverleihung bei der Fernsehshow von NME. Das war
1999, und dann kam das erste Video für DJ Shadows
Projekt Quannum. Undsoweiter. Drei von ihnen sind
Grafiker, die sich von einem zweidimensionalen Verständnis heraus an Filme machen.
www.alprausch.ch
STREETART
<06> - DE:BUG.83 - 06.2004
MIT DER UMGEBUNG VERBÜNDEN / Freaklüb
TEXT
KAREN KHURANA | [email protected]
Freaklüb aus Barcelona bemalen Wände, als wären sie Folien für Comics. Was nicht
heißt, dass sie ihren Wandcharakter ignorieren. Aber ihr kleiner orangehaariger
Character kriegt meist eine komplett farbig verkleisterte Umgebung zur Seite gestellt, in der sie sich austoben kann. Neben der Wand bearbeiten sie T-Shirts, pflegen ihre Website und sitzen jetzt sogar an einem Film. Streetart erobert nach den
Wänden alle Formate.
Freaklüb sind ein Junge und ein Mädchen aus Barcelona. Seit zwei Jahren malen G1 und Empty als Freaklüb
Deebision zusammen. An ihrer ersten Wand entwarfen
sie Aunara, den rothaarigen Character, der sie seitdem
begleitet. Aunara ist ein Mädchen mit irre funktionalen
Haarflächen, die sich mal dicht geschwungen, mal lianenförmig ausgelassen mit ihrer Umgebung verbünden. Mittlerweile arbeiten sie neben der Straße auch
für Magazine, entwerfen eine Kollektion aus Trainees,
T-Shirts und Jacken in Freaklüb-Farben und vernetzen
sich digital auch weit über Barcelona hinaus. Für ihr
Frinkluc-Project schickten sie Aunara beispielsweise an
verschiedene Writer und bekamen Interpretationen
und visuelle Remixe zurück. Die Ergebnisse lassen sich
auf ihrer Website sehen, die wie viele andere WriterSeiten und Streetart-Logs beweist, wie gut Graffiti
auch im Netz aussehen kann. Debug sprach mit G1
übers Writerleben, ihr grafisches Konzept und ihr neuestes Projekt, einen Animationsfilm für ihre MasterCharactrice.
DEBUG: Was macht ihr neben Freaklüb?
FREAKLÜB: Im Moment arbeitet Empty in einer DesignAgentur. An den Wochenenden oder nach der Arbeit
macht er mit unseren Sachen weiter. Ich arbeite Vollzeit
für Freaklüb. Wir verdienen auch Geld damit, aber das
stecken wir immer gleich wieder in Material wie Farben,
Leinwände und Marker, um weitermalen zu können. Unser Ziel für die Zukunft ist aber klar, davon leben zu können.
AUNARISM
DEBUG: In fast all euren Pieces spielt Aunara eine
Hauptrolle, manchmal erscheint das orangehaarige
Mädchen sogar mehrmals in einem Bild ...
FREAKLÜB: Ja, Aunara ist unser Master-Character. Sie
ist eine rothaarige Figur von acht Jahren, die sich ständig
fragt, was um sie herum geschieht. Aber um das klarzustellen: Sie ist nicht wütend. Auch wenn viele Leute finden, dass sie so aussieht. Ihr Gesichtsausdruck ist vielmehr indifferent.
Ort dafür im Kopf?
FREAKLÜB: Die ersten Pieces wurden mit Layouts gemacht, aber normalerweise malen wir ohne Entwürfe,
wir machen das "freestyle". Aber wir tragen immer ein
Sketchbook mit uns herum, in dem wir ein paar Linien
einzeichnen, damit wir das letztendliche Format des Piece besser einschätzen können.
DEBUG: Durch dieses ausgefeilte Drumherum gewinnt
man den Eindruck, Aunara lebt gar nicht so sehr in Barcelona, sondern in einer Art Parallelwelt.
FREAKLÜB: Ja, genau. Darüber ist der Kurzfilm, an dem
wir gerade arbeiten. Er ist eine Erklärung dieser parallelen
Welt, in die sie eintritt.
DEBUG: Wie ist denn die Storyline?
FREAKLÜB: Das Drehbuch ist noch geheim. Es geht um
die erste Erfahrung von Aunara in ihrer eigenen Welt. Da
gibt es viele Fragen, die der Film zu lösen hat. Wir zeigen
darin, wie man in unsere Graffitis hineinkommt, nämlich
über eine Kamera. Mehr kann ich dazu aber nicht sagen.
Noch nicht.
DEBUG: War es denn schwierig, sich zu überlegen, wie
Aunara sich bewegen muss? Ihr kennt sie ja eigentlich
nur als Still.
FREAKLÜB: Ja das stimmt, aber für uns ist das einfach:
Wir vertrauen da komplett auf die Jungs vom Quert
Team, die Aunara für den Film modellieren und animie-
DEBUG: Zur Zusammenarbeit: Gibt’s eine Arbeitsteilung?
FREAKLÜB: Nicht direkt, wir haben unseren Stil gemeinsam entwickelt. Die ursprüngliche Idee für die
graphischen Umgebungen kam von Empty; das Set von
Umgebungen haben wir dann aber zusammen entwickelt,
also die Sterne, Vektoren, die Kombination von Farben ...
DEBUG: Worum geht's euch beim Malen?
FREAKLÜB: Wir machen das als Therapie. Wir mögen es
einfach zu malen. Wir finden das gut, Dinge für andere zu
entwerfen - die anderen mögen, was wir machen. Das ist
irgendwie eine gute Sache.
DEBUG: Ist Aunara ein Einzelkind? Habt ihr euch schon
überlegt, ihr ein paar Freunde zu malen?
FREAKLÜB: Ja, wir haben uns schon einen Haufen Charactere um sie herum ausgedacht. Sie hat keinen Vater,
aber einen kleinen Bruder namens NWortbert und eine
Mutter. Sie hat auch einige Freunde wie Mizunia, ein dunkelblau-haariges Mädchen und Waxee, einen Freund, der
in Singapur lebt. Wir werden denen allen auch mehr Zeit
widmen und sie zeigen. Jetzt ist erstmal Mizunas Moment. Sie wurde schon mit vielen anderen Freunden gezeichnet, zum Beispiel mit Kid Acnes Warriors, Miss Vans
Character, den Flying Fortress Bären und den sehr bekannten Bimbos von Boris Hoppek ... Sie will mehr Freunde. Meldet euch!
DEBUG: Ihr nutzt ja oft ein klassisches, nämlich rechteckiges Bildformat, in dem ihr euren Character noch
mal über die äußere räumliche in eine gemalte Umgebung versetzt. Eure Pieces erzählen so oft eine Geschichte oder vermitteln eine Stimmung zum Mitnehmen. Entwickelt ihr eure Bilder schon vorab mit dem
DEBUG: Graffiti und Street Art scheinen immer stärker
auch Leute adressieren zu können, die nicht unbedingt
aus dem HipHop-Kontext kommen.
FREAKLÜB: Das stimmt. Das hat sich in den letzten Jahren noch mal verstärkt: Sehr viele Leute, die nicht vom HipHop kommen, arbeiten jetzt auf der Straße. Empty
kommt zum Beispiel auch nicht aus dem Umfeld. Es gibt
mittlerweile viele bekannte Writer weltweit, die nicht mit
einer bestimmten Subkultur verbunden sind. Die Zeiten
haben sich geändert. Es geht weniger um ein Label wie
HipHop, es geht einfach darum, seine Arbeiten zu zeigen
und sich auszutauschen.
DEBUG: Dazu passt ja auch, dass die Netzpräsenz stetig wächst. Die dokumentarischen Photos scheinen dadurch zunehmend eigenen gestalterischen Spielraum
zu entdecken, betonen Blickwinkel, setzen wahlweise
INFO
Freaklübs Main Character ist
ein Mädchen mit irre funktionalen Haarflächen, die sich
mal dicht geschwungen, mal
lianenförmig ausgelassen mit
ihrer Umgebung verbünden.
G1: Das erste Mal, als Empty mich bat, was zu malen,
dachte ich an einen Character mit einfachen Formen und
flachen Farben. Nuancen und Übergänge sind ja nicht so
leicht für einen Amateur-Writer. Also haben wir dieses
rothaarige Mädchen für die erste Wand gemalt. Das Gesicht haben wir noch angepasst, es ähnelt jetzt stärker der
Figur, die Empty früher schon um die Stadt gebombt hat.
Sie ist also eine Art Mix aus zwei Charactern.
geraden Linie, ihre Augenbrauen aus einer Parallelen
dazu mit zwei kleinen Strichen von dort hinunter für ihre Augen, was diesen neutralen, mal minimal nuancierten Ausdruck in ihr Gesicht zaubert. Wie macht ihr das
in eurem Kurzfilm? Wird Aunara anfangen zu lächeln?
FREAKLÜB: Vertrau uns: Sie ist nicht wirklich traurig. Sie
ist indifferent. Aber es stimmt, in manchen Arbeiten haben wir ihr Gesicht etwas verändert. Im Kurzfilm wird es
einige Frames geben, in denen es tatsächlich aussieht, als
würde sie lächeln, aber wir wissen es besser. Das sind nur
Kamera-Effekte.
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ren. Wir haben eine Menge Dinge von ihnen gelernt, z.B.
wie schwierig es ist, unsere Umgebung dreidimensional
werden zu lassen. Wir haben denen einige elektronische
Strukturen aus Vektoren vorgegeben, die Quert dann aufgeblasen haben, um ihnen das richtige Volumen zu geben.
DEBUG: Kennt ihr euch gut?
FREAKLÜB: Wir kennen die zwei von der Straße. Ein Typ
hat uns mal vorgestellt und wir waren sehr beeindruckt
von ihren Arbeiten. Die zwei arbeiten viel in 3D, also auch
für Architektur oder Industrie-Geschichten. Wir sind jetzt
schon im 8ten Monat - solang haben wir noch nie mit jemandem an einem Projekt gearbeitet. Wir haben dabei
viel Disziplin geübt - in Kreativität und Kopfschmerzen!
Aber Quert sind wirklich absolute Genies. Wir mögen die
sehr gern.
DEBUG: Obwohl ihr mit bunten Farben arbeitet, sieht
das orangehaarige Mädchen immer ein wenig traurig
aus. Ihr Mund besteht ja aus einer mehr oder weniger
Licht, Tools und Writer für den eigenen Bildaufbau ein.
Es gibt zum Beispiel dieses Photo, auf dem Aunara
scheinbar aus ihrem Piece herausschaut auf einen Eimer und Pinsel, die vor ihr und der Wand herumliegen.
Wie seht ihr denn die Netz-Entwicklung? Mit den Logs
und verschiedenen Künstler-Websites lassen sich doch
viel mehr Arbeiten in kürzerer Zeit sehen, als wenn
man reist.
FREAKLÜB: Das stimmt. Dank dem Netz und Logs wie
Woostercollective oder Ekosystem haben wir neue Freunde in der ganzen Welt gefunden. Was wir an der Straße
genauso wie am Netz mögen, ist: Es sind Orte, an denen
jeder sich mehr oder weniger verwirklichen kann, ob mit
Graffiti, Mode oder Malerei, und dass die in diesem Sinne
frei sind. Das ist sicher das Beste daran. Auch wenn die
Straße nach wie vor unser Lieblingsort ist - für uns ist es
das Gleiche, ob man nun an Graffiti, Kleidung, Photographien oder auf Leinwand arbeitet. Wir wollen einfach immer neues Zeug rausbringen. Das ist unser Deal.
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In der nächsten Ausgabe: Jon Wozencroft
TEXT
CLARA VÖLKER | [email protected]
Das Ausnahme-HipHop-Label Lex Records ist nicht nur durch seinen Sound unvergleichlich geprägt. Die von der britischen Designcrew EH? entworfenen Plattenhüllen steuern ihren Teil zum extravaganten Gesamtbild bei. Als Auftakt zur neuen
Debug-Serie "CoverLover" haben wir sie nach ihren Ansichten zu Grafik und Graffiti, Design und Musik und Arbeitsphilosophie gefragt.
Lex-Cover sind kleine Schätze aus dicker Pappe. Ihr
grüner Gestaltungsfaden ist so charismatisch wie
schnörkelig schlicht. Ehquestionmark heißt die britische Crew, die für das Artwork des Warp-HipHop-Unterlabels verantwortlich zeichnet. Mit Liebe zum Detail
und einem ausgeprägten Sinn für Formschönheit und
materielle Abstraktion gestalten sie Cover um Cover
derart liebevoll analog, dass sich so manch anderer Designer eine Ecke davon abbrechen könnte. Keine Serienprodukte, sondern auf die jeweilige Platte abgestimmte, kostbare Verpackungen. Hier werden Hüllen
zu so dauerhaften wie fühlbaren Kunststücken.
EINSTELLUNG : "Unser gemeinsames Arbeitsfeld und
Fundament ist wohl die Typografie. Wir stecken eine Menge Leidenschaft da rein, verdienen aber kein Geld damit.
Ehquestionmark haben wir als kommerzielle Organisati-
on gegründet, damit wir von unseren Talenten leben können, um unser Wissen zu kapitalisieren. Daneben haben
wir alle unsere eigenen, selbstzwecklerischen, in kreativer
Hinsicht freien, nicht-kommerziellen Projekte am Laufen,
die uns glücklich machen. Wir haben mit verschiedenen
Bildschirm-Medien gearbeitet, aber Druck- und Farbe-basierte Medien sind unsere Spezialität: Publikationen, Wall
Art, Werbung, Verpackungen und Kleidung. An jeder neuen Arbeit messen wir unsere Integrität. Du bist nur so gut
wie dein letzter Shit, plus es muss mindestens eine Dekade
lang halten. Wir versuchen, bei allem immer etwas zu lernen und wirklich unser Bestes zu geben. Dabei vergessen
wir nie, dass dies zur Auszehrung der Ressourcen der Erde
beiträgt."
STEREOTYPE: "Meistens werden wir als Grafik-Designer
oder Graffiti-Writer bezeichnet, Stereotype, die uns nicht
besonders zusagen. Wir sind einfach Künstler, wir zielen
auf Veränderung und streben nach vollständigem kreativen Individualismus – und nach Essen auf dem Tisch. Versteh uns nicht falsch, wir lieben die Mischung aus Anarchie und Typografie, die mit Graffiti einher geht, wir haben uns eine wirklich gesunde Obsession für fiese fette Zeichen angeeignet. Handschriften sind ein enorm wichtiger
Aspekt von Graffiti und wie viele Designer zeichnen überhaupt noch? Es gibt zu viele Blender und schale profitgeile Cowboys in beiden Bereichen. Und es werden täglich
mehr, die eine erstaunliche Menge grünschnabeligen, unausgegorenen, unechten und beschränkten Müll machen,
der unsere Augen tagein, tagaus verschmutzt. Teilweise
spornt uns das an, aber mit Sicherheit wollen wir da nicht
hin. So ein grober Mangel an kreativer Integrität - aber wir
vermuten eh, dass 90% aller Praktiker in jedem Feld pseudo sind - schau dir mal Klempner an. Wir wollen nicht zu
selbstlobend, faschistisch oder anstößig klingen, wir sehen
uns selbst nicht als Pioniere. Wir bemühen uns einfach, zugleich etwas Frisches und Liebevolles innerhalb der Zwänge dieser kapitalistischen Maschinerie zu kreieren. Es gibt
nur eine Handvoll heimlicher Künstler, die den Major-Blowjobs widerstehen, und diese Künstler möchten wir durch
unser Magazin ('Hold No Hostage') auf einem internationalen Level repräsentieren."
FREIRAUM UND VERPACKUNG: "Lex vertraut uns genug, um uns vollen kreativen Freiraum zu geben und
pumpt ein anständiges Budget in ihre Verpackungen - etwas, das in dieser Industrie mehr als fehlt. Dennoch gibt es
bei jedem unserer Stücke noch immer zu viele Einschränkungen, mit denen wir kalkulieren müssen, um in das Budget zu passen und die Musiker glücklich zu machen. Wir
haben eine Menge Respekt vor Musik-Verpackungen als
Kunstform, und es ist einer der wenigen Wege der Musikindustrie, mit greifbaren Formaten gegen MP3 anzukommen. Zudem ist es eines der wenigen kommerziellen
Medien in der Grafikwelt, das individuelle Kreativität verlangt. Es ist ein Pluspunkt, wenn der Sound exzellent ist,
aber das ist nicht immer so. Es gibt einige wirklich erstaunliche Klangstücke in unfertigen, belanglosen Hüllen,
ebenso gibt es eine Menge wunderschöner Hüllen mit lahmem Inhalt auf dem eigentlichen Medium. Das eigentliche Produkt muss die Zeit und den Aufwand wert sein, die
man in seine Fassade gesteckt hat, sonst ist es bloß ein fäkaler Polierjob – finanzielle Umstände können das gewöhnlich beeinflussen. Die Verbindung eines schicklichen
Stücks Musik mit einer geschickt ausgefeilten Hülle machen ein sorgsam handgemachtes Produkt – einen wahren Schatz."
ENTERTAINER-HOP
INFO
MOPSFIDEL DANK R’N’B / Mocky
TEXT
Mocky, Are + Be, ist auf Fine/Four Music erschienen
BAAS DÖHLER | [email protected]
Mocky ist mit seiner angenehm Style-verliebten und dabei ureigenen Definition von
Pop und dieser reizenden Prise an Bad-Boy-Attitüde so etwas wie eine glamouröse,
funky Version von The Streets. An Sonnyboy-hafter Nonchalance ist seine R'n'BParaphrase "Are + Be" kaum zu toppen.
DEBUG: Siehst du dich selbst eigentlich als einen "Natural Born Entertainer"?
MOCKY: Ja! (lacht) Ok, vielleicht nicht so sehr natural
born. Ich glaube, es ist eine Frage der Persönlichkeit, des
Charakters. Man arbeitet irgendwie sein Leben lang daran und kann auf so vielfältige Art und Weise ein Entertainer sein. Die einen mögen es einfach nur lustig, die anderen eher durchgeknallt und scary. Es gibt die, die auf die
Bühne kommen und das gesamte Publikum im Handumdrehen für sich gewinnen. Na ja, und dann gibt es da noch
die anderen (lacht). Ich denke, ich bin da eher ein "Natural Born Musician", ein Songwriter. Auch wenn ich auf der
Bühne stehe und versuche lustig zu sein, ich die Leute zum
Tanzen bringe oder gar zum Lachen. Ich sehe mich zu allererst als Songwriter.
DEBUG: Kannst du dir denn vorstellen, irgendwann
einmal auf einer großen Bühne in einem wirklich
großen Stadion zu stehen, so wie Robbie Williams vor
etwa einem Jahr?
MOCKY: Oh ja! Ich habe nur gerade ein Problem damit
mir vorzustellen, wie wohl zehntausende Menschen drauf
sind, die mich auf einer solchen Bühne sehen wollen. Aber
warum eigentlich nicht. Wie gut, dass ich in diesem Sommer schon mal auf ein paar Festivals üben kann. Aber ich
denke, dass es von der Aufregung und Nervosität her für
mich keinen Unterschied machen würde, ob ich nun vor
Einem oder vor Tausenden spielen würde. Die Leute unterhalten und ein wenig Abwechslung in den Laden bringen. Das liebe ich.
DEBUG: Arbeitest du lieber allein?
MOCKY: Oh, nein. Ich habe schon mit vielen Musikern
zusammengearbeitet. Da wären zum Beispiel Gonzales,
Peaches, Jamie Lidell oder Kevin Blechdom. Ich glaube,
dass die besten Dinge entstehen, wenn man die Menschen, mit denen man etwas zusammen schafft, kennt.
Wenn man weiß, wie sie ticken, ihre Stärken und
Schwächen kennt, wenn es eine emotionale Basis gibt.
Diese gemeinsame Liebe zu dem, woran man gerade arbeitet. Und nicht nur dieses Remixen via E-Mail. Und auf
meinem nächsten Album möchte ich mit noch mehr Leuten an jedem einzelnen Track oder Song arbeiten, als ich
das auf "Are + Be" schon getan habe. Ich möchte alle Register ziehen, alle verfügbaren Technologien nutzen, das
Beste jeden Stils und Styles, die Superpower aller Teile zusammentragen und zu etwas ganz Großem verschmelzen. Der Schlüssel ist es zu erkennen, das jeder Einzelne eine ganz besondere Fähigkeit hat. Und all dies möchte ich
versuchen zusammenzubringen. Aber für "Are + Be" wäre das alles zuviel geworden. Denn bei diesem Album
stand für mich das Songwriting im Vordergrund. "Are +
Be" ist für mich das Ende meiner Laptop-Pop-Phase.
Dafür bin ich u.a. Menschen wie Snax sehr dankbar.
DEBUG: Und nun wagst du eine Neudefinition von
Pop?
MOCKY: Ich versuche es zumindest. Es ist meine ganz
persönliche Reise durch all die ganze, mehr oder weniger
experimentelle Musik der letzten drei, vier Jahre.
DEBUG: Wie hat dich Four Music eigentlich für sich gewonnen?
MOCKY: Mit Michi Beck. Ja. Es waren seine Erfahrung
und Inspiration, die mich beeindruckt haben. Ich kannte
bis zu diesem Zeitpunkt lediglich Die Fantastischen Vier.
Und fragte mich: "Meinen die das denn jetzt wirklich
ernst?" Aber das Klima und das ganze Drumherum haben
mich überzeugt. Die Frage ist für mich immer: "Was
möchte ich mit meiner Musik machen?" Ich möchte, dass
die Leute meine Songs im Radio hören. Es geht mir einfach
nicht um diesen Underground-Gestus. Und da war Four
Music einfach die beste Wahl, die ich treffen konnte. Welches Undergroundlabel veröffentlicht schon eine R'n'B-
Platte? Oder kennst du etwa Underground R'n'B? Also ...
DEBUG: Da wäre dann noch der amerikanische Billboard R'n'B.
MOCKY: Genau. Der war der ausschlaggebende Punkt
für mich, das Album "Are + Be" zu nennen. Vor drei Jahren, als mein erstes Album erschien, fragte mich jemand:
"Und wie wird dein nächstes Album so sein?" Ich sagte
einfach: "Ich werde ein R'n'B Album machen!" Nur meinte ich eben eine andere Bedeutung von R'n'B. Ich war
früher ja bei Gomma. Und das war auch nett. Nur stilistisch wollte ich eben einmal etwas anderes machen. Und
das geht nun. Manchmal macht es für ein Album einfach
mehr Sinn, den so genannten Underground zu verlassen.
DEBUG: Stell dir vor, dein Telefon klingelt.
MOCKY: Oh. Sorry. Moment!
DEBUG: Ähm, nein. Also angenommen, es würde klingeln. Und Madonna ist am anderen Ende der Leitung.
MOCKY: Aha?
DEBUG: Ja. Sie ist es wirklich. Nun, und sie bittet dich
um einen Gefallen: einen Remix von "Like A Virgin".
MOCKY: (fast aufspringend) Orchester! Ein riesengroßes Orchester! Mit Madonna. Tanzend. Im Video. Und
ich singe. Yeah! Das wird so eine Art Jazzballade. Ich komme auf die Bühne, vielleicht tanze ich sogar. Madonna
dann irgendwo im Hintergrund. Egal, es wird auf jeden
Fall ungemein jazzy.
TECHNO
Miss Kittin, I Com, ist auf Labels / EMI erschienen.
David Bowie, Heroes, RCA, ist 1977 erschienen.
Sylvia Robinson, Pillow Talk, Philips, ist 1973 erschienen.
Christian Kracht, 1979, Kiepenheuer & Witsch, hat’s
kürzlich für 5 Euro bei "2001" gegeben.
SIE TANZT, SIE SINGT, SIE FÄHRT AUTO / Miss Kittin
TEXT
BILD
JAN JOSWIG | [email protected]
SIBYLLE FENDT
Erst war Caroline Hervé als DJ die Camouflage-tragende Romantikerin der Wald-und-Wiesen-Raves, dann der singende Charme-Bolzen des Electroclash-Sommers. Jetzt macht sie sich mit ihrem Album "I Com" auf den Weg, die non-traditionalistische
Hoffnung des schwächelnden Neo-Chanson-Szene zu werden - unbeabsichtigt, aber toll.
Miss Kittin ist David Bowie. Was für eine Travestie. Um
endlich aus diesem beschämenden Spiel herauszukommen, ist Miss Kittin sogar so weit gegangen, sich ihre
Oberarme tätowieren zu lassen. Mit basalen Mitteilungen wie "inhale", "exhale". In Fraktur. Das hat eine zeitlang wirkungsvoll von der Identitätsüberlagerung abgelenkt. Bowie würde seinen Alabasterkörper nie tätowieren lassen, die H-Nadeln haben gereicht.
Aber mit ihrem ersten "Solo"-Album "I Com" hat Miss
Kittin mit einem Hüftschwung eingerissen, was die
Tätowierungen auf beiden Armen mühsam aufgebaut
hatten. Warum muss sie einen Track auch "Neukölln 2"
nennen? Das setzt doch noch den verschnupftesten
Spürhund auf die richtige Fährte. "Neukölln", so hieß
dieser legendäre Schwermutsgeräusche-Track auf Bowies "Heroes"-LP (wenn auch mit nur einem "l").
Die stupenden Parallelen drängen sich ab diesem Indiz
auf die Hand: Bowie war zur "Heroes"-Phase nach Berlin übergesiedelt, Miss Kittin ist es zu "I Com" auch. Beider Lieblingsplatz: der Wochenmarkt am Neuköllner
Ufer. Bowie hatte gerade nach "Young Americans" und
"Station to Station" seine Dancephase abgeschlossen.
Miss Kittin mit ihrem Songwriteralbum "I Com" zwischenzeitlich auch. Sie hat nur etwas länger gebraucht
bis zu diesem Schritt. Aber mit Thies Mynther und Tobi
Neumann als Produzenten hat sie ebenbürtige Partner
zu Bowies Tony Visconti und Brian Eno gefunden.
Ab geht’s in die experimentell elektronische Popphase.
Experimentell heißt vor allem, ich spucke auf eure Noten, Songs schreibt man in Bildern. Das geht so, zum
Beispiel beim Pianosolo von "Happy Violentine": "He,
Thies, du stellst dir jetzt vor, du wärest ein Vampir. So
richtig im düstersten Moment der Nacht, mit riesigem
Cape und vorgerecktem Spitzzahngesicht." Und Thies
zieht die Schultern hoch, fletscht die Zähne und haut in
die Tasten, wie es sich kein Komponist als kongenialere
Umsetzung seiner Partitur erträumen könnte.
Oder ist Miss Kittin doch Sylvia Robinson? Der Track
"Requiem For A Hit" auf Miss Kittins "I Com" sampelt im
Interlude die Modern-Soul-Formation "Ray, Goodman
& Brown", die davor als "The Moments" unter Sylvia Robinsons Regie standen. Auf dieses Sample schwört zumindest das Ohr des Journalisten. Miss Kittin hingegen
legt ihre Künstlerinnenhand dafür ins Feuer, dass die
Stelle Ton für Ton selbst eingespielt wurde. Egal, die Assoziation ist da. Und beweist diese unbewusste musikalische Mimikry nicht erst recht eine Seelengemeinschaft zwischen Miss Kittin und Sylvia Robinson?
Sylvia Robinson war eine der toughesten Geschäftsfrauen im Musikbiz. Als Geschäftsführerin von "Sugarhill Records", dem Label, das HipHop mit der "Sugarhill
Gang" auf die Schallplatten-Landkarte gebracht hat,
lehrte sie jedem Konkurrenten legendär das Fürchten.
Gleichzeitig hauchte sie aber als "Sylvia" die anschmiegendsten "Pillow Talks" ins Mikrofon. Ein Januskopf von
einer Frau.
Schillert Miss Kittin nicht auch faszinierend zwischen
kalkulierender Verwalterin ihres Star-Potenzials und
dem Image vom naiv unverstellten Privatmenschen?
Ihre Website misskittin.com spricht einen im Stil eines
persönlichen Briefes an mit lustigen Skribble-Figürchen und krakeligem Handschrift-Lettering. Ihr Album
sagt "Miss Kittin" und "I". Aber die Seite ist kein Ein-Personen-Weblog und die Platte kein Ein-Personen-Bedroomfolk. Beides konnte nur im Teamwork entstehen.
Ein Team mit einer Königin (“It’s Good To Be The
Queen”, Sylvia Robinson). Ein Team, dessen Aufgabe
darin besteht, Miss Kittin so sichtbar und sich selbst so
unsichtbar wie möglich zu machen. Miss Kittin will,
dass man sich mit ihr auseinander setzt, nicht mit einem Kollektiv. Selbst wenn sie in ihren Texten genau
das problematisiert, so kreist sie immer noch um sich
selbst. Aber das ist ihr nicht wichtig aus Egomanie, sondern aus Nostalgie: Sie kann nicht lassen vom ursprünglichen Erlebnis des direkten Händeschüttelns
zwischen DJ und Publikum auf Spiral-Tribe-Parties im
französischen Hinterland um ’93 – und wenn es auch
nur als Teil-Simulation zu retten ist. Das nennt man
wohl Einrichten in der Professionalität. Beweist nicht
MOABEAT
Limitiere Erstauflage als Doppel-CD mit Instrumentals - Mix
www.newnoise.de
www.xtaster.de
www.labelsmusic.de
ihr Z3 Cabrio (siehe Foto) den gleichen Geist? Eine poshe Angeberkarre, würdig eines Stars – aber dank versenkbarem Dach mit dem Höchstmaß an direktem
Kontakt zu den Mitmenschen. Mitmenschen, nicht
Volk.
Miss Kittin biegt sich selbst Image- und MarketingKontrolle zu einem kreativen Spiel zurecht. Und Limitierungen, die ihre künstlerische Abenteuerlust hemmen könnten, ignoriert sie einfach. Wofür hat man
denn schließlich diesen Akzent, mit dem selbst das Verlesen eines Todesurteils noch wie ein Frühlingsgedicht
klingen würde? Und genau diese charismatische Resistenz gegen jeglichen Zynismus hat sie auch bei ihren
diversen Gesangskollaborationen vom Golden Boy
über Sven Väth bis zu Felix Da Housecat so faszinierend gemacht: Nie war sie Vorzeigepuppe, die weitergereicht wird und die schließlich mit verhärmten
Mundwinkeln ihren Teil des Kuchens einklagt – wie
Verona Feldbusch, Naddel oder Thomas Anders. Immer
war sie die Gallionsfigur, ohne die jeder Kahn sang- und
klanglos auf Grund laufen würde.
So ausgeprägt wie auf "I Com" hat sie ihre Stellung als
Gallionsfigur einer abenteuerlichen Musikodyssee entlang einer Elektronika-Chanson-Küste zwischen David
Bowie und Sylvia Robinson allerdings nie ausgespielt.
Und wenn sie jetzt immer noch jemand “Singender DJ”
nennen sollte, dann kann das nur so verehrungsvoll gemeint sein wie bei Gene Autry, dem “Singing Cowboy”.
PS: Gerade habe ich mit meinen Freunden von der Jugend-CSU gesprochen, die ich über unseren gemeinsamen Bekannten Christian Kracht kenne. Die wollten
entrüstet wissen: "‘I Com‘? Was nimmt sich diese französische Katze heraus, ein bayrisches Mundartalbum
herauszubringen?"
PPS: Warum Miss Kittin "inhale" auf dem rechten Oberarm, "exhale" auf dem linken stehen hat? Ihr Doofies,
natürlich weil bei jeder, aber wirklich jeder Yoga-Übung
nach links ausgeatmet wird. Das wusstet ihr nicht?
Miss Kittin verbindet mit
David Bowie die Liebe zum
Neuköllner Wochenmarkt in
Berlin. Was sie unterscheidet,
sind die Tattoos.
Nach N.E.R.D. & Neptunes
die nächste echte Dringlichkeit!
DRINGLICHKEIT BESTEHT IMMER
CD & DOLP
Und wenn die Schwätzer auch behaupten mögen, der deutsche Hip Hop sei eine tote Schiene ...
Moabeat ist die Zukunft. Hier & Jetzt! Tour & News auf www.moabeat.biz
<09> - DE:BUG.83 - 06.2004
INFO
TECHNO
WENN EUPHORIE,
DANN TRACK
AIR LIQUIDE
TEXT
MARTIN OSTI/ALJOSCHA WESKOTT | [email protected]
Dr. Walker und Jammin' Unit legen nach. Nach Major-Deal und Flutkatastrophen
stellen sie sich mit ihrem neuen Album breitbeinig in die Disco. Zehn Jahre Business
konnten den beiden nichts anhaben. Die Maschinen lieben sie immer noch. Und umgekehrt sowieso. Im Garten der Legende ...
Die Architektur der Disco hat sich verändert. Sie war
damals noch anders: dunkler, rougher, verrückter und
meistens unter Tage. Eine Überschwemmung in Köln
ruinierte Mitte der 1990er-Jahre das Equipment der krachenden Gehirnelektroniker Air Liquide. Viele Platten
wurden fortgespült, zahlreiche Maschinen, d.h. selbstgebaute Synthesizer verwüstet. Walkers Sammelleidenschaft für Maschinenbauteile jeder Art tat das aber
keinen Abbruch. Cem aka Jammin' Unit konnte hingegen durchatmen. Schließlich war im Kellerloch des damaligen Clubs Liquid Sky, auf einer alten Kegelbahn, die
um kleinere Beträge. Im Vergleich zum Force-Inc-Chef
Achim Szepanski waren es beispielsweise nur Peanuts.
WAVES
All das hat auf den Kultstatus von Air Liquide nicht abgefärbt. Eine gewisse Reife ist ihnen anzumerken. Das
gilt nicht für ihren Sound. Air Liquide machen keinen
Air-Liquide-Sound. Aus purem Begeisterungsterror für
jeden skurrilen Soundschnipsel sind sie nie eingerostet. Eine fast jugendliche Unruhe und Aufgeregtheit
ist geblieben. Ihre Produktionsweise entspringt spon-
Eine gewisse Reife ist ihnen
anzumerken. Das gilt nicht für
ihren Sound. Aus purem Begeisterungsterror für jeden skurrilen Soundschnipsel sind sie nie
eingerostet.
Luft ziemlich dünn geworden. Aus den hirntechnoiden
Soundschraubern von einst und nach Jahren verschiedener Solo-Pfade sind Air Liquide nun in ein anderes
Disco-Stadium getreteten, das in dieser Konsequenz
von ihnen noch nicht zu hören war. Dieses Album hätte
auch schon vor zehn Jahren erscheinen können, meint
Cem. Aber damals domierte sie noch andere Soundformate. Gewisse Kontinuitäten gibt es dennoch. Auch ein
Jahrzehnt später begegnen Air Liquide bei ihren LiveSets noch immer Menschen, die es sich nicht nehmen
lassen, pikante Fragen nach technischen Details zu
stellen: "Was ist das für ein Widerstand, den ihr da zwischen Gerät A und B eingebaut habt?" Das nervt, oder
nicht?
TROUBLE
Dann folgten Jahre bei Majors, u.a. bei Sony, EMI und
zuletzt BMG. Dort, so erinnert sich Cem, ereignete sich
schließlich ein mittlerer Alptraum. Kein Benz holte sie
ab, als der Chef persönlich zum Essen lud - auf eine Pizza, ganz leger, ganz locker, tatsächlich aber nur zu einer. Zu dritt kauerte man an besagtem Stück, bis der
BMG-Boss einen Segelflieger-New-Age-Chill-OutSound in seinen CD-Player einlegte und davon sprach,
dass er ja ihre Platten kennen würde. Das kratzte am
Nervenkostüm, schürte ein schon vorher tief ausgeprägtes Unbehagen gegen die Musikindustrie, das sich
bis heute fortzusetzen wusste. Also weg von den Majors, hin zu Multicolor, dem kleinen exquisiten Weltmusik-Label mit elektronischem Anstrich. Denn im Laufe
der Zeit sind für Air Liquide solch schlechte Wiederholungen lästig geworden. Das gilt auch für die mafiöse
EFA-Bande, die sie abzuziehen wusste, wenngleich nur
INFO
Air Liquide, Let your Ears be the Receiver, ist auf
Multicolor / Intergroove erschienen.
tanen Euphorieschüben. So erreicht zwischendurch
den in Berlin lebenden Cem eine SMS aus Köln, dass alte HipHouse-Platten wieder geil klingen, das damit etwas gemacht werden müsste. So werden Ideen entwickelt. Das neue Album wurde live produziert. Drei Tage waren sie in einem leeren Club in Köln und haben
mit den vorher programmierten Soundpattern improvisiert oder besser: gespielt. Das war die Basis der LP. Erst
einen Fundus von Beats basteln, der alle momentanen
Einflüsse streift und dann im Club das Geschehen
schon vorwegnehmen. Aber was begeistert sie? Wie
wählen sie etwas aus, wenn nie ein Konzept aufblitzt?
"Mich begeistert eine leidenschaftliche Intensität, etwas,
das Eindruck hinterlässt. Der Krach von Alan Vega. Er
schwitzt und es passiert etwas. Dieser bestimmte Vibe ist
das Auswahlkriterium auch für unsere Musik."
Es geht nicht zuletzt darum, sich selber zu programmieren, sich mit Stimmungen zu manipulieren, um einen Sound zu finden. Nicht mehr Klangforschung, sondern programmierte Vielfalt ist dem Album zu entnehmen. Mal tümmeln sich schwere Bassläufe in einer etwas angestaubten amerikanischen Big Beat Boutique,
mal werden Soulstimmen zu Husarenritten ausgebaut,
bis im Feuersturm der Gefühle ein kleiner Riss dazu genutzt wird, um alles zu einem Medley auszubauen, das
den Saturday-Night-Fever-Soundtrack in die Gegenwart zu holen scheint. Das ist irgendwie entrückt und
soll auch so wirken. Von einem "Beschleunigt-Werden"
redet daher Cem. Im gleichen Atemzug auch von einer
Sexyness, die nicht ironisch rüberkommen soll, obwohl
zwischendurch ein sprachbasiertes Sample "Danke
auch" auf den Dancefloor ruft. "Danke auch?", das bezieht sich auf den Sumpf, auf die 90 Prozent Hass im
Medien-Alltag und die zehn Prozent Regeneration in
der eigenen Musik. Air Liquide setzen in ihrer besonderen Liebe zu den Maschinen auf Klarheit.
HOUSE
<11> - DE:BUG.83 - 06.2004
INFO
Die Labelcompilation von Get Physical ist auf Get
Physical / Intergroove erschienen.
KRACHER MIT HERZBLUT / Get Physical
www.physical-music.de
TEXT
BILD
PATRICK BAUER | [email protected]
Wissen, was gut ist. Das Houselabel Get Physical und die sechs Köpfe, die dahinter
stecken, wissen wo der Bartel den Most holt und kreuzen Erfahrung und Einflüsse zu
tanzaktiven 12"s zwischen Disco, Electro und Chicago-House. Jetzt ist die erste Compilation erschienen.
Am Abend des 28. Januar 2002 konnte keiner der Anwesenden ahnen, dass man soeben dem Dancefloor eine vereinte Konsequenz beschert hatte, die ihm bis dato fehlte. Es war am Berliner Helmholtzplatz, das Essen
war gut und Miss Kittin saß am Nebentisch: Get Physical war geboren. Vor zwei Jahren war es einfach an der
Zeit, Kräfte zu komprimieren, Fähigkeiten zusammenzulöten und Vergangenheit zu bewältigen. Denn davon
war reichlich vorhanden. Sechs Leute, sechs Backgrounds, ein Team: Patrick Bodmer und Philipp Jung,
die im Doppel seit 1992 House-Volleys und TechnoDrops an die Netzkante kleben. Die Produzenten Walter Merzinger, Arno Kammermeier und Peter Hayo,
besser bekannt als Booka Shade. Und Thomas Koch.
Das T unter den DJs, Begründer der "Groove“, der Clubsockel Frankfurts.
Schnitt: wieder Berlin, wieder beim Essen. Der Duft von
Tiefkühlpizza und Sommerbeginn liegt über der Runde.
Walter und Arno als Vertreter des Studios, Thomas als
DJ T. und Patrick als Hälfte des zweiten Get-PhysicalAushängeschilds M.A.N.D.Y. referieren bei einem Sixpack über Zwischenfazits, Teamarbeit und die bald erscheinende erste Compilation. Noch schwelgt man in
der Erinnerung an den magischen Startmoment der Labelbrüderschaft. "... in dem Augenblick hab’ ich gewusst,
dass ich das noch mal machen kann und will, obwohl ich
das aktive Musikmachen schon abgehakt hatte“, erinnert
sich Thomas. Seine ersten Studioversuche 1987 verliefen weniger befriedigend, weshalb er sich in der Folgezeit äußerst erfolgreich auf das Auflegen konzentrierte. "Bei mir ist quasi alles aus dem DJ-Sein heraus gekommen, auch das Magazin zu machen. Die Groove habe ich
aus der Konsumenten-Sicht des DJs begonnen, wollte
Kontakte knüpfen und so auf Umwegen wieder zum
Soundmachen kommen. Aber diese Umwege sollten vielleicht zwei Jahre dauern, nicht fast fünfzehn.“ Aus dem
Frankfurter Monza-Club kannte Thomas bereits die
M.A.N.D.Y.-Jungs und die wiederum hatten schon im
Sandkasten Kontakt mit der Booka-Shade-Riege. Dass
auf die richtige Mischung gesetzt wurde, war schon
nach dem ersten Get-Physical-Release klar. "Put Put
Put“ von M.A.N.D.Y. schwenkte mit Funkdub um sich
und verzichtete auf Exkurse. Was zählte, war der Tanz
um die Discokugel. Das schlug ein. Die Anfangseuphorie wurde zum Selbstläufer und da sie bis heute nicht
abgeklungen ist, sollte man vielleicht eher von einem
permanenten Rauschzustand sprechen. Klar ist: Get
Physical steht für sich und seinen Sound. Die 19 Tracks
der im DJ-Mix entstandenen Geburtstags-Compilation
sind allesamt Ausrufezeichen, die bei keinem Club-
Ringelpietz der letzten Monate fehlen durften. Ohne
plump zu sein, schreit hier jede Faser nach rhythmischer Bewegung, ohne verbissen zu wirken, ist jeder
Klang auf den Punkt genau produziert. Nie musste man
sich weniger für Direktheit schämen, selten war die
Klarheit so farbenfroh.
WALTER: Wir konnten ja nicht mit so einer Welle rechnen, das musste ja erst mal zusammenwachsen. Natürlich hat man auch immer wieder Auseinandersetzungen.
Das ist es auch, das bringt einen immer weiter. Wir sind
sechs Kontrollinstanzen, wenn die sagen: Der Track ist ein
Kracher, dann kannst du so falsch einfach nicht liegen.
ARNO: Allen ist das Projekt extrem wichtig. Bei großen
Labels passiert einfach so viel Quatsch, weil es dort nicht
so ist. Bei uns steckt Herzblut drin, sowohl in der Produktion als auch in der restlichen basisdemokratischen Labelarbeit. Das sagen die Leute auch immer wieder: 'Wenn
ich das höre, da passiert wahnsinnig viel.' Das liegt daran,
dass enorme Energie und Detailliebe drinsteckt.
PATRICK: Man muss auch betonen, dass alle wahnsinnig
lange dabei sind, jeder hat so seine Kontakte, seine Herkunft und seine Fähigkeiten. Das wird alles zusammengeschmissen.
WALTER: Wir verstehen uns halt auch privat sehr gut.
Das ist so, wie wenn man als Kind Holzhäuschen gebaut
hat: Man muss klarkommen, sonst gibt’s Stress.
STEFAN KORTE
PATRICK: Walter und Arno haben einfach ihre fast 20jährige Vergangenheit als aktive Musiker und Produzenten und da haben sie eigentlich von A bis Z so ziemlich alles gemacht. Synthie-Pop, 80er-Sound, Rock, mittlerweile
auch Film- und Werbemusik, das geht echt von Klassik bis
Big Band. Die sind für uns einfach die beste Spielwiese, die
man sich vorstellen kann. Wir müssen eigentlich nur sagen, in welche Richtung es gehen soll, dann machen sie
das schon. Perfekt.
WALTER: Das macht Spaß: dieses Lebensgefühl, das jemand hat – ob jetzt T. oder Patrick oder Philipp - zu transportieren. Das ist aber auch schwierig, eine Leidensgeschichte. Du musst dich wirklich in das Hirn eines anderen reindenken.
ARNO: Ich erinnere mich immer wieder an den Spruch:
Ich möchte jetzt den Sound einer über Marmor rollenden
Glaskugel haben.
THOMAS: Die Sounds, die man im Kopf hat, werden von
den beiden extrem schnell sehr präzise gebastelt. Genau
so, wie ich sie haben will. Wo ich dann am Anfang konkret
Hilfe brauchte, das war beim Arrangement und da kam
dann sehr viel Input, z.B. vom Walter.
Da bin ich im Laufe der Zeit auch gewachsen.
WALTER: Du hörst den Platten stets an: Das ist wirklich
T. Das ist einfach in Musik umgesetzte Vergangenheit. Jede Platte erkennst du schon nach den ersten paar Tönen.
THOMAS: Jedenfalls glaube ich, man kann ohne mit der
Wimper zu zucken sagen, dass Booka Shade die vielfältigsten uns bekannten Produzenten sind.
PATRICK: Absolut. Der Anfang ist zwar immer ein bisschen schwer: dieses gemeinsame Gefühl zu finden, das
ist genau wie beim Auflegen oder beim Ping-Pong-Spielen. Aber wenn das Verständnis da ist, dann kann das to-
Aber wie gelingt der Wiedererkennungseffekt? Ob nun
der flippige Lieblingsglamstar Chelonis R. Jones die
House-Gefühlsimplosion zelebriert, die Beats von DJ T.
in hinreißender Monotonie Geschichtsstunden geben
oder M.A.N.D.Y. Techhouse zum Sinn allen Lebens machen – die Verwandschaft ist nie zu leugnen.
THOMAS: Ich denke mal, da sind zwei Sachen: Du hörst
immer schnell den M.A.N.D.Y.- oder T.-Sound heraus, aber
du hörst auch immer diese arrangementmäßige Klammer. Alle Kniffe, die Herangehensweise unserer Produzenten. Der Versuch, moderne Houseansätze mit Zitaten
aus den Stilen, mit denen wir großgeworden sind und die
wir so lieben, zu verbinden. Italo-House, Disco, Chicago –
das findet sich alles drin wieder. Und ich denke, das merkt
man ja auch an den Resonanzen, dass das Label seinen eigenen Sound gefunden hat.
ARNO: Eine Grundästhetik!
WALTER: Wir befruchten uns zum einen gegenseitig,
zum anderen kommen externe Einflüsse. Wir hören
natürlich so ziemlich alle wichtigen Platten. Die Crème
de la Crème. Und dann messen wir uns wirklich nur am
Besten.
Deephouse herum und scheuen weder ehrlichen Retro
noch spritzigen Pop. Die Spannweite der Releases wird
erweitert, vielleicht bevor die Schubladisierung droht?
PATRICK: Wir freuen uns über jeden neuen Künstler und
sind heilfroh, dass da ein paar Leute waren, die uns musikalisch und persönlich gefallen haben. Am Anfang gab’s
einfach keine Demos, die in unsere Richtung gingen.
WALTER: Bei vielen Demotapes merkt man: Die geben
sich zu früh zufrieden. Bei uns aber wird jeder einzelne
Ton hinterfragt.
PATRICK: ... ohne ihn totzudiskutieren. Wir sitzen jetzt
nicht da und grübeln ohne Ende!
WALTER: Klar, aber bei vielen Sachen merkst du, dass die
Leute irgendwas machen, denken, das sei schon okay, und
es dann rausschicken. Das reicht für uns halt nicht.
ARNO: Es ist jetzt interessant, Leute zu haben, die den
Style von Get Physical repräsentieren und ihn gleichzeitig
fortführen. M.A.N.D.Y und T. sind feste Koordinaten, aber
es ist super, auch frisches, eigen klingendes Blut dabei zu
haben.
THOMAS: So offen wollten wir das aber auch immer fassen.
Durch die Bestätigung haben sich Freiräume ergeben,
man weiß jetzt, dass es richtig war, abseits deprimierender Fremdsteuerung auf intime Cliquenbildung zu
setzen. Auf das bisher verschmähte CD-Format sollen
bald auch Alben gepresst werden. Von DJ T. bis Chelonis R. Jones stehen diese in den Startlöchern und werden versuchen, die hohe Begeisterungs-Dichte der bisherigen Maxis mit Tempo- und Stimmungsvariierungen zu paaren. Ohne dabei die Herkunft zu leugnen:
Wir hören natürlich alle
wichtigen Platten. Die Crème de la Crème. Und dann
messen wir uns am Besten.
taler Electro, fast schon Punk oder New-York-Retro-House werden wie bei Chelonis oder eben solche Disco-Tracks
wie bei T. Da ist alles möglich, sobald dieser spezielle
Punkt erreicht ist.
WALTER: Dann flutscht es. Aber wenn das nicht klappt,
dann ist das für mich ein Weltuntergang. Da kann mir die
Frau weglaufen oder so, aber das tut echt am meisten
weh.
Auf der gerade fertig gestellten Compilation tasten
sich drei neue Artists entlang der Get-Physical-Linie.
Lopazz, Thomas Barfod und Voltique klempnern an
die Mitte der Party.
THOMAS: Wir produzieren einfach hundertprozentig
auf die Tanzfläche zu.
PATRICK: Und können’s vielleicht auch gar nicht anders!
THOMAS: Allein der Labelname bekennt sich ja auch dazu, ich bin schon immer leidenschaftlicher Tänzer gewesen. An dem Tag, wo ich gar nicht mehr das Verlangen habe, auf die Dancefläche zu gehen, würde ich aufhören,
aufzulegen oder zu produzieren.
FINDER
PASCAL SCHÄFER
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KLIMEK
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DAT POLITICS
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WORKSHOP
Jazz-Liebhaber mit MPC
Ambient-Liebeserklärung an Israel
Die Insekten im Laptop
Mit Bob Marley und H.P. Lovecraft für die Kunst
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DJ-BATTLE IN VIETNAM
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Ein Fan-Club macht mobil
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Kanada nach Microhouse
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Japan-Noise auf Psychedelic-Abwegen
HipHop: knorke statt Knarre
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DAEDELUS
NI’s Elektrik Piano
Melbeatz und ihre MPC4000
Korg Legacy Collection / C74’s “Mode”
Hoptronics, das nächste Ding
HOUSE
ROBAG WRUHME
... HAT FREUDE AM TANZEN
INFO
TEXT
THADDEUS HERRMANN | [email protected]
Warum Jena nicht Hauptkulturstadt Europas ist, weiß niemand, der sich für
House interessiert. Das "Freude am Tanzen"-Kollektiv planscht dort seit Jahren
in einem musikalischen Jungbrunnen, der einfach nicht versiegen will. Genauso
weit vorne wie draußen sind sie mit ihrem Nebenlabel "Musik Krause". Dort veröffentlicht jetzt der musikalische Chefdenker des Kollektivs, Gabor Schablitzki
aka Robag Wruhme, sein erstes Album - Harry Belafonte sei Dank.
Das ist die Geschichte von Gabor Schablitzki, der als
Robag Wruhme mit seinem Album "Wuzzlebud 'KK'"
dieses Jahr alles klar machen wird. Für so eine Erfolgsgeschichte braucht es ein paar Zutaten, die an dieser
Stelle kurz erwähnt werden sollen, bevor Robag selber
zu Wort kommen wird und die Mutmaßungen eines
Westberliner Journalisten über das Produzieren im Sozialismus vielleicht bestätigen wird. Vielleicht aber
auch nicht. Wir schieben sozusagen eine Maus ein, die
mit dem Elefanten die Koordinaten für uns checkt. Um
Robag Wruhme zu werden, braucht es: Papa mit Plattensammlung, Tapedeck aus dem Westen, Kino, Harry
Belafonte, ICQ, Die Ärzte, abstürzende Soundkarten,
Berliner Plattenläden und einen Kopf, der sich ständig
neue Dinge ausdenkt. So viele, dass man mitunter nach
gewisser Zeit über seine eigenen Pseudonyme stolpert
oder sie als DJ in einem Backroom erst ins Bett bringt
und dann vergisst. Danke, Maus ...
Gabor Schablitzki kommt aus Jena, ist von kleiner Statur und wir sitzen in Leipzig in der Sonne unter einem
Baum-ähnlichen Gewächs. Dreizehn Jahre auflegen liegen hinter ihm. Als Teil von "Beefcake" hat er Elektronika in Deutschland groß gemacht, als einer von zwei
"Wighnomy Brothers" hat er am Rechner und als DJ
Deephouse geknackt und "Freude am Tanzen" und
"Musik Krause", die beiden Labels, um die er sich kümmert, kaufen gerade eh alle. Und Robag Wruhme bildet
diese Facetten alle ab, vermischt und verwischt sie zu
einem persönlichen Megamix von Gabor Schablitzki.
Rückwärts, ist ja klar. Warum? Weil "Wruhme" in der
Gegend von Jena eben "warum" heißt und man Robag
und Gabor spiegeln kann ...
MEIN FREUND HARRY
Potter? Ich bitte euch. Belafonte! Der hatte bei den
Mitgliedern des Politbüros einen Stein im Brett und
weil er den legendären HipHop-Film "Beatstreet" initiiert hatte, lief der landauf, landab und die Kids drüben
fingen an zu breaken. Gabor auch. Und der andere Wighnomy Brother sowieso. "Ich glaube, es war einfach
Glück, das alles so kam", sagt Gabor und erzählt von der
umfangreichen Plattensammlung des Vaters: "Es waren
fünf LPs. Jean-Michel Jarre, Tomita spielt Musorski und
Vangelis. Irgendwann lief dann 'Beatstreet' und es kursierten HipHop-Tapes, oder man hat es eben im Radio aufgenommen. '87 gab es auch eine HipHop-Band in der DDR,
das ließ sich damals schon alles nicht mehr so kontrollieren." Als man dann in Jena einfach in den Zug ein- und
in Köln wieder aussteigen konnte, holte Gabor wie ein
Wuzzelbud alles im Sauseschritt nach. Darkwave, Punk,
The Doors, die Ärzte, Depeche Mode auf Vinyl, Kraftwerk. Und langsam wurde klar, dass es die Elektronik
eben doch war. Vangelis sei Dank. Und Hardwax. Aus
Aphex Twin und Techno wurde dann Beefcake. Das war
er und Volker Kahl. Aber eigentlich eher ein DOS-Programm, das sich nicht besonders gut mit der Soundkar-
Robag Wruhme, Wuzzelbud KK, erscheint auf Musik Krause / Kompakt
www.musikkrause.de, www.wighnomy-brothers.de, www.freude-am-tanzen.com
te verstand. Details würden hier zu weit führen. Wichtiger sind die Plattenspieler, auf denen zu dieser Zeit
schon lange Deephouse aufgelegt wurde. Bei Leuten
wie Jeff Mills lernte er, wie die Kommunikation zwischen DJ und Crowd funktioniert und Deephouse passte einfach. "Produzieren konnte ich das aber nicht. Klar,
der Aufbau war ganz einfach: Bassdrum, HiHat, Snare,
Bass, Rhodes, Gesang und wieder raus. Es kribbelte aber nie
im Studio. Irgendwann gab es diesen einen Track, eigentlich
Beefcake. Je mehr Samples dazu kamen, desto mehr verschob sich das Tempo, ummixbar. Den haben wir auf der
Freude am Tanzen 09 releast, einer Wighnomy-BrothersMaxi. Eindeutiges Rotwein-Arrangement. Da platzte irgendwie ein Knoten. Vielleicht wollen die Leute jetzt auch
eher dieses Zeug hören, man kommt damit schneller an.
sen. Wenn clickernder Techno, dann am Ende mit
Flächen und Melodien, die man eigentlich in einem anderen Regal kaufen würde. Wenn Vocals, dann so, wie
es Nicolette nie schaffen würde, vom Text-To-SpeechWindows-Derivat ganz abgesehen. Wenn Acid, dann
gefaked und mit gecuttetem Jack-Rotz. "Doch, da war
auch viel Glück dabei. Und ich frage mich, wie das weitergeht. Ob es nicht irgendwann umkippt und sich niemand
mehr für mich oder für unsere Labels interessiert." Gabor
schaut auf das Diktiergerät und räsupert sich. Gleich
muss er in den Zug steigen, fast bis an die Küste fahren.
Da werden die Wighnomy Brothers morgens von sechs
bis zehn Uhr auf einer Kompakt-Party auflegen. Vodka
hilft in der Regel. Bald muss er nach Detroit und Kanada. Er sollte sich an Fernreisen gewöhnen, denke ich,
Wer Robag Wruhme verstehen verstehen will, kommt an
Harry Bellafonte und Vangelis nicht vorbei.
Uns war auf jeden Fall klar: Das ist das, was wir machen
wollen. Mischen, experimentieren. Robag Wruhme ist für
mich die Schnittmenge aus klassischen Dancetracks und
Experiment." Musik für Wuzzelbuds eben, klare Sache.
VOM SCHILLERGÄSSCHEN IN DIE WELT
Was ein Wuzzelbud genau ist, habe ich bis zum Ende
des Interviews nicht rausgefunden. Das Album von Robag Wruhme jedenfalls, "Wuzzelbud 'KK'", das im Juni
auf Musik Krause erscheinen wird, lässt all die unterschiedlichen Persönlichkeiten, die Gabor über die Jahre, allein oder in Begleitung aufgebaut und ausprobiert
hat, ineinander fließen. Wenn House, dann aber mit
stotternden Beats und Hall-Presets, die schon auf
Beefcake-Platten die Münder haben offenstehen las-
und bin immer noch dabei, das Album in seiner ganzen
Größe zu erfassen, und grübele nach, wie man es
schafft, in einer knappen Stunde alle wichtigen Kapitel
der elektronischen Musik zu einem Ganzen zu verschmelzen, dabei aber doch immer auf dem Dancefloor
verhandelt wird und mit einem Gitarrentrack am Ende
der Platte das Schillergässchen aus Jena, das Hauptquartier der Bande, um die ganze Welt tragen wird.
Doch dann sehe ich ihn, wie er bei seinen Großeltern in
den Sommerferien Radio hört, Tapes aufnimmt, das Puzzle zusammensetzt. Stück für Stück. Wuzzlebud.
PS: Lieber Gabor, wenn du mir erklären willst, was ein
Wuzzlebud ist, ruf doch an. Gruß, Thaddi.
<13> - DE:BUG.83 - 06.2004
14
ELEKTRONIKA
<14> - DE:BUG.83 - 06.2004
INFO
Nach "Harmony Express" erscheint in Kürze
das Album "Dawn" von Pascal Schäfer auf
Karaoke Kalk / Hausmusik
www.karaokekalk.de
Das mit den Bildern und Filmen beim Hören meiner
Musik spielt schon eine wichtige Rolle ... Doch
zunächst mal der Reihe nach. Ich hab als Kind Geige gespielt, dann Gitarre, dann Saxofon und Querflöte. Mit
letzterem von '93-'97 ein Musikstudium in Holland absolviert. Bin seit dem 11. Lebensjahr ein großer Jazzliebhaber, vor allem aus der Zeit der Bigbands und ersten
Modern-Ensembles, 30er- bis 50er-Jahre, du weißt. (Mit
dem Wort "Jazz" wird ja seit Jahren viel Mist betrieben.)
Hab dann als Teen in den 80s viele Jazzkonzerte besucht, die alten Meister noch gesehen und original
Vinyl gesammelt, war ein absoluter Purist, bin nur in
Anzügen rumgelaufen, tried to be a Hipster ... Ein Solo
von Charlie Parker oder Bud Powell ist nach wie vor das
Tiefste und Bewegendste und gleichzeitig Genialste im
Jazz. Da gibt es natürlich noch viele mehr aufzuzählen:
Duke Ellington, Thelonius Monk, Sonny Rollins, Miles
.... Gerade Jazz hat meine Ohren ab den späten 80ern
schließlich für viele neue Musiken geöffnet, eben auch
elektronisch erzeugte Musik.
PASCAL SCHÄFER
ERZÄHLT ...
TEXT
SASCHA KÖSCH | [email protected]
Pascal Schäfer lebt in Köln und bastelt sich als Multiinstrumentalist und Jazzliebhaber die bewegendsten Soundtracks, die die Domstadt gehört hat. Und auch wenn
ein Solo von Charlie Parker noch immer der Maßstab aller Dinge, die sich deep und
genial schimpfen, ist, wühlt er sich auf seinem Album für Karaoke Kalk in schwebende Flächensounds.
Seit Beginn der 90er lege ich Platten auf, und das regelmäßig in Köln, da kann man alles von Morricone bis
Moodyman hören, (aber ich hasse diesen pseudo-jazzy
Mist ...) Ich habe in den verschiedensten Bands als Musiker gearbeitet. Um davon zu leben, musste man viel
Bullshit spielen. HORROR. Hab alles geschmissen und
mir eine MPC, später noch Logic gekauft, dazu ein alten
VFX-Synthesizer und ein Hohner Pianet usw. Mein Ziel
war, endlich mal auf ein komplettes Arrangement Einfluss zu haben und meine ganz eigene Musik zu komponieren, das war ca. 2000!(... spät ...) Aus der Hochschulzeit ist viel an Wissen aus Harmonielehre und Arrangementtechnik geblieben, was ich nutze. Natürlich
benutze ich auch Samples, für Farbe, als kleine Zitate.
Meine Blasinstrumente benutze ich nur, um deren
Klang zu verändern.
Ich liebe Soundtracks, gerade die deepen des Film Noir,
die schönen und minimalistischen des Neorealismus,
die obskuren Sounds irgendwelcher Spacefilme der
50er und 60er Jahre, oder die Konzeption rarer Libraryproduktionen (mein neuer Sammeltick). Irgendwie höre ich das alles, wenn ich Musik mache, meine Bilder
dabei sind aber sehr persönliche: Trauer, Glück, Benommenheit, meine Familie, meine Liebste ... Mein Ziel
ist irgendwie schon ein kompletter eigener Soundtrack. Mal schauen.
Karaoke Kalk ist ein Label mit viel Farbe und Möglichkeiten. Das habe ich schon länger beobachtet und meine Sachen auch direkt dem Thorsten geschickt. Das
ganze Labelkonzept war entscheidend: Tradition und
Experiment, alles nebeneinander. Meine nächsten Releases sind "gerade" Tracks auf Karaoke, die ich seit längerem produziere und sammle, so zwischen Parrish
und Klang. Näheres von Thorsten. Übrigens bin 35 und
lebe seit fünf Jahren in Köln.
AMBIENT
TRAGISCH, NAUTISCH, UNWIDERSTEHLICH / Klimek
TEXT
JOHN TWELLS | [email protected]
Sebastian Meissners Projekt Klimek ist
Teil der Kompakt’schen Pop-AmbientReihe, orientiert sich dabei aber lieber
an den Cocteau Twins und Joy Division
als an Brian Eno und Alex Patterson.
Sein Debütalbum schmiert einem weiterhin großzügig und unwiderstehlich
Honig um den Bart. Ein Fan berichtet.
Mein erstes Zusammentreffen mit Klimek war unerwartet. Ein Freund drückte mir die “Milk & Honey” 12”
auf Kompakt in die Hand. “Hör dir das an, du magst das.”
Er hatte Recht. Geld und Vinyl wechselten den Besitzer
und ich machte mich auf dem Heimweg, mit Klimek unter dem Arm.
Ungefähr ein Jahr später steckte mir jemand das Album
zu. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich die Maxi bereits in
Grund und Boden gespielt. Das Album mit seinen tragischen, tiefen, nautischen Tracks war die größte Gnade, die meinem CD-Player seit langer Zeit widerfahren
war.
Unfassbar leichte Gitarrenriffs akzentuieren die Tracks,
die sich langsam aufbauen und wie ein Bach inmitten
von Bäumen auf- und abschwellen. Die Stimmung ist
mehr als zurückhaltend, Klimek hat es nicht nötig, seine Musik mit vielen Sounds zu füllen. Er lässt die Delays
laufen und die Tracks blenden ganz langsam aus.
Stell dir vor, du liegst im tiefen Wald zwischen verwelkten Blättern und kaputten Ästen. Du schaust in den
Himmel. Die Sonne brennt auf dich hinunter und auf
dem Waldboden ist ordentlich Betrieb. Klar und ruhig
ist Klimeks Musik, sehr visuell. Viele würden Klimeks
Album sicher als eine Art Soundtrack einordnen, aber
das lenkt eigentlich von den visuellen Qualitäten von
Klimek ab. “Milk & Honey” hört man am besten, wenn
die Augen fast ganz geschlossen sind. Wenn man so das
Hier und Jetzt mehr und mehr verlässt, kommt man
ganz automatisch ins Klimek-Land.
Die Fakten: Klimek ist Sebastian Meissner, der auch
schon als “Random Inc” veröffentlicht hat. Seine
Klimek-Platten sind Teil von Kompakts “Pop Ambient”Reihe. Meissners Tracks haben aber eine besondere
Qualität. Spielen sich die meisten anderen Produktionen in der Reihe eher in der Dub-Ecke und im klassischen Ambient ab, lässt sich Klimek von Gedanken der
klassischen Popmusik leiten. Die merkwürdig gestimmten 80er-Bassgitarren-Töne und die federleicht gespielten Gitarrenmelodien sind inspiriert von Human
League, Cocteau Twins, Joy Division, New Order und
The Smiths. Meissner tut das, was diese Bands versuchten. Und er macht es richtig.
Es ist keine Überraschung, dass “Milk & Honey” eine
Liebeserklärung an Israel ist. Kein profanes politisches
Statement, sondern ein Tribut an ein Land, in dem Gegensätze regieren.
INFO
Klimek, Milk & Honey, ist auf Kompakt erschienen.
www.kompakt-net.de
ELEKTRONIKA
ALS DIE TIERE DEN WALD VERLIESSEN / Dat Politics
TEXT
NATASCHA KUTUSOW | [email protected]
Das französische Trio Dat Politics kann
auch auf seinem fünften Album nicht
verhindern, dass ihre Laptops nur so
überfließen vor bunten Hunden aus dem
Streichelzoo. So komplex wie jetzt ist ihnen ihre anti-minimale Quietsche-Operette aber noch nie gelungen.
tics verabschiedete sich schon relativ früh von jeglicher
minimaler elektronischer Tick-Tack-Musik, die nur anfangs ganz lustig war für die Tüftler und Dreher der Notebook-Volksmusik, um in jedem Album ein Stückchen
mehr an frechen Elementen dazuzugeben. Ihr mittlerweile schon fünftes Album ”Go Pets Go“ wurde durch
unzählige digitale Details komplexer und lässt den inneren Popmutanten mehr denn je raushängen. Wichtig
dabei blieb immer der Spaßfaktor und der Blick in unbekannte Welten.
Wer hat eigentlich noch Bock auf dieses ultracoole
"Champagne-Cocaine-Limousine"-Elektro-Klischee?
Alternativen dazu wären doch Limo, Plüschfliegenpilze
und Matchbox-Autos aus unseren Kinderzimmern. Wir
wollen doch alle wieder unsere verspielten Tageskrippenzeiten aufleben lassen und dazu stehen können.
Dat Politics rupfen gut gelaunt mit ihrer Synthese aus
”quality Entertainment” und ”Gesünder Leben”–Programm das Spaßbremsenunkraut aus.
VON DIVERT AROUSE TROUBLE ZU DISGUISE
APES’ TABOO
Man geht doch oft davon aus, dass die Menschen, die
ihr Leben vor dem Computer verbringen, nicht unbedingt tierlieb sind - außer zu ihren Mäusen. Anders bei
Dat Politics. Schon als Kind erfreute sich Claude am
Aufnehmen von Entengeschnattere und Gaetan hatte
das selbe Faible, nur mit Insektensurren und Froschgequake. Für das Micro Music Festival in Genua involvierten sie Insektengeräusche in ihr Soundsystem. Das
machte ihnen so viel Spaß, dass sie ihr Album zu einem
Tribut an die von Menschen regierte Tierwelt machen
wollten. So finden sich zwischen Chip-Monks-Gesang,
Nintendo-Techno und Commodore64-Geblubber tatzi-
VON DUMB ANAL TRIO ZU
DESIGN APPROPRIATE TRACKS
Das französische Laptop-Musikanten-Trio Claude Paillot, Gaetan Collet und Vincent Thierion alias Dat Poli-
ge Katzenmiauer, knurrendes Hundegekläffe und
blökende Schafe. Das also passiert, wenn man auf einem Bauernhof aufgewachsen ist.
VON DEVIANT ANTICS TRADEMARKS ZU DANDY
ANARCHIST TROOPERS
Es gibt einen Haufen von Interpretationen zur Bedeutung von DAT. Die nächstgelegene wäre wahrscheinlich
”Digital Audio Tape“. Nur diese gelten zu lassen, wäre
jedoch zu einfach, denn die Politik von den Dat Politics
möchte das bunte Comicunbekannte möglichst dunkel
färben. Viel mehr ist es die Aufgabe von DAT, unsere
Phantasie und unseren Einfallsreichtum zu stimulieren,
so wie auch der eigenwillige Stil ihrer Soundstrukturen
selbst. Wovon aber lassen sich DAT Politics, abgesehen
von Tierlauten, selbst inspirieren? Nun, zum Beispiel
von Jean-Luc Godard; der Regisseur hat, wie auch Pier
Paolo Pasolini, die ”vocal credits“ in die Filmwelt eingeführt, also statt geschriebenem Vor- und Abspann gesprochene und gesungene Info. So kriegt man zum Abschluss des Albums nach den ganzen Tierlauten wenigstens noch ein bisschen menschliche Stimme serviert:
DAT Poltics would like to thank Chicks on Speed Munich, Chicks on Speed Berlin, and all the people who
support DAT Politics all over the world. Tusch.
INFO
Dat Politics, Go pets Go, ist auf Chicks On Speed Records / Hausmusik erschienen.
www.chicksonspeed.com
DEBUG UNTERWEGS
<16> - DE:BUG.83 - 06.2004
HÜPFEN, TANZEN, TRANCE / DJ-Wettbewerb mal anders. Heute: Vietnam
TEXT
KATJA HANKE | [email protected]
Nun heißt es DJ-Contest anstatt Karaoke. In Vietnam wird gebattled. Da hält sich
der Nachwuchs erstmal an CDs und an das, was man kennt. "Bum-bum" ist die
Formel, zu der auch die in die Jahre gekommene Jury mit dem Kopf wippt. Die
kommt aus dem Kulturministerium und versteht viel von Musik. Kein Wunder nach
70 Jahren im Business.
Eine Biermarke sucht den DJ-Nachwuchs-Superstar!
House, progressive House oder progressive Trance
sollte der spielen und einen fünfzehnminütigen Mix
auf CD brennen können. Nach der ersten Auswahl wird
er gegen andere Bewerber antreten. Beurteilt wird er
vom Publikum und von einer so genannten "Fachjury".
Als Gewinner darf er auf der Abschlussparty das Opening-Set für einen Schon-Star spielen.
So oder ähnlich wiederholen sich die Ankündigungen
für DJ-Wettbewerbe in Deutschland. Völlig uninteressant, werden die Leser dieser Zeitschrift sagen.
Stimmt. Aber ganz anders ist das, wenn so ein DJ-Nachwuchs in Vietnam gesucht wird.
Nach drei Vorrunden findet das vietnamesische Finale
im Saigoner Club Rainforest statt, einem Ort mit zuviel
bunten Lichtern, die dorfdiskomäßig herumwirbeln.
Dazu donnert übersteuerter Eurotrash-Sound aus einem riesigen Soundsystem durch den kleinen Raum.
Das Publikum ist extrem schick und Anfang zwanzig.
Die meisten sind mit den japanischen 8000-Dollar-Mopeds gekommen, die reihenweise vor der Tür geparkt
stehen. Die Frauen sind dick geschminkt und tragen
Abendkleider oder andere eng anliegende Dinge. Dazu
hohe Absatzschuhe. Einige haben braun gefärbte Haare, die in Saigon besonders hip sind. Die Männer sehen
dagegen langweilig aus. Sie fallen durch helle Sonnenbrillen und viel Gel in den Haaren auf.
Promotion-Mädchen drängeln sich durch die Menge.
Bei einem Rubbelspiel kann man ein T-Shirt oder eine
CD mit Musik von Pete Tong, Tiesto und Paul Oakenfold gewinnen. Letzterer war im Vorjahr der ausländische Star-DJ. Dieses Jahr ist es der “DJ No.1 of the
world” Tiesto, eine Art niederländischer Paul von Dyk.
In den Zeiten des Niedergangs der “Superclubs” scheinen die Mega-DJs jetzt ihre Millionengagen von Biermarken zu bekommen. Mit denen machen sie dann
Welttourneen, suchen Super-DJ-Nachwuchs und vermutlich neue, potentielle Superclub-Märkte. Auch in
Vietnam.
Die Musik wird leiser und ein Mann in weißem Anzug
tritt auf die leere Tanzfläche. Er begrüßt das Publikum
und stellt die drei DJs der Endrunde vor. Sie sind aus
Hanoi, Saigon und Cantho, einer kleinen Stadt im Mekong-Delta. Alle drei Kandidaten bekommen einen Blumenkorb überreicht. Der gehört in Vietnam zu jeder
Art von Veranstaltung. Dann verbeugen sie sich lieb.
AUF DIE BÜHNE, JUNGER FREUND!
Der erste DJ ist ein Junge im Skater-Look mit nach hin-
ten gedrehter Baseballkappe. Ohne Umwege steigt er
in sein Set ein und geht aufs Volle. Bum-bum-bum. Von
der Decke rieseln Glitzerschnipsel. Und die Leute, die
eben noch am Rand standen und gelangweilt mit ihren
Handys spielten, brüllen und tanzen auf einmal, als ob
sie das schon Stunden täten. Zeit zum Aufwärmen gibt
es hier nicht. Jeder DJ darf eine halbe Stunde spielen.
Um Mitternacht ist Schluss. Dann müssen in Saigon alle Clubs schließen.
“Do you like techno”, brüllt der kleine DJ in sein Mikro,
“clap your hands in the air.” An den Seiten über der Tanzfläche hängen große Videoschirme, auf denen er zu sehen ist. Er blättert durch seine CD-Sammlung. Platten
hat er keine, die gibt es in Vietnam nicht. Höchstens in
Bangkok oder Singapore. Das ist teuer. Also arbeiten
die meisten DJs mit CDs – keine Originale, sondern vermutlich kostenlose MP3s aus dem Netz. Die vietnamesischen DJs spielen alles, was sie bekommen können.
Wählerisch ist das Publikum sowieso nicht. Wichtig ist,
dass die Musik laut ist, Bum-Bum macht und in ihr
nichts Unerwartetes passiert.
“Party people, are you happy”, schreit der DJ und wird dabei von Scooter unterbrochen, die “come on, here we
go” im laufenden Track grölen. Der DJ rockt hinter seinem Pult und ab und zu zieht er den Lautstärkeregler
nach unten und bricht die Rave-Signale. Sonst bestehen seine Mix-Künste lediglich darin, den Anfang und
das Ende der Stücke ineinander gleiten zu lassen.
Für Herrn Son, den Manager des Clubs, ist das ein wichtiges Kriterium bei der Auswahl der DJs für seinen Club.
Das Zweite ist, ob der DJ auch die Musik spielt, die das
Publikum hören will.
“Die Leute in Vietnam möchten nur Bekanntes hören,
nichts Neues”, sagt Michael Bricker aus Chicago. Seit
über zehn Jahren legt er in den Staaten Chicago-House
auf. Ein Jahr lang tat er das auch in verschiedenen Clubs
in Saigon. Dann gab er auf. “Diese Musik funktioniert hier
einfach nicht”, sagt er. “Es macht keinen Spaß, für Leute zu
spielen, die meine Musik nicht mögen und lieber Kylie Minogue hören wollen.” Irgendwie sei das auch verständlich. Hier geht man nur für zwei oder drei Stunden in einen Club, da wollen die Leute die Lieder hören, die sie
kennen und die sie glücklich machen.
DER MINISTER IN DER JURY
In einer abgesperrten Sofaecke neben dem DJ-Pult sitzt
die Jury. In Vietnam besteht sie nicht wie in anderen
Ländern aus dem Publikum und einer “Fachjury”. Hier
kommt eine dritte Kraft dazu: Vertreter des staatlichen
Musikerverbandes und des Kulturministeriums.
Alle Stücke wurden vorher von ihnen angehört. Jedes
Wort, das gesagt oder gesungen wird, musste vorgelegt und falls nötig übersetzt werden. Nur so bekommt
man die nötige Lizenz für eine Veranstaltung. “Großes
Interesse an unserer Tour”, nennt die Heineken-PromoFrau das. Und nun sitzen sie in der Sofaecke: vier alte
Männer, abgeschirmt von finster aussehenden Bodyguards in schwarzen Anzügen. Echte Musikkenner seien diese Herren, “Leute, die wissen, wie Musik gemixt
wird”, sagt Herr Son.
Zwei von ihnen haben weißes Haar und müssen über
siebzig sein. Einer guckt grimmig, nickt zu dem Gewummer aber trotzdem leicht mit dem Kopf. Der andere raucht eine Zigarette mit Mundstück. Neben ihm
steht ein kleiner Fernseher, auf dem der DJ aus der
Nähe zu sehen ist. Die anderen beiden Männer sind etwas jünger. Typische asiatische Regierungsbeamte in
mausgrauen Anzügen und mit dicken Funktionärsbrillen. Sie könnten auch aus China oder Nordkorea sein.
Fossilien aus einer anderen Zeit – mitten im globalisierten Saigon. Einer von ihnen ist tief ins Sofa gesunken und blättert gelangweilt in einer Mappe. Darin befinden sich die Beurteilungsbögen. Die habe jedes
Jurymitglied, sagt die Promo-Frau. Darauf seien die einzelnen Fähigkeiten, die beurteilt werden, aufgeführt.
Welche das genau sind, weiß sie auch nicht. Nach dem
Blättern schließt der Mann die Mappe. Alle drei Bögen
sind noch unbeschrieben.
vom dumpfen Einheits-Bum-Bum abweicht.
“Ich habe da mit der Zeit eine Theorie entwickelt”, sagt
Michael aus Chicago. Vietnamesen hätten ihren ganz
eigenen Standard für Qualität, findet er. Nur bekannte
Sachen seien für sie Qualität. “Mit neuen Dingen können
sie nichts anfangen, da es nichts gibt, womit sie die vergleichen können. Also sind sie wertlos und uninteressant.” Das
habe vielleicht damit zu tun, dass das Land so lange abgeschieden war, sagt er noch und winkt dabei ab. Egal.
“Emoi”, ruft der DJ den Leuten zu. “Hey, ihr alle.” Das
Publikum tobt. Aber zu verrückt darf es in einem vietnamesischen Club nicht werden. Dafür sorgt das Sicherheitspersonal, das sogar über die Tanzfläche läuft
und diesen oder jenen ermahnt. Rauchen darf man
beim Tanzen nicht, ein Glas in der Hand ist auch verboten.
In jedem Club der Stadt gibt es viel Sicherheitspersonal. Zuviel. Schon am Eingang steht normalerweise eine Gruppe bulliger Typen. Und im Rainforest sind es
mehr als ohnehin üblich. “Unser Club ist der sicherste der
Stadt”, sagt Herr Son. Es gäbe keine Drogen, keine Raufereien, keine Probleme. Darum habe er die Lizenz für
diese Veranstaltung bekommen. Und das zum zweiten
Mal.
Pünktlich um viertel vor zwölf ist der dritte DJ fertig. Sicherheitsmänner räumen die Tanzfläche und machen
Platz für die Jury. Der ausländische Gast Tiesto gibt den
Mit neuen Dingen können
sie in Vietnam nichts
anfangen, da es nichts gibt,
womit sie die vergleichen
können.
Der DJ aus Saigon legt sogar Platten auf. Jubelnd wird
er vom Publikum begrüßt. Und auch er lässt die Stücke
von vorn bis hinten durchlaufen. Aber eben von Platte
und nicht von CD. Treibendes Full-on-Bassgedonner
ohne Nuancen.
“Oh, das erinnert mich an unsere Schulfeten”, ruft meine
achtzehnjährige Begleitung begeistert. Jetzt müsse sie
doch auch tanzen. Und ich muss mit. Auf der Tanzfläche hüpft eine kleine Frau pausenlos um mich herum
und fuchtelt mit einem kleinen Leuchtstab unter meiner Nase. Die Leute jubeln und tanzen ausgelassen. In
einem Land wie Vietnam, in dem Tanzen als anrüchig
gilt und in dem die meisten Jugendlichen abends höchstens zum Karaoke gehen und sonst brav zu Hause sitzen, könnte man diese Edel-Raver fast alternativ nennen, auch wenn ihr Musikgeschmack nichts zulässt, das
Gewinner bekannt. Es ist der DJ aus Saigon, Hoang
Anh. Keine Überraschung, denn er ist Resident im Rainforest und das gehört übrigens SaigonTourist, dem
staatlichen Tourismusunternehmen.
Alle drei Finalisten bekommen Blumen. Dann werden
Fotos gemacht: mit Tiesto und mit einem der Herren
von der Partei. Tiesto nennt den Gewinner “den besten
DJ”, den er bisher in Asien gehört habe. Das Publikum
ist entzückt. Danach lässt er als Vorgeschmack noch
kurz ein paar trancige Flächen durch die Disko schwirren. Fünf vor zwölf ist Schluss.
Und am nächsten Abend wird Vietnam also nach dem
Set von Gewinner Hoang Anh zum zweiten Mal einen
von einer Biermarke gesponserten Mega-DJ erleben.
Und das ist dann wirklich völlig uninteressant.
11th Barcelona International
Festival of Advanced Music
and Multimedia Art
www.sonar.es
17.18.19 June
17.06.2004 Thursday Sónar by Day balago, einar örn,
sesam-o, carl michael von hasswolff, concierto esmuc:
barbara held + david berhman, durán vázquez, special
kid, julio, dj ridoo, patchinko, vj ubergeek, santofile, girlswholikeporno... Showcases by: botánica del jíbaro & rice
and beans: manuvers, v8, stres, soarse spoken, boom &
birds, force.fed & la mano fria; número: micro audio
waves, dj expander, bullet; spa.rk: fibla, expa.rk dj’s: dj
tench, rec overflow; jenka music: sofus forsberg, dj niz &
dj ilz, je m’appelle mads; ideal recordings: henrik rylander,
the idealist; avatar & romaeuropa: martux_m + ddg visuals,
mass + bianco/valente visuals... SonarLab sets: go mag,
(k-raa-k)3, nuevos ricos, house café music/ funky soul
rebels... Sónar by Night orquestra simfònica de barcelona
i nacional de catalunya + ryuichi sakamoto, pan sonic,
fennesz. visuals by lia, jon wozencroft, videogeist.
18.06.2004 Friday Sónar by Day françois k. deep space
an initiative of
technological associates
with mutabaruka, la excepción, pan sonic, roty 340,
dedo, zuell, agua dj, f-on, antonio batidora dj, dj kebra,
delire + pix, telcosystems + dk, actop... Showcases by:
shitkatapult: das bierbeben, apparat + transforma visuals,
phon.o + transforma visuals; lex: prince po, boom bip;
electrix: billy nasty, transparent sound; ghostly international: geoff white/ aeroc, dabrye; broklyn beats: drop the
lime, criterion, doily; eastern developments: nobody, prefuse 73; rune grammofon: susanna & the magical
orchestra, deathprod, maja ratkje... SonarLab sets:
masse und macht, dielectric records, tigersushi, blue
room/bbc radio 1... SonarForum Night sketch show +
ryuichi sakamoto = human audio sponge (visual: ryoichi
kurokawa), richie hawtin vs. ricardo villalobos (turntables,
efx & machines), gang starr, roots manuva, matthew dear,
so solid crew, matthew herbert, 2 many dj’s, tim wright,
agoria, dj patife with cleveland watkiss, magda, buddy
in collaboration with
associated media
media collaborators
sponsored by
also sponsored by
peace, zero... Showcases by: eletronika brazil: instituto,
dj marlboro, nego moçambique... 19.06.2004 Saturday
Sónar by Day dani siciliano, client dj’s, carsten nicolai
(alva noto), .tape., the drama, wakanda, tres & delise, el
pinche, dj gvs, dj deza, the gift, sss, thomas köner,
svumn-ka... Showcases by: accidental: max de wardener,
mara carlyle, mugison; domino with eat your own ears:
juana molina, max tundra, to rococo rot, four tet; jazz
fudge: the reptiles, roger robinson, dark circle; gomma:
headman, whomadewho, munk–leroy hanghofer; outward
music co.: strategy, nudge; komplott: hans appelqvist,
son of clay... SonarLab sets: pornojazz rec., red star
budapest, scandium, primeros pasitos... Sónar by Night
massive attack, jeff mills, dave clarke, carl cox, dj hell,
tiga, jaylib feat madlib + j-rocc + peanut butter wolf,
richard x, adam freeland, tremendo, buck 65, kid koala,
tote king, beans, dj 2d2, fatkut, undo & vicknoise...
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L’Auditori 17th June. L’Auditori. On-line: www.telentrada.com By Phone:
902 10 12 12 (from Spain) & +34 93 326 29 46 (from outside Spain) The
general pass (3 Days + 2 Nights ticket) and the Sónar 2004 accreditation
do not grant access to this concert
CD Sónar2004
Available in June
ELEKTRO
<18> - DE:BUG.83 - 06.2004
INFO
Claro Intelecto, Neurofibro, ist auf
Ai Records / Kompakt erschienen.
www.claro-intelecto.co.uk
www.airecords.com
DARK & ZART
CLARO INTELECTO
TEXT
SVEN VON THÜLEN | [email protected]
Auf Claro Intelecto können sich zur Zeit alle einigen. Die elektroiden Tracks von
Mark Stewart klingen wir eine Liebeserklärung an ein Aufwachsen auf englischen
Raves aus der guten alten Zeit. Dabei brachten ihn die Buzzcocks zur Elektronik.
Wohnen die Punks nebenan, ist eben Techno dran ...
"Bis jetzt habe ich keinen Anruf von Juan bekommen",
schreibt Mark Stewart und schiebt ganz zuversichtlich
und mit typisch britischem Humor ein "aber ich bin mir
sicher, dass wir uns bald auf ein Bier treffen werden" hinterher. Mit Juan meint er natürlich Atkins, Detroits
Technogodfather, zu dessen Tracks von Cybotron und
Model 500 er noch heute einen flotten Electroboogie
auf sein Studioparkett legt, und die, neben LFO, Mr.
Fingers und den wohl unausweichlichen Depeche Mode, ein nicht unwesentlicher Einfluss auf seine eigene
musikalische Sozialisation und Vision waren und sind.
Der Grund, warum Mark und Juan sich auf ein Pint, wie
die Engländer ein Glas Bier nennen, treffen sollten, am
besten in einem von Pete Hooks unzähligen Pubs (die
Dry-Bar ist ja gerade renoviert worden) in Marks Heimatstadt Manchester (nur um noch eine Legende mit
in dieses fiktive Treffen zu schmeißen. War Juan Atkins
wohl je in der Hacienda? Wer weiß.), ist natürlich Musik. Marks Musik, um genau zu sein, die im besten Sinne von einer Zeit erzählt, in der House, Techno und Electro noch eine ähnliche Sprache sprachen und nicht
komplett auseinander dividiert in Parallelwelten ihre
Bahnen zogen.
MIT BASSDRUM GEGEN DIE NACHBARN
Seinen ersten Synthesizer bekam er mit acht Jahren
zum Geburtstag. Die neu entdeckten musikalischen
Möglichkeiten und sein Nachbar, Steve Diggle von der
englischen Punklegende The Buzzcocks, der ihn auf der
Suche nach neuen Drei-Akkord-Hymnen an den Rande
des Wahnsinns trieb, beflügelten ihn, sich intensiver
mit elektronischer Musik auseinander zu setzen. Dann
kam Acid-House, und alles war plötzlich anders. Vor allem, wenn man in Manchester aufwuchs, dem Epizentrum. Der typische Summer-of-Love-Wahnsinn eben.
Ein Designstudium und einige Jobs als Grafikdesigner
später schickte er, angezogen von der Website und den
musikalischen Samples, die er dort fand, einige Demotracks an das frisch gestartete Manchesteraner Label Ai
Records. Zum richtigen Zeitpunkt, wie sich zeigen sollte. Seine erste EP "Peace Of Mind" verschlug allen komplett die Sprache. So zarte Rhodes-Akkorde, so endlos
dunkel schwelgende Streicher hatte man lange nicht
mehr über einen bouncenden Electrobeat gehört und
auch die anderen drei Tracks brachten House, Techno
und Electro auf eine sympathisch oldschoolige Weise
zusammen, die alles andere als nostalgisch oder angestaubt klang. Vor zwei Monaten kam dann, nach einigen nicht weniger starken Compilationtracks, die zweite EP von Claro Intelecto, auf der er sich von seiner
dunkleren, verzerrten Seite, mit viel 808-Geschubber,
aber nicht weniger schwelgend, zeigte. Sein Debütalbum "Neurofibro", das sich jetzt, frisch veröffentlicht,
anschickt, eines der Konsensalben des Frühjahres zu
werden, vereint alle Facetten der beiden EPs von dark
dern und Platzhirschen wie Warp und Rephlex abzusetzen, hat er sich genau das richtige Label ausgesucht,
um im Dschungel der Veröffentlichungen Zeichen zu
setzen.
Seinen Projektnamen verdankt er seiner Liebe zur spanischen Sprache und seiner Ex-Freundin, die durch
ihren Studienaufenthalt im spanischen Murcia ein
Übriges dafür tat, dass Mark anfing, spanische Wörter
nach Aussehen zusammenzupuzzeln. "'Claro Intelecto'
heißt 'klarer Intellekt', aber wenn es nach mir ginge, hätte
es auch 'Bratkartoffeln' heißen können, ich hätte es trotzdem benutzt. Die Wörter sehen einfach so gut zusammen
Claro Intelecto hätte auch Bratkartoffel heißen können.
Das ist Mark Stewart egal.
bis zart, bringt deren Hits nochmal mit unter und belehrt alle, die bei Electro von der Insel sofort an Breakin', Ed DMX und ironisches Zitatspektakel denken, eines Besseren. Mit Ai, die es in kürzester Zeit geschafft
haben, die einzelnen Fäden von IDM, Elektronika und
Elektro zu einer ebenso heterogenen wie kohärenten
Labelidentität zusamenzuknoten und sich gleichzeitig
auf erfrischende Art und Weise von den großen Vorbil-
aus." Da spricht wohl der Grafikdesigner, der es sich
auch nicht hat nehmen lassen, das Artwork seines Albums selber zu gestalten. Und bis er Juan Atkins
tatsächlich gegenübersitzt, träumt er davon, mit Mark
Bell zusammen Knöpfe und Regler zu drehen. Die
Chancen, dass sein Wunsch in Erfüllung geht, stehen
nicht schlecht. Im Gegensatz zu Detroit ist es nach
London ja nur ein Katzensprung.
NO WAVE
INFO
!!!, Louden Up Now, erscheint auf Warp /
Roughtrade.
www.warprecords.com
DIE HÄNGER AUS SACRAMENTO / !!!
TEXT
SASHA HORSLEY | [email protected]
Waverock ist im Augenblick der todsicherste Garant, um seiner Provinzlangeweile
zu entkommen. Also gründen sieben Freizeithänger aus Sacramento die Band "!!!",
damit schon im Namen der New-Wave-Bezug klar ist. Und dann spielen sie entsprechende Musik, um auch ganz sicher zu gehen, dass sie jemand aus ihrem Kaff
wegholt. Das hat weitestgehend geklappt, wir gratulieren.
Mütter mit Kind, Hund und Laden brauchen gerne mal
etwas länger, um Interviews fertig zu stellen. Wenn es
in ihrer Weltanschauung dann auch noch eher ein
zähes Gespräch mit leichtem Kaugummicharakter war,
dann passiert es schon mal, dass sie die Namen der
interviewten vergessen.
Die Band hat den so gar nicht bescheuerten Namen
"!!!". Vorneweg sei bemerkt, von den "???" haben sie
noch nie was gehört, und leider wollte mein Sohn seine
einzige "???"-Kassette ("Das Todesmoor") nicht rausrücken. Den beiden irgendwas zwischen 26- und 40jährigen verschlafenen Mitgliedern der eigentlich siebenköpfigen Funkrockfamilie kann also leider nicht die
herausragendste Hymne meiner gottlosen Kindheit,
nämlich die Anfangsmelodie jener Kassetten, vorgespielt und somit ein klein wenig deutsches Liedgut mit
auf den Weg gegeben werden. Wie traurig manches Leben verläuft ...
Wie gesagt, sind sie eigentlich zu siebt. Haben jahrelang rumgehangen, die gleiche Musik gehört, Mädchen
mehr oder minder erfolgreich aufgerissen, wurden verlassen, sind daraufhin auf Konzerte anderer Bands, ha-
ben bestimmt stapelweise James Brown oder Gang Of
Four gehört und 1996 beschlossen, einfach selber eine
Band zu machen, die die Welt braucht. Sacramento war
der Ort des Geschehens. Mittlerweile sind fünf der
Jungs nach Brooklyn gezogen und nur noch zwei leben
in Sacramento. Diese beiden haben nämlich Kinder und
Jobs. Der freundliche Promoter ruft mir die Namen in
Erinnerung ...
Nic singt und John spielt super Schlagzeug.
DEBUG: Sacramento also, ja?
NIC: Ach ... da ist es schon okay ... eine Kleinstadt eben.
Wenn man sie als Fremder besucht, wirkt sie eher schlimm
und langweilig, ein riesiger Vorort eben. Aber es ist einer
der Orte, wo die Kids noch tatsächlich coole Sachen machen. Dort herrscht kein HussleBussle, wie es in großen Metropolen oft der Fall ist. Du hast viel Spaß und machst im
besten Fall Musik, die nicht unbedingt von den aktuellen
Trends beeinflusst wird. Du musst immer dein eigenes Ding
machen, die Hälfte säuft sinnlos Bier, die anderen sind
kreativ. Entweder gibst du auf und wirst verrückt, oder du
gibst auf, wirst verrückt und nutzt diese Verrücktheit und
machst damit was Gutes.
(Augenbrauenhochziehen bedeutet in dem Fall wohl,
dass sie gemeint sind.)
DEBUG: Ganz ursprünglich wart ihr doch mal acht,
oder irre ich mich? (kopfnicken)
Fünf von euch sind dann aber nach Brooklyn und die
drei anderen haben Kinder gemacht ... oder... Jobs gekriegt. Einer ist ausgestiegen. Wieso? Hat seine Frau
ihn nicht mehr zu den Proben gelassen?
NIC: Wir wollen mal nicht immer den Frauen die Schuld in
die Pumps schieben. Nein, das war schon seine eigene Entscheidung. Nee Nee, der wollte das so. Ich hab ja zu ihm gesagt: "Hey Duuude, you wanna have a babee .... okaaay"
(John prustet nach diesem Alter-weiser-Mann-spricht-mitseinem-Sohn-Vortrag.)
DEBUG: Und ist er jetzt sauer und neidisch auf euren
Erfolg?
NIC: Nein, äh ja, natürlich ist er neidisch (grinst). Im Ernst,
wahrscheinlich würden alle gerne auch nach NY ziehen,
wenn ihr Leben ein klein wenig einfacher zu handeln wäre.
Weißt du, wir alle hatten unsere Kleinigkeiten nebenher
laufen außerhalb der Musik, wussten aber auch, dass wir
diese mindestens genauso gut in NY bekommen oder leben
könnten. Von daher war es ziemlich leicht wegzugehen.
Aber für sie mit den Kids wäre es doch eine wesentlich
größere Umstellung.
DEBUG: Aber wie nehmt ihr dann gemeinsam ein Album auf? Gibt es da schon ein eigenes Studio in NY?
NIC: Nein, um dieses Album aufzunehmen, sind wir fünf
für einen Monat heim nach Kalifornien und haben dann
täglich in einer Art Proberaum an den Songs gearbeitet und
am Ende des Monats sind wir in ein anständiges Studio und
haben die Basic Tracks aufgenommen. Dann haben wir uns
wieder getrennt und einzeln an den Tracks gearbeitet.
Dann sind wir für ein paar der Stücke nochmal alle zusammen in NY in ein Studio. Wir haben einige Stücke nach und
nach aufgebaut, statt sie immer und immer wieder zu spielen, bis sie cool klingen.
DEBUG: Gab es eine Phase als Band, die ihr besser fandet, als jetzt mit großer Promotour in Europa? Zwei von
sieben sitzen hier und beantworten langweilige Fragen, ein anderer Teil putzt dem Nachwuchs den Hintern ab und grummelt vor sich hin.
NIC: Es gibt Bekannte, die mal meinten: "Ätsch, das habt
ihr jetzt davon, schön im stinkigen Kleinbus rumgurken,
schwitzen, stinken, die Stinke des Nachbarn einatmen ...",
aber hey, das lieben wir doch. Da wollten wir doch hin. Für
mich ist jede einzelne Tour total super und spannend.
Mann, da oben zu stehen, Musik zu machen und ein bis
hundert Leute gehen ab, wow.
DEBUG: Wie alt warste denn beim ersten Mal da oben?
NIC: Ach, soooo ööhm zwölf (prust).
DEBUG: und mein erstes Groupie war so ... zehn ...
(prust) (.... jetzt wird nur noch gealbert.)
DEBUG: Dankeschön, ich wünsch euch alles Gute und
dass die Groupies nie über die dreißig kommen ...
TECHNO-NOISE
AEOX
TEXT
www.null-zero-nada.de
www.possiblemusic.de
BILD
MULTIPARA | [email protected]
Die Technomaxis des Berliner Labels Null sind mit dem Klammerbeutel gepudert.
AeoX, die Band, für die das Label gegründet wurde, bringen das Konzept jetzt mit
einem Album auf den Punkt. Musik für Musiker, die keine Musik mögen. Schuld ist
Inga Humpe. Neugierig?
Schon bei den Texten auf dem Cover bleibt kein Stein
auf dem anderen. "Rich and famous" steht da als Albumtitel. Abgekürzt R.A.F., das kennen wir. Und sitzen
in der Falle. Denn schon im ersten Textschnipsel auf
dem Cover verschwimmt der Unterschied zwischen der
Roten Armee Fraktion und der Royal Air Force, um die
es da tatsächlich geht. Der Text daneben lässt zum Thema "reich und berühmt" Bands und Banden ineinanderfallen. Geht hier alles durcheinander? Kurz: Werden hier
der Mussolini, der Jesus Christus und der Kommunismus getanzt? Im Unterschied zum 1981er Stück der
D.A.F. (auch so eine Abkürzung) schleifen AeoX nicht
nur im Text die Ikonen am Kragen übers Parkett, sondern auch in der Musik. Hinter dem Albumintrohöllenhund öffnet sich mit "American Rock'n'Roll" ein Rummsfeld aus Industrial-Elektro-Beats, Rockgitarre, DetroitBassline-Tupfen und, um alles platt zu machen, Heavy
Glamrock Vocals aus den abgrundtiefsten Siebzigern.
Diese Musik liegt im Argen. Die Rettung: Das Stück ist
ein Hit. Und es kommen noch mehr.
Das Album von Alex und Hanno, zusammen AeoX, lebt
von ständigen Positionswechseln, die nicht nur die verwendeten Stilbezüge, sondern auch den strukturellen
Aufbau betreffen. Immer wieder geben etwa kickende,
aber verschiedenartige Grooves sich die Klinke in die
AeoX, Rich And Famous. erscheint auf Null Records /
Possible Music.
Hand und sorgen für unberechenbare Energiesprünge.
"Extrem funkige Müllhaufen" ist folglich der treffende
Tenor, der sich durch alle Reviews ihrer Platten zieht.
Die Fragmentarisierung erinnert an komplexe Arbeiten
im Breakcore-Umfeld, ist aber immer im Kontext eines
eher klassischen Techno/Electro-Dancefloors festgemacht. Dazu kommt ein raffiniertes Soundkonzept:
Statt der Dub-typischen Illusion offener Weite schachteln AeoX ihre Elemente im Vordergrund ineinander,
hinter dem sich nichts als die Betonhärte der Studiowände auftut. Dennoch bleibt auch das ein Illusionsraum - so fett und transparent klingt nichts, was im
Proberaum zusammengekloppt wird. So trashig der Gestus der Musik, so zielsicher ist sie doch konstruiert.
Mit den durcheinander wirbelnden Bezügen in Text und
Musik, immer den Finger am Abzug, machen AeoX eine
Identitätskrise explizit, die sie als maßgeblich für die aktuelle Stimmung sehen: "Es herrscht viel Druck, sich Fronten zuzuordnen, die jedoch nicht mehr klar sind, und irgendwie wollen alle, dass es kracht." "Rich and famous" als antiidealistische, anti-dogmatische Katharsis? Eine ernste
Sache, aber die beiden Trinker auf dem Cover lachen.
AeoX werden sympathisch dadurch, dass es mit ihnen
eben nicht nur am Kragen übers Parkett, sondern auch
mit dem Patronengurt durch den Kakao geht. "Ohne albern geht nicht", so Hanno.
Angesichts der Fun-Punk-Falle stellt sich aber die Frage,
für was für ein Publikum AeoX eigentlich spielen. Können sie sich vorstellen, Vorgruppe für eine Band wie
Knorkator zu sein? "Nachgruppe! ...zum Tanzen!" sagen
beide sofort. Trotz Zweifeln, ob deren Publikum das
auch so sehen würde, ist man sich einig, dass die Band
durchaus in Ordnung gehe. Obwohl sie Alex mit "Ich
hasse Musik" zuvorgekommen sei, der sich das auch
schon als Slogan ausgesucht hatte. Warum? "Weil man
nicht davon leben kann!" Denn während Hanno hauptberuflich ein in Labelkreisen wohlbekanntes Berliner Büro
besetzt, ist Alex ausschließlich Musiker, hat Klarinette
und Klavier studiert und als Produzent, Arrangeur, Key-
VOLKMAR KLEMM
sich gefunden? Beide lachen: "Wir wurden gecastet!" Alex
hatte Ende der 90er eine Band namens Goldmund - "romantischer Gothic-Techno mit Gitarre". Für ein Liveprojekt suchte er einen DJ, der die Pausen zwischen den
Stücken füllen sollte. Hanno wurde ihm vorgeschlagen
von niemand anderem als Inga Humpe, die beide unabhängig voneinander kannte. Ein Glücksgriff, denn in der
Tat harmonierten Alex und Hanno so gut, dass Humpe
beide als Liveband (zusammen mit Maximillian Hecker
an der Gitarre) für ihr eigenes Projekt 2raumwohnung
einsetzte. Mit Hanno als neuem Mitglied wurde aus
Goldmund AeoX. Hanno gründete das Label Null vor allem, um AeoX eine Heimat zu bieten: Bevor man sich
AeoX werden sympathisch dadurch, dass es mit ihnen eben
nicht nur am Kragen übers Parkett, sondern auch mit dem
Patronengurt durch den Kakao geht.
boarder in zahlreichen Projekten gearbeitet. Da sammelt sich neben dem Frust über die Finanzen auch solcher über die Zunft an. "Eigentlich mach ich Musik nur
noch für Musiker. Um die zu provozieren." So abweisend
sich das anhört: Verstopft wird der Äther schließlich von
Unsinn, der für ein von der Industrie imaginiertes Laienpublikum produziert wird.
Anders sein Partner Hanno, der von Heavy Metal und
Industrial zu nach wie vor anhaltender Begeisterung für
Techno kam über häufige Berlinbesuche, wo er 1997
schließlich von Nürnberg hinzog. Wie haben die beiden
mit Material, das so zwischen den Stühlen sitzt, von Label zu Label die Sohlen abläuft, bringt man es lieber selber raus. Jetzt, nach diversen EPs und vielen Liveauftritten, sind AeoX mit dem Weggang ihres Gitarristen Jörg
zum Duo geschrumpft. Mit Gästen arbeitet man trotzdem gerne. Dass diese hier durchweg Gesang beisteuern, ist Zufall, aber ein angenehmer - unter anderem
darf man sich auf eine unbekannte Seite von Bill Youngman freuen. Das Album erscheint zunächst im Doppelvinylformat. Aber auch eine CD-Version ist fertig, mit einer Trackzusammenstellung für zu Hause. Für die findet
sich hoffentlich schnell ein passender Vertrieb.
MINIMALTECHNO
KANADA NACH MICROHOUSE / Pan/Tone
TEXT
SASCHA KÖSCH | [email protected]
Ob die Indianer in den USA deswegen so schlechte Karten hatten, weil sie nie über
die adäquaten Passwörter informiert worden waren, ist nicht überliefert. Der Rave-Tourismus von Kanadiern an den Rhein geht aber auch dieses Jahr munter weiter.
Pan/Tone (hier mit Löwe zu sehen) hat so eine schöne Wohnung, dass er gleich 24
Alben raushaut diesen Sommer. Fast jedenfalls. Rache für die Eisbären!
Verlier niemals dein Passwort für deine Webseite.
Sonst denken hinterher Leute, du wärst ein Matador
aus Kanada, und rufen den WWF, um dich aus Köln, deiner geliebten Exilstadt mit all deinen Freunden von
Areal, Substatic und Onitor zu vertreiben, weil du den
letzten lebenden Bullen des Grüngürtels der Domstadt
killen könntest. Mr. Shelbono Del Monte, Sheldon
Thompson, Pan/Tone, Sid Le Rock oder Gringo Grinder,
wie er unter anderem für das erste seiner drei Alben
heißt, die diesen Sommer erscheinen, ruft sogar Björn
von Textone in einer Whiskey-Seance an, um nicht eines Tages als Roadkill auf den eisigen Straßen von Kanada neben einem schnurrenden Elch zu landen. Ja, aus
dem Matador wurde sogar ein Gringo Grinder. Offiziell, um als Rache das schlechte Gewissen heimzusu-
chen. Dabei lieben die Kanadier ihre verlorenen Söhne
wie Fairley, Caulfield usw., auch wenn sie ihnen mit
Rockno drohen. Aber ein Job in einer Finanzfirma oder
an der Bar ("Das Einzige, was du da tun kannst, um zu
überleben.") lockt einen einfach vom Rhein weg.
Shelbonos Lebensgeschichte vor der großen Bassdrum? "Ich bin ein stolzer Indianer mit einem Schuss französischer Güte. Mein Vater zog immer quer durch Northern Ontario und meine Mutter war eine Salontänzerin.
Bis sie ihr linkes Bein im Krieg gegen Amerika verlor. Sie haben all unsere Eisbären gestohlen, Bastarde! Also gingen
wir runter und brachten ihnen Hockey bei, um sie abzulenken, und holten unsere armen kleinen Polarbärenbabys
wieder zurück. Nahezu alle. Aber die Eskimos hatten kaum
eine Chance bei all dem heißen Wetter." Verwirrt? Ich
auch. Sheldon jedenfalls landete zufällig in Köln und
liebt den sexuellen Subtext, den Charme, die Verführung an Rock, Post Rock und Pop. "Ich würde gerne
Musik für Frauen machen. Techno braucht mehr weibliche
Überredungskunst, damit man sich dafür interessieren
kann. Wir brauchen mehr Produzentinnen, es gibt einfach
zu viele Würste." Microhouse und Kanada, das ist längst
vorbei. Als Sheldon allerdings mit dem halb fertigen
"Breakfast Included"-Album, eine Aphotheose erster
Begegnungen morgens auf den Kissen im Hotelzimmerbett, in Kanada landete, kam das Eis zurück, und
aus einem Rockprojekt wurde mithilfe der Vocals von
Ada, Amy Fletcher und Sid LeRock (der übrigens bald
ein Album für Mute macht) doch wieder ein kanadisch
feinteiliges Glitzerparadies daraus. Glam-Techno voller
Facetten. Und das liebt er, wie das verlorene Kind, das
sein vor über einem Jahr entstandenes Pan/Tone-Album für BipHop sein wird, wenn es mit all seinen Remixen dann eines Tages erscheint. Das Jahr des Gringo
Grinders kann kommen, die Arena ist ja längst eröffnet.
Fehlt eigentlich nur noch der Sommer und ein Kübel
Eiswürfel für die Whiskeyflasche, damit den Eskimos
Köln nicht zu heiß wird.
INFO
Coming:
- pan/tone, Newfound Urban Calm 2xCD, BiPHOp (August 2004) Remixes from (Losoul, Jeff
Milligan, Rene Breithwart, Falko Brocksieper,
Duplex 100, Frank Martiniq, Repair, Adam Marshall, Andy Vaz)
- Pan/tone - Newfound Urban Calm e.p. BiPHop/240 Volts- JULY.2004
- Pan/tone -Dogtime remix for Hans Gruber, Killer records (cat:07)- JULY.2004
- Pan/tone -Mere distance from vous on Regular
records- MAY.2004
- Gringo grinder - „Breakfast Included“ CD + 2 e.p.
on Onitor/Kompakt- JUNE 15th e.p. titled „Stiletto Rock“ on Onitor features remixes of Ada and
Jake Fairley.
- Sid LeRock - „Written in Lipstick“ CD + 2 e.p. on
Ladomat/Mute. SEPT/OCT.2004
<19> - DE:BUG.83 - 06.2004
GECASTETE TECHNO-BRECHSTANGE
INFO
INDIETRONICS
<20> - DE:BUG.83 - 06.2004
INFO
HIGH AUF O2 / ooioo
TEXT
ooioo, KilaKilaKila, ist auf Thrill Jockey erschienen.
www.thrilljockey.com
PAUL PAULUN | [email protected]
Japan-Noise ist eigentlich nur was für Leute, die von kindischem Anarchohumor und
einer moralischen Verpflichtung gegenüber Kakophonien getrieben werden. Aber
mit ihrem Projekt ooioo geht Boredoms- und Psychobaba-Musikerin Yoshimi in psychedelische Improv-Verpeilungen, die sogar Testosteron-selbstbewusste Proletarierbühnen in England zum Schmelzen bringen - und unseren Autor an die Pforte
des magischen Unterbewussten.
In den wenigen Stunden Schlaf vor dem frühmorgendlichen Abflug zum ATP-Festival in Sussex, wo das Interview mit der japanischen Band ooioo stattfinden sollte,
sah ich mich mit der merkwürdigen Erkenntnis konfrontiert, dass Yoshimi, die Bandleaderin, Sängerin und
Multiinstrumentalistin, ansonsten ja nicht nur bei den
Boredoms trommelt, sondern auch noch bei Melt Banana singt. Heh? Als ich den vier Damen von ooioo später von diesem Traum erzähle, müssen sie erst einmal
herzlich lachen, denn außer, dass beide Bands aus Japan kommen, gibt es natürlich kaum Gemeinsamkeiten
zwischen ihnen. Im Gegensatz zu Melt Bananas Hochgeschwindigkeitsorgien geht es ooioo eher um einen
besonderen Umgang mit Melodien und Strangeness
und spezielle Ausweitungen davon. Allein die Präzision, mit der beide mittlerweile an ihre Musik herangehen, verbindet sie.
MEMBERS & GUESTS
ooioo ist ein Projekt von Yoshimi P-we, die neben den
Boredoms, oder besser V!rdoms (... die Geschichte mit
dem Stylus und den beiden Platten, die eine andere ist
als diese hier ...) eben nicht bei Melt Banana, sondern
bei Psychobaba spielt. Dort gilt es, indischen traditionellen Wurzeln nachzuspüren und Sitar- und Tablaspiel
mit der eigenen Geschichte zu verknüpfen. ooioo ist
dagegen komplexer und diverser, was nicht zuletzt daran liegt, dass Yoshimi das einzige ständige Mitglied ist.
Was 1996 zunächst als Fakeband für ein Fotoshooting
begann, fand seinen musikalischen Anfang, als sie in
dieser Konstellation auf einmal begannen, Instrumente
zu spielen, die zumindest Yoshimis Freundinnen bis dahin nur vom Hören und Sehen kannten. Das Ergebnis
erinnerte manchen eigenartigerweise - oder folgerichtig - an eine frühe Scheibe von "The Fall". Yoshimi mag
allerdings keine Wiederholungen und daher findet sich
für jeden Release auch ein neues soziales Gefüge zusammen. Eine Maßnahme, mit der sie ihren eigenen
persönlichen Veränderungen adäquat begegnen
möchte und die zudem ständig für neue Herausforderungen sorgt. Kriterium für eine befristete Mitgliedschaft ist neben der Grundvoraussetzung "Frau", dass
etwas "klick" macht bei Yoshimi. Manchmal kann das
schon allein das Outfit sein oder die Art, wie eine ihr Instrument spielt. Im Gegensatz zur hiesigen Musiklandschaft ist es in Japan nicht ungewöhnlich, wenn Frauen
Musik machen. Kayan, die Gitarristin der aktuellen CD
"kilakilakila" spielte beispielsweise schon in fünf anderen Bands und legt nebenbei auch noch auf. Außer der
temporären Mitgliedschaft gibt es noch eine flüchtigere Form der Teilnahme am Projekt ooioo - und zwar als
Gast. Gäste werden eingeladen, wenn man sich bei einem Stück von einer bestimmten Person eine zusätzliche Komponente verspricht - bei Konzerten spielen sie
allerdings nicht mit.
1-2-3-4
Obwohl ihnen das Zusammenspielen wichtig ist, sind
Auftritte von ooioo ein rares Gut. Neben dem obersten
Gebot der Routinevermeidung und den vielen anderen
Aktivitäten von Yoshimi und ihren Gespielinnen liegt
das auch daran, dass ihnen intensives Touren zu anstrengend ist. Jeder Gig soll etwas Besonderes haben,
den Kontakt zum Publikum eingeschlossen. Die große
Bühne der 2000-Leute-Halle dieses in den 60er Jahren
für die englische Arbeiterklasse konzipierten Ferienressorts an der Küste von Sussex ist dafür sicherlich
nicht der ideale Ort, dennoch macht die spielerische
Art, mit der sie sich aufeinander einlassen und miteinander umgehen, allen Beteiligten großen Spaß. Ayas
Bassspiel erinnert an das hingebungsvolle Zupfen einer
Harfe und auch Yuka Yoshimuras Trommeln und das,
was Kayan an der Gitarre macht, sind weit entfernt
vom üblicherweise testosterongeschwängerten Umgang mit diesen Instrumenten. Was nicht heißt, dass
hier Kuschelrock produziert würde. Vielmehr entwickelt sich eine eigenartige Mischung aus gelegentlich improvisiert wirkenden, leicht psychedelischen
Klängen mit vereinzelten jazzigen Anleihen, die immer
wieder von Melodien aufgefangen und getragen werden. Das Nebeneinander dieser Elemente lässt genau
den Grad an Reibung entstehen, der Schönheit erst
möglich macht. Über das Kitschlevel dieser Konstrukte
lässt sich sicherlich genauso streiten wie über die These, dass ooioo wie Bongwater ohne Bong klingen. Ihre
Musik ist jedenfalls frisch wie ein Bach in den Bergen,
wo man ohnehin high auf Sauerstoff und Höhenmetern
ist. Auf die besondere Qualität einer Band nur aus
Frauen angesprochen, hält Yoshimi den Ball flach. In all
ihre Projekte fließt ein anderer Teil ihrer Persönlichkeit
ein. Das sei bei ooioo nicht anders als etwa bei einer
Zusammenarbeit mit Jim O'Rourke oder Kim Gordon,
bei der für sie auch nicht das Aufeinandertreffen östlicher und westlicher Kultur im Zentrum stehe, sondern
das Miteinander unterschiedlicher Persönlichkeiten.
Präzisieren mag sie das nicht weiter. Wozu auch? Wir
haben ja schließlich Ohren.
EARTH, WIND & FIRE
Im Gegensatz zu den rougheren Liveversionen der
Stücke des aktuellen Albums "kilakilakila" wirken die
Aufnahmen der CD ziemlich reif und fast schon komponiert - ganz so entspannt, als wäre da jemand in einem neuen Lebensabschnitt angekommen, der sich
zum Herzen finden. Musik, die einem das Gefühl gibt,
zum Medium werden zu können und den toten Augen
der Umgebung quasi reikimäßig mit einer entgegengesetzten Energie zu begegnen. Ein Gemisch aus Hawaiianisch und Japanisch, Trompete, Kaosspad und
Tablas. - Wo kommt das eigentlich alles her? Yellow
Magic Orchestra? Ryuichi Sakamoto? Zu selbstverständlich, wenn man in Japan aufwächst. Hanatarashi?
Auch schon viel zu lange her ... Nein, "Earth, Wind and
Fire" müssen als Inspirationsquelle herhalten. Und
nicht nur diese Elemente, auch Getiersgetue wie das
Blöken von Schafen oder Froschquaken werden von
den Damen Musikerinnen als Erklärungsmodell herbeizitiert. Hm, unweigerlich fühlt man sich an Wolfgang Müllers Versuch erinnert, einem anderen,
großen Psychedeliker nachzuspüren, als er in Norwegen die Gesänge von Staren aufnahm, die ihn an Kurt
Schwitters Ursonate erinnerten.
SPACE IS THE PLACE
Die erste Begegnung mit der Musik von "kilakilakila"
hatte ich eigenartigerweise auf einem großen Flughafen und plötzlich machte sich ein richtig kleines Reisefieber breit. Solide Endorphinausschüttung sorgte für
eine positive Grundstimmung kurz vor diesem In-eineneue-Situation-Katapultiertwerden: "I'm so fly!" Daran
ooioo's Musik ist frisch wie ein Bach in den Bergen, wo man
ohnehin high auf Sauerstoff und Höhenmetern ist.
richtig gut anfühlt. Beim Hören habe ich mich einmal
bei dem Gedanken ertappt, dass ein Familienleben
mit Kindern schön wäre und nichts, wovor man sich
fürchten müsse. Bislang befremdliche Gedanken aus
einem Paralleluniversum. Umso überraschender, dass
Yoshimi während der Aufnahmen und dem Mixen des
Albums tatsächlich schwanger war und einem Familienleben nunmehr freudig entgegensieht. ooioo ermöglichen Begegnungen unter einem extrem weiten
Horizont: Stücke, deren stellenweise sehr private Passagen sich mit expressiven Eskapaden abwechseln, die
einem förmlich ins Gesicht springen und schaudern
lassen, aber vielleicht erst in der Zukunft ihren Weg
gekoppelt die unvermeidliche Frage, wie es wohl wäre,
wenn das jetzt alle hören würden und was für Musik an
bestimmten Orten eigentlich eine okaye Grundstimmung erzeugen könnte. An welchen Orten empfinden
ooioo selbst ihre Musik wohl als gut aufgehoben? Yoshimi sieht die Musik ihrer Band nicht unbedingt als eine für private Orte, sondern glaubt sie in der Öffentlichkeit ganz gut aufgehoben. Bei ihrer Rückkehr nach
Japan steht denn auch als nächstes Projekt die Gestaltung von Fahrstuhlmusik für ein französisches Regierungsbüro an. Da ist wohl jemand tatsächlich angekommen.
KIEZHOP
<21> - DE:BUG.83 - 06.2004
INFO
Moabeat, Dringlichkeit besteht immer, ist auf New Noise / Labels erschienen.
DICK UND SCHWOFIG / Moabeat
TEXT
BILD
RENKO HEUER | [email protected]
Trägt man in Moabit keine Kappe, gibt’s was auf die Mütze. So ist das im Berliner
Kiez zwischen JVA und der kürzesten Allee Deutschlands. Doch die Jungs von Moabeat bauen mittlerweile lieber dicke Beats, als sich dicke Lippen zu kloppen.
Moabit ist ein hartes Pflaster. Schon vor zweihundert
Jahren ging es hier ab, als sich die Bevölkerung des
berüchtigten Berliner Bezirks innerhalb von nur vier
Jahren (1801-1805) nahezu verdoppelte – von guten 100
auf 200 Einwohner. Schenkt man den offiziellen Quellen Glauben, gab es damals noch keine Pimps, keine
Player, keinen Jugendknast und weiß Gott keinen Deutschrap. Nicht hier, und auch nicht in Mitte. Es gab nur
eines – den Kiez Moabit. Heute, zwei Jahrhunderte später, sieht das alles anders aus. Denn nachdem die
DeutschHop-Pest durch alle Himmelsrichtungen des
Landes gefegt ist und nach der anhaltenden Battle-itis
der späten Neunziger eigentlich etwas Ruhe einge-
kehrt war, kommen zum zweihundertsten Jahrestag
der mittelschweren Bevölkerungsexplosion wieder
neue Projekte zum Vorschein. Eines davon ist Moabit,
Verzeihung, Moabeat – so will es wohl die neue deutsche Rechtschreibung. Unter diesem Namen haben
sich nämlich vier im Berliner Norden ansässige Herren
versammelt: Rapper Malo, die Conen-Brüder David
(aka Monk, der produziert und rappt) und Yasha und DJ
Illvibe, der sonst mit Seeed Echos abgreift oder mit Lychee Lassi “Insekten-Funk” aus den Turntables zaubert.
Ihr dieser Tage erscheinendes Debut “Dringlichkeit Besteht Immer” beweist nicht nur, dass es immer wieder
eine Freude ist, die Gravediggaz oder Freestyle Fellow-
OLAF HEINE
ship zu samplen, sondern zeigt auch, dass sich das gute
alte Modernisten-Motto (“less is more”) sogar noch
besser auf Beats anwenden lässt als auf Hemingways
Bücher: “Wir haben uns stark bei den Beats reingehängt.
Der Unterschied zu den alten Sachen ist der, dass wir damals
erst einmal zeigen wollten, was wir alles können: Ich habe
viel gescratcht, die Jungs haben superschnell gerappt, tausend Sachen gemacht, so dass das Ergebnis nachher manchmal anstrengend war.” Während besagtes Resultat
früher noch wie ein etwas übereifriger “Bär auf Speed”
(so der Titel einer älteren EP) klang, kommen die Tracks
ihres Albums furztrocken wie Detroits J Dilla, tief wie
die monströsen Pop-Bouncer eines (immer besser werdenden) Timbaland und teilweise sogar dreckig-triefend wie die neusten Grime-Sounds aus UK daher. So
erfrischend all das ist, gibt es natürlich eine Sache, die
den Deutschrap erst zu dem macht, was er ist: die deutsche Sprache. Früher haben sie die drei rappenden Protagonisten der Stadtteil-Posse gerne zum Kämpfen be-
nutzt, sind verbal in die Schlacht gezogen. Doch dieses
Mal haben sie ihre Zungen in die Innenseite der Wange
gebohrt und versuchen, sich mittels dieser Ironie von
einem selbst auferlegten Härtegebot zu befreien: “Bei
anderen Rappern ist es ok, wenn sie ernst sind, aber wir sind
das einfach nicht. Früher haben wir uns zum Beispiel eine
Attitude ausgedacht, haben uns immer mit Baggern fotografieren lassen. Wir haben uns selber etwas Hartes auferlegt, und alles war voll auf die Fresse, bis wir dann bemerkt
haben, dass wir nicht wirklich so sind. Jetzt ist es anders, es
gibt kaum noch Battle-Zeug.” Trotz dieses erfreulichen
Wandels irritieren die manchmal doch noch “ernst”
klingenden “Macker”-Ansichten, die zwischen den verbalen weißen Flaggen hervorsprießen: “egal wie du aussiehst / ich will, dass du dich ausziehst” oder “...hab dickere
Klöten”. Solche Sprüche schallten nämlich schon damals durch die Straßen des Bezirks. Was auch die Bevölkerungsexplosion erklären würde.
MUSIKTECHNIK
MY FAVORITE MACHINES
<22> - DE:BUG.83 - 06.2004
TEXT
BENJAMIN WEISS | [email protected]
NI ELEKTRIK PIANO
Nach Emagic und Applied Acoustics geht nun auch
Native Instruments mit einer E-Piano-Emulation an
den Start. Was drinsteckt und ob es zeckt, weiss Benjamin Weiss.
ÜBERSICHT
Das NI Elektrik Piano kommt mit einer formschön gestalteten Oberfläche, die die Draufsicht auf ein "typisches" elektromagnetisches Piano mit Tastatur repräsentiert. An Drehreglern gibt’s neben Volume, Panning und Tuning noch vier weitere, die nach dem jeweils geladenen Patch und Instrument ihre Funktion
ändern. Insgesamt stehen pro Instanz acht Slots zur
Verfügung, in die die jeweiligen Patches eingeladen
werden können. Den Slots lassen sich verschiedene
MIDI-Kanäle zuweisen, ausserdem kann die Polyphonie (maximal bis 256 Stimmen pro Slot) hier eingestellt werden. Für Live-Keyboarder ist ausserdem
noch interessant, dass sich die Velocitykurve auf das
jeweils benutzte Keyboard hin einstellen lässt.
PERFORMANCE, BEDIENUNG UND SOUND
Die Performance hängt zunächst extrem von der
Größe des Arbeitsspeichers ab, da einzelne Patches
bis zu 800 MB (!) gross sein können. Um trotzdem
vernünftig mit grossen Samplepatches arbeiten zu
können, gibt es die sogenannte DFD-Erweiterung, mit
der immer nur ein Teil des Patches in den Arbeitsspeichers geladen und der Rest von der Platte gestreamt
wird. Ohne diese Erweiterung macht es also kaum
Sinn, das Elektrik Piano zu benutzen. Die Bedienung
ist denkbar einfach, der Sound extrem detailgetreu
(siehe Patchgrößen!) und angenehm warm und voll.
Da das Elektrik Piano auf Kontakt basiert, lassen sich
die Patches auch in Kontakt einladen, wo man sie
noch weiter editieren kann.
MELBEATZ
AKAI MPC4000
TEXT
CLARA VÖLKER | [email protected]
DEBUG: Wie lange hast du denn jetzt schon die
4000er?
MELBEATZ: Ich war glaube ich die erste in Berlin, die sich
die gekauft hat, da hat die auch noch 5000 Euro gekostet.
Müssten jetzt plus minus zwei Jahre sein. Davor hatte ich
eine ganze Weile die 2000er, so '98 haben wir die gekriegt.
Mit dem S900 habe ich angefangen, den hatten wir auch so
ein, zwei Jahre ...
Preis: 199,- Euro
Info: www.nativeinstruments.de
Systemvoraussetzungen:
Mac: Mac OS 10.2.6 oder höher, G4 867 MHz,
512 MB RAM
PC: Windows XP, Pentium III/ Athlon 800 MHz,
512 MB RAM
2 GB freier Festplattenspeicher erforderlich
KATJA KUHL
Melbeatz ist nicht nur die Beatbauerin und Gefährtin von Kool Savas, sondern hat
soeben ein eigenes Produzentenalbum bei dem Berliner HipHop-Label Optik Records rausgebracht. Ihre Beats macht sie inzwischen mit der MPC4000.
DEBUG: Was ist deine Favorite Machine und weshalb?
MELBEATZ: Also ich arbeite mit dem MPC4000, ich hab
zwar noch die 2000er, aber damit bearbeite ich nur noch
meine alten Beats. Die 4000er hat all das, was ich bei der
2000er vermisst hab. Bei der 4000er kann ich während des
Samplens den Beat laufen lassen, ich kann direkt einspielen
oder dazu laufen lassen und dann sofort aufnehmen. Und
ich kann jetzt mehr Sachen damit machen, ich kann jetzt
sozusagen Programme damit erstellen.
INFO
BILD
DEBUG: Warum bist du umgestiegen? Die neuen Funktionen?
MELBEATZ: Naja klar, wenn der Nachfolger kommt, dann
müssen da ja schon paar Erneuerungen dabei sein. Die sieht
auch voll geil aus (lacht) und ist auch viel größer, also man
sieht schon, dass sie auf jeden Fall mehr drauf hat. Die
2000er hat ja so ein Krankenhaus-Beige oder Grau (lacht),
ist halt so ein Kasten. Und die 4000er hat ein paar mehr
Ecken und so und ist weiß-lila, sie sieht sogar noch besser
aus. Und genau, sie hat einen Cinch-Eingang, man kann direkt den Plattenspieler anschließen, das ist auch voll geil.
Oh Gott – das sind echt voll viele Sachen, die fallen mir gerade alle gar nicht ein, ich hab bestimmt auch noch nicht
alle entdeckt. Es gibt zwanzig verschiedene Voreinstellun-
gen, die Effekte sind glaube ich auch schon drinnen. Die
Scheiße ist, dass sie auch nur acht Einzelausgänge hat. Ich
dachte: Jetzt kommen die mit 16, und ich glaub, da wär
auch noch Platz, ich versteh das nicht und eigentlich wär
das das Logischste der Welt, dass die da 16 rein gehauen
hätten – aber irgendwie nicht ... Ausgänge sind schon das
Wichtigste. Das nervt nämlich dann schon immer, das in
zwei Durchgängen in den Rechner rüberzuziehen.
Die Belegungen gehen bei der 4000er viel einfacher. Früher
musste ich nach ein paar Schritten immer wieder zurückgehen und gucken, wie und wo was liegt, wenn ich jetzt
nicht genau wusste, dass das der Sound ist. Hier ist das Display auch viel größer, da ist alles drauf, ein Track sozusagen,
da steht gleich drauf, was für ein Filter - äh ne, was für einen Effekt du drinne hast, also welche Bank sozusagen,
oder dein Level, und dann sind da auch gleich die Belegungen. Also ich hab die ganzen Sounds untereinander und
kann die sofort einfach nur mit zwei Clicks einstellen und
umstellen.
DEBUG: Hast du schon mal versucht, mit etwas anderem als einer MPC zu produzieren, nur mit einem Programm?
MELBEATZ: Das hab ich früher gemacht, als ich meinen
PC noch hatte, da gibt’s ja auch tausend Programme, Fruity Loops, Rebirth - da hab ich ein paar Beats gemacht, aber
es macht mir keinen Spaß, mit der Maus so zu arbeiten, das
ist mir irgendwie zu .... ich brauch Hardware.
DEBUG: Wie hat diese MPC deinen Sound verändert im
Vergleich zu der davor?
MELBEATZ: Also auf jeden Fall hört die sich richtig dick
an. Die Bassdrums pumpen schon gut, und die Filter sind
INFO
Melbeatz, Rapper’s Delight, ist auf
Optik Records erschienen.
www.optikrecords.de, www.melbeatz.de
www.nose.ag
auch besser. Auf der 2000er konntest du echt nur hoch- und
runterfiltern. Vom Sound her ist die auf jeden Fall dicker
und dadurch, dass du noch mehr Möglichkeiten hast, halt
die ganzen Programme, die ganzen Filter – ich mein’, ich
hab nicht alles benutzt oder so (lacht), aber hat sich schon
ein bisschen was verändert, ich könnt jetzt nicht sagen,
was, aber ich hab mich ja auch entwickelt und sowieso, seitdem ich aus New York wieder da bin, arbeite ich ein bisschen simpler und so, aber das Krasseste daran ist der Sound.
Die sieht auch voll geil aus
und ist auch viel größer, also
man sieht schon, dass sie auf
jeden Fall mehr drauf hat.
DEBUG: Wie würdest du sagen, dass du dich vom Klang
her entwickelt hast?
MELBEATZ: Naja. Ich benutz jetzt den Proteus von EMU,
weißt du, dieses Wrack, und meine Sounds sind ein bisschen
sauberer geworden, weil früher habe ich darauf gar keinen
Wert gelegt, "einfach" hat sich gut angehört, da hat man
die Sachen ja auch noch nicht in einem großen Studio abgemischt. Jetzt hör ich das, das Rauschen und alles (lacht).
MUSIKTECHNIK
Preis : 666,- Euro
Info: www.korg.de
Systemvoraussetzungen:
Mac: OS X 10.2.6, G4 ab 800 MHz, 512 MB RAM,
VST / AU Host
PC: Windows XP, P4/1,5 GHz, 512 MB RAM, VST Host
TISCHHUPE, WELLENFORMEN UND WUNDERWELT EMULATION
KORG LEGACY COLLECTION
TEXT
BENJAMIN WEISS | [email protected]
Mit der Softwareversion des Korg MS-20 wird auf den Festplatten dieser Welt eine
wichtige Emulations-Lücke geschlossen. Korgs "Legacy Collection" verbindet die legendäre halbmodulare Tischhupe mit einem dem Original nachempfundenen Hardware-Controller und den Softwareversionen des Polysix und der Wavestation. Drei
Klassiker, jetzt gebundelt.
ÜBERSICHT
Fangen wir mit dem MS-20 Controller an, der irgendwie das eigentümlichste Element dieses Sets ist. Wie
schon gesagt, ist er etwa 20 % kleiner als das Original
und mit Minitastatur bestückt. So bietet er tatsächlich
alle Patchmöglichkeitendes Originals. Dafür werden
statt großer Klinken kleine verwendet. Über USB mit
dem Rechner und dem PlugIn verbunden, reagiert dieses tatsächlich fast wie das Original, fühlt sich aber irgendwie, weil kleiner, doch wie eine Fälschung an.
MS-20
Die Oberfläche des PlugIns entspricht der des Originals. Wer die Patchkabel in echt ziehen will, kann dazu den Controller anschließen und Monoklinken reinstecken. Ansonsten lässt sich das auch am Bildschirm
erledigen. Um genauer editieren zu können, gibt es eine vergrößerte Version der Knöpfe und Drehregler ohne Keyboard im Edit-Fenster. Dazu kommt noch der
"Analog"-Drehregler, der die Stimmungsstabilitäten
des Originals simuliert.
Der virtuelle MS-20 kann auch, wie das analoge Vorbild, externe Audioquellen mit seinem Filter bearbeiten. In einigen Bereichen übertrifft er sogar das Original Bis zu 32 gleichzeitige Stimmen sowie ein bis zu 16stimmiger Unison-Modus sind für einen eigentlich mo-
nophonen Synthesizer nicht schlecht. Der Grad des
Detunings und die Stereobreite bekommen dazu noch
je einen Drehregler. Außerdem versteht er jetzt auch
MIDI-Clock und kann per definierbarem Controller extern moduliert werden.
POLYSIX
Nicht ganz so begehrt, aber einer der meistverkauften
Synthesizer von Korg war der sechsstimmige Polysix,
der 1981 auf den Markt kam. Bekannt vor allem für seine satten Stringsounds und Flächen hatte er dazu noch
einen Arpeggiator und ein paar einfache, aber gut klingende Effekte. Auch hier ist das Original ein wenig aufgebohrt worden: Wie beim MS-20 kann der virtuelle
Polysix bei 32 Stimmen bis zu 16-stimmigen Unison fahren und besitzt einen Spreadregler für die Breite des
Stereobildes im Unison-Modus.
LEGACY CELL
Unter dem Namen Legacy Cell gibt es fünf verschiedene Kombinationen aus dem MS-20 und dem Polysix,
außerdem zwei Insert Effekte und einen Mastereffekt,
die sowohl als PlugIns als auch als Stand Alone wie ein
Instrument behandelt werden können. Leider ist es
nicht möglich, auch die Wavestation einzubauen. Es
gibt zwei Plätze, in die je ein MS-20 oder Polysix einge-
setzt werden können. Zweimal der gleiche Synth ist
auch möglich. Beide sind parallel geschaltet und haben
je einen Insert-Effekt. Danach kommt ein kleiner Mixer
und schließlich noch zwei Mastereffekte.
EFFEKTE
Die 19 Effektalgorithmen der Legacy Cell sind auch als
einzelnes PlugIn unter dem Namen MDE-X nutzbar. So
ist mir die wirklich gute Klangqualität der Effekte erst
richtig aufgefallen. Neben ziemlich guten Hallräumen
sind es vor allem kräftig zupackende Distortion- und
Amp-Effekte, aber sogar als EQ macht das PlugIn eine
unerwartet gute Figur. Natürlich kann auch der MS-20
als Insert-PlugIn benutzt werden.
WAVESTATION
Die Wavestation ist der "jüngste" und einzige digitale
Synthesizer im Legacy-Package: 1990 auf den Markt ge-
morpht, sie mischt oder hintereinander setzt.
Ähnlich mühsam wie die Programmierung von Sounds
beim DX-7 ist auch die der Wavestation. Hier hat die
Software auf jeden Fall die Nase vorn, denn die grafische Benutzeroberfläche vereinfacht die Programmierung extrem.
PERFORMANCE, BEDIENUNG UND SOUND
Der Sound aller PlugIns ist auf jeden Fall ein wichtiges
Argument für die Korg Legacy Collection, denn nicht
nur die Synthemulationen MS-20, Polysix und Wavestation klingen überzeugend, sogar die mehr als Gimmick mitgelieferten Effekte sind ziemlich gut. Die Legacy Cell konnte mich dagegen nicht so überzeugen, da
die meisten Verschaltungen, die hier möglich sind,
auch in einer VST-Umgebung erstellt werden können
Vielleicht aber ist das ja was für Leute, die es live ansteuern. Schade nur dass bei der liebevollen Rekon-
Einen Korg MS-20 mit bis zu 32 Stimmen ...
da fällt einem nicht mehr viel ein.
bracht, basierte sie auf dem Prophet VS und benutzte
die so genannte Advanced Vector Synthese mit Wave
Sequencing, eine Variation der Wavetable Synthese.
Sie hat einen sehr eigenständigen Charakter und erlaubt sehr effektive sich bewegende Flächen ebenso
wie äußerst merkwürdige rhythmische Sequenzen, indem man sich per Joystick durch verschiedene Wellenformen des 2 MB fassenden Wellenformspeichers
struktion des MS-20 niemand daran gedacht hat, auch
den SQ-10 (Analogsequenzer für den MS-20) nachzubauen. Stattdessen gibt es den meiner Meinung nach
eher kuriosen als sinnvollen Plastik-MS-20 als Controller dazu. Insgesamt kann die Legacy Collection aber
durchaus überzeugen. Man braucht zwar einen aktuellen Rechner, der wird aber von der Performance her
auch nicht überbeansprucht.
MUSIKTECHNIK
INFO
System: Mac OS X.2.8, G4 800 Mhz, VST-, AU- oder
RTAS-Host
Mode kostet momentan 199 USD als Download bei
www.cycling74.com
In Deutschland wird der Straßenpreis für die CD-Version bei 177 Euro liegen. Der deutsche Vertrieb bietet
rund 15% Rabatt für Pluggo-Besitzer.
www.klangkonzepte.de
FÜNF GLORREICHE HALUNKEN / Cycling74s "Mode"
TEXT
THADDEUS HERRMANN | [email protected]
Klassische Synthese im Verbund mit erstklassiger Perfomance-Kontrolle: Das verspricht Cycling 74 für ihr neues Baby "Mode". Drei Soft-Synths und zwei Effekt-Einheiten bilden den Kern des neuen Pakets, das durch zahlreiche Extra-Plugs einen
ziemlich dicken Eindruck macht. Made with Pluggo, womit auch sonst!?
Die Entwicklung von Mode haben Cycling74, die Hüter
des heiligen MAX/MSP-Grals, sehr galant outgesourced: CreativeSynth.com haben das Paket, komplett auf
MAX/MSP und Pluggo basierend, erdacht und nutzen
nun die etablierten Vertriebswege für dieses Joint Venture.
Mode teilt sich in fünf große und einen ganzen Haufen
kleinerer PlugIns.
WAS DRIN IST ...
"Poly" ist, wie der Name schon vermnuten lässt, ein polyphoner Synth. Zwei Oszillatoren mit insgesamt 24
Wellenformen stehen zur Verfügung bei maximal zwölf
Stimmen. Im sehr übersichtlichen Design findet man
sich schnell zurecht und wünscht sich einfach nur einen schnelleren Rechner. Hier muss nachgebessert
werden. Auf meinem Powerbook G4/1 GH unter Logic
Audio 6.3.3 ist bei vier Stimmen eigentlich schon
Schicht. Aber nicht den Mut verlieren und Audio einfrieren, was das Zeug hält. Die Presets machen Spaß
und der umfangreiche Arpeggiator ist der Killer.
"Mono" ist die monophone FM-Erweiterung für "Poly"
mit reichlich Distortion und Stereo-Delay. Wie man es
aus dem Randomizer von Pluggo kennt, kann die Distortion-Kurve hier per Maus eingezeichnet werden.
"Mono" ist die definitive Bleep-Maschine. Auch hier
sorgt der integrierte Arpeggiator für Bewegung, High-,
Band- und Tiefpass tun ihr Übriges. Die CPU wird deutlich weniger gefordert und ich habe diese Dreckschleuder schon in mein Herz geschlossen.
"Bang" ist eine Teufelskiste, die aus jedem PercussionSound ein Monster baut. Mit Hilfe eines FM-Operators,
einer analogen Einheit und einer dreifachen DADSRHüllkurve kann selbst der langweiligste Snare-Schlag in
ein heulendes Ungetüm verwandelt werden.
Hat man seine Edits fertig, könnte "Spin" ins Spiel kommen. Dieses Synchronisations-Multitalent bietet 32telAuflösung und kann den Effekt in jeglicher Länge loopen, d.h. ein Effekt-Durchlauf ist nicht an die Patternlänge geknüpft, sondern frei wählbar. So kann der Filter
zum Beispiel 13 von den 32 Steps betreffen, der StereoPanner aber 19 von 32. So entstehen wunderbar lebendige Bewegungen. Das Filter bietet Tief-, Band- und
Hochpass und zusätzlich einen Notch. Einzigartig auch
das Volume-Gate, mit dem sehr schöne LautstärkenKurven erzeugt werden können.
überzeugend. Einzig bei der Performance hoffe ich auf
Optimierung und Nachbesserung. Zum Absturz kann
es kommen, wenn im laufenden Betrieb innerhalb der
Presets umgeschaltet wird. Man kennt das von Pluggo.
Es macht KNACK und dann ist Stille auf dem Bus. Da
MAX/MSP für mich ein Buch mit sieben Siegeln ist,
kann ich nur schwerlich nachvollziehen, woran das
liegt.
"Wash" bildet den Abschluss der "großen 5" von "Mode". Hier wurden sechs Delays, eine 8x8-Patchbay und
ein Mixer zusammengefasst. Das Delay kann entweder
per Tap manuell eingegeben werden oder pro Kanal
einzeln gesteuert werden. Über die "Lock"-Funktion
können Loops erzeugt werden und sogar Overdub-Aufnahmen sind möglich.
WIR SIND NOCH NICHT FERTIG ...
Eine äußerst praktische Idee von CreativeSynth war,
einzelne Module aus den großen Plugs auszukoppeln
und als Einzelteile dem Paket beizulegen. So finden
sich nach der Installation neben den bereits beschriebenen PlugIns noch 18 weitere Einzelteile: Drumcomputer, Sampler, Delays, Monosynths, Distortionfilter,
eine kleine Version des Poly-Synths, Chorsu, die einzelnen Module von Spin und eine kleine Version von
Wash. Gute und praktische Idee, gerade wenn man viele PlugIns in der Kette hat und der Rechner schlapp zu
machen droht. Prima.
WIE ES SICH BETRÄGT ...
Alle fünf Plugs machen einen sehr guten Eindruck und
laufen ziemlich stabil, für eine 1.0-Version auf jeden Fall
200 Dollar ist nicht wenig Geld, dennoch denke ich,
dass der Preis für diese Sammlung an unkonventionellen PlugIns angemessen ist. Unbedingt Demo checken!
<23> - DE:BUG.83 - 06.2004
INFO
ELEKTRONIKA
<24> - DE:BUG.83 - 06.2004
INFO
bald: A Gent Agent (Laboratory Instinct)
jetzt: Meanwhile (Laboratory Instinct)
Of Snowdonia (Plug Research)
Adventure Time - Dreams Of Water Themes
(Plug Research)
www.daedelusdarling.com
hot sein? Oder das Tryptichon auf "Quiet Party": Tonbandgerät, Gasherd, Zahnbürste. Das würde sogar
nach Eigenbrödler riechen, wenn es nicht in Kohle gezeichnet wäre. Perfektioniert als Bedroomnerd-Comic
dann auf "The Household EP". Und schließlich, Kür in
Wales, "Snowdonia", bebrillte Schalträger unter Kindermonstern. Daedelus erfindet gerne, dass er aus Wales kommt. Drachen, Könige, Romantik. Wir sind sicher,
sein neues Album, "A Gent Agent" auf Laboratory In-
DAS ECHO
IM TEEKESSEL
DAEDELUS
echtes Abenteuer also. Jedenfalls im Vergleich mit der
Geschichte, die Los Angeles vor der Haustür, gefangen
im Jetzt, einem vorgaukeln will. Fragt man ihn nach
dem Einfluss von LA auf seine Musik, dann taucht Jazz
auf und die 60er. Und natürlich der Meltingpot, in dem
HipHop und Elektronik verschmelzen kann, weil beide
so Underground sind. Und dann? Alfred WeisbergRoberts, so sein bürgerlicher Name, war Elektroakustikfan in dem Alter, in dem andere Kaugummibla-
Daedelus ist jemand, der vor einem Sample steht und es
bewundert wie einen Schatz. Und wie in jedem guten
Videospiel lauern überall Schätze.
stinct, übertrifft das visuell nochmal. Wie konnte es nur
dazu kommen?
TEXT
SASCHA KÖSCH | [email protected]
Das Wunderkind Daedelus hat in Los Angeles schon früh verlernt, zwischen Teekessel und Computer zu unterscheiden. Kein Wunder, wenn das erste Instrument der
Fernseher als Loop-Player war. Sympath durch und durch, Blümchen inklusive.
Daedelus macht einfach zuviel. Man würde es ihm vorwerfen, wenn nicht jedes einzelne Release von ihm so
ein Zuckerbäckermeisterwerk wäre. Daedelus
schwingt die Gitarre und liefert solide Freestyle-Basis
auf Busdriver und Radioinactive, wuselt sich mit dem
Dublab-Owner Frosty durch die Wogen der Kindertraum-Piraterie aus dem Füllhorn mit Adventure Time,
leiht Madvillain ein Akkordeon, gibt weitere Gitarrestunden bei Ammoncontact oder Hu Vibrational und
fühlt sich auf Laboratory Instinct, Plug Research, Eastern Development, Mush oder Phtalo ebenso zu Hause wie auf endlosen Kollaborationen und Remixen.
Ganz abgesehen von den Sachen, die wir trotzdem
noch beiseite gelassen haben. Daedelus ist einfach
überall dabei, wo man Hip groß schreibt, notfalls auf
die eigene Mütze, aber dennoch ist der Mann mit dem
eigenwilligsten Backenbart in Los Angeles immer wieder auch einen Schritt zu weit draußen, um sich gut als
das neue Ding verkaufen zu lassen. Außerdem meist
mützenlos.
Daedelus ist mit Sicherheit selber schuld. Allein die Cover! Ich meine, wie könnte der einsame Erfinder aus
dem vorletzen Jahrhundert auf dem Cover von "Invention" mit der Schamesröte im Gesicht beim Gedanken
an einen überdimensionalen Wasserkessel irgendwie
Daedelus, wir brauchen da nicht mal raten, war Drumand-Bass-Konvertit. Breaks sind die Zukunft, dachte er
sich vermutlich, als er seinen ersten Sampler bekam.
Aber nicht diese HiFi-Cyber-Matrix-Scifi-Zukunft, sondern das Kaleidoskop, das Frankenstein-Ethos, das
Sammler-Jäger-Krieger-Erbe von Drum and Bass lebt in
den Tracks von Daedelus. Der Sampler ist ein Piratenschiff und kennt folglich keine lineare Geschichte, sondern nur Beute. Das hat er mit vielen der ehemaligen
Glitch-Suppe gemein, aber deren Glaube an die Technologie trennt sie vom "völlig untalentierten" Erfinder
Daedelus, für den ein Ballen Samt, ein verrosteter Teekessel und ein G5 irgendwie gleichwertige Teile des einen Raubzuges sind. Daedelus kann Dinge auseinander
nehmen, aber zusammen bekommt er sie nicht mehr.
Selbst Jungleechos wehen auch jetzt noch von Jamaica
über England zurück an die Westküste quer durch seine Platten.
Aber der Sampler war nicht sein erstes Instrument.
Dafür spielt er einfach zu viele. Wie bei jedem guten
Amerikaner war sein erstes Instrument der Fernseher.
Und wie jeder aus seiner Generation war der Fernseher
auch für ihn ein Loop. Ein Instrument der Re-Runs. Ein
Blick in die Historie der Filmgeschichte, der Serien. Ein
sen platzen lassen (nicht, dass er gleichzeitig nicht
auch Wave gehört hätte oder Funkadelic), und ein Jazzstudent. Würdet ihr das glauben? Und natürlich ist Daedelus ein Viktorianer. Wenn er Bücher schreiben würde, er wäre Neal Stephenson und Jeff Noon auf einmal.
Kein Wunder, dass Daedelus das erste Kid vom Block
war, das Ravemusik hörte. Aber gib mir einen Break.
Jeder einzelne Track von Daedelus schillert wie eine Öllache anstelle einer Perle in einer Auster. Und trotz
breit gefächertem Wissen über Musikgeschichte ist
Daedelus immer noch naiv. Daedelus ist jemand, der
vor einem Sample steht und es bewundert wie einen
Schatz. Und wie in jedem guten Videospiel lauern überall Schätze. Jeder Track ist eine Stage, und wenn man
den geheimen Stern findet, umso besser. Er ist auf der
Suche nach Abenteuern. Er würde gerne von einem
Music-Executive verklagt werden, weil er immer Samples klaut. Abenteuer und Style schließen sich aus.
Weshalb Daedelus eben auch nicht der neue Electronic-HipHop-Star werden kann, wie z.B. Prefuse. Wer
Style hat, der lebt eine Geschichte, einen Thriller vielleicht, aber der Plot ist klar, das Ende vorgezeichnet.
Bei Daedelus kann man nicht wissen, was einen erwartet, man erkennt ihn nur wieder, weil er ein Character
ist, der viele Gesichter hat. Eine Geschichte, die immer
endet, nur um neu anzufangen. Eine Chronik ohne
Überschrift und Timeline.
FINDER
SCIFI UNTER CREATIVE COMMONS
27
AM RANDE DER LIZENZIERUNG
28
WIE SCHLÄGT SICH DIE GEMA?
29
GEMA LIZENZEN
Cory Doctorow verschenkt Bücher übers Netz
Filesharing zwischen DRM und Pauschalabgabe
Mit neuer Technologie und dem Phono-Verband IFPI
29
DIGITAL RIGHTS MANAGEMENT
30
DAS POTATO SYSTEM
30
WIE FUNKTIONIERT MUSIK?
Nutzungsrechte technologisch lizenzieren
Filesharing mit Künstlerbrot
Ein Schaubild
Unsere Lieblings-Deals
31
DESIGN: WEBSITE-USABILITY
32
MODE: LEINENHALBSCHUHE
34
KUNST/MAGAZIN: SPECTOR CUT + PASTE
35
KUNST: JACK GOLDSTEIN
Weg von Flash, hin zu Cascading Style Sheets
Im Kampf für und gegen Unkonventionalität
Ein Interview mit Designer Markus Dreßen
35
KUNST & FUSSBALL
36
GOTO
36
ABO
Hot! Fallrückzieher im Roncalli
Raus, aber wohin?
Debug hinein in dein Postfach
Verstrahlte Mythen aus dem Kino Hollywoods
LIZENZEN
URHEBERRECHT
REFRESHED
CREATIVE COMMONS
KOMMT NACH
DEUTSCHLAND
TEXT
ANNETT JAENSCH | [email protected]
Der Launch der deutschen Version steht unmittelbar vor der Tür: Das US-Lizenzmodell Creative Commons vollbringt das erstaunliche Kunststückchen, bisheriges
Copyright gegen den Strich zu bürsten und damit einen neuen Umgang mit Content
zu etablieren. Die Resonanz auf die "Lizenz zum Teilen“ ist weltweit so hoch, dass
der internationale Zweig "icommons“ gegründet wurde, der landesspezifische Lizenzen erarbeiten soll. Anlässlich der Präsentation der deutschen Lizenzen auf dem
Kongress Wizards of Os 3, der im Juni in Berlin stattfinden wird, stellen wir euch die
Idee hinter dem Rechtskunststück noch einmal vor.
Die Gegner des Filesharing beten für gewöhnlich das
immer gleiche Mantra vom Schutz der Autorenrechte.
Es entsteht der Eindruck, dass Künstler nichts so sehr
beutelt wie die Begehrlichkeiten einer gierigen Kopiergemeinde. Das alternative Lizenzmodell Creative Commons demonstriert dagegen: Kreative sind sehr wohl
dazu bereit, ihre Werke in offene Nutzerpools zu stellen. Lawrence Lessig, Jura Professor von der Stanford
Law School und Internet-Freidenker, hat im Jahr 2001
mit Gleichgesinnten das Projekt begonnen, um das Copyleft der freien Software auch auf andere Bereiche zu
übertragen. Denn das klassische Copyright schützt
zwar die Rechte am Werk, erweist sich aber in der Praxis als Kreativitätsbremse. Wer schon einmal versucht
hat, die Erlaubnis zur Nutzung oder Änderung eines
mit Copyright belegten Werkes zu bekommen, wird
wissen, wie langsam die Mühlen von Rechtsabteilungen mahlen, egal ob der betreffende Künstler nun etwas dagegen hat oder nicht. Creative Commons will
den Urhebern ein bewegliches Copyright zurückgeben.
Erreicht wird das, indem sich der Lizenzvertrag nicht
mehr nur an den Konsumenten richtet, sondern auch
potenzielle Weiterverarbeitung aktiver mitberücksichtigt. "Skip the Intermediaries", so heißt es auch in dem
kleinen Comic zur Erklärung der Lizenzen auf der Website von Creative Commons. Wer Texte, Musikstücke,
Bilder und Filme kreiert, kann frei nach der Devise
"Keep what you want, share what you want" mit Hilfe
von vier Lizenzbausteinen festlegen, wie er sich die
Nutzung der Werke wünscht. "Attribution" stellt sicher,
dass der Name des Urhebers wieder auftaucht; "Non
Commercial" schließt kommerzielle Nutzung aus; mit
"No derivative" wird Nutzern signalisiert, dass sie zwar
kopieren dürfen, aber nicht verändern, und "Share Alike" schließlich möchte, dass alle Folge-Kreationen auch
wieder unter der CC-Lizenz Verbreitung finden. Neu
dazugekommen sind nun auch eine Lizenz, die speziell
das Sampeln von Werkteilen erlaubt bzw. den Vertrieb
über unkommerzielle Filesharing-Systeme. Die smarten, weil auf einfache Handhabung heruntergebrochenen Vertragsmodalitäten, sind nicht nur in einem
juristischen Text verfügbar, sie gibt es auch in zwei weiteren Versionen - die eine ist auch von Normalsterblichen zu verstehen, eine weitere besteht aus computerlesbaren RDF-Daten. Alles ist also leicht verständlich,
rechtlich abgesichert und suchmaschinentauglich.
Mittlerweile tragen rund 1,2 Millionen Werke weltweit
den Vermerk "Some Rights reserved". Allein durch die
Verlagerung vom rigiden "Alles verboten!" hin zum
sympathischen "Du darfst einiges!" ergibt sich für alle
Beteiligten eine Win-Win-Situation. Unbekannten
Künstlern hilft die Plattform aus der Anonymität. Auf
Nutzerseite verflüchtigt sich der Stressfaktor bei der
Beschaffung von Content im Netz, wenn die Möglichkeit zur Weiterverwertung so klar auf dem Tisch liegt.
Und da wäre auch noch das Aufblühen kollaborativer
Arbeitsformen. Chefdenker Lessig stellte sein neues
Buch "Free Culture" vor kurzem auch unter die Creative-Lizenz und schon kurz nach Erscheinen zirkulierte
ein munteres Dutzend Varianten der Lessig-Lektüre im
Netz: Audiofiles, Flashpräsentationen und andere umgegossene Formate.
DAS VETO DER ALTEN
Mit purem Altruismus muss das alles nichts zu tun haben. Ein Urheber kann der nicht-kommerziellen Nutzung über Creative Commons zustimmen, davon unabhängig aber auch Verträge schließen, aus denen Tantiemen fließen. Hier spannen sich die ersten Fallstricke, speziell wenn Verwertungsgesellschaften im
Spiel sind. Ein Beispiel: Für den Musikbereich existiert
inzwischen: die Creative Commons Music Sharing License. Wunderbar eigentlich. Wer jedoch als Musiker in
Deutschland schon über die Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte GEMA Lizenzgebühren einsammeln lässt, bekommt bei der Nutzung von CC-Lizenzen ein Problem.
Die GEMA beharrt auf ausschließliche Wahrnehmung,
demnach wären Nebenvereinbarungen nicht legal.
Ein anderes Problem, dass es durchs Nadelöhr zu fädeln gilt, sind die von Land zu Land unterschiedlichen
Regelungen beim Urheberrecht. Icommons, der inter-
ILLU
GODZINGUIN
nationale Zweig von Creative Commons, kümmert sich
zusammen mit Partnern im jeweiligen Land darum, die
US-Lizenz entsprechend anzupassen. Christiane Asschenfeldt leitet die icommons. Wir fragten sie, wie es
mit den internationalen Lizenzen vorangeht.
DEBUG: Wie ist die Anpassung der Creative CommonsLizenzen für Deutschland abgelaufen?
ASSCHENFELDT: Die Abläufe sind in jedem Land gleich.
Zuerst entwickeln wir zusammen mit Partnern einen Entwurf. In Deutschland kooperieren wir mit dem Institut für
Informationsrecht von Professor Dreier und dem Verein
ifross. Der Entwurf steht danach über eine Mailingliste zur
öffentlichen Diskussion. Es laufen auch schon einige Pilotprojekte mit Lizenznutzern. "European Culture Heritage
Online", kurz ECHO, ist so eines. Im Rahmen von ECHO
will die Max-Planck-Gesellschaft die Lizenz für eine deutsche Bibliothek nutzen.
Am 11. Juni wollen wir die deutsche "Creative Commons"Lizenz auf der Wizard of OS-3 Konferenz in Berlin launchen. Sie wird die erste europäische Lizenz sein, die online
erhältlich ist. Bisher gibt es neben der amerikanischen nur
eine andere Version und zwar in Japan.
Some rights reserved:
Creative Commons will den
Urhebern ein bewegliches
Copyright zurückgeben. Ab
Juni gibt es das dann auch
in Deutschland.
DEBUG: Worin wird sich die deutsche Version von der
amerikanischen unterscheiden?
ASSCHENFELDT: Das deutsche Urheberrecht kommt
vom Autorenrecht her, das heißt, dass der Schöpfer wie
über ein unsichtbares Band mit dem Werk verbunden
bleibt und diese Persönlichkeitsrechte weiter zu beachten
sind. Daraus ergibt sich beispielsweise der Unterschied
beim Baustein "Attribution", die Namensnennung des Urhebers muss nach deutschem Recht sowieso erfolgen.
Auch im Verbraucherschutz sind sie in Deutschland strenger. Haftungsfragen werden beispielsweise spezifisch gehandhabt. Da mussten wir einige Änderungen vornehmen.
DEBUG: Viele CC-Anhänger in Deutschland nutzen zur
Lizenzierung ihrer Werke bereits die amerikanische
Version. Ist diese nach deutschem Recht überhaupt
wirksam?
ASSCHENFELDT: Man kann in einem Vertrag selbst bestimmen, welche Rechtsordnung man wählt, nur wenn
man dies von deutschem Gebiet aus tut, dann muss das
dann auch kompatibel mit dem deutschen Recht sein. Mit
einer US-Lizenz wären im Konfliktfall einige Klauseln
wirksam, andere wieder nicht. Das Glückliche an unserem
Konstrukt ist, dass es sich um eine Freigabe von Verwertungsrechten handelt. Da vermindert sich schon mal das
Risiko eines Konfliktes. Wir passen trotzdem die US-Version an das jeweilige Land an, um mit einer vollen Kompatibilität auf Nummer sicher zu gehen.
DEBUG: In welchen Ländern ist denn die Resonanz besonders groß?
ASSCHENFELDT: Die Resonanz in Brasilien ist wirklich
großartig. Dort organisieren sie im Augenblick einen
Launch mit 4500 Leuten, der Kulturminister und Musiker
Gilberto Gil unterstützt das Ganze, da sieht man, dass eine ganz andere Herangehensweise möglich ist. Wir haben
inzwischen aber Kontakt zu insgesamt 60 Ländern. Auch
Italien hat eine starke Community, über deren Mailingliste
bekomme ich immer viel Post mit Anregungen.
INFO
www.creativecommons.org
icommons-Partner in Deutschland: Institut für
Rechtsfragen der Freien und Open Source Software, www.ifross.de, Universität Karlsruhe, Institut für Informationsrecht, www.z-a-r.de
DEBUG: Habt ihr mit Hindernissen zu kämpfen?
ASSCHENFELDT: Bei den Verwertungsgesellschaften
liegt ein großes Stück Arbeit noch vor uns. In Deutschland,
Frankreich und Griechenland haben die Verwertungsgesellschaften eine starke Position inne und pochen auf ausschließliche Wahrnehmung.
DEBUG: Es ist momentan also nicht möglich, CC-Lizenzen zu haben und gleichzeitig bei der GEMA unter Vertrag zu sein. Seid ihr mit der GEMA im Gespräch?
ASSCHENFELDT: Wir suchen auf jeden Fall den Dialog. In
Japan klappt das sehr gut. Da arbeiten wir mit der großen
Musikverwertungsgesellschaft zusammen. Eigentlich sollte es überall so sein, dass die Gesellschaften für die Künstler da sind und sich nach ihnen richten - und nicht andersherum.
<25> - DE:BUG.83 - 06.2004
26
LIZENZEN
LIZENZEN
<26> - DE:BUG.83 - 06.2004
MIT CREATIVE COMMONS
IN RICHTUNG ZUKUNFT
CORY DOCTOROW
TEXT
JANKO ROETTGERS | [email protected]
FREIE LIZENZEN
TEXT
OPEN SOURCE
Ihren Anfang nahm die Idee freier Urheberrechtslizenzen in der Open-Source-Bewegung. Der Grundgedanke: Programmierer sollten dazu ermuntert werden, den Quellcode ihrer Software zu verbreiten, um
andere an der Entwicklung teilhaben zu lassen. In den
Zeiten der Universitäts-Großrechner der Siebziger
war dies eine Selbstverständlichkeit, die auch ohne
fest definierte Regelwerke funktionierte. Die Kommerzialisierung des Software-Geschäfts, das Aufkommen neuer Programmiersprachen und der Personal-Computer-Boom Anfang der Achtziger sorgten
jedoch dafür, dass immer mehr Software ohne Quellcode in Umlauf gebracht wurde.
en.wikipedia.org/wiki/Open_source
GPL
Die General Public License wurde 1988 von Richard
Stallman und Eben Moglen für das GNU-Projekt verfasst. Ziel war es damals, ein frei nutzbares Unix-Betriebssystem zu schaffen – weshalb GNU als rekursives Akronym auch für "GNU is not Unix" steht. Trotz
solcher Geek-Witzeleien hat sich die GPL zu einer der
wichtigsten Open-Source-Lizenzen gemausert. Die
grundlegenden Regeln der Lizenz: Wer GPL-Code für
seine Programme nutzen will, muss diese wieder unter den Regeln der Lizenz veröffentlichen und ihren
Source-Code frei zugänglich machen. Bekanntestes
Beispiel für ein GPL-Werk ist das Linux-Betriebssystem.
en.wikipedia.org/wiki/GNU_General_Public_License
COPYLEFT
Regelwerke wie die GPL, die Nutzer zum Veröffentlichen offener Quellen zwingen, werden auch als Copyleft-Lizenzen bezeichnet.
en.wikipedia.org/wiki/Copyleft
BSD
Die Lizenz der Berkeley-Universität. Im Gegensatz
zur GPL können Nutzer BSD-lizensierten Quellcode
in ihre Programme integrieren, ohne selbst den
Quellcode ihrer Software zu veröffentlichen. Dies ermöglichte beispielsweise Apple, große Teile des freien
Unix-Systems FreeBSD in OS X zu integrieren. GPLAnhänger argumentieren oft, dies sei Verrat an der
Idee quelloffener Projekte. BSD-Nutzer halten dagegen, dass die GPL zu restriktiv sei, um eine weit reichende kommerzielle Nutzung zu garantieren.
en.wikipedia.org/wiki/BSD_License
PUBLIC DOMAIN
Als Teil der Public Domain gelten alle Werke, die ein
Autor der Allgemeinheit zur freien Verfügung überlässt. Gehört niemandem und allen, könnte man
auch sagen. Allerdings streiten sich Juristen noch darüber, ob das überhaupt mit europäischen Urheberrechten in Einklang zu bringen ist. Hierzulande kann
man seine Rechte als Autor nämlich nicht abtreten,
sondern höchstens auf ihre Verwertung verzichten.
en.wikipedia.org/wiki/Public_domain
URHEBERRECHT
Freie Lizenzen bedeuten nicht den völligen Verzicht
auf Urheberrechte. Sie definieren diese nur so, dass
mehr Nutzer Anteil an den so lizenzierten Werken haben könnten. Ohne jegliche Urheberrechte ließen sich
jedoch auch diese Lizenzen nicht durchsetzen.
JANKO ROETTGERS | [email protected]
ILLU
ZIONGUIN
Cory Doctorow nutzt “Creative Commons”-Lizenzen, um seine Bücher umsonst im
Web zu verbreiten. Der Mitarbeiter der Electronic Frontier Foundation (EFF) und
Mitbegründer des “Boing Boing”-Weblogs sprach mit Janko Röttgers über das Verschenken von E-Books und die Zukunft des Verlagwesens.
Cory Doctorow hat sich im Netz einen Namen als Mitherausgeber des Boing Boing-Weblogs gemacht. Das
"Verzeichnis wunderbarer Dinge", das aus der gleichnamigen kalifornischen Mittneunziger-Zeitschrift hervorgegangen ist, präsentiert jeden Tag ein spannendes
Sammelsurium von Skurrilitäten, News und Netzkultur.
Innerhalb der letzten zwei Jahre hat es sich damit zu einem der meistgelesenen Weblogs gemausert. Doctorow ist außerdem mit dem Aufbau eines europäischen Ablegers der Netz-Bürgerrechtsorganisation EFF
beschäftigt. Nebenbei vertritt er auch noch Creative
Commons in Großbritannien. Ach ja, und Schriftsteller
ist er auch.
hat eine völlig hysterische Einstellung in Bezug auf Urheberrechte.
Doctorow hat mittlerweile drei Science Fiction-Bücher
herausgebracht. Sein Erstlingswerk "Down and Out in
the Magic Kingdom" spielt in einem futuristischen Disneyland. Ewiges Leben, ständiger Netzzugang und freie
Elektrizität haben den Protagonisten des Romans alle
existenziellen Sorgen genommen. Das einzige, was im
Magic Kingdom noch zählt, ist der Ruf einer Person –
was zur Entwicklung einer komplexen Anerkennungsökonomie geführt hat. Ganz so weit sind wir heute noch
nicht, doch Doctorow experimentiert trotzdem schon
fleißig mit alternativen ökonomischen Modellen. So
hat er Online-Ausgaben all seiner Bücher unter Creative Commons-Lizenzen gestellt und verbreitet sie nun
DEBUG: Du hattest im Fall von "Down and Out"
300.000 Downloads?
DOCTOROW: Ungefähr. Ich weiß es nicht genau, weil
meine Leser es selbst weiterverbreiten dürfen. Und es gibt
unglaublich viele Webseiten, die es anbieten.
DEBUG: Kannst du mir eine Idee davon geben, wie viele Bücher du bisher verkauft hast?
DOCTOROW: Die neuen Bücher scheinen sich ziemlich
gut zu verkaufen. "Down and Out in The Magic Kingdom"
hatte eine Hardcover-Auflage von 8500. Ich bin mir nicht
ganz sicher, wie groß die Paperback-Auflage ist, wahrscheinlich um einige Faktoren größer, aber es verkauft
sich sehr gut. Normalerweise werden von einem typischen Science-Fiction-Erstlingsroman weniger als 5000
Exemplare gedruckt.
DEBUG: Was ist - vor dem Hintergrund dieser Erfahrungen - dein Rat an andere Autoren?
DOCTOROW: Man sieht deutlich: Die elektronische Ausgabe ergänzt die Papier-Ausgabe. Wenn du deinem Publikum erlaubst, Kopien deines Buchs auszutauschen – was
für dich völlig umsonst ist – dann erhöht dies die Verkaufszahlen deines Buchs. Es ist einfach ganz logisch:
INFO
Cory Doctorow: www.craphound.com
Boing Boing: www.boingboing.net
EFF: www.eff.org
Heute kann man mehr Bücher verkaufen, indem man die
elektronische Version verschenkt. In der Zukunft könnte
es wichtiger sein, direkt mit elektronischen Büchern Geld
zu verdienen – wie immer das aussehen mag. Das Verlagswesen hat sich seit dem Beginn des vergangenen Jahrhunderts alle fünf bis zehn Jahre komplett verändert.
Neue Druckmaschinen, neue Binde-Techniken, die Konsolidierung des Einzelhandels. All diese Dinge haben die Art
und Weise, wie Verlage Bücher verkaufen, komplett revolutioniert.
Es gab eine Zeit, in der Tausende von Science-Fiction-Magazinen beim Zeitschriftenhändler erhältlich waren. Die
goldene Zeit des Pulp, die Anfangszeit von Science Fiction.
Schriftsteller verdienten in dieser Zeit den Großteil ihres
Einkommens mit dem Verkauf von Kurzgeschichten.
Heute gibt es drei oder vier Science Fiction-Magazine im
Zeitschriftenhandel, und selbst denen geht es schlecht.
Das bedeutet jedoch nicht, dass Science-Fiction untergegangen ist oder dass das Verlagswesen untergegangen ist.
Oder dass es keinen Bedarf mehr für Kurzgeschichten
gibt. Die Tatsache, dass kostenlos angebotene elektronische Bücher nicht das Geschäftsmodell der Zukunft ist,
heißt deshalb nicht, dass es nicht heutzutage als Geschäftsmodell funktioniert.
DEBUG: Wie könnte die Zukunft denn für Verlage, aber
auch für Autoren aussehen?
Die Tatsache, dass kostenlos angebotene elektronische
Bücher nicht das Geschäftsmodell der Zukunft ist, heißt
nicht, dass es nicht heutzutage als Geschäftsmodell
funktioniert.
fröhlich im Netz. Grund genug, mal nachzufragen, was
für praktische Erfahrungen er damit gesammelt hat.
DEBUG: Wie schwierig war es, deinen Verlag davon zu
überzeugen, die Bücher mit Creative Commons-Lizenzen im Netz zu verschenken?
CORY DOCTOROW: Mein Lektor, der für die ScienceFiction-Reihe bei Tor verantwortlich ist, ist ein alteingesessener Geek. Wir haben uns in den Achtzigern über ein
BBS-System kennengelernt. Er betreibt seine eigenen Server, schreibt ein bisschen Perl – er kennt sich aus. Tor ist
der größte Science-Fiction-Verlag der Welt. Und da die
Welt sich ändert, suchen sie nach neuen Wegen, Bücher
zu verbreiten. Tor war einer der ersten Verlage, der elektronische Bücher veröffentlichte. Nun sind sie einer der
ersten Verlage, der seinen Autoren das Nutzen von Creative-Commons-Lizenzen erlaubt.
Als ich sie am Tag des Erscheinens anrief und ihnen erzählte, dass 30 000 Menschen das Buch heruntergeladen
haben, meinte mein Lektor: 'Das ist großartig. Es bedeutet, dass 30 000 Leute darauf warten, dein nächstes Buch
kaufen zu können.' Sie gingen damit also ziemlich vernünftig um. Nicht jeder, der im Copyright-Business ist,
Dies ist die günstigste, effektivste Form des Marketings
und der Mundpropaganda, die es in diesem Bereich gibt.
Was das Überzeugen des Verlegers angeht: Wahrscheinlich könnte man auf meinen Erfolg verweisen. Klar, es gibt
Leute, die sagen: Das ist etwas völlig Neues, der Erfolg lässt sich noch nicht einschätzen. Oder: Das mag funktionieren, wenn du ein junger Autor mit einem Erstlingswerk
bist – aber für etablierte Autoren macht das keinen Sinn.
Doch lustigerweise sind dies genau die gleichen Leute, die
sich zu Wort meldeten, als Steven King sein Buch elektronisch vertrieb. Damals sagten sie: Das klappt, weil er ein
etablierter Autor ist – aber für Anfänger macht das keinen Sinn.
DEBUG: Glaubst du, dass elektronische Bücher die Papierausgaben einmal ganz ablösen könnten?
DOCTOROW: Zuallererst einmal muss man sagen, dass
Lesen generell heutzutage eine ungewöhnliche Zeitbeschäftigung ist. Einer von zehn Amerikanern liest ein Buch
pro Jahr. Die meisten dieser Leute lesen nicht mehr als ein
Buch und in den meisten Fällen handelt es sich dabei nicht
um einen Roman. Gleichzeitig lesen immer mehr Menschen immer mehr Texte auf ihren Bildschirmen.
DOCTOROW: Ich weiß nicht, wie wir Autoren in Zukunft
Geld verdienen werden – aber ich weiß, was garantiert
nicht funktionieren wird. Wir werden kein Geld vedienen,
wenn wir unser Publikum als Diebe beschimpfen. Wir
werden kein Geld verdienen, wenn wir uns vormachen,
das Internet existiere nicht. Oder fordern, es solle aufhören zu existieren. Der Verkauf von E-Books mit Kopierschutz wird nicht funktionieren. Konsumenten wollen
kein Digital Rights Management. Kein Leser hat sich je
gewünscht, weniger Freiheit im Umgang mit seinem EBook zu haben.
Ich weiß wirklich nicht, was das Modell der Zukunft ist.
Möglicherweise wird es über Fortsetzungsgeschichten
funktionieren, die auf werbebasierten Websites veröffentlicht werden. Es könnte eine ganze Reihe von Modellen geben. Ich glaube, wir sollten eine Menge verschiedene Sachen ausprobieren. Wir werden auch in Zukunft
Geld verdienen, wenn wir Technologie willkommen
heißen. Die Details kenne ich noch nicht. Aber ich weiß,
dass die Strategie dafür ist, mit so viel Schwung vorwärts
zu drängen wie möglich. Wenn du dich vorwärts bewegst, kannst du einfach den Kurs korrigieren. Stillstand
bringt dich dagegen nirgendwo hin.
LIZENZEN
<27> - DE:BUG.83 - 06.2004
AM RANDE DER LIZENZIERUNG / Filesharing zwischen DRM & Pauschale
TEXT
ILLU
MERCEDES BUNZ | [email protected]
Neue technologische Möglichkeiten mit alten Lizenzen zu verhindern, ist immer
wieder ein klassisches Rechtsproblem gewesen. Als Tonbandgeräte und Musikkassetten Anfang der 60er aufkamen, wollte die Gema die Händler gerichtlich dazu
zwingen, die Namen der Käufer herauszugeben, um Vergütungsansprüche geltend
zu machen. Der Bundesgerichtshof wies sowas als Ausforschung des Einzelnen im
häuslichen Bereich zurück. Ebenso sollten Videorekorder verhindert werden, weil
man mit ihnen urheberrechtsgeschütztes Material aufnehmen kann, trotzdem wurde 1984 die Technik gerichtlich erlaubt. Aktuell trifft der Zorn Filesharing.
"Raubkopierer sind Verbrecher" mahnt eine Zeitungsanzeige. "Großrazzia gegen Raubkopierer: Polizei durchsucht 800 Wohnungen und Büros" titelt Spiegel Online.
"Bett oder Knast", warnt im Kino ein Spot der Filmwirtschaft. "Phonowirtschaft startet auch in Deutschland
Verfahren gegen illegale Musikanbieter in so genannten
'Tauschbörsen'". In der deutschen Medienlandschaft
lief in den letzten Monaten massiv der Versuch, Musiktauschbörsen (Filesharing) und Peer-to-Peer-Nutzer
zu kriminalisieren. Mit dem Ziel, die Nutzer von Tauschbörsen einzuschüchtern, wird zwischen P2P-Nutzern,
die unentgeltlich untereinander ihre Musik tauschen,
und professionellen Raubkopierern, die am Tausch
selbst Geld verdienen, nicht unterschieden. Rein rechtlich ist Filesharing natürlich keine Privatkopie und damit illegal, ethisch ist es jedoch im Grunde nicht mehr
verwerflich als die Benutzung eines Videorekorders.
Und technisch ist es schon gar nicht möglich, das Tauschen von Musik einzudämmen - jedenfalls nicht, ohne
rechtlich wiederum den Datenschutz zu missachten
und dieses Land in einen Überwachungsstaat zu verwandeln. Die Lösung: diskursive Abschreckung. Man
kriminalisiert pauschal den ganzen Bereich. So stopft
man das Brennen von CDs mit Kinderpornographie und
Nazi-Propaganda lustig undifferenziert in einen Topf,
auch wenn die Privatkopie einer CD rechtlich legal ist Hauptsache, Druck entsteht. Seit kurzem wird nun die
nächste Stufe gefahren. In Amerika liefen schon im
letzten Jahr Verfahren der RIAA gegen Nutzer von
Tauschbörsen, jetzt droht die Musikindustrie auch in
Deutschland dem Filesharing-User mit Verfolgung.
Doch Gegenreaktionen auf so ein stupides Vorgehen
bleiben Gott sei Dank nicht aus. Es könne nicht sein,
dass die Musikindustrie eine massive Panik vor immensen Schadensersatzforderungen schürt, die in
Deutschland gar nicht durchsetzbar seien, ließ prompt
der Chaos Computer Club verlauten und startete die
Gegenkampagne "Musikliebhaber haben Rechte!" Der
Club hält die Klagen des Bundesverband Phono (IFPI)
für stark fragwürdig. Und nicht nur in den klassischen
Widerstandskreisen regt man sich. Auch MultimediaRechtsprofessor Thomas Hoeren von der Universität
Münster spricht in Bezug auf das Vorgehen der Content-Industrie in einem Gespräch mit Debug von "niedrigstem ethischen Niveau". Die Vorstellung, die Bevölkerung durch das Androhen von Strafe symbolisch in
Schach zu halten, hält er für bedenklich: "Wenn wir anfangen, ein paar Leute exemplarisch rauszupicken, verliert das Strafrecht seine Bedeutung."
WARUM NUR DIESER GANZE HUSTLE?
Es ist nicht zu übersehen: Ein diskursiver Krieg tobt um
die Technologie, der in erster Linie auf der Ebene der
Sprache ausgetragen wird. Dass man Filesharing unkommerziell betreiben kann und einen die digitale
Technologie prinzipiell vor eine neue Grauzone stellt,
in der zwischen Urheber, Verbraucher und dem allge-
meinen öffentlichen Interesse neu abgewägt werden
muss, wird vehement unter den Teppich gekehrt. Für
die Musikindustrie gilt es vor allem, den Status Quo zu
wahren, neue Technologie hin oder her. Unterstützt
wird man von einer Lobby, die es bis zur EU nach Brüssel geschafft hat. Aktuell ist eine deutlich konservative
EU-Richtlinie verabschiedet worden, die das herrschende Chaos nicht unbedingt verbessert. Wie auch
beim deutschen Urheberrecht kann ein Recht auf die
private Kopie erteilt werden, gleichzeitig ist das Umgehen von Kopierschutz jedoch strafbar. Darüber hinaus
versucht man dezidiert nicht, auf die Möglichkeiten
der neuen Technologie einzugehen, die prinzipiell eine
verlustfreie, endlose Vervielfältigung ermöglicht. Dass
diese Technologie den Content-Vertrieb vor neue Herausforderungen stellt, aber eigentlich uns alle bereichern könnte, wird nicht gesehen, im Gegenteil. Filesharing wird im aktuellen Kommentar der EU-Richtlinie
ausschließlich als File-Swapping bezeichnet, d.h. der
positive Aspekt des Teilens (sharing) wird durch den
kommerzielleren Aspekt des Tauschens (swapping) ersetzt und in den Hintergrund gedrängt. Allerdings ist
das nicht in allen Ländern so: In Kanada gab es Ende
März an höchster Stelle des Federal Court of Canada
die offizielle Entscheidung, das Herunterladen eines
Songs nicht als Rechtsverletzung zu interpretieren. Filesharing ist damit in Kanada legalisiert, denn das Platzieren eines Songs in einer Musiktauschbörse kann
rechtlich, so der zuständige Richter Finckenstein, nicht
als "Vertrieb" verstanden werden. Im Übrigen: "Ich sehe
keinen Unterschied zwischen einer Bibliothek, die einen
Kopierer mitten in einen Raum urheberrechtsgeschützen
Materials stellt und einen Computernutzer, der eine persönliche Kopie über ein Verzeichnis mit anderen teilt", so
Justice Finckenstein und wies die Klage der Musikindustrie zurück, die Provider aufgefordert hatten, die Identität von 29 Tauschbörsennutzern freizugeben.
DRM & PAUSCHALVERGÜTUNG
Eines ist klar: Der Vertrieb von Musik über das Internet
wird nicht mehr zu stoppen sein. Die Frage ist nur:
Setzt man auf den individuellen Verkauf eines Songs,
den man dann durch Digital Rights Managment sichert
oder vergütet man per pauschaler Abgabe? D.h. schafft
man endlich Angebote, bei denen man Musik zu einem
vernünftigen Preis kaufen kann - tatsächlich erklären
sich ja die meisten bereit, einen angemessenen Obulus
für den Künstler zu entrichten und legale Angebote wie
das erfolgreiche iTunes zeigen, dass die User in der Tat
wieder von den Filesharing-Programmen weggelockt
werden können. Eine ergänzende Alternative wäre, den
Datenverkehr im Internet zusätzlich mit einer Pauschalabgabe zu belegen, wie es bei anderen Geräten und
Medien, mit denen man kopieren kann, üblich ist. Die
Verwertungsgesellschaften verteilen dann wiederum
diese Pauschalvergütung an die Urheber - das könnte
letzten Endes sogar dazu führen, Filesharing zu legalisieren.
BETWEENGUIN
Unter dem leicht kantigen Namen "Alternative Kompensationssysteme" arbeitet der Medienaktivist Felix
Stalder an Überlegungen, wie so etwas umgesetzt werden könnte. Ein System, das man überdenken sollte,
wobei es im Moment so ausgereift noch nicht ist: Ähnlich wie bei der Musikweitergabe im Potato-Verfahren
(siehe Artikel auf Seite 30) ist für die Musikindustrie in
dem Kompensationssystem bislang noch überhaupt
kein Platz, da das Geld ausschließlich an die GEMA abgeführt wird. In Amerika, so referierte Stalder auf einer
Tagung der Humboldt-Universität Berlin zu "DRM und
Alternativen", gäbe es dazu schon die ersten Berechnungen - ca. 15% der Flatratekosten müsste man veranschlagen. Auch wenn man diese Zahl nur unter Vorbehalt auf die hiesigen Verhältnisse übertragen kann,
würden sich die Kosten bei einem T-Online DSL-Tarif
auf 3.75 Euro im Monat belaufen, so Stalder. Damit würde die GEMA im Bereich Audio durch ca. 6 Millionen
DSL-Anschlüsse einen zehnfach so hohen Betrag erhalten - schon etwas seltsam. Die GEMA übt schon mal:
An einem anderen, zugegebenermaßen nicht digitalen
Ort, dem Club nämlich, wird von der GEMA gerade
nachgedacht, wie man eine Pauschalvergütung genauer und damit gerechter verteilen kann - und Musik im
Club ist in gewisser Weise einem Datenstream ja nicht
unähnlich (siehe Artikel zur GEMA S.28).
INFO
Chaos Computer Club vs. Musikindustrie
www.ccc.de/campaigns/boycott-musicindustry
Prof. Thomas Hoeren am Institut für Informations-,
Telekommunikations- und Medienrecht
www.uni-muenster.de/Jura.itm/hoeren/
mitarbeiter/hoeren.htm
größtenteils in der Musikindustrie bleiben, während
die Pauschalvergütung über die Verwertungsgesellschaften direkt an die Künstler ausgeschüttet wird. Daneben ist zweifelhaft, ob DRM jemals sowohl so sicher
als auch rechtsmäßig sein wird, dass andere Kopiervergütungen ad acta gelegt werden sollten. Im Gegenteil:
Es wäre klug, ergänzend auf Pauschalvergütung zu setzen. Das Jammern des IT-Branchenverbands BITKOM
über Wettbewerbsnachteile durch die Zulagen bei der
Pauschalvergütung sollten einen nicht beeindrucken.
Bei einem Großteil der europäischen Länder werden
Abgaben auf Abspielgeräte und Leermedien erhoben, ausgenommen Großbritannien und Irland, jene Länder,
in denen es rechtshistorisch die Privatkopie nicht gibt.
In Italien und Frankreich dagegen wird bei der Vergütung sogar nicht einmal unterschieden, ob die Kopie legal gezogen wurde - jede Kopie wird vergütet.
RECHTSKUDDELMUDDEL ZWISCHEN
PRIVATKOPIE UND KOPIERSCHUTZ
Der Streit wird uns jedenfalls noch eine Weile weiter
begleiten, denn die Rechtssprechung hat es nicht geschafft, einen souveränen Kompromiss ausgleichender
Gerechtigkeit umzusetzen. Aus der augenblicklichen
EU-Richtlinie und ihrer deutschen Umsetzung spricht
zu deutlich das Interesse einzelner Lobbys. Das derzei-
Musikliebhaber haben
Rechte?
Das werden wir sehen!
Doch ob DRM oder Pauschalvergütung, beide Wege
sind prinzipiell möglich, werden aktuell jedoch von den
verschiedenen Parteien immer nur gegeneinander ausgespielt. Dabei schließt das eine das andere keinesfalls
aus - im Gegenteil. "Man steht vor einem Grundsatzproblem", meint auch Thomas Hoeren, "setzen wir auf
DRM oder wollen wir die Pauschalvergütung. Und die
richtige Antwort wäre, beides zu fördern."
tige Recht schafft damit einen Lizenzkuddelmuddel
und keine Klarheit. So wird in der deutschen Urheberrechtsnovelle beispielsweise im Paragraph 53 ein umfassendes Recht zur analogen und digitalen Kopie eingeräumt, das durch das Verbot der Umgehung von Kopierschutz in Paragraph 95 wieder entwertet wird. Prinzipiell ließe sich jedoch aus dem Paragraphen 53 ein gesetzlicher Anspruch des Verbrauchers auslesen.
Aus der Sicht des Künstlers bzw. seines Rechteverwerters scheint DRM die bevorzugte Lösung, denn es verspricht die direkteste Kontrolle über die Verteilung des
eigenen Produkts. Rechtlich ist gleichzeitig genau diese maximale Kontrolle bedenklich, denn um sie kontrollieren zu können, muss man aus dem Verbraucher
einen gläsernen Konsumenten machen und tut damit
einen weiteren Schritt in Richtung Kontrollgesellschaft. Die Versuche der Musikindustrie, die Provider
zur Herausgabe von Personendaten zu zwingen, gehen
augenblicklich in dieselbe Richtung. "DRM", darauf
weist auch Hoeren hin, "ist noch nicht so ausgereift und
hat auch in Bezug auf den Datenschutz deutliche Nachteile. Außerdem muss man bedenken, ob das Einsetzen von
DRM-Technologien nicht mehr im Interesse der Verwerter
ist als im Interesse des Urhebers." Hoeren macht hier einen durchaus interessanten Punkt.
Bislang hat sich die Musikindustrie erfolgreich hinter
dem ethisch unantastbaren Schild des "Künstlerinteresses" verschanzt. Tatsächlich ist jedoch fraglich, ob für
den Künstler eine ergänzende Pauschalvergütung
nicht sinnvoll wäre, auch weil die Einnahmen von DRM
Die EU-Richtlinie hat nun sogar noch eine härtere
Gangart eingeschlagen: Verurteilt werden nun nicht
mehr nur kommerzielle Verstöße - eben das, was man
klassisch als Raubkopieren bezeichnet - sondern das
Kopieren generell. Ursprünglich sollten nur Rechtsverletzungen zu gewerblichen Zwecken geahndet werden,
jetzt ist damit auch Filesharing kriminalisiert. Man
merkt, dass die Verbraucher in diesem Spiel irgendwie
überhaupt keine Lobbyarbeit hinbekommen. Verbraucherschutz, meint Hoeren, wird in Deutschland meist
noch als Waschmaschinentest verstanden. Zum Glück
ist zumindest die Technologie auf der Seite der Verbraucher und die rechtliche Verfolgung einzelner Filesharer wird durch die technische Weiterentwicklung der
Programme hin zu verschlüsseltem Musiktausch unmöglich gemacht. Für welche Art und Weise der Lizenzierung man sich also bei geistigem Eigentum im Internet entscheiden wird, ob Pauschallizenzierung eines
Tages non-kommerzielles Filesharing ermöglicht oder
DRM in unsere Wohnungen eindringt, es zeigt sich: An
der Technologie wird man nicht vorbeikommen.
LIZENZEN
<28> - DE:BUG.83 - 06.2004
GEMA VS. IFPI / Musik soll sich wieder lohnen
TEXT
THADDEUS HERRMANN, SASCHA KÖSCH | [email protected], [email protected]
Auch die Verwertungsgesellschaft der GEMA, die im Auftrag von Musikern Geld
einsammelt, tut sich mit den jüngsten Veränderungen rund ums Digitale schwer.
War sie zunächst nur mit der neuen Produktionsweise und der anderen Aufführungstechnik elektronischer Musik überfordert - DJ, Club und Mixen -, bekommt
sie nun auch Ärger von ihrem klassischen Verbündeten: Der Musikindustrie in Gestalt ihres Verbandes IFPI. Darüber hinaus scheint auch die digitale Flexibilisierung an der GEMA nicht unbescholten vorbeizugehen.
Aufgabe der GEMA ist es, dafür zu sorgen, dass Musiker Geld für ihre Musik bekommen, wenn sie öffentlich
gespielt, aufgeführt, gesendet, vervielfältigt oder verkauft wird. Die GEMA: prinzipiell eine gute Sache. Dennoch hört der Unmut über die GEMA nicht auf, im Gegenteil: Musiktreibende sind in der Regel klassische
GEMA-Schizos, denn tendenziell bevorzugt die GEMA
im Bereich der populären Musik immer die Großen.
Wer ein kleineres Unternehmen betreibt, das damit zu
tun hat, dass man Musik liebt, ein Label oder ein Internetradio etwa, der merkt schnell: Majorlabel zahlen nur
GEMA für verkaufte Schallplatten, kleine Label für alle
gepressten Kopien, Netzradios zahlen umso mehr, je
weniger Hörer sie erreichen, wer wenig Partys macht,
zahlt mehr als jemand, der regelmäßig veranstaltet,
und Riesen-Downloadportale bekommen massive
Massenrabatte. Die IFPI als Dachverband der phonographischen Industrie und die GEMA sind für viele deshalb fast Synonyme. Beide sagen, sie seien nur für die
Künstler da, und beiden geht es dabei nur um die Sicherung der eigenen Pfründe denken viele.
VERKEHRTE WELT
Um so erstaunter ist man, wenn die GEMA in letzter
Zeit häufiger, wenn auch mit wenig PR-Raffinesse, öffentlich mit einer Argumentation gegen die IFPI vorgeht, die auch von einem P2P-Newsportal aus Bad Salzuflen sein könnten: "Tonträgerindustrie bedroht Existenz der Komponisten und Textdichter". Seit Anfang
des Jahres propagiert die IFPI, die Zahlungen der Labels
an die GEMA für Vervielfältigung von Musik (die Mechanicals) zu kürzen. In Deutschland lag diese Zahlung
bislang bei ca. 9% des Händlerabgabepreises, dem so
genannten HAB, jetzt sollen es nur noch 5,6% sein. Die
restlichen 3,4% werden auf ein Sperrkonto eingezahlt.
Viele Label folgen diesem Vorschlag der IFPI. Klar dass
die GEMA revoltiert. Anders aber als bei sämtlichen
Copy-Kills-Music-Aktionen sieht man kaum Musiker,
die für die Kampagne ihr Gesicht hergeben. Wo ist der
GEMA-Smudo? (Nena, James Last und Xavier Naidoo
z.B. wehren sich zwar, aber eben nicht ganz so öffentlich.) Die Downloadplattform "Phonoline" der Musikindustrie ging auf der CeBit beinahe ohne GEMA-Lizenz
an den Start. Die GEMA forderte in einem offenen Brief
an den Bundeskanzler diesbezüglich sofortiges Handeln, Gerd Gebhart, Vorsitzender der deutschen Phonoverbände (IFPI), wirft der GEMA "Gefährdung des
Musikgeschäftes der Zukunft vor". Es herrscht Krieg. Es
gibt nur noch schlechte Nachrichten. Treffen von GEMA und IFPI finden zunehmend bei der Schiedsstelle
des Deutschen Patentamtes statt, die für die nächsten
Jahre mit deren Streitereien beschäftigt sein wird.
Oder man einigt sich geheim, damit keiner das Gesicht
verliert. Sammelt die GEMA mehr Geld für die Künstler,
wie z.B. fünf Millionen in 2003 durch Klingeltöne, ist
die IFPI - sonst mit dem Selbstverständnis als Anwalt
der Musikschaffenden hausierend - offen empört. IFPI
machte 2003 fast 20% Verlust, der Kontostand der GEMA blieb stabil. Vertrackte wirtschaftliche Situation.
Wäre die GEMA eine Aktiengesellschaft, würde ihr
Kurs steigen. Und irgendwie würde man die GEMA ger-
ne zum Freund erklären. Aber ob im Streit der GEMA
mit der IFPI letztendlich der Musiker der Gewinner ist,
darf man bezweifeln.
KURZER AUSFLUG IN DIE DISCO
Als Feind möchte man die GEMA definitiv nicht haben.
In Berlin schloss neulich ein Club. Shark Club hieß er.
Da gab es Aquarien mit Haien. Und eine Unterlassungsklage der GEMA in Höhe von 250.000 Euro, weil
der Club nicht zahlen wollte. Der Shark Club war richtig posher Scheiß, schön, dass er zu ist, aber unsere
guten Clubs? Denen rauscht gerade ein Fax rein, dass
sie demnächst 30% mehr GEMA zahlen sollen, weil
dort zunehmend CD Player und Rechner benutzt werden und damit nicht nur Lizenzgebühren für die Aufführung, sondern auch für die Vervielfältigung von Tonträgern fällig werden. Das stößt nicht nur den Clubs,
sondern selbst Firmen wie Native Instruments übel auf,
die mit ihrem "Final Scratch" den Umgang mit MP3-Da-
ILLU
CHECKUIN
Die EU möchte für Europa mehr Wettbewerb, auch,
was den Erwerb für Lizenzen von Musikdistribution betrifft. 16 nationale Verwertungsgesellschaften hatten
im Jahr 2000 im "Santiago Agreement" die Zuständigkeit für Downloads nach dem Territorialprinzip entschieden, sprich: Steht ein Server in Deutschland, verhandelt der Anbieter mit der GEMA. Die wiederum,
wird aus Frankreich ein Track von diesem deutschen
Server geladen, rechnet dann nach Sätzen der französischen SACEM ab. Und die sind deutlich günstiger als
die deutschen. Der generelle Einkauf aller Lizenzrechte
bei einer preiswerten Verwertungsgesellschaft (z. B.
Portugal oder eben Frankreich), um den kostengünstigsten Download für User zu ermöglichen, steht nicht
zur Debatte. Hier setzt die Kritik der EU an, die gegen
die Verwertungsgesellschaften eben mit dem Verweis
auf mehr Wettbewerb ein Verfahren eingeleitet hat. Allein die aufwendige Logfile-Auswertung wäre schon
ein massives Argument gegen das aktuelle Prinzip und
ein Grund für den Ruf nach weniger Bürokratie. Die GEMA hält dagegen: Wir brauchen keinen Wettbewerb,
der letztendlich weniger Geld für die Künstler bedeuten muss. Genau so kann man allerdings, so schwer es
einem fallen mag, Argumente wie die von IFPI-Chef
Gebhard nachvollziehen, der darauf verweist, dass
mehr Wettbewerb unter den Verwertungsgesellschaften auch günstigere Musik für den Verbraucher bedeuten würde. Überhaupt: Das Santiago-Abkommen ist ein
Grund dafür, dass wir noch länger auf den "iTunes MusicStore" in Europa warten müssen - auch wenn die Mu-
INFO
Santiago:
www.theregister.co.uk/2004/05/04/eu_probes_music_licensing/
www.gema.de
www.ifpi.de
teien zur einfachsten Sache der Welt machen und somit für die Misere "mitverantwortlich“ sind. Die durchaus einleuchtende Position der GEMA war und ist: Wir
wollen das Beste für die Künstler, die Erhöhung der Gebühren ist aufgrund der Realitäten in den Clubs gerechtfertigt. Nicht, dass die Künstler davon profitieren
würden. Elektronische Musik beispielsweise taucht
beim Verteilen der GEMA nur als marginaler Posten
auf. Clubbetreiber zahlen also jeden Abend Geld an die
GEMA, das nie an die Leute gehen wird, deren Musik im
Club läuft. Der Wunsch der Clubs, ein auf Playlists basierendes Abrechnungssystem zu installieren, wurde
mit dem Hinweis auf den hohen Verwaltungsaufwand
bislang abgewiesen. Rund 15 Jahre nachdem DJs in Diskotheken sich von ihrem Status des Leibeigenen wegentwickelt haben, soll es nun jedoch zum ersten Mal
auf der nächsten Mitgliederversammlung eine Entscheidung darüber geben, ob die Einnahmen aus den
Clubs nicht länger über den üblichen GEMA-Schlüssel
verteilt werden sollen, sondern unter Berücksichtigung
der spezifischen Art von Musik. Wir befürchten, Lexy
und K.Paul hören die Klingeltöne der Clubkassen schon
jetzt.
EU EU EU
Auch von anderer Seite ist die GEMA unter Beschuss.
sikindustrie Apple sicher gerne selbst das Leben
schwer macht.
CREATIVE COMMONS
Und wieso auch keine anderen Lizenzmodelle, abseits
der Verwertungsgesellschaften? Creative Commons
zum Beispiel. Netzlabel lieben Creative-Commons-Lizenzen. Die sind Copy Paste, erklären sich in drei kurzen Abschnitten und vermitteln einen dezenten Schutz
gegen kommerzielle Ausbeutung. Will man sich solchen Modellen als deutscher Musiker anschließen, ist
aber gleichzeitig GEMA-Mitglied, bekommt man jedoch Schwierigkeiten. Denn: Man kann zwar Teile der
Rechteverwertung aus seinem GEMA-Vertrag ausklammern. Den digitalen Sektor zum Beispiel, also im
Netz tun, was man will, und CC-Lizenzen benutzen,
Aufführungs-, Vervielfältigungs- und Sende-Rechte
aber weiterhin von der GEMA handeln lassen. Klingt
traumhaft. Ist allerdings in Bezug auf CC-Lizenzen
schwer praktikabel: Denn außerhalb des Netzes könnten die CC-Lizenzen absurder Weise nicht gelten:
Nimmt man die Online-Distribution für die GEMA aus,
könnte die klassische ”Attribution-NonCommercial“Lizenz einem nur erlauben, CC-Tracks in einer nonkommerziellen Online-Session aufzulegen. Auf einem
Festival ginge das nicht, non-kommerziell hin oder her.
Wenn man seinen Track für Non-Kommerzielles frei lizensiert, würde das faktisch einem Ausschluss aus der
GEMA gleichkommen. Denn ein GEMA-Mitglied ist für
alles, was es macht, GEMA-Mitglied. Die GEMA arbeitet mit Ausschließlichkeitsanspruch. Die Möglichkeit,
einzelne Situationen von der Verwertung auszunehmen oder für einzelne Stücke der GEMA keine Werksanmeldung zu schicken, ist faktisch verboten. Immerhin sind die Creative-Commons-Betreiber mit der GEMA im Gespräch, um zu einer gemeinsamen Einigung
zu kommen - hoffentlich ernsthaft. Die wahre Bedrohung der GEMA und der Streit um die Zukunft der Musikdistribution wie der Autorenrechte wird woanders
liegen.
DIGITALE RECHTE
Weder wir noch die GEMA haben bislang DRM-Applikationen gesehen, die auch nur im entferntesten leisten, was sie immer versprechen. Dennoch: DRM könnte eines Tages dazu führen, dass Künstler ihre Gelder
allein durch die Software- und Fileimplikationen schon
direkter, schneller und genauer bekommen als bislang
überhaupt vorstellbar. Den Datenschutz mal kurz ausgeklammert kommen wir zu folgender Vision: Jedes
Stück Musik ist digital. Jedes File weiß von seinem Urheber. Jedes Spielen eines Files meldet wo, wann und
wie oft es gespielt wurde. Entweder wurde das Spielen
per se durch den Kauf des Files authorisiert, oder Sende- oder Aufführungsorte identifizieren sich automatisch über ihre IP-Adressen. Oder, noch futuristischer,
Es herrscht Krieg. Es gibt nur
noch schlechte Nachrichten.
Vielleicht passiert also endlich mal was im unflexiblen
Apparat der GEMA.
Radio wird umfunktioniert in digitales Streaming und
jeder Empfänger ist entweder ein privater Hörer (und
zahlt GEZ nur für das, was er wirklich hört) oder ein öffentlicher Ort und meldet genau zurück, welchen der
einzelnen Tracks er empfangen und gespielt hat.
Traumvorstellung aller Quotenjäger und Marketingwunderland per se, mit Sicherheit aber nicht in den
nächsten zehn Jahren anders als tendenziell zu realisieren. Ob Musiker auf dem Weg dorthin massive Teile ihrer Einnahmen verlieren, wird schon jetzt entschieden,
aber das Interesse für diesen legalen Wust ist bei Musikern verständlicherweise meist eher gering, so dass jede Alternative in den nächsten Jahren verlockend klingen wird, egal ob großer Vorschuss oder die Flucht ins
Allgemeingut und das Bargeld durch Quersubventionierung mit Auftritten im Club. Wir sollten uns nichts
vormachen, die Musik ist der Schauplatz eines Krieges,
in dem man selber immer mehr den Ort des Kollateralschadens einnimmt, wenn man sich nicht für die ein
oder andere Guerilla entscheidet, die schnell nicht nur
zur Maffia sondern auch zur Stasi mutieren kann.
Wir danken dem Pressesprecher der GEMA, Hans-Herwig Geyer, für das Informationsgespräch.
LIZENZEN
<29> - DE:BUG.83 - 06.2004
GEMA LIZENZEN / Wie wir uns die vorstellen
TEXT
SASCHA KÖSCH | [email protected]
Anstatt immer nur schlecht gelaunt über die Gema zu lästern, haben wir unseren
Redaktions-eigenen De:Bug-Think-Tank zusammengetrommelt, um der Gema ein
paar Vorschläge zu machen, die sie nicht nur nicht ablehnen kann, sondern auch zur
innovativsten Lizenzverwaltung around machen würde. Deal ist Deal.
Ok, immer nur an der GEMA herumzumäkeln, bringt's
nicht. Zu GEMA-Mitgliederversammlungen zu gehen,
erscheint uns aber doch ein etwas zu großes Opfer,
deshalb hier unsere Vorschläge für GEMA-Lizenzen,
die wirklich mit dem Creative Commons Cut & Paste Lizenz Sound konkurrieren könnten und fast mit der Länge des Titels unseres Lieblings-GEMA-Tarifs "Nutzung
des GEMA Repertoires durch Narrenvereinigungen
und -verbände für das Training, die Übungsstunden,
Wettbewerbe und sonstige öffentliche Auftritte von
Tanzgarden, Balletten, Tanzpaaren und/oder Tanzmariechen", leider aber nicht mit dessen lyrischer Qualität.
DER GEMA DIY DEAL
Du veröffentlichst selbst auf deinem eigenen Label?
Kein Problem, füll' einfach auf mylabel.gema.de das
entsprechende Formular aus und wir sagen dem Presswerk, dass es Blödsinn wäre, wenn du uns Geld überweist, das irgendwann später eh' wieder (abzüglich
überflüssiger Gebühren) bei dir landen würde.
DER GEMA 50/50 DEAL
Dein Label hat durchschnittliche Verkaufszahlen, die
man eigentlich niemandem erzählen möchte, gilt aber
dennoch als Kultlabel und Freunde von dir fänden es
cool, da zu veröffentlichen? Dann ist unser 50/50 Deal
genau das Richtige für dich. Du und deine Artists teilen
den mageren Gewinn in gegenseitigem Einverständnis
und auf 5050.gema.de besiegelt ihr euren Bund für eine
kommende Revolution und hebt euch Dinge wie mechanische Vervielfältigungsrechte für später auf.
DER GEMA DJ CLUB DEAL
Dein Club ist voller angesagter DJs und Liveacts und
das letzte, was dir als Berufsbezeichnung für dich selber einfallen würde, ist Gastronom? Trag' einfach dein
Programm bei uns auf clubs.gema.de ein. Wir sagen dir,
von welchen deiner DJs wir aktuelle Playlists haben, du
schickst den restlichen eine Mail, dass sie ihre Playlist
doch bitte auch an uns schicken (erzähl ihnen einfach
von unserem smarten DJ Deal) und schon haben wir
deinen ganz persönlichen GEMA-Verteilungschlüssel
automatisch generiert und deine GEMA-Abgaben
fließen direkt in die Musik, für die dein Club steht. Bei
fehlenden Playlists tritt automatisch der Label Club
Deal in Kraft. PS: Die superaktuellen Clubdates von gema.de gibt es selbstverständlich als XML zum Import
für alle Webseiten, die sich das lästige Eingeben von
Dates ersparen wollen.
zen halt an der Quelle, skip the intermediates - die neusten Tracks aller befreundeten Label elektronischer
Musik. Falls du lieber, ganz Oldschool, Mix-CDs machen möchtest, check doch bitte auch unseren Brenner
Deal.
DER GEMA LABEL CLUB DEAL
Deine DJs sind mal wieder zu faul gewesen, Playlists abzugeben? Trag einfach in unserem Formular auf
clubs.gema.de die Labels mit ein, auf denen deine DJs
veröffentlichen oder mit denen sie sonst so zusammenhängen, wir verteilen die GEMA-Kohle dann einfach - dank unserer Kooperation mit sowohl Gracenote
als auch Discogs - gerecht auf alle, die dort veröffentlichen.
BRANDHEISS, UNSER BRENNER DEAL
Du machst Mix-CDs und würdest das gerne etwas legaler tun? Kein Problem, wir haben PlugIns für sämtliche Brennersoftware, die uns die Playlists deiner Mixe
sofort mitteilt und mit einem auch für sonstige Tonträger üblichen Kurs von 70 Cent pro CD darfst du deine
Mixtapes sogar verkaufen. (Die ersten 5 gebrannten
CDs von jedem Mix sind umsonst, wir betrachten das
mal als Promomaterial).
DER GEMA DJ DEAL
Wer auflegt, macht auch Musik, findest du? Finden wir
auch - DJ Culture goes GEMA - deshalb gibt es jetzt unseren Killer-DJ-DEAL. Trag einfach deine aktuellen
Playlists auf djs.gema.de ein und wir beteiligen dich
prozentual an den Clubausschüttungen, sofern du
überhaupt Gigs hast. Wenn das noch nicht so läuft, auf
unserer clubs.gema.de Seite können Clubbetreiber deine Playlists checken und, wenn sie denen gefallen, direkt ein Angebot zumailen. Vielleicht wäre ja auch die
Option, einen monatlichen Mix für 5 Euro bei uns streamen zu lassen, eine Hilfe. Check doch mal music.gema.de, da gibt's übrigens auch coole neue Tracks aller
relevanten Netzlabel und für Killerkonditionen - wir sit-
DER CC-GEMA SURROUND DEAL
Du stehst auf Lessig und Creative Commons? Freie Musik ist dein Schlagwort, aber du willst trotzdem nicht
von den Werbern und Industriehaien abgerippt werden. Check doch einfach www.gema-cc.de, unsere
Plattform für fließende Übergänge zwischen GEMA
und Creative-Commons-Lizenzen, egal ob bei einzelnen Tracks oder für alles was du machst. Da ist bestimmt das richtige für dich dabei, um mit uns und
trotzdem als freier Geist ein erfolgreicher Musiker zu
werden, der den Mac-Job bald an den Nagel hängen
kann.
LIZENZEN
DIGITAL RIGHTS MANAGEMENT / Forensische Details
TEXT
ANNETT JAENSCH | [email protected]
DRM? Oft gehört, nie verstanden? Macht euch keine Sorgen, denn Digital Rights
Management weiß selber meist nicht, was es ist. Staffelmiete für Musik oder Kopierschutz mit Bonusknistern, Anett Jaensch erklärt euch das Kleingedruckte.
Digital Rights Management besteht darin, urheberrechtlich geschützten Content zu versiegeln und Systeme zu schaffen, die ihn dann in legale Kanälen fließen
lassen. Digitale Wasserzeichen sind keine neue Erfindung, aber durch Perfektionierung und Einbindung in
neue Geschäftsmodelle rutschen sie nun zusehends
auf die vorderen Ränge bei den DRM-Tools. Philips meldete kürzlich , ein Wasserzeichen entwickelt zu haben,
das unknackbaren Kopierschutz für Multimedia-Inhalte bieten soll. Rechteinhaber können damit ihrem Content einprägen, ob und wie oft er gesendet, kopiert und
abgespielt werden darf - anwendbar sowohl für Speichermedien wie DVD und CD als auch für digitale
Übertragungen im Netz. Bei Videos sollen einzelne Pixel mit Sicherungsinformationen, bei Musik die Beimi-
schung von identifizierbaren Geräuschmustern für
Kontrollierbarkeit sorgen. Kompression und Dekompression von Bildern überstehen die Wasserzeichen genauso unbeschadet wie häufiges Abspielen. Laut Philips genüge ihr Produkt forensischen Standards, sei also als Beweis vor Gericht verwertbar.
Das Fraunhofer-Institut IPSI werkelt ebenfalls an Wasserzeichen. Ihr Credo gibt sich nutzerfreundlich: Zu viel
Kopierschutz frustriere nur die Käufer. Deshalb sollen
Files ohne Kopierschutz zirkulieren dürfen, während
die integrierten Wasserzeichen das Datenpaket jederzeit als legal oder illegal identifizieren können. Ganz
neu aus dem Hause Fraunhofer und auf der letzten CeBIT vorgestellt: die Technologie des digitalen Containers. In diesem befinden sich die Originaldatei sowie
ILLU
PINGENUINSQUATTERSQUAD
die für die Markierung nötigen Informationen. Die Verknüpfung mit einem BOL-System (Business-Offer-Language) erlaube eine neue Form von Affiliate-Marketing. Im Klartext: Das Wasserzeichen übernimmt die
Kundenansprache und schlägt dem zahlenden Nutzer
beispielsweise Geschäftsbeteiligung vor. So denken
die Erfinder schon laut über eine Art Prämie nach,
wenn das Musikstück weiter an Freunde verteilt wird,
die ihrerseits beim Anhören Micro-Payments leisten.
MUSIK MIT VERFALLSDATUM
Microsoft holt ebenfalls eine schicke Idee aus dem Ärmel: die Musik mit Verfallsdatum. Hinter dem Codenamen "Janus" verbirgt sich das MP3 zum Mieten. Gegen
monatliche Grundgebühr kann eine relativ hohe Anzahl von Songs auf den Rechner oder einen mobilen
Player geladen werden. Verbindet man den Player in einem bestimmten Zeitraum nicht mit dem PC oder ist
das Abo abgelaufen, werden die Titel unhörbar. Microsoft wolle sich damit gegen Apple und dessen Erfolgsladen iTunes aufstellen, so Branchenkenner. Die Opti-
on, viel zu mieten statt einzeln zu kaufen, könnte die
Karten neu mischen.
Die Produkte der US-Firma Audible Magic hingegen
haben offenkundig Schnüffel- und Denunziercharakter.
Das Kernstück der Technologie, die so genannte "content-based identification", ermöglicht das "virtuelle"
Anhören von Musikstücken und Abgleichen mit einer
Datenbank in Echtzeit. Die Software ist angeblich in
der Lage, in einem Netzwerk Rechnerfestplatten zu
scannen und Downloads zu stoppen, wenn urheberrechtlich geschützte Daten die Seiten wechseln. Ein
solches Modell setzt voraus, dass Medienkonzerne die
Abgleichsdatenbank füllen. Mit Universal ist schon ein
größerer Deal zustande gekommen. Das Label leitet alle Informationen über alte und neue Releases an Audible Magic weiter und erhält dafür die Garantie, dass
Musikstücke, deren Rechte bei Universal liegen, zuverlässig erknnt werden. Auch Vertreter der RIAA traten
schon gemeinsam mit Audible Magic auf Pressekonferenzen auf, um die Überwachung von P2P-Netzwerken
in Aussicht zu stellen.
LIZENZEN
<30> - DE:BUG.83 - 06.2004
INFO
www.potatosystem.com
www.4fo.de
mitglied.lycos.de/kartoffelkeller/
MUSIKINDUSTRIE ÜBER BORD / Sharen zu dritt: Das Potato System
TEXT
ILLU
MARIO SIXTUS | [email protected]
An der Technischen Universität Illmenau hat man ein System entwickelt, um Musik
jenseits der Musikindustrie unter die Menschen zu bringen: das Potato-System. Mit
der Gema ist man dafür bereits in Verhandlung. Wie jetzt? Keine Musikindustrie
mehr? Das ist neu, das ist toll und das geht so.
Musikgenießer geben gerne weiter. Jeder Fan ist ein
kleiner Missionar. Sätze wie "Kennst du schon?" oder
"Hast du schon gehört?" haben sie daher zwecks schnellerem Zugriff auf verbale Funktionstasten gelegt. Damals, nach dem Krieg, schleppten wir unsere SchellackSchätzchen noch den ganzen Tag mit uns herum, um sie
unseren Freunden vorzuspielen. Wir hatten ja sonst
nichts. Später nahmen wir für unsere Angebeteten
Mixtapes auf, um ihnen zu beweisen, was für einen guten Geschmack wir hatten und was wir für eine tolle
Partie wären. Aus Kassetten wurden selbst gebrannte
CDs und heute schicken wir die Songs per Email durch
die Gegend. Morgen werden wir die Tracks unserer jeweiligen Süßen einfach per Ultrawide-Bluetooth™ oder
XXL-WiFi™ oder wie auch immer in ihren SunglassesPlayer™ beamen, den wir ihr zuvor auf der Kirmes geschossen haben. Musikweitergabe ist Teil unserer Kultur. Wir geben gerne.
DIE NAGETIERE
Nicht so gerne gibt die Musikindustrie, die das momentane Einstürzen ihrer Neubauten verzweifelt mit
DRM-Klebeband zu verhindern sucht und mit der Wut
des verletzten Hamsters um sich beißt. Zwischen diesen beiden steht ausgerechnet auch noch der Künstler,
der – mühsam ernährt sich das Eichhörnchen – zwar
auf die Nüsse angewiesen ist, die ihm die Industriellen
zuwerfen, andererseits aber zu gut weiß, wo diese
Schalenfrüchte ursprünglich herkommen: von den Musikfreunden nämlich.
Schnitt. Neue Szene. Ort: Ilmenau. Genauer: eine gastronomische Einrichtung namens "Verrückter Kartoffelkeller". Jürgen Nützel und Rüdiger Grimm, Lehrkräfte der ortsansässigen TU diskutieren gerade über besagte Problematik: Drei Partner, die irgendwie ohne
einander nicht können, aber miteinander erst recht
nicht. Drei Vektoren. Gordischer Knoten. Klassisches
Dilemma. Was tun? Noch zwei Bier bitte. Dann die Erleuchtung. Geistesblitz. Heureka. Wirtschaftsnobelpreis in Sicht: Wenn die drei im Boot einfach nicht miteinander klar kommen, dann schmeißen wir doch einfach einen über Bord. Aber nicht irgendeinen: den wütenden Hamster natürlich. Kann ja schwimmen. Oder
sollte er zumindest können. Ist ja alt genug.
Keine Musikindustrie mehr? Kein Vertrieb? Kein Marketing? Musikschöpfer und Musikkonsument allein zu
Haus? Wie soll das gut gehen und vor allen Dingen: Wo
sollen die Nüsse herkommen oder besser: die Mäuse
(um wenigstens eine Nagetierspezies wieder ins Boot
zu holen)? Die Antwort ist so radikal wie simpel: Wir alle, die Hörer, die Fans, die Genießer, die Liebhaber, die
Audio-Gourmets, wir, die ewigen Musik-Missionare,
FRIENDUIN
werden künftig das frische Liedgut in die Welt heraustragen. Wie früher mit Kassetten und CDRs. Nur: Diesmal bekommen wir sogar Geld dafür. Und nicht nur wir:
Die Künstler auch. Das ist neu, das ist toll und das geht
so:
DAS KARTOFFEL-SYSTEM
Benannt nach dem Ursprungsort ihrer Idee heißt das
Prinzip von Nützel und Grimm origineller Weise "Potatosystem" und wird mittlerweile von einer Ausgründung der TU, der 4FriendsOnly AG, betrieben.
Zunächst einmal ist auch das Kartoffelsystem ein ganz
normaler Server für bezahlte Downloads. Mittels einer
Hand voll inzwischen gängiger Micropayment-Syste-
merhin noch zehn Prozent und selbst in der dritten Generation stehen ihm noch fünf Prozent vom Reibach zu.
Erst dann fliegt er aus dem System. Klingt nach MultiLevel-Marketing? Ist es auch. Na und?
Zu je einem Drittel (über den Daumen) partizipieren an
der geflossenen Kohle so die Käufer / Verkäufer, der
Künstler und das Potatosystem, das sich aber schließlich auch um Zahlungsabwicklung und vor allen Dingen
um die GEMA kümmert, denn seit April verfügt die Kartoffeldistribution über den offiziellen Segen der Verwertungsgesellschaft.
Keine Angst vor Filesharing, Herr Nützel? "Tauschbörsen, in denen alles gratis herumliegt, werden wir natürlich
nicht vom Markt drängen können", antwortet er uns,
Wir alle, die Hörer, die Fans, die Liebhaber, die Audio-Gourmets, werden künftig das frische Liedgut in die Welt heraustragen. Wie früher mit Kassetten und CDRs.
Über das Potato-System. Kein Witz.
me läuft die Bezahlung und die heruntergeladenen Dateien sind erfreulicherweise allesamt frei von jeglichen
DRM-Einschränkungen. Der Trick: Als Dreingabe erhält
der Käufer einen personalisierten Link, den er sich auf
die Homepage kleben kann und der ihm bei jedem darüber getätigten Verkauf dieses Songs zwanzig Prozent
Provision in die Kasse spült. Damit noch nicht genug:
Der Provisionsanspruch wird weitervererbt. So erhält
der Ursprungskäufer von den Käufern seiner Käufer im-
"das sollen ruhig die Großen weiter versuchen und dabei
ihren Ruf endgültig ruinieren." Das Potatosystem folgt
eher dem Goodwill-Prinzip. Es setzt darauf, dass Musikhörer bereit sind, "ihren" Künstler zu unterstützen,
weil sie seine Arbeit mögen und Spaß daran haben, diese weiter zu geben. Aus der Ferne hören wir Neubauten
einstürzen und in der Dämmerung, ganz kurz, erheischen wir einen Blick auf die ersten schwimmenden
Hamster. Immer noch wütend, aber hilflos.
LIZENZEN
WIE FUNKTIONIERT DENN DAS ? / Die Musikindustriekapitalismuskarte
ILLU
THADDEUS HERRMANN | JAN RIKUS HILLMANN
zahlt Künstlertantiemen
zahlt Tantiemen (-40% Verlagshonorar)
ARTIST
ca. 15% vom
Händlerabgabepreis
(ca. 2,20 EUR pro CD)
$
Kann GVL
Mitglied sein
$
$
$
Wird GEMA Mitglied durch
Werksanmeldung, d.h. er meldet
seine Tracks / Werke an
$
$
GEMA
Liefert Vinyl & CDs,
checkt vorher, ob
Werke bei der Gema
angemeldet sind
bezahlt Vinyl-, & CD
Pressung, Cover
(ca 1,50 EUR pro CD)
zahlt GVLGebühr
PRESSWERK
Die hier beschriebenen Abläufe beschreiben das reale
System sehr vereinfacht
und haben keinen Anspruch
auf Vollständigkeit. Alle
Preise sind Durchschnittswerte für Indielabels.
$
zahlt GVL-Gebühr
$
Liefert Vinyl & CDs
HÄNDLER
Endpreis
(ca. 17 EUR pro CD)
$
VERLAG
GVL
zahlt Gema-Gebühr pro Track
Liefert Vinyl & CDs
VERTRIEB
(GROSSHANDEL)
Händlerabgabepreis
(HAP, ca. 10 EUR pro CD)
$
Komponiert Tracks
(Werke), tritt
Verwertungsrechte
ans Label ab
LABEL
Vertriebsabgabepreis
(VAP, ca. 6 EUR pro CD)
$
$
$
Booking Provision
$
zahlt Gage
zahlt GemaPauschale
(Berechnung
nach Fläche)
alternative Methode
Verkauft Vinyl & CDs
Private Sendeanstalten
zahlen Gema Pauschale
(Berechnung nach
Musikanteil im Prog.
und Reichweite)
$
Öffentlich rechtlicher
Rundfunk zahlt
Gema-Gebühr pro Track
gängige Methode
KONSUMENT
BOOKING
$
CLUB
VERANSTALTER
Booking Provision
zahlt Eintritt
zahlt Gebühren (nur für öffentlich rechtliche Programme)
RUNDFUNK
DESIGN / USABILITY
<31> - DE:BUG.83 - 06.2004
REFORM DES WEBDESIGNS / Cascading Style Sheets
TEXT
MARCUS HAUER | [email protected]
Bis vor kurzem war unter Webdesignern alles erlaubt, was gut aussah. Selbst "ReadMe"-Dateien waren nicht vor Flash sicher. Derzeit bildet sich jedoch mit einem Mal
ein gewisses Ethos heraus, das Accessibility und Usability ganz klar vor Flashibility
kommen lässt. Mehr und mehr halten sich die Designer dabei an CSS, die Cascading
Style Sheets.
VORGESCHICHTE
Zurück ins Jahr 2000. Die Kurve der New Economy ist
ganz oben angekommen. Zu dieser Zeit begab es sich,
dass eine erfolgreiche kalifornische Agentur die eigene
Website in demonstrativem Schwarz präsentierte und
damit allen die Nachricht vom baldigen Ende der Luftblase verkündete. Um diesen Effekt noch zu verstärken,
wurde die gesamte Website in simplem HTML-Design
umgesetzt. Die Agentur hieß "Method" und wie sollte
es anders sein: Es gibt sie heute immer noch. Tatsächlich war ihr HTML-Design der Site aus heutiger Sicht
überraschend voraus geahnt, denn damals war Flash
der gängige Agenturstandard. Nicht wenige Agenturen
bezahlten sogar eigens Researcher (Joshua Davis bei
Kioken zum Beispiel), die Flash bis an die Grenzen zum
Quietschen bringen sollten. Die Gründe dafür lagen
auf der Hand: Erstens konnte jede Flash-basierte Website dem Kunden viel mehr vermeintliche Interaktivität
und Multimedia bieten. Zweitens konnte kein Webdesigner alle Browser im Überblick haben. - Dazu gab es
einerseits zu viele, andererseits war deren Auslegung
diverser HTML-tags alles andere als einheitlich, sondern ähnlich interpretativ, wie Verkehrsschilder für Au-
tofahrer. Das sollte nicht mehr lange so bleiben.
STILDEFINITIONEN FÜR
DYNAMISCHE UMGEBUNGEN
Um zuviel Durcheinander in der dynamischen Umgebung des WWW zu vermeiden, wurde schon zu Mosaiczeiten im Jahre 1994 das "World Wide Web Consortium", kurz W3C, gegründet. Diese Vereinigung ist bis
heute beispielsweise für die Definition von Webstandards zuständig. Da es jedoch keine Verpflichtung ist,
sich an diese Vorgaben zu halten, entwickelten sich aus
neurotischer Konkurrenz der Browserentwickler und
aus ihrer Innovationshast mehrere Produkte, die sich
zwar alle Browser nennen, aber sehr unterschiedlich
mit bestimmten Zeilen aus HTML umgehen. Als markantes Beispiel dafür lässt sich aufzeigen, dass die Definition für "Cascading Style Sheets 2.0" (CSS) der W3C
aus dem Jahre 1998 stammt, aber bis heute noch nicht
komplett in allen Browsern implementiert ist. Ganz so
schnelllebig ist das Netz dann eben doch nicht!
DESIGN UND INHALT
Um zu verstehen, worum es bei Webdesign mit Web-
INFO
www.method.com/site_v2
www.method.com
www.w3.org
www.alistapart.com
www.zeldman.com
www.useit.com
www.wddg.com
www.cubancouncil.com
www.k10k.net
studio.adobe.com
www.wired.com
BÜCHER ZUM THEMA (alle von O'Reilly)
- HTML & XHTML, Das umfassende Referenzwerk,
deutsch, 2003, 38 !
- Cascading Style Sheets, The Definitive Guide,
2nd Edition, english, 2004, 38 !
- Dynamic HTML, The Definitive Reference,
2nd Edition, english, 2002, 58 !
Ausserdem geht es auch mit den W3C Documenten zu
den Standards, die direkt bei w3.org zum Download
bereitstehen.
standards geht, muss man zu allererst Cascading Style
Sheets erklären. Dabei geht es vor allen Dingen darum,
das Design vom Inhalt zu trennen. Der Inhalt wird in einer so genannten Markup-Sprache geschrieben, z.B.
XHTML - eine HTML Variante, die dem XML Syntax angepasst wurde. Das Design wird dabei komplett im CSS
definiert. Somit kann ich als Designer für verschiedene
Medien (Bildschirm, Drucker, Handheld, Aural) feinstens zugeschnittene Styles festlegen, ohne am Inhalt
etwas zu ändern.
Wie notwendig diese Definitionen in einer beweglichen Welt wie der des Computers sind, zeigt das bei
Webdesignern der ersten Stunde eher aus der Not entstandene Tabellendesign. Viele der großen Websites
funktionieren heute aus Kompatibilitäts- oder Kostengründen immer noch so. Dabei wird eine in HTML gesetzte Tabelle dazu benutzt, komplette Inhalte an die
richtige Stelle der Site zu setzen (Logo oben rechts, Navigation links, usw.). Wie wir alle wissen, sind Tabellen
aber eigentlich dazu da, Datenkalkulationen zu erstellen oder sinnvoll darzustellen. Mit CSS kann man nun
ohne Tabelle sagen, an welcher Stelle das Logo, die Navigation und der Content erscheinen soll, und wie bereits erwähnt, für jedes Medium entsprechend.
DIE CSS-REFORM
"Welcome to our new fully standards compliant website...
With this version of our site we have committed a strong
focus on usability and information design within a visually appealing framework." Die Agentur WDDG, die als
Einmannshow- und website mit Flash begonnen hat,
preist jetzt ihre Webstandards auf der Eingangseite an.
Auch die Agentur "Cuban Council" der Macher von Kaliber10000 (die Instanz im Webdesign) rühmt sich mit
den aktuellen Standards. Deren Redesign der "Adobe
Studio" Website wurde auch komplett mit CSS realisiert, ebenso wie das Design von "Wired News".
Einen wichtigen Part bei dieser offensichtlichen "Reform" des Webdesigns schuldet man der zunächst als
Mailingliste und später zur Online-Zeitung ausgebauten "A List Apart" Website von Jeffrey Zeldman, die
schon seit 2001 im komplett auf Stylesheets basierten
Layout erscheint und seither für mehr Standards im
Netz kämpft. Hier werden wöchentlich dem Webdesign-Alltag angepasste Artikel, Lösungen und Erklärungen angeboten, auf denen ein Großteil der mittlerweile von Webdesignern entwickelten Sites beruht. Ein Artikel erklärt zum Beispiel, wie man Rollover ohne JavaScript und mit einem einzigen Bild in CSS baut.
Selbst wenn sicherlich ein großer Antrieb der Macher
aus einer gewissen Euphorie für Nerdtum und Open
Source (der Quellcode für diese Sites ist natürlich, ganz
im Gegenteil zu Flash, jederzeit verfügbar) entsteht,
wird wohl erst in den kommenden Jahren zu spüren
sein, was uns das Internet in Form von Hypertext schon
seit Jahren versprochen hatte.
Die Agentur Method jedenfalls hat eine neue Website.
Diesmal gegen den Trend komplett in Flash umgesetzt
und warum kann wohl nur der Marketingchef beantworten. Wir freuen uns schon auf das Interview!
Anstelle von Flash und
Tabellendesign setzen sich
Webstandards wie CSS langsam durch und garantieren
Usability für immer mehr
Designer, Browser und User.
Das wurde auch Zeit.
COMMON PROPERTY
6. Werkleitz Biennale
Volkspark Halle (Saale) 1.- 5. September 2004
Halle School of Common Property 27. - 31. August
Gefördert durch die
,
Land Sachsen-Anhalt, Lotto-Toto GmbH, Stiftung K ulturfonds,
Mitteldeutsche Medienförderung GmbH
MODE: MIT LEINENHALBSCHUHEN
<32> - DE:BUG.81 - 04.2004
LEINENHALBSCHUHE
AUF DEM FALSCHEN FUSS ERWISCHT ...
TEXT
JAN JOSWIG | [email protected]
Aus gegebenem Anlass: Eines der ältesten Feindbilder
muss wieder ran. Der Studenten-Habitus, was ist so
schlimm an ihm? Studenten fehlt jegliche Schärfe.
Punkt. Sie sind haltungsfaule Liberale, geboren aus privilegierter Sicherheit. Ohne Kampf kein Stil. Beatniks
und Punks haben sich ja nicht gegen die Weiße-Kragen-Mafia über ihnen aufgelehnt, die haben nämlich in
ihrem selbstverherrlichenden Profit-Kampf einen klaren Stil – Respekt, ihr Arschlöcher. Nein, Beatniks und
Punks haben sich gegen die studentischen Schlaffis
neben ihnen aufgelehnt – Verachtung, ihr Gutmenschen.
Studenten können weder tanzen noch eine Bierflasche
mit der Augenbraue öffnen noch eine Krawatte binden
– also so gar nichts, womit man eine Position beziehen
würde. Und außerdem tragen sie Leinenhalbschuhe
zum Schnüren. Autsch.
Leinenhalbschuhe - jetzt sind wir am Punkt. Jedes Kleidungsstück kann umgedeutet werden. Der historische
Moment muss nur stimmen. Für den Leinenhalbschuh
stimmte der Moment 1980. Punk war so was von
durchgereicht und damit das letzte Extrem an antibürgerlicher Uniform, das umgekippt war. In die Richtung gab es kein Weiter mehr. "Also - was werden wir
INFO
Hersteller (v. l. o. n. r. u.):
www.dream-on.com
www.dunlopfootwear.com
www.prokeds.com
www.vans.de
xodoo’s
www.manufactum.de
www.adidas.com
www.pony.com
www.gola.co.uk
www.romika.de
www.mediumfootwear.com
www.pfflyers.com
www.etnies-germany.com
www.prokeds.com
BILD
LI / OLE BRÖMME | RE/ BROX+1
tun? Gehen wir alle nach Hause und legen uns schlafen?" (Die Regierung, "So drauf", L'Age d'Or) Nein, in
New Yorks Vorstädten kam eine kleine, unorganisierte
Gruppe auf den richtigen Trichter: Wenn Provokation
Alltag ist, dann machen wir den Alltag zur Provokation.
Wir sehen so studentisch normal aus, dass es gefährlich wird. Bundfaltenhosen, rasierte Nacken und – Leinenhalbschuhe. Nägelkauende Suburb-Bands mit
ihren hippeligen 60s-Verballhornungen wie The Bongos, dB'S oder Feelies (unser Foto links) lichteten sich
ostentativ so ab, dass man sich nach zwei Sekunden
garantiert nicht mehr an sie erinnerte; bis man nachts
angstgebadet mit ihrem Foto vor Augen aufschreckte:
Sind das die Schläfer im Namen der Revolution?
Und wo stehen wir heute? An der gleichen Kurve der
Style-Spirale. Schrill ist schick, Geiz ist geil, Deregulation der dernier cri. Wer es in dieser Situation zynisch
findet, dass man mit anti-kapitalistischer Garderobe
die allerkapitalistischsten Funktionen erfüllt heutzutage, dem/der seien folgende Waffen im Kampf gegen
einen bigotten Zwang zur Unkonventionalität empfohlen: unsere Galerie von Leinenhalbschuhen für
Normalo-Rebellen.
MODE: OHNE LEINENHALBSCHUHE
DESIGN / MAGAZIN
<34> - DE:BUG.83 - 06.2004
Bild unten: v.l.n.r.: Markus Dreßen, Maria Koehn, Oliver Klimpel im Büro International, London
RADIKALE VERNETZUNG / Markus Dreßen gestaltet Spector cut+paste
TEXT
ARNE LINDE | [email protected]
Gedruckte Perforationen sind das Markenzeichen des Designers Markus Dreßen.
Für das unabhängige Kunstmagazin Spector cut+paste hat er dieses Prinzip entwickelt und in einem preisgekrönten Katalog für den Künstler Olaf Nicolai perfektioniert. Doch große Preise und seine Rolle als Mitherausgeber von Spector sind
nicht das Einzige, was Dreßen als Grafik-Designer auszeichnen: Hieroglyphen, ikonografische Zeichensätze und die strikte Ablehnung von Tautologien machen seine Arbeit ebenso unverwechselbar wie die strikte Weigerung, Aufträge hinsichtlich
der Honorarhöhen zu bewerten.
Das Kunstmagazin "Spector cut+paste" aus Leipzig
funktioniert anders als die meisten anderen Magazine.
Hier machen Künstlerinnen und Künstler Texte selbst,
werden Gast-Editoren eingeladen und Text- und Bildstrecken parallel zueinander entwickelt. Das kleine Redaktions- und Grafikteam zelebriert die Selbstausbeutung. Markus Dreßen ist der Grafiker und zugleich Mitherausgeber – was nach verzwickter Doppelbelastung
klingt. Doch herkömmliche Hierarchien und Aufgabenverteilungen widersprechen dem konzeptionellen Arbeiten des Magazins ohnehin - ”Spector ist ein kollektives
Projekt”, betont er. In der nun erscheinenden dritten
Ausgabe wird es zentral um ”radikale Vernetzung und
die Produktion von Kultur” gehen, und genau nach diesen Prinzipien ist Spector #3 auch selbst entstanden:
Für die inhaltliche Konzeption vernetzten sich SpectorRedakteur Tilo Schulz und der Glasgower Künstler
Mark Hamilton, die Gestaltung wurde in Zusammenarbeit mit dem in London ansässigen Grafiker Oliver
Klimpel vom ’büro international’ entwickelt. Anfang Juni erscheint das kollektive Druckwerk in gewohnt ausgefeiltem Erscheinungsbild. Zwischen Layout-Konzeption in London und einer Preisverleihung auf der Leipziger Buchmesse nimmt Markus Dreßen das Heft in die
Hand und berichtet über die Arbeitsweisen von Spector cut+paste, grafische Ansprüche und finanzielle
Realitäten.
DEBUG: Bei Spector wird Wert darauf gelegt, dass im
Produktionsprozess Text und Grafik von Anfang an ineinander greifen. Du bekommst als Grafiker also keine
redaktionell fertig gestellten Inhalte auf den Tisch, um
sie anschließend gut aussehen zu lassen.
MARKUS DREßEN: Stimmt. Schon während die Texte
entstehen, werden bei uns Möglichkeiten der Visualisierung besprochen. Wir betrachten im Konzept der Zeitung
die Grafik von Anfang an als einen wichtigen Bestandteil
bei der Übersetzung von Inhalten. Für uns ist es wesentlich, darüber nachzudenken, wie man mit Grafik und Bildern argumentieren kann. Was man sich textlich zum
Beispiel sparen kann, weil es bildlich viel besser darzustellen ist. Wir wollten mit Spector aus diesen klassischen
Genres raus, in denen Bilder lediglich als Illustration, als
eine Art Affirmation dem Text beigegeben werden.
DEBUG: Ist dieses arbeitsintensive Verfahren auch ein
Grund dafür, dass Spector in sehr viel größeren Abständen erscheint, als ursprünglich geplant – statt drei
Ausgaben gibt es nun eine im Jahr?
MARKUS DREßEN: Nicht unbedingt. Die größeren Abstände haben vor allem mit den Ressourcen aller Beteiligten zu tun. Es war utopisch zu denken, dass man in der
Qualität, die uns vorschwebte, mit drei bis sechs Leuten
so schnell arbeiten könnte. Und es war irgendwann klar,
dass wir nicht an der Qualität sparen wollen. Mittlerweile haben wir dieses zeitaufwändige Arbeiten auch akzeptiert. Außerdem will niemand von uns ausschließlich für
Spector arbeiten. Das ist erstens finanziell nicht drin und
zum anderen haben wir alle noch andere Interessen und
Projekte.
DEBUG:Sind solche Auszeichnungen und Referenzen
die Katalysatoren, die deine Arbeit rentabel machen?
MARKUS DREßEN: In den letzten Jahren sind zwar die
Honorare gestiegen, aber für Grafik-Designer macht es
meines Erachtens wenig Sinn, zwischen gut bezahlten,
schlecht bezahlten und unbezahlten Aufträgen zu unterscheiden. Auszeichnungen, auch undotierte, und Projekte
wie Spector, die ja eher unkommerziell sind, helfen einem,
in seiner Arbeit ernst genommen zu werden. Es sind die
unkonventionellen Arbeiten, die einen mit Auftraggebern
in Kontakt bringen, die auch eher aufgeschlossen sind.
Die verfügen allerdings nicht unbedingt über viel Geld –
sie sitzen meist in den Kulturbetrieben, wo es im Moment
eben wenig zu verdienen gibt. Spector ist für mich persönlich ein wichtiges Mittel, um exemplarisch meine Arbeitsweise vorzustellen. Aber auch um ein Modell zu
schaffen, das Möglichkeiten zeigt oder eben in Frage
stellt, wie Journalismus, Zeitung und Grafik auch funktionieren können. Wir wollten mit Spector nie das Zeitungsgewerbe revolutionieren, wir wollten uns eine Plattform
schaffen, um ein anderes Arbeiten ausprobieren zu können. Für mich heißt das mehr Arbeit, aber auch mehr
Freiheit.
DEBUG: Zu deiner grafischen Arbeit. Lassen sich Gren-
Und damit ist das Stichwort gefallen, Markus Dreßen
muss los, um die ”Goldene Letter” 2004 entgegenzunehmen. Die Festplatten in London und Leipzig werden
sich noch ein paar mal vernetzen müssen, damit die
nächste Ausgabe von Spector cut+paste in den Druck
gehen und der Diskurs weiter gesponnen werden kann:
Ein Text von Tilo Schulz spürt Handlungscodes und sozialen Mustern zwischen Pulp-Magazinen, MarathonTänzen und Reality Shows nach. Mark Hamilton untersucht Strategien des fiktionalen Schreibens im ”Zick-
INFO
Spector cut+paste # 3 ist ab etwa Ende Mai 2004
bei ausgewählten Buchhandlungen, Bahnhofsbuchhandlungen und im Abo zu erhalten. Informationen unter: www.spectormag.net
DEBUG: Spector spielt also finanziell nicht wirklich etwas ein?
MARKUS DREßEN: Ursprünglich hatten wir den fast
schon kommunistischen Traum, dass alle Beteiligten innerhalb weniger Ausgaben ihr Leben mit Spector finanzieren können würden. Und wir wollten die erste Zeitung
Deutschlands werden, die ein ordentliches Autorengehalt
zahlt. Im Moment ist es aber immer noch so, dass der einzige, der etwas Geld bekommt, der Übersetzer ist.
Die anderen Interessen und Projekte, von denen Markus Dreßen spricht, lesen sich in seiner Biografie wie
ein reichlich und edelmetallisch bestückter Kaminsims
eines Leistungssportlers:
Die ”Goldene Letter”, die höchste Auszeichnung im
Wettbewerb ”Schönste Bücher aus aller Welt”, die er in
diesem Jahr zusammen mit Kristina Brusa für den
Werkskatalog des Künstlers Olaf Nicolai verliehen bekommen hat, zehn weitere Auszeichnungen in diesem
Wettbewerb aus den letzten drei Jahren strahlen mit
kontinuierlichen Platzierungen im ”Wettbewerb der
100 besten Plakate Deutschlands” um die Wette. Aufträge für die Galerie für Zeitgenössische Kunst in Leipzig, die Leipziger Oper, das Kulturamtes der Stadt und
die Technischen Sammlungen der Stadt Dresden,
Bücher, Künstlerkataloge und Plakate tragen seine
Handschrift.
perforierte Linien, meine Handschrift bestimmen. Es ist
nichts wirklich perforiert, sondern nur mit Schriftzeichen
angedeutet. Ich versuche grafische Systeme konsequent
durchzuhalten, aber das Prinzip an einem Punkt zu brechen, um die Werkzeuge sichtbar zu machen. In der letzten Zeit erweiterte ich den Zeichensatz der lateinischen
Schriftzeichen oft um simple geometrischen Zeichen, die
dann wie ein grafisches Repertoire funktionieren. Ich versuchte eine Einheit zwischen Schrift und Bild zu erzielen,
und zwar als eine Art hieroglyphisches System. Dieses
Prinzip habe ich z.B. bei Spector auch ausprobiert. Damit
zu arbeiten hat für mich aber erst richtig Sinn gemacht
als grafischer Kommentar im Katalog von Olaf Nicolai.
Der Werkskatalag Olaf Nicolai ist bei Hatje Cantz
erschienen und bereits vergriffen. Ein Reader zu
Olaf Nicolai, entstanden in einer früheren Zusammenarbeit von Spector, Markus Dreßen und Nicolai
entstanden, ist über das Spector-Büro
([email protected]) zu beziehen.
Signierte Exemplare, 516 S. Umfang, 86 €.
zen, Ziele oder Regeln, die du dir gesetzt hast, beschreiben?
MARKUS DREßEN: (überlegt ziemlich lange):
Wie viele Fotos müssen wir noch sehen, auf denen
schlicht abgebildet ist, was schon im Text steht? Bei vielen
Zeitschriften habe ich den Eindruck, dass die Bildstrecke
nur illustrativ eingesetzt wird. Das ist tautologisch! Das
ist etwas, was ich unbedingt vermeiden will. Zudem denke ich, dass grafische Spielereien oder Effekte, die ich
natürlich auch verwende, auf ihre inhaltliche Aussage hin
befragt werden müssen.
Man könnte mir unterstellen, dass die Perforation, also
Zack durch den Amerikanischen Westen”. Die amerikanische Künstlerin Liza McConnell hat für Spector #3 ein
Bildessay über Modelle und Landschaften entworfen,
eine Videoarbeit über ”Bushaltestellen und Partys”
wird als Print-Adaption vorgestellt und die englische
Theoretikerin Sadie Plant zu sozialen und technischen
Veränderungen befragt. Alles nachzulesen ab voraussichtlich Anfang Juni 2004. Falls nicht der hohe inhaltliche und gestalterische Anspruch den Erscheinungstermin doch noch hinauszögert. Denn bei Spector gilt
auch noch in der Nacht vor dem geplanten Drucktermin: An Qualität wird nicht gestrichen.
KUNST
<35> - DE:BUG.83 - 06.2004
TEXT
MERCEDES BUNZ | [email protected]
KUNST UND FUSSBALL
EM? NEIN, WM!
AM RAND VON HOLLYWOOD / Kunst von Jack Goldstein
TEXT
BILD
ALEX HEIMES | [email protected]
Minimalismus von klassisch bildenden Kunstfeldern auf andere Bereiche übertragen: Die Kunst von Jack Goldstein ist ein Geheimtipp, der in den letzten Jahren erst
wieder entdeckt worden ist. Der Amerikaner schnitt aus gefundenem Material
Kurzfilme und produzierte Platten mit filmhaften Geräuschkulissen von Zügen
oder Flugzeugen.
Das Kino Hollywoods spielte in den Arbeiten des amerikanischen Künstlers Jack Goldstein (1945-2003) immer eine zentrale Rolle. Mit der subtilen Inszenierung
verstrahlter Mythen und apokalyptischer Zustände in
Filmen und Performances begann er seine frühe Karriere. In den 1970er-wJahren gehörte er zu einer berühmt
gewordenen Gruppe von Künstlern, die sich schon
während des gemeinsamen Studiums in Los Angeles
mit der kommerziellen Bildkultur "Film" kritisch auseinander setzte. Doch wenn Goldstein in frühen Filmen
das Mainstream-Kino zitiert, so weist er den Einfluss
von Massenmedien nicht einfach zurück, sondern zeigt
sich als "produzierender Rezipient". Mit Standkamera
wird ein einzelnes Motiv abgefilmt, meist "Requisiten"
aus der Filmindustrie: z.B. dressierte Tiere, wie ein auf
Kommando bellender deutscher Schäferhund (Shane,
1975), oder unspektakuläre Alltagsdinge. In ihrer Isolation wirken sie befremdlich, und trotz ihrer scheinbaren Evidenz schweigen sie sich aus wie eine minimalistische Skulptur.
Solche Re-Inszenierungen lassen eine Kluft zwischen
Repräsentation und der von ihr erwarteten Sinnfälligkeit auftreten. Sie führen vor Augen, wie stark sich bild-
send, dass dabei immer ein Rest an "optisch Unbewusstem" weiterspukt und auf den Betrachter zurückblickt.
DIE BILDER VON FILMEN FILMEN
White Dove (1975) zum Beispiel ist ein Kurzfilm, in dem
eine dressierte Taube ruhig auf der Stange sitzt. Es
nähern sich weißgeschminkte Hände und formen eine
Art Dach über ihrem Kopf, die Taube fliegt aus dem Bild,
Ende. Die Vagheit dieser sparsamen Handlung lässt ein
Unbehagen entstehen, das sich unmittelbar auf den
harmlosen Vogel projiziert. Auf den diffusen Eindruck
eines Déjà-Vu zurückgeworfen, spinnt sich der Betrachter durch seine unbewusst gespeicherte Galerie
der Vogelbilder – waren es nicht niedliche "love birds",
die schon in Hitchcocks "Die Vögel" das Geschehen anrollen ließen?
Auf diese Weise schleust Goldstein Inhalte in seine Bilder ein, die sich sonstwo, aber nicht in diesen selbst
manifestieren. Goldstein bevorzugt eine Inszenierung
von den Rändern her, u.a. auch mit Paratexten wie dem
Kinovorspann: Metro-Goldwyn-Mayer (1975) zeigt das
Emblem der gleichnamigen Hollywood-Produktionsfirma, eine kurze Sequenz mit dem brüllenden Löwen, die
Der Kinovorspann als Loop: Immer wieder brüllt der Löwe
von Metro-Goldwyn-Mayer und markiert, indem er einen
nicht in das Geschehen hineinlässt, was Film einem
verspricht.
hafte Strukturen noch in den letzten Winkeln des Unbewussten einnisten und zugleich, wie man deren Abhängigkeit von diskursiven Voraussetzungen knackt. In
seinen Filmen aus den 70ern wählte Goldstein nach eigenen Aussagen Motive, die auch im Repertoire der
Psychoanalyse beheimatet sind – Messer, Vögel – , also
symbolisch überfrachtete Bilder, die er in seiner Aneignung dann wieder zu entleeren versucht. Wohl wis-
den Hauptfilm ankündigt. Goldstein montierte sie als
Found-Footage-Material zu einem dreiminütigen Loop.
Und der unentwegt brüllende Löwe kehrt seine Funktion um: Er lockt, aber lässt uns nicht rein in seine Welt.
In Animationsfilmen wie "The Jump" (1978) löste Goldstein das Bild noch weiter von seinen Entsprechungen
in der Wirklichkeit ab. Die Filmaufnahmen von Turmspringern wurden durch Rotoskop-Verfahren in Trick-
COURTESY GALERIE DANIEL BUCHHOLZ, KÖLN
bilder übersetzt, so dass auf der Leinwand fast abstrakte, farbig funkelnde Formen erscheinen.
EXPERIMENTE MIT KATASTROPHEN
Diese halluzinative, dabei immer latent abgründige Potenz von Bildern spielte Goldstein zudem mit akustischen Medien aus. Dazu gehören Schallplatten aus farbigem Vinyl, bespielt mit Filmgeräuschen zu handverlesenen Themen: The Burning Forest, The Quivering
Earth oder Two Wrestling Cats (1976/77). Sämtliche
Geräuscheffekte, die er aus den Tonarchiven der Hollywood-Studios bezog, verstand Goldstein vor allem als
Bilder; schließlich hatte er die Platten zunächst als Ersatz für seine nicht realisierbaren Katastrophenfilme
hergestellt.
Den Katastrophen blieb Goldstein treu, als er sich Anfang der 80er der Malerei zuwandte und auch vor Airbrush-Painting nicht zurückschreckte. Diese wie auch
die Acryltechnik erwiesen sich als probate Mittel, Szenen nächtlicher Bombenangriffe oder Explosionen in
ihrer Ambivalenz von Tragik und Spektakel auszureizen. Andere Bilder dieser Zeit tragen fast meditativen
Charakter, sie scheinen sich – wie das Medium Film –
aus der Aufzeichnung von Lichtphänomenen quasi
selbst hergestellt zu haben. Motive aus dem Weltraum,
eine Sonnenfinsternis oder Unterwasserszenen imaginieren eine Welt an den Grenzen der empirischen Erfahrung; sie beherrschen auch den letzten Film Goldsteins, "Under Water Sea Fantasy" (1983/ 2003). Mitte
der 80er Jahre zog sich Goldstein aus dem internationalen Ausstellungszirkus zurück und tauchte in den
INFO
Jack Goldstein and the CalArts Mafia, hg. von
Richard Hertz. Los Angeles 2003
Jack Goldstein. Filme, Schallplatten, Performances
und Aphorismen 1971-1984, hg. von Daniel Buchholz
und Christopher Müller. Köln 2003
90ern ganz ab. Nachdem auch seine Arbeit zeitweilig in
Vergessenheit geriet, wird die Produktivität seines Ansatzes nun wieder in verschiedenen Ausstellungen wie
u.a. bei der letzten Whitney Biennale in New York gewürdigt. Goldstein selbst erschien wenige Jahre vor
seinem Selbstmord 2003 wieder auf der Bildfläche und
begleitete so seine Wiederentdeckung ein Stück weit
mit.
Im Juni steht ja die Europameisterschaft an und wir alle
freuen uns schon darauf, endlich ein Fernsehprogramm
zu bekommen, bei dem man wenigstens mal zwei Wochen lang voller Begeisterung die Kiste anschmeißt: Fußball. Ohne Zweifel wird die deutsche Mannschaft natürlich schlecht spielen, was nicht so schlimm wäre, würden
sie dabei nicht auch noch so unglaublich schlecht aussehen. (Oh Mann, Völler, sei doch nicht so verdammt loyal
und setze diese verbrauchten alten Säcke immer wieder
ein. Stilvoll loosen kann man viel besser mit dem Aufbau
eines jungen Teams.) Wir richten unsere Augen jedoch
mal voraus auf nichts Geringeres als das Fußballfest, das
danach kommt: Weltmeisterschaft. 2006. In Deutschland. Da haben sich der Franz Beckenbauer und der Gerhard Schröder mal zusammengesetzt und beide haben
was Lustiges ausgetüftelt: Kunst muss her. Und die künstlerische Leitung dieses Festivals, die geben wir dem Andre Heller. Der Andre Heller hat einen Kunstbegriff, da
kommen alle mit und Kultur kann man es trotzdem noch
nennen.
Wahrscheinlich ist Herr Heller sogar der Richtige für den
Job, dennoch haben wir vor seinem Kunstverständnis
Angst. Denn alle Errungenschaften der Avantgarde kullern bei Heller mal eben den Abhang runter. "Kritik?",
fragen wir. "Wir brauchen Fantasie!", antwortet Herr
Heller. "Reflexion?", setzen wir nach. "Staunende Kinderaugen!", hält er uns entgegen und schwärmt von Labyrinthen, Lunaparks, Zirkus und Feuerwerk. "Ein Fest für
die Welt - die Welt zu Gast bei Freunden", so der HellerKonzeptionsslogan der WM.
Nicht genug, dass Andre Heller begeistert im Schutz
staunender Kinderaugen der Volkskunst fröhnt, er hat
auch zwei (2!) Lieder (Duette!) mit Xavier Naidoo gesungen. (Ratet mal, wer im Vorprogramm der WM auftreten
wird. Na?)
Das Gute an Heller ist dafür, dass er seinen Kunstgeschmack nicht mit einem universal geltenden Anspruch
durchrattert und auch nicht das Bedürfnis hat, überall
seine Signatur raushängen zu lassen. Deshalb hat er lauter Leute eingeladen, die mit ihm zusammen mal so richtig zeigen, dass wir hier keine grauen Bürokratenkorinthenkacker sind.
Vorne dran räumt erstmal die bildende Kunst das Spielfeld auf. Darin war sie schon immer gut. Harald Szeeman
kuratiert eine große Kunstausstellung zu "Fußball in der
bildenden Kunst" - im Fachjargon schon "Fußball-documenta" genannt. Kluger Schachzug, so wird aus der realprolligen Männerdomäne gleich ein Spektakel für alle.
Das Goethe-Institut zeigt eine Fotoausstellung "Weltsprache Fußball", und auch das übrige Drumherum wird
gut besetzt: Unsere Malerfürsten Georg Baselitz und
Markus Lüpertz dürfen die Plakate gestalten. Quentin
Tarantino soll einen Fußball-Kurzfilm beisteuern, der in
einem Fußball-Kurzfilmwettbewerb auf der Berlinale
laufen wird - wenn das keine Win-Win-Situation ist. Und
kein Geringerer als Brian Eno soll das Musikprogramm
zusammenstellen. Seltsames Aufgabengebiet für den
Herrn Eno, denn ein Fußballstadion ist definitiv der absolute Gegensatz zu Ambient. Hoffentlich denkt er daran,
Scooter auf jeden Fall den Eröffnungssong singen zu lassen! Und auch wenn wir Kulturspießer der kühlen
Zurückhaltung, mit der Design-Altmeister Otl Aicher
1972 die deutsche Olympiade gestaltete, sehr laut nachweinen werden (Wir versprechen: Wir werden auf so vielen Logoplakaten mit dämlich lachenden Bällen wie
möglich herumtrampeln), freuen wir uns jedoch auf eines: Jean-Luc Godard soll (will!) die Bildregie eines Fußballspieles übernehmen. Gezeigt werden soll das dann
auf ARTE.
GOTO
<36> - DE:BUG.83 - 06.2004
GOTO
FREE BITFLOW
DE:BUG PRÄSENTIERT:
TEXT
KAREN KHURANA | [email protected]
WIZARDS OF OS3
Berlin (Kongress-Center), 10. bis 12. Juni
Die internationale Konferenz Wizards of Os dreht sich in diesem Jahr um die Zukunft der Digital Commons. Wie kann eine funktionale Ökonomie gefunden
werden, die den heutigen Netz-Technologien und den sozialen Bedürfnissen
gerecht wird? Wie können z.B. Autoren freier Software refinanziert werden,
gibt es eine Alternative zum Eintreiben der Nutzungsrechte über Digital Rights
Management? Und weil die Wos sich lösungs- und nicht problemorientiert
zeigt, tun sich hier auch schon wichtige Schritte, beispielsweise mit dem
Launch der deutschen Creative Commons Lizenzen (näheres dazu auch auf Seite 25). Daneben stellen Redner aus verschiedenen Ländern den jeweiligen Umgang mit Urheberrecht, Copyright und freier Software vor, von dem sich einiges
lernen lässt. Zu den Vortragenden zählen Rechtsprofessor und Gründer der
Creative Commons Lizenzen Lawrence Lessig, Wikipedias Gründer Jimmy Wales, James Stevens von Consume.net London, die Herausgeberin von Momag
Arnke Block und viele mehr. Wer nicht alles schafft, kann sich auch einzelne Tage ausgucken. Konferenz-Ort ist das Berliner Kongress-Center am Alexanderplatz. Den Ablaufplan, Anmeldung und Karten findet ihr hier:
www.wizards-of-os.org
ABO
nnement
Wien, 3. bis 4. Juni Konferenz, Ausstellung bis zum 17. Juni
Und noch eine Konferenz, die sich mit der Neuordnung
ökonomischer Verhältnisse angesichts der neuen technologischen Verfügbarkeiten beschäftigt. "Free Bitflow" fächert die Frage, wie Informationen und Daten
auf Dauer nicht nur technisch, sondern eben auch kulturell möglichst frei verfügbar gehalten werden können, in verschiedene Cluster auf: Z.B. wie schafft man
offene Archive, in denen sich kulturelles Material gegen Einkaufswagen sträuben kann? Wie können sich
neben der Musikindustrie Modelle etablieren, die
Künstler entschädigen und gleichzeitig einen breiten
Vertrieb ermöglichen? Und wohin geht es tendenziell:
Wird Filesharing sich in die Anonymität flüchten oder
wird es im Gegenteil in kleineren, sozialen Netzwerken
stattfinden? In den Panels diskutieren Mute-Verlegerin
und Redakteurin Pauline van Mourik Broekman, Freenet-Gründer Ian Clarke, "Electronic Frontier Foundation"-Anwältin Wendy Selzer und der Debug-Autor Janko
Röttgers. Parallel und darüber hinaus zeigt die Ausstellung zur Konferenz im Künstlerhaus Wien Arbeiten
rund um die Daten: von Mapping, Verarbeitung und Indexing bis zur Sicherheit. Die Konferenz tagt in der Akademie der Künste Wien und ist bestimmt auch wieder
als Livestream zu sehen. Klickt:
www.t0.or.at/t0
ARCHITEKTUR UND FILM
Berlin, 3. bis 13. Juni
Das Festival Architektur und Film beschäftigt sich, wie
der Name schon sagt, mit Architektur und der Darstellung von Raum im Film. Wie sich beide in der Moderne
immer wieder gegenseitig auf die Sprünge geholfen haben, verfolgt das Festival in Videoarbeiten, Installationen, Vorträgen und natürlich Filmen. Und weil man sich
dafür natürlich nicht nur Klassiker wie Metropolis und
Blade Runner anschauen kann, gibt es neben dem Programm aus experimentellen, dokumentarischen und
fiktionalen Filmen auch einen Wettbewerb, in dem Filme laufen, die sich direkt der Frage stellen, was Film im
Zusammenspiel mit Architektur - auch im Vergleich zu
Medien wie der Fotografie oder der Computeranimation - ausrichten kann und sein stadtplanerisches Potenzial ausloten.
www.glashaus-ev.de/hp_bfB/
Architektur+Film/Architektur+Film.htm
KURZ UND SCHÖN
So nennt sich der internationale Nachwuchswettbewerb, den die Kunsthochschule für Medien Köln und
der WDR alljährlich ausschreiben. Gefragt sind verschiedene kurze Formen: Die Kategorie TV-Design
sucht nach eleganten Corporate Identity Spots für Sender und Programm Design. Die Sparte Social
Spots/Werbung verlangt nach Clips mit überzeugender, klarer Botschaft ohne klischeehafte Bildsprache.
Unter die Kategorie Kurzgeschichten fallen freie filmische Erzählformen, Musik-Clips, Animation und Trickfilme. Und dann gibt es noch die Spezialkategorie: Integration/kulturelle Vielfalt, die dem Bildungsauftrag des
WDRs Rechnung trägt. Generell gilt: Es geht weniger
um eine möglichst professionelle Umsetzung als um
charmante eigene Lösungen. Schon kommerziell verwandte Projekte sind nicht drin. Einsendeschluss ist der
25. Juli. www.kurzundschoen.khm.de
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V.A: - GET PHYSICAL (GET PHYSICAL)
"Get Physical!" riefen Groove-Macher DJ T und ein paar hessische Mitstreiter vor
nicht allzu langer Zeit dem Dancefloor zu und schreckten damit auch den letzten Sesselpuper aus seiner tranigen Stasis. Das hat gesessen. Die erste Compilation vereint
jetzt nochmal alle Hits und Tricks von gestern und morgen. Rave on.
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kto-nr
ROBAG WRUHME - WUZZLEBUD KK (MUSIK KRAUSE)
Robag heißt eigentlich Gabor und Wruhme in Jena "warum". Nicht die einzigen verdrehten Einzelheiten, die einem bei Robags Debüt erwarten. So quirlig und lebendig
hat lange kein Album mehr geklungen, das sich zwar mit dem Präfix "minimal"
schmücken kann, ansonsten aber von House über Techno bis Elektronika alles zu einem großen Album zusammenpuzzelt. Jena Rocks.
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MISS KITTIN - I COM (LABELS)
Caroline Hervé lässt für ihr Solodebüt den Electroclash und Tanz-Imperativ im Mottenkeller und navigiert singend und mit bester Unterstützung von Tobi Neumann
und Thies Mynther durch ihre Interpretation von Elektronika, IDM und Booty. Überraschend, facettenreich und extrem gut.
MOCKY - ARE + BE (FOUR MUSIC)
Jau, da drückt selbst der unsentimentalste B-Boy eine Träne aus dem Auge. So viel
Blockparty war schon lange nicht mehr. Mocky rappt, singt und entertaint so
flockig zwischen Old School, New School, Piepsmelodien und lässigem Barbecue,
dass Funk sich jetzt auf R'n'B reimt.
CLARO INTELECTO - NEUROFIBRO (AI RECORDS)
Mark Stewart aka Claro Intelecto rockt den Electro-Bounce von Chicago nach
Detroit und schlendert dabei samtene Rhodeschords und bleepende Synthies um
sich schmeißend noch mit Mark Bell und Martin Gore durch die englische Musikgeschichte. Killer.
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Akzeptieren: Falls man nicht spätestens 8 Wochen vor dem Abonnementablauf kündigt, wird es sich durch einen funky Automatismus
sehr wohl verlängern.
REVIEWS
41 BRD
44 HIP HOP
45 AMERIKA
47 BUCH
47 PRÄSENTATIONEN
37 CHARTS
43 CONTINENTAL
44 UK
45 DRUM AND BASS
47 GAMES
48 DATES
CD
ROBAG WRUHME - WUZZELBUD KK [MUSIK KRAUSE / KOMPAKT]
Im Spessart steht ein Wirtshaus, da haben die Räuber Bärte und gute Laune. In Jena steht das Kassablanca, da haben die Musiker Bärte und noch
viel bessere Laune. Allen voran Gabor Schablitzki. Als musikalischer Kopf hinter den Labeln "Freude am Tanzen" und "Musik Krause" setzt er mit
seinen diversen Projekten den elektronischen Genres von Deephouse über rockenden Minimaltechno bis Elektronika die genial verschrobene
Narrenkappe auf. Klamaukig ist das nie, Gott bewahre, aber von einem heiligen Unernst getrieben, der immer nach den Abfahrten ins bunte
Kraut guckt auf der Autobahn der Genres. Wuzzelbud-Tracks klingen nach antiautoritärer Erziehung, nach viel Auslauf und der Freiheit, eine
Menge spaßiger Eigenarten entwickeln zu dürfen. Dabei kochen sie vor unausweichbaren Grooves, plastischen Sounds und verzwurbelten Ideen
nur so über. Wenn sie lustig sind, sind sie immer auch genauso gewaltig. Auf Wuzzelbud KK breitet Gabor das ganze Spektrum seines Kellerstudio-Universums von zähneknirschenden Elektrokrachern bis zu mondanheulender Taschentuch-Poesie aus - in einer Heterogenität, die nur ein
komplett in Musik versunkener Geist wie Gabor zusammenhalten kann, und in einer Perfektion, die Fans von Alter Ego genauso wie von Boards
Of Canada die Nackenhaare kräuselt.
JEEP •••••
CD
SERIOUSLY UNDERGROUND SHIT FOUND IN THE TRUNK ... - [MUSIKEXPERIENCE]
Eine der größten Überraschungen aus Frankreich ist für mich dieses Jahr mit Sicherheit dieses neue Label aus Paris. Die Compilation featured
bis auf wenige komplett unbekannte Acts, die für einen Sound stehen, der von clickernden Opern über unglaublich deepe digitale Szenerien bis
hin zu dronig-elektronischer Gitarrenmusik oder verruchten HipHop-Experimenten geht. Aber das Beste daran ist, dass jeder der Tracks völlig
für sich stehen kann und so schön ist, dass man heulen möchte. Kein Wunder bei so einem Titel. Tlone, Kowatabo, Infant, Stuntman 5 (!!!), The
Killaz, Spasm, King 04, Ezdac, Groupgris, Deathsitcom, Jimmy T, Kap Bambino & Khima France. Merkt euch das. Lernt es auswendig. Obendrein
noch dabei Bouder dDash und Drine Muraille. Eine CD, die so verdammt vielseitig ist und dabei immer ein Level hält, das so monströs groß ist,
dass ich sicher bin, dass es schon jetzt in Frankreich Horden von Fans gibt.
www.musikexperience.com
BLEED •••••
DVD
MODERN TALKING - THE FINAL ALBUM - ULTIMATE DVD [BMG / RTL]
Bohlen und Anders haben zum Erscheinen dieses erstaunlichen Machwerks im letzten Jahr erklärt, dass sie die Welt echt nie wieder gemeinsam
belästigen werden. Allen Pophistorikern sei daher empfohlen, diese DVD zu erwerben, wenn sie in den Grabbelkisten auftaucht. Allen anderen
muss sie wegen des Karaoke-Materials ans "Heart" gelegt werden, aber ebenfalls nur im Abverkauf: "Easy comes, I hope it easy goes" im
Schmacht-Modus und dann die ganz harte Falsett-Nummer ist im eigenen Wohnzimmer einfach ein garantierter Knaller. Für die Gründlichen
sind die 20 Videos unterdessen der grausame Beweis, dass genialer Pop und sogar Style auch schlicht aus Blindheit und Hartnäckigkeit entstehen kann: Die ersten sechs Singles sind unbestreitbar modernes Reden auf höchstem Pidgeon-Niveau und ein energetischer Alien-Klebstoff, den
sich die Massen weltweit zu Recht gierig reingezogen haben. Warum der eigentlich völlig unbegabte Bohlen, der vorher und nachher einzig von
seinen kleinbürgerlichen Abstiegsängsten getrieben tonnenweise uninspirierten Schrott absonderte, für diese kurze Zeitspanne vom DiscoGott berührt wurde, bleibt ein grausames Rätsel. Bohlen selbst kann es nicht erklären, weil er die Hand nicht einmal gespürt hat und sich nach
sechs Nunmmer-Eins-Scheiben als Hausproduzent von BMG auf die Musikindustrie-Mechanismen verlassen konnte, um seine Neurosen halbwegs in den Griff zu kriegen.
WALDT •••••
BUCH
LAWRENCE LESSIG - FREE CULTURE [PENGUIN PRESS]
Free Culture erklärt der Welt, warum wir ein Problem bekommen, wenn wir unsere kulturellen Güter zu wasserdicht vor dem Kopieren schützen
wollen, und zeigt genau auf, inwiefern Kopieren ein Teil unserer Kultur ist - und damit das "free" von "culture" extrem wichtig ist. Das alles präsentiert der Stanforder Rechtsprofessor in einem leicht verständlichen und doch keineswegs platten Stil, durch den auch die verbohrtesten
Industrielobbyisten zur Einsicht kommen sollten. Hoffen wir. Dazu geht Lessig verschiedene Topoi wie Piraterie, Eigentum und die Ausbalancierung der Interessen zwischen Künstler, Vertrieb und Verbraucher durch. Nach den Schwerpunkten seiner anderen beiden Veröffentlichungen zu
Technologie ("Code und andere Gesetze des Cyberspace") und der Idee ("The Future of Ideas") verschiebt er damit also seine Aufmerksamkeit dieses Mal auf Kultur. Wie schon bei früheren Büchern besticht Lessigs Argumentation durch schlagende Beispiele und man merkt: Er ist definitiv
nicht umsonst Rechtsprofessor. Wie wichtig der "freie" Aspekt von Kultur für ihre jeweils nächste Generation ist, dokumentiert er etwa an jener
Filmindustrie, die heute gegen Piraterie klagt und die sich genau dadurch etablierte, dass sie vor Edisons Patentrechten auf die Kamera von der
amerikanischen Ostküste nach Kalifornien floh und dort drehte - die Filmindustrie baute sich also im Grunde auf "geklauter" Technologie auf. Und
nicht nur in der Technologie, auch im Recht findet er historische Belege dafür, dass man Kultur in keinem Monopol einsperren darf. Am Copyright
von England im 18. Jahrhundert zeigt Lessig auf, dass dieses Recht immer nach einer bestimmten Zeit erlosch, die damals magere 14 Jahre betrug.
Mittlerweile wird Kultur viel länger ins Urheberrecht eingesperrt und dagegen muss etwas getan werden - das Buch zu unserem Special. 23,11 EUR
MERCEDES •••••
CD
FRANK BRETSCHNEIDER - LOOPING I-VI
(AND OTHER ASSORTED LOVE SONGS)
[12K/1028 - A-MUSIK]
Frank Bretschneiders Art und Weise Töne so miteinander zu kombinieren, dass sie sich gegenseitig ergänzen, und somit ein unverkennbar eigenes Gesamtbild rhythmischer Klangstrukturen zu
formen, beeindruckt mich immer wieder aufs
Neue. Und da diese CD, wie der Anhang im Titel
schon ausdrückt, ganz im Zeichen großer Gefühle steht, offenbart sich uns hier die zarte und feinfühlige Seite des Künstlers. Ganz vorsichtig, fast
schon zögerlich, werden hier die Töne äußerst
behutsam Stück für Stück erschaffen, zusammengesetzt und dann liebevoll umgarnt. Im Gegensatz zu seiner letzten CD “Gold” sind die groovigen Elemente stark zurückgeschraubt und finden
bis auf wenige Ausnahmen nur in abgestrippter
Version fast schon unscheinbar unter der Oberfläche statt. Diese Unaufdringlichkeit der Intensitäten kreiert eine so angenehme Atmosphäre,
dass ein sich dem ganzen Entziehen beinahe unmöglich ist. Aber wer entsagt sich denn schon
freiwillig solch großer Emotionen?
www.12k.com
AD •••••
GIARDINI DI MIRO HITS FOR BROKEN HEARTS AND ASSES
[2.ND REC/17 - HAUSMUSIK]
Endlich kommen die verschollenen Schätze aus
der Frühphase der besten Band Italiens wieder in
Umlauf. Neben dem Opener “A New Start For
Shoegazing Kids” versammelt dieses Album
Tracks von der Split-10” mit Pimmon (schon damals auf 2.nd Rec), der Iceberg E.P. und noch ältere Stücke. Eine Reise in die Vergangenheit, denn
von den elektronischen Einflüssen, mit denen die
Band heute spielt, war damals noch nichts zu
spüren. Macht gar nichts, erstens ist es mehr als
spannend, die Geschichte einer Band so zurück
zu verfolgen und andererseits entdeckt man Son-
FAVORITEN
1. Sleeparchive - Elephant Island E.P.
(Sleeparchive)
2. Robag Wruhme - Wuzzlebud KK
(Musik Krause)
3. Mocky . Are + B (Four Music)
4. Washer, Zimmer & The Guitar People
- Eat Your Friends (Keplar)
5. Umod - Enter the Umod
(Sonar Kollektiv)
6. Daedelus - A Gent Agent
(Laboratory Instinct)
7. Kenny Larkin - The Narcissist
(Peacefrog)
8. Beckett & Taylor / Spandex (Hand On
The Plow)
9. Recloose - Cardiology (Isolee Mix)
(Playhouse)
10. Tomas Anderson - Bas (Bpitch Ctrl)
11. Le Dust Sucker - Le Dust Sucker LP
(Plong!)
12. Lopazz - Take me Home (Get Physical)
13. Ricardo Villalobos - Alcachofa
Remixes (Playhouse)
14. Kettel - Volleyed Iron (U-Cover)
15. Nucleus & Paradox - Esoteric Funk LP
(Reinforced)
16. David Last - Badlands (The Agriculture)
17. Tigerskin - Dance Now
(Resopal Schallware)
18. Gabriel Ananda - Süßholz
(Treibstoff)
19. Melchior Productions - The Meaning
(Playhouse)
20. John Tejada & Justin Maxwell - Higher
(Palette Recordings)
21. Cyne - Growing (City Centre Offices)
22. Karaoke Brös (inzest)
23. Il Logic & DJ Raf - Music Lounge Vol.2
(Ebony)
24. Wagon Christ - Sorry I Make You Lush
(Ninja Tune)
25. Kim Hiorthoy - Live Shet
(Smalltown Supersound)
26. Lil Mark - Feel The Rhythm EP
(Tom Bone Vibrating Music)
27. Moodyman - Black Mahogani
(Peacefrog)
28. Doctor Rockit -The unneccessary
history of ... (Accidental)
29. Jichael Mackson - The Blowjob
(Pastamusik)
30. Paradroid - Coarse Grain Modelling
(Over-X Records)
• = NEIN / ••••• = JA
gs, bei denen man gerne dabei gewesen wäre.
Rund und cool. www.2ndrec.com
THADDI •••••
TV ON THE RADIO - DESPARATE YOUTH,
BLOOD THIRSTY BABES [4AD - INDIGO]
Und ich dachte immer, die machen auf 4AD nur
so Weicheimusik. Gefehlt. Das hier ist interessant. Blues aus Brooklyn, kaputt, zerschrotet, mit
gutem brummendem Bass und jazzigen Obertönen. Stellt euch Captain Comatose als Postrockcombo vor und ihr seid nah dran. Irgendwie so
altmodisch wie sympathisch und mit einem nicht
zu verachtenden Glamrock-Bonus.
www.tvontheradio.com
BLEED ••••
FUTURA - ELECTONICA DOWNTEMPO VOL.1
[ABYSOMA RECORDS]
Aus Spanien kommt dieses Label mit einem Rooster, der mir von Anfang bis Ende nichts sagt und
tatsächlich dem Sticker auf dem Cover (empfohlen von Cafe Del Mar Music) ganz gewogen ist.
Elektronische Coffeetablemusik, die nirgendwo
aneckt, aber irgendwie auch sonst nichts ist als
der Backdrop eines lauschigen Nachmittags im
Strandcafé.
BLEED •••
DOCTOR ROCKIT THE UNNECCESSARY HISTORY OF ...
[ACCIDENTAL/09 - ROUGH TRADE]
Der Doctor ist tot, es lebe der Doctor. Diese CD
ist das Vermächtnis von Doctor Rockit, dem Herbert-Alias für elektronische Freistil-Chansons. 14
Tracks unschlagbarster Kammermusik aus 10 Jahren, die den Matthew Herbert in Bestform zeigen, der noch mit Plastikflaschen statt Big-BandOrchestern arbeitete. Oh, Herbert, wer hat dir
nur eingeredet, dass du dich zwischen Soft Machine und Wynton Marsalis einrichten solltest?
Als Doctor Rockit, ja, da warst du noch der Fackel-
träger aller Raver auf Toskana-Urlaub. Viele
glücklich wehmütige Tränen werden diese CD
nässen.
JEEP •••••
V.A. - EXILE ON HAMMOND STREET
[ACID JAZZ RECORDS /158 - ZYX]
Diese Musik wurde mal unter Souljazz zusammengefasst, so um 1986, und war eine der Grundlagen für Acid Jazz. Fettige Orgel plus pressende
Funkriffs, fertig ist die Hipshake-Party. Für die
originalen Singles zahlt man ein Vermögen. Das
kann man besser in eigenem Equipment anlegen
und sich die Musik selbst nachbauen, haben sich
die Protagonisten auf dieser CD gesagt. Die 13
Tracks von 2002/03 klingen originaler als die Originale. Das ist so verblüffend wie überflüssig.
Oder geht ihr etwa zu Double-Shows, bei denen
Frank Sinatra imitiert wird? Aber vielleicht ist traditionalistischer Hammond-Funk ja in London ein
Live-Ding, dass man außerhalb der Clubs einfach
nicht verstehen kann (so wie das Swing-Revival in
den USA)? Ich versteh die Welt nicht mehr und
verkriech mich hinter den Aestuarium-RereleaseSingles zum Thema.
JEEP ••
HYPO - RANDOM VENEZIANO
[ACTIVE SUSPENSION/09 - TARGET]
Diese verrückten Franzosen, wollen immer 1.000
Ideen in einen kleinen Track packen, dabei ordentlich albern sein, sich einen Dreck um Deals
und stille Absprachen kümmern, diese perückten
Italiener von Rondo Veneziano diskretieren, die
Samples bis zur Unkenntlichkeit zerhackstückeln, den Schulchor der kleinen Schwester in
den Rechner laden, dabei im Fernsehen wilde
Verfolgungsjagd spielen und die auf Casio nachdüdeln, während des Update-Prozesses E-Mails
schreiben usw. Hypo kann das. Nur braucht es
kein Mensch.
THADDI •
BRAILLE - PARTIR
[ANGSTROM RECORDS/006]
Angstrom ist eh schon ein ziemlich außergewöhnliches Label, aber auf dieser CD wagen sie
nochmal mehr, denn Braille hört sich irgendwie
so an als wäre es ein Blasquartett, gefangen in einem G5, oder ein Clicker-Act, der von der eigenen
Software verführt wird, oder vielleicht auch eine
Art von dekonstruierter digitaler Apotheose von
MBV, all das. Vermutlich mehr. Jedenfalls extrem
emotionale digitale Musik, die dabei aber dennoch verdammt abstrakt bleiben kann und sehr
technisch, die jeden Chip wirken lässt wie ein
Sahnebonbon, auf dem kleine Insekten krabbeln,
die nach kandierten Mandeln schmecken. Wundervolle Platte, die ich jedem ans Herz lege, der
auf ruhige aber dennoch stark gebrochene, elegische aber monumentale Musik steht. Kurzum.
Clicks zum Verlieben ab und an auch noch mit
sehr schönem Gesang von Alice Imbert.
www.anstrom-records.net
BLEED •••••
DJ SHORTKUT - BLUNTED WITH A BEAT JUNKIE [ANTIDOTE / SANCTUARY/ANT106 ROUGH TRADE]
Der Titel sagt es ja schon. DJ Shortkut hat sich ins
Reggeayard begeben und eine richtig anständige
Selection zusammengestellt, die die Schwaden
aus den Boxen lockt, dass es ein seliges Grinsen
ist. Zu hören gibt es 36 Perlen - danach weiß man
zwar, wo der Groove hängt, hat die Namen aber
eh vergessen. Gute Wahl.
CAYND ••••
BROKEN SOCIAL SCENE - YOU FORGOT IT IN
PEOPLE [ARTS & CRAFTS]
Normalerweise wenn ich von einer Postrockband
höre, die auch noch obendrein eine Besetzung
hat, mit der man ein ganzes Landschulheim
führen könne, dann schrecke ich eher zurück,
aber Broken Social Scene sind eine Ausnahme,
denn sie können einfach alles. Egal ob elegische
Musik, die klingt wie Stoff, dessen Farben sich
beim Ansehen verändern, oder auch massive pushende Rocktracks voller Melodie mit wirr magischen Arrangements, die aber immer Sinn machen, und sie beherrschen vom Stringbreakdown
bis hin zum magischen Drone und der folkigen
Zweifingermelodie einfach alles und immer fängt
man an zu bedauern dass sich Gitarrenmusik
nicht immer so anhört wie Broken Social Scene.
www.arts-crafts.ca
BLEED •••••
V.A. - BRAZILECTRO 6 [AUDIOPHARM - SPV]
Die Latin Flavoured Club Tunes gehen bereits in
die sechste Runde. Insofern sollte es schon genügen, wenn ich Namen wie Da Lata, Mo’Horizons,
Marcos Valle, Buscemi, S-Tone Inc., Minus 8 oder
[re:jazz] in den Raum werfe. Fast. Denn ansonsten haben es sich die Macher eher schwer gemacht und auf endloses Namedropping verzichtet. Noch nie waren so viele neue Bands, die zum
Teil dem eigenen Umfeld (Petgroove, Groove Galaxi, Moodorama, Flamingo Star, Ikon, Soul Surfer...) angehören oder auch Quereinsteiger wie Ty
und die Capoeira Twins zu belauschen. Da stoßen
auch Nerds wie Du und ich auf genug unerhörtes
Material.
M.PATH.IQ ••••
V.A - NASHA - EASTERN DRUM AND BREAKS
[BEATSCIENCE/001 - AL!VE]
Wer beim Schlagwort Eastern nur an bestimmte
B-Movies oder eher noch an Musiker wie Talvin
Singh, Nitin Sawhney oder Punjabi MC denkt, hat
es bei der Labelschau des jungen East-Londoner
Labels Nasha, das nun auf dem Peacelounge-Sub
Beatscience auch hierzulande den Kompass gen
Osten peilt, mit einer kleinen Überraschung zu
tun. Hier herrschen nämlich primär härtere, von
Breakbeat, Jungle und Drum and Bass infizierte
Kulturhybride vor. Tabla, Sitar und der typisch in-
dische Gesang treffen in einer Kombination auf
Uptempo-Breaks und Basslines, wie sie bislang
doch eher selten zu hören war. Insbesondere DJ
Ges-E hat sich damit längst seinen festen Platz im
Asian Underground erspielt.
M.PATH.IQ ••••-•••
PAN SONIC - KESTO [BLAST FIRST/175 - EMI]
Eine CD in tausend Zeichen zu packen, erscheint
schwierig. Die Finnen veröffentlichen nun eine 4CD-Box (verziert mit Fotos der finnischen
Preisträgerin Anne Hamalainen) mit deren Längenangabe im Untertitel, da gilt es eigentlich zu
kapitulieren. Versuch: Ein Monster. Pan Sonic bewegten sich in den letzten Jahren zwischen ihren
Fixstationen Turku, Barcelona und Berlin, ließen
darum aber unzählige Trips über den Globus ranken. Zwangsläufig müssen diese Erfahrungen
verarbeitet werden. Deswegen ist das hier auch
keine Compilation, sondern alles neu, exklusiv
und beeindruckend. Pan Sonic haben sich einen
eigenen Sound erschaffen, den sie mal ein Stückweit in Richtung Electro, mal ins vollkommen Experimentelle bzw. in Neue Musiken austesten. Es
kann ja nicht gelingen, hier 33 Tracks (davon ein
60minütiger auf CD 4) zu beschreiben. Generell
gilt für dieses Projekt, für den Prozess Pan Sonic:
Unglaublich, wie sie sich auf alle wichtigen Stühle (Kunst, Literatur, Musik und deren Kreuzungen) setzen und nicht umfallen, sondern diese in
sich aufsaugen und immer, immer größer werden. Was soll denn da noch kommen?
CJ •••••
V/A - THIS IS BUNGALOW. A DJ MIX BY LE
HAMMOND INFERNO [BUNGALOW/BUNG
115 - ROUGH TRADE]
Fett. Fett. Fett. Also, wenn das der Sommer wird
... na, dann aber hallo! Dann zerren wir unsere
Datsche aus der Kleingartenkolonie im Wedding
an die Strände dieser Welt. Oder fahren sie einmal quer durch alle Metropolen mit Yachthafen-
<37> - DE:BUG.83 - 06.2004
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bleepin' + clubby techno somewhere between Mika Vainio’s Sähkö releases + Richie Hawtin’s
Concept Series - GREAT!
CD
• = NEIN / ••••• = JA
zubringer und Strandpromenade. Bungalow schickt
das Le Hammond Inferno ins Rennen, um uns ein Jahr
Warten auf einen neuen Release vergessen zu machen.
Ein eindeutiger Start-Ziel-Sieg für die Kleinhausbesitzer aus Berlin, der keines Fotofinish bedarf. In 80 Tagen
um die Welt. Diese Zeit braucht es nämlich mindestens, um dem cosmopolitischen Reigen auf “This Is
Bungalow” gerecht zu werden, den das Inferno hier mit
soviel Energie und Eleganz innerhalb von 80 Minuten
lostritt. Da reichen sich u.a. Yoshinoro Sunahara, International Pony, Stereo Total, Maxwell Implosion, Sonido
Lasser Drakkar, Mina, Saint Pauli, Los Fancy Free, Extra
und natürlich das Inferno selbst die Hände und lassen
es so dermaßen krachen, dass man am liebsten seine
Wohnküche zerlegen möchte. Scheiße, wie geil seid ihr
eigentlich! www.bungalow.de
BAAS •••••
Playaz und einige mehr. Perfekter Flow von Anfang bis
Ende. www.cocoon.net
BLEED •••••
LUCIANO BERIO / BRUNO MADERNA - ACOUSMATRIX: HISTORY OF ELECTRONIC MUSIC VII
[BVHAAST/9109 - SUNNY MOON]
Berio und Maderna waren in den 1950ern die ersten,
die neben den schon nahezu traditionellen Studios in
Köln und Paris die elektroakustische Musik in Mailand
vorantrieben. Im Gegensatz zu den Deutschen und
Franzosen zeigten sich die beiden allerdings sehr viel
offener, was die Auswahl der Sounds angeht. Dieser damals völlig neuen ‘larger domain of sound phenomena”
(Berio) mittels elektronischer Musik galt ihr besonderes Augenmerk und lieferte ihnen die Möglichkeiten,
musikalische Gedanken ausgereifter, vielfältiger und
mehrdeutiger darzustellen. Auch die oftmals vernachlässigte menschliche Stimme findet ihren Weg in die
zuweilen streng wirkenden Kompositionen. Gipfeln tut
dieser Ansatz in Track Zwei, eine von Berio komponierte und vor Onomatopöien strotzende Hommage an
den rätselhaften und wortverliebten James Joyce
(1958), und in Madernas Stück “Le Rire” (1962, hier erstmals veröffentlicht), in dem über 16 Minuten erbarmungslos jedes Lachen bis in den kleinsten Atemzug
hinein analysiert und verbraten wird und synthetisches
und organisches Lachen ständig versuchen sich den
unsichtbaren Witz zuzuschieben. Radiokunst at its
very best, würde ich meine. www.bvhaast.nl
ED •••••
SWEEK - THE SHOOTING STARS SIGH
[CARTEPOSTALERECORDS/001]
Belgisches Label mit Musik, die sich irgendwo zwischen Elektronika der experimentelleren Art und einfachen Gitarrenstücken auf diesem Release von Sweek in
sehr sentimentaler aber irgendwie meist überzeugender Weise bewegt. Musik also für alle, die gerne mit
dem Picknickkorb in die Tiefgarage fahren und dort die
Nacht verbringen. Manchmal wird es aber auch hier leider ein wenig zu sehr Rock.
www.cartepostalerecrods.be
BLEED ••••
V.A. - CAP [CARTEPOSTALERECORDS/003]
Die dritte Veröffentlichung dieses sehr jungen Labels
aus Belgien, die hier mit einer extrem breitgefächerten
Compilation mit Acts, die mir fast alle neu sind, gleich
so perfekt klingen, als wären sie das Traumlabel fast aller Elektronika-Freunde die mehr erwarten als nur
schöne Melodien. Schon das Intro von Wixel mit seinem sehr kaputten Sound und den seeligen Gitarren zu
völlig verknarzten Lyrics erinnert mich an die besten
Tracks von Khonnor, und die besigen Breaks von
A.N.A.L.E.P.T. sind zusammen mit den digitalen Verschrobenheiten und den akustischen Instrumenten ein
echtes Fest. Any Drap machen auf elektronischere
Weise dann weiter, und es kommt ein schöner Track
nach dem anderen. Musik für alle, die das Zusammenspiel von Elektronik der digitalen Art mit klassischen
Indie-Instrumenten lieben, aber keines der beiden als
Füllsel sehen wollen, sondern von beiden etwas mehr
erwarten. www.cartepostalerecrods.be
BLEED •••••
Television Set: Boring Day / Future Today
Genetic Music 019 (D 12" @ ¤ 8,00)
44022
Again Stephan Metzger and Roger Semsroth show their view of how minimal wave sounds
today. Bands like early 80’s Snowy Red are obviously always on their minds and as usual
these tracks are simply to the point! The A-side "Boring Day" is a short and danceable electronic-punk-like track in the tradition of "The City" or "Neon City Girl" from their latest
album. The B-side "Future/Today" sounds like a tribute to early Human League. And again Mr.
Skanfrom finished the whole thing off by giving both tracks his voice.
Black Devil: Disco Club
Black Devil: Disco Club
Rephlex 146 (UK 12" @ ¤ 8,50)
3 trk EP, psychedelic disco from 1978:
a real party monster
44138
Rephlex 146 R (UK 12" @ ¤ 8,50)
3 trk EP incl. Kerrier District Rmx, psychedelic disco from 1978: a real party
monster
44137
DJ Godfather + Starski:
Tek / Freak / The 3
DJ Godfather + Starski:
Let's Go / Get Down / City Of Boom
D.E.T. Only 004 (US 12" @ ¤ 8,50)
classic Detroit bass DJ tool cuts
44184
D.E.T. Only 005 (US 12" @ ¤ 8,50)
kickin' detroit bass cuts, b1/w classic
"Work It To The Bone" sample
44183
Jersey Devil Social Club:
Homage at 121 BPM
Environ 018 (US 12" @ ¤ 8,00)
long upbuildin' minimal disco flav. deep
house grooves w/ A. Donatella on vox.
43931
DJ Nasty: Cherry Popper
MCEC 008 (US 12" @ ¤ 8,50)
7 trk EP, classic detroit booty bass
cuts w/ explicit lyric samples
44185
Bounce: Drop The Ball EP
B. Calloway: Deja Vu EP
Various Artists: The Minority EP
Electrofunk 2013 (US 12" @ ¤ 8,50)
electro bass 3 trk EP w/ warm + mellow synths
44186
Electrofunk 507 (US 12" @ ¤ 8,50)
furious electro bass 4 trk EP (new
release - old catalouge number!)
44189
Tunnel 7 002 (US 12" @ ¤ 8,50)
3 trk EP between smart spaced out
Detroit techno + bouncy electro bass
44190
Orlando Voorn: Tank
Jeff Mills: Expanded
Sole Tech: Back To The Future
Ignitor 003 (US 12" @ ¤ 8,50)
funky synth lines driven spaced out
electro/bass trks
44191
Axis 039 (US 12" @ ¤ 8,00)
superb 3 trk EP w/futuristic electronics+mindblowing club tracksRecommended!
44259
Detrechno 001 (US Do 12" @ ¤ 21,00)
classic Detrechno style electro bass
tracks - a timeless DJ tool!!!
13762
Randolph: About Last Night
Chez Damier: Spirtitual Warfare V.1
Theo Parrish: The Twin Cities EP
Mahogani M 9 (US 12" @ ¤ 10,00)
laid-back jazzy deep house w/s male
vocals
43940
Track Mode 052 (US 12" @ ¤ 9,00)
brilliant chordish house in best early
Prescription manner - killer!
44192
Harmonie Park 007 (US 12" @ ¤ 9,00)
ultra deep & slow upbuildin' Detroit
house grooves
43855
Diese Liste kann nur eine Auswahl aus unserem Angebot sein. Wenn diese Liste vom Drucker kommt,
sind manche Platten vielleicht schon vergriffen und andere wieder neu reingekommen (wir setzen nur
Platten in die Liste, die wir zu dem Zeitpunkt des eintippens auch wirklich am Lager haben!). Deshalb bei
Bestellung bitte möglichst Ersatztitel angeben. Normalerweise bekommen wir jeden Tag Lieferungen mit
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DAT POLITICS - GO PETS GO [CHICKS ON SPEED
RECORDS - HAUSMUSIK/INDIGO]
Klar, die Politics waren schon immer eine total verknautschte Kleinkindertruppe, das wird hier nur noch
offensichtlicher, weil sie ihre Platte gleich denen widmen, die einem das Leben so knuddelig gestalten, aber
wer denkt, sie hätten sich darauf auch schon reduziert,
der wird überrascht sein, wie sehr hier die klassische
Tradition von Werbesongs der 50er und 70er Jahre da
mit reinspielt und Dat Politics zu richtig abenteuerlichen Kompositionen veranlasst, die zwar immer noch
digital völlig verschroben sind, aber irgendwie auf eine
Tradition zurückblicken lassen, die Kinderreime und
Studioorchester zu einem echten Playground des magischen Wahnsinns macht, unter Bedingungen, die jeden dreijährigen zu einem echten Hacker machen würden und selbst Improvisations-Jazzer zum Staunen
bringen dürften. Wer Kleinkindermusik mag, die klingt,
als hätte die nächste Generation einen Quantensprung
gemacht, was die digitale Rafinesse betrifft, der
braucht dieses Jahr keine andere Platte als diese hier.
www.chicksonspeed-records.com
BLEED •••••
PORN SWORD TOBACCO [CITY CENTRE OFFICES /027 - HAUSMUSIK]
Hier wird mächtig was angegangen in ganz langsamen
Kameraschwenks. Wie hat Erik Satie eigentlich das
Grundrauschen aus seinen Aufnahmen für Soloklavier
löschen können? Wir können es nicht, also nutzen wir
es als Taktgeber in unseren impressionistischen Tastversuchen auf dem Hallklavier. Die Welt ist alles, was
die unendlichen Weiten der Tundra sind. Der Himmel
ist eine Kathedrale, der Mensch ein verlorener Piepton
auf dem Radar. Die Skandinavier von Porn Sword Tobacco trauen sich an eine schwer tiefenpsychologische
Traumreise in zehn Kapiteln, die das Außermenschliche hörbar machen will. Wir legen uns auf den Rücken
und lauschen ergriffen dieser Vermessenheit.
JEEP ••••
BRETT JOHNSON - BUSINESS AS USUAL
[CLASSIC - ROUGHTRADE]
Nein, das ist kein Album von Brett, sondern eine MixCD, aber das ist uns ebenso lieb, denn erstens ist er ein
guter Mixer und zweitens vertragen wir gerne eine
Mix-Compilation mit einem Haufen von Classic Tracks
von Derrick Carter, Rob Mello, Losoul, Tiefschwarz, Iz &
Diz, Unduceve, Mike Dixon, Roy Davis Jr. und anderen.
Familybusiness in dichtesten Grooves.
w.classicmusiccompany.com
BLEED •••••
O.M.F.O. - TRANS BALKAN EXPRESS
[ESSAY RECORDINGS/02 - UNIVERSAL]
Our Man From Odessa. German Popov. Ja, genau der,
der auch schon auf Shantels “Bucovina Club” zu hören
war. Doch Popov ist schon weitaus länger damit beschäftigt, den Noch-Hinterhof der Europäischen Union
ins musikalische Bewusstsein des Kontinents zu
rücken. Und das alles kommt nun mit dem “Trans Balkan Express” so richtig in Fahrt. Alt trifft neu, Moderne
auf Tradition. Da dubt es gewaltig von hinten, während
die Blaskapelle im Mittelgang zur Polka lädt. Oder der
Mundorgelspieler ravt zusammen mit unserem Mann
aus Odessa einmal durch den ganzen Zug. Und bei jedem Halt werden auf dem Bahnsteig dann erst einmal
in aller Ruhe die Instrumente ausgepackt. Vor’m nächsten Morgen ist da kein Weiterkommen. Und so soll
das auch sein. Lasst ihr euch mal schön von eurem Jetlag plagen. Wir heben erstmal einen. Na strovje!
www.essayrecordings.com
BAAS •••••
JOHN AQUAVIVA - FROM SATURDAY TO SUNDAY
VOLUME 5 [CLUB STAR]
Nö, das ist nicht besonders spannend, was er sich hier
zusammenmixt. Auf der einen Seite zwischen Technodumpfbackenslammern und Oldschoolhouse, auf der
eigentlich vor allem Zoo Brasils “Wow!” raussticht, und
auf der anderen Seite mit Freaks Creeps, Mathew Dears “Dog Days”, Chicken Lips, Tiefschwarz Spektrum
Mix eigentlich ein klassischer hittiger Start, nur dann,
Moonbootica, Rozzo, Abteilung Ton. Naja. Und groß
gemixt ist das auch nicht, das höre ich in Berlin jedes
Wochenende um Längen besser. Oder ich mix es mir
eben selbst.
BLEED •••
FUNK D’VOID - IN THE MIX
[COCOON RECORDINGS - INTERGROOVE]
Tja, wir hätten es nicht anders erwartet, das macht er
gut. Endloses Intro mit Strings und dann langsam ab in
die sehr bunte Technowelt, in der irgendwie alles nach
Detroit klingt, alles nach Klassiker, aber dennoch die
kleinteiligen Effekte und dichten Grooves nicht zu kurz
kommen. Kurzum eine Mix Compilation, die sich fast so
anhört, als wäre sie voller Tracks von ihm selbst, aber
dabei sind es Leute wie D5, Future Beat Alliance, Deetron, Dennis Desantis, Carl Craig, Luciano, Solid Gold
JOSEPH MALIK - AQUARIUS SONGS [COMPOST/170 - UNIVERSAL]
Mit seinem zweiten Album auf Compost geht der
schottische Singer-Songwriter zusammen mit Produzent David Donnelly zwei Schritte weiter. Vermehrt untermalen cluborientierte Beats und Sounds den Gesang, der sich wiederum zunehmend politischen Themen widmet. Das mag zunächst wie ein unfreiwilliger
Spagat erscheinen, entpuppt sich aber als vom Schicksal begünstigte Konstellation. Dort, wo die Musik besonders weich, für manches Ohr gar seicht erscheint,
ist seine Botschaft Gegenpunkt und Ergänzung zugleich. Malik bleibt auch im Uptempo und mit so interessanten Gästen wie Grand Unified, Aqua Bassino und
Steven Christie unverkennbar der groovende Denker
mit der bewegenden Stimme. Und so liebt man ihn oder man lässt es.
M.PATH.IQ •••••-••••
BALDUIN - S/T
[CRIPPLED DICK HOT WAX/93 - ALIVE]
Hat ein wenig gedauert bei Herrn Balduin. 2001 gab’s
seinen Erstling. Drei Jahre später hören wir wieder von
dem Schweizer. Alphorn, Japan, Jazz, Filmmusik, Sixties
und Niedlichkeit verpackt Balduin wesentlich schöner
als auf seinem Debüt. Die neuen Tracks (man höre etwa das wunderbar entspannte small-big-beatige “Slip
Slap”) wirken souveräner, vielseitiger und pointierter.
Wer einen unaufrdinglichen Electronica-Kiosk sucht,
sollte bei Herrn Balduin einkaufen gehen. Und wo wir
schon beim Marketing sind: Zu guter Letzt sei noch die
hübsche Gestaltung des ganzen Pakets durch das Büro
Destruct erwähnt.
CJ ••••
JASON KAHN / JON MÜLLER - PAPERCUTS
[CROUTON - A-MUSIK]
Zum Einstieg ein droniges Rauschen, immer mit Blick
auf die lodernde Glut, die langsam das Papier versengt.
Man war wohl ein wenig zu voreilig, Papier also
nochmal raus und bitte erst falten, nein, knüllen, zerreiben, reißen, rupfen. Also alles, was das Material hergibt, und schon fühlt man sich in Riedls “Paper Music”
von 1968 versetzt. Solche Bilder sind zeitlos, fügen sich
schon vorab inneinander, über Raum und Zeit hinweg.
Auch wenn dieses Medium nicht völlig zeitlos ist, sonst
wäre die Bearbeitung der “Papercuts” völlig sinnlos, so
hat es doch schon ein paar Jährchen auf dem Buckel.
Die Zeitspanne hier ist dagegen vergleichsweise flüchtig, aber doch schon ein wenig vergilbt, und das kann
man durchaus erwarten. Jedenfalls ein sehr hübsch verpacktes Angedenken, das die Erinnerung wieder ein
wenig auffrischt. Und so ist es gut.
XENYA •••
PANIC DHH - PANIC DRIVES HUMAN HERDS
[DHR - ROUGHTRADE]
Robbie Furze und Antti Uusimaki brettern sich hier eine böse verzerrte darke LP zusammen, in der selbst das
letzte Krabbeltier noch seinen Meister finden soll. Und
so quietscht es gedämpft, schreit wild im Hintergrund
und bollert mit allem was man so an Zerstörung gefunden hat recht amüsant für alle die sich von Musik erwarten, dass sie wie ein Brei aus einem Maschinengewehr kommt.
BLEED ••••
V.A - SCHWABING AFFAIRS [DIGGLER/012]
Nach den berühmt berüchtigten St. Pauli Affairs führt
uns die Reise nun ins Münchner Rotlicht der späten
Sechziger und der frühen Siebziger. Oder genauer noch
in die entsprechende Filmwelt, der damals z.B. Uschi
Glas entsprang. Kultige Kuriositäten und Raritäten aus
Beat, Hippie-Pop, Schmuddel und Trash konnten auch
hier wieder haufenweise zusammengetragen werden.
Neben dem auf Diggler bereits etablierten Peter Thomas, der u.a. die Kinks covert, treffen wir auf so amüsante Leute wie Johnny Harris oder das SupertrampGründungsmember David Llywelyn. Und was den Party-Faktor angeht, scheint es im Münchner Kiez seinerzeit noch heftiger zur Sache gegangen sein, als auf der
Reeperbahn. Definitiver Tipp für jeden, der sich nicht
nur über die entsprechenden Filme wie “Engelchen
macht weiter Hoppe, Hoppe Reiter” amüsieren kann.
www.diggler.de
M.PATH.IQ •••••-••••
PITCHTUNER - SPINY LURE [DOXA/16 - AL!VE]
Kinners, wat habt da denn da jemacht? Nee nee, kleiner
Scherz. Diese Platte sollte man sich nicht entgehen lassen. Denn sie entzieht sich mir gerade jeder Kategorisierung. Da treffen Electronics auf die guten, alten akustischen Instrumente. Und dann diese japanischen Lyrics in einigen Stücken. Versteht keine Sau, ist aber
auch egal. Denn das kickt und rockt an allen Enden.
Diese Platte nehme ich mit in den Sommer. Auf jeden!
Übrigens: Ich bin der Typ, der bei eurem nächsten Gig
in Berlin mit seiner Luftgitarre die Bühne entern wird.
Also nicht wundern.
BAAS •••••
V.A. - PLAYGROUND VOL.9 [ECCO.CHAMBER]
Ich mochte diese Serie von, tja, wie soll man es noch
nennen? Downtempo klingt so ultraflach und trifft es
eh nicht, Nu Jazz klingt zu jazzig, und was bleibt? Wir
wissen es nicht. Jedenfalls von Swell Session und Ste
van B compilierte und gemixte CD mit lässigen Breaks,
lockeren Beats, funky Basslines und sehr lockerem Sound durch und durch. Mit dabei natürlich Jimpster,
Dom Um Romao, Watkiss, Bobby Hughes, aber auch
London Electricity und The Flaws mit MC Chick-A-Boo.
Eklektizistischer Groove durch alle Sparten, manchmal
ein wenig belanglos, aber dann auch wieder perfekt.
www.eccochamber.com
BLEED ••-•••••
SONOLUCE - [ECCO.CHAMBER]
Sehr smoothe, dunkle und groovende Tracks von Uwe
Walkner aus Österreich mit Vocals und anderen Gästen, die irgendwie sehr elektronisch bleiben und nicht
so sehr wie vieles in diesem Genre in jazzige Normalität abdriften, sondern eher tiefliegende analoge Welten auftun, in denen man Funk erst mal für sich wiederentdecken will. Sehr lässig in den Beats und gerne
auch mal bis hinab zu einem Dubtrack eine Bandbreite
aufzeigend, die immer überzeugend wirkt. Smooth und
relaxt aber definitiv nicht kitschig.
www.eccochamber.com
BLEED ••••
SAGOR & SWING - ORGELPLANETEN [HÄPNA/016]
Ich habe diese CD ja im Verdacht, nachts zu leuchten,
kann das aber gerade mangels Dunkel nicht verifizieren, aber ich weiß auch so, dass das hier bester Schifferklavier-Style ist und für alle mit einem Hauch Romantik und Wehmut in diese Richtung genau der richtige Griff. Man sollte aber auch bereit sein das Ganze
plötzlich in eine Easy Listening-Orgelwelt transponiert
zu sehen und Musik liebhaben, die so harmoniesüchtig
und daddelig ist, wie es nicht mal die fröhlichste Truppe von Kadetten-Wiedervereinigungs-Rentnerpartys
wäre. Anscheinend, so das Info, unterscheidet sich diese Platte, einer Band, die sich gerade traurigsterweise
aufgelöst hat, übrigens von den anderen beiden dadurch, dass Akkordeon und Moog frisch ins Instrumentarium übernommen wurden. Manchmal ist die Welt so
einfach. www.hapna.com
BLEED ••••-•••••
O.M.F.O. - TRANS BALKAN EXPRESS
[ESSAY RECORDINGS/02 - UNIVERSAL]
He, das kenne ich ja, das ist doch Trans Europa Express
von Kraftwerk. Was singt der da? Trans Balkani Express? Und singt der da über Wodka? Ah, der orientalische Gewürzbasar lässt grüßen. Alle sind gekommen,
sogar Popov der Clown. Eine Karawane von Bauchtänzerinnen zieht an mir vorbei. Spätestens wenn Dschingis Khan sich im vierten Track mit seinen Hus und Has
zu Wort meldet, muss ich mich fragen, was hier los ist.
Hätte ich in meiner Kindheit nicht so viel Nintendo gespielt, müsste ich das jetzt nicht mit diesem nervigen
Sound assoziieren.
NATASCHA ••
STENDEC - A STUDY OF “AND”
[EXPANDING RECORDS/15:04 - CARGO]
Stendec ist das Projekt der beiden Expanding-Chefs
Paul und Ben, die hier ihre gesammelten 7”- und 10”Werke kompilieren und ein paar neue Tracks zuschießen. Dabei geben beide den fast schon klassische
Komponisten, rollen in ihren Sounds das alte BBC-Archiv auf, erfinden den Soundtrack zu den Tripods wieder neu und lassen die Beats rollen. Vier Jahre werden
auf dieser CD durchgewunken, lässt unvergessene Momente in einem neuen, noch hellerem Licht erstrahlen
und beweist mal wieder, dass Elektronika nicht so klin-
gen muss, wie wir das jeden Tag erleben. Stendec heißt:
Tradition als Chance. Go!
www.expandingrecords.com
THADDI ••••
HANIN ELIAS - FUTURE NOIR
[FATAL RECORDINGS]
Der Titel trifft es nur zum Teil. Noir - ja, dunkel ist das.
Hymnisch, mit fast sakralem Hall und einer ebensolchen, feierlich bis beschwörerisch klingenden Attitüde,
breitet sich Hanin im ganzen Raum aus. Riot ist das
nicht, eher der Soundtrack zu einer pathetischen Party
von Gothik-Jüngern in schwarzen Gewändern. Die waren ja bekanntlich nie sehr zukunftsorientiert und
schon gar nicht optimistisch. Auf einer Bühne mit Diamanda Galas und Joachim Witt würde sich die Ex-Atari-Teenage-Riot-Lady sicher gut fühlen. Dass sie sich
vor ein paar Jahren feministisch äußerte, die männerdominierten Strukturen des Musikbiz harsch kritisierte
und als Konsequenz ihr eigenes Label Fatal-Recordings
ins Leben rief, macht sie zwar sympathisch, aber musikalisch geht es mit “Future Noir” leider nicht nach vorne, sondern eher in den Folterkeller, nicht in Richtung
Zukunft, sondern in Richtung Addams-Family, wobei
dieser noch ein gewisser Humor zu eigen ist, den sich
Hanin leider über die Jahre abgewöhnt zu haben
scheint. al-recordings.com
ARNE ••
MOCKY - ARE + BE [FINE. - FOUR MUSIC]
R’n’B stinkt nicht, zumindest nicht in Mockys Version,
die einen mit so sleazy welker wie furios melodiöser
Musik umgarnt. Wenn Mocky das Mic zum Singen ergreift, ist das weder übermäßig kitschig noch horrend
80er, sondern insgesamt einfach eine sehr charmant
individuelle Version von bodennaher Popmusik mit
Songwriterappeal, die das, was in den letzten Dekaden
so den musikalischen Weg gekreuzt hat, in überzeugend zuckriger Art verbrät und dabei oft auch noch
rockt ohne zu kleben. www.mockyrecordings.com
CAYND •••••
MERZBOW - SCSI DUCK
[FOURTH DIMENSION/FDCD66]
Zum Glück gibt es die Musiker da draußen, die der allmonatlichen Flut von Warmduscher-Electronica, billigsten Warp- und Rephlex-Ripoffs und infantilem Geklimper mit trashiger Drummachine was Ordentliches
und Ausdruckstarkes entgegensetzen können. Und das
sollte am besten auch jeden Monat passieren, eine Aufgabe, die Masami Akita aka Merzbow problemlos meistert. Vier neue Tracks des Japaners, insgesamt über 70
Minuten, stöhnen genauso wie ich über die unfaßbaren
Massen elektronischer Schlumpfmusik und bauen
große Mauern auf, um bloß nicht den kleinsten Einfluß
zuzulassen und um sich ohne Rücksicht in eine Isolation einzukerkern, die dem Noise, ich meine dem puren
Noise, der erbarmungslos randvolle Überschüße an
Bedeutung garantiert, und seinen Rezipienten immer
eigen bleiben wird. Daran wird sich nie was ändern und
dennoch wird es immer gut und wichtig bleiben.
ED •••••
TREVOR LOVEYS - INTASTELLA [FREERANGE/010]
Obwohl Trevor Loveys als eine Hälfte von Switch seit
der ersten Maxi “Get Ya Dub On” gleich doppelt gefragt ist, veröffentlicht er gerade jetzt sein FreerangeAlbum-Debüt “Intastella”. Darauf schüttelt er ganz im
Sinne seiner ersten beiden Maxis “The Bounce” und
“Elevate Your Mind” und dem neuen, unerwartet
dicken und trockenen Housebootsrocker “Feel The
Horns” (mit Remixen von Hipp-E und Shur-I-Kan) noch
einige andere Styles aus dem Ärmel. Das Ergebnis repräsentiert dann aber doch schlüssig seine Sozialisation im Geraden, ohne dabei nun auf gefühlvolle Brüche
zu verzichten. Je weniger er bounct, desto mehr greift
er zum Analogen, bleibt aber in der Produktionsweise
kristallklar. Damit entwirft er in meinem Kopf ein Design für eine lichtdurchflutete Ledersofalandschaft mit
funktionaler Noblesse, die fast ohne jede Ecke allerdings auch wenig Reibungspunkte liefert.
www.freerangerecords.co.uk
M.PATH.IQ ••••
AEROC - VISCOUS SOLID
[GHOSTLY/30 - ROUGHTRADE]
Während Spectral immer jackender wird, geht Ghostly,
das Mothership, ganz andere Wege. Aeroc ist Geoff
White, den wir schon von Force Inc und Traum kennen
und der seit seinem Umzug nach Barcelona offenbar
ganz andere Seiten und Saiten aufziehen will. Voller Gitarren und ambienten Drones steckt sein neues Album,
ein bisschen spooky kommt es daher, und wenn auch
alles eigentlich ganz prima anläuft, mutiert die Platte
auf dem Weg doch eher zum leicht irritierenden Teppich, den man lieber auf dem Hof hängen lässt. Bergund Talfahrt eben. Wird die Stimmung freundlicher,
kann es sogar zu Soli kommen. Kurze große Momente,
aber sonst? Zu daddelig.
www.ghostly.com
THADDI ••
SOLVENT - APPLES & SYNTHESIZERS
[GHOSTLY/35 - ROUGHTRADE]
Lieber Jason, ich glaube, wir kennen uns jetzt seit sechs
Jahren. Immer wenn du eine Platte machst, hüpft mein
Herz vor Aufregung, weil wir mit den selben Platten
aufgewachsen sind und du diese Idee seit jahren immer
weiter verfeinerst. Synthiepop par excellence. Da muss
ich tanzen und ich tanze gerne. Nach deinen EPs auf
Ghostly hast du denen jetzt ein Album gegeben und ich
finds klasse. Die alten Synths leben mittlerweile als Audiospuren auf deinem Rechner, fühlen sich pudelwohl,
werden immer noch von der 808 ins Bett gebracht und
zwitschern wie auf einem Klassentreffen. Die großen
Hits der Maxi sind auch mit auf dem Album und
stecken den Rahmen für die neuen Tracks ab. Jason, ich
finds toll. So toll. Weil du die gute alte Zeit so modern
anmalst, viel über Detroit nachgedacht hast und gerne
mal was übersteuerst und dann immer wieder so fulminant in die Tasten haust und die Mäuse mit dem Vocoder aus dem Netzteil lockst. Und ich glaube, auch du
tanzt gerne. Wenn du in deinem kleinen Studio sitzt,
das alte Schwanenhals-Mikrofon zu dir rüberziehst,
schnell noch ein Kabel in die richtige Buchse drückst
und dann den Sequenzer startest. Natürlich hast du zu
diesem Zeitpunkt schon längst Stunden damit verbracht, alle Geräte zu stimmen und dann geht es los.
Danke für die dreizehn Tracks, Jason. Gerne würde ich
mal vorbeikommen und unter deinem Vince-ClarkeStarschnitt eine Brause mit dir trinken. Aber du wohnst
ja in Kanada und ich in Berlin. Drum schreibe ich dir diesen Brief. Und der ist jetzt vorbei. Bis bald, dein Thaddi.
www.ghostly.com
THADDI •••••
PATRIK TORSSON - KOLVÄTESERENADER
[HÄPNA/015]
Ich kann nur hoffen, dass ich den Titel richtig geschrieben habe. Patrik scheint auf einem Tanker zu arbeiten,
sagt jedenfalls das Info. Wenn er dann heim kommt,
der alte Seemann, dann schreibt er verzauberte digitale Musik, zu der er Geschichten erzählt, die ich mangels
Schwedischkenntnissen leider nicht verstehe, man
kann ja nicht alles können, deren genereller Vibe aber
zu sein scheint, dass alles irgendwie klingen muss wie
diese unheimliche Vorstellung, die man sich von einem
Ungetüm aus Rohren und Natur macht, aus dieser Konstellation von zu großen und zu untergründigen Maschinen und Organismen, die so geschlossen scheinen,
dass jeder Hall sich fortzupflanzen scheint, aber dennoch so offen, dass sie immer Hoffnung an der Angel
haben. Sehr schön. Vielleicht noch schöner, wenn man
Schwedisch kann. Zum Reinhören empfehlen wir den
Track “Lotsenbrüderschaft Elbe”. Irgendwie Musik, die
mit Leichtigkeit mehr sein kann als ein Film oder Buch
je könnten. www.hapna.com
BLEED •••••
SLICKER - WE ALL HAVE A PLAN [HEFTY]
Da hat John Hughes aber wieder mal eine angenehme
Sache auf die Welt losgelassen. Das ist seine Elektronik. Das ist Soul und HipHop mit Pop und Gesang
obendrauf, wie Sahne. Man hört es und bewegt sich. Innen und außen ist es tanzbar und hat Untermalungsqualitäten gleichzeitig. Vom ersten bis zum letzten
Song eine Linie verfolgend, bringt einen die Platte in
Stimmung, sich tierisch auf einen Abend zu freuen.
Man sieht Gangstas dunkle Straßen entlanglaufen und
gleich darauf eine schöne Frau in kurzem Kleid auf einem Piano abhängen. Ich glaub, ich versteh, was er will.
NINA •••••
CAPOEIRA TWINS - REANSVILLE HEIGHTS
[HOPE RECORDINGS/045 - AUDIOPHARM]
Also. Wenn ein Projekt einen solchen Namen trägt,
ahnt man doch schon von vornherein nichts Gutes.
Aber: Wie das Leben nun mal so spielt - es steckt voller
Überraschungen. Nix mit Birkenstock-Langhaar- Alternativ-oder-wie-auch-immer-ich-steh-ja-total-auf-die-
se-Lebensart-der-Südamerikaner-Mief. Neee! Weit gefehlt. Hier rollt es gewaltig. Auf die angenehme Art und
Weise. Leicht und elegant. Hier tanzt man hüftbetont.
Da darf es dann gern auch mal ein wenig schmutzig
werden. Und mit “Four (4x3)” wird es dann auch noch
so richtig(!) booty. Shake-a-delic Baby! Reansville
Heights. Täler gibts da eigentlich keine. Nein. Nur Gipfel. Willkommen im Drum-and-Bass-Break-Step-Hip-Electro-Jazz-Soul-Wunderland der Capoeira Twins.
www.capoeira-twins.com
BAAS •••••
TETUZI AKIYAMA & JOZEF VAN WISSEM - PROLETARIAN DRIFT [BVHAAST/0404 - SUNNY MOON]
Proletarisch ist hier im Grunde nichts (abgesehen vom
Selbstbild der beiden Improv-Musiker; es handelt sich
um Vol.6 der Proletarian Meeting Series), Drift kommt
der Sache aber schon wesentlich näher, wenn sich die
Wege von Akiyamas Gitarre und van Wissems Renaissance Laute kreuzen. Schüchtern und verwegen, langatmig und feingliedrig, alles trifft zu, alles stimmt und
so kann dann auch wirklich ein proletarischer Drift erzeugt werden, der sich nie aufdringlich durch hunderte
Leerstellen schlingelt.
www.bvhaast.nl
ED •••-••••
V.A. - STRAIGHT TO VIDEO
[ILLICIT RECORDINGS /004]
Eine Compilation, die noch mehr Spaß macht, als sie
dies ohnehin schon tut, wenn man mal ein wenig auf
der Homepage von Illicit Recordings aus London stöbert. Denn hier macht das Thema Konzepttonträger
wirklich Lust auf mehr. Da treffen sich Leute wie Blue
States, Jack Planck, Jadell oder Howie B und lassen sich
zum größten Teil von Filmen inspirieren, die es gerade
mal in die Videotheken dieser Welt geschafft haben
oder, sagen wir mal, in Europa total gefloppt sind. Filme, die allein vom Titel her oft schon so daneben sind,
dass sie schon wieder gut sind. “Straight To Video”
eben. Die Idee dazu stammt von Damon Baxter aka Deadly Avenger, der ebenfalls ordentlich in die Kreativkiste gegriffen hat. Oh Mann, da wünscht man sich am
Ende doch glatt einen Film zur Platte. Und so hoffen wir
fleißig weiter auf die Produktion von”Straight To Video”- Filmen, damit vielleicht irgendwann einmal eine
Fortsetzung dieser wunderbaren Compilation erscheint. www.illicitrecordings.com
BAAS •••••
FE-MAIL - SYKLUBB FRA HÆLVETE
[IMPORTANT/033 - TARGET]
Letztes Jahr kam das kostbare Album bereits als sehr limitierte LP auf dem norwegischen Label TV5, jetzt liegt
es zum Glück wieder mit zwei Bonus-Tracks als CD vor.
Fe-mail, das sind die beiden äußerst attraktiven Ladies
Maja Ratkje und Hild Tafjord und was die zwei an Musik generieren, hat nichts mehr mit der Sexyness der
Mädels und dem dazu passenden pinken Coverartwork
zu tun. Zehn Tracks bomben euch nämlich hemmungslos die Hose zu. Allerlei Digital- und Analogquietschen
und -rütteln treffen ungeahnt aufeinander, dazwischen
tummeln sich verhackt kurze Stimmfragmente der beiden, kratzen abgefuckte Vinyls ab und sogar Sindre Andersen ist auf einem Stück an der Gitarre zu hören. Alles in allem handelt es sich um eine herrliche und unberechnbare Noisearbeit, wie sie so noch nie dagewesen zu sein scheint. Top! www.importantrecords.com
ED •••••
AMUTE - A HUNDRED DRY TREES / UNE CERTAINE
D’ARBRES SECS [INTR_VERSION/12 - HAUSMUSIK]
Tja, gerne würden wir euch verraten, wer hinter diesem
Projekt steckt, aber außer, dass der junge Herr aus
Brüssel kommt, lässt sich auf dem Cover leider nicht
wirklich etwas entziffern. Macht nichts, bei Intr_Version liegt man eigentlich immer gut, so auch hier. aMute
ist auch so jemand, der es gerne weit und vertrackt
liebt und seine Vorstellung von kanadischen Gitarren
und jede Menge Processing auf ein Album packt, dass
wir von nun an öfter hören werden. Unscharfe, friedvolle Euphorie mit Vocals, einer eindeutigen Liebe zum
Kranky- und Constellation-Sound und immer wieder
Bitcrusher-Flächen im Steinbeißer-Style. Dabei ist hier
alles sehr liebevoll arrangiert und die Gitarre steht eindeutig ganz vorne dran und wir stellen uns diesen jungen Mann so vor, wie er in einem großen Konzertsaal
seine Tretminen auspackt und alle ganz andächtig an
die Kronleuchter schauen. Herrlich.
www.intr-version.com
THADDI ••••
KIILA - SILMÄT SULKASET [K-RAA-K/043]
Eine sehr bezaubernde Platte mit Folkmusik voller Melodiegräben und vielleicht irgendwie schräg, aber dennoch so getragen, dass man sich sofort davon überzeugen lässt, dass es hier um eine Art von Tanz geht, den
die bösen Schwestern und Brüder von Mum veranstalten, damit die, nuja, in ihrem Elektronikadorf bleiben.
Magisch und unbegreiflich auf eine gewisse Art aber
dennoch mit einem Hauch Pop. 8 Tracks aus dem Herzen Finnlands. Vermuten wir mal. www.kraak.net
BLEED •••••
ES - KEIKKEUDEN KAUNEUS JA KÄSITTÄMÄTTÖMYYS [K-RAA-K/041]
Irgendwie ist Kraak auf einmal das Label für Finnische
Popmusik auf Abwegen. Erstaunlich. Auch auf Es wirkt
alles so unglaublich gut arrangiert und so dicht, aber
dabei dennoch völlig ungewöhnlich, als gäbe es in
Finnland einfach andere Albträume als im Rest der
Welt. Verschroben und glimmend, wie Musik für das digitale Lagerfeuer (nein, nicht der Bildschirmschoner,
sondern die pure Wärme der Prozessoren) und gleichzeitig dann auch noch immer mit soviel Raum, dass
man vielleicht doch mal wieder an Fantasy glauben
könnte. Als Bonus das totale Hippiecover.
www.kraak.net
BLEED •••••
ALEXANDER KOWALSKI - RESPONDED - A COLLECTION OF REMIXES [KANZLERAMT/108 - NEUTON]
Eine Remix-CD zum Album von ihm, zu der es ja auch
noch mal wieder Auskopplungen gibt, die vor allem
deshalb auffällt, weil sehr viele Leute irgendwie zu versuchen scheinen, wie Kowalski zu klingen. Das ist letztendlich keine dumme Idee, schließlich sind KowalskiTracks ja immer etwas Besonderes, aber irgendwie hätten wir uns fast gewünscht, es hätten sich mal andere
als die üblichen Verdächtigen die Kowalski-Tracks vorgenommen. Dabei und dennoch immer grundsolide:
Joris Voorn, Funk D’Void, Naughty, Advent, Samuel L,
Josh Wink, British Murder Boys, Dannis Desantis und
natürlich Kowalski selbst. Melodiöse, wuchtige Technotracks für die deeperen Stunden.
www.kanzleramt.com
BLEED ••••-•••••
LE CHARMANT ROUGE - POST NO BILL
[KARATE JOE/14 - MDOS]
Wie aus einem Guss eintwickeln Le Charmant Rouge
hier ihre Ideen, die konstant um Band und Instrumente
kreisen. Klassische Vierer-Combo eben mit einem Haufen von Gästen. Verspielt und vielseitig, mit einem
Hauch Elektronik ist das streckenweise ein wenig gewöhnungsbedürftig, weil hier Harmonien so wie wir sie
kennen nicht wirklich ernst genommen werden, dann
aber immer wieder Tracks als Songs in den Topf geworfen werden, die mit ihren straighten Basslines und warmen Streicher-Arrangements dem neuen Jahrtausend
den Moonflower auf die Mütze setzen. Und dann sehen
wir mal weiter.
THADDI •••
WASHER, ZIMMER & THE GUITAR PEOPLE - EAT
YOUR FRIENDS [KEPLAR/10 - HAUSMUSIK]
Zum Release-Geburtstag von Keplar hauen mich Washer und Zimmer gleich mal um. Nicht unfair das, sondern eher Bedingung, denn diese ausgewaschenen
Drones (Blue Jeans war gestern) erstrahlen so glasklar
in diesem anderen Blau, dass beim nächsten PantoneFächer wohl einiges gerichtet werden muss. Aber zur
Sache: Die Jungs von “Radio Magenta” haben ihre
Rechner vollgepackt mit wunderbar fließenden Drones
und Sounds und weil sie Rock’n’Roll eben doch cool,
finden, dann Gitarren drüber ausgegossen, oder besser
ausgießen lassen. Was? Nein, ist nicht so neu die Idee,
aber “Eat Your Friends” ist irgendwie anders, perfekter,
runder, tiefer, größer, emotionaler, vielfältiger. verschroben trauriger. Ein Album so groß wie eine Wand,
in die ich ein Loch bohren möchte, weil dahinter ... na
ihr wisst schon. www.keplar.de
THADDI •••••
NOM - [KIDDO - SONY]
Endlich. Endlich können wir im Büro mal was anderes
hören als immer nur 10CCs “I’m not in love”. Aus der
Asche von “BMX Bandits” und “Superstar” steigt der
unverhohlenste Schmachtindiepop auf, der sich an die
ganz Zartbesaiteten ranschmeißt. Was für ein Eiertanz
• = NEIN / ••••• = JA
auf dünnstem Porzellan. Ob Joe McLinden und
David Lockhart den lieben langen Tag auf Knien
vor ihren Angebeteten rumrutschen? Oder sind
sie nur abgebrühte Mitschnacker, die ihr Handwerk drauf haben? Wie viel Kreide muss man fressen für solch eine Stimme? Ihr merkt schon, immerhin ein Duo, das Fragen aufwirft.
JEEP •••
sind eh nur sieben Tracks) wie “Black Planet” oder
“The Woman Just Stood There”. Quality-ControlManagement wäre bei Warren Suicide jetzt echt
gefragt, denn eigentlich haben sie eine ziemlich
sympathische Trashattitude, die auch vor Hightech-Methoden nicht zurückschreckt und gut aber
stylisch kaputt klingen kann.
www.warrensuicide.com
BLEED •-••••
V/A - FUTURISM AIN’T NO SHIT TO ME
[KITTY YO/KYO001 - MDM]
Ausdifferenzierung galore: Aus HipHop krabbelt
bereits seit einiger Zeit so etwas wie Alternative
HipHop, aus Kitty Yo wird im Joint Venture mit
Silke Maurer nun KYO als Plattform geboren. Die
Aliens fangen an zu tanzen, denn um Bewegung
geht es auf der an den hier auch vertretenen Gonzales-Track angelehnten 18-Track-Compilation
ganz klar. Blahblahblah. Na jedenfalls finden sich
hier schlichtweg kickende Dinger abseits irgendwelcher Charts, die einen einfach mitreißen. Und
die großen im Kleinen sind schon auch dabei:
Funkstörung, Pole, Antipop Consortium und
Dälek (neulich noch mit Fuast unterwegs) sind ja
nun keine Newcomer. Nischen oder Hauptstrom,
Futurism oder Retroism: eigentlich scheißegal,
die Tracks hier bewegen den Arsch.
CJ ••••
MISS KITTIN - I COM [LABELS]
Das Solodebüt von Miss Kittin überrascht mit
ausgeprägten Exkursionen in IDM- und Elektronikaweiten, um die sie ihre selbst reflexiven Vocals baut. Zusammen mit Tobi Neumann und
Thies Mynther navigiert sie meist geschickt am
Electropop vergangener Tage vorbei (außer auf
der einzigen Zusammenarbeit mit The Hacker)
und lotet von rauschend knisternden, stimmungsvollen Tracks bis zu kölsch schaffelnden
und x-rated Bootyfunk (mit LA Williams) alle Facetten elektronischer Musik aus und vermitteln
damit ein sehr persönliches Bild von der Welt von
Caroline Hervé, das sich eben nicht nur durch die
Texte transportiert wird. Den wohl unausweichlichen Punkrocksong hätte sie sich wirklich sparen
könne, anonsten ein sehr cooles Album, das überrascht, wie gesagt.
SVEN.VT •••••
DAEDELUS - A GENT AGENT
[LABORATORY INSTINCT - NEUTON]
Noch verwirrender und noch massiver als seine
CD auf Plug Research vor kurzem ist dieses
Machwerk hier, das sich eigentlich gar nicht mit
der Meanwhile EP überschneidet, Daedelus ist
einfach zu produktiv. Breakbeats überall und soviel deepe Jazzerinnerungen, so verschlungene
Pfade aus alten Filmen, HipHop Tracks, Streichern für einen gemalten Mond, Thrillersounds,
Breakbeatgebretter, da gerät man einfach wie
von selbst ins Aufzählen, wenn man sich diese
Tracks anhört, denn sie spielen mit den Erinnerungen, die man an die diversesten Szenen von
Musik herum und mehr hat, als wäre das alles ein
Mikrokosmos, von dem aus man die Welt verstehen kann. Subtil jetzt, danach wieder brachial,
dann zärtlich und schon wieder mit dem Holzhammer und so gebrochen, dass es fast weh tut,
wenn es nicht soviel Spass machen würde. Perfekte Platte für alle, die viel Information vertragen und dabei dennoch gerne so zutrauliche Musik mögen. www.laboratoryinstinct.com
BLEED •••••
TOM NOBLE [LAWS OF MOTION - PP SALES]
So langweilig kann Luxus sein. Der Jungspund
Tom Noble rackert sich mit größter Gewissenhaftigkeit und viel Aufwand zwischen West London
und Philly durchs Dickicht des Non-Sneaker-Ausgehbusiness’, dass es eine wahre Freude für Menschen mit scharfem Ohr und schwachem Herzen
ist. Wenn man nicht ganz so scharf hinhört, ist
das alles aber leider nur Easy-Listening-Disco mit
einem letzten synkopischen Twist. Schweineexakt produziert, natürlich.
JEEP •••
V.A - BRAZILUTION 5.2
[MINISTRY OF SOUND - EDEL]
Bei Brazilution bleibt das Konzept unverändert.
Eine Flut feinster Dancetracks der letzten Monate wird durch einige Exklusivtracks ergänzt bzw.
unterbrochen. Während auf der sonnigen Seite
Marcos Valle, Natures Plan (beide Far Out), Jazzinho (Ecco.Chamber), Ian Pooley auf Patricia
Marx und Max de Castro (beide Trama) treffen,
tanzen des nächtens mit Nicola Conte, Gerardo
Frisina, Vuca (alle Schema), Masters At Work,
Jimpster, Seiji, Kyoto Jazz Massive, P´Taah und
John Beltran noch mehr VIPs die Caipirinha. Insofern ist schon jetzt klar, was diesen Sommer in der
nächsten Lounge läuft.
M.PATH.IQ ••••
WARREN SUICIDE [LEITERNFABRIK SCHALLPLATTEN - SPV]
Dies hier ist merkwürdigerweise ein DVD/CD Release mit diesen altbekannten Tracks des brummenden Suicide-Elektrorockers, der mir auf CD
irgendwie sympathischer ist als auf Vinyl, aber
der trotzdem kein Englisch kann, was ein wenig
peinlich wirkt, grade weil die Musik ja eher cool
tut und das auch durchaus erfüllen kann. Der beste Track ist irgendwie dieses Punknoodleduett
“12” weil es am verspieltesten ist, oder vielleicht
doch der Slowmotion-Brummelrock mit ExtraTröte Namens “Butcher Boy”? Leider gibts halt
auch jede Menge Ausfälle (äh, jede Menge? das
MONNE AUTOMNE - INTRODUCING LIGHT
AND SOUND [LOFI STEREO - KOMPAKT]
Pier Bucci, Argenis Brito und Lucien Nicolet mit
einem überfälligen Album auf C Rocks Label, das
so flüsternd und verdubbt beginnt, dass man es
für eine Schneeflocke halten könnte. Nach und
nach entwickelt sich aber dann dieses analoge,
percussiv dichte Flair von Musik, die klingt, als
wäre es genau das, was Ricardo zum Frühstück
hört und mit auf die einsame Insel nimmt. Extrem
upliftende Melodien, wie man sie vom LucianoAlbum kennt, und irgendwie befreit vom Dancefloor-Druck für dieses Albumprojekt, wäre ich
aber dennoch froh, diese Tracks wie einen frischen Bach voller Melodien so oft wie möglich im
Club zu hören, denn nach Isolée war glaub ich
kaum etwas verliebter in diese Art von Harmonik.
Wunderbare Platte von Anfang bis Ende.
www.lofi-stereo.de
BLEED •••••
MARCO BAILEY - RUDEBOY
[MBELEK/014 - NEWS]
He, das steigt gut ein. Psychotischer Nacht-undNebel-Elektro kämpft sich aufrecht durch die
Trance-Fallen und hat Detroit immer fest im
Rückspiegel. Der Belgier Marco Bailey hat die
ganz großen Hallen im Blick, die will er mit Stil in
Grund und Boden rocken (statt mit Ironie wie
Scooter). Ab Track drei fürchtet er sich dann aber
vor seiner eigenen Courage und holt den blanken
Schruppertechno mit offener HiHat raus, wie es
Slam oder Funk D’Void in ihren schwächsten Momenten passiert. Danach findet Bailey nur noch
ansatzweise zur Eingangsform zurück. Schade.
JEEP ••••-••
PHILIP SAMARTZIS - SOFT AND LOUD
[MICROPHONICS/01]
Eigentlich für acht im Kreis stehende speaker
konzipiert, aber auf CD funktioniert das ohne
weiteres blendend. Samartzis’ field recordings
aus Japan, aus dem Tempel, den Wäldern, der UBahn etc., gehen in ungeahnte Tiefe. Den für Japaner selbstverständlichen Alltagslärm mutiert
der Australier zu seiner Form von Hyperrealismus, der allen touristischen Voyuerismus ablegt
und sich auf die Gegensätze artificial vs natural
und silence vs noise konzentriert, um puren Realismus mal nicht nur puren Realismus sein zu lassen. Denn sein Computer dehnt und zerrt so
manches Phänomen zu ungehörten Erlebnisbündeln oder selbstreflektierenden Lücken, so dass
gewohntes Hören zur bloßen Erinnerung verkümmert. Sehr spannend.
www.philipsamartzis.com
ED ••••
BIZZ CIRCUITS PLAY - INTIFADA OFFSPRING
[MILLE PLATEAUX/123]
Auf der CD dieses Releases, das es wohl auch als
DVD geben wird, finden wir die Liveauftritte an
verschiedensten Orten, die Sebastian Meissner
mit seinen Random Inc Releases u.a. gemacht
hat, und sind erstaunlich funky und dennoch
spartanisch und klickernd dissoziiert. Musik, die
klingt wie on the spot von ihm und seinem Computer erfunden, um mit der Kultur, für die Meissner oft genug steht, herumzufunken. Eigenwillig
und versponnen aber sehr lässig in der Art, wie es
selbst dann noch kickt, wenn man es gar nicht
mehr für Möglich gehalten hätte.
BLEED •••••
THOMAS KÖNER - NUUK
[MILLE PLATEAUX/124 - MDM]
Da ich das Releas auf Barooni nicht kenne, kann
ich auch nicht sagen ob dies hier ein Rerelease ist,
ist mir aber auch egal, denn diese eisige Dichte,
die dennoch immer harmonisch ambient bleibt
und in einem Sound kommt, der wie aus einem
Guss ist, ist einfach so unglaublich schön, dass
man nur froh sein kann, dass diese Platte wieder
erscheint, wenn dem so ist. Musik, die klingt wie
das Restrauschen eines Atommeilers im Ewigen
Eis, das irgendwie zur Seite eines noch größeren
Instruments geworden ist, auf dem die elegischen Weiten der nächsten Jahrtausende vorgedacht werden. Massiv.
BLEED •••••
SLOWBLOW - [MOBILÉ/4 - HAUSMUSIK]
Manchmal wird einem alles zuviel. Der Hofblick
wird einem zugebaut. Die Distelmeyerschen
Haufen von Geschichte schlingen sich einem um
den Hals, weil selbst Kellerleichenreduktionen
nicht mehr gegen die Historien und reflexiven
Schlaufen ankommen. Und dann wird Mann/Frau
kurzatmig und legt Slowblow in die noch funtionierende Anlage ein. Und dann suhlt Mann/Frau
sich. Und reinigt und driftet und kämpft und
grinst und und und. Seltsam, diese isländische
Band gibt es schon seit mehr als zehn Jahren. Sie
wurden bereits von Gus Gus und Ivo (Cocteau
Twins) gecovert. Aber es musste wohl erst die Poparchäologie beauftragt werden (hier Múm, deren Kristín auch auf vier Slowblow-Stücken singt),
um diese wunderbaren Zerbrechlichkeiten auf
den Kontinent zu bringen. Ein neues Hochlicht
der aufrichtig traurigen Musik zwischen Drumbox, Dachboden und 4AD-Reminiszenzen. Aufgepasst, Frau Coppola!
CJ •••••
TLONE - VIVID SCENCES [MUSIKEXPERIENCE]
Das erste Artist-Album auf dem Label hält was
die Compilation versprochen hat mit 10 Tracks
von Tlone aka Elric Menant und drei Remixen der
Posse (Groupgris, E.Minkkiinen und Infant). Sehr
digitale tragisch breitwandige Musik, die einen
sofort entführt in eine Welt in der alles so sein
könnte wie es das maritim strukturelle Cover erscheinen lässt. Transparent, von innen leuchtend,
magisch und in einem Fluss, der Gesetzen folgt,
von denen man manchmal zu träumen gewagt
hat. Nein, das ist nicht Elektronika, aber erinnert
vague manchmal daran, das ist nicht Click, obwohl so digital, ist, aber es ist all das und einiges
mehr. Musik für alle, die mit jedem Stück eine
neue Welt auftun wollen und sich in Musik am
liebsten komplett verlieren ohne dabei ihren Humor zu verlieren. Perfekt.
www.musikexperience.com
BLEED •••••
CLIENT - IN IT FOR THE MONEY [MUTE]
Elektrorock kann so ein richtiger Hostessenfunk
sein. Client wären da ein Musterbeispiel. Steif
wie ein Deep Throat Püppchen und in ungefähr
so sexy wie ein Haufen lila Elefantenmist. Und
dabei wollen sie doch einfach nur lustige, daddelige Bubblegumelektropopmusik machen, was ihnen auf “Down To The Underground” auch beinahe gelungen wäre. Aber von sexy Themen sollten
sie echt die Finger lassen, das wirkt dann wie auf
“Burning Up” immer gleich so wie diese 0800
Werbung für Rentner.
BLEED •-•••
THROBBING GRISTLE - THE TASTE OF TG
[MUTE]
Was ich an dieser Platte nicht verstehe ist, warum
sie erstens ein so blödes Cover hat und warum
überhaupt eine Compilation von Tracks herauskommt, wenn doch die Alben, die ja eigentlich bis
zu einem gewissen Punkt alle großartig sind,
noch zu haben sind. So jedenfalls tut das Innencover. Nunja. Mir soll es recht sein, und vielleicht
ist es ja auch dazu da, die Aktualität von TG zusätzlich zum Remixalbum noch mehr zu unterstreichen. Die Livetracks mögen da zwar unterstreichen, dass TG eine ziemlich unterhaltsame
Liveband sind, aber tun wenig dafü,r dass sie ihrer Zeit weit vorraus waren. Nunja. Bevor man einen Freund suchen muss, der einem eine Compilation von TG macht, oder sich wahllos Tracks aus
dem Netz sammelt, weil man logischerweise
Throbbing Gristle verpasst hat, mag auch das
noch alles ganz gut sein, weil es wenig verschweigt.
BLEED ••••-•••••
RAZOOF - SOUL AQUARIUM
[NESTA/010 - ROUGH TRADE]
Wenn Intro-Kollege Uwe Lehr nicht gerade Sexy
Elevator Music hört oder als ein Teil von Solar
Moon unterwegs ist, ist er Razoof. Wer z.B. für
Don Abi, Gentleman und Patrice auf der Bühne in
die Trommel haute, hat da sicher noch andere Interessen, die ans Tageslicht wollen. Und wer ausgerechnet Bands wie die alte Helmut Zerlett
Kombo Unknown Cases oder die Afrodeutschen
Bantu sich als Vorlage nimmt, weiß zu überraschen. In den Clubs hat er das bisher vorallem
durch seine reinen Dubhouse Singles getan. Mit
dem Label Nesta hat er sich zudem das Nest für
seine eigene Fusion aus Reggae, House und Dub
gebaut. Dort veröffentlicht er hiermit einen futuristischen und digitalen Traumsoundtrack, der jeden Vollg(l)as-Aufzug sexy macht.
www.nesta.de
M.PATH.IQ ••••
SIR TRALALA - FLYING OBJECTS, THEY
DON´T HAVE A BRAIN [NIESOM/011]
Tja, wenn der wüsste, dass er irgendwie ein wenig
wie Daniel Kübelböck aussieht, der würde sofort
keine Witze mehr machen. Oder will er so aussehen? Musik jedenfalls sehr versponnene Readaption von Robert Wyatt für digitale Elektroniker
der versponnenen Art, knisternd und Lofi-OrgelAppeal. In Amerika wäre das ein Fall für Tigerbeat6. Abenteuerliche Musik, die dennoch sehr gepflegt und soulig rüberkommt und natürlich wie
der totale Hippietraum.
www.niesom.at
BLEED •••••
JÜRGEN HOFBAUER - FIVE LATE SONGS / LIEBESFEUERTRACKS [NIHIL EST OMEN]
Höchst skurriles Machwerk diese CD, die irgendwie Elektroakustik-Cutup-Wahn der strangesten
Art vertritt und keinen Sound unbearbeitet lässt,
egal ob es das eigene Brüllen oder ein Streicherquartett ist. Wenn es Cabaret Voltaire heute
noch so gäbe wie in ihren darkesten Zeiten, dann
würden sie wohl so klingen. Stellenweise etwas
zu psychotisch, selbst für mich.
BLEED ••-••••
WAGON CHRIST - SORRY I MAKE YOU LUSH
[NINJA TUNE - ROUGHTRADE]
Hatte ich fast vergessen, dass es ja auch noch Luke Viberts Wagon Christ Projekt gibt. Und klar,
auch hier lässt er die Acidsounds quietschen und
denkt insgeheim an Disco, aber irgendwie ist
“Sorry I Make You Lush” als eine Entschuldigung
an die Tracks gemeint glauben wir, denn die sind
wirklich lush, das ging wohl nicht anders, das sind
herumdaddelnde, funkige, kleine Popidole, denen man über die Stupsnasen lecken möchte,
weil sie vermutlich nach Vanilleeis schmecken.
Musik die klingt, als müsste man sie mit einer
Kindergartentruppe als Pfeifkonzert arrangieren,
um dem schluffigen Optimismus nahezukommen, den diese Musik so verstrahlt. Lovely mit einer Menge E’s am Ende. Soviel Federn gibts in keinem Bett, dass irgendeins mit dem Wolkeneskapismus dieser Platte konkurrieren könnte.
www.ninjatune.net
BLEED •••••
DADDY FREDDY - HARDCORE
[P.O.T./30 - SOULFOOD]
Daddy Freddys Features auf den Platten der Razor X-Macher Rootsman und The Bug war kein
kurzfristiges Auftauchen aus der Obskurität, sondern nur ein Atemholen nach einer selbstverordneten Auszeit, die jetzt mit “Hardcore” endgültig
beendet ist. Dem - zumindest nach offizieller Geschichtsschreibung - immer noch weltschnellsten Toaster aus Trenchtown gelingt ein Rundumschlag, dessen Ausgeglichenheit und Vielseitigkeit überrascht. Kein schnell zusammengestecktes Riddim-Einerlei, sondern gewissenhaft
produzierte Tracks, die mit gutem dramaturgischen Gespür durch digitale und Roots-Riddims,
Weed-Hymnen, vereinzelten Teachings und
schlichtem Tanzhallenspaß führt, bis hin zu recht
exotischen Kollaborationen: ein etwas gewollt
militant klingender Track mit den Berliner Rappern Bruda & Kronstädta und eine kurzes Gastspiel eines namenlosen Nordafrikaners. Ansonsten bleibt von Hip-Hop, nach dem stilbildenden
“Raggamuffin-Hip-Hop”-Album mit Asher D. immerhin eine Säule von Daddy Freddys Karriere,
beatwise nicht viel übrig. Hardcore ist strictly
Dancehall, tuff & ruff und über die kompletten 66
(!) Minuten prall und druckvoll, bis hin zum abschließenden, noch einmal dem Kraut gewidmeten Jungle-Mix.
EM ••••
NAMOSH - [PALE MUSIC]
Ob Namosh auch in Vietnam war, wie es Alan Vega von Suicide stur von sich behauptet? Immerhin kann er genauso verkommen lasziv röcheln
im Electro-Rhythmus. Namosh gehört in das lose
Berliner Kollektiv um Pale Music, das Future
Rock’n’Roll durchsetzen will. In der Namosh-Variante steckt da eine Menge retro drin. Retro wie in
Keller-Wave mit Schwitzen, Analog-Bratz und
knallengem Leder. Wer wissen will, wie sich ein
Leben in den verruchten Hinterhöfen von Las Vegas anfühlt, wird mit Namosh gut bedient. Wen
der ganze kranke Glamour kalt lässt, wird auch
durch die Musik von Namosh nicht in Hitze versetzt, dafür ist sie zu selbstgenügsam verliebt in
ihre eigene New-Wave-Geschichte.
www.pale-music.de
JEEP •••
KENNY LARKIN - THE NARCISSIST
[PEACEFROG/54 - ROUGHTRADE]
Sechs Jahre hat es gedauert, bis Larkin mal wieder ein Album vorlegt, und als sei es mittlerweile
ein ungeschriebenes Gesetz in Detroit, veröffentlicht er es auf Peacefrog. Platten von Larkin
waren immer etwas Besonderes und “The Narcissist” hat auch wieder diese faszinierenden Hits,
lässt aber generell alles ein bisschen langsamer
und ruhiger angehen, macht seine Schublade auf
und lässt die ganze Bande an Trademar-Soundsund Arrangements, die er über die Jahre entwickelt hat, Revue passieren. Verspielt, shuffelig
deep, immer eindeutig. Hier kann man konstatieren: Larkin füllt die Lücke der stillen Momente
der Motor City. Warum es nun sechs Jahre gedauert hat, bleibt unklar. Aber man hat ja unglaublich
viel zu tun in Detroit, auch wenn man nur einen
sicheren Platz für seinen Sportwagen suchen
muss. “Azimuth”, “Metaphor” und “The Narcissist” bilden eine lange Straße, die Larkin nun runtercruisen kann. www.peacefrog.com
THADDI •••••
NOUVELLE VAGUE [PEACEFROG - ROUGH TRADE]
Nein. Legendär neu ist die Idee nicht. Aber was
Marc Collin und Olivier Libaux da auf Peacefrog
rausgebracht haben, ist eine ganz liebliche Platte.
13 Songs aus den Achtzigern. Von Joy Division
über The Clash, Dead Kennedys bis zu The Cure
haben die zwei genommen und ihnen das Mark
aus den Arrangements gedrückt. Punk- oder New
Wave-Hintergrund sollte vom Tisch fallen und so
haben sie die Grundidee des jeweiligen Tracks
übernommen und nette Frauen drübersäuseln
lassen. Das klingt nicht nur nett und verleitet
zum Kopfwackeln, wenn man dann auch noch das
Original irgendwie ein bisschen so halb erkennt,
dann freut man sich auch noch und freundet sich
mit diesem Bossa Nova, Jazz und sechziger PopGemisch richtig an. www.peacefrog.com
NINA •••••
MOODYMAN - BLACK MAHOGANI
[PEACEFROG - ROUGHTRADE]
Toll oder? Mr. Black persönlich macht sein Album
auf dem Weissbrotlabel Peacefrog. Selber schuld.
Aber mir ist’s egal, denn ich höre das eh ohne
Hintergrund, als House, als Musik für Musik, Musik für Deepness, was den Tracks eigentlich auch
ganz gut steht, denn diese neuen und reeditierten Tracks swingen immer wieder mit einer so extremen Lässigkeit, als könnten sie an jedem
Straßenrand entstanden sein. Als Sänger mit da-
bei Amp Fiddler, Norma Jean Bell und natürlich
Roberta Sweed. Eine CD, die man sich an den
heißesten Tagen des Sommers über die Wimpern
flattern lassen sollte, denn dann wirkt sie am besten.
BLEED •••••
PARK ATTACK - LAST DROP AT HIDE-OUT
[OSCAR/TIGERSUSHI]
Artrock aus Glasgow auf Tigersushi und bei
De:Bug. Warum nicht. Heliumvocals und Schrammelgitarren, als wäre wieder Mitte der 80er oder
doch Punkhochzeit, und man hätte Sonic Youth
grade erfunden und wäre einfach nur noch ne
Ecke kaputter. Skurrile Musik für alle, die einen
kurzen Trip in die Zeitmaschine vertragen und die
Gitarre immer noch für einen Ort von Handarbeitexperimenten halten.
www.tigersushi.com
BLEED ••••
VENETIAN SNARES - HUGE CHROME
CYLINDER BOX UNFOLDING
[PLANET µ - ROUGH TRADE]
Frag mich mal, wer wie Venetian Snares das hinbekommt, so extrem auf massiven Edits beruhende Musik mehr alles halbe Jahr als Album rauszuhauen. Wer weiß, vielleicht noch öfter. Jedenfalls
mal wieder ein ziemlich abstraktes Meisterwerk,
das, im Vergleich zu seinem letzten Album auf
Planet µ, irgendwie abstrakter in den Sounds
wirkt, vergeistlicht würde ich sogar glatt sagen.
Klar, die Elemente und Methoden sind alle wie
immer, aber die Sounds, aus denen die Platte besteht, sind irgendwie digitaler und mehr aus Synthesizern zusammengezurrt, vielleicht in einer
gewissen Weise sogar klassischer. Und die Breaks
noch programmierter und vor allem noch eine
ganze Ecke kantiger als je zuvor. Orchestergraben-Glitch für alle, die Musik doppelt so schnell
hören können wie ein Prozessor rechnet.
www.planet-mu.com
BLEED •••••
CHILDREN OF MU - [PLANET µ]
Das ist ein Testament, diese Platte. Äh, CD, Doppel-CD. 26 Tracks in bester Feierstimmung und
mit Grooves, die einen alles andere Vergessen
lassen und einen auffordern, weit, weit weg in
diese Welt zu tauchen, die Paradinas Planet µ
nennt und die von Stück zu Stück mehr an Komplexität und Bandbreite gewinnt und stilistischer
überhaupt nicht auf etwas anderes festzulegen
ist als vielleicht die Vorliebe für experimentellere
Breaks, für etwas Orchestrales, aber nicht zwingend, für technologische Abenteuer und vor allem für immer wieder gut vertrackte Albernheiten in musikalischen Welten, die immer noch
nicht erfunden sind. Aus einigen dieser Tracks
von völlig Unbekannten würde ich liebendgerne
ein Genre machen, dann käme mal raus, dass
soetwas wie Grime letztendlich nur ein Fraktal
ist, ein Ministückchen vom Grossen µ-Kuchen.
Nein, ich zähle jetzt nicht alle auf, die hier mitwirken, aber seht doch auf der Webseite nach,
aber vor allem checkt diese Platte, denn es ist die
beste Planet µ und die beste von verdammt vielen anderen guten Platten zur Zeit.
www.planet-mu.com
BLEED •••••
LULLATONE - LITTLE SONGS ABOUT RAINDROPS [PLOP]
Ihr wisst schon, niedlicher geht gar nicht. Zehn
Tracks von Lullatone, die sich irgendwo zwischen
einem klingelnden Mobilie aus Kinderspielzeugmelodien und digitalen Varianten der Häuslichkeit in Laptop-Wifi-Heim-Arrangements bewegen, die natürlich immer bezaubernd sind und, da
es Lullatone ist, auch frei von allem Kitsch, sondern ernst gemeinte großartige Miniaturen für
den digitalen Alltag mit unseren vierbeinigen
Freunden und den leichten langsamen Bewegungen und Illusionen, die die Umgebung genannt
Welt so produziert. Die Stücke heißen z.B. “Afternoon Nap (For Pets)”, “Morning Coffee” oder
“Drip Drops Jumping On An Umbrella” und genau
so hört es sich auch an, und es ist verdammt
schön, dass es solche Musik gibt. Ob es diese
Friedlichkeit allerdings wirklich gibt, wir hoffen
mal ja. www.inpartmaint.com/plop
BLEED •••••
CAMPING - SUBURBAN SHORE
[PLUGRESEARCH]
Es ist ein bisschen wie Sauerkraut beim Inder essen, was die Platte da anbringt. Echte Bossa Nova, der ins Knochengerüst geht, mit deutschem
Gesang und mittelmäßigen Texten. Es ist nicht
so, dass das nicht ginge, aber Henning Fritzenwalders Stimme erinnert dann doch zu sehr an
die so genannte Hamburger Schule, als dass man
sich auf eine Symbiose mit traditioneller Bossa
Nova einlassen würde. Da helfen Stephan Gardner und Ben Bailes auch nicht, die als Duo dem
Ganzen dann doch die Seele geben. Ich verkrampfe ein bisschen, wenn dieses seltsam unpassende Gemisch meine Boxen verlässt. Beim
sechsten Hören bin ich langsam darauf eingestellt und wippe sogar mit dem Kopf. Es ist ganz
und gar nicht schlecht, nur nicht sonderlich kompatibel mit meiner Vorstellung von extravaganten Mischungen.
NINA •••
NOTAUFNAHME - AUFNAHME ZWO
[POP/005 - SHAKAREE]
Die Popagenten stehen also auf dicke Titten und
deutsche Texte. Für Notaufnahme zwo haben sie
sich wieder ohne Genre-Scheuklappen durch
deutsche Slogans zu elektronischem Rock’n’Roll
gekämpft und das rausgesucht, was am meisten
nach Ungestüm, Modernität, Exzess und romantischer Verweigerung klingt. Dabei haben sie
dankenswerterweise mehr auf Aussagekraft
denn Aktualität wert gelegt. Ellen Allien, Justus
Köhncke, Mense Reents, Jahcoozi haken sich
beim Plakativpolitwave vom Bierbeben oder Mediengruppe Telekommander und dem Jugendzimmer-Schlager von Klee oder Spillsbury unter.
Das gibt ein rundes Bild von einer Bewegung, die
gar nicht existiert. Gut gedeichselt, Popagenten.
Diese Compilation werden junge Menschen
hören, wenn sie ganz sicher gehen wollen, dass
sie auch wirklich jung sind.
JEEP ••••
AUGUST ENKILDE PRESENTS - EPO
[POP SCAPE/1 - INDIGO]
Scape mit neuem Sublabel, herzlichen Glückwunsch, und August Enkilde macht den Anfang.
Sein Epo, das “Electronic Panorama Orchestra”,
operiert an der Schnittstelle von allen Genres, die
man sich jetzt so vorstellen kann und das macht
es auch so schwierig. Sind die Tracks ruhig und
fließend, mit viel Gitarre im Vordergrund und
fluffigen Stöckelbeats, dann ist das fein. Wenn
der dänische Björk-Fanclub aber auf daddeligen
Kopfhörer-Jazz singt, dann bin ich extrem ratlos.
Warum das nun auf Pop-Scape erscheint und wie
das den Rahmen setzen soll für zukünftige Releases ... man weiß es nicht.
THADDI ••
DUBLEX INC - EIGHT EARS [PULVER - SIB]
Wer dachte, dass Tango Forte gleich als erstes die
Membranen testet, hat die vier Stuttgarter
gründlich unterschätzt. Es ist nämlich gar nicht
dabei! Stattdessen setzen sie auf das Album-Format. Soll heißen, die Tempi wechseln genauso
wie die Moods und Gäste wie Quantics Alice Russell, Wayne Martin, MC Sunking und Kudra
Owens werden eingebunden, um im Heimstereo
nicht nur durchhörbar zu sein, sondern das
Drücken von Autorepeat sanft zu evozieren. Insofern wurden meine auch Hoffnungen auf einige neue Sure Shots zwar enttäuscht, aber dafür
durch ein sicher wohlkalkuliertes und abgeklärtes Statement ersetzt. Und das weiß mit jedem
Hören mehr von sich freizusetzen, ohne je aus
dem selbstdefinierten Vorabrahmen zu fallen.
Passt! www.dublex-inc.com
M.PATH.IQ •••••-••••
LANGUAGE COMPUTER - MOUSE BACK RIDING [QUATERMASS/149 - ALIVE]
John Bloug und Detect haben sich mit Langage
Computer ein eigenes experimentelles HipHopbzw. Turntable-Projekt erschaffen. Dabei werden
sie auf vier Tracks von Vocalisten unterstützt
(Buck 65, James Delleck, Hi Tekk und Reiko Underwater). Im Grunde sind die 14 Tracks aber
schon ganz klar das Ergebnis einer Forschungsarbeit von Bloug und Detect. Entstanden sind kleine matschige Monster wie “Créature De Poche”.
Cool, wie sich darauf französische Sprach-Eleganz und schleppende Beats zu einem kleinen
Überhit des HipTripHops vereinen. Langage
Computer machen es sich richtig gemütlich zwischen der Radikalität diverser Warp-Projekte und
der Großmäuligkeit einiger Rephlex-Künstler. Irgendwie shoegazen die beiden Herren mit glänzenden Augen zwischen all diesen Referenzen
hindurch und begeistern mal eben locker durch
die Hintertür.
CJ ••••
URLAUB IN POLEN - WHITE SPOT
[RAKETEMUSIK - ROUGHTRADE]
Eigenwillige ambiente Jazzplatte mit Gesang und
einem noch eigenwilligeren Titel würde man
beim ersten Track denken, aber dann wird plötzlich eine Rock-CD draus, die in bester Spät-80er
US-Schrammeltradition kickt und dann wieder
ein Stück, das vor lauter Harmonika und Synthesizer nur so leidet. Skurrile Mischung für alle die
Drone, 60s, Grunge und psychedelische Synthesizer-Elektrotracks auf einmal verdauen können.
BLEED •••-••••
NUCLEUS + PARADOX - ESOTERIC FUNK LP
[REINFORCED - GROOVE ATTACK]
Paradox ist ja fast der Einzige, der noch regelmäßig auf Reinforced veröffentlicht, diesmal zusammen mit Nucleus. Das letzte Album der beiden war 1998 “Transmograpfication” auf Ninebar
Records. Nucleus + Paradox knüpfen an Tracks
wie “Past, Present & Future”, “Who? What?” und
“Esoteric Funk”, von dem es einen Remix auf der
aktuellen LP gibt, an. Was wilde Experimente betrifft halten sie sich eher zurück, sondern sie cutten sich vielmehr durch etliche Breakbeats und
bewegen sich auch sonst nah an rauhen, energischen Funk-Produktionen der 60er und 70er entlang, “Drumfunk” halt wie Pardox selber sagt. Die
Grooves wirken locker lässig aus dem Sampler
geschüttelt, was zeigt, wie verdammt gut die beiden ihre Akai’s triggern. Nebenbei schweben
noch ein paar dieser leicht schrägen Synthie- und
Samplefragmente mit. Nuclues + Paradox switchen ohne Probleme das Tempo und lassen sich
auch ansonsten nicht vom Mainstream Drum and
Bass Sound beeindrucken. Highlights sind auf jeden Fall “Moon Rappin, “Bad Ambient”, “Korruption” und “No Spaced Place”. Das Artwork der LP
ist wieder von Sami Khan und beeindruckend.
www.reinforced.co.uk
ORSON •••••
<39> - DE:BUG.83 - 06.2004
CD
<40> - DE:BUG.83 - 06.2004
CD
• = NEIN / ••••• = JA
V.A. - GRIME [REPHLEX]
Kein Wunder, dass Rephlex so auf Grime steht,
schließlich haben sie auch immer schon ein verdammt verwundbares Herz gehabt, was Oldschool Drum and Bass in allen Varianten betrifft,
und releasen immer noch wie wild Amen Andrews Platten. Hier kommt lustigerweise nicht einfach eine Compilation mit allem, was Rang und
Namen hat, sondern je vier Tracks von MarkOne,
Plasticman und Slaughter Mob. Und wie ihr euch
denken könnt, wird geslammt, gerockt, die Breaks gebrettert und so düster wie es nur geht mit
allen möglichen Versatzstücken aus Drum and
Bass herumgetrudelt, dass einem schon fast
schwindelig werden kann. Und dazwischen immer wieder arabische Styles, 2Step in Clownstep,
wenn ihr so wollt, und was der Orchestergraben
sonst noch so an Pathos hergibt. Klar dass diese
drei nur eine Facette von Grime sind (die futuristischen Maschinisten eher als die MCs - Eastlondon Wiley, Dizzee Sparte), aber, hey, sollen alle
anderen Label doch nachziehen. Grime heißt es,
weil es düster ist wie Sau. Und die Vocals müsst
ihr euch schon selber dazu denken. Man kann nur
hoffen, dass sich bei Grime nicht auch eines Tages mal alle auf einen Beat einigen, denn grade
das Durcheinander von Riddims ist es, was, abgesehen vielleicht von den MCs, daran Spaß macht.
So, und ihr erklärt uns jetzt, was Eski ist, ja?
www.rephlex.com
BLEED •••••
denn hier geht es eigentlich darum, das Flirren eines Synthesizers irgendwie mit Mikrophonen
aufzufangen und die Raumakustik als tragendes
Element in den Klang einzubauen. Nicht dass
man das unbedingt hören würde, denn irgendwie
summt es vor allem. Musik, für die man schon einen eigenen Headroom freimachen muss, denn
sie erfordert mehr als nur ein bischen Konzentration. www.sirr-ecords.com
BLEED ••••
DECAL - BRIGHTEST STAR
[ROTTERS GOLF CLUB - ROUGHTRADE]
Manchmal sind mir Decal einfach zu kitschig und
breiig, auch wenn ich irgendwie verstehe, was sie
an Elektro so langsam verschieben wollen. Und
deshalb ist so ein ganzes Album von Decal auch
einfach echt ein wenig zuviel des Guten. Ich hätte mir ja auch mehr Acid gewünscht oder einfach
mehr Tracks wie “Horrorable”, die etwas mehr
Soundscapehaftes haben oder mehr Raveappeal
wie auf “Growler”. So wirkt das alles immer ein
wenig zu gerusht.
BLEED •••-••••
HEADSET - SPACESETTINGS
[SCAPE/SC22 - INDIGO / MDM]
Irgendjemand wollte mir doch letztens
verklickern, dass das hier HipHop ist und hat diese CD sodann tief in seinem Schreibtisch vergraben. War nicht Scape auch das Label mit Pole und
Fat Jon? Wie auch immer, zu Anfang hört man
hier einen karg schnipsenden Beat und u.a. NonGENETIC von den Shadow Huntaz, einer jener in
Elektronika-Zirkeln recht populären HipHopCrews, Beans von Anti Pop ist übrigens auch dabei,
daneben Jimmy Tambarello, ein Altbekannter in
diesen Seiten, und das Wunderkind Daedelus. Einige Stücke klingen dann auch nach handfest fluider Elektronika, andere überraschen mit japanisch weiblichen Rap, John Tejada hat ein erwartungsgemäß sphärisch verdrehtes Stück beigesteuert etc. Die Idee von Allen Avanessian von
Plug Research, gerade diese Leute auf einem Album zusammenzubringen, ist definitiv eine gute,
und das Ergebnis ziemlich nett. Nicht säuselnde
Stimmen sind in dieser Liga doch immer wieder
erfrischend, insbesondere wenn der Reim stimmt
und die Beats abrupt flutschen und plinkern,
auch wenn es stellenweise vielleicht etwas konfus bzw. penetrant klingt. Ansonsten liebliche Sounds abseits der Kategorie mit Dreh.
www.scape-music.de
CAYND ••••
EPO - ELECTRONIC PANORAMA ORCHESTRA
[~SCAPE - INDIGO]
Mensch! Da steht was von einem Panorama-Orchester auf der Platte und ich denke als erstes an
Fleischmann- oder Schnauss-Teppiche. Aber
nichts dergleichen, sondern poppiger Jazz mit ein
bisschen HipHop und Dub, Latin, Funk und immer wieder Elektro. Frida Asmussen singt direkt
und auf schöne Weise eingängig auf die Songschichten. Man findet immer wieder Neues und
immer mehr bei jedem Hören. Auch die vereinzelten Instrumentalstücke heften sich ins Hirn.
Man kann sie laufen lassen, die Platte. Das ist still
manchmal. Poppige Stille, aber keineswegs langweilig.
NINA •••••
HAKAN LIDBO - CLOCKWISE REMIXES EP
[SHITKATAPULT - KOMPAKT]
Klar, auf der Clockwise EP waren soviele Samples,
das schrie ja grade zu nach Remixen. Und davon
gibt es hier jede Menge. Mit dabei: Si Begg, Matthew Dear, Apparat und natürlich Herr Lidbo
selbst, der liebt seine Tracks nämlich, auch wenn
er schon längst den Überblick verloren haben
muss. Si Begg und Hakan tun sich zusammen und
versuchen mal eben eine neue Art von Drum and
Bass zu erfinden, die keine Rush Hour kennt, sondern nur Crashcourses. Matthew Dear versteht
die Welt nicht mehr und lehnt sich aufs Altenteil
mit kuschelig pumpenden Houserhythmen und
Apparat will doch eines Tages noch als die perfekte Kreuzung aus L`Usine und Aphex geehrt
werden. Wir würden das tun. Da Hakan ja irgendwie nicht faul ist, gibts neben einem zweiten Easy Listening Mix auch noch 4 Bonusstücke auf der
CD. Uppsalla. Die perfekte Partycompilation für
alle Afterworkclubs würden wir sagen.
BLEED •••••
AMPL:TUDE - DICHTER ZUSAMMENRÜCKEN
[SINNBUS/06]
Dichter zusammenrücken. Dem ist nichts hinzuzufügen. Und das passende Sitzmobiliar liefern
ampl:tude gleich mit. Doch auf diesem wird es
euch wohl nur gelegentlich halten. Dann wird es
zwar auch auf dem Floor ein wenig enger, aber
das muss so. Endlich einmal wieder Musik, die
Menschen zusammenbringt. “einfach nur tanzen
nennen” lässt dir Flügel wachsen, “dichter zusammenrücken” wird zum “come together” des neuen Jahrtausends, mit “montag morgen” ist jeder
Tag gerettet und das “schlagzeug im weltall”
bringt nicht nur die Schweine im selbigen zum
Raven. Neun wunderbare Stücke irgendwo zwischen Electro, Clicks’n’Cuts-Ästhetik und Pop,
eingebettet in schmeichelnde Melodien, die das
Leben einfach ein wenig leichter machen. Tja,
und seitdem die Jungs vor ein paar Wochen im
Berliner Club “Magnet” gespielt haben, hat so gut
wie jeder, den ich kenne, diese CD. Und ich kenne
eine Menge Leute mit gutem Geschmack.
www.sinnbus.de
BAAS •••••
JASON KAHN - MIRAMAR [SIRR RECORDS]
Das Label, auf dem Jason Kahn diese CD veröffentlicht, ist eigenwilligerweise aus Lissabon. Als
Instrumente listet er: analoge Synthesizer, Percussion und Raum. Und genau so klingt es auch,
KIM HIORTHOY - LIVE SHET [SMALLTOWN
SUPERSOUND - ROUGHTRADE]
Eine der vielen Kim Hiorthoy CDs diesen Monat.
Hier seine Livetracks, die viel mehr Funk haben,
was er überraschend lässig beherrscht als würde
er sonst nicht diese verspieltere Art von Musik
machen, als man von ihm gewohnt ist, aber dabei
immer noch sehr melodiös sind und irgendwie
sehr viele Geräusche in den Grooves unterbringen, die ein Liveset von ihm zu einem echten Fest
machen düften, dass nicht Dancefloor ist, aber irgendwo in einer Zwischenwelt für Musik sorgt
die so heiter und rhythmisch elegant ist, dass
man sofort Partys für soetwas erfinden möchte.
Bringt eure Zahnbürsten mit, denn der Abend
könnte etwas länger werden.
www.smalltownsupersound.com
BLEED •••••
KIM HIORTHOY - HOPENESS [SMALLTOWN
SUPERSOUND - ROUGHTRADE]
Fünf neue Tracks für alle, die Hiorthoy-Fans wegen Melke sind und hier um Gnade flehen werden, weil diese Tracks einfach so niedlich und
sympathisch sind, dass sie einen entwaffnend
vom ersten Augenblick an angrinsen mit weit
aufgerissenen staunenden Augen eines Kleinkinds, das von nichts genug bekommen kann.
Wer Elektronika liebt, aber manchmal das Lachen
darin vermisst, der wird um diese CD nicht herumkommen. Wundervolle und sehr heitere
Tracks aus einer Zeit in der Melancholie noch
nicht mal erfunden wurde, weil alles viel zu viel
Farbe hat. www.smalltownsupersound.com
BLEED •••••
LARS HORNTVETH - THE JOKER EP [SMALLTOWN SUPERSOUND - ROUGHTRADE]
Zum Jaga-Jazzist-Album “Pooka” erscheint kurz
vorher noch diese EP von Horntveth mit Slidegitarre, Saxophon, Steichern und Klarinette, Klassisch gell, und sie ist trotzdem ein wundervolles
Stück Elektronika zu dem man nur herumschwelgen kann. Als Remixer gibt es Mental Overdrive,
von dem ich lange nichts gehört habe, der aber
extrem feine digitale Sounds in bröseligstem
krossem Break serviert, Four Tet, der den eh
schon jazzigen Appeal hier auf die Spitze treibt
mit Beats, die so flausig sind, dass sie klingen als
würde eine ganze Manschaft einem die Wohnung
leerbürsten und einem Radioedit, der einfach nur
kürzer ist als das Orginal.
www.smalltownsupersound.com
BLEED •••••
UMOD - ENTER THE UMOD
[SONAR KOLLEKTIV/030 - ROUGH TRADE]
Umod? Ist das nicht eine Waffe bei “Star Trek”?
Bei dem Sound, den Dominic Stanton unter seinem neuesten seiner unzähligen Projekte (Sonar
Circle, Zoltar, Domu, Rima...) macht, bin ich aber
versucht, eher an “Odyssee im Weltraum”, “Dune” oder gar “Alien” zu denken. Denn vergleichsweise rauh und düster und zugleich irgendwie
zerbrechlich und verwundbar, ja geradezu persönlich, wirkt auf mich die Sicht auf das Innere
des Beatjunks, die wie durch ein Prisma zugleich
eine farblich skurril verbogene Unschärfe und eine mysteriös faszinierende Anziehung hat. Die
Skills, die ihm zu seinen stetig arbeitenden Beats
verhelfen nur mit Akufen, Moonstarr, Forss oder
auch Jazzanova zu vergleichen, oder für ihn
Schubladen wie Broken Beats, Phuture Boogie
oder intelligent HipHop zu öffnen, bleibt ein Missverständnis. Denn über dergleichen steht er
ganz einfach genauso, wie über meiner Hoffnung, dass auch Drum and Bass mal wieder Teil
dieses Missverständnisses ist. Trotzdem bleibt
nur ein Fazit: These beats talk to me.
M.PATH.IQ •••••-••••
UMOD - ENTER THE UMOD
[SONAR KOLLEKTIV/030 - ROUGH TRADE]
Umod ist - wie sollte es anders sein - das satanische Unter-Ich von Domu. Das ist eine Entdeckungsreise wert. Was bei seinen Aufnahmen
als Domu und Rima oft zu liberal gemütlich nujazzig ausfällt, bekommt als Umod den düsteren
Dreh, der seinen Broken Beats die nachhaltige
Wucht gibt, um sie ungemütlich kribbeln zu lassen. Umod ist kreativ verunsicherter Future-Blues in Zeitraffer-Synkopen. Warnung an alle Popper: Mach meine Broken Beats nicht an, Alter.
JEEP •••••
JAMES COTTON - THE DANCING BOX
[SPECTRAL/18 - ROUGHTRADE]
Gnadenlos, dieser Kerl. Kickend und rockend erklärt und James Cotton aka Tadd Mullinix aka
Dabrye die jackende Technowelt. Dabei ist die
Grundbedingung, dass alle Gains komplett oben
sind und ordentlich rot blinken. Rotz eben. Und
auf gegatete 808-Rimshots stehen eh alle, die
wissen, wann der Acid reinrummsen muss in einem Track. Ansonsten geht immer alles geradeaus, ist trocken und dark, zwirbelnd strudelig, hat
das Rave-Signal immer im Blick, bratzige Sequenzer sowieso und ein UFO landet unegefähr alle
drei Sekunden. Oldschool never dies.
www.ghostly.com
THADDI ••••
TRAJECT - STRENGIR HRYNJA
[SPEZIALMATERIAL/CD008 - HAUSMUSIK]
Massive Attacke. Dass es so dunkel in Island werden kann, wusste ich nicht. Das erste Stück von
Gisli Thor Gudmundsson ist ein brutaler Overflow an digitaler Information. Einmal die Ohren
geputzt, schälen sich langsam Strukturen und anderes Erkennbares aus den knarzenden Untiefen
und Traject mutiert zu einer erschütternd deepen
Platte, setzt da Moll, wo andere die Hände in die
Luft werfen würden und erfindet seine ganz eigene Euphorie. Kein Wunder, dass Einoma (Vertical
Form) da miteinsteigen und am Ende erfolgreich
remixen. So kalt und nass wie es draußen im Moment ist, wundert mich nichts mehr.
www.spezialmaterial.ch
THADDI ••••
MUSLIMGAUZE - AZZAZIN
[STAALPLAAT - STAALPLAAT]
Und noch ein Rerelease einer CD aus dem Jahr
1996, die Muslimgauze von seiner experimentellsten, digitalsten Seite zeigt. Drone-Sinus-Wellen
auf 13 Stücken mit einigen Fieldrecordings im
Hintergrund, aber nicht sehr viel mehr. Extrem
konzentriert und für die Zeit ganz schön advanced minimalistisch.
BLEED ••••-•••••
STYRAX RECORDS PRESENTS - VARIOUS
ARTISTS [STYRAX RECORDS - NEUTON]
Sympathische, deepe Technohouse-CD mit
Tracks von Sirko Müller, Honesty, Senze,
Sweet’n’Candy und diversen anderen, die sich irgendwo zwischen subtilen deepen Dubs und
smoother Housemusik bewegt und dabei eigentlich immer ein sehr gutes Gefühl für die Auswahl
von wirklich bezaubernden Tracks beweist, die
man so noch nicht oft gehört hat. Wer auf diese
Art von sehr deepem und melodiösem, aber dennoch reduzierten Sound steht, der dürfte diese
CD immer wieder hören wollen.
www.styrax-records.de
BLEED •••••
CM VON HAUSWOLFF - THREE OVER
POPULATED CITIES BUILT BY SHORT-SIGHTED PLANNERS, AN UNBALANCED AND QUITE DANGEROUS AIRPORT AND AN ABANDONED CHURCH [SUB ROSA/217 - A-MUSIK]
Interessanter Ansatz, sich urbanen Räumen mit
rein elektronischen Mitteln zu nähern. Hauswolff
versucht sich hier den Geist von urbanen Räumen mit rein elektronischen Mitteln zu umschreiben. Orte, die ihm auf Reisen wiederholt
begegnet sind und dabei eine bestimmte Faszination auf ihn ausgeübt haben. Vielleicht weil sie
sowohl eine gewisse Art von Freiheit suggeriere
und dabei gleichzeitig menschliches Planungsvermögen in Frage stellen. Wenn die Aura von
Mexiko-City auf die Tokyos trifft, brummt es und
kreucht und fleucht und ächzt, daß es eine wahre
Pracht ist. Distanziert wirkt es und dabei gleichzeitig zoomig und quirlig. Man verspürt etwas
von jener merkwürdigen Ruhe, die sich breitmacht, wenn man der allgemeinen Bewegung um
einen herum den Rücken kehrt und sich einfach
mal auf dem Trottoir niederlässt. Hauswolffs Betrachtung des Flughafens von Lagos wirkt dagegen sehr situativ und formt das Bild eines Ortes
der Stagnation. Bangkok schleicht sich langsam
an, doch da lauert bereits etwas unter der Oberfläche, das verdammt unangenehm sein kann.
Die Aura einer verlassenen Kirche in Chicago
zeichnet ein bassiges Brummen nach. Es wirkt
wie ein Abgesang und die den Speakern entströmende Luft ist so kalt wie die Hand einer Toten.
Hauswolffs Statements formen sich zu einem
psychogeographischen Exkurs, der in keiner
stadtplanerischen Abteilung fehlen sollte.
www.subrosa.net
PP •••••
MITCHELL AKIYAMA - IF NIGHT IS A WEED
AND DAY GROWS LESS [SUB ROSA/209 - AMUSIK]
Ist Montreal eigentlich ein Zentrum des Bildungsbürgertums? Diverse Elektroakustiker
kommen daher, es soll eine Trutzburg des modernen Tanzes sein und auch Mitchell Akiyama lebt
dort. Seine Musik ist sehr elegisch, unaufgeregt
und reich an Melodien. Schönheit für Leute, denen es so schlecht nicht gehen kann. Acht Titel,
die sich aus leicht distorteten und übereinandergeschichteten Versatzstücken von vier Pianotracks zusammensetzen. Im günstigsten Fall erinnert das tatsächlich an Steve Reich, dem im übrigen auch ein Titel gewidmet ist. Ansonsten bewegen sich Akiyama’s Variationen entlang der
Parameter von spröder Eleganz und Langeweile.
Wer sich für Chabrol-Filme begeistern kann, dürfte das hier sicherlich aufregend und inspirierend
finden. www.subrosa.net
PP •••
V.A. - 2ND ANTHOLOGY OF NOISE & ELECTRONIC MUSIC [SUBROSA - ALIVE]
Dies ist nun der zweite Streich, immerhin nach
gut drei Jahren, das scheint so etwa die zeitlichen
Ausmaße von Stockhausens “Licht”-Zyklus anzunehmen, an denen er immerhin schon seit Sirius
sitzt, und auch hier soll es noch fünf weitere achronologien geben, Stockhausen wohl sicher in
Bälde miteingeschlossen. Das schult zumindest
die Geduld. Rares und bislang unveröffentliches
Material elektronischer Klangmanipulation findet sich hier wieder zusammen, so eine frühe
Collaboration on tape aus dem Hause LueningUssachewsky von 1953 (Incantation for Tape), die
erst ein Jahr zuvor ihre ersten gemeinsamen Experimente aufgenommen hatten und dank
Rockefeller dann auch mit dem Columbia-Princeton TapeCenter 1959 ein solides Dach über den
Kopf bekamen. Oder spk, was eher enttäuscht,
nicht slogan, slow gun oder spk, ein kollosaler
Flächenfeger, ist aber auf Mute problemlos, unter
Umständen auch auf Industrial Records oder
WULP erhältlich. Da hätte man sich eher “chamber music” auf Msquare oder die ominöse auf einem obskuren australischen Label erschienene
erste Single gewünscht: Auch Laibach aus Walter-Ulbricht-Zeiten dröhnt eher konturlos. Dagegen rasante Brüche von Autechre von 1991 und
pre-Warp, pulsige Bitbeats von Kim Cascone und
ein fast darüber gelegter Telephonie-Soundscape
mit voyeuristischen Qualitäten von Robin Rimbaud aka Scanner, “Emily”. Tod Dockstader ist
nicht mehr “Luna Park” (1961), das ist gewiss.
Dafür aber Morton Subotnicks “Mandolin” von
1962, das eine frühe Ahnung seiner ghost scores
vermittelt, wenn die Frequenzshifts zwischen
den heimeligen Boxen wie “Liquid Strata” hinund herschweben und durch das Medium des Tape auf eine noch frühere technische Schnittstelle
zurückverweisen, auf Percy Graingers “Free Music #1 (for four theremins)” für Lew Theremin. Das
war 1936, hier begann nicht alles, aber immerhin
dieser Zyklus. Und das ist einiges wert.
XENYA ••••
V/A - BEYOND SPACE VOL. 1
[SUBVERSIVE - VINYLKINGZ]
Für eine Compilation mit exklusivem Material
aus der unübersichtlichen Welt des Indie-as-fuckHip-Hop kann Subversive massiv vom kreativen
Überschuss der Anticon-Gemeinde profitieren:
Neue Tracks von Alias, Sole und Odd Nosdam bilden die Spitze eines Eisbergs, mit dem man die Titanic zwei mal auf Grund schicken könnte. Hier
kommen wirklich nur bedröhnt knarzende Kellergewächse zum Zuge, hakenschlagende Instrumentals (Telephone Jim Jesus, Nosdam), gepresst-dringliche Vocals von jungen MCs, die offenbar
den candytime-dissonant Singsong-Suicide-Style
von Why? und Dose inhaliert haben, wie die jungen Leute seinerseits nur den Flow von Tupac
Shakur (Passage). Ist das der Sound des unzufriedenen weißen Suburb-Amerika, das jetzt seine
Wahrnehmung nicht mehr an Indie-Rock sondern
HipHop schärft? Je mehr von dieser Musik über’n
Teich kommt, desto mehr drängt sich die Frage
nach dem sozialen Setting auf, in der sie entsteht,
aufgeführt, genossen wird... Ob da ein neuer
Weather-Underground entsteht oder nur neue
Rezepte mit Psylos und legalem Weed. Schade
auch, dass die Tracks auf der Promokopie nach
1:30 ausfaden, man bekäme doch gern entschieden mehr mit.
EM •••-••••
ILYA - THEY DIED FOR BEAUTY
[VIRGIN - EMI]
Sterben. Ja, das möchte man, wenn man das Debütalbum von Joanne Swan, Nick Pullin und Dan
Brown hört. Aber natürlich nur im übertragenen
Sinne. Denn zum Sterben ist “They Died For Beauty” einfach viel zu schön. Music Noir à la Film
Noir aus Bristol. Regisseure wie Godard hätten
die drei wohl sofort engagiert. Nun, so bleibt
dann aber zum Glück genug Platz im Kopf für die
eigenen Bilder. Episch. Geheimnisvoll. Schillernd.
Ganz großes Kino!
www.ilyamusic.com
BAAS •••••
LES PEUPLE DE L’HERBE - SOLD OUT
[SUNPADOPE - ROUGHTRADE]
Mit ihren überaus entspannten Dope Beats, unmissverständlicher Haltung und nicht zuletzt
dem niedlichen Video im Aardman-Style haben
die französischen Ganja-Freunde sich enorme
Sympathien erspielt. Sollen die anderen im
Kampf um Originalität, Tempo, Trends und die
perfekte Hook unnötig Stresshormopne ausschütten, die peuple sind die Oase des unangestrengten, klassischen Wohlfühlsounds. Dass von
diesem sympathischen Haufen nun eine Selection von Live-Tracks erscheint, ist einerseits überraschend, weil doch gar nicht üblich, anderseits
aber auch cool, denn hier können sie auch mal auf
Copyright-Überlegungen verzichten und einfach
alles in den Mix schmeissen, was sie und uns alle
geprägt hat: Jungle-Hymnen, Beats aus der Bong,
Beatboxing, Grandmaster Flash, and now: all the
ladies! und dieses oder jene andere Snippet. Gibt’s alles schon woanders, ham’ wa alles schon mal
gehört, aber man muss den Jungs lassen, dass sie
es genau in der richtigen Kombination servieren,
und mehr ist doch von einer Tanzveranstaltung
nicht zu erwarten. Dazu gibt es zwei reizenden
Videos und einige neue Tracks mit JC 001, noch so
ein Geschwindigkeitsrekordler, der auch als MC
auf den Livetracks die Band über die gröbsten
Längen rettet. Gute Balance aus Ragga und HipHop bzw. Studio und Liveset, gute Jungs, korrektes Abum.
EM ••••
PAUL BRTSCHITSCH - LIVE [TAKSI - NEUTON]
Nur unveröffentlichte Tracks aus einem Liveset
von Paul Brtschitsch, der dafür bekannt ist, mit
sehr gut improvisierten Arrangements einen Vibe zu erzeugen, der weniger losbrettert als vielmehr eine dichte Stimmung über einen weiten
Bogen zu erzeugen, der aus seinen Maschinen alles rausholt, was einen in den Sound saugt, der
von Minute zu Minute magischer wird. Sehr
schön und obwohl oft mit Passagen, die im Club
vielleicht nur dann wirken, wenn dort schon alle
an den seidenen Fäden hängen, eine extrem gut
rollende und vor allem völlig überzeugende Impression eines Liveacts der klassischen Technoschule.
BLEED •••••
PALAIS SCHAUMBURG - LUPA
[TAPETE/39 - INDIGO]
Vergiss die Gitarre. Palais Schaumburg haben Anfang der Achtziger ohne sie gefunkt. Ihren nach
sich selbst betitelten Erstling gab es als Rerelease
erstmals auf CD schon vor einigen Monaten. Nun
wird auch „Lupa” auf den Markt geworfen. Verdient haben es diese beiden legendären NDW-Alben jenseits der NDW auf alle Fälle. Wo allerdings
das Debüt noch aneckender, naiver und direkter
wirkt, hinterlässt „Lupa” eine Mischung aus Freude und Ratlosgkeit. Genau wie vor 20 Jahren. Hiller war gegangen. Thielsch gekommen. Als Produzent schlägt sich ganz klar in der Musik Andy
Hernandez nieder, der aus dem Umfeld von Kid
Creole kam. Palais zeig(t)en auf Songs wie „Süß
sein, nett sein”, „Rosen” oder der hier mitveröffentlichten Single „Hockey” (Anton Corbijns erstes Musikvideo) immer noch ihren unglaublichen Charme zwischen Kunsthochschule, Funk
und Bruch. Wer die andere Seite der NDW nachentdecken will, möge sie, neben Fehlfarben,
S.Y.P.H., der Plan und Wirtschafstwunder studieren.
CJ •••
TONY BUCK / AXEL DÖRNER - DURCH UND
DURCH [TES - NOMANSLAND]
Metamorphosis durch und durch, man muss sich
das wie ein Gebilde freischwebender Verhältnisse vorstellen, von imaginären Figuren, eingeschmolzen inmitten eines organischen Fluidums
von Insektenschwärmen, Bassdrones und granularem Rauschen. Solche Figuren scharen sich ohne Ränder und Konturen in steter dynamischer
Entwicklung, auch nicht unterbrochen von den
Pausen, die unter der Oberfläche des One-Track-
das ist definitiv ein frischer neuer Sound in der
Tresor-Welt. Ansonsten wie bei der Kritik zum
Vinyl schon bemerkt, etwas zwieschneidige Sache mit vielen guten, aber auch einigen wirklich
langweiligen Tracks, die hier allerdings besser im
Flow sind und als Ganzes die CD dann auch interessanter wirken lassen können.
www.tresor-berlin.de
BLEED ••••
KETTEL - VOLLEYED IRON
[U-COVER/18 - HAUSMUSIK]
Kettel ist schon ein großartiger Schlumpf. Auf
seinem neuen Album für U-Cover lässt er
zunächst schick gekleidete Franzosen durch’s
Bild marschieren, winkt Satie mit einer Hommage, gibt sich schwelgierich ambient, bevor mit einem großen Moll-Akkord der DSP getriggert
wird. Beats braucht Kettel auf “Volleyed Iron” eigentlich nie, keine richtigen jedenfalls. Wozu
auch? Dieser junge Holländer hat in den letzten
Jahre so viele Genres ad absurdum geführt mit
seiner gefühlvollen Liebe für Übertreibungen,
dass er nun ruhig mal die Beine baumeln lassen
kann. Sehr bunt und verträumt piepen die Supermarktkassen zu seinen Pianofiguren, bevor die
großen Hallräume aufgehen und alles für einen
kurzen Moment sehr bedrohlich erscheint. Solche Tracks machen mir immer Mut. Euch auch.
www.u-cover.com
THADDI •••••
WEEVIL - DRUNK ON LIGHT [V2 - EMI]
Tom Betts und Jonny Pilcher machen Popmusik.
So, wie es sich für anständige Engländer gehört.
Tolle Songs können sie schreiben, toll singen geht
auch, Angst vor dieser Unsitte, die Snaredrum
einfach durchnudeln zu lassen, haben sie auch
nicht. Was kann da noch passieren? Na zum Beispiel, dass die Platte niemand bemerkt, vor allem,
weil sowas niemand mehr auf dem Zettel hat. Dabei kommt zur Zeit ein ganzer Haufen guter
Bands aus UK, die selbst auf ihren B-Seiten besser
sind als so manche Combo vom Kontinent. Weevil machen also Popmusik, spielen ihre Instrumente, arrangieren am Rechner so manches
nach, sind gut im Sounddesign und so ist “Drunk
On Light” in der Tat eine sehr helle Platte. Freundlich. Mitreißend. Bunt wie Oskar Und alles was
man will, ist mitzuschubbern.
THADDI •••••
IYUNX PRODUCTIONS - SHORT TERM MEMORY LOSS [U-COVER/17 - HAUSMUSIK]
Alte Helden aus Manchester, die auf ihrem eigenen Label in den letzten Jahren immer wieder zu
beeindrucken wussten und nun auf U-Cover ein
volles Album vorlegen und gleich zu Beginn die
808 loszwirbeln lassen, bevor sie kleine Gitarrentupfer in verflangte Breaks einbetten und mich
damit eigentlich schon haben. Oldschool, das ist
es. Und nicht nur, weil hinter der Picadilly-Station
in Manchester alles aussieht wie in Detroit, der
Kanal eine Dreckpfütze ist und die klassischen
Tracks, allesamt fein orchestriert mit uraltem
Equipment, einem dieses sichere Gefühl geben.
Auch, weil diese Musik nie sterben wird und
kann. Tief und verspielt rocken sich Iyunx ihre eigene Welt zusammen. Synthese ist immer noch
der beste Freund.
www.u-cover.com
THADDI ••••
CHROMEO - SHE’S IN CONTROL [V2]
“This is a new Sound”, behaupten die Kanadier
Chromeo gleich zu Anfang. Das ist eine Lüge.
Chromeo passen so haargenau in die Welt aus
Camp, Retrolectro, Sex-Funk und Post-Techno, in
der auch Tiga eine brillante Figur macht, zum Beispiel, dass sie das “new” schleunigst streichen
sollten. Vielleicht könnten sie es durch “better”
ersetzen? Denn: Das Duo hat den Funk gelöffelt,
dass es einem nur so um die Ohren slappt. Und
kaum haben sie dich an den Arschhaaren gepackt, wickeln sie dich mit den cheesigsten Melodien seit Miami Sound Machine ein. Der Spaß war
bestimmt ganz auf Chromeos Seite im Studio: Erinnert dich das nicht auch an Van Halen? Jep, und
hier hab ich noch eine total geheime Italo-Bassline für obendrauf. Aber vielleicht hätten sie nicht
ganz so offensichtlich auf die Laufstege von Paris
und Mailand schielen sollen.
JEEP •••
QUENCH - DYN [U-COVER/16 - HAUSMUSIK]
Quench sind ja keine Unbekannten. Als Funckarma haben die Gebrüder Funcken schon so manches Ei gelegt, zuletzt vor allem die Produktion
für das Shadow-Huntaz-Album. Auf “Dyn” beginnt alles mit einer Liebeserklärung an die vertrackte Darkness, bevor die dicken Beats reinkommen und den HipHop elektronisch aufbohren. Dann kommt eins zum anderen. “Dyn” ist wie
ein Megamix der Funcken-Skills, brutal zerrend
und zerlegt, weit und wippend, abwechslungsreich und fesselnd. Dabei doch irgendwie auch
sehr oldschool. Guck da, unsere Lieblingsmusik
hat ihre eigene Klassiksparte gefunden.
www.u-cover.com
THADDI ••••
V.A. - NOTHIN’ BUT A FUNK THANG
[V2 FRANCE - ROUGHTRADE]
Ich weiss, ihr werdet mich jetzt für verblödet halten, aber ich finde, es ist eine gute Idee so abgehalftere Funktracks nach der Methode zusammenzustellen, ob sie Dr. Dre in seiner langen Karriere mal als Samplebasis für GangsterhiphopTracks benutzt hat. Und genau das tut diese CD.
Leon Haywood, Berard Wright, George Clinton,
Isaac Hayes, Curtis Mayfield, The Meters, etc.
etc. Auf dem Promozettel steht, anders als auf
der CD, allerdings auch drauf, auf welchen Tracks
von NWA, Snoop, Dr. Dre, 2Pac usw. das verwendet wurde, so dass man nicht lange nachsuchen
muss. Lustigerweise gibt es auch noch das Orginal für Truth Hurts am Ende. Bollygangster, wie
Dre auch, der Kiffer, weshalb er dafür auch verklagt wurde. Aber der hasst ja auch MP3s. Amüsant.
BLEED ••••
THEO PARRISH - PARALLEL DIMENSIONS
[UBIQUITY /151]
Zu Theo Parrish an sich braucht man nicht mehr
viel zu sagen. Er ist eine Stilikone. Neben seinen
Ugly Edits ist ein wesentlicher Grund dafür dieses total vergriffene Album aus dem Jahr 2000,
dessen Stücke bislang zum großen Teil auf Vinyl
noch gar nicht zu haben waren. Dabei ist der Meister episch, minimalästhetisch und sublim in den
Spannungsbögen, zugleich bei jedem Track immer wieder divers und insbesondere in der Kombination aus Samplebearbeitung und Arrangement unvergleichlich und Maßstäbe setzend. Sound Signatures, wie sie auch aus Detroit nicht alle Tage zu hören waren und sind. Absolutes Must!
M.PATH.IQ •••••
DI_INDICATOR - FOCUS THE DIRECTION
[UNGLEICH/016]
Ein massives Release kommt hier von UnGleich,
die nicht nur gesammelte Tracks von Ronny Krieger der letzten 8 Jahre auf der einen der DoppelCDs veröffentlichen, sondern auch noch eine
Mix-CD mit zum Teil noch mal anderen Tracks dazulegen und eine EP mit neuen Tracks und einem
Dennis Desantis Remix unter der gleichen Nummer veröffentlichen. Di_Indicator ist aber auch
einfach zu oft übersehen worden mit seiner Art
immer schon überraschend deepe und vielseitige
warme Tracks zu machen, die, egal ob sie nun für
den Dancefloor konzipiert sind oder eher zurückgelehnt, einen völlig eigenen extrem durchdachten Sound haben, der dabei immer auch noch so
smooth ist, dass er eigentlich meist perfekte Dreamworlddetroithousemusik verkörpert, die, hier
ist der Beweis, einfach kaum altert. Unbedingt
auschecken sowohl die 12” wie das Album.
BLEED •••••
ANDY MOOR / YANNIS KYRIAKIDES - RED V
GREEN [UNSOUNDS - NOMANSLAND]
Die Technik der Improvisation hat immer wieder
NUMBERS - IN MY MIND ALL THE TIME
[TIGERBEAT6 - WESTBERLINDISTRO]
Yo. Punkrock. Ist es doch, oder? Das sind doch die
Slits, oder etwa nicht? Stakkatopunk ohne Pause.
Klar, die lieben Gang Of Four, sind aber noch mal
einen Zacken schneller und noch mehr London
78, obwohl aus San Francisco. Ach, was wäre die
Welt ein schöner Ort, wenn sowas, nicht diese
ganzen White-Stripes-Idioten das neue Ding in
Rockmusik wären. Das hat doch wenigstens Energie und weißen Funk ohne Ende.
www.tigerbeat6.com
BLEED ••••
das Erfrischende, dass man nie schon vorher
weiß, welche Richtung die verschlungenen Pfade
letztlich einschlagen werden. Auch ist vorerst
kaum eine lineare Entwicklung zu erwarten,
wenn “Red v Green” das Resultat einer Mischung
dreier einzelner Sessions sein soll, wobei dies erstaunlicherweise den Charakter einer ad-hoc-Geburt kaum stört. Und da das Hören nun mal nach
Richtung und Ordnung verlangt, unternimmt es
seine eigene Syntheses. Ein möglicher Pfad
könnte von filigranen Bitstrukturen in “Dreams I
talk to you” zu “Eel” führen, wo das Bedürfnis
nach Dichte schon spürbar wird, noch ohne Riffs
(“Hardboiled”) und Helikopterrauschen, das
dann aber mit gedrosseltem Rhythmus zu einem
famosen, leicht angeschmutzten Beat, t´schuldigung, zu Dead Beat implodiert. Kaum ist eine solide Struktur geschaffen, bröckelt sie auch schon
wieder und ab geht es erneut in den Keller der Improvisation (“Possible Wheels”). Eine andere Spur
wird sichtbar, über The EX, Dog Faced Hermanns
und Kletka Red aka Andy Moor in spe zu MIMEO,
an deren originaler Formation Yannis Kyriakides
selbst beteiligt war. Red via, versus oder vel Green, wie auch immer es sei, ist ein feiner Austausch von Guitar/ Radio und Live Electronics,
die sich immer wieder in der heimeligen Stereoatmosphäre hin- und herfalten.
XENYA •••••
V.A. - ILLUMINATION TRESOR VOL 12.
[TRESOR/212 - NEUTON]
Schade, vor allem dass es von dieser CD der Todd
Bodine Track nicht auf Vinyl geschafft hat, denn
WE OWE YOU NOTHING [UPPER CLASS RECORDS]
Drei Bands aus Kanada, die irgendwie sehr poppige Musik machen, die so eine Art Bubblegumra-
Index kaum lesbar agieren. Und doch erfüllen sie
gerade hier ihre Funktion und strategische Kraft.
Mit Löchern oder Durchschüssen wollen die beiden Berliner offensichtlich gleich Artauds Bildund Briefverbrennungen das “Subjektil ent-sinnen”, sprich das Material als solches zum Tragen
bringen. Ob nun mehr oder weniger ausgedehnte
Schwarze Löcher den Blick in die so gefürchtete
Sogkraft frei machen oder eben der Grund ein
paar graue Flecken aufweist, ist lediglich eine
Frage der Perspektive, ob man drauf oder durch
schaut. Ganz gleich also, und überhaupt, durch
wodurch? Was zählt ist das Spiel und der ausgiebige Spaß am Material.
XENYA ••••
veappeal haben. Girlsareshort stellt man sich so
vor, dass sie auf der Mayday noch einen Gruppentanz abliefern würden, der sogar Abba peinlich wäre, und zwischen Rave und Easy Listening
keinen Unterschied macht. The Russian Futurists
klingen als wären sie die Söhne von Heaven 17
und New Order und The Cansecos haben den
eher digitalen Sound einer blauäugigen Raggatruppe für Frischverliebte.
Amüsant. Fun
Boy/Girl Three. www.upperclass.to
BLEED ••••
ENIK - WITHOUT A BARK
[WONDER/14 - KOMPAKT]
Uff, diese sechs Tracks wollen anstrengend sein.
Enik rückt einem auf die Pelle mit seinem unbedingten Willen, wahrgenommen zu werden. Melodramatisches Soundgeröll, klaustrophobischer
Gummizellen-Chanson und diese strapaziöse
Kunstgesangsstimme von Enik, mit der er schon
auf dem neuen Funkstörung-Album verblüffte,
verdichten sich zu einem Intensitäts-Brocken,
der bei aller gewollten Unmittelbarkeit sogar
noch sowas wie ein Glamour-Tüpfelchen draufsetzen kann. Verdammt elaborierte Scheiße aber
auch, dieser abstrakt dekonstruierte Songwriterblues zwischen Kurt Weill und Rip, Rig & Panic.
Respekt. Enik ist bestimmt niemand, der sich auf
Kompromisse einlassen würde. Wer jetzt noch
sagt, das Leben sei so lasch ...
JEEP ••••
EMOTIONAL JOYSTICK - BELLICOSE PACIFIC
[ZOD/12 - AD NOISEAM]
Der erste CD-Longplayer von Emotional Joystick,
neben Mochipet Richard Devines Antwort auf die
Frage, was gerade “the shit in the u.s.” ist, besteht
im Wesentlichen aus den beiden 2001 und 2002
erschienenen 12” (Zod 03 und 09). Zwei, deren
zwölf Tracks fehlen, dafür gibt es hier aber drei
neue. Das alles ist Stoff für die Tanzfläche. Braindance. Ja, so alte Schule irgendwie. I’m a sucker
for synthlines, gerade jetzt, wo alle die Gitarre
rausholen. Und die hier sind verdammt nochmal
Ohrwürmer. Dazu schreddern meist ordentlich
verzerrte Breakbeats und es wird auch gern mit
der Gabba- Bassdrum draufgehalten. “Rotterdam” und so. Dabei sind die Tracks immer vielschichtig und nie düster, vielmehr ziemlich funky.
Bei “HollowSquare” und “Patch” wird das Ganze
von Streichern untermalt, an anderer Stelle gibts
Pianos oder auch Acidlines. “Tonight is a lie”
kommt dank Rhodes auch noch jazzy angehaucht
und das Arrangement bleibt sowieso immer virtuos. Emotional Joystick ist über die volle Distanz
amüsant, abwechslungsreich und von hohem
Wiedererkennungswert.
www.zodrecords.com
TAMAS •••••
SOPLERFO - EP FOR DOGS [ZOD/15 - AD NOISEAM]
Soplerfo verkauft auf seiner Homepage die eigenen Platten und Fotos seiner Hunde. Die hat er
wohl ganz doll lieb und traut ihnen auch ganz
schön viel zu: hier gibt’s Titel wie “I want cookies
in my sleep” und “Why can’t I make sense to you”.
Ich fand ja Stimpy immer besser als Ren, das mal
vorweg. Das dominierende Element aller neun (!)
Tracks ist Percussion. Und trotzdem ist es eine für
Zod exotische Platte. Hier werden keine Breakbeats oder Drumcomputer-Samples dem PluginFolder preisgegeben. Stattdessen gibt es kurze
Loops diverser Hölzer und Saiteninstrumente
meistens gepaart mit diesen wunderbaren kleinen Melodien. Alles ist klar, leicht und wirkt trotz
aller Retrigger in sich ruhig. Auf kitschiges Beiwerk und Soundwände wird verzichtet, Hunde
brauchen dann doch präzisen Tonfall. Der Hrvatski-Remix am Schluss ist dabei eher unauffällig.
TAMAS ••••-•••••
• = NEIN / ••••• = JA
DEELA - MIXED MOODS [4LUX/013]
Auf der ominösen Nummer 13 geht es für Labelhead Gerd ins benachbarte Deutschland. Dort
griff er zunächst bei der Moerser Switchstance
Crew das Projekt Deela ab. Die zeigen beim African Chant Pt. 2 tanzbare Tiefeneklektik zwischen
afrikanischen Rhythmen und progressivem produziertem NuJazz, um dann bei Chaquitos ihr
multibeatiges und multikulturelles Musikverständnis anzudeuten. Frühabendliches brasilianisches Temperament kommt dank Flöte und
lockeren Downbeats ganz ohne Kaffee auf. Die
endgültige Granate besorgte sich Gerd aber aus
Berlin. Mit Mixed Moods’ “Stay A While” leihte er
sich für seinen Remix nicht nur eine fantastische
Vorlage, sondern mit der dort mitwirkenden Clara Hill (Sonar Kollektiv) auch noch eine der
großen neuen Stimmen im Fusion-Zirkus. Darunter bastelt er dann einen deepen Broken Beat-Kil-
SAMSON - GHETTO BLAST CONTROL
[BPITCH CTRL/090 - NEUTON]
Ein neuer Franzose bei Bpitch, der seinen Funk
cuttet, bis die Hüfte ausgeleiert ist. Vier Tracks,
die vor Einfällen, kurzen Eruptionen und überraschenden Wendungen nur so wimmeln. Ravender
Krypto-Funk, der volle Konzentration verlangt.
SVEN.VT ••••
DJ ZKY & FRITZ KALKBRENNER - STORMY
WEATHER/ WHAT CAN I SAY
[CABINET/024 - DIAMONDS AND PEARLS]
Auch wenn es sich momentan nicht so anfühlt, es
wird Frühling. Eigentlich sollte der Sommer ja
auch bald beginnen, na ja. Dafür braucht man auf
jeden Fall Tracks, die mit jedem Takt so ausgelassen vor sich hin swingen, dass ein gut gelaunter
Luftsprung hier und da einfach zum Standardrepertoire gehört, mit dem man so durch den Tag
den Soundeffekten und Melodien vielleicht ein
klein wenig zu sehr versucht, dem Synthesizer
Funk einzuflössen, aber wer sich Putsch 79 in einer Deephousevariante vorstellen kann, der
weiss, warum das gar nicht so falsch ist. Wer auf
vertrackte, aber dennoch grundsolide Housetracks mit zeitlosem Basslauf steht, der wird auf
dem eigenwillig Latinangehauchten Track, der
das trotzdem nicht so stark durchblicken lässt,
am Ende genau das finden, was er braucht. Feine
Platte. www.bgbmusic.com
BLEED ••••-•••••
CARSTEN JOST - THE LOST TRACKS 2
[DIAL/019 - KOMPAKT]
Vier Tracks mehr aus dieser kleinen Serie, auf denen Carsten Jost darker und verschrobener rüberkommt denn je zuvor. Mitternachtsexperimente oder Tracks, die man am frühen Morgen
DAN BERKSON - GO NAKED
[EXUN RECORDS/2030 - WORDANDSOUND]
Massiver Dubhousetechtrack mit perfekt geschnittenen Minisamples und funkig breitem Sound, der alles wegblasen kann. Wer sich einmal in
diese Bassline eingegroovt hat, der wünscht sich
eigentlich sonst nichts mehr, und deshalb macht
es auch immer mehr Sinn, den Track so laufen zu
lassen und in aller Ruhe langsam mit Dubs und
ein paar Sounds immer deeper zu werden, bis
man sich von den paar Stimmen überall hin entführen lassen würde. Aber die Rückseite “Planet
Earth”, die mit noch slammenderen Beats beginnt, ist ein Killer, der so überpräsent produziert
ist, dass man seinen Ohren kaum traut und die
Distanz zwischen Musik und sich selbst sofort
verloren hat. Und die Orgeln da drin. Ach. Wie gesagt, Monstertracks. www.exun-records.de
BLEED •••••
Schwäbischen, dieses Mal: die Hohenzollersche
Landesbahn aus Gammertingen. Field Recordings für Trainspotter ist das nächste große Ding,
ganz klar. www.heckengaeu.de
THADDI ••••-•••
JAMES FLAVOUR - PORNEREO
[HIGHGRADE/017 - WORDANDSOUND]
Sehr funkige rockende Tracks sind immer mehr
das Spezialgebiet von James Flavour geworden,
und das zeigt er auf dieser EP mit Remixen von
Freestyle Man und Dave DK noch mal ganz deutlich. Ein wenig dark angejazzt im Hintergrund
und irgendwie auch schleppend und sleazy rockt
der Track nicht nur wegen seiner knalligen Beats.
Der Dave DK Remix ist komprimierter und lässt
weniger Raum außerhalb des Grooves und wirkt
damit dann auch gleich wesentlich technoider, ist
aber eine grundsolide Umsetzung. Allerdings
alten Säcken werden sie dabei weder heiser noch
greiser. Mit A Rocket In Dub geht es in den sweetest bummelnden Frühling, den ich mir vorstellen
kann. Ein Track den man, wenn es das EP Format
erlauben würde, am liebsten auf Repeat hört.
www.italic.de
BLEED •••••
DOUBLE X - FLASHBACKS
[KANZLERAMT/107 - NEUTON]
Klar, Flashback heißt hier Acid und es wird von
den beiden, Litschko und Kowalski, ebenso massiv wie funky angegangen und mit Breakigen Beats aufgeheizt, so dass sie schlichtweg durchbrettern können, ohne dass man das Gefühl bekäme,
die wären jetzt nur noch auf dem 303 Trip. Strings
und ein paar kurze Vocalsamples verdichten die
Erinnerungen nur noch mehr und am Ende steht
man sprachlos vor einer in sich zusammenfallen-
Karaoke Kalk Rosa-Luxemburg-Strasse 16 | 10178 Berlin | [email protected] | www.karaokekalk.de | Im Vertrieb von Indigo, Hausmusik, Kompakt & A-Musik.
ler, der einer imaginären Schule von Phuturistix
mit Bestnote entsprangen sein könnte.
M.PATH.IQ •••••
V.A. - RABIMMEL RABAMMEL RABUM BUM
BUM [AREAL RECORDS/022 - KOMPAKT]
Wie ihr euch denken könnt, ist der Titel der Platte jeweils ein Teil der Titel der Tracks dieser Areal
Allstars Platte. Basteroid beginnt mit “Rabimmel”, einem Stakkatorocker für alle, die sich die
Bassline gerne mit einer Psychomesserstecherei
einführen und dazu kross gebratenes Allerlei bevorzugen. Konfekt, der Klammerfreund der Posse, lässt auf “Ra(Bammel)” die Zerrung noch weiter eitern und masht sich in den Himmel der Monotonie des technoiden Sequenzglaubens, gegen
den es keinen Widerspruch gibt. Metope knarzt
dann und krächts auf “Rabum” zwischen Kleinkinderplinkerei und stolzem Kölner Elektromarsch und zum Ende übernimmt Commander
Ada mit einem angetäuschten Deephouse “Bum
Bum”, das immer mehr zur Schunkelhymne des
Jahres wird. Areal hat den Karneval überlebt, ob
wir Areal überleben werden bleibt abzuwarten.
www.areal-records.com
BLEED •••••
AUCUNE IDEE / MR. CAINE & MR. CASE - LE
PLASTIQUE C`EST FANTASTIQUE / ICEBEAR
(POLAR MIX) [AUDIO DELICATESSEN/003]
Und wiedermal ein Bootleg von dieser Posse, die
ich immer für Franzosen gehalten habe, was ihnen vielleicht sogar lieb ist, jetzt aber mit zwei
sehr deutschen Tracks. Auf der Seite von Aucune
Idee mit “Plastik ist die neue Mode” Vocals im besten Früh-80er-Discostyle, und auf der Rückseite
ein leicht mit Breaks angefütterter Eisbär Remix,
der glücklicherweise sonst fast alles so belässt,
denn mehr verträgt dieser Track auch nicht. Nagut, ein wenig Filter und etwas mehr Tiefe in der
Bassline kommt auch noch dazu und passt perfekt. Amüsant wie immer.
BLEED ••••
MITJA PRINZ - KOLLEKTIV KAPUTT
[BLAOU/033 - WORDANDSOUND]
Weiß nicht genau, was dieser Titel der neuen Mitja Prinz EP bedeuten soll, die Tracks jedenfalls rollen mit sehr vielen Soundeffekten, dicht und vielleicht ein klein wenig zu fasziniert von den Delays, und einem gelegentlichen Funksound sehr
stark geradeaus und versuchen irgendwie an den
Sound von Classic ranzukommen, reichen aber
aufgrund ihrer doch etwas straighten Art nicht
ganz ran, was die Stücke dann etwas bedrückender macht als sie wohl eigentlich sein wollen.
BLEED ••••
PATRICK HARZ / PETER GRUMMICH - ACID
LOVE /WHAT ABOUT LOVE?
[BOOT/001 - KOMPAKT]
Auf der A-Seite erst mal ein Track, der mit Sicherheit die 1.000. Adaption der “I Feel Love” Bassline
ist, aber dabei so locker und lässig voller Understatement in den schleppendsten Housegrooves
rumhängt, dass man es irgendwie wieder hören
kann und der 303 da drin lauscht wie einem Solo,
das nichts von einem Solo hat. Und wer bei den
Strings bereit ist, den Morgen zu feiern, für den
kommt dieser Track wirklich perfekt aus dem Innersten. Auf der Rückseite nähert sich Peter
Grummich dem gleichen Thema mit schnippischeren Beats und einem noch elegischeren noch
zurückgelehnteren Sound, der gar kein Ende
mehr kennt.
BLEED •••••
FRANK MARTINIQ - LATE NIGHT TOOLZ PT.2
[BOXER SPORT/016 - KOMPAKT]
Die Zweite der Serie vom extrem produktiven
Frank Martiniq, der immer vielseitiger wird und
hier lässig, wie schon auf der letzten Platte “All
About The Cuts”, immer eigenwilliger in seinen
Sounds wird, hier mit runtergedrehten Vocodern
und Spacegeräuschen, die wie aus einem kaputten Warpantrieb herbeihalluziniert klingen. Dezent brummig und zerquetscht groovender, dann
auf der Rückseite der Killertrack “Elastic Plastic”,
der irgendwie klingt, als hätte sich Martiniq an
ein paar Areal Platten berauscht, und der hyperaktiv, aber dennoch lässig swingende, jazzig
schnippische Microhousetrack “Snoop Troop”,
der mit seinen leisen Synthesizerbleeps und der
sehr gut rollenden Bassline einer unserer Jazzslammer des geraden Dancefloors des Monats
ist. www.boxer-recordings.com
BLEED •••••
SASCHA FUNKE - THE INTIMATE TOUCH
[BPITCH CTRL /092 - NEUTON]
Herr Funke wird bissig. Was so geschmeidig mit
verhallten Vocalschnipseln daherkommt, entwickelt sich zu einer turbulenten Achterbahnfahrt durch bleepende Synthiewelten in einem
Paralleluniversum, wo jackende Chicago-Tracks
eben ein wenig angeschrägt durch die Tür fallen.
Überraschend und sehr cool. Der Alexander- Kowalski-Mix von “Bravo”, dem Titeltrack von
Sascha Funkes Album, erhöht die Raveintensität
des Originals und lässt den Track mit ordentlich
Hall so bedrohlich anschwellen, dass er jedem
größeren Rave gut zu Gesicht stehen wird.
SVEN.VT •••••-••••
TOMAS ANDERSON - BAS
[BPITCH CTRL /088 - NEUTON]
Wieder ein Acid-Schleifer vom Mann aus Schweden. Böse überrollt einen die Acidbassline, bedingungslos treibend. Noch so ein Chicago-Track,
der sich in ein wahres Intensitätsmonster steigert, voller Effekte, verhallten Vocal-Schnipseln
und percussiven Wahnsinn. Die B-Seite rockt dagegen versöhnlich mit Roboter-Vocoder-Vocals
durch den Minimalgarten. Sehr fein.
SVEN.VT •••••
marschiert. Wo ist mein Cocktailschwenker?
Zwei wahnsinnig luftige House-Tracks, die Klartext reden und so entspannt ein Grinsen in dein
Geischt zaubern, dass man mit dem Fingerschnipsen gar nicht mehr hinterherkommt.
SVEN.VT •••••
CANNIBAL COOKING CLUB - URIN GAGARIN
[CANNIBAL COOKING CLUB/002 - POSSIBLE]
Irgendwie hat Possible gerade extremen Labelnachwuchs. Schön, dass es einen Vertrieb gibt,
der was wagt, aber sagen wir mal ehrlich, Cannibalcookingclub würde auch nirgendwo anders
hinpassen. Stoisch druchbretternd mit einer butterweich durchgezerrten Bassdrum zwirbeln diese Leute hier die Lofidauerwelle so straight, dass
man glauben könnte, sie tragen alle Pickeliros.
Musik für alle, deren Zähne sich eh schon längst
zu Eisenkrümeln zerbröselt haben und die trotzdem gerne laut auf dem Dancefloor loslachen,
weil, was ist so ein Trash anderes als eine Ode an
die Freude. (Möglicherweise auch an das Orginalatarimanual).
www.cannibalcookingclub.de
BLEED ••••-•••••
INTUIT - PLANET BIRTH
[COMPOST/161 - PP SALES]
Ein Musterbeispiel an Zielsicherheit, was die Auswahl von Remixern angeht, ist die erste Maxi zum
Album von Intuit. Alleine schon der Mitbegründer von U.F.O. Toshio Matsuura ist eine sichere
Bank für beseelte Eklektik mit analogem Tiefgang. Zudem konnte aber auch noch Xantoné
Blacq (Vinyl Junkies), der 2003 mit “Searching For
The Sun” für eine der Szene-Hymnen verantwortlich war, dazu gebracht werden, die Arbeit an seinem Album zu vertagen. So kommt es, dass die sicher nicht jedem zugängliche, aber eben dennoch einzigartige Stimme von Andy Bey ein prägendes Element bleibt und der inspirierte Fluss
vielschichtigster musikalischer Sozialisation mit
fast unerträglicher Leichtigkeit direkt ins Ohr
und gerne auch auf Dancefloors mit dem gewissen Vibe mäandert. Abgerundet wird das Ganze
durch einen Funkjam, zu dem zuuufällig noch Ray
Obiedo und Doug Carn ins Studio kamen.
M.PATH.IQ •••••
RIMA - SUBDUED
[COMPOST/134-1 - PP SALES]
Ich finde NuJazz flacher als den Arsch meines
schwulen Onkels, Broken Beats aber steiler als
die Lockenwickler-Frisur meiner katholischen
Tante. Compost zwingt mich gerne dazu, mich
zwischen beidem entscheiden zu müssen. Diese
Rima macht es mir wieder besonders schwer. Wie
kann man nur so an Brasil-Standards festhalten,
als ob es nie Cornetto Erdbeer gegeben hätte? “O
Vente Dira” ist das schwarze Loch der Klischeegalaxie. Amp Fiddler aber arbeitet mit Georg Levin
in seinen “Subdued”-Remixen an einer Delikatess-Version von Neo-Soul. Das zwingt einen
schon weitaus mehr zum Mitdenken. Der
Isoul8/Volcov-Mix von “Telos” schließlich dockt
an die schwelgerisch üppige Disco-Tradition mit
modernen Post-Acid-Mitteln an, wie es Franzosen wie Llorca oder Alex Gopher auch gerne ausbreiten. Der Hammer, den Compost sonst oft genug in seinen EPs versteckt, springt hier aber
nicht aus dem Hut.
JEEP •••
NU PACIFIC - SEA SHELLS EP
[CURL CURL/001]
Nu Pacific eröffnen das neue Label der Moon
Harbour Posse, und alle drei Acts sind aus Australien, aber zunächst drängelt sich Marlow mit
einem Remix vor und gibt den Vocals von Natalie
Elizabeth Gay einen extrem slammenden elektroid steppenden Schub und schafft dabei mit Lässigkeit einen der kickendsten und gleichzeitig
süßlichsten Housetracks für alle, die eine gerade
Bassdrum nicht als Pflicht betrachten. Jazziger
wird es auf dem dahindriftenden Stück von Bennson, das die Rimshots knacken lässt wie ein von
der Maffia auf den verregneten Hinterhöfen eines Stranddorfs als Pfand genommener kleiner
Finger. Spannend, unheimlich und dennoch irgendwie versöhnlich mit Strings, die einem trotz
allem das Herz aufgehen lassen, schliesslich ist
man eine Familie. Auf der Rückseite der klarste
Broken Beat Track der EP von Deepchild geremixt
von Colorblind, der mit seinen souligen Vocals
und unvergesslichen Beats die Linie des Labels
noch etwas klarer definiert. Soul, mit allen Mitteln. www.curlcurl.com
BLEED •••••
REMUTE - BUGBEAR EP
[DEKATHLON/016 - NEUTON]
Wird auch immer besser und bleibt dabei so störrisch eigenwillig wie schon auf seiner Areal Platte, dieser Denis Karimani. 4 neue Tracks, die stellenweise etwas discoider klingen, als man es von
ihm erwartet, aber auf “Rioting Is Fun” dann auch
fundamentaler Synthesizermonstersound für alle, die die Komplexität rocken hören können,
oder eine völlig absurde Stakkatojazzdisco auf
“They Call Him Ente”, die mindestens doppelt so
seltsam als Stück klingt wie der Titel eh schon.
Den Abschluss macht ein quirliges Sprudelwasser, das sich als Technomonster tarnt. Echte Wundertüte, diese Platte. www.namlive.com
BLEED •••••
BGB - COM FORCA [DESSOUS RECORDINGS/045 - WORDANDSOUND]
Macht durchaus Sinn, dass es gleich noch eine EP
der Brooklyner Bgb gibt. “Com Forca” ist einer
dieser unglaublichen HitechdisconouveauTracks, der sich nicht scheut, mittendrin in ein
sehr schönes, nüchternes Vocal zu münden, das
wie eine Insel wirkt. Perfekter Sound, der einen
Vocaltracks dieser Art irgendwie vermissen lässt.
Aber auf der Rückseite gibt es ja gleich noch einen Track mit Naté Bova, der mit perfekt sitzen-
produziert, den man heutzutage ja eher für Mitternacht halten kann. Also. Beim Hören definitiv
jede Lichtquelle ausmerzen und von innen zu
glühen anfangen, denn genau so wirken diese
Tracks am besten. Verdammt schwermütig und
definitiv Musik, die einen in einen Puls versetzt,
der nahe an der Psychose ist. Bis auf “Krokus” die
morbideste Dial Platte ever, von der aber nur “Discribed As White” nicht ganz das Level des Labels
halten kann. www.dial-rec.de
BLEED ••••-•••••
TELLY QUIN`S - OVER DUB
[EINTAKT/005 - POSSIBLE]
Die allerbeste Eintakt EP haben sie uns bis jetzt
vorenthalten, denn hier vereinigen sich auf perfekte Weise Swing und Dubtechno mit richtig
deepen realen Dubsounds und Ideen, wie man es
sonst (abzüglich Swing) eigentlich nur von Future
Dub kannte oder der ein oder anderen Ausnahmeplatte. Vier Tracks jedenfalls, die man wie einen Geheimtip behandeln sollte, denn genau das
sind sie, und mit Sicherheit für alle, die Dub nicht
nur als eine Unterform von Techno lieben, eine
der Platten des Monats, die anderen heilen wir
auch noch. Neben Telly Quin auch noch an den
Knöpfen: Plastique und L&G Hemmerling. Meisterwerk. www.eintakt.de
BLEED •••••
SHIROKO TENGAI - HATE THE 80S [ELECTRIC
AVENUE RECORDINGS/003 - INTERGROOVE]
Irgendwie konterrevolutionärer Titel, denn das
ist absolut klassischer 80er Sound, auch wenn
das Vocal, dass auch schon das beste an diesem
irgendwie etwas flach produzierten Track ist, etwas anderes behauptet. Glücklicherweise gibt es
davon einen Sascha Funke Remix und der ist nun
wirklich durch und durch überzeugter 80er Jahre
Hasser und vermittelt das mit einem verdammt
sentimentalen trockenen Rockertrack, der mit
seinen upliftenden runtergetuneten Bleeps um
so mehr Euphorie erzeugt, als er sich selber irgendwie zurücknimmt. Der zweite Track des
falschen Japaners ist dann ein etwas elegischerer
Elektrotrack mit gehauchten Frauenvocals, aber
es ist dann auch auf der Rückseite der Remix, von
Toni Vokado diesmal, der mit seinem lässigen
darken Shuffelbreak die Platte mögen lässt.
BLEED •••••-•••
SUNRISE - [ELECTRIC AVENUE RECORDINGS/005 - INTERGROOVE]
Ein Projekt von Dr. Shingo und Torsten Feld, das,
wenn diese Vocoderdüsterstimme am Anfang
nicht gewesen wäre, mit “Taxi Alien” absolut
deep und überzeugend eins der süßesten Trällermelodietechnostücke des Monats gewesen wäre.
So bleibt aber leider dieses Vocal immer haften
und man hat ein wenig Angst, dass es einen
gleich wieder aus dieser zauberhaften Stimmung
rausreißt, was es dann auch tut, aber hey, scheiss
drauf, geht auch so. Kitsch, aber gut. Auf der
Rückseite dann ein sehr langsamer, breitwandig
angelegter Track, der klingt, als hätte jemand versucht, Ravemusik für Menschen in einer Umgebung zu schreiben, in der die Schwerkraft nur
halb so schwer ist wie bei uns und deshalb alles in
einem Schwebezustand verlaufen muss. Nett,
aber es hätte auch gut viel mehr sein können.
electicavenue-recordings.com
BLEED ••••
OMFO - GUTSUL ELECTRO THE REMIXES
[ESSAY RECORDINGS/003]
Fresh aus der Zehdenicker kommt nach langer
Zeit mal wieder ein Lebenszeichen vom Label von
Daniel Haaksman, der auch gleich den ersten Mix
der EP macht, deren zentraler Sound die Gaijida
ist, eine Art Balkan-Dudelsack. Klar verwirrt einen das und man fragt sich, wie um alles in der
Welt kommen hier eigentlich Jamaika, Balkan und
Indien zusammen. Aber mit ein wenig Humor,
und davon hat der Track reichlich, fühlt man sich
doch irgendwie wohl im Folklore-Mashup. DSL
liefert einen Fip Fop Mix mit Doublebass und lässig hintenüberfallendem Shuffle. Jimpster ist mir
dann aber etwas zu selbstverliebter Handbaghouse für Menschen, die, so stell ich mir sie vor,
immer “Ach nee” sagen - oder was auch immer
das englische Äquivalent dazu ist. Das Orginal ist
cool. www.essayrecordings.com
BLEED •-•••••
PAROV STELAR - KISSKISS EP
[ETAGE NOIR /001 - SIB]
Parov Stalar heißt eigentlich Marcus Füreder. Auf
der gerade fertig gebauten Etage bezieht er soeben Zimmer 001 und sorgt mit seinen Blue Notes erst mal für angemessene Beleuchtung. Und
in diesem Halbdunkel aus NuJazz und House
würden sich auch Ludovic Navarre und Bugge
Wesseltoft wohlfühlen. Gerade klassisch muten
die drei Nummern an, losgelöst vom ewigen Diktat des Neuen liegt das Augenmerk auf der Melodiosität und auf klaren Strukturen. Das kann einem dann zwar irgendwie bekannt vorkommen,
wird dadurch aber nicht schlechter. Genau in die
Bresche schlägt auch der Remix von Raul Irie und
Michi Bex. Da ist ein Flanger schon Effekthascherei. www.etagenoir.com
M.PATH.IQ ••••
MIKE INK - R.E.S.P.E.C.T / NEW JACK CITY
PART TWO [EXACTA.UDIO/005 - NEUTON]
Da ich die Tracks ja eh hab, weiß ich nicht genau,
warum diese Love Inc Tracks nun als Mike Inc
rauskommen sollten, aber, sagen wir es mal so,
sie kicken immer noch massiv und mit einer
glücklich die Dubeffekte und 909 Kicks hämmernden Ästhetik los, die seinesgleichen sucht.
Ob ihn das bewegen wird, doch die 303 wieder
mal rauszuholen? Wir bezweifeln es, sind aber sicher, dass demnächst das ein oder andere Mal
Leute zum DJ laufen werden, um zu checken, ob
da die Picture Disc läuft oder das Rerelease.
BLEED •••••
Im Mai
Am 21. Juni
Pascal Schäfer
Dawn
März
The River | Limitierte 10”
kk36 | cd26
kk38
CANNIBAL COOKING CLUB BUTCHERS BALL EP
[CANNIBAL COOKING CLUB/001 - POSSIBLE]
Auf der ersten EP dieses Labels geht es harsch zu.
Klar, zu Anfang macht man keine Kompromisse.
Ich bezweifle aber auch, dass sie das später tun
würden. Mit Chips zwischen den Zähnen und Joysticks unter den Achseln krabbeln diese Stücke
quer durch die Tracker-Gabba Nostalgie hin zu einem modernen Lofifunk für Speedfreaks und solche, die Computer für eine Kiste halten, die vor
allem funkt, spuckt und stottert. Engstirnig und
liebenswert. www.cannibalcookingclub.de
BLEED ••••
SAFARI - [FIRM/006 - KOMPAKT]
Jetzt kommen sie aber, diese Kids von Firm, und
wollen es mit einer Vier-Track-EP von André
Kraml wissen, der so deepe und überraschend minimale Popmusik macht, dass man vom ersten
Track an ganz Ohr ist. Kleinteilig, aber dennoch
von einem sehr subtil dichten Vibe durchzogen,
rockt das hier mit Sounds, die man definitiv noch
nie gehört hat. Dennoch mit einem Groove, der
es den besten Classicplatten schwer machen
könnte, und dabei singt es auch noch ganz unverschämt locker auf jedem der Tracks. Kraml schafft
es, jedem Track einen ganz eigenen, aber immer
wieder perfekten Groove zu verleihen und diese
trotz der vielen Sounds alles andere als überladen
klingen zu lassen. Eine der Überraschungen aus
Köln dieses Jahr.
www.firmrecords.de
BLEED •••••
STASHRINDER FEAT. TYREE - VIBRATION EP
[FRISBEE TRACKS/061 - INTERGROOVE]
Auch wenn die Vocals von Tyree Cooper irgendwie so klingen, als wäre er etwas müde, den
Sprechgesang zu Technotracks zu machen, kauf
ich dieser Stimme selbst die Müdigkeit als Tiefe
ab. Tja. Legenden halt. Und Stashrider liefern einen soliden Strings rollenden Schieber dazu ab.
Der Vocoder Mix davon ist allerdings etwas genau dieser Vocoder zuviel, denn ansonsten hätte
man viel Oldschool-Spass mit diesem Track haben können. Auf der Rückseite wird dann mit
“Tight Condition” erst mal Trance-Sahnesoße und
auf “In The Groove” trotz kurzem Tyree Sample
etwas zu sehr Schunkelacid.
BLEED •••••-••
LOPAZZ - TAKE ME HOME
[GET PHYSICAL/014 - INTERGROOVE]
Stefan Eichinger auf Get Physical. Das ist wirklich
überraschend, denn anders als der Rest der Posse
produziert er ja nicht so sehr diese Art von Hitech-Disco Tracks, sondern eher sehr deepe und
in der Konsequenz hypnotisch analoge Monstertracks, die eher wirken wie ein langer Jam, in dem
alles auf extrem glückliche, aber sehr sentimentale Art zusammenwirkt. Auf “Migraicion” versteht man dann aber bei der subtilen Explosion
der Bässe mittendrin doch wieder, warum die
Wahl des Labels irgendwie trotz spanischem Gesang passt und beim super funkigen Track “Take
Me Home” mit den tiefen Discovocals eh. Brilliante, relaxte Tracks, die die Discokugel durch das
Lagerfeuer ersetzen. www.physical-music.com
BLEED •••••
V.A. - THE 8TH STRIKE [GITAND & DWARF RECORDS/008 - INTERGROOVE]
Gewohnt harte Technotracks mal mit elektroideren Basslines, mal etwas hämmernder tribalhousig, Stakkatodiscotechno oder darke Psychose,
überall aber eher mittelmäßig.
BLEED •••
PET - NO YES NO REMIXE [GRÖNLAND]
Irgendwie klingt der “SID Rock” Remix von Michi
Lange (der hier alles machen darf) verdächtig
nach Tiefschwarz, so dass man eigentlich jeden
Moment die Spektrum-Sängerin zu hören glaubt,
aber dann wandelt sich der Track doch in einen
leicht psychedelisierten Popsong um. Und weiter
gehts mit dem Remix. Skurril, aber effektiv, und
auf der Dubversion dann noch tiefer schwarz.
www.groenland.com
BLEED ••••
KLANGSTABIL - TAKING NOTHING SERIOUSLY [HECKENGÄU/02 - HYMEN]
Ah, Klangstabil. Bei mir immer ein Stein im Brett,
wegen Böhm und der Elektrik, aber auch sonst
und überhaupt. So auch hier. Unbedingt. Sechs
Tracks, limitiert auf 300 Exemplare. Was als Hommage an alte Wave-Tage beginnt und in ihren düsteren Streichern und trockenen Drums die alten,
heute immer noch großen Helden feiert, kippt
dann plötzlich Piano-808-HipHop, um dann bei
einem fast schon klassischen Klangstabil-Distortion-Monster anzukommen. Nur ... da brüllt immer jemand drüber. Wir glauben, dem geht es
nicht so gut, nur brüllt er so laut, dass wir nicht
wirklich verstehen, was er denn hat. Die B-Seite
eröffnet dann mit Noise-Eskapade, das ist mir ein
bisschen zuviel, weil, ach egal. Plötzlich dann wieder alles ruhig und verträumt und unfassbar
schön, bevor alles in einem etwas überbetonten
Finale andockt und für immer im Himmel abtaucht. Selten habe ich so eine breit angelegte 12”
gehört. Ich kann’s nur empfehlen.
www.heckengaeu.de
THADDI •••••-••••
LUKE EARGOGGLE / JIRI HÖNES [HECKENGÄU/03 - HYMEN]
Wir können das jetzt laut verkünden: Wave
kommt zurück. Für mich ist damit wieder alles
klar. Luke aus Göteborg droppt hier einen sehr
charmanten LoFi-Hit, der endlich wieder nach
dem Motto Platten auf den Markt bringt: Ich habe vier Spuren, ein Mikrfon, Synth und Drumcomputer ... was kann mir schon passieren!? Auf
der B-Seite kommt dann Labelbetreiber Jir Hönes
mit drei weiteren Beispielen für Regionalzüge im
verstehen wir gut, warum Freestyle Man für seinen Thirsty Monk Mix die Einzelseite abgegraben
hat, denn das swingt so lässig und pompös und
kontert so gut zwischen Oldschoolacid und sattestem Housesound, dass man einfach immer
wieder überrascht ist, wie er das jedesmal wieder
so fresh hinbekommt. Sehr coole Platte.
www.highgrade-records.de
BLEED •••••
JOHN AQUAVIVA - METAL DETECTOR
[HÖRSPIELMUSIK/042 - INTERGROOVE]
Ich hatte das gar nicht mehr auf dem Schirm, dass
Acquaviva auf Hörspielmusik Platten macht, ehrlich gesagt wusste ich gar nicht, dass er überhaupt noch Tracks macht. Diese hier sind wohl
mit Chris Jordan entstanden und kommen als reduzierte, slammende Einfingertechno-Klassiker
rüber, weshalb es um so alberner ist, dass auf der
Rückseite der “Kiss” Track dann Index Finger Mix
heißt und dabei doch irgendwie ein elektroider
Discoslammer klassischer Bauart ist. Als Ganzes
irgendwie etwas zu nüchtern, diese vier Mixe von
zwei Tracks, stellenweise sogar etwas müde.
BLEED •••-••••
TIEFSCHWARZ - BLOW [INTERNATIONAL
DEEJAY GIGOLO RECORDS/137 - NEUTON]
Zurück von dem EFA Chaos kickt Gigolo gleich eine ganze Menge neuer Releases, schließlich haben sie was aufzuholen und Tiefschwarz kommen
uns da gerade recht mit ihrem Track von der “Fun”
Compilation. Das englisch ist zwar fragwürdig,
aber die Beats knallen und die Psychose wird einfach weggeschüttelt und mittendrin wird der
Track auch noch immer deeper. Und für alle, die
die Vocals dann doch nicht brauchen, gibt es auf
der Rückseite den Dub, der Tiefschwarz langsam
als rockende Konkurrenten um die Dub Krone mit
den Freaks zeigt. www.gigolo-records.de
BLEED ••••-•••••
KIM PEERS - TELL ME MORE
[INTERNATIONAL DEEJAY GIGOLO RECORDS/133 - NEUTON]
Mount Sims und David Carretta remixen diesen
Track des Belgischen Models, und ich muss sagen, ich glaube kaum, dass man da wirklich viel
remixen kann, denn das Stück ist so eigenartig
depressiv wird mit dem letzten Atemzug gehechelten Verlangens zu einem Track, der klingt, als
würden selbst die Synthesizer nur noch auf Reststrom laufen, was ganz schön magisch klingt und
diese Magie schlichtweg von allem zerstört werden dürfte, was da noch dazu kommt. Mount
Sims wagt es mit einem Sound, der klingt, als
würde er zu einer Beerdigung auf Highheels stolzieren und dabei eine E-Gitarre im Halfter tragen,
was zumindest für die Cowboys unter euch irgendwie ein Showdown ist, und auch der David
Carretta Mix, erstmals auf dieser EP mit Clubtempo, schafft es, diese schwül tragische Stimmung in einen schleppenden Groove zu verpacken und hält sich ansonsten glücklicherweise
zurück. Eigenwillig darke, aber nicht gesteltz wirkende Platte. www.gigolo-records.de
BLEED •••••-••••
MOUNT SIMS - NO YELLOW LINES / RESTLESS [INTERNATIONAL DEEJAY GIGOLO RECORDS/135 - NEUTON]
Irgendwie komme ich nicht so ganz mit den Vocals von Mount Sims klar, was dann natürlich etwas problematisch ist, denn darauf verlässt sich
alles, obwohl ich den Approach dieser Lofi-PunkSounds mag, und durchaus verstehen kann, dass
man irgendwie ein Fan von Mount Sims werden
kann, weil er so nölig nach Straßenköter klingt,
der man ja selber auch immer ist. Wavige Musik
durch und durch mit einer strangen Form von Tragik, die man aber zumindest nicht einmal verdächtig, gespielt zu sein.
www.gigolo-records.de
BLEED ••••
PSYCHONAUTS - WORLD KEEPS TURNING
[INTERNATIONAL DEEJAY GIGOLO RECORDS/134 - NEUTON]
Irgendwie war Gigolo noch nie so eindeutig ein
Wavelabel wie das zur Zeit der Fall ist, das zeigt
auch die Auswahl dieses Tracks als Auskopplung
aus dem Psychonauts Album, denn da wäre ja alles Mögliche möglich gewesen. Hier jedenfalls
Breitwandtragik auf vier Seiten Vinyl mit zwei Remixen von The Emperor Machine, die brilliant wie
immer zwischen Oldschool und Analogfetischismus pumpen, was die Kisten hergeben, glücklicherweise auch für alle, die diese Art von Vocals
etwas zu eindeutig finden als Dub für die Neodisco. Als Abschluss noch ein etwas polierter
Nighttimeminimalgroove in gespenstisch von
Highfish und Zander, die aber irgendwie mit der
Stimme nur so halb klar kommen, denn sie liegt
einfach, was in diesem Remix irgendwie ja auch
passen mag, so weit draußen vor den Toren der
Seele. www.gigolo-records.de
BLEED ••••-•••••
MINIMAL ALLSTARS - RADICAL RHYTHM
[ITALIC/038 - KOMPAKT]
Nach den verdammt erfrischenden Ausflügen
mit dem Anti Establishment fällt Italic hier auf die
glitzernden Pfoten und präsentiert mit Automatique, Einmusik, Skua Lovell und A Rocket In Dub
eine EP, die sich gerne mal, wie z.B. auf “Attachments” von Automatique (der Click Thread sollte
wieder eröffnet werden), als klassischer Kölner
Melodie-Sequenz-Techno tarnt, dann aber plötzlich die große Disco beschwört. Skua Lovelle war
ja schon auf seiner “The Morris Jessup Rise” EP eine Ausnahmeerscheinung, die man eher zufällig
auf dem Dancefloor trifft und mit “Molloy Deep”
lässt er die Perlen noch langsamer in die Muschel
unseres Funkherzens fallen. Einmusik, die Raveschweine, wollen auf die Mayday und würden alles dafür tun. Kein Wunder, dass sie es auf “Devotion” so rausschreien. Aber im Gegensatz zu den
den Geschichte. Die Rückseite wirkt etwas clubbiger und deeper und lässt im Break ein kleines
Ravestakkato in sehr breitem Dub aufgehen. Eigenwillige Oldschoolbreitwand EP mit viel Charme und ebensoviel Wucht.
www.kanzleramt.com
BLEED ••••-•••••
ALEXANDER KOWALSKI - DAYS OF THE LIAR /
LOCK ME UP REMIXES
[KANZLERAMT/108 - NEUTON]
Joris Voorn gibt Days Of The Liar ein sehr massives breakiges Rework, dass soviel mit Raverauschen arbeitet, dass man das Gefühl hat, in dem
Track zu waten, weshalb Strings dann mittendrin
umso passender sind, aber dennoch im Ganzen
den Track etwas zu verwaschen wirken lassen.
Klarer und direkter auf der Rückseite Naughty,
der einen klassischen Clubdub mit Soul aus Lock
Me Up macht, der jedem passen dürfte, der zwischen Fabrice Lig und Acid nach dem kurzen,
süchtig machenden großen Popentwurf sucht.
www.kanzleramt.com
BLEED ••••-•••••
FLASH GOLDEN - APPLIED ART
[KAZUMI/047 - NEUTON]
Wie immer bei Kazumi wird auch hier die härtere
Technogangart eingeschlagen, aber die Tracks
von Flash Gorden haben eine Tiefe, die nicht nur
durch das endlos offene Reverb erzeugt werden,
sondern irgendwie z.B. “Arrival” klingen lassen
wie eine große blaue Welle, auf der man nur stehen bleiben muss, um den Boden immer wieder
ansteigen zu fühlen, obwohl man sich eigentlich
immer tiefer in die Zeit hinein bewegt. Sehr
schön und dabei doch sehr einfach. Auch die
Rückseite mit “Blacksmiths Henchman” bleibt
diesem funkig schwelenden breiten Ravesound
treu, der immer wieder Phasereffekte und Beats
so verschmelzen lässt, dass es gar keine Frage ist,
dass die Tracks auf dem Dancefloor alle bewegen
dürften. “Crafty Goblin”, das sagt schon der Titel,
ist dann allerdings etwas zu gewollt dark geworden und nagt etwas zu genüsslich an dieser eigentlich belanglosen Sequenz herum.
www.pornostarmusic.com/
BLEED •••••-•••
V.A. - SPREAD THE GROOVE 3
[KIDDAZ.FM/040 - INTERGROOVE]
Minicompilation mit vier Tracks, die stolz die
Flamme des satten Technogroove tragen, der
dennoch nicht einfach so als Gebretter vereinnahmt werden will und auf “Solid Commotion”
von Lyric Johnson schon so außerirdisch mit einer
Dynamik in den Sounds arbeitet, dass ich kompletter Fan dieses Tracks bin. Was für ein subtiles
Monster. Pre Modelo wandelt dann HipHop Sounds perfekt in harten Technofunk um und auf
der Rückseite geht es mit einem sehr deepen
Track von Kaderhaim weiter. Zum Abschluss darf
DJ Gansta die Oldschoolkeule rausholen. Eine
meiner Lieblings-EPs auf Kiddaz.
www.kiddazfm.de
BLEED •••••
PET DUO FEAT. HOLGI STAR & STEREO JACK KAPUTT EP [KILLAZ/001 - INTERGROOVE]
Kiddaz hat jetzt ein Sublabel für harten Techno.
Ja, richtig verstanden. Die Kiddaz Tracks, das ist
doch alles Musik für Weicheier. Hier darf sich
wirklich im Stahlbad gesuhlt und am Hochofen
auf Speed gehämmert werden. Nun ja.
BLEED •••
STEREOTYP MEETS AL HACA - PHASE TWO
[KLEIN RECORDS/054]
Sehr lässige, sehr moderne Raggatracks mit viel
HipHopflavour kommen hier aus der Kooperationsschmiede von Stereotyp und dem Al-Haca Soundsystem, die über steppende Beats eine Variation nach der anderen droppen, die extrem
schnell und beweglich die Toaster schlängeln und
die Beats sehr frisch und klappernd einiges von
den Tänzern fordern lässt. Skurril der Dubsteppertrack “Um Beijo” mit den portugiesischen Lyrics und dem spinettartigen Sound und für Freunde des abstrakten Ragga gibt es dann noch “Modern Times” mit einem feat. von Alley Cat. Fresh.
www.kleinrecords.com
BLEED ••••
CHRISTIAN RIBAS - A3XX BIGBAND UND
SAMPLER [KNISTERN/4]
Knistern wird mit dem vierten Release zu einer
echten Funk-Schleuder. Bearbeitete Loops von Jazz-Aufnahmen kombinieren sich mit digitalen Effekten zu einem Bigband-Groove, der zwischen
Southern Soul und einarmigen Banditen eine
Menge Spaß mit sich selbst hat. Auch zu dieser
Single gibt es wie zu allen anderen Knistern-Releases ein Diagramm zur Aufnahme-Konstellation. Dessen grafische Strenge hätte diesmal aber
mit ein paar Blumenzeichnungen umrandet werden müssen, um der Musik zu entsprechen. Die
vier Aufnahmen auf A3XX haben oft den naiven
Charme von Jean Jaques Perrys Experimenten aus
den späten 60ern, als man mit Entdeckerfreude
den neuen elektronischen Klängen lauschte, die
man aber immer in ein konventionelles Setting
stellen zu müssen glaubte. Wenn auf Knistern 5
zu diesem Brassrock-Späßchen noch eine Spur
Hippie-Latin dazu kommt, rufe ich beglückt ein
Carla-Bley-Minirevival aus.
JEEP ••••
KAITO - SOUL OF HEART
[KOMPAKT /099 - KOMPAKT]
Da ist er wieder unser japanischer Schmusetiger.
Zwei neue Tracks hat er mitgebracht, die wieder
Herzen schmelzen und Dämme brechen lassen.
Episch, schwelgend und mit dem Himmel voller
Geigen. Da kocht einem glatt das Serotonin über.
Ganz ohne Pillen. Dabei natürlich immer ganz arg
hart am Kitsch aber doch irgendwie sympathisch.
Nicht jedermanns Sache, aber manchmal ist so
<41> - DE:BUG.83 - 06.2004
BRD
<42> - DE:BUG.83 - 06.2004
BRD
• = NEIN / ••••• = JA
ein Trance-Husarenritt in den Sonnenuntergang
sehr berfreiend.
SVEN.VT •••-••••
MOON HARBOUR INHOUSE FLIGHTS PART TWO
[MOON HARBOUR/015 - INTERGROOVE]
Je später der Abend, desto direkter wird es auch
bei den Moonharbour Nächten zur Zeit. Kein
Wunder, dass diese zweite EP genau das reflektiert. Den kickenderen, fordernderen Housesound, der dennoch seine Tiefe bewahrt. Den Anfang machen hier Goldfish & Der Dulz mit einem
weiteren Exclusivtrack voller upliftender und
perlend leichter Melodien, bei denen Brett Johnson das Wasser in den Augen stehen dürfte. Marlow kommt mit “Dancando”, wie der Titel schon
nahelegt, auf den Latintrip, führt den aber mit einer Drehung aus, die trotz Percussion eher auf
den inneren Weg hinaus will und ganz Konzentration ist. Frankman und Matthias Tanzman lassen
die Basslines dann noch einmal durch das Dunkel
flirren wie die Lichter einer Discokugel und zum
Abschluss könnte kein Saxophon sweeter tuscheln als das von Hakan Lidbos “Overnight”.
www.moonharbour.de
BLEED •••••
VON SPAR - VIELEN DANK FÜR IHR VERSTÄNDNIS VOL2 [L`AGE D`OR]
Schon merkwürdig, wenn man so eine Platte irgendwie als totale Trendmusik hören kann. Deathdisco, ihr wisst schon, das könnte auch auf Tigersushi oder Gigolo... Aber genug Geschwätz.
Vocals total verblödet und rocken trotzdem, aber
irgendwie auch nicht so weit weg von Kid Alex,
gell? Egal, amüsant ist das trotzdem und weniger
die 100. Bestätigung eines längst fälligen Revivals, sondern irgendwie trashige Unterhaltung,
die selbst im Blind Dog Break Mix mit seiner Oldschoolorgelrave meets. Punkgenöle Attitude
oder dem Thomas Schumacher Mix Spass macht.
BLEED ••••
COMMERCIAL BREAKUP - HOLDING ON
[LADOMAT - DISCOMANIA]
Matthias Schaffhäuser wird bei Remixen manchmal etwas zu kommerziell, oder sagt man professionell, oder sagt man kalkulierend, oder sagt
man, er glaubt, er hätte ein Full House und hat
dann doch nur ein Abbild statt einem Blatt. Das
passiert den Wighnomys nicht, denn sie lassen
Breakup vorweg singen und reiben den Track
dann mit ihrer Spezialmischung aus Schaffelbassline und knorkem Zauselfunk ein und benutzen
die Vocals wie Räucherkerzchen, über die die beiden bärtigen Brüder genüsslich schaukelnd dem
Bassgott huldigen. Killertrack, das. Jens Harke ist
bis zum Break pure Bumsdisko (sorry, Dorfdisco)
und wird dann mit seinem elektronischen Akkordeon irgendwie doch noch ganz nett, aber versaut es sich durch einen Vocalausflug in Darkness
wieder. Erobique hingegen, großer Mann, immer
wieder, lässt Commercial Breakup einfach die Beatles sein, warum nicht.
BLEED •••••-••
J.L.HUHTA & NIKLAS ON SAX / ALLANFORT IL LEONE SPIRITOSO
[LEBENSFREUDE/002 - INTERGROOVE]
Ganz schön verstrahlt dieser Track mit einem Saxophon, das von ganz weit unten angespukt
kommt und sich wie eine Decke über die stolpernden Beats legt. Ein Track, wie gemacht für
die leicht angeschossene Afterhour. Leider können die anderen drei Tracks nicht ganz so überzeugen. Die B-Seite verliert sich ein wenig in
rockigen Basslines und Joy-Division-Düsterkeit.
Nicht so gut, wie die erste EP auf Lebensfreude,
aber dieser Saxophon-Track, der hat es in sich.
SVEN.VT ••••-•••
LEN FAKI - FIGURE 2
[LEN SERIES/002 - INTERGROOVE]
Drei solide sequentielle Technotracks, die voller
Rave und Discoenergie stecken und mit Stabs
nicht gerade schonend umgehen, sondern richtig
loswuchten. Oldschool aber mit voller Wucht
oder auch strange gesummte Terrortribalsounds.
Eine Platte, die jedem, der Techno hart, wild und
dennoch upliftend mag, empfohlen werden kann.
BLEED ••••
WATER LILLY - YOU REMIX KISSES
[MENTAL GROOVE/036 - NEUTON]
Savas Pascalidis, eh grade stark auf dem Vormarsch, macht hier einen seiner deepesten
Tracks als Remix des Killertracks von Water Lilly
so lässig mit links und in einem so ultra transparenten Sound, dass man am liebsten mit der Platte sofort in den nächsten Club wandern möchte,
den DJ kurz festschnallen und losrocken. Was für
Rimshots allein, und dann kommt da irgendwann,
nach dem einem der Track 1000 Küsse auf die Ohren gegeben hat, noch diese extratiefe Elektrobassline. Mr. Lovelace hat es dagegen schon echt
schwer und wirkt erst mal etwas polternd, so dass
auch die guten Jonglierarbeiten mit den 808 Sounds nicht ganz bewirken, dass man so loslässt,
aber je länger der Track rockt, desto mehr überzeugt er einen mit seinem Stakkatodetroitdiscobeat. Auf der Rückseite dann Steril mit einem
sehr sympathischen einfachen Elektrodiscorelaxstück und die etwas langweilige ambiente Version von Legowelt sowie das nach diesen stellenweise grandiosen Remixen zu stampfig wirkende
Orginal. www.mentalgroove.ch
BLEED •••••-•••
MOON HARBOUR INHOUSE FLIGHTS - PART
ONE [MOON HARBOUR/014 - INTERGROOVE]
Nach langer Zeit hier nun endlich nicht nur eine
Mix CD von Marlow, sondern gleichzeitig eine Labelcompilation, die auf Vinyl mit allen exklusiven
Tracks auf zwei EPs erscheint. Für den vielleicht
etwas zu klassischen jazzigen Deephouse am Anfang sorgt Jan Krüger mit einem rhodesdurchsetzten Fundament für den Dancefloor, Matthias
Tanzmann aber geht schon einen Schritt weiter
und lässt tiefe Dubwelten in den immer sehr auf
runde Basslines bedachten Sound eintauchen, zu
deren Ehren John Dahlbäck gleich alles aufgibt
und sich mit nur leichten funkigen Schnippseln in
ihnen suhlt als wären sie ein Sonnenbad. Zum Abschluss dann “Gentleness” von der ersten EP des
Labels, ein Track der nochmal zeigt, dass Moon
Harbour von Anfang an gleich mit einem der bestimmendsten deepen Housesounds Deutschlands gestartet ist und mehr Momente hat, an die
man sich immer wieder gerne erinnert, als man
zunächst vielleicht denken würde.
www.moonharbour.de
BLEED ••••-•••••
ROBAG WRUHME - WUZZLEBUD “KK”
[MUSIK KRAUSE/011 - KOMPAKT]
Ich hab diesen “Wuzzlebud “KK”” Track jetzt
schon so im Ohr, dass ich glaube ich hätte ihn
schon immer gekannt. Kein Wunder, denn Robag
spielt hier mit einer Idee von Oldschool, die jedem Acid-Fanatiker den Weg in den nächsten
Himmel zeigt und lässt dennoch nicht von seiner
extrem digitalisierten Soundästhethik ab, warum
auch. Über dem Track schwebt eine extrem kurzgehaltene Stimme, die in sich schon zusammenfasst, was der Track sonst auch mit den extrem reduzierten aber dennoch weit geöffneten Hallräumen und dem rudimentär jackenden Groove in
Salzlaken der Trockenheit schafft. Knallig bis zum
Umfallen zu sein, und dennoch immer extrem
subtil und vertrackt. So sollte jeder Hit sein, und
wir könnten behaupten, wir wären wirklich mal
einen ganzen Riesenschritt weitergekommen.
Auf der Rückseite dann noch zwei Tracks, die
nicht auf dem kommenden Album erscheinen
werden, “Quetsche” mit seinen vertrackt knisternden Swingergrooves, die den Dancefloor
von unten aushebeln und brummen und schnurren lassen wie ein Fusionsmotor, über den oben
die Blitze der Entladungen huschen, und “Konkklusiv” mit seinen kurzangeleinten Basslines und
dem flirrend tackernden Spiel zwischen Weite,
Wellen und rippelnden Oberflächen aus purer
kleinteiligster Spannung. Und noch viel mehr davon und warum eigentlich jeder heutzutage Robag Wruhme Fan ist dann auf dem in Kürze folgenden Album. www.musikkrause.de
BLEED •••••
GOLDFRAPP VS. MANTRONIX - TWIST
[MUTE]
Zwei Tracks fürs Orientdiscotaxi. Breitwandig dahergeschnulzt und mit Pailleten auf den Vocals.
BLEED ••
MEDIENGRUPPE TELEKOMMANDER - TREND
[MUTE]
Tja, da ist sie nun die erste EP für Mute, und eigentlich ist nicht groß was drauf, was es vorher
nicht schon auf den Enduro Platten gab, nur eben
viele Remixe von Trend, die man irgendwie nicht
so wirklich braucht. Moabeat machen ihre Sache
mit einem überfüllten Dubdiwaliclash zwar ganz
gut, und Smash TV rocken es auch, aber letztendlich mag ich beide lieber, wenn sie nicht remixen,
und, na ja. Trend finde ich aber nach wie vor gut
und das Cover hat schon seinen Reiz. Wer aber
wissen will, was Mediengruppe Telekommander
eigentlich ist, der sollte doch nochmal die beiden
Enduro EPs suchen gehen.
BLEED •••••-.•••
GOLDFRAPP - TWIST REMIXES
[MUTE RECORDS - NEUTON]
Auf der A-Seite Jacques Lu Cont, der Les Rhythmes Digitales-Mann mit dem Rotschopf, der sich
als Electroclasher an den Goldfrapp Vocals mit
slammendem Synthclashsound versucht, der
durchaus den Großen des Genres das Wasser reichen kann und im Hintergrund sogar richtig deep
säuselt, so dass ich dachte, ich hätte irgendwo am
Ende des langen Flurs mein Telefon verloren, was
den, mir vor allem immer wieder im Video auffallenden, psychedelischen Unterton von Goldfrapp
extrem gut zu Gesicht steht. Ein Crossoverhit mit
nicht zu unterschätzendem Potential. Auf der
Rückseite ein klarer für die Minidisco konzipierter Mix von Schaffhäuser und Wesseling, die zwar
ganz gut rocken, sich aber auch hier etwas daran
überheben, dass ein Remix nicht einfach eine
Aufgabe ist, die danach fragt, dass man die Samples brav verwendet und den erwarteten Stil abliefert, sondern auch da einen Track daraus
macht, der von Anfang bis Ende stimmig ist, und
nicht so Stückwerk bleibt. www.mute.de
BLEED •••••-•••
PARADROID - COARSE GRAIN MODELLING
[OVER-X RECORDS/006 - POSSIBLE]
Paradroid (of Boogizm Fame, und was für ein Fame, Boogizm, oh Mann, das ist ein Label, konkurrenzlos auf einsamen Pfaden und immer.... aber
zurück zur Platte) lässt Elektro Elektro sein und
macht lieber Micromusik mit dem dezenten Gestus, nein, es muss nicht immer House sein, wozu
auch, welche Aliens tanzen schon zu Housemusik. Wer sagt uns denn, dass die auch zwei Beine
haben, und nicht etwa, was wahrscheinlicher wäre, ! Beine, wenn man die denn überhaupt so
nennen will. Tanzen aber wollen sie auf jeden Fall,
und zu nichts geht das besser als zu diesen Mon-
New Standa techno releases
from Bratislava:
*"
V.A.- remixes
(Olga+Jozef #9)
( Mark Broom, Takaaki Itoh, Gitka, Boss, HU
Rumenige feat. Loktibrada, Zdenek Sychrava )
*"
Evergreens and Everblacks
A Standa dj mix by Loktibrada and Rumenige
(Antidandruff 5.0 CD)
inc. tracks from labels: O+J, Tsunami, Backstage
Palicavonzvreca, Wols, Numb, Antidandruff, ...
*"
HU - Wishful Thinking
(Backstage #5)
*"Dj
Boss - Mastership EP
(Dole-Gate #1)
#
Takaaki Itoh - NCTWEO EP
(Wols #2)
distribution:
* www.undercity-072.com
" www.jaxxrecords.com
# www.pureplastic.co.uk/distribution/index.html
sterschiebern der vierten Art von Paradroid, der
jede Sequenz klingen lässt, als würde sie sich von
selbst noch mal Fortpflanzen und seltsame, aber
wohldurftend schmeckende Blumen in den Sound setzen. Psychotrop schillerndes und farbenfrohes Meisterwerk, diese Platte. Und was für ein
Sound! www.overdrive.de
BLEED •••••
leichter wirken wie auf “Old Shirt”, wirken dabei
aber ebenso passend wie der “Mandate My Ass”Nachfolger “Lovegame”. Wir sind ziemlich sicher,
dass sich nach dieser Platte, die extrem für sich
steht, obwohl mitten im größten Dancefloorhype
dieser Zeit, alle Welt um Le Dust Sucker reißen
wird.
BLEED •••••
JICHAEL MACKSON - THE BLOWJOB
[PASTAMUSIK - NEUTON]
Dafür bekämen sie in Amerika den Entertainment Nobelpreis. Ah, wofür, ihr seht das ja gar
nicht, das zum Titel handverlesene Cover mit
dem Baby im Pusteblumenmeer. Das ist Freude
pur, sag ich euch. Und die Tracks erst. Acid pur,
Tiefe nur, leicht aus der Spurrille und wie immer
auf Pastamusik bis ins Letzte ein Killer. Tuschelnd
und drängelnd, morbide und upliftend, psychedelisch und roh durchgerockt, spleenig swingend
und manisch albern bei aller Lässigkeit. Vier
Tracks, die sich nichts vorschreiben lassen, sondern alles besser wissen müssen, weil sie sich die
Grenzen selber bauen, wie einen Staudamm im
Sandkasten, den es danach möglichst elegant zu
umschiffen gilt. Definitiv eine der floatendsten
Platten des Monats, die Dubadepten genau so
gefallen dürfte wie jedem Oldschoolmaschinisten, den Funkliebhabern ebenso wie dem Urgesteinraver.
www.pastamusik.de
BLEED •••••
INVERSE CINEMATICS - DETROIT JAZZIN´
[PULVER/016]
Joachim Thomas und Danilo Plessow kehren mal
wieder zurück an das Pulverfass, wo mit der Slow
Swing EP der Weg begann. Und schon mit dem
Namen dieses Nachfolgers leuchtet wieder sofort ein, warum sie zuletzt noch insbesondere mit
ihrer 12” auf Zero dBs Fluid Ounce einen explosiven Reisestopp einlegten. Der Pianist ist also erschossen - glaubt man noch beim Opener, der mit
seinem funky Beatflow und der Kontrabasslinie
die Jazzsamples derart swingt, dass auch Basecaps auf Uptempo clappen. Doch der Irrglaube
wird bereits bei Sine-Flow Disco entlarvt. Zwischen ekstatisch gesteigertem Detroit und massivem Rio kann allerdings von Flow-Verlust nicht
die Rede sein. Killer! Dass die Inverse Cinematics
ihren Style dann auch noch bei April Four für den
atemlosen After-Chill daheim souverän ausdefinieren, zeigt nur ein weiteres Mal, dass da noch
einiges mehr kommen wird. Ebenso verhält es
sich mit der jüngst erst auf der Pulverising Green
abgefeierten All Good Funk Alliance. Ihr Remix
von Detroit Jazzin´ ergänzt die EP um das Element des Hypnofunkdubs. Hier werden Hits verpulvert.
M.PATH.IQ •••••
NARCOTIC SYNTAX - CALCULATED EXTRAVAGANT LICENTIOUSNESS EP
[PERLON/039 - NEUTON]
Klar, das ist schon ein ziemlicher Trip diese Platte
mit ihrem Sprechgesang und den sehr dichten
warpig verdrehten Beats und Sounds, die einem
hinter den Augenliedern flackern, als hätte man
doch noch die vernetzten Kontaktlinsen aufgelassen und wäre mal wieder damit eingeschlafen.
Solche Träume sind die Folge dieser Unvorsicht.
Noch elegischer und immer noch mit Sprechgesang das fast latinartige “Romantic Infinity” mit
seinen Beats, die klingen, als wären sie ganze
Straßenzüge lang geschlichen, bevor sie zu unseren Ohren dringen. Als Killer dann noch auf der
Rückseite das hyperaktive “Drumpads Of Jericho”, das so überbordender Microhouse ohne
viel Schnörkel ist, das man es gerne rocken wird,
wann immer man den Floor zusammenmashen
möchte. Killerrelease. Wie so oft auf Perlon ultra
trocken und funky bis ins Letzte. www.perlon.net
BLEED •••••
MOTORSOUL TRAX VOL.1 - CHAPTER 3
[PHILPOT/008 - WORDANDSOUND]
Der letzte Teil der 12” Serie zur Compilation des
Labels kommt mit zwei exklusiven Tracks nur auf
Vinyl. Phlegmatics Percussionworkout mit einem
verdammt überzeugenden Theo Parrish Flavour,
das mit “Hanging On A Tree” genau diese Art von
Phlegma und Tiefe trifft die der Track widerspiegelt und The Mole mit “On A Day Like Today”, das
mit seinen strangen im Hintergrund herumlungernden Soulsamples mindestens genau so deep
ist. Die souligste, schwärzeste und mit Sicherheit
zeitloseste aller Philpot-Platten.
www.philpot-records.net
BLEED •••••
MELCHIOR PRODUCTIONS - THE MEANING
[PLAYHOUSE/094 - NEUTON]
Ich kenne keine Art von Housemusik, die auf
mich optimistischer wirkt als diese Tracks von
Melchior auch auf dem Album für Playhouse wirken. 8 Stücke, von denen jedes einzelne mich bis
in die letzte Phaser grinsen lässt und dabei eigentlich jeden auf den Dancefloor hüpfen lassen
müsste, denn dieser Groove, den die Tracks haben, ist einfach so direkt und dabei so überdreht
funky, dass es gar nicht anders geht. Und merkwürdigerweise wirken die Tracks von Melchior
dabei auf den ersten Blick auch noch immer so
einfach, so als würden sie ihm einfach aus dem
Equipment fallen. Perfekt und spartanisch geschnittene Grooves, die einfach immer den Nerv
treffen und dabei überhaupt nicht darauf aus sind
irgendwie zeitgemäß zu sein, sondern großes
Vorrecht von Housemusik, die auch vor zehn Jahren irgendwie perfekt gepasst hätten und auch in
zehn Jahren noch perfekt sind. Eine der glücklich
und süchtig machendsten Platten, die ich mir für
diesen Sommer vorstellen kann. Auf der CD gibt
es zusätzlich noch die Bonus-CD mit den Tracks
seines Label Aspect Music. Das sollte man auf
keinen Fall verpassen.
BLEED •••••
VILLALOBOS - ALCACHOFA REMIXES
[PLAYHOUSE/093 - NEUTON]
Die sparen aber gerade nicht an Monsterreleases, die Playhouse-Kids. Längst fällig kommen
jetzt die Remixe eines der überragendsten Alben
des letzten Jahres, Ricardos “Alcachofa” und, das
wissen wir schon, bevor wir es gehört haben, das
kann nur eklektizistisch werden, denn an diesen
Sound kommt man stilistisch sonst einfach nicht
ran. Two Lone Swordsmen eröffnen das Ganze
mit einem eher an die schlapperen Phasen ihres
Albums erinnernden Wavetrack, der mal “Dexter” war, und der Rest der Bande nimmt sich dann
“Easy Lee” vor. Smith’n’Hack mit einem Triolenvocodermix und stompendem Disco-Flavour-Urgestein, der ganz gut ist, aber an das Orginal nicht
mal entfernt rankommt. Auf der zweiten EP geht
es dann mit Soul Capsule weiter und hier beginnt
man schon am Intro zu spüren, dass der beste
Weg, mit dem Track umzugehen, genau der ist,
schonungslos auf den Hit-Charakter des Tracks
bauen und ihn einfach sowohl schonen als auch
unverschämt sich selber zu eigen machen und dabei irgendwie auch noch augenzwinkernd albern
rüberkommt, weshalb Melchior wahrscheinlich
wohl auch noch einen zweiten Remix machen
durfte, den London Bootleg Mix, der schnippisch
die Samples mit einem Soultrack verschneidet.
Brilliant das und funky wie Hölle. Auf der Rückseite kommt dann Jay Haze mit seinem Mix, und
auch der nähert sich dem Track seht gut und lässt trotzdem alles anders wirken. Was bei Ricardo
ein Plockern war, ist hier ein Blubbern und was an
dem Orginal Halluzinogen wirkte, wirkt hier out
of its mind. Und auf die typischen Jay Haze Dubs
an gelegentlichen Kanten muss man auch nicht
verzichten. Der Cassy Lee Mix ist ein Accapella
mit Frauenstimme, die es vielleicht sogar immer
schon war, wer weiß das bei solchen extrem bearbeiteten Vocals. Nächste Remix Doppel EP vom
Album bitte, denn da war doch nun wirklich einiges mehr an Hits drauf als nur Easy Lee.
BLEED •••••-•••
RECLOOSE - CARDIOLOGY (ISOLEE MIX)
[PLAYHOUSE/095 - NEUTON]
Ich vermute mal, diese Platte kommt wirklich als
singlesided raus, und das, weil man ja immer wieder gerne daran glaubt, dass Isolée Tracks macht,
die so aus allem anderen herausstechen, dass
man sie einfach nur alleine verstehen kann. Der
Remix des Recloose Tracks jedenfalls verheißt
von Beginn an eine solche Spannung zwischen Jazz und feinst geschnittener Microhouse-Slammer-Attitüde, die einen aber dennoch nicht auf
dieses Aufblitzen der Bassline vorbereiten kann,
die soviel Funk hat, dass man in die Knie gehen
müsste. Was für ein Track, und dabei so locker, als
wäre er wie von selbst entstanden. Jazzdub der
einen endlich mal wieder weiterbringt. Da müssen die Freaks jetzt aber gewaltig aufholen.
BLEED •••••
LE DUST SUCKER - LE DUST SUCKER LP
[PLONG!/012 - KOMPAKT]
Böse ist diese Platte, daran lässt der Opener,
“(Formally Known As) Satisfaction” keinen Zweifel. Hier wird nicht mit Elektrobeats und clashiger
Rockattitude rumgespaßt, nö, hier wird gegraben
und wenn dabei böse slammende Dancefloor
Tracks rauskommen, dann erscheint das fast eher
zufällig, denn das Album ist ein Workout, eine
wuchtige Scheibe mit 8 Tracks, die klingen, als
wollten die Dust Sucker mit jedem einzelnen der
Tracks aus allem ausbrechen und Death Disco
nich nur zur Reminiszenz machen, sondern zu einer Wahrheit, aus der man herausbrechen muss,
um wirklich Death Disco sein zu können. Die wenigen Momente, in denen Le Dust Sucker irgendwie lockerlassen und ein wenig poppiger und
PASCAL FEOS - SELF REFLECTION REMIXES
[PV RECORDS/069 - INTERGROOVE]
Kowalski und Kauffelt machen die Remixe, von
denen natürlich Kowalski erst mal wuchtiger,
aber überraschenderweise auch mit mehr Popappeal daherkommt. Darker als auf seinen eigenen
Tracks aber ist der Remix dann auch nicht ganz so
zwingend, und der Kauffelt Remix einfach etwas
zu sehr das typische Looptechnostakkato, dass
vor allem für Freunde metabolischer Drogen wirken dürfte.
BLEED ••••-•••
LOVERSROCK - BRIAN
[RESEARCH RECORDS/005 - WAS]
C/Rock’s Label wird von Jörg Rosenbaum und
Sören Rück wiederbelebt. Frankfurt hat’s gut.
Loversrock sind Oliver Mohnsame und Bruno
Harth, und sie lassen sich zunächst mal von Destillat einen Dub maßschneidern, der so verdreht
und fundamental ist, so funky und spleenig, dass
man ihn einfach nicht oft genug abfeiern kann,
denn hier stimmt bis auf den letzten verdrehten
Synthesizer-Klang einfach alles und alles zeugt
von einer immer mehr ins endlose gesteigerten
Größe. Der Mohnsame & Harth Remix knallt mit
einem sehr direkten Sound aber auch gewaltig
und schiebt sich als kleines feines Funkmonster
auch in die vorderste Reihe der zeitlosen Grooves
für ein befreites 21. Jahrhundert. Das Orginal ist
ein poppig quiekendes Stück Downtempopop für
Freunde des instrumentalen Glücks.
BLEED •••••
TIGERSKIN - DANCE NOW
[RESOPAL SCHALLWARE/016 - NEUTON]
Braucht man einem eigentlich nicht zweimal zu
sagen bei so einem Track. Tigerskin aka Dub Taylor hat seinen Sound noch mal transparenter und
kickender gemacht und lässt einen auf “Dance
Now” auf die Knie fallen vor lauter Gnade. Was
für ein Monstertrack. Und was für ein Popappeal
dieser Track hat, ohne dabei aus den Gewässern
der Neodisco herauszusegeln. Verdrehte Seele,
verkappte Eleganz, zwingender Hit mit den albernsten Hithouse-Melodien, die ich seit langem
irgendwo gehört habe. Auf der Rückseite dann
mit “Work Ya Bodee” ein 808-Oldschool-Motherfucker, der einen komplett versenken kann mit
seinem Gemauschel aus Sequenzen und Basslines und dem Stolz zum Millionensten Mal immer
noch frischen “Work Your Body” Sample. Den Abschluss macht ein leicht balearischer Acidknarzpercussionjazz-Track mit dezenter Bootysubroutine. Tigerskin rockt und im Herbst kommt auch
noch ein Album. www.resopal-schallware.com
BLEED •••••
D DIGGLER - RÄTSELRAUSCH [RESOPAL
SCHALLWARE/017 - NEUTON]
Irgendwie, finde ich, hat Diggler auf der A-Seite
so ein wenig den Faden verloren. Eher munter dahinhüpfende Beats mit dezentem Oldschoolfaktor, aber dazu eine dieser typischen Ravebrummelbasslines, die man eigentlich so nicht mehr
hören kann und die danach dann irgendwie wieder so stark abfallen... Das dürfte zwar funktionieren, hinterlässt aber doch einen leicht schalen
Nachgeschmack. Glücklicherweise unterlässt er
das auf “Tropenfische” dann und besinnt sich auf
einen gut treibenden Oldschoolgroove mit leicht
angeschrägten Ravesynthesizern für ein pures,
funkiges Tool. “Wasserstrasse” ist dann ein dubbigerer, leicht derangierter Track für Freunde des
starren Blicks hinter dem Aquarium.
www.resopal-schallware.com
BLEED ••••
V.A. - WIR GRÜSSEN UNSERE MAMIS
[ROBOX NEOTECH/001 - POSSIBLE]
Ihr glaubt mir eh nicht, dass diese Platte aus
Augsburg kommt. Mörderstyle Elektrobreaks mit
funky Trashcanhopflavour von einer Posse, die
keine Gnade kennt, nur Verzerrung und Basslines, Zerrungen, Prellungen, Schürfwunden.
Wenn die so nach Hause kommen, ist Mami bestimmt entzückt, weshalb das Ganze wohl auch
lieber auf die dezente Grußkarte in Vinyl kommt.
7 Tracks voller Slammer und Gemeinheiten für alle, die es immer noch nicht lassen können, ihr
Spielzeug auseinanderzunehmen und wieder zusammenzubauen, egal, ob es danach aussieht, als
käme es von einer Freakshow und die Funktionen
eher störrisch und willkürlich rüberkommen.
Hauptsache es blinkt und zeugt von einer anderen Welt als der glatten, blöden, langweiligen der
Stylefetischisten. Schön. Wir sind sicher, noch
mehr von der Posse zu hören.
www.robox-neotech.de
BLEED •••••
DJ BASS - BALLIN EP
[SALSA! PACO RECORDS/002]
Irgendwie sehr bootige Platte mit brummelndem
Elektrobass und sehr rollendem Flavour, dass
auch dem ein oder anderen Oldschoolfan gut
passen dürfte. Die Rückseite, die noch klarer Oldschool ist und nicht ganz so sehr auf grollende
Bassline vertraut, finde ich aber dennoch um Längen besser, denn hier haben die Beats einfach
den Raum, den sie verdienen.
BLEED •••••-••••
MISC - ROCKET SKATIN REMIXES
[SENDER RECORDS/038 - KOMPAKT]
Pan/Tone, Matthias Schaffhäuser, Basteroid und
Frank Martiniq. Na wenn das kein Fest ist. Klar
rockt Pan/Tone erst mal vorweg mit seiner sehr
speziellen Roadkillattitude noch darker und
zwingender als Misc, aber auch Schaffhäuser lässt die Bassline bluten und steppt mitten in den
Albtraum eines klackernden Sensenträgers hinein. Für unsere eher Funk-orientierten Freunde
des Dancefloors gibt es dann auf der Rückseite
den untergründig schwelenden Mix von Basteroid, der schwer angeschnitten Gas gibt, bis er die
gute alte Sägezahneuphorie wieder entdeckt,
und den Mix von Martiniq, der die Samples auseinander nimmt, als wäre er bereit, die Gitarre
auf Nanoebene neu zu erfinden. Pulsierende
Technotracks für alle, die es nicht nur minimal,
sondern auch harsch mögen.
www.sender-records.de
BLEED ••••-•••••
STEN - RESTLESS
[SENDER RECORDS/035 - KOMPAKT]
Sehr dunkle und mächtige Platte, die Sten da mal
wieder zaubert. Verwirrend in der Weiträumigkeit, die trotz massivem Bass bleibt und mit kleinteiligem Klingeln gefüllt wird, das wirkt wie eine
Kollekte für Sternschnuppen, die sich im Bastkörbchen sammeln wie digitale Tränen. Wie er es
schafft, daraus dennoch einen leicht arabischen,
aber satten Groove hinzubekommen, bleibt
Stens Geheimnis. Auf der Rückseite dann mit
“Frost” überraschenderweise, obwohl ebenso
elegisch, irgendwie erhebender und optimistischer und nach einer Weile sogar ein Track der
ständig, obwohl er sie immer nur vortäuscht, sehr
euphorisch in den Himmel ragende Harmonien
anzettelt, die nie dort ankommen, wo man dachte. Schwer aber sehr. www.sender-records.de
BLEED •••••
DANIEL SINCO - YOUNG GUN EP [SÉPARÉ RECORDINGS/014 - NEUTON]
Mit dieser EP geht es für Séparé sowohl in eine
funkigere als auch in eine deepere Richtung, und
so schwer das beides auch zu verbinden sein mag,
so lässig schafft es Daniel Sinco auf “Heaven or
Hell”, das mit seinen piepsend dunklen Hintergrund-Sounds genau den richtigen Rahmen
schafft, um mit der Bassline ins Herz zu pflocken.
Und wie verlassen das nach Hilfe ruft. Ach. Killer.
“Le Freak” mit seinen extrem präsenten Drumsounds und der Houseorgel, die einen nahezu anspringt, und dann auch noch diese hingebratzten,
aber hyperkontrollierten Basslines und die “Freak”-Samples, ist einfach einer dieser Hits, die sowohl Houseknowledge vermitteln wie feinsten
Microminimalhimmel suggerieren. Perfekt. Und
auf der Rückseite geht es upliftender mit besten
Erinnerungen an die Zeit der großen Housediven
weiter. www.separe-rec.com
BLEED •••••
V.A. - MUSICK 01
[SHITKATAPULT/048 - KOMPAKT]
Gute Idee jetzt mal mit einer Mini-Compilation
zu kommen und zu zeigen, dass Shitkatapult immer noch weiß, was auf dem Dancefloor alles
rocken darf und nicht unter dem grossen Schlagschatten von T.Raumschmiere verschwindet. Von
Elastic Heads kommt mit “Kickin!” eine dieser
Swingnummern, die von TokTok geklaut sein
könnte, wenn sie nicht den besseren Gesang dazu hätte. Jerry Abstract (ich glaub euch das nicht)
bratzt einem mit “Grittin” dann die Bassline um
die Ohren und tackert dazu mächtig beschwippst
und ultranüchtern zugleich in einer unnachahmlichen Konsequenz. Wie es die Querflöte, oder
was immer das sein soll, da rein geschafft hat,
wissen wir nicht, lässt den Track aber ganz schön
veralbern, was gut ist, sonst hätten wir hinterher
noch gedacht die meinen es ernst mit Techno.
Auf der Rückseite dann T.Raumschmiere mit “Konig Shuffle Pt.2” der im Grunde so klingt als hätte er ein wenig Brausepulver ins 14te Kölsch gemixt und ein Loop von Peter Grummich, der mein
ein Stück zu sein scheint. Erfrischend.
BLEED •••••
JOHN CALLAGHAN - EVERY KISS TAKES
A MINUTE OFF YOUR LIFE
[SHORT.SHARP.SHOCK/001 - POSSIBLE]
Klar, wer so einen Titel für seine Platte wählt, der
macht irgendwie obskure Popmusik, aber Pop
muss es schon sein. Hier jedenfalls (nach seinen
Warp 7” und 10”s ) sehr deepe, durch die Vocoder
an Elektro erinnernde Tracks, die irgendwie immer wieder perfekte Vocals mitten in die Tracks
setzen und dann wieder lossummen, als wäre das
Ganze dazu gedacht, eine Art von Sci-Fi-Surf-Musik zu erfinden. Mal mit Breaks und leicht knorpelig, aber immer ein großer Wurf.
BLEED •••••
AVROCAR - GUIDANCE
[SHORT.SHARP.SHOCK/002 - POSSIBLE]
Schon auf der ersten deutete sich an, dass hier in
weiter, tiefer Galaxie Singersongwriter von den
Außenposten der Galaxis gesammelt werden auf
diesem neuen Label bei Possible, aber deutlicher
ist es auf der EP von Avrocar, die über den sweet
verwaschenen Drone Sound gelegentlich flüsternd singen, dass einem das eigene Herz vorkommt wie ein pulsierender Marshmellow und
die Welt drumherum wie ein Teppich aus Eisflocken auf Körpertemperatur. Sehr schöne Platte für alle Freunde von dichten Indietronic Tracks,
die gar nicht so süßlich sein müssen, um einem
die Seele zu schaukeln.
BLEED •••••
SLEEPARCHIVE - ELEPHANT ISLAND E.P.
[SLEEPARCHIVE/1 - HARDWAX]
Und die alte Schule rockt. Wer für diese Tracks
verantwortlich ist, wollte man mir nicht sagen,
macht aber auch nichts, passt eh. Sehr historisch
inspirierte Stücke mit grade rockenden Beats und
jeder Menge Bleeps, die gerne auch mit heftiger
Darkness in ihrer minimalen Verspieltheit das alte Berlin ins Gedächtnis zurückholen. Hier holt
Mister X diese rückwärts gedrehten finnischen
Noise-Fahnen ins englische Gedächtnis und zerrt
sie mit dieser ultra plöckernden 808-Bassdrum
ins funkende, minimal wippende Wohnzimmer
des Elektro. Damals, ihr wisst schon. Definitive
Killer-EP, schnell checken.
THADDI •••••
BOOGIE DRAMA - ZARDOZ [SOUNDPLANT
RECORDS/006 - WORDANDSOUND]
Das Label aus Mailand kommt hier leicht merkwürdig mit Vocals aus einem LungenkartharrGeist herbeigewarpt drauf, dennoch eine Art von
zitternd gestelzter Monsterhouse-Musik zu machen, die von Funk-Freunden bis hin zu TranceEpigonen irgendwie jedem gefallen könnte und
dabei dennoch nicht ganz so beliebig klingt, wie
man sich das jetzt auf drei Mixen vorstellen würde. Am besten aber der Oldschoolacidmix ganz
am Ende, der lässig und von hinten richtig die
Zeitmaschine 303 aufbläst.
BLEED ••••-•••••
JOHN SPRING - WATERPROOF
[SUB STATIC/040 - KOMPAKT]
Ihr erinnert euch sicher an Dispo Dancer. Das waren noch Zeiten. Jetzt aber ist Schluss mit lustig
und John Spring lässt die Bassline so digital an
den Boxen nuckeln, dass man seine Ohren festhalten möchte, damit sie einem nicht wegflattern, und entwickelt auf “Schokolada” einen solch
vertrackten Funk, als käme Areal aus Detroit.
“Kalt und Heiss” ist der Claim. Und das kann einem dabei werden. Auf der Rückseite tut Mr.
Spring dann zunächst mal so, als gelte es ein Intro
für den nächsten Ringkampf der Dancefloorqueens zu schreiben und knattert dann bestialisch und beherrscht los, mit einem Sound, der so
abgebrüht ist, dass man ihm selbst den Humor
noch als brachial abnimmt. Der letzte Track “Textilfrei” rockt dann das ganze Rund und schnurrt
einen vorne noch an, während es einem hinten
das Genick durchbeißt. Clevere Monstertracks.
www.sub-static.de
BLEED •••••
[SUN/002]
Es gibt ihn doch den Kylie Remix, der was taugt.
Wusste ich doch, dass kann man sich doch nicht
bieten lassen, dass da ein Mix nach dem anderen
rauskommt, der nur halbgar ist und nicht mal das
Orginal wegslammt. Hier aber ist er und rockt mit
einem Sound, der so fett ist, dass er es mit allem
aufnehmen kann, was around ist, und dann auch
noch einen meiner Lieblings-Technohits samplet,
von dem mir gerade der Name nicht einfällt und
ansonsten so brummelt und zuckelt, als wäre die
Kooperation von Jay Haze mit Robag Wruhme
schon längst gelaufen. Verdammt, von wem ist
das. Hätte ich mir ja auch merken können. Jedenfalls Applaus von meiner Seite, auch für den
Nachgesungenen Mix auf der Rückseite.
BLEED •••••
SHAWN RUDIMAN - ODDS AGAINST US
[TECHNOIR AUDIO/004]
Ich stehe so sehr auf diesen Sound von Shawn Rudiman, aber dabei ist es gar nicht einfach zu erklären, warum einen diese Tracks so glücklich machen. Irgendwie straight in den Beats, aber so
verdammt funky und upliftend durch die Strings,
und das Ganze, was da in Bausch und Bogen
sonst noch so an Sounds aufgewirbelt ist, und dabei so völlig ausserhalb jeder Genredefinition,
dass man nicht mal mehr Detroit als Referenz für
diese Tracks heranziehen würde. Mal schwebend,
mal straight und mit plockernder Bassline
rockend, mal überfrachtet mit Bassdrum und
kratzbürstigem Sound, aber immer noch so uplif-
tend wie das erste Mal im Flugzeug zu sein und
ebenso in der Magengrube herumbrummend,
und dann wieder völlig clashig, ohne dabei auf
Elektrogefussel der dritten Art verzichten zu wollen. Sehr eigene Platte. Mehr noch als die letzten.
www.technoiraudio.com
BLEED •••••
DR. SHINGO - ECLIPSE
[TELEVISION/013 - NEUTON]
Eigenwillig verspulte Tracks zwischen Elektro
und Acid, stompenden Technowelten und abstrakt erzählendem Klangexperiment, und das,
alles gerne in jedem Stück. Das klingt natürlich
stellenweise etwas überladen und egal wie sehr
es einen manchmal überraschen mag, was für Arrangementfinessen der Gute da noch alles rausholt, irgendwie sind es dann doch die wenigen
poppigen Tracks, die einem das Album erst wirklich symphatisch machen, denn genau da liegt
seine Stärke und auch die Momente in denen die
Musik weit über das technische Können hinauswächst. Interessant aber manchmal leider etwas
zu sehr überfrachtet. www.television-records.com
BLEED ••••
DAVE DK - SPIN THAT WHEEL
[TELEVISION RECORDS/016 - NEUTON]
Die Houseorgel ist einer der am meisten unterschätzten Sounds. Bringt sie einen doch immer
wieder dazu, nur ans Glück zu denken, so wie auf
dem ersten Track dieser neuen Dave DK EP, die
beginnt, als hätte er ein paar Retroactive Platten
durchgehört. Die Hihats swingen dazu seelig und
klar, es bleibt aber nicht dabei, der Track wickelt
sich langsam in Flächen und eine ständig an der
Grenze zum Kitsch seegelnde Euphorie macht
sich breit. Dann ein reduzierter, minimaler Track
mit klackernd-kleinteiligen Percussion-Sounds,
der sich auf skurrile Weise mit dezenten Elektroanleihen einem typischen massiven Clubsound
nähert, der rockt und rollt, bis man dem heiligen
Funk endlich Respekt zollt. Melancholischer mit
Melodica auf der Rückseite für verliebte Autofahrer mit zappeligem Unterkiefer, die nach der Afterhour erst mal mit einem Siegesgefühl an den
See fahren, das mit jeder Sekunde größer wird.
Der letzte Track dieser extrem lässigen Platte
schnurrt erst, streckt sich dann und wirft das pure Licht eines Stakkatohits rings um sich. Wurde
aber auch echt Zeit, dass sich Dave DK mal wieder bei uns meldet. www.television-records.com
BLEED •••••
OXIA & TOM POOKS - BALD BOYS EP
[TERMINAL M/030 - INTERGROOVE]
Klar, oben ohne war in Techno immer schon
schick. Die Tracks der beiden sind aber überraschend minimal, obwohl sie natürlich später dann
immer auch noch auf diesen Großraum-Rave-Effekt hinauslaufen, und haben in den ruhigeren
Passagen von “Further” fast clickende Drumsounds, die irgendwie eine Art von Trance andeuten, die völlig schmerzfrei und um so richtungsweisender wirkt. Auf der Rückseite dann erst mal
ein housig breit schwärmender Track mit solide
shuffelndem Beat und als Abschluss eine morbide Technonummer mit bedrohlicher Weltuntergangssequenz im Zentrum und bollernd untergründiger Bassdrum als Rückgrat.
BLEED
DAVID LAST - BADLANDS
[THE AGRICULTURE/035]
Ich hab nicht die geringste Ahnung, wo diese
Platte nun schon wieder her kommt. Ah, doch,
Home of all Homes, Brooklyn. Aber eine so bezaubernd klingelnde Art mit HipHop Riddims dieser Zeit umzugehen und dennoch irgendwie klar
aus der Elektronik zu kommen, hab ich nun wirklich noch nicht gehört. Obendrein noch mit Missy Samples, die so sympathisch kurz sind, dass sie
wirklich mal gut wirken. Und dann auch noch perfekt produziert bis ins letzte Detail und immer
wieder so erfrischend funky, dass wir sofort ein
neues Genre ausrufen: Microhip! Das Hop könnt
ihr euch denken. Und wenn diese Platte erst mal
die Runde macht, dann ist niemand mehr vor ihr
sicher. www.theagriculture.com
BLEED •••••
RILEY REINHOLD & STEVE BARNS - MONDRIAN [TRAPEZ/040 - KOMPAKT]
Wieder zwei Tracks dieser beiden, die ich persönlich noch besser finde als die erste EP auf Trapez.
Mondrian hat diese sehr subtile Weise, mit Sequenzen umzugehen als wären es Texturen und
rockt dennoch langsam immer straighter nach
vorne und grätscht einem die Seele aus dem Leib.
Definitiv einer der Clubhits des Frühlings dieser
Track, daran kommt keiner vorbei. Auf der Rückseite ein dunklerer aber auch rockender TrackNamens “Joceline” der mich ein wenig an manche
frühe M.I.A.-Tracks erinnert.
BLEED •••••
GABRIEL ANANDA - SÜSSHOLZ
[TREIBSTOFF/043 - KOMPAKT]
Nicht, dass ich von Gabriel Ananda nicht eh
schon immer etwas außergewöhnliches erwarten
würde, das den Dancefloor dennoch rockt wie
noch nie, aber so einen Track wie diesen hier hätte ich beim besten Willen nicht vorausahnen können. Auf der A-Seite dieser Platte für Treibstoff
vermischt er die besten grundlegenden Approaches von Red Planet und Los Hermanos zu einem
treibend trudelnden Sommertechnohit, der nicht
nur die Clubs, sondern auch die Raves überfluten
sollte mit seinen verzückenden Bleeps und dem
unglaublich treibenden Fundament. Ich bezweifle, dass es diesen Monat einen Track gibt, der
mich noch glücklicher macht (und ich war eh
schon so gut gelaunt). Zum abhängen und wegnicken dann auf der Rückseite ein leicht verzauberter Dubtrack, der an sich schon gereicht hätte,
um diese Platte haben zu wollen.
BLEED •••••
V.A. - TRESOR COMPILATION NR.12 ILLUMINATION [TRESOR/212 - NEUTON]
212, das ist doch, NYC. Klar, dass man sich daran
nicht halten kann und lieber einfach erst mal
Tracks für die funkygeren unter den Tresorgängern liefert, die mit Beltram, Regis, Pacou, Tarrida, Advent, Youngman, Walker und Laker die gesamte alte Riege mal wieder auf den Betonboden
jagt. Ein paar der Tracks wirken dann auch etwas
bemüht, oder gespenstisch so als wären sie einfach alte Tracks, die man geduscht hätte und hier
wieder neu und frisch präsentiert. Pacou z.B. oder
der Regis Remix von Lktibrada oder Leo Laker. Im
Mittelfeld The Advent mit einem einfachen Looptrack für die Houseliebhaber, aber interessant
wird es erst mit der Rave-Sause von Beltram, hinter der überraschend viel Energie steckt, oder
den gespenstischen Sounds von Walkers “Nailbiting Conclusion” und natürlich den immer
abenteuerlichen Tracks von Bill Youngman und
Dave Tarrida. Mischgemüse. www.tresor-berlin.de
BLEED ••-•••••
C-MEM - [U TURN/016 - NEUTON]
Man kann nicht gerade behaupten, dass U Turn
ein Label wäre, das viele Platten veröffentlicht.
Im Gegenteil. 16 Platten in zehn Jahren. Da lässt
sich jemand Zeit. Und wofür? Für Techno. Zeit für
Techno. Sollte man öfter mal fordern. Zwei massive Tracks, die so klassisch wie es nur eben geht
mit leichten Dubideen und schwer dunkel slammenden Sounds operieren, die einen nicht zu unrecht oft daran denken lassen, dass Techno ein
Riddim ist. Mich erinnert es von der Masse und
dem zwingenden Sound, der dahinter steckt, ein
wenig an Laux’ “Santa Maria”.
BLEED •••••
HERMANN KOPP - JAPGIRLS IN SYNTHESIS
[VINYL-ON-DEMAND]
“Japanese Girls in Synthesis” klänge vielversprechend, wie eine Synthese aus Geräusch, speed
und phon-pitch. Für Letzteres nun sind wir ja selber zuständig, spätestens seit Glenn Goulds “Electronic Future”-Resolution uns mit dem heimeligen Bespielen der Source- und Lautstärkeregler
auch gleich die “house music” ins Nest setzte. Da
haben wir Übung, das ist kein Problem. Und um
die Geschwindigkeit sorgt sich letzten Endes
mein Riemen oder auch der Dynamotor, der hier
ganz subjektiv ein wahres Assoziationskarussel
in Gang setzt. Japsynth sorgt, wie es der Titel ver-
• = NEIN / ••••• = JA
spricht, für die einstimmenden rapid beats, auch
wenn sie sich nicht wirklich lange halten werden.
Hermann Kopp verflüchtigt sie eher zu einer Art
sehr minimalen Industrial Pop, den man späterhin auch durch seine Tonspuren zu Buttgereits
fragilen “Nekromantik” und “Todesking” schätzen lernen konnte. Den spielte er bekanntlich
auch noch selbst. Analog skurril dann auch die
Textspur, die als rückwärtsgerichteter Fluchtpunkt irgendwo zwischen Profils “ich möchte
dich berühren, ich möchte dich verführen, so nah,
einfach so, hah!” und Stratis’ “du bist ganz woanders, du wehrst dich nicht, du siehst es nicht” hindurchschiesst, aber zurückhaltend, besonnen
werden die Varianten alltäglicher Befindlichkeiten gestreut, wie: “tue wovor dir traut, erhöhe
das Gewicht, aber lächle nicht, ich trink aus deinem Schuh”, Berühre mich nicht”, dann ein par
Sprengsel Lithurgie: “pater mea mater, more ...”,
und schon setzt diese ultimative Pop-Perle ein. Es
wird wieder angeworfen, das Karussel, streift Comelades furiosen “Fall of Saigon”, Virilios “Fluchtgeschwindigkeit”, drängt noch überall anders hin
und endet doch von Peitschenhieben und Salven
rhythmisiert in der Noche de Sant Juan. Nach seiner ersten 12” (“Aquaplaning in Venedig”) ist Japgirls (1981) nun das zweite Werk, und möge das
Archiv noch weiter Fundstücke zu Tage fördern,
CONTINENTAL
SHINEDOE - DILEMMA/ALPHA
[100% PURE/026 - RUSHHOUR]
Ich habe jetzt schon länger nichts mehr von 100%
Pure gehört, aber kein Wunder, denn nach sechs
Jahren Pause ist dies erst ihre zweite neue Veröffentlichung. Damals eine Legende, stand das Label aus Amsterdam immer schon für einen soliden Clubsound, der mit jedem Release Detroit
Respekt zollt und so ist es auch mit diesen beiden
sehr eleganten und doch analog wirkenden
Tracks von Shinedoe, der einfach die Roland-Maschinen rollen lässt und mit leichten Harmoniewechseln in den Sequenzen alles sagen kann, was
man braucht und trotzdem ultra deepen Swing
erzeugt. Auf der Rückseite sehr hymnisch und
mit Snare-Wirbeln und Strings im Intro, die keinen Zweifel daran lassen, dass sich 100% Pure definitiv wieder in die Reihe der Post-Detroit-Label
dort eingereiht hat, wo wir es verlassen hatten.
www.pure-records.net
BLEED •••••
MALKIN ZANY - DRIVA´ MAN
[APRIL - IMPORT]
Als Sessionband in Dänemark zu arbeiten, bedeutet oftmals auch elektronischen Hintergrund für
analoge Spielereien. Bei Malkin Zany treffen dazu
Trompete, Keyboard und Drums auf Plattenspieler und Computer. Bei Driva´ Man führte das zu
einem Live-TripHop-Jazz-Remix des Originals von
Coleman Hawkins, dass durch die Vocals von Deborah Herbert etwas Glamour von der Sorte einer Shirley Bassey bekommt. Die Reremixe von
B&B International, Djsos Krost und Varano (Murena), variieren das Thema in den technischeren
Dunstkreis von Downbeat, Dub- und Jazzhouse
und entlocken diesem so manch spannenden
Aspekt. www.homebrew.nu
M.PATH.IQ ••••
ROSARIO - THIS TIME [ARM RECORDS/004]
Man hätte es ahnen können, dass in einem Track
wie “Acid Blank” irgendwann dann auch noch ein
Piano auftaucht, aber trotzdem haut es einen um.
Und auch dieses kurze Vocal, das so kratzig und
soulig rockt, lässt den Track nur noch kickender
werden. Dass Rosario ein Meister aller Klassen
ist, beweist er dann auf dem verdammt deepen
“Blue Bird”, das mit Flötensamples und einer gefilterten String-Melodie aus den feinsten Arsenalen des Film Noir so schwül und gewichtig auf der
Nacht liegt, dass man schon ohne zu tanzen
schwitzen würde. Auf der Rückseite dann ein lässig gedroppter funkiger Housetrack, der irgendwie Depeche Mode mit Chicago versöhnt (nicht
dass wir danach gefragt hätten), dabei aber dennoch perfekt rockt, und ein Downtempo Dubrocker der speziellen Art. Wie immer eine perfekte Platte von Rosario. www.imploz.com
BLEED •••••
FENOMENEN - TIME
[BEATSERVICE - IMPORT]
Seit ihren beiden Maxis anno Haste-nicht-gehört
auf Nuphonic sind die Herren Ingebringtsen und
Rosenberg eine feste Größe. Dafür hat das Albumdebüt lange auf sich warten lassen. Umso
schöner, dass es mit diesen Remixen von Ernesto,
der besonders durch seine Vocals auf den Alben
von Swell Session und Beanfield sich noch viel
schneller einen Ausnahmenimbus erarbeitet hat,
und Butti 49s Snorre Seim nun endlich einen echten Vorboten aus Skandinavien gibt. Ernesto konzentriert sich im Kern auf gebrochene Beats, vergißt dabei aber leider, seine Stimme hinreichend
einzubringen. Eine melancholische Schwere zieht
sich auch durch Snorre Seims Version, die aber in
ihrer Kühle immer noch den Charme nordischer
Winternächte transportiert.
M.PATH.IQ ••••
GALLOPIERENDE ZUVERSICHT - BASTA EP
[BRUCHSTUECKE/016 - KOMPAKT]
Styro 2000 und Bang Goes machen unter diesem
Namen schon lange Liveauftritte, auf Platte hat
man das aber noch nicht gehört, deshalb jetzt
und mit drei Tracks, die deutlich machen, dass
das hier ein Liveprojekt ist, denn auf der A-Seite
entwickeln sie wirklich mit endlosem Spaß an
den kleinen Bewegungen der Regler diesen Trancezustand, den man eigentlich auch nur Liveacts
heutzutage durchgehen lassen kann. Auf der
Rückseite dann mit funkigeren Sounds und mehr
Melodie, wenn auch immer noch sehr auf den
fließenden Stil bedacht, der alles wirken lässt, als
hätte es sich eben erst entwickelt.
www.bruchstuecke.com
BLEED ••••
LIEBE IST COOL - FEDER
[BRUCHSTUECKE/015 - KOMPAKT]
Endlich die zweite EP von Liebe ist Cool und sie
ist genau so bezaubernd wie die erste. Fünf
Stücke mit der Stimme von Kitty und der Musik
von Peter Elflein. Vielleicht machen auch beide
beides, was weiß ich, jedenfalls wundervolle
Frühlingstracks mit deepen minimalen Grooves
und einer Liebesgeschichte, die keine Peinlichkeiten scheut, aber genau deshalb so verletzlich
und sympathisch ist und trotzdem wie ein Bilderbuch wirkt. www.liebeistcool.de
BLEED •••••
LEANDRO GAMEZ - PROTECCION
DE TESTIGOS REMIXES EP
[BULLITT RECORDS/003R - INTERGROOVE]
Soulshift aka Southsoniks remixen “Sin Salida”
und lassen dabei diese typische Art von breitwandigem Detroitelektrotechsound auf einen
los, der immer noch eine Melodie mehr kennt, die
man zum raven benutzen könnte, und selbst die
Strings irgendwie so biegt, dass kein Zweifel aufkommt, dass hier alles in die Vollen produziert
wurde. Der Remix von Oxia des “No Es Otra Cosa” holt diese typische Bassline raus und wirkt eigentlich damit auch schon sofort wie ein Haufen
anderer dieser Ravetracks, die er sonst so macht
und einige andere auch, aber dennoch, das funktioniert prima und warum damit aufhören. Bilderbuchtechno.
BLEED ••••
FULL BLOWN MOON FEAT.
JULIA NAVIN - TIME & SPACE
[COCO SOUL/002 - WORDANDSOUND]
Klar meinen die das ernst mit ihrem Soullabel und
Releasen hier einen klassischen Souldiscotrack
mit sehr gut ausgefeiltem digitalen Sound und
klassischen 70er Jahre Harmonien, was ja nur periphär unser Thema ist, aber auf der Rückseite
gibt es einen sehr perlenden Sonnenaufgangs
Dub, der selbst den letzten unter euch noch in die
70er zurückversetzen dürfte, ohne dass es ihm
leid tut.
BLEED ••••
TADEO - CIRCUNBALATION
[CYCLICAL TRACKS/001]
Nach Cmyc und Apnea kommt hier gleich noch
ein drittes Label aus Madrid, das einen sofort umhaut. Tadeo von Javha Records besticht mit einem
unglaublich schönen digital verdrehten aber sehr
soliden Dubtrack, in dem sich Villalobos Einflüsse
und Luomos Taktiken perfekt zu einem ganz eigenen Sound vermischen, der immer wieder aus
dem üblichen Rahmen herausbricht. Auf der
Rückseite eine Version mit deeperem BassdrumSound und einer Soundästhetik die ein wenig an
Basic Channel in ihren reduziertesten Zeiten erinnern könnte, mittendrin aber immer housiger
wird. Zum Abschluss dann noch der Wasserkesseldub von Alex Under, der extreme Konzentrati-
denn ernsthaft: nothing else but Hermann Kopp.
XENYA •••••
WESTEND GHETTO - BLONK [VMR ]
“Daddeln.exe” heißt der erste Track und das beschreibt auch ganz gut ,worum es auf dieser Platte hier geht. Lässig die Zeit verkorksen mit ein
paar knarzigen Beats und upliftenden Grooves
für die Nacht, die eh immer viel zu wenig Spaß
macht, weshalb dann nicht einfach etwas wilder
mit ihr umgehen. Stellenweise überraschend
weit in die Tiefe gegroovt sind die Tracks auf dieser EP dann aber wirklich stellenweise so lässig,
dass man sich irgendein Ritze im Musikuniver-
sum zwischen Lusine und Areal vorstellen kann,
in der dieses Gewächst wuchert und seine Scherze treibt. Leider etwas dumpf im Sound, weil einfach zuviele Tracks auf der Platte sind, aber sonst
können wir dem Titel nur zustimmen.
BLEED ••••-•••••
DJ ANGOLA - BAILALO
[WONDERWHEEL /001 - SIB]
Direkt aus Brooklyn ereilt uns die Nachricht, dass
Nickodemus sein eigenes Label gegründet hat.
Die Ehre der 001 teilen sich DJ Angola und Quantic. Erster steht zusammen mit dem Venezuelanischen Sänger Ico Manzanero und dem Flötisten
Neil Sugarman für New York Salsoul der direkten
und funktionalen Art. Den Vibe übernimmt Tru
Thoughts Finest ohne wenn und aber, vergisst
aber nicht, seinen typischen 115er Funk-Groove
darunter zu packen und so schon fast aufreizend
und gewohnt locker cruisend mal wieder zum
Überholmanöver anzusetzen.
M.PATH.IQ ••••
DECOMPOSED SUBSONIC - ATLANTIC VIEW
[WARE RECORDS/045 - KOMPAKT]
Sehr süßlicher Track für Decomposed Subsonic,
der auf “Atlantic View” erst mal das Blubbern und
Klingeln zu ein paar Seagulls (mir fällt grad nicht
ein, wie wir die eigentlich nennen) und einer geflüsterten Mädchenstimme serviert, bevor er den
wabbeligen Bass rausholt und etwas forscher gen
Dancefloor schreitet, nur um mit Sicherheit immer wieder diesen Ruhepol eines Plateaus mit
Weitsicht zu suchen. Passend dazu ein Remix von
Markus Güntner, eh ein Freund richtig wässriger
Regenstimmungen, und als Abschluss mit “Next
Step” noch ein sehr digital verzerrtes magisches
Stück, das so sehr von innen leuchtet, dass man
vermuten muss, er hat eine dieser Laptoptastaturen die.... Aber egal. Sehr, sehr schöne Platte wieder von Ware. www.ware-net.de
BLEED •••••
• = NEIN / ••••• = JA
on in jede einzelne Bewegung der stark im Zaum
gehaltenen Dubs legt, und die Bassdrum dazu
wie ein Herz pochen lässt. Perfekt und eine Dubtechno EP die wirklich erfrischende Ansätze in
höchter Perfektion zeigt.
www.javha.com
BLEED •••••
ZION LOCKWOOD - JAZZY JUNE EP [DEEPLAY/016 - WORDANDSOUND]
Sehr jazzige Tracks mit einem Downtempo-Houseflavour, das stellenweise einfach zu kitschig
wird und einen nie vergessen lässt, dass hier richtige Musiker am Werk sind, die gerne auch mal
das Saxophon über die Doublebass trällern lassen. Gut daran vor allem, dass das dann doch
noch wie eine Art von urbaner Folklore wirkt.
Aber man braucht schon ein dickes Fell und vielleicht ein paar Studiomusiker als Freunde. Am besten der Deephouse-Raggadub “Trapped Inside”,
der eher grooven will und das auch sehr offen in
den Sounds und locker tut.
BLEED •••-••••
HIBIKI CONNECTION - CHA-KA-TOO [DEEPLAY/015 - WORDANDSOUND]
Ein etwas mit Funksamples aus dem Gemischtwarenladen überfrachteter Track in vier Mixen,
die vor lauter Flöten und Trommelwirbel nur so
knallen.
BLEED ••-•••
COMMUNITY HOUSIN - NIGHT PITCHIN EP
[DIALECT/003]
Endlich wieder eine neue Dialect. Kross und slammend. Lofitrash für Houseliebhaber auch. Und
natürlich ist “Dandeliaon” erst mal irgendwie so
80er, dass man glauben könnte die beiden leben
immer noch da, aber es tut ihnen überhaupt nicht
weh, und wir lieben es eh. Vor allem wenn es wie
auf “Night Pitchin” dann doch noch bumpend und
shuffelig wird und man die Elektrizität der Hochspannungsleitungen an den Härchen auf der
Haut zerren hört. Noch besser dann das Casioorgeleasystück mit sattestem Freaks Groove zu
dem sie immer “I Love That Sound” singen und
auch das Finish mit “Oi Polloi” ist ein bleepender
Hit. Funky.
BLEED •••••
FUNCKARMA - SMIZM EP [DUB RECORDINGS/030 - CLONE]
Sehr schnell wie Funkarma nun mal sind und sehr
ätherisch im Sound rocken diese Tracks hier
zurück in die Zeit, bevor Glitch erfunden wurde
und man darauf aus war, die Breaks so hyperaktiv
wie möglich zu machen, ohne dabei den Sound
aggressiv machen zu müssen. Vertrackte Strukturen, aber auch wenn wenn sie wie auf “Fuse” Halftime arbeiten und jeder einzelne der Sounds so
verstaubt und pustend klingt, dass man seine Ohren gerne damit zudecken würde, wenn einem alles andere zu schrill wird, aber dennoch dabei
Musik braucht, die so voller Events ist, dass auch
das wacheste Hirn richtig hinterherhetzen muss,
um an jedem Sound dranzubleiben, schwupps ist
er auch schon wieder weg und das nächste Thema steht da, um wie ein Fisch wieder abzutauchen in eine Tiefe, die man nur erahnen kann.
Sehr eigenwillige Platte, klar, aber auch sehr
überzeugend und nicht halb so abstrakt, wie sich
das jetzt vielleicht anhören mag.
www.clone.nl
BLEED •••••
JAZZINHO - CAMPONESA [ECCO.CHAMBER SOUL SEDUCTION]
Guida de Palma alias Jazzinho arbeitete für ihre
neue Single mal wieder mit Da Latas Chris Franck
zusammen. Camponesa klingt wie ein portugiesisches Spiritual und sehr organisch. Das wandeln
die DJ Kikas und Rui Pintado von Portos Radio
Nova zusammen als K-Tado mit Hilfe einiger Midtempo-Funk-Beats in clubgerechte Gefilde. Gewinner aber in meinen Ohren ist einmal mehr der
kaum zu stoppende Gerd mit einem seiner derzeit wie nie gefragten 4Lux-Remixe. Broken Beats, keine Frage, aber langsamer und zugleich weniger Primetime-kompatibel als die Vorgänger.
Aber wer noch Begriffe wie Spannungsbogen
oder Warm-Up zu verwenden weiß, hat hier einen
neuen Kandidaten.
M.PATH.IQ ••••
SPARE TIME - DRIVE [FACTOR CITY/005 NEUTON]
Für mich immer noch das beste Dancefloor-Label
aus Barcelona, kommt hier ein sehr deeper breiter schummriger Minimalhousetrack für alle, die
es gerne kuschelig mögen und dabei auch ein
paar leichte Vocals vertragen. Die Rückseite
kommt mit einem Remix von Loudeast, der dem
ganzen etwas mehr pushenden Classicvibe verleiht. Definitiv eine Platte für die frühen Morgenstunden, wenn die Mittefrisur noch fransiger ist
als eh schon.
BLEED ••••-•••••
PAULINE - CRAZY FLESH [FIAT LUX RECORDS]
Massive 80er Electrotracks mit gehauchten Vocals und ruhigeren Passagen, die aus einem Horrorfilm stammen könnten, aber eben keine düstere “Wir sehen die Zukunft”- Musik, sondern
eher bummelig nette Popsongs für heute, die ein
wenig auf düster machen, weil, so rosig sieht es ja
nun nicht aus. Definitiv genug Oldschoolappeal
hat die Platte auch, so dass sie nicht nur den Elektrofanatikern gefallen könnte, und auf “Aspect
Etrange” wird es dann auch noch von den zerbröselten Sounds her sehr experimentell, so dass
man Pauline voll und ganz abnimmt, es ernst zu
meinen, ohne dogmatisch zu sein.
www.fiatluxrecords.com
BLEED ••••-•••••
MARCO BERNARDI - MORPHEUSIS [FRUSTRATED FUNK/003 - CLONE]
Sehr eigenwillig krabbelnde Elektroplatte, deren
Funk wohl deshalb so frustriert ist, weil er völlig
zerstäubt wird und dennoch rockt. Einfach nicht
kaputt zu bekommender Funk. Egal, wieviel man
da mit den DSPs oder Filtern dran gräbt. Und klar,
dass das dennoch diese Frustration ausstrahlt,
denn auf eigenwillige Weise ist das sehr nüchterne Musik - trotz gelegentlicher Strings und Acidanleihen. Erhaben und kalt auf dem Titeltrack
und bis zum Kubismus klar und irgendwie wiederwillig rockend auf “Error Message 1”. Wer
Elektrofuturismus sucht, der findet ihn mit Sicherheit hier.
BLEED •••••
V.A. - TSUKIROKETTO [HANDHELD/005 NEUTON]
Handheld ist und bleibt eins meiner Schweizer
Lieblingslabel. Und jetzt werden sie auch noch
ein richtiger Artistpool. Auf der 4-Track-Compilation kommt zunächst der Chilene Miguel Tutera
mit einem (trotz drängelnder Bassline) sehr ruhigen Track, dessen Sequenzen sich trudelnd immer weiter in den Sound hineinbewegen und nur
von den sanften Clicks am Absturz in die Seele
gehindert werden. Arne Weinberg lässt seine eh
schon lässigen Beats noch räumlicher swingen
für Handheld und hängt dazwischen Melodien
auf die so duften Tracks, als hätten sie den Frühling erfunden. Auf der Rückseite dann endlich ein
neuer Track von Sarah Goldfarb die man von ihrer
Trapez Ltd. ja noch in bester Erinnerung hat.
Leicht melancholisch aber slammend mit Neuronen die Disco feuern, während die gedämpften
Sequenzen die Spannung in einer endlosen
Schwebe halten. Und noch etwas deeper wird es
dann mit “Weakness” von Agnès (ob Christina
Ricci sie denn nun mittlerweile angerufen hat?),
deren “Schöneggplatz EP” ich nach diesem Monster an brennender Konzentration ich jetzt gleich
noch mal suchen gehe. Wir sprechen uns dann
nächste Woche wieder. Killer EP für alle die von
Deepness nicht genug bekommen können.
www.handheldrecords.com
BLEED •••••
V.A. - PURE INTEC EP [INTEC - PP SALES]
Eine Minicompilation mit Tracks von Oxia, Brian
Zentz, Leandro Gamez und Trevor Rockliff, purer
slammender UK Techno für die Insel also und lustigerweise gefällt mir hier am besten Brian, der
mit guten tiefen Basslines und treibenden
Glöckchen-Sounds irgendwie sehr lässig rollt.
Aber auch Leandro holt mal wieder zu einem Ravemonster für die sonnigen Zeiten aus, und Trevor bemüht sich nicht ganz erfolglos einen lässig
stampfenden Housetrack zum swingen zu bringen.
BLEED ••••
KILL THE DJ EXHIBIT [B] [KILL THE DJ/001 - WORDANDSOUND]
Ah, klar, genauso heißt das Tigersushi Sublabel,
und nicht anders. War zu erwarten. Hier Edits von
Essit Musique von Smagghe und Fany,der natürlich rockt wie die Hölle und einem die Sternchen
in der Iris blitzen lässt vor lauter Acidmilch, die
sich einem anbietet wie einem schnurrenden
Kätzchen. Smile On. Joakim schnappt sich den
Severed Heads Track und wandelt ihn in ein Detroitmonster um, das sweeter gar nicht vor sich
hinplänkeln könnte, und, ja, der Vergleich mit “Jaguar” wird mit Sicherheit öfter fallen, warum ihn
also nicht kopieren. Sehr eigenwillige Dubs zwischendrin, die Joakim da erfindet. Der letzte
Track ist ein sweetes Caravelles Stück im BNO
Edit für die Freunde des 60er Jahre “ich-kannkein-Wässerchen-trüben”-Soul.
www.tigersushi.com
BLEED •••••
AUDIO RIOT - WELTSCHMERZ
[KONDI RECORDS/006 - POSSIBLE]
Eine der klar Vocoderelektro-orientierten Platten
auf Kondi, dem Dänischen Extravaganza-Label.
Ryan Brogan und, überraschenderweise, Christian Bloch stecken hinter diesem Projekt. Und die
lassen auf Lyrics, die jedem Elektroclashhit gut
tun würden, die 303 knattern und quietschen, als
würden sie am liebsten gegen Space Invaders antreten. Hat ja auch Geburstag. Sehr gut gemacht
und mitnichten nur etwas für Oldschoolelektrofreaks und Freunde der Seitenarme des Ozeans von Drexciya und dem direkten Punkapproach von Bunker.
www.kondi-records.com
BLEED •••••
DUB TAYLOR - TWILIGHT AMPLIFIER
[MORRIS AUDIO/031 - INTERGROOVE]
Anders als auf seiner Tigerskin EP lässt Dub Taylor hier die Bleeps herrschen und walten und entwickelt langsam aber sicher mit “One Step Into
Subconscious” einen funkigen Roller, der einen
die Schwanzfedern shaken lässt. Oder so. Killertrack dieses Genres, der so heiter wie rockend ist
und obendrein auch noch konzentriert dabei
bleibt, so dass immer weiter in diese konsequente Funkästhetik reinrutscht. Auf der Rückseite
mit “Money” ein ebenso kleingeschnittener aber
wieder poppigerer Track, bei dem die Beats
schuffeln und man diese Euphorie spürt, die man
bei den ersten Chicagotracks hatte, deren Melodien einfach so drauflos perlten, als käme da aus
dem Pressure Cooker nur Champagner. Abschluss macht ein Stück, dass “Admire The Moon”
heißt und irgendwie die Deephouse-Variante von
Wunder darstellt. Wunderbar oder?
www.morrisaudio.com
BLEED •••••
ECHOPILOT - DEEPER FUNCTION EP
[MORRIS AUDIO CITY SPORT EDITION/012 INTERGROOVE]
Ich hab mich grade erst von der letzten Sub Static
von Brian Aneurysm erholt, und schon kommt die
nächste EP, diesmal, das sagt schon der Titel, weniger kratzbürstig, dafür deeper. Und er hält dennoch, was er verspricht, auf die verschrobene Art,
die Echopilot und seine Alter Egos auszeichnet.
“Be Like Me” rockt von hinten, schwer und lässig
angetriggert. Dezent dark, aber sehr quirlig packt
einen der Track, wo es richtig weh tut: Innen.
“Wurm” clickert und bürstet etwas mehr, bewegt
sich aber über diesen schummrigen Backgroundsound extrem elegant und schleicht sich wie ein
schwarzer Sirup mit dem au?erirdischen Voco-
dergesang in den Gehörkanal. Der Titeltrack rollt
von weit weit weg wie eine Bedrohung, die man
einfach nicht zu fassen bekommt, und auf “Faith”
schleicht alles um ein sehr elegisches Saxophon
herum und wirkt wie Reflektionen des silber-goldenen Stücks melodischen Metalls. Smooth und
wie ein tiefer Atemzug, der gar nicht aufhören
will zu wirken. www.morrisaudio.com
BLEED •••••
MARC MIROIR & DJ SEROK - VODOO CHANNEL [PASO MUSIC/001 - INTERGROOVE]
Trotz Dietrich Schoenemann und Tony Rohr Mix
will diese EP irgendwie nicht so richtig in Gang
kommen. Ihre Art, Oldschool auf “Blue Funk” mit
spacigem Drumherum zu verbinden, löscht die
Effektivität der beiden Ideen irgendwie aus. Und
nur der letzte Track, “Work It!”, der dennoch kein
Ausrufezeichen verdient, lässt einen ab und an
aufhorchen. Mittelmaß.
BLEED •••
HERTZ - PHONK EP
[PHONT MUSIC/035 - INTERGROOVE]
Anders als auf seiner EP für SLS ist Hertz hier etwas düsterer und gäbe es nicht den schunkelnden Raveslammer “Fonk”, dann wäre das bestenfalls ein Tool für die Schranzköpfe unter euch. Der
aber explodiert immer schön weich mit pustenden Sounds und lässt die Pad ravig rollen und die
Strings tänzeln, dass es nur so blitzt. Als Abschluss der 4 Tracks auch hier ein Stück mit mehr
Dubeinfluss und schön in die Tiefe stürzenden
Basslines.
BLEED •••-••••
BAD COMFORT / SASCHA MÜLLER - TWO DIRECTIONS [SELDOMTYPE/002]
Sieht man auch nicht oft, dass in eine Vinylplatte
ein Dank an die Netlabelszene geritzt ist. Aber
auch ohne ist diese Split EP ein unglaubliches
Stück Vinyl, denn schon der erste Track von Bad
Comfort mit seiner sehr ruhigen Wendung von
magisch weichem Dubsound hin zu einem
klickend deepen, irgendwie Spanisch anmutenden Track ist perfekt und auch sein zweiter, “August 2002”, rockt mit dieser percussiven Art von
Dub, die immer wieder weiche, ruhig melodiöse
Tiefe am Horizont aufgehen lässt. Viel experimenteller mit einem Dubstakkato beginnt
Sascha Müller dann auf der Rückseite, wer sich
Errorsmith als Dub vorstellen kann, der ist nah
dran. Ähnlich gebrochen, aber dabei auf merkwürdig komplexe Weise mit jazzigem Unterton
geht es auf “Stehwellen” dann weiter und das etwas morbide “Ausgang” macht den Abschluss
dieser ziemlich einzigartigen Platte aus der
Schweiz. www.seldomtype.net
BLEED •••••
HERTZ - TAKE SOMETHING
[SLS/018 - INTERGROOVE]
Hertz aka Pierre Jerksten ist, was diese Tracks
hier betrifft, der typische Schwede. Stakkatohämmernd, aber dennoch funkverliebt, rockt es
auf “Taken” los als hätte man eine Funkband kiloweise Speed gespritzt und würde seit Jahrzenten
auf ein und demselben Riff rumhacken, bis sie die
technologische Weiterentwicklung irgendwann
mal zu Techno geführt hat. Die Rückseite klingt
dann genau so, und damit wird es dann auch ein
wenig langweiliger und man ist ganz schön froh
über den dritten Track, “Odd”, auf dem es mit
smoothen Sounds und weiten Dubs mehr in die
Tiefe geht.
BLEED ••••
HAKAN LIDBO - TUFFA POJKAR EP
[STAR WHORES/011 - NEUTON]
Völlig alberne Elektrodiscotracks von Hakan mit
scheinbar selbstgesungenen schwedischen Lyrics, die sich durch den Vocoder anhören wie Dadalyrics und perfekt zum Polka-Geschlender passen, das ziemlich stark an seinen Data80 Sound
erinnert. Fastfood für alle Freunde des CheapoLofi-Pop mit einem Hang zu Albernheiten, aber
als Ganzes dann doch ein wenig überzogen.
BLEED ••••
K.C. DELICIOUS - SAY WHAT! [STARSCHNITT/004 - INTERGROOVE]
Irgendwie albern diese französische Elektronummer “C`est comme ca”, die klingt, als hätte ich sie
schon mal als Punkhit in den 80ern gehört, aber
trotzdem irgendwie überzeugend bleibt. Aber damals gab’s noch keine Handys, kann also nicht
sein, und wer poppige 80er-Tracks mit Cheapobeats aus Casiokisten oder ähnlichem mag und
ab und an mal einen albernen Soundeffekt, der ist
hier genau richtig. Die breakigeren Tracks, auf denen K.C.D englisch singt (übrigens alles zusammen mit Redagain P. produziert), wie z.B. “Say
What!”, wirken etwas trashiger, aber dennoch
verdammt poppig, ohne einen damit nerven zu
wollen. Heidelberger Salt’n’Pepper-Style bis Elektropunk. Skurril und stellenweise ein wenig überzogen, in den poppigsten Momenten aber überraschend gut. www.starschnitt.com
BLEED •••••-•••
AGNÈS, APOLL, DATABOY 78, OCTEX - DUNKELPLATTE [STHLMAUDIO/002 - FBM]
Extrem lässige minimale Platte der vier Helden
aus der Schweiz (sorry Octex). Agnès kommt mit
einem reduziert selbstverliebten Track, der sich
um seine eigene Achse dreht bis man so langsam
das Gefühl für oben und unten verliert, Apoll
täuscht Saxophon an und lässt die Nacht auf dem
Kopfkissen ruhen, bis nicht mal mehr ein Kater
durch die Gassen streicht, Databoy 78 rauht das
ganze mit einem schwergewichtigeren Dub nebst
eigenwillig außenstehender Hihats auf und den
deepesten Track macht Octex von Tehnika, denn
hier krümelt auch der letzte Soundfetzen noch in
eigenwilliger Weise, ohne den Track auseinanderbröseln zu lassen. Schön. www.sthlm.ch
BLEED ••••-•••••
RAW DEAL - USED TO BE [STRAIGHT AHEAD
RECORDS - ROUGHTRADE]
Sehr sweeter und slammender Vocalhousetrack
mit jazzigen Vocals, die auf der A-Seite leider so
laut sind, dass sie alles Weitere in den Hintergrund drängen, weshalb, wer auf solide funkigen
Basslines steht, lieber auf die andere Seite
schaut, wo der Boogie Down Remix die Balance
etwas besser hält und trotz Gitarrenfunk sehr
smooth glitzert. “Just like a waterfall we can come
together.” Lyrics, die man so leicht nicht vergisst.
Vocalhasser do not apply.
www.straightaheadrec.com
BLEED ••••-•••••
PATRICK DUBOIS - WELCOME EP
[SUPERBRA/028 - INTERGROOVE]
Irgendwie macht Dubois immer wieder mal so
poppige Ravetracks, die Oldschool und harte
slammende Beats miteinander verbinden wie
kein zweiter es kann, und damit ist “Anyone” mit
Sicherheit ein Track, der überall, wo er läuft, zu
Begeisterung führt. Einfach und mit verdammt
vielen Sounds und Ideen, die man verdammt oft
gehört hat, aber so überzeugend und leicht, dass
man sofot hingerissen ist. “I’m Connected”
schiebt sich mit witzigem percussivem Piepsen
im Groove und den von unten kommenden Stakkatos auch ganz weit nach vorne und lässt die
Bassline an die Tür klopfen, als wäre sie der Rave
draussen vor dem Rave der reinwill, um die Gates
zu crushen. Der Leandro Gamez Mix von “Anyone” ist etwas floatender als das Orginal und weniger poppig, und mit “Mad Max” nähert sich Dubois eigentlich schon fast dem Stil mancher Pigna
Releases. Schön.
BLEED •••••-••••
VOLGA SELECT, AVRIL, SIR ALICE SO YOUNG BUT SO COLD REMIXE
[TIGERSUSHI/013 - WORDANDSOUND]
Von dem kleinen geschichtlichen Meisterwerk,
das uns einen seltenen Einblick in die elektronische Untergrundszene französischer Musik der
frühen 80er vermittelte, werden hier drei Tracks
feinfühlig und ebenso überraschend geremixt.
Volga Select nähern sich “Iceland” von Richard
Pinhas mit sehr locker und verhalten rollendem
Dubhouse, der sich langsam als eine große Hymne entpuppt. Avril schnappen sich diesen sehr
strangen Politthriller von The (Hypothetical) Prophets und lassen ihn mit schnittigen Beats und
getuscheltem Sound irgendwie dennoch und
noch thrillender rocken. Als Abschluss dekonstruiert Sir Alice den Nini Raviolette Track “Je Tu
Nous” so als wäre er eine Marmorskulptur aus
Chipresten. Unbedingt ebenso reinhören wie in
die Compilation mit den Orginaltracks.
www.tigersushi.com
BLEED •••••
SIR ALICE - 1
[TIGERSUSHI/012 - WORDANDSOUND]
Surprise, Tigersushi hat einen Act gefunden, der
klingt wie für Tigersushi erfunden. IRCAM Schülerin und Punkrocksängerin Sir Alice rockt hier
auf drei Tracks mit so einer satten Agression zu
einem digitalen Clash aus Punk und bösen Zerrungen im Synthesizersound, eigenwilligsten
Klangkonstellationen und überraschend weitschweifigen Epen, dass man ihr alles, was da an
Wut und sonstigen zerrissenen Bildern aufgetürmt wird, komplett abnimmt. Drei Tracks, drei
völlig verschiedene Herangehensweisen (“Ballad” z.B. ist ein sehr subtiles elegisch mäanderndes Ding aus Gitarrenrestsounds und verlassenen digitalen Loops und “Bouda Is A Material
Girl” beginnt mit einem Kleinkindmobile, Plat-
tenknistern aus der letzten Rille), aber dennoch
ein verdammt klares Bild: Sir Alice wird uns mit
Sicherheit noch die nächsten Jahre immer wieder
überraschen. www.tigersushi.com
BLEED •••••
FLORINTINTIN - LAPBOP [TINA/001 - CLONE]
Eine der überraschendsten Jazzplatten des Jahres
dürfte diese LP hier sein, die genau das ist, was
der Titel sagt, Laptop-Bebop. Völlig abstrakt aus
Samples früher Jazzplatten etwas konstruierend,
das soviel Swing hat und dennoch so zerstückelt
ist, dass man seinen Ohren nicht traut, vor allem
weil man gar nicht weiß, warum sich noch niemand Jazz so genähert hat. Einerseits sehr bewahrend, andererseits völlig konkret und klar
eingreifend, ist diese Platte eine Ausnahme, ohne
die man eigentlich nie mehr sein möchte. Und
egal ob man jeden Track wieder erkennt, er wird
einfach von Mal zu Mal hören stranger und wundervoller. Großes Stück Vinyl mit 9 unglaublichen
Tracks.
BLEED •••••
EVIL C, DAVE THE HUSTLER [VIKING MUSIC/006 - NEUTON]
Killertracks auch auf der neuen Viking, die Remixe von Evil C und Dave The Hustler, von Crowd
Pleaser, Water Lilly & St Plomb hat. Auf der A-Seite ein Chicagotrack der lässigsten Art mit
Glöckchen-Sounds, Casio-Drums und gut schiebender Bassline über einem sehr elegant getriggerten “Soup” Sample. Ja, Musik ist eine Suppe,
weil man selber wie ein Fettauge auf ihr schwimmen kann, wenn sie gut ist, und dampfen dürfte
das Ganze auch noch. Die Rückseite rockt trashiger mit diesem “ich-steh-auf-der-Orgel-notfallsauch-noch-mit-den-Zehen” Sound, der in bester
schweizerischer Black-Rave-Manier jede Menge
Oldschoolsamples durch die Mühle dreht und
mit dem ersten Schlag der Bassdrum klarstellt,
dass hier selbst noch die Tresor-Posse aus der
Hirnschale getreten werden will.www.imploz.com
BLEED •••••
CEM - [VYNALOGICA/007 - CLONE]
Die neue EP vom Centre for Electronic Music ist
eine sehr dichte Elektroplatte für alle Fans solider
analoger Sounds und zersplitterter Melodien geworden, die dieses leicht rauschige Flair von
Equipment in Holzkästen lieben und gerne dem
leisesten Kratzen von Synthesizern lauschen, die
einen immer wieder mit ihrer organsichen Dichte
überraschen können. Fünf sehr variantenreiche
Tracks mit einem sehr jammenden Flavour.
www.cemstudio.com
BLEED ••••
V.A. - BODY MOVEMENT VINYL CUTS
[SOUNDLAB ENTERTAINMENT - SOULSEDUCTION]
Überraschend vielseitige EP mit breakigen
Tracks, die von dezenten Elektroanleihen über
Funkhouse bis hin ravigen Broken Beats gehen
oder zu verwuseltem Jazz, aber manchmal dabei
auch weit über alle Geschmacksgrenzen hinausgehen. Je urbaner das Ganze aber bleibt, wie z.B.
bei CrisCo oder Uez Racing Devision, desto überzeugender ist diese Compilation.
BLEED •••••-•
RADBOUD MENS [VYNALOGICA/005 - CLONE]
Wer die Tracks von Radboud Mens kennt, der
weiß, dass es sich hier um diese sehr subtile und
extrem klare Art von digitalem Klickern mit Bassfundament dreht, die einem in den Ohren liegt
mit einer Welt, die so aufgeräumt ist und so mathematisch, dass man sich schon zu wundern beginnt, wie sich dieser Sound dann dennoch als
verdammt überzeugender Groove immer wieder
weiterentwickelt und einen auch nicht mehr loslässt mit seiner spartanischen, aber dennoch irgendwie gefühlvollen Art. Vier Exkursionen in die
stillsten der digitalen Geräusche und deren Eigenschaften als entkernte Tanzmusik.
www.cemstudio.com
BLEED •••••
HOT TODDY - MIND TRIP [WINDING ROAD/006 - WORDANDSOUND]
Sehr sweete, etwas kitschige Discotracks mit Vocals und einem ausgelassen, die Handtaschen
wedeln lassenden Groove kommen von Chriss
Todd, der dieses alberne Houseprojekt Crazy Penis nebenher macht. Auf der Rückseite etwas fordernder und ohne Vocals, aber dennoch deep und
leicht säuselnd. Als Bonus ein Satin Souls Remix.
Man muss schon sehr fluffig drauf sein, um diese
Platte zu mögen, aber dann ist sie sehr sympathisch und angenehm lauwarm.
BLEED ••••
<43> - DE:BUG.83 - 06.2004
BRD
<44> - DE:BUG.83 - 06.2004
HIP HOP
• = NEIN / ••••• = JA
THE LABTEKS - BLUE SMOKE / MENTAL
BLOCK [BOMB MITTE]
Die bekiffteste HipHop-Platte des Monats
kommt definitiv auf Bomb Mitte. Auf “Mental
Block” wird zu einem dezent abstrakten darken
Bebop gerappt, als wäre die Lunge eine große
Bong, in der der Magen gleich mitrumkugelt.
Morbid und relaxt zugleich. Wer mehr auf den
Floorburner steht, der dreht die sehr sympathische 7” einfach rum und rockt mit dem dunkel
agressiven “Blue Smoke” bis ihm bei der schrägen
Gitarre die Goldkrone aus der Nase fliegt. Sehr
cool.
BLEED •••••
dacht gerappt. Hoffnungsvoll schwermütige und
dabei sehr realistische Texte und herzerwärmende Beats. Großes Gewächs. www.cyne.net
CAYND •••••
CYNE - GROWING EP
[CITY CENTRE OFFICES/026 - HAUSMUSIK]
An Cyne wird man in nächster Zeit wohl nicht
vorbeikommen. Zu Recht, wie hier die einstimmige Meinung ist, nicht nur, weil sie mittlerweile
von ihrer kleinen Heimatort in Florida unnahe
Miamis zu einem europäischen Label gewechselt
sind, dem angegliederten wohlgeschätzten City
Centre Offices. Nicht verkehrt, wie ich finde, obgleich Cyne durch und durch nach HipHop klingen und die Elektronika-Assoziation echt fehl am
Platz ist. Real shit from da rural area. Hier gibt es
vier bezaubernde Tracks der vierköpfigen Vereinigung als Vorgeschmack auf ihr voraussichtlich
Ende des Jahres erscheinendes Album zu hören.
Und es ist mehr als eine weitere 12” mit urban
kämpferischem Independent-Geschwätz, die
Jungs haben eine fidel vorgetragene Mission und
klingen einfach vollkommen abseits und doch
mittendrin. Bei Cyne werden die Loops noch
sorgfältig selektiert, vom Staub frei gepustet und
die Worte eigenhändig abgewogen und mit Be-
APPROACH - ULTRA PROTEUS [COUP
D’ÉTAT/CDE0017 - GROOVE ATTACK]
Extrem funklastige Beats purzeln einem hier entgegen, da fühlt man sich ja glatt in der Zeit
zurückversetzt, 70er Funk und Soul mit naturbelassen gelassenem Spät80er Rap. Wirkt teilweise, als würde man gerade einer jammenden Band
in einer lässigen sommerlichen Metropole lauschen, eine etwas abwegige Vorstellung, wenn
man bedenkt, dass Approach aus Kansas City
kommt, er klingt aber nur äußerst selten minimal
gezwungen. Die luftig altmodische Stimmung auf
dem Album ist auf jeden Fall ein Pluspunkt, da
geht die hohe Hammond-Dichte auch problemlos durch. Von den beigefügten Remixen ist der
von Oh No erwartungsgemäß das Highlight. Sehr
nettes Album mit einer Menge krisper Sounds
und einem extrem relaxten Vibe.
CAYND •••••
SO BRIGHT - FREEBALLS [DITTE ISSES REC.]
Wenn man breit ist, klingen manche Sounds ja
fetter, als wenn man sie nüchtern hören würde.
Dass da ein paar Halluzinogene im Spiel waren,
hört man dieser CD der Berliner Kevin Lenear und
Vonsoh definitiv an, was sie in gewisser Weise
auch symphatisch macht, wenn auch die Musik
für meinen Geschmack nicht immer positiv dadurch beeinflusst wird. So Bright linsen jedenfalls
nicht auf großen Verkauf, eher auf UndergroundRuhm, und rappen und musizieren wohl
hauptsächlich zur eigenen Freude und orientieren sich kaum merklich an irgendwelchen offensichtlichen populären HipHop-Vorbildern. Klar,
die Aussage, der Inhalt, die Attitude, das alles ist
wohl sehr lobenswert, insgesamt wirkt das Album aber gerade durch die verschiedenen eingebauten Einflüsse, von Reggae und Dub über 80er
und Rock, etwas zu fahrig und sitzt oft nicht dort,
wo es gut gewesen wäre. Aber schön zu wissen,
dass HipHop verschiedene Lebensformen hat, einige Beats sind recht gelungen und ein paar der
MCs können auch sowas wie rappen bzw. singen.
Etwas weniger postgymnasiastische Klarsicht
wäre allerdings nicht verkehrt gewesen.
www.ditteisses.de
CAYND ••
AKINYELE - MUSIC KILLZ [EASTERN CONFERENCE/ECR1005 - GROOVE ATTACK]
“Live at the Barbecue” von Main Source war ku-
UK
• = NEIN / ••••• = JA
BIGGER BEAR VS. HAIRY CLAW CLASH OF THE BIG PAWS 10”
[BIGGERBEAR/011 - WORDANDSOUND]
Sehr deepe, rockende Tracks von Steve Kotey mit
ein paar Gastmusikern, die zu dem schiebend
rockenden Sound von Zappy z.B. eine sehr klassische Keyboardimprovisation im Deephousestyle
starten und auf dem flackernderen, shakenderen
“The Afrobuttock Express” das Ganze in einen
Dub verwandeln, der klingt, als würden hier
Tackhead auf die Houseelite treffen. Smooth und
satt für alle Freunde deeper, runder Housetracks.
BLEED ••••
men. “Shake Off” rockt vom ersten Track an, den
ihr von der Compilation des Labels schon kennen
könntet, hier allerdings mit den Comatösen, noch
eine Ecke brachialer und mit einer Kuhglocke, die
sich so solide unter die Perücke tackert, dass ihr
sie nicht mehr loswerdet. Und auf der Rückseite
dann noch zwei ebenbürtige Mixe. Groß.
www.crosstownrebels.com
BLEED •••••
ROBBIE HARDKISS - EVERYTHING IS
CHANGING REMIXES
[CLASSIC/026R - ROUGHTRADE]
Brett und Derrick remixen Remixe von Robbie
Hardkiss zu einem Remix zusammen, wenn ich
das richtig verstehe. Ein bumpender alberner
Spaß für die Disco, die aus Bassbins besteht und
auch so bleiben will. Die Freaks wirbeln in ihrem
Mix die Keys rauf und runter und benehmen sich
ganz so wie man es von diesen strangen Funkzwergen erwartet und für Bretts “Late Night Mix”
geht es noch mal tief in den Keller der Kompressionskammer die Classic manchmal aus House
machen kann wie kein zweites Label. Perfekte Remixe. www.classicmusiccompany.com
BLEED •••••
STEFAN GOLDMANN - PAIN
[CLASSIC/014 - ROUGHTRADE]
“Pain” tut überhaupt nicht weh, sondern ist, obwohl stellenweise etwas dunkel eher ein typisch
steppender Goldmann Track, der sich gelassen
vorwärts schiebt mit seinem sehr souligen Vocal
und den wirre wegglitchenden Sounds in den
Hintergründen einer jazzigen Housenummer für
verwirrte. Klar, das passt den Freaks und deshalb
machen sie gleich einen Vocal- und einen Dubmix
davon, der die Hintergrundsounds als treibende
Elemente benutzt und die Bassline an der Schädeldecke pochern lässt, bis da irgendwann ein
Loch ist. www.classicmusiccompany.com
BLEED •••••
KIKI & SILVERSURFER FEAT.
CAPTAIN COMATOSE - SHAKE OFF
[CROSSTOWN REBELS/008 - INTERGROOVE]
Monster, klar, wenn die Berliner Rocker par Excellence auf die shakendste Discosoultruppe der
Stadt treffen, dann musste ja sowas bei rauskom-
BRAER RABBIT - FAT CONTENT: TRACE
[FOOLPROOF PROJECTS]
Und endlich wieder eine EP von Braer Rabbit und
Neues vom unglaublichen Foolproof Projects Label, die es hier auf dem ersten Track mal von der
elektroiden Seite des Wahnsinns angehen und diverse unabsichtliche Äußerungen zu einer Next
Generation Beatbox machen, über die es wild
klingelt, bis der nächste Track uns zeigt, dass die
tote Disco auch hier wiederbelebt wird mit einem
brutalen Funk, der keine Gnade kennt und sich
definitiv nicht nur im Club einfangen lässt. Auf
der Rückseite dann der clubbigste Track der EP
mit slammenden Beats und einem hintergründigen Sound, der einem die Leber aus den Ohren
saugt. Überraschend funky und sehr groovy.
www.fooolproofprojects.co.uk
BLEED •••••
ONLY FREAK - TINY FORCES
[FREERANGE/044]
Jean Vanesse und Thomas Sohet bleiben nach
dem Erfolg von Planet Deep dem Boogie-Thema
auf ihre eigene Art treu. Auch Tiny Forces hat
wieder einen manisch leichten Groove und diese
verspielte Authentizität, die Verwechslungen mit
Metro Area zur Folge haben dürfte. Jimpster reduziert das Gerüst auf des Boogies Kern, zeigt
sich aber im Sound viel näher am aktuellen Deep
House. Shur-I-Kan hat sich für seine neue Facette
der gebrochenen Beats das Alter Ego Seer-Tesh
ausgesucht. Die 70er scheinen nur noch durch
die Streicher auf den abstrakten Warm-Up.
www.freerangerecords.co.uk
M.PATH.IQ •••••
BECKETT & TAYLOR / SPANDEX - LIES
[HAND ON THE PLOW/002]
Vertrackt ist diese neue EP auf Hand On The Plow
auch wieder und noch funkiger als die letzte, falls
das geht, und vielleicht sogar noch stranger. Ich
wüsste zur Zeit kaum jemand der Sound digital so
zerreißt und dabei so viel Soul hat. Caro fällt mir
MOABEAT - DRINGLICHKEIT BESTEHT IMMER
[NEW NOISE / LABELS]
Moabeat sind auf jeden Fall ein Phänomen, nicht
nur in Berlin, inzwischen dürfte wohl auch der
Rest der Republik mitbekommen haben, dass
Moabit, so hießen die vier Berliner vorher mal,
ein Arbeiterbezirk in Berlin ist, der nicht so richtig im Trend liegt, aber allerhand Charme hat, etwas, dass diese Band zu transportieren versteht.
Im Vergleich zu ihrer letztjährigen EP, die ebenfalls bei dem Label der Kreuzberger PlattenladenLegende New Noise rauskam, haben sie auf
ihrem Debutalbum auf jeden Fall einen Schritt
nach vorne gemacht und ein wenig mehr Bounce
in ihre Produktion integriert, die sich durchweg
am allgemeinen Standard messen kann und so
richtig nach satt synthetischem HipHop klingt.
Leider gefällt mir vor allem der nasal singende
MC weder von der Stimme noch von seinen teilweise nicht wirklich ideal formulierten Texten besonders. Wie gut, dass das Ganze auch als Instrumentalmix von DJ Illvibe rauskommen wird, denn
der hat es definitiv drauf und wird wohl das Möglichste aus der Sache rausholen.
CAYND •••
MELBEATZ - RAPPER’S DELIGHT
[OPTIK RECORDS / SUBWORD]
Melbeatz ist nicht nur die einzige weibliche Produzentin aus Berlin bzw. ganz Deutschland, die es
geschafft hat, ein eigenes Album aufzunehmen sie hat auch einen sehr eigenen und coolen Beatstyle. Die 15 Tracks sind eigentlich durchweg
hammer, nur leider sind viele davon mit MCs oder
Sängern, die etwas gewöhnungsbedürftig sind.
Dabei sind z.B. Curse, Xavier Naidoo, Cassandra
Stein von Glashaus, Olli Banjo, Afrob etc. Daneben bekommt man auch Ami-Features zu hören
vielleicht noch ein, aber selbst Herbert ist wohl
von dieser Bande begeistert, und wir verstehen
das absolut. Stakkato und Tiefe in schönster Vereinigung auf den beiden Mixen von “Lies” und auf
der Rückseite krabbelnde Micro-Quatsch, NanoGrooves von Spandex, der das Mikrophon aufzusingen scheint auf seinen Stücken. 21st Century
Blues, ja, darauf könnten wir uns einigen. Was für
ein Follow Up nach der ersten EP. Hand On The
Plow ist und bleibt eins der besten Label aus England das wir uns, obwohl wir es nun kennen, in
seinem Potential immer noch kaum vorstellen
können.www.handontheplow.org
BLEED •••••
TECHNOVA - I COULD HAVE SEX
[HYDROGEN DUKEBOX - ROUGHTRADE]
Tja, wenn die Vocodervocalactress schon Miss
Vaginal Davis heißt, dann wisst ihr eigentlich,
was los ist, oder? Ein klassischer Elektropoptrack
mit zitternden Melodien, die wie aus einem ScifiB-Movie der frühen 80er klingen, und im Hintergrund Leute, die nicht aufhören können, ins
Micro zu brabbeln. Die Remixe kommen von Tommie Sunshine (Brachialhouse) und A1 One People
und haben dem Orginal eigentlich wenig hinzuzufügen. Elektro von der Stange.
www.hydrogendukebox.com
BLEED ••-•••
MAETRIK - BEING USED [IRON BOX MUSIC/009 - UNIQUEDISTRIBUTION]
Die neue EP von Eric Estornel bleibt dem schwergewichtigen Sound von Iron Box treu und rockt
auf beiden Seiten mit dieser Mischung aus dunklen Sounds und Effekten und schnippisch glänzenden Beats perfekt und durch die ausufernden
Dubs auch so deep, dass man sich in dem Track
verlieren muss. Auf der Rückseite remixen dann
Brian Aneurysm und Sean Byrd das Stück mal mit
einer gebrocheneren Dub-Attitüde, die bei Brian
zu einem hintergründigen Stereofeuerwerk wird,
das bis nach Detroit leuchtet und auf dem Sean
Byrd Remix von Anfang an in endlose Tiefen mit
einem Schwarm analoger Vögel hinabsteigt. Sehr
schöne und ruhige Platte, die viel Zeit braucht,
dafür aber immer mehr Dimensionen entwickeln
kann. www.ironboxmusic.com/
BLEED •••••
PHONIQUE FEAT.MEITZ - STILL DANCIN’ [LOUNGIN’ RECORDS/004 - WORD AND SOUND]
Phonique rockt auf allen Kanälen, obwohl hier
wie Kanye West, die Mobb Deep Jungs, Alkoholiks und auch ODB, und heimische Kehlen wie Kool Savas, Samy Deluxe und Azad sowie Mieze von
Mia zusammen mit Eißfeld von den Beginnern
(sind ja beide links und so), gibt also genug Anreize, sich dieses Album zuzulegen, clevere Kombination. Die Beats haben auf jeden Fall einen
souverän leichtfüßigen und trotzdem massiv
dunklen Stil und größtenteils sehr nett gewählte
Sounds. www.melbeatz.de
CAYND •••••-•••
V.A. - OKAYPLAYER - TRUE NOTES VOL. 1
[RAPSTER]
Wahrscheinlich finde ich jede Platte erstmal gut,
bei der Jean Grae, Madlib, Aceyalone, Dilated
Peoples, Skillz und Hieroglyphics dabei sind, sind
das doch einige meiner favorite Artists. Vor allem
Jean Grae, auf deren im Herbst erscheinende
zweite LP ich echt mehr als gespannt bin, hier mit
zwei, wie immer offenherzigen und recht kurzen
Tracks vertreten. Der Madlib und Aceyalone Intro-Track hat defintiv neben einem monstrig
knarzigen Killerbeat einen der smoothesten MCs,
Little Brother klingen wie immer so fidel wie soulfull, Dilated sind präzise und kämpferisch, Skillz
überschlägt sich in simplen Sätzen usw. Von den
nicht so bekannten Artists sind The Chapter sehr
gefühlvoll, Dice Raw eher ichbezogen, Nicolay &
Supastition flowig reflektierend, Truck and Mac
eher abgehackt etc. Okayplayer wurde ja von den
Roots ins Leben gerufen und hat schon so einige
Touren hinter sich und unter anderem D’Angelo
und Talib Kweli im Gepäck. Das hier ist aber ihr erstes Release als Label, die Compilation wurde von
?love, dem Drummer von den Roots und CEO von
Okayplayer, zusammen gestellt. Definitiv mehr-
schmust er eher. Ganz jazzy mit entspannten
Rhodes, Vocals und Congas, die durch den Hintergrund huschen. Zusammen mit Meitz von der
Jazzanova-Posse gibt er sich hier so Deep Housig
und jazzy wie nie. Die Remixe von Max Fresh und
Phonique und Meitz selber variieren das Thema
ein wenig. Strippen das Arrangements ein wenig
runter oder rückend das Ganze Richtung Metro
Area. Für Pianosoli bin ich zwar immer noch nicht
zu haben, aber trotzdem eine schöne Deep-House-Nummer.
SVEN.VT ••••
DOMU - WORLDWIDE E.P. [LOUNGIN’ RECORDS/004 - WORD AND SOUND]
West London Massive. Dominic Stanto aka Domu
mit vier neuen Broken Beats Tracks, die Funk,
Soul und Jazz zwischen Detroit und West London
ausloten und sich dabei leider ein wenig im Kreis
drehen. Nach wie vor gute Tracks, aber nicht so
stark wie z.B. sein neues Album als Umod auf Sonar Kollektiv. www.lounginrecordings.com
SVEN.VT •••-••••
PHIL PARNELL - DO YOUR LIVING IN THE
NIGHT [MANTIS/026]
Verdammt, er hat schon bald sein zweites Album
für Mantis fertig und dabei ist dieser Track immer
noch so fresh wie an dem Tag, als ich ihn zum ersten Mal gehört hab. Umso glücklicher ist man,
dass das noch mal als 12” rauskommt und einen
mit seinen obskuren Soulvocals eiskalt erwischt.
Als Bonus gibt es zwei Herbert Mixe und einen
von Brooks, und allein schon der “Dark Mix” von
Herbert ist so gigantisch, dass man diese Platte
am besten gleich zweimal kauft. Wer sich an die
Herbert Platte auf Tresor erinnert, der weiß, wohin das hier geht und warum es ohne Ende pusht
und es sich vermutlich mal wieder kein DJ traut,
das aufzulegen. Egal. Gibt ja auch noch den sehr
lässig zerhackten Mix von Brooks, der, wenn das
hier eine Ankündigung für sein neues Album ist,
viel verheißt, denn hier geht alles drunter und
drüber, landet aber wie jede gute Katze auf allen
vier Pfoten und betört einen mit einem Schälchen süßester Housemilch. Als Abschluss dann
noch der Light Mix von Herbert, der so schrägt
ist, dass man sofort eine Bigband zum Hören einladen möchte, um ihr die Zukunft
vorzustellen.Ach, und The Orb dürfen auch zum
Probehören kommen. Killer.
www.mantis-recordings.com
BLEED •••••
TRAPEZ 41
TRAUM V49
OZY LINGO RMX
- Break 3000
Dominik Eulberg
ECHOPILOT
- I don´t think so
TRAPEZ 40
TRAUM V48
RILEY REINHOLD
& STEVE BARNES
- Mondrian
DOMINIK EULBERG
- Die Rotbauchunken
vom Tegernsee
TRAPEZ ltd 19
MBF 12006
DIRT CREW
- Cleaning up the
Ghetto Pt Two
maliges Hören wert, ein äußerst symphatischer
Sampler. www.okayplayer.com
CAYND •••••
rioserweise für alle darauf vertretenen MCs eine
Art Sprungbrett, und vor allem ein unvergleichlicher Track, der noch heute reale Turnschuhträger
zu Rührungstränen verhilft. Akinyele kennt man
vielleicht mehr von seinem läpischen Hit und seiner Fotzen-Fixierung, hier sind aber eigentlich
ganz coole Raps aus den sehr frühen 90ern versammelt, klingt also typischerweise eher roh und
unsynthetisch, und neben Akinyele bekommt
man sozusagen seine Partners in Crime Nas und
Large Professor in ihrer goldenen Zeit zu hören.
Abgerundet und ins Aktuelle geholt wird die CD
durch Rob Swift’s Scratcheinlagen, flotten Freestyles sowie zwei neue von J-Zone produzierte
Tracks. Akinyele wusste definitiv, was er wollte
und grölt das derweil etwas ungeschickt heraus.
CAYND •••
TRAPEZ ltd19
12”
GET DIRTY!
MBF 12006 DIRT CREW - CLEANING UP THE GHETTO PT 2 RELEASE: 14.06.04
TRAUM_WWW.TRAUMSCHALLPLATTEN.DE_EMAIL [email protected]
FON 0049 (0)221 71 641 56_FAX + 57_WERDERSTRASSE 28 D-50672 KÖLN
MIEZE MEDUSA & TENDERBOY - BASSLAST
ALLTAG MEETS THE UNFUNK SIDE OF HIPHOP [!RECORDS]
Nein, es es nicht nur typisch deutsch, immer allem auf den Grund gehen zu wollen, in Österreich
macht man das auch ganz gerne, zumindest wenn
man dieser CD glaubt, die mit einem Lexikon-Eintrag einsetzt und danach ins Innere der beiden
MCs mit den merkwürdigen Namen abdriftet.
Den Akzent hört man kaum, dafür unheilsschwangere Beats und etwas verirrte lyrische
Schliffe. Tenderboy ist im Vergleich zu der Mieze
definitiv besser, die hat nämlich zwar hiphopige
Schnoddrigkeit und auch einige ungewöhnliche
Vokabeln drauf, zudem eine wohl deepe Aussage,
kann aber leider nicht rappen. Nette Impressionen, aber so genau will man dann auch nicht wissen, was da “Sache ist”. Illusorisch bis gruselig.
CAYND ••
JACK ORSEN UND TAKTLO$$ - DIREKT AUS
DEM KNAST (DU SPAST) [ROYAL
BUNKER/RB223 - GROOVE ATTACK]
Ja, Kreuzberg, die Heimat von Royal Bunker, das
ist ein krasses Pflaster, auf dem eine Menge Spinner rumlaufen. Zwei davon gibt’s auf dieser CD,
straight aus West-Berlin, und ihr wisst ja, dass das
so eine voll heftige Gangster-Area ist. Wählerisch
sind Taktlo$$ und Jack Orson ja nicht gerade,
denn sie ficken nahtlos alle in ihrem Wahlkampf
für ein besseres Ghetto. Außer natürlich Schwule, klar, nach ihrem fiktiven Knast mögen sie das
wahrscheinlich nicht mehr wirklich. Ihren Hintern benutzen sie jetzt für andere Schübe, Jack
Orsen zieht auf jeden Fall den Kürzeren, denn
Taktlo$$ spinnt zwar, ist aber sowohl mit seinem
Trademark-”Biatch” und seinem erbsenbrechenden Ego eher amüsant. Übertrieben kopulationsfixiert mit psychopathischer Geste, gewollt
schmutzig provokativ, aber relativ unterhaltsam.
HipHop ist schließlich für alle da.
www.royalbunker.de
CAYND •••-•
BUSDRIVER/ OMID/ NEILA [SUVERSIV REC. - VINYLKINGZ]
Ah, da sind sie ja wieder, Subversiv Records, das
in Hessen ansässige Ausnahmelabel mit extremen Underground-Ambitionen und künstlerischem Weitblick. Der ist diesmal auf die Westküste gefallen und hat dort Neila, Omid und Busdriver, der ja in letzter Zeit ein bisschen die Runde in
MARK HAWKINS - NEW WORLD ORDER EP
[MNX RECORDINGS/002 - POSSIBLE]
Das Label hier kommt aus Glasgow und übergibt
gern an Mr. Hawkins, der einfach einen Ausflug in
die Welt der kaputten Motoren von Techno
macht, an denen er kräftig rumschraubt, um auch
den letzten Filter noch zu brechen. Slammerstyle
mit Unterbrechungen und Parts, die einem die
Psychose in den Kindergarten tackern können,
aber wer es hart und kompromisslos mag, ohne
dabei darauf verzichten zu wollen, dass die Experimente unter die Haut gehen, der steht auf sowas. Ich auch. Naja, der B1 Track ist etwas mau.
www.mnx-recordings.com
BLEED •••••-••••
THE FREAKS - NOTES FROM THE
UNDERGROUND PART 1&2
[MUSIC FOR FREAKS - ROUGHTRADE]
Die ersten beiden EPs mit Remixen des unglaublichen Albums der Freaks kommen mit insgesamt
7 Remixen von denen alle kickende Monsterclubhits mit soviel Soul sind, dass man nur laut Gnade
rufen möchte. BHQ nehmen sich “Telefunky” in
lässigen Shuffeln vor, Honey Dijon verwandelt
“He´s Angry” in sein stompendes warpendes
Technostück, der §10 Fix Mix von “We Can Fix It”
ist so spartanisch in seinen Gitarrensounds, dass
es einem unter der Haut zu krabbeln beginnt vor
lauter Kleinstteilen und weiter geht es mit einem
soliden Houseroller von 2nd Shift für die Funkposse, Lil Marks “Blam!” Rework in Killervocalstakkatos und einer Bassline die quer durch den
Raum hüpft, dem tiefergelegten schieben undergroundigen Housemix von “Lovehate” von Induceve und noch ein letztes mal “He`s Angry” von
DJ Dinnermoney, der daraus eine Art Steeldrumbleepfrühstück macht. www.musikforfreaks.com
BLEED •••••
NICK HOLDER - THE OTHER MIXES VOL.1
[NRK/089 - ROUGHTRADE]
Aus irgendeinem Grund glaube ich, dass die Nick
Holder LP von neulich komplett untergegangen
ist. Vermutlich werden auch diese Mixe nicht
wirklich viel daran retten können, aber ich mag
sie trotzdem. Der Solid Groove Mix auf der A-Seite hat so etwas bumpig Käsiges, was manche UKHousetracks manchmal haben, aber kommt mit
den weggefilterten trashigeren Chicagopassagen
und dem sweeten Jazzsample mittendrin dann
doch ganz fein in den Groove, der einem bei Sonnenuntergang eigentlich sehr gut gefallen könnte, und allein die Art, wie die Samples hier herumwippen, als wären sie auf einem Trampolin
produziert, ist schon beeindruckend. Auf der
Rückseite dürfen sich die Freaks dann auf zwei
Mixen an “My Friendly Neighbour” machen, und
wen das nicht eiskalt erwischt und auf die Tanzfläche treibt, der hat einfach kein Herz und folglich auch keine Nachbarn. Bleepig verdreht, versponnen mit süßen Vocals und schnippischen
Tröten und dem Willen, immer wieder neu anzufangen. www.nrkmusic.com
BLEED ••••-•••••
NICK HOLDER - NO MORE DATING DJS
REMIX [NRK - ROUGHTRADE]
Ich mag diesen Track so gerne, dass ein, wenn
auch etwas schluffiger Housemix, mir verdammt
willkommen ist. Und gerade weil beide so verschieden sind, der Vocal Mix so klassisch und einfach vor sich hinbummelnd und der Dub Mix so
verschroben und verdichtet und natürlich auch
noch mit vielen Vocalparts, wird die Platte gleich
noch sympathischer.
BLEED •••••
POINT B - FICTIONARY EP [ORSON/003]
Stotternder Unfung mal wieder auf dem Label,
das für mich nach wie vor für eine Art von Elektro
steht, die eigentlich keine Ähnlichkeit hat mit
dem, was man sonst drunter versteht. 4 verwirrende, betörende Tracks mit sehr lässigem Flow
und vertrackten Sounds, die man sonst eher auf
einer Freaks EP finden würde. Resolut modern
und treibend mit einer extremen Vorliebe für wirre Sounds und Edits, ohne dabei den Funk der
Tracks zu zerstören. Killer.
BLEED •••••
TRANSPARENT SOUND - FREAKS FREQUENCY REMIXES [ORSON/002]
Velcrofastener, Point B und Saeff sorgen für die
Remixe aber ich muss sagen zumindest Velcrofastener, so sympathisch ich sie auch finde, kommen nicht ran. Der Point B Mix dafür ist aber so
verdaddelt und so ein böses loses Monster, dass
man das gerne entschuldigt. Soundwelten stürzen ein und fallen in Schaumstofftrümmern aus
der Fassade auf einen herab. Der Remix von Saeff
ist dann eher ein smooth gleitender digitaler Detroitelektrosound, der auf jeden Fall bestens zum
eigenwilligen Elektrosound der nächsten Generation passt, den das Label hat.
BLEED •••-•••••
BLACKSTROBE - THE CHEMICAL SWEET GIRL
[OUTPUT]
Eigentlich können Blackstrobe ja nix. Ihre Synthesizer Sounds sind immer wie frisch aus dem
Karton gepellt und auch ansonsten machen sie
eigenlich eher immer das gleiche, aber trotzdem
funktionierts fast immer prima. Aber bei “The
Chemical Sweet Girl” hat ihnen wohl irgendwer
gesagt, dass sie ein wenig mehr nach Depeche
Mode Grufti Combo klingen müssen, also schnell
umdrehen zum Dub. Aber wenn man diese Stimme einmal gehört hat, wird man sie auch da nicht
Europa gemacht hat, aufgeklaubt. Und der rappt
wie gewohnt flott und eher strange. Neila hat die
andere Seite bekommen und erzählt auf einem
violinigen Beat von Omid einen wohlüberlegten
Text in unaufgesetzt wirkender und daher sehr
angenehmer Art. Leider sind es nur Snippets.
www.subversiv-records.
CAYND ••••
WRITER’S BLOCK - EN ROUTE [UP
ABOVE/UPA1004-2 - PIAS/ROUGH TRADE]
Das mit dem Writer’s Block muss man nicht allzu
wörtlich nehmen, schließlich lässt sich ja auch
akustisch schreiben, was dieses Duo, das gewöhnlich bei den Visionaries rappt, namens Lord
Zen und Dannu ja schon seit MItte der 90er praktizieren. Auch die Route ist eine metaphorische
und keine räumliche, die beiden rappen in galantem Wechselspiel und verstehen es, vermutlich
durch jahrelange MC-Erfahrung, sich nicht
unnötig in den Vordergrund zu stemmen, sondern den Beats genügend Platz zu lassen, um
ihren Flow und die weisen Worte zu unterstützen. Produziert haben übrigens neben Key Kool
auch Mum’s the Word, Omid, DJ Rhettmatic u.a.,
die meisten Beats hören sich an wie aus einem
entfernten realistischen Traum und haben Westküsten-Charisma. Writer’s Block wissen, was für
sie wichtig ist, und ein wenig Wertvermittlung
und vor allem State-of-the-art-Reflexion kann
nur positiv sein, zumal das Ganze sehr flüssig und
gut klingt. www. upabove.com
CAYND •••••
DAS BO - BEST OF III ALLEINE
[YO MAMA - FOUR MUSIC]
Das arme Bo. Er hat Rap für uns bzw. für dich, und
es interessiert uns erstmal nicht wirklich, gerade
nach seinem glücklicherweise etwas untergegangenen Schwarz-Rot-Gold-Video zur ersten Maxi,
wir sind sogar übel voreingenommen und erwarten Ungutes. Das Bo war ja mal bei Der Tobi und
Das Bo sowie bei 5 Sterne Deluxe und ist offensichtlich Kiffer und HipHoper mit leicht clownigem Touch, an sich natürlich keine schlechte Sache. Das Album ist besser als erwartet, vor allem
wegen dem nur latenten Lustigkeitsfaktor und
der unspektakulären Redeweise des Bos. Er
spricht in Reimen, um sich auszudrücken, und das
kann man so oder so finden, jedenfalls klingt es
sehr gelassen.
CAYND •••
mehr los. Zum Glück gibts für alle Fundamentalisten den sehr lässig reduzierten, darken Lofi-Disco Trash von “The Abwehr Disco”. Dazu kann man
sich die Stiefel anspitzen und mit den Armen wedeln als wäre man eine B52. Und wir mögens
trotzdem, schliesslich ist es ja ein Kompliment an
die gute alte deutsche Derangierten-Disco.
www.outputrecordings.com
BLEED •-•••••
KENNY LARKIN - ANCIENT BEATS
[PEACEFROG - ROUGHTRADE]
Was um alles in der Welt lässt Kenny Larkin wieder auferstehen. Wir hätten ihn ja fast vergessen
und einfach als alten Helden beiseite gelegt. Dabei ist er umtriebig und macht ein ganzes neues
Album auf Peacefrog, von dem es hier schon mal
zwei Tracks gibt, die so verdammt kompakte USHousemusik sind, mit einem verdammt satten
Schuss Genialität, der in seiner Dichte irgendwie
höchstens noch von Carl Craig übertroffen wird.
Ancient Beats ist eine Ode an das Mischpult und
wie man damit verwachsen kann und “Seduce
Her” einer diese bleepigen Downtempotracks,
die jeden in dieses Atlantis zurückversetzen, das
Detroit manchmal war.
www.peacefrog.com
BLEED •••••
SAMUEL L - NOCTURNAL
[SLS/019 - INTERGROOVE]
Deep beginnt es zur Überraschung mal auf diesem Album von Samuel L Session, der sich hier
nur scheinbar ein Testament für Tribal-Techno auf
8 Tracks zusammenzimmert, denn letztendlich
geht es weit mehr auf eine galaktische Art und
Weise zu, als sich strikt den afrikanischen Ursprüngen zu widmen und wird, je weiter man
reinhört, immer smoother. Sehr vielseitig und,
egal wie hart, auch immer eine Platte, die mit jedem Track darauf aus ist, eine Tiefe wiederzufinden, die man lange genug in diesem Sound vermisst hat. Hier ist für all das Platz, was im Kannonenfutter der 12” so oft untergehen muss, und da
entdeckt man Samuel L auf einmal als smoothen
Roller oder heimlichen Jazzliebhaber mit Panzerfaust im Nacken. Überraschend melodiöse und
dichte Platte mit Tracks, die auch jedem Detroitliebhaber gefallen könnten und ab und an sogar
Housetracks für die späten Stunden loslässt, die
wirklich überzeugend sind.
BLEED •••••
ENVOY - SHOULDER 2 SHOULDER
[SOMA/147 - NEUTON]
Vom Album kommt hier einer der funkigsten Detroittrack, der irgendwie an eine leicht für England grade gebogene Variante von Fabrice Lig erinnert mit Vocals die natürlich an so etwas wie
Underworld erinnern müssen, weil sie ähnlich
weit im Hintergrund liegen aber durch das gleiche Megaphon geträllert wurden. Ich mag so einen Sound, weil er mindestens ebensoviel Popappeal hat wie Clubtradition vertritt, und weil man
solche Tracks nach nur einmal hören mitsingen
kann, was ja ab und an auch mal ganz nett ist, nur
das Saxophon stört doch enorm. Funk D`Void
macht dann eine richtige Funksau aus diesem
Stück, aber auch hier, Sax für Saxons. Hätte man
jeweils die ersten Hälften der Tracks genommen
und die etwas mehr ausgebreitet wären zwei
richtig sympathische Hits daraus geworden, so
muss man halt gut aufpassen, wann man rausmixt. www.somarecords.com
BLEED ••••
VECTOR LOVERS - ROBOTO ASHIDO EP
[SOMA/149 - NEUTON]
Irgendwie hatte man schon das Gefühl, dass auf
Soma eigentlich nur noch die klassischen Acts releasen und sich darüber hinaus nicht viel tut, sich
das Ganze also in einer Sicherheit bewegt, die
nur kurz wirklich Sicherheit vermittelt. Hier aber
endlich mal ein neuer Weg - und der heißt Tempo
reduzieren, Funk mit Elektro vermischen bis auch
der letzte Discofreund noch die Puschel auspackt
und dazu mit den Hüften eiert, aber natürlich dabei ein gutes und dichtes analoges Flavour verbreiten, sonst wäre es auch nicht Soma. Irgendwie hat man bei den vir Tracks immer das Gefühl,
die Melodien und Harmonien zu kennen, nur
eben nicht so blumig und flirrend. Auf der Rückseite kommen dann die beiden Downtempotracks, die auch Elektronica Headz mal bei Soma
reinschnuppern lassen dürften. Überraschend
und sehr willkommen.www.somarecords.com
BLEED ••••-•••••
LIL MARK - FEEL THE RHYTHM EP [TOM BONE VIBRATING MUSIC/003 - WORDANDSOUND]
Auch die Dritte rockt, klar, was sollte Lil Mark
denn auch sonst tun. Und auch hier finden wir
wieder alles, was man an ihm so liebt. Kleinteilig
minimale Samples, steppende Beats, die eine
grosse Bassline verheißen und sehr melodisch
sind, ohne dabei irgendwie breiig zu wirken.
Tracks, die so fett sind und dabei dennoch in den
hintersten Ecken kleine Soundüberraschungen
liefern, dass man sich völlig von der Bassline den
Kopf verdrehen lässt. Ein Hit jagt den nächsten.
Drei sind es. Und dreimal dürfte eigentlich jeder
bis zur Erschöpfung durchhüpfen. Killer.
BLEED •••••
!!! - PARDONMYFREEDOM
[TOUCH AND GO/259 - ROUGHTRADE]
Die Platte von !!! hier ist wohl eine Touch and Go
/ Warp Koproduktion und featured neben “Par-
UK
• = NEIN / ••••• = JA
donmyfreedom” auch den Gassenhauer “Shitscheissemerde” auf der Rückseite und einen Maurice
Fulton Remix. Irgendwie ist die relativ organische
Art von Elektrorock mit gutem Oldschoolgewissen, die diese Jungs hier mit zunehmender Selbstextase machen, schon ziemlicher Boyism par Excellence, der auf mich, da ich gegen düsteren
Schreierenthusiasmus so ziemlich immun bin,
nur wirkt, wenn die Tracks smoother werden und
die Vocals eher geflüstert. Dann aber finde ich irgendwie Two Lone Swordsmen dennoch funkiger
und dreckiger. Der Maurice Fulton Remix aber
rockt. Lang lebe die Power von Mu!
www.warprecords.com
BLEED •••-•••••
auf frankophil und rockt mit französischem Geflüster, Quietschsounds und schrägen Synthiemelodien quer durch die wunderbare Welt der
Betäubungsmittel. So albern wie mitreißend.
Clochard-Chansons und clappende Disco-Pirouetten können sie auch, wie sie auf den nächsten
Tracks beweisen, bevor sie noch einmal in die
weite Welt der der etwas düstereren wavigen
Verstrahlung hinabsteigen (und die ausgehusteten Vocals könnten dabei auch von Tricky kommen). Immer wieder skurril immer wieder gut. Ein
Video gibt es dazu auch:
www.u-freqs.com/trounoir/trounoir.htm
SVEN.VT •••••-••••
auch noch die typischere Techhousevariante mit
leichtem Tranceeinschlag und dem großen Ravegespenst einer Bassline, das hier irgendwie den
Dreh Richtung Funk noch hinbekommt, aber dennoch durch die Rillen sickert wie ein glibbernder,
umgekippter Nano-Teer Laster. Percussiver dann
die “Body Slam” Rückseite, die auf jeder Oldschoolreminiszenzparty das ein oder andere
Stirnrunzeln erzeugen dürfte, weil man es zwischen Detroit und New York einfach nicht einzuordnen weiß, bis einem der Geistesblitz kommt:
Ja, Ibiza! Ein wenig Macho, aber nicht übel.
www.underwaterrecords.com
BLEED •••-••••
GREG CHURCHILL - BUDONKADONK / BODY
SLAM [UNDERWATER RECORDS - PUBLIC
PROPAGANDA]
Darren Emersons Label macht neben Gus Gus
DIGITEK - CLIPPER RIPPER
[ZEBRA TRAFFIC /021 - PP SALES]
Neben seinen Tätigkeiten bei diversen Drum and
Bass-Nächten in UK hat sich der MC Junior Red
UFO!! - LE GRAND BOOFANT’S TROU NOIR
[U-FREQS /011 - INTERGROOVE]
Der Irrsinn geht weiter. Die U-Freqs-Posse macht
AMERIKA
• = NEIN / ••••• = JA
TECHNOBRAT - BRAKS OF DEATH EP
[ASCEND/018 - NEUTON]
Naja. Weiß nicht genau, warum Mateo Murphy
und Preach hier so Looptechnotracks basteln
müssen, wir dachten, die Zeit wäre endgültig vorbei, aber auf jeden Fall dieser völlig die Sequenzen überziehende und hyperaktiv sprudelnde B2
“Original Mix” ist eine ganz andere Erinnerung
wert. Auf der A-Seite gibt es einen Trancemix,
den kein Mensch braucht, und 2 überflüssige DJ
Tools.
BLEED •-••••
trotzdem irgendwie ein Klassiker, denn hier geht
es vor allem um eine sehr einfache Synthesizersequenz, die locker und betörend sanft durch das
Stereoparameter plockert. Und die Beats dazu
müssen nur noch diesem zwingend trudelnden
Glück entsprechen und schon würden die Ohren
am liebsten einen Sturzflug in die Speaker testen.
Zeitlose Tiefe in Perfektion, die so deep wird, dass
man es kaum noch aushält. Magisch.
BLEED •••••
CANNIBAL COOKING CLUB - REST IN PIECES
[CHAN’N’MIKES/009 - POSSIBLE]
Klar, noch eine von denen. Das ist schon die dritte Platte dieser Kids (Lex Patternson aka Hydro
und Yastin Byrd aka Error), aber für Chan’n’Mikes
haben sie wohl ihre eher albernen (nicht, dass das
hier nicht auch ganz schön wummern würde)
Tracks auf Floppy gezogen und rübergeschickt zu
den Brothers in Crime bei Chan’n’Mikes. Richtig
bleepig wird es da ab und an, und sogar Funk
bleibt nicht vor ihnen verschont und, ja, die Verzerrer braten alles nicht ganz so platt wie auf den
beiden Releases ihres eigenen Labels, so dass
man hierzu sogar einige Freunde des absurderen
Dancefloors der Videogamemusikanten bewegen könnte. Lieben werden die das. Sehr abenteuerlich amüsant klimpernd ballerndes Release.
Love it, oder zip dich weg.
www.chan-n-mikes.com
BLEED •••••
SMITH & SELWAY - ILLUSION
[CSM RECORDS/009 - COMPLETE]
Völliger Ausnahmetrack dieses Stück, das die beiden hier gleich in zwei Versionen abfeiern, und
V.A. - POST DETROIT TECHNO
[END TO END/011]
Nevmega, Mike Grant, ADT und Erotek stellen
hier vor, was sie sich unter Detroit Techno heute
vorstellen und das kann einen stellenweise schon
überraschen, denn hier geht es mitunter sehr
schnell und dennoch ultratransparent zu. Wie
z.B. auf dem Track von Nevmega, der klingt wie
ein Highspeed UR Sound in digital. Mike Grant
lässt die Sequenzen alles sein und rollt auf “Driving While Black” mitten in die Erinnerungen dieser Highwayerfahrung mit der ersten Autobahn.
ADT’s “The Power” ist ein extrem emotionaler,
hymnischer Track, in dem selbst eine indische
Flöte wirkt wie ein Synthesizer und zum Abschluss gibt es einen funkigen Tribaltrack mit stechendem Sound, der perfekt alles dem Groove
unterordnet, aber aus ihm heraus seine Sequenzen zupacken lässt.
www.e2erecords.com
BLEED •••••
PIRANHA HEAD PRESENTS: SOULCHESTRA EMOTIONAL EXPRESSION
[MOODS AND GROOVES/027]
Sehr sweete 70er Jahre Jazz-Housetracks mit
deepen Grooves und gesprochenen Vocals, die
DRUM AND BASS
• = NEIN / ••••• = JA
CAUSE4CONCERN - SEAWOLF/PARANORMAL [CAUSE4CONCERN RECORDS]
Der Titel sagt es schon deutlich, Cause4Concern
brettern und lassen einen keine Sekunde stillstehen auf diesem mit Dubvocals durchzogenen Gewittertrack der böse ravenden Art. Auf der Rückseite eher ein Flugzeugträgermonstertrack in
sehr schön rollender Deepness und aufgeheizt
mit den ein oder anderen Amenbreak. Massiv.
BLEED ••••-•••••
AMIT - VILLAGE FOLK / LOST VOICES [COMMERCIAL SUICIDE/017 - GROOVEATTACK]
Etwas zu Ethno, obwohl ich ja verstehe, dass es
eher nett gemeint ist, aber dieser Säuselgesang
macht einen dann doch fertig. Es sei denn, man
studiert vergleichende Kulturwissenschaften. Da
hilft auch keine scharfe Bassline, die versucht diese Arabesken nachzumodellieren. Die Kinder
bleiben im Dorf. Die Rückseite gefällt mir logischerweise besser, auch wenn es einfacher leicht
gespenstischer Congrarollersound ist.
BLEED •••-••••
CHRIS SU & TACTILE - UNDERCOVER DUB /
PARADISE [COMMERCIAL SUICIDE/018 GROOVEATTACK]
Ihr ahnt schon, dass die neue Commercial Suicide
sehr smooth und voller Congas ist, ein wenig
trancig im Hintergrund, aber dennoch soulig und
deep. Eine Hymne hätte man früher gesagt, vielleicht ist ja wieder Zeit für genau diesen Sound.
Breit und elegisch, aber dennoch mit Amen. Die
rockendere Rückseite klingt fast so, als würde irgendwo ein Tanker landen, aber kommt dennoch
von weit unten.
BLEED •••••
BREAKAGE / ALIAS - PLUM FAIRY / ADMIT TO
LOVE [CRITICAL/012 - S.T. HOLDINGS]
Critical mausert sich in Windeseile zu einem der
progressivsten Label im Business. Labelhead DJ
Kasra lässt nämlich nicht locker und bringt auf
seiner Nummer 12 gleich zwei heiße Eisen ins
Spiel: Breakage und DJ Flight. Ersterer beglückt
zunächst die Freunde der Vocals. Zu Sphären, die
selbst im Darkside-Loch noch Open-Air-Feeling
aufkommen lassen, arbeiten insbesondere die
tighten HiHats und der treibende Subbass die
Crowd ins Schwerelose. Zusammen nennen sich
eine ganz andere Geschichte erzählen. Eigenwillig in der Art mit dieser Form von sehr optimistisch melancholischem Sound etwas zu sagen,
was verdammt dunkel wirkt. Kein Wunder, wenn
der Track “Poem For A Lost One” heißt. Sehr filigrane Beats und Harmonien, die einen eiskalt erwischen, dabei aber unglaublich relaxt. Noch musikalischer, denn das Ganze ist ein Projekt rings
um den Keyboarder Piranha Head, die Rückseite,
“Sunday Morning’s Brand New Kiss”, die einen
sogar aus den weichesten Kissen noch dazu
bringt, die Sonne anzublinzeln und sich mit ihr zu
verbrüdern.
www.moodsandgrooves.com
BLEED •••••
JOHN CONSEMULDER - REWIND TO START
[MOODS AND GROOVES/029]
Extrem gedämpfte und dichte Housemusik auch
auf der neuen Consemulder, der erst mal mit einem Remix vom neuen Labelpartner Piranha
Head gekürt wird und damit so fluffig und außerirdisch weich rüberkommt, als wären die Speaker
aus Watte und hätten dennoch dieses zwingende, was nur die Emotionalität des Tracks sein
kann. Der Main Mix ist wesentlich straighter und
rollt mit dunkleren Raubkatzenbasslines und erzeugt so eine Stimmung, die einem die Vocals,
die sich fragen, ob er sie immer noch liebt, perfekt illustrieren in ihrer Mischung aus Verzweiflung und Wissen um das eigene Gefühl. Das Dubapella stellt die Vocals dann nur noch neben die
Orgel, was ganz schön unter die Haut gehen
kann. Moods and Grooves ist und bleibt Amerikas bestes Deephouselabel.
www.moodsandgrooves.com
BLEED •••••
die Beiden dann Alias und machen gleich da weiter. Insbesondere die unzähligen Soundspielereien, zeigen höchste Produzentenschule. Damit
schafft Critical weiterhin den Spagat zwischen
Deepness und Dancefloor, wie es sonst fast nur
auf Soul:R in dieser Konsequenz geboten wird.
M.PATH.IQ •••••
DJ GREGORY - THE JOBURG THEME [FAYA
COMBO - WORD AND SOUND]
DJ Gregory macht da weiter, wo er mit seinen
letzten Releases aufgehört hat. Trademark-Beats,
schiebende Percussions und ein Gitarrenlick zum
Steine schmelzen. Das Ganze in epischer Breite
und mit Hände-in-Luft-Break. Die Dub-Version
auf der B-Seite variiert das Thema dann nochmal
ein wenig euphorischer. Solide.
SVEN.VT •••-••••
KABUKI - LOVELINES V.I.P./ IN THE MOOD
[HARD:EDGED/014 - GROOVEATTACK]
Ja der Kabuki, der weiß, wie man die Beats so richtig liquid moved und dabei zwei houseverliebte
Killertracks aus den Synthies schüttelt (wenn er
denn welche benutzt). Lovelines V.I.P steppt son-
dem Ragga verschrieben. Im Bunde mit den Produzenten Pablo und Warwick, sowie MC Buzz
und DJ Iye-95 wurde also flugs Digitek gegründet.
Und ehe uns aus Brighton ein ganzes Album ereilt, werfen sie schon mal einen bassiven Blick
gen Charts. Sägezahnbass, Streicher, Scratches,
Samples (z.B. der allen Junglists bekannte Lighter) und minimale HipHop-Arrangements lassen
genug Platz für Mikrophoneskapaden.
www.zebratraffic.co.uk
M.PATH.IQ •••
TWO LONE SWORDSMEN - FAUX
[WARP - ROUGHTRADE]
Ich glaube diese 3-Track-EP mit Stücken vom Album ist eigentlich nicht wirklich ein Release. Jedenfalls hat sie nur die LP-Katalognummer im
Vinyl. Vielleicht ist es auch ein Drittelalbum?
Egal. Hätte nicht gedacht, dass mir diese Tracks
BRAD PETERSON - EXERPT FROM A DEEP
SOUL`S DIARY
[MOODS AND GROOVES/030]
Ja, ich weiß, ihr könnt es langsam nicht mehr
hören, dass jede Platte deeper als die nächste
sein soll, aber was können wir dafür. “Deepness Is
A Way Of Life” sagt diese EP gleich ganz zu erst und dem ist so. Einfache, dichte Beats und Melodien, die so elegisch dahindriften, dass man kaum
noch einen Halt vermutet, der außerhalb dieser
Musik liegen könnte, aber die vier Tracks sind
nicht nur melancholisch in sich selbst versunken,
sondern können wie z.B. auf “Melodies Of Mass
Sync” auch ganz schön von den Basslines in
glücklichere Höhen geschoben werden. Musik
für alle, die ruhige, melodische Housemusik mögen, auf der auch schon mal ein Solo passt, das
nicht zu sehr davon zeugt, dass jemand gelernt
hat, mit den Tasten umzugehen, sondern eine Art
Verliebtheit für die Tasten entwickelt hat.
www.moodsandgrooves.com
BLEED •••••
JOHN TEJADA & JUSTIN MAXWELL - HIGHER
[PALETTE RECORDINGS/029 - WORDANDSOUND]
Brilliante, schnurrende Monsterkatze diese Platte von Tejada mit Maxwell. “Higher” lässt genüsslich diese Spannung zwischen den extrem gurrenden Basslines und den komprimiert zerschnittenen, platten Vocals an uns aus, und wir könnten
nichts mehr sein als dankbar bis in die letzte Faser, denn das kickt so strange und so satt, dass
man keinen Takt davon missen möchte. Auf der
Rückseite dann zwei Tracks rings um die Überraschungen, die einem die Harddisc (Pleasent/Unpleasent) liefert und das in bestem, schiebenden
Tejadagroove mit Sounds, die noch abstrakter
nig und mit schönsten Soulvocals los, täuscht
kurz mal einen Ravetrack an und rollt endlos
Richtung Swerve weiter. Fabio bitte melden. In
the Mood setzt noch mehr auf euphorische Pianochords und wirbelt mit einer wobbelnden Bassline und dezent rockenden Congas so ungezwungen über den Dancefloor, dass man sich
fragt, warum Kabuki eigentlich im kontinentalen
Breaks-Business immer noch ein Geheimtipp ist.
Killer-EP. www.hardedegd.de
SVEN.VT •••••
ICARUS - I TWEET THE BIRDY ELECTRIC
[LEAF - HOUSEMUSIK]
Mit ihrem neuesten Album sind Icarus bei Leaf
gelandet und hoffentlich verschafft ihnen das
endlich die verdiente Publicity “I Tweet The Birdy
Electric” ist das Ergebnis von improvisierten
Strukturen, Sound Proccesing und fragmentarischen Bezügen zur Avantgarde. Los geht’s mit einem fast typischen Icarus Track, der sich über
nette Piano Samples, Beats hin zum Mashup steigert. Als nächstes wird mal eben ein Klavier gecheckt. “Three False Starts” ist danach mit 13 Minuten der längste der 11 Tracks. Lose bewegt sich
so gefallen würden, denn allein “Faux” mit seinen
Prähistorischen Artschooldrums und den nuscheligen Vocals die wie hinten in den Track geschweißt wirken, ist ein solcher Killer, dass Indiediscos noch in den nächsten 20 Jahren wünschen
werden, sie hätten diese Platte. Dark und wie ein
Timewarp, aber dennoch so frisch, dass es einem
kalt den Rücken runterlaufen kann. “Sick When
We Kiss” auf der Rückseite ist dann mehr solider
Elektrosound für alle, die mit einem Dopplereffekt ins Bett gehen und mit Dem Zyklus aufwachen, aber irgendwie einen Hauch mehr Pop zum
Aufstehen brauchen. Der letzte Track rockt bis in
die hinterste Ecke der Garage, fehlt nur noch dass
Mark E. Smith auf der nächsten TLS die Vocals
übernimmt.
www.warprecords.com
BLEED •••••
H FOUNDATION - SO FINE REMIXES
[SOMA/143 - NEUTON]
Nicht dass ich behaupten würde, dass der schwül
knorpelige Housesound von Hipp-E irgendwie
völlig überzeugend wäre, dafür sind die Delays
einfach einen Hauch zu glatt und die Beats dann
doch nicht flirrend genug, aber als Tool allemal
ein Track, der ein wenig Ruhe in den Dancefloor
bringt, die beiden Mixe von Jay allerdings gehen
weiter und hüllen einen mit ihren Akkorden sofort ein, nur um die Sequenzen dann langsam wie
kleine Spitzen aus dem dunklen Vocal herauspieksen zu lassen und dabei trotzdem, vor allem
auf dem Extrabassmix nicht nur elegant sondern,
auch kickend deep zu bleiben.
www.somarecords.com
BLEED ••••-•••••
sind als man es von seinen Kollaborationen mit
Leviste gewohnt ist.
www.paletterecordings.com
BLEED •••••
dem irgendwie sehr drogig verdreht. Auf der
Rückseite kommen dann die Remixe von Adam
Jay, der das Ganze etwas konventioneller mit
mehr Melodie und Beats verkauft, aber dennoch
dabei flacher wirkt und ein extrem prozessierter
Mix von Dietrich Schönemann, der dem Orginal
absolut gerecht wird und es in eine noch strangere, aber dennoch ebenso klare Welt überführt.
BLEED •••••-•••
COZMIC SPORE - ARTIFICAL INTELLIGENCE
EP [SEISMIC/019 - NEUTON]
Techno, wie er in jedem guten Geschichtsbuch
immer als das verkauft wird, was typischerweise
Jeff Mills so auflegen dürfte, und das tut er bestimmt auch ab und an, denn hier ist genau diese
Mischung aus überladenen Hihats, die so viel Action machen, obwohl lapidar und einer gut eingängigen Melodie in der Hauptsequenz sowie relativ gut den Raum aufmachenden Percussionsounds. Leider nur auf “Creation” und der Rest ist so
düster Kellerkindertechno, der beliebiger nicht
sein könnte.
BLEED ••••-•
DIETRICH SCHOENEMANN - 7
[STAMP/007 - COMPLETE]
Irgendwie wirkt diese Art von Tribalsound und
metallisch-technoider Reduktion etwas bedrückend auf die Dauer und man fühlt sich wie in
einem Albtraum, der nie enden wird, dazu
bräuchte es nicht mal diese nöligen Alarmsirenen
überall. Sehr böser Trip das, und auch nur als solcher zu hören.
BLEED •••
CASINO VERSUS JAPAN / FREESCHA - SPLIT
[WOBBLYHEAD/13 - IMPORT]
Absolute Traum-Kombination, wenn ihr mich
fragt. Freescha kommen mit vier frischen Tracks
und gleich zu Beginn mache ich einen Luftsprung,
denn hier stimmt alles. Weit und dicht, mit diesen
wahnsinnigen Basslines, dem irriterenden Leiern
in den Tracks und dieser Zurückgezogenheit, die
man sich eigentlich nur in Leuttürmen aneignen
kann. Ob es die da gibt? Casino versus Japan lässt es friedlich angehen, nimmt diese Idee der Einsamkeit in seinen Tracks auf, verschiebt die Harmonien wie seine Kumpels und dreht dann den
Hall auf. Ich denke wieder an Hawaii und Zeitlupensurfer und: Es geht mir gut.
www.wobblyhead.com
THADDI ••••
TONY ROHR - BAILE CONMINGO REMIXES
[TORA TORA TORA/007 - COMPLETE]
Sehr lässige minimale Sounds auf den Remixen
und dem Orginal, das wirkt wie ein Track, von
dem eigentlich Richie Hawtin nachts träumen
muss. Klar und technoid, funky dabei und dennoch völlig gradlinig, ultra nüchtern und trotz-
“I Tweet The Birdy Electric” zwischen micro Sounds, Far East Geklimper, Ambient, Glitch Breaks
und Fragen an Komposition und Arrangement.
Teilweise erinnert mich manches an Pharao Saunders oder Herbie HancockŒs Sextant LP. Ein sehr
komplex spannendes Album.
/www.icarus.nu
ORSON •••••
IL LOGIC & DJ RAF - MUSIC LOUNG VOL.2
[EBONY/031 - GROOVE ATTACK]
Zwei extrem deepe Nummern auf Shy/Fx’s Label,
die die warmen Deephouse-Vibes in den Vordergrund rücken. Vor allem “Come on” ist ein perfekter Track, der so schwelgersich vor sich hin
groovt, dass man allein für ihn Drum and Bass Afterhours erfinden müsste. Ganz, ganz großer
Track auf einer ganz, ganz großen EP.
SVEN.VT •••••
HIGH CONTRAST - TWILIGHTS LAST GLEAMING [HOSPITAL/073 - ROUGH TRADE]
Das Wunderkind mit neuen Tracks, die wieder so
butterweich und euphorisch mit so viel unbedarft gut gelaunten Harmonien, Gitarrenlicks
und jauchzenden Jubelvocals daherkommen, wie
es nur er schafft. An was erinnert mich die Melodie bloß? A neverending high for real. High Contrast umarmt die Welt und wir machen mit.
SVEN.VT •••••
POLSKA - SABBATICAL/SWEPT [INPERSPECTIVE/10 - GROOVE ATTACK]
Dank Inperspective gibt’s jetzt endlich auch mal
Polska auf Vinyl, der mit “Sabbatical” einige überraschen dürfte. Super swingende, fast Garage
ähnliche Beats und minimal Bassline mit ein paar
Sounds reichen hier vollkommen aus, Lemon D
hätte so etwas in seinen besten Zeiten produziert. Polska hat mich, als ich “Sabbatical” das erste mal vor einiger Zeit in einem Set von Chris Inperspective gehört habe, auf’s Neue für Drum &
Bass begeistert. “Swept” find ich mit seinen
Strings und Vocals ist nicht ganz so radikal und
spannend. Ach ja, zwei nette Downtempo Stücke
gibt es auch noch.
www.inperspectiverecords.com
ORSON •••••
• = NEIN / ••••• = JA
JAY JAY & MARK C - BETTER DAYS / BEEHIVES
[LPLATE/2122]
Erstaunlich, dass es so ein brummender Monsterbasstrack irgendwie dann doch schafft, richtig
soulig und wie eine Oldschoolhousenummer zu
wirken, und das allein durch das relaxte Vocal:
“People were dancing...” Indeed, und das werden
sie wohl hiermit nie aufhören, denn die Basslines
geht ständig in den Sturzflug aber die Tiefe bleibt.
Auf der Rückseite ein etwas albernerer Steppertrack mit sehr viel Phaseraction und einem schönen oldschoolig verdrehten Stringeinsatz. Fein.
BLEED •••••-••••
BAD COMPANY UK - BELLINI / TRUE ROMANCE [METALHEADZ PLATINUM /001 - GROOVE
ATTACK]
Zwei deep fräsende Tracks von Bad Company UK,
die einmal mehr zeigen, was die Jungs ohne Fresh
im Stande sind zu leisten. Kein sicheres Rewindfutter, sondern zwei tief in schwebender Stimmung grabende Tracks, die genau im richtigen
Moment die Fräse rausholen und gleichzeitig
endlos weiter grooven. Sehr guter Einstieg für
Goldies Luxusoutlet.
SVEN.VT •••••
BUCH
• = NEIN / ••••• = JA
JÖRG SUNDERMEIER - DER LETZTE LINKE
STUDENT [ALIBRI]
Wie verwurschteln sich Antiamerikanismus,
Halbwissen und WG-Plena zum verqueren Weltbild? Warum verstehen gutmenschelnde Studentenlinke die SM-Spielchen ihrer Kommilitoninnen nicht? Was kommt raus, wenn Studenten, die
Transpi sagen, aber Revolution meinen, zu lange
nachdenken? Wieso gehört der Wunsch, die plan
gepflasterten Fußgängerzonen der BRD-Kindheit
gegen die Hundekloplatten von Berlin-Friedrichshain einzutauschen, in fast jeden linken
Studentenlebenslauf? So zumindest lauten einige Fragen, deren unaufdringliches Aufwerfen einem der letzten linken Politbranchen-Kenner
Berlins obliegt: Jörg Sundermeier. Sein fälliges
Coming Out als Schriftsteller erzählt die exemplarische Geschichte einer aussterbenden Spezies: die Lebenswelt des letzten linken Studenten. Der ostwestfälische Wahlberliner, Jungle
World- und Taz-Vielschreiber Sundermeier, der
ansonsten mit Kompagnon Werner Labisch den
Verbrecher-Verlag (http://www.verbrecherei.de)
betreibt, wirft sein investigatives Insiderwissen
linker Zusammenhänge in die Wagschale, um die
polit- und sozialpsychologischen Schamgrenzen
des letzten linken Studenten humoresk auszuleuchten. Ein Trauerspiel, ein Lehrstück, eine Satire. Oder eine klammheimliche Anklage? Was
hier zunächst als augenzwinkernde Neubearbeitung Sundermeiers gleichnamiger Jungle WorldKolumne daherkommt, ist vor allem eines nicht:
ein selbstbestätigendes Schenkelklopfen der
"Wir sind die Guten"-Linke, die sich mit dem "letzen linken Studenten" ihr klischiertes Selbstportrait aufpoliert. Dieser Kolumnenkompilation
geht es vielmehr um das Nachzeichnen des Lebensgefühls derer, für die LinksSEIN nicht nur
großgeschrieben, sondern eine lebensphilosophisch antimoderne Lebensform darstellt: links
als wertkonservative Über-Ich-Matrix selbstkasteiungswilliger Deutschländer. Sein minoritäres
Einzelkämpferbewusstsein teilt der letzte linke
Student zwar mit vielen anderen letzten linken
Studenten, in Uniseminar und Asta-Plenum fühlt
er sich aber allein gelassen. Also bastelt er im Stillen an seiner eigenen Weltsicht, deren linker Gehalt sich stetig dem Fettgehalt eines Diätjoghurtbechers annähert. Aber das weiß der letzte linke
Student nicht. Lesenswert, lehrreich, links. Preis:
14 EUR www.alibri.de
SK •••••
GAMES
• = NEIN / ••••• = JA
R:RACING EVOLUTION [GAMECUBE - NAMCO, EA]
Namco beschert uns heuer ein neues Rennspiel
des Ridge-Racer-Teams, was, soviel sei schon verraten, eigentlich nicht sonderlich der Rede Wert
wäre, wenn es nicht als R:Racing zweimal überragende Beilage das anderswo besprochenen Pac
Man Vs mit in der Verpackung hätte. Der Raser
versucht die Komplettbedienung mit klassischen
Straßenrennen, Rallyparcoursen oder DragautoDuellen, allesamt sehr nett und in diversen Modi
spielbar, aber zu viele Styles verderben bekanntlich manchmal den Brei. Es braucht keinen Rennspielexperten, um zu erkennen, dass hier König
Durchschnitt regiert. Auffallend sind allein die
schmucke Menüpräsentation und die mehr als
sweete Heldin des Kampagnenmodus, Hayami.
Mit ihr versuchen wie den Aufstieg von der Rettungssanitäterin zur Queen aller Rennstrecken.
Unser Teamchef seiert uns dabei während aller
Wettläufe ständig neoliberale Anrufungen ins
Ohr. Mit "R:Racing" verfehlt Namco den Sprung
aufs Treppchen mit locker zwei Runden Rückstand hinter der Konkurrenz, aber dabei sein ist ja
bekanntlich alles.
BUB •••
als Multiplayer-Gala umzusetzen, erscheint von
der Idee her zunächst vielleicht abwegig. Nach einem Probelauf mit dem irre guten Ergebnis fragt
man sich, wieso es wieder mal einen Miyamoto
braucht, um auf solch eine Idee zu kommen. Die
Regeln lauten folgendermaßen: Eine Person kontrolliert den ersten Popstar der Videospielgeschichte (der wie manchmal vermutet eben nicht
Lara Croft heißt) mit dem gelinkten GameBoy
Advance. Ein bis drei Buddies gehen am Gamecube rückgekoppelt als knuffige Geister auf die
Jagd. Jeder von ihnen sieht per Splitscreen nur
den unmittelbar um die Figur herum liegenden
Teil der sechs wählbaren Labyrinthe auf dem
Fernsehschirm, während Pac Man die klassische
Tutti-Übersicht auf dem GBA innehat. Fängt jemand der Geister den Schnuffel, darf er die nächste Runde selber Pac Man sein und versuchen,
das Labyrinth voller Pillen abzuräumen. Wer vor
den anderen eine gewählte Punktzahl erreicht, ist
der Sieger der Partie. Einfach und genial, denn
Pac Man Vs. bindet als erster Titel die Verbindung
der beiden Nintendo Geräte konstitutiv und sinnvoll ins Gameplay ein und nutzt den Link-Up
nicht primär nur als Marketinginstrument mit
dem Ziele, sich des weiterhin mehr als amtlichen
Erfolgs des Gameboys zu bedienen, um einige
Cubes mehr zu veräußern. Das Spiel beweist
noch etwas: So sehr Netzwerkduelle auch spielerisch einen Step nach vorn bedeuten; der direkter
kickende Spaß einer gemeinsamen Runde vor nur
einem Bildschirm ist, zumindest was den Partyfaktor anbelangt, kaum zu toppen. Leider besitzt die Sache einen für mich unverständlichen
Haken: Das Game gibt es nicht einzeln zu erstehen, sondern liegt aktuell nur dem doch sehr mediokren Rennspiel "R:Racing" als Goodie bei. Unter welchen Prämissen trifft Nintendo eigentlich
solche nebulösen strategischen Entscheidungen? Kommt ja derzeit nicht gerade zum ersten
Mal vor. Euch bleibt also nur die folgende Wahl:
Entweder in den sauren Full-Price-Apfel beißen
oder abwarten, Pizza essen und irgendwann gebraucht an Land ziehen.
BUB •••••
FINAL FANTASY - CRYSTAL CHRONICLES
[GAMECUBE - SQUARE-ENYX, NINTENDO]
Nach jahrelanger Abstinenz der Final-FantasyReihe, die seinerzeit mit einem Machtkampf zwischen den Partriarchen von Square und Nintendo
begann, ist mit der kristallinen Chronik das wohl
populärste Japanische Rollenspiel-Universum
endgültig wieder auf die Nintendo-Hardware
zurückgekehrt. Den Vorwurf der allzu großen Linearität, der sich die letzten Teile auf der PS2
trotz der großartigen Detailverliebtheit nicht
entziehen konnten und die Fan-Gemeinde spaltete, entgeht der Gamecube-Teil dadurch, dass
die einzelnen Level quasi nach Gutdünken ausgewählt werden dürfen. Dieser Aspekt relativiert
sich jedoch angesichts der sukzessive steigenden
Schwierigkeit. Zur Story: Die ganze Welt ist von
Miasma, einer giftigen, gasförmigen Substanz,
überzogen. Allein Kristalle helfen und ein jedes
Dorf hat seinen eigenen. So auch unser Heimatdorf. Um den Miasmaschutz auch auf Dauer aufrecht zu erhalten, muss jedes Jahr ein Gefäß voll
Myrrhetau eingesammelt werden, was Karawanen übernehmen; wir übernehmen diese Aufgabe für unser Heimatdorf, soviel ist klar, und reisen
fortan pro Jahr an drei verschiedene Orte (= Dungeons) auf der großen Karte, um an Myrrhetau zu
kommen. Als Reisebegleiter haben wir natürlich
eine Miniaturversion des Kristalls dabei. Außerdem begleitet uns ein wuscheliges Pelzwesen
und trägt den Schutzschild für uns. Die erste Person plural ist bei FFCC übrigens gar nicht so
falsch, vorausgesetzt wir alle besitzen einen Gameboy Advance mit Linkkabel. Hinter dieser hohen Schwelle liegt nämlich das MultiplayerGlück, sich zu viert um Ausrüstungsgegenstände
und Marschrichtung kabbeln zu dürfen, sich zuzurufen, welcher der grafisch imposanten Spells
nun gerade gegen das Monster hilft oder wer nun
gerade den Kristall tragen darf (wohl der undankbarste Job) und so im Endeffekt ein liebevoll inszeniertes Abenteuer gemeinsam zu bestehen.
Ohne mindestens 2 Gameboy Advance samt Kabel gibt es aber gar keinen Mehrspieler-Modus,
was das Spiel zwar nicht schlechter macht, aber
Nintendos Verkaufspolitik an dieser Stelle stark
kritisierenswert: Schließlich haben viele schon
viel Geld in 4 Controller investiert, um miteinander vor dem Cube spielen zu dürfen, nun sind also auch noch Gameboys fällig?! Aufgrund des
knuddeligen Charmes der Welt und ihrer Detailverliebtheit lässt einen aber auch das EinspielerAbenteuer - wenn man sich erst drauf eingelassen hat - so schnell nicht mehr los und daher müssen wir auch ob der großen Sauerei gnädig bleiben: Final Fantasy Cristal Chronicles ist ein schönes Spiel. Trotz gelinder Simplizitätsvorwürfe
und dem fahlen Nachgeschmack wegen der Multiplayer-Hürden: Grafik, Charaktere, Musik und
Sound sowie Übersetzung und Setting lassen einen schon bald nicht mehr los und so folgt Dungeon auf Dungeon, Jahr auf Jahr und mehr und
mehr strudelt sich das Spiel dem Ende entgegen
... Bei soviel Charme muss man sich auch fragen,
ob vielleicht Nintendos Rechnung doch aufgeht
und zu Weihnachten der eine oder andere Gameboy Advance für die Liebsten fällig wird, weil wir
dieses Spiel so gerne miteinander teilen wollen!?
Verständlich wär's.
BOB ••••-•••••
PAC MAN VS. [GAMECUBE - NAMCO, NINTENDO, EA]
Don't call it a comeback: Den gelben Pizzamampf
CALIBRE - P.U.R
[REVOLVE:R /004 - GROOVE ATTACK]
Calibre zeigt die Zähne. Was für ein Tune. Dunkel,
böse und mächtig, ohne dabei die Rockwalze anzuschmeißen. Dafür holt er das bassigste Nebelhorn raus, seit es Ravesignale gibt und navigiert
einen damit direkt auf den Floor. Perfekt. Die Flipside kann da nicht ganz mithalten, mit ihren Arcade-Bleeps und Old-School-Charme. Trotzdem
wieder eine Killer-EP vom Mann aus Wales.
SVEN.VT •••••-••••
SONIC & SILVER - THE RUSSIAN / CRASH MASTER [SCIENCE FICTION/006]
Eine Platte, die mich merkwürdigerweise an
frühe Krust Platten erinnert, in den Breaks natürlich etwas weniger steppend und ein wenig mehr
in die Knie gehend, aber dennoch. Klassischer Sound irgendwie, den Sonic & SIlver dafür aber
natürlich in Perfektion abliefern und sehr lässig
rocken lassen, als hätten sie schon mal für ihre Virus LP geprobt. Für die Freunde des leicht shuffelnden Amenbreaks dann die Rückseite, die
moscht ohne Ende.
BLEED •••••
MATHEMATICS - HERE & NOW / BACKDRAFT
[SOCIAL STUDIES /001 - GROOVE ATTACK]
Endlich ist das Label der Mathematics am Start.
Und “Here and now” gräbt gleich tief in deepester Techno-Geschichte, zückt ein paar unwiderstehliche Bleeps heraus, toppt das Ganze mit Vocalschnipseln, Pianochords und massiv Bass. Die
schiebenden Amen-Breaks nicht zu vergessen.
Der sitzt! Die B-Seite träumt sich ein wenig düdelig in trancige Weiten, lässt dann die Synthies aufheulen und brummelt sich gen Horizont. Allein
wegen der A-Seite ein sehr cooles Debüt.
SVEN.VT •••••-••••
LXC - RAVE IS BACK [PHANTOMNOISE RECORDS/010]
Auf der neuen Phantomnoise kommen die Zeiten
der Stepperbeats wieder zurück und ich wünsche
mich gerne noch mal ins Jahr 96. LXC macht das
perfekt und bis in den letzten Ravestab mit einer
Euphorie, die ich voll und ganz nachvollziehen
kann. Selbst die leicht überzerrten Bassdrums in
den Breaks kommen hier ganz gut. Nice.
BLEED •••••
RAUL ZELIK - BASTARD. DIE GESCHICHTE
DER JOURNALISTIN LEE [ASSOZIATION A ]
Carla Lee ist ein "Bastard": portugiesische Mutter, koreanischer Vater, Kindheit in Dortmund
und ein Zwischenspiel in Berlin. Identitätsfragmente, Loyalitätskonflikte, Rückblenden und Perspektivwechsel verweben sich mit Politik, Sex
und Bulimie zu einer spannenden, gut recherchierten Postmigrationsstory. Die 27 jährige Carla taucht als "Auslandskoreanerin" und Journalistin in die Abgründe eines koreanischen Politskandals ein, ohne sich jemals "Heimkehrerin" zu
fühlen oder den politischen Kampf ihres emigrierten Gewerkschaftsvaters führen zu wollen.
Die Protagonisten Carla, ihr Freund und "Abiturtürke" Cem und ihre deutsch-koreanische Freundin Lina leben in einer Realität, in der die Begriffe Heimat, Zugehörigkeit und Identität nicht nur
absurd geworden sind, sondern längst nicht mehr
als essentieller Mangel artikuliert werden können. Der Berliner Autor, Politaktivist und Journalist Raul Zelik hat mit "Bastard" sein drittes Buch
vorgelegt und wird derweil von der Süddeutschen Zeitung schon als der "Manu Chao der
deutschen Popliteratur" gefeiert: Ein Lob, von
dem man Zeliks "Bastard" in allen Punkten freisprechen muss. So nervig wie irrelevant das Genre "deutsche Popliteratur" im deutschen Feuilleton seine Selbstreferenzen und Belanglosigkeiten hyperventilieren durfte, bis die Generation
Golf endlich auf ihr Stammklientel aus BWLern,
Werbeheinis und überschüssigen Deutschlehrern eingeschmolzen war, so klar und direkt formuliert Zelik ein Gegenmodell: "Bastard" arbeitet
mit modernen Stilmitteln, Ausdrucksformen und
Produktionsmitteln, ohne sich einen Pop-Popanz
drum zu scheren. Zeliks Roman kann zwar als
back to content-, back to politics-Intervention
gelesen werden, nicht aber als reaktionäres PolitBesinnlichkeitsgeschwafel, das mit Migrationsbiographien ihr Opferidentifikationsbedürfnis
befriedigt. "Back to" meint hier mindestens den
Sprung aufs nächste Level, remember Hegels "bestimmte Negation". Preis: 15 EUR
SK •••••
Land der unbegrenzten Möglichkeiten gerichtet
wird. In seinem unterhaltsamen und nicht immer
ernst gemeinten Ratgeber über Game Audio und
die Gamesbranche an sich plaudert mit dem Texaner Sanger kein geringerer als "the Patron
Saint of the Nerds" aus dem Nähkästchen. Sanger
ist seit gut 14 Jahren als Komponist tätig und hat
unter anderem "the 7th Guest" und vertont. Desweiteren war er - wie wir unter anderem in seinen
Ergüssen erfahren - Bandleader der "Adlib Soundblasters" und als bunter Kauz der Szene schon
häufiger auf der Games Developer's Conference
als Redner eingeladen. Und wir als Leser? Erfahren viel über Existenzgründung, texanische Wildhüter, Cowboyhüte und den Sinn des Lebens. Sowie nach einer weit ausschweifenden Einleitung
einiges über Hürden für Gamesmusik-Komponisten, limitierte Musikgeschmäcker und mangelnde Fachkenntnisse von Programmierern und Producern und natürlich die Verwendung von Musik
in Spielen. Auf dem Weg bringen uns viele seiner
Anekdoten aus dem verworrenen Produktionsalltag zum Schmunzeln und nach einigen Kapiteln
steigt eine unbeschreibbare Lust in uns auf, diesen wirren Menschen, der sich hier so lebensnah
mit der sonischen Ausstattung der uns liebsten
Digitalgüter auseinandersetzt, auch mal auf eine
Diet Coke zu treffen und mit ihm über Cowboyhüte, Studioorganisation und natürlich Games zu sprechen. Vielleicht werden auch wir danach wie der auf dem Buchrücken zitierte Gamer
sagen "I met the Fat Man. He's cooler than God",
wahrscheinlich aber auch nicht, ein netter Zeitgenosse wird er aber sein, der lustige Alistair. Alles in allem oszilliert dieses Buch zwischen genialen Gedanken zu der Verwendung von Musik in
Games, praktischen Tipps rund um das Leben in
der westlichen Kultur und einer gehörigen Prise
(Männer-)Klamauk und bleibt daher ein wenig
schwer zu fassen; wie vielleicht der Autor selbst.
Lesenswert ist das Buch jedoch nicht nur für angehende Komponisten, sondern für nahezu jeden
an Sound in Games interessierten ... Nerd. Jippiyeah! www.newriders.com
BOB ••••-•••••
liegen, dass in massig Titeln immer wieder grundlegende Fehler im Verständnis des Mediums gemacht werden, die mit der Zeit beim aufgeweckten Rezipienten leicht zu einer "Das kann selbst
ich ja besser"-Haltung führen. So simpel, wie man
es sich das in stillen Momenten alles so denkt, ist
es unter dem Strich dann natürlich nicht. Andrew
Rollings und Ernest Adams, beides kompetente
und renommierte Menschen vom Fach, haben
vor kurzer Zeit bei New Riders eine informative
Einsteigerfibel rausgebracht, die jedem, der sich
etwas tiefer mit der Materie befassen möchte,
ans Herz gelegt sei. Die eine Hälfte des Buches
besteht aus Designgrundlagen, die andere arbeitet sukzessive sämtliche Genres mit ihren jeweiligen Eigenschaften und Besonderheiten ab. Sehr
fein und vermutlich spannender, als sich das gerade in meinen Worten anhört. Im Gegensatz
zum neuen Standardwerk der Profession, Rules
of Play von Zimmermann & Salen, bleibt es jedoch bei in der industriellen Praxis verwertbaren
Basics. Wer Ernest Adams nur von seinem wichtigen Dogma 2001 kennt und sich Gedanken über
eine Weiterentwicklung des Mediums erhofft,
wird leider enttäuscht werden. Für das, was es
sein will, aber gut gelungen.
ca. 50 USD www.newriders.com
BUB ••••
sammlung ihres neuen Rockmusikfreundes (nach
ihrer Farcebeziehung mit Dj Okay) durcheinanderbringt und dafür Prügel kassiert. Cactus tut
aber nicht so, als wären die Cliches nicht da, sondern arbeitet damit und füllt sie eigenwillig in ihrer gleichzeitig ausschmückenden, wie kargen
Sprache aus. Manchmal plappert das vielleicht zu
viel. Aber schon okay für nachts.
www.rowohlt.de
KAREN •••
lähmend weiterzutreiben: Geduld der genauen
Übertreibung. Beispiele findet AGD bei Deleuze,
Margolis und amerikanischen Malern.
Was soweit vielleicht abstrakt klingt, wird in den
einzelnen Texten entlang so unterschiedlicher
Themen wie Ironie (Adorno, Butler, Spivak), Politik (Deleuze-Guattari, H. Arendt, Agamben) und
Bild (Nancy, Barthes) geradezu existentiell konkret - immer hart am Wind kultivierter Idiosynkrasie kann die Ausgesetztheit der Übertreibung
eben auch den durchs Loch in der Wand getriebenen Schwanz meinen.
www.suhrkamp.de
DVD ••••
GEORGE ALISTAIR SANGER - THE FAT MAN
ON GAME AUDIO: TASTY MORSELS OF SONIC GOODNESS [NEW RIDERS, 2003]
Computerspielmusik-Komponist ist in unseren
Landen noch ein recht frisches Berufsbild in einer
recht frischen Branche. Kaum verwunderlich also,
dass der Blick des Marktes des öfteren in das
ANDREW ROLLINGS & ERNEST ADAMS: - ON
GAME DESIGN [NEW RIDERS PUBLISHING]
Unter den Gamingfans, die ich kenne, finden sich
viel mehr Leute, die selber einmal gerne Spiele
entwerfen würden, als unter meinen Filmfreunden Wannabe-Regisseure oder unter den Leseratten Autoren in spe. Das mag vielleicht daran
SERIOUS SAM - THE NEXT ENCOUNTER
[GAMECUBE, PS2 - TAKE 2]
Manchmal ist das Einfache besser. So wie bei der
"Serious Sam"-Reihe. In diversen Begegnungen
zwischen dem Helden Sam Stone und dem Oberbösewicht Mental ging es bisher eigentlich nur
um eins: Knarre in die Hand und Monsterhorden
niedermähen. Subtil ist daran gar nichts - und gerade die groteske Überhöhung wird in der Inszenierung von "The Next Encounter" weiter herausgearbeitet. Gekämpft wird wieder an den abstrusesten Schauplätzen der Weltgeschichte: dem alten Rom, China und Atlantis - eben da, wo man
Aliens am ehesten vermuten würde. Das macht
zwar alles keinen Sinn, gibt aber schöne Hintergründe ab. Und mit comicartigen Klischees, Trefferpunktanzeige und Combo-Bonuspunkten
führt das Spiel direkt in die Spielhallen zurück und setzt damit einen herrlich unernsten Gegenpol zu den Hochglanz-Egoshootern der letzten
Zeit.
RYD ••••
METROID ZERO MISSION [GBA - /NINTENDO]
Zuerst ist es die Eleganz, die einen an "Metroid
Zero Mission" fesselt. Das Gefühl, ein Spiel in die
Hand zu nehmen und von der ersten Sekunde an
zu wissen, was man zu tun hat. Dann ist es die
Grafik, die flüssig und funktional die Spielmechanik abbildet, gleichzeitig aber funkelnd, psychedelisch verzaubern kann. Was es nie ist, ist die
Story: Ob wir hier auf einem fremden Planeten
auf der Jagd nach Weltraumpiraten sind, dabei
fliegende Gehirne oder kleine pelzige Feuerwesen umgehen müssen, bleibt einfach egal. Es geht
um die Suche nach Lösungswegen, um das Kombinieren verschiedener Fähigkeiten und letztlich
um das Erforschen eines großen Systems, dem
man gerne die letzten Geheimnisse entlocken
möchte. Und das macht "Metroid Zero Mission"
so perfekt wie schon lange kein Spiel zuvor.
RYD •••••
BLACK MIRROR - DER DUNKLE SPIEGEL DER
SEELE [PC - DTP]
Black Mirror kam in unserem Nachbarland Tschechien bereits Ende 2002 als "Posel Smrti" (Der Todesbote) auf den Markt. Nach einem mysteriösen
Intro beginnt das Spiel im Schloss Black Mirror.
Die Hauptrolle spielt Samuel Gordon, Enkel des
auf tragischer und seltsamer Weise umgekommenen William Gordon. Nicht nur sein Aussehen
erinnert dabei an den Johnny Depp aus "Sleepy
Hollow", auch die Stimme stammt vom deut-
schen Synchronsprecher. Samuel muss sich nun
mit Hilfe der Point-und-Click Technologie durch
die Kulisse klicken lassen, um nach und nach die
verschiedenen kleineren und größeren Rätsel zu
lösen, die zwischen ihm und der Auflösung des
Großvatermordes liegen. Manche von diesen
verlangen gar etwas mehr Geduld oder einen
Weltatlas (z.B. um eine Planetenkonstellation zusammenzufügen und so an einen Schlüssel zu
kommen). Eine hohe Playability ist jedoch garantiert, da kein Rätsel zu abwegig erscheint. Nicht
nur die düstere Szenerie, durch wunderbare Grafiken visualisiert, verleiht dem Spiel den nötigen
Thrill, auch die ab und zu auftretenden Halluzinationen und Visionen unseres Helden lassen den
Spieler einen kleinen Schauder überkommen.
Hier und da trifft er auf seltsame Charaktere und
manchmal segnet der eine oder andere Mitspieler das Zeitliche. Der finstere Soundtrack und die
Hintergrundgeräusche erledigen den Rest, um
das Spiel als wahre Gruselstory durchgehen zu
lassen. Das Einzige, was den versierten GameJunkie an der Szenerie stören könnte, wären die
im Gegensatz zur großartigen Hintergrundgrafik
teilweise vernachlässigt wirkenden Animationen
der Figuren. Durch den stetig steigenden Spannungsbogen vermag man dies aber gerne zu
übersehen. Kein Wunder also, dass das Spiel
gleich nach dem Release in Deutschland die Verkaufsliste bei Amazon anführte und von den
führenden Adventure-Fan-Seiten Deutschlands
mit ihrem Gütesiegel ausgezeichnet wurde.
Außerdem soll das Spiel demnächst sogar von
David Fincher verfilmt werden, mit, wie könnte
es anders sein, Johnny Depp in der Hauptrolle.
Als sehr positiv zu bewerten ist auch die Homapage (www.blackmirror-game.de), auf der es eine
Menge Hintergrundinformationen zum Spiel, einen kleinen Soundtrack und die Versprecher der
Synchronisatoren zum Downloaden gibt. Alles in
allem ist das Spiel sehr gelungen und ein Muss für
den Abenteurer!
TC •••••-••••
COUNTER STRIKE - CONDITION ZERO
[PC - VALVE, UNIVERSAL]
Bei dem Namen Counter Strike muss nicht mehr
viel gesagt werden. Bei PC-Spielern hat CS als das
kooperative Multiplayer-Spiel schlechthin" einen
fast schon legendären Ruf. Nicht-Clan-Mitglieder
kennen jedoch den Frust, der einen überkommt,
wenn das Hörensagen-Bild dieses E-Sport-Online-Titels durch das eigene Erleben gerundet werden soll: Nach dem Rundenstart und einer 5sekündigen Spielerfahrung wird man in der Regel
von sehr viel erfahreneren Gegenspielern per
Kopfschuss erledigt und kann das Hochfeiern der
Eingefleischten wieder einmal nicht so recht
nachempfinden. Den Geländekenntnissen der
Pros, die Counterstriken als eine Art Teamsport
betreiben, sei Dank. Das Gute an Condition Zero
ist daher, dass in der mit zahlreichen Bots möglich gemachten Singleplayer Offline-Version die
auf LAN-Partys schon Standard gewordenen CSTeamvarianten "Bombe legen/entschärfen" und
"Geiseln halten/befreien" endlich mal mit einem
positiven Erlebnis durchspielt werden können.
Das nicht so Gute ist neben dem Aspekt, dass eine ehemals OpenSource-Modifikation von Halflife nun als eigenes Produkt im Regal steht, der
dieses Vorgehen rechtfertigende "Story-Modus",
welcher in auf den gesamten Globus verteilten
Anti-Terror-Missionen vor Grafik und Programmierfehlerchen nur so strotzt und neben dem
mittlerweile arg überstrapazierten Sujet mit der
omnipräsenten Konkurrenz spielerisch wie auch
technisch nicht mehr mithalten kann. Dafür
spielt es sich auch auf verhältnismäßig alten
Rechnern noch flüssig und nach ausreichend viel
Training darf auch wieder im Netz gespielt werden. Wer also gerne schon mal wissen wollte, was
Counter Strike nun eigentlich ausmacht, hat mit
Condition Zero eine grandiose Chance, dieses
auf unpeinliche Art erfahren zu dürfen. Counterstriker und Fans des Originals freuen sich zwar
über Zusatzwaffen, werden sonst aber enttäuscht sein.
BOB ••-•••••
EIN KATER MACHT THEATER [PS 2 / - UNIVERSAL]
Im gähnenden Eindruck der häufigen Lizenzgurken bei Dreamworks- oder Disney-Kinoschlagern
wie den Videospielen zu Monster AG, HULK oder
auch Shrek, in welchen wir unmotiviert durch
noch unmotivierter designte 3D-Welten im Stil
der vorletzten Hardware-Generation hüpfen
durften, stellt dieses Spiel geradezu einen Avantgarde-Schlag in 2D dar. Nicht nur, dass in der Rolle des unglaublich dämlich daherkommenden humanoiden Theater-Katers endlich mal wieder
FRANCOIS CACTUS - NEUROSEN ZUM VALENTINSTAG [ROHWOLT]
Übernächtigt, etwas drüber und direkt begeisterungsfähig bis die Müdigkeit einsetzt - das ist
wohl die beste Zeit, um mit "Apocalypstick" einzusteigen, der ersten Geschichte in Francois Cactus Neurosen zum Valentinstag. "Toll siehst du
aus! Warst du im Urlaub? - Nein, ganz im Gegenteil. Auf Partys bis in die Puppen", triumphiert Pamela nicht weit von Andy Warhol. Cactus Geschichten schreiben sich einen fiktiven Lofi-Glam
zurecht und entpuppen immer wieder Sätze, mit
denen sich auch ohne französischen Vorlese-Akzent was anfangen lässt: "Aua mein Kopf", "Obwohl erst nachmittag, ist es bereits stockfinster",
"Es leuchtet ja richtig. Gefällt dir die Musik?". Die
Geschichten drehen sich prinzipiell um Frauen,
die gerade darin, dass sie versuchen, möglichst
verwegen oder extrem zu sein, ziemlich gewöhnlich rüberkommen. Ein ehemaliges Starlett, das
sich im Jet-Set-Magazin als Fashion Victim wiederfindet und "Anti-Anti-Aging" fordert, eine
Engländerin, die begeistert von der deutschen
Sprache erzählt bis hin zu Lola, die die Platten-
seitwärts gehüpft wird, die auf der Jagd des Bösewichts zurückzuzaubernde verhexte Villa kommt
in Farbe und Architektur der einzelnen Räume
eher daher wie ein von Salvador Dalí in Auftrag
gegebener Kindergeburtstag. Durch die abwechslungsreichen Passagen wird zudem der
Langeweile-Faktor gering gehalten. Wenn man
die Sprachausgabe noch ausschalten und der Kater ein wenig pfiffiger sein könnte, wäre ein kleiner Luftsprung angebracht. So ist es eine kleine
positive Überraschung im sonstigen Lizenz-Brei,
mit denen die Zielgruppe des Films ihren großen
Spaß haben dürfte.
BOB •••
PROJECT ZERO II - CRIMSON BUTTERFLY [PS
2 - TECMO, UBISOFT]
Der erste Teil der spukigen Geister-Survival-Reihe sorgte schon vor anderthalb Jahren für Gänsehaut an der heimischen Playstation. Vor allem
durch die dichte Story, die gruselige, genial designte optische und akustische Umgebung sowie
die geniale Idee, per Kamera auf Geister- und
nicht etwa auf Zombie- oder Mutantenjagd zu
gehen, sorgte für frischen Wind und unbehagliche Gänsehaut bei Survival-Horror-Fans. Auch
im zweiten Teil bleibt die magische Kamera als
Waffe gegen die Untoten bestehen. Auch wird
das Spiel weiterhin durch eine absurd-eklige,
durch gefundene Notizen und Zeitungsausschnitte erzählte Hintergrundgeschichte getragen. Als kleiner Konkurrent zu den mächtigen Resident-Evil- und Silent-Hill- Teilen stellt Project
Zero damit weiterhin die unblutigere, aber nicht
minder gruselige Alternative dar und verhält sich
so zu diesen ein wenig wie der Film "Poltergeist"
zu sagen wir mal "Nightmare on Elmstreet". Feste
Kameraeinstellungen sorgen weiterhin für einen
ständigen Suspense, gerade auch durch die spontan erscheinenden und sich flugs wieder in Wohlgefallen auflösenden Geister, welche aber weniger geworden sind als noch im ersten Abenteuer.
Die Atmosphäre bleibt durch die ächzenden Audio-Flächen und die düstere Grafik ständig aufrecht erhalten und die morbide Geschichte fesselt, auch wenn sie sich mitunter sehr skurriler Japano-Elemente bedient. Leider erinnern viele
Räume wie auch die Musik stark an den ersten
Teil, aber auch das kennen wir ja von der weitaus
bekannteren Konkurrenz. Das grausige Vergnügen währt mit knapp 10 Stunden wieder einmal
nicht so lange wie bei anderen - so oder so bleibt
Project Zero aber ein wunderbar-schauriger Horrortitel für alle, die sich mal anders gruseln wollen. Weiterhin ein Geheimtipp für Gruselfans.
BOB ••••-•••••
FIREFIGHTER F.D. 18 - [PS 2 - KONAMI]
Vor allem nach 911 und vor allem in Amerika ist
der Beruf des Leben rettenden Brandbekämpfers
letzlich wieder zu neuen Ehren gekommen. Auch
wir wollten natürlich alle irgendwann einmal Feuerwehrmann werden und uns durch brennende
Gebäude bis zu den eingeschlossenen Opfern
vorkämpfen, um als wahre Helden wieder gen
Wache zu fahren, nicht?! Endlich nimmt sich Konami der Erlebniswut des Marktes an und füllt die
bisher noch klaffende Lücke auf dem Videospielemarkt. Dafür werden wir umgehend in die
schwarz-gelbe Uniform gepresst, um in verschiedenen digitalen Brandherden Opfer zu retten
und Flammen zu löschen, auf dass die Schwarte
kracht. Sehr viel mehr passiert jedoch nicht und
dem Thema entsprechend fallen die Einsatzumgebungen recht ähnlich aus. Neben Gas- und
Rauchschwaden, ab und zu einer kleinen Kriechpassage oder einer Tür, hinter der eine züngelnde
Flammenwand à la "Backdraft" wartet, bleibt der
Spielwitz einer an sich spannenden Idee ein wenig auf der Strecke. Die Häuser geben sich dafür
dann doch ein wenig eintönig und beim Retten
der verschiedenen Opfer und den ab und zu eingestreuten Bosskämpfen mit einer größeren und
somit dann wohl "Bossflamme" passiert nicht
mehr viel. Trotzalledem: Die Idee ist eine feine
und durch die bedrängende Atmosphäre mitsamt
Glut, Funkensprühen, Flammen und Explosionen
sowie der dynamischen Szenerien mit kleinen,
gescripteten Geschehnissen kommt es auf der
Suche nach den nächsten Überlebenden zu einigen immersiven Momenten, die gerade am Anfang für das nötige Kribbeln sorgen.
BOB •••-••••
FALLOUT - BROTHERHOOD OF STEEL
[PS2 - TAKE 2]
Was zum Teufel ist denn hier los? Bzw. treffender:
Wieso ist denn hier so ganz und gar nichts los?
Unter der renommierten Fallout-Lizenz, für viele
immer noch eins der derbsten Rollenspiele aller
Zeiten (dem Autor leider unbekannt - Ja das darf
ALEXANDER GARCÍA DÜTTMANN - PHILOSOPHIE DER ÜBERTREIBUNG [SUHRKAMP]
Den kältesten Winter, den ein Mensch in den
letzten Jahren verbringen konnte, war der Sommer 2002 in San Francisco. Dort und dann stellte
AGD die vorliegende Kompilation bereits andernorts veröffentlichter Texte zusammen und
ergänzte sie um eine Einführung. Die Übertreibung, an der die Texte sich reiben, an der sie
selbst Anteil haben, ist nicht (natürlich nicht!) die
einer schlichten Unangemessenheit, einer
schlechten Überzogenheit. Übertreibung tritt
auf in einer Situation, in der noch kein Massstab
von angemessen/übertrieben, alltäglich/annormal gegeben ist; wenn also eine solche Unterscheidung erst, ohne Leitbild, quasi freischwebend, getroffen werden muss. Dies aber ist die
alltägliche Situation jedes Denkens und Tuns, das
mit dem bestehenden Alltag nicht schlicht paktieren will. Die von ihm gezogene Unterscheidung, nicht begründbar, nicht zu rechtfertigen,
treibt daher über der Grenze von Wahrheit und
Wahnsinn hin und her. Im Grunde keine neue Einsicht im Kontext von Differenztheorien wie negativer Dialektik (Adorno) und Poststrukturalismus:
die Übertreibung markiert oder ist Effekt des
blinden Flecks jeder Unterscheidung. Gleichwohl
besteht stets die Gefahr, dass Denken das Übertreiben übertreibt, also nicht mehr, geduldig, eingedenkend, sich des zweideutigen Status seiner
Operationen aussetzt, sondern übermütig, fanatisch, leerlaufend die Bindung an jede Operation
verliert. Theorie reagiert auf diese Gefahr mit
dem Verbot der Übertreibung (Kant, Wittgenstein, Derrida als Metaphysik-Kritiker) oder indem sie sie erst wieder recht auf Touren bringt
(Derrida sonst); das erste zielt auf eine Reinheit
der Übertreibungsfreiheit, das zweite auf eine
Reinheit der reinen Übertreibung. AGD schwebt
eine andere, unreine Lösung vor: Abbruch der
Übertreibung, d.h.: Übertreibung nicht auszuschliessen, sie aber auch nicht endlos skrupulös und
man auch mal zugeben!), wird uns ein Actionspiel
serviert, für das man das Attribut „von der Stange" erfinden müsste, würde es das Urteil nicht
schon geben. Den altbewährten Gauntlet-Stylee
im Nullergewand, Monsterhorde für Monsterhorde in der Druffsicht bashen, um viele Items
der im Umfang ebenso monstermäßigen Kollektion zuzuführen, päppelt man mit einigen Rollenspielelementen auf, die aber in ihrer Beschränktheit nicht sonderlich über Normalo-Actiontitel
hinaus gehen. Insofern überrascht die allgemeine
Rezeption dieses Titels unter dem Banner ActionRPG schon ein wenig. Anyway, auch wenn das
Brandschatzen á la Diablo ganz grundsätzlich gerade durch seine Simplizität oft einen Reiz des
Unwiderstehlichen ausübt (Sprich: Man sich eigentlich schon seit einer geraumen Zeit irgendwie langweilt und dann doch immer weiter
spielt.), sind die Stages hier derart öde entworfen, daß selbst durch einen Bandscheibenvorfall
ans Bett gefesselte Leute wie ich lieber die Decke
anglotzen, als sich weiter auf die Suche nach der
Brüderschaft aus Stahl zu begeben. Der einzige
Lichtblick innerhalb des durch viele Releases aus
der letzten Zeit eng besetzten Terrains wird
durch das postnukleare Szenario verbucht, aber
im Grunde genommen wirkt bei solch einem Stil
die Repräsentation eh relativ austauschbar, gerade wo die gebotene Story selbst Narrationsfetischisten nicht hinter dem Ofen hervorholt. Sorry,
ihr Lieben bei Nimm 2, aber das hier ist genau die
Art von Durchschnitt, die einen manchmal mehr
aufregt als ein total versemmelter Titel.
BUB ••-•••
BAPHOMETS FLUCH - DER SCHLAFENDE
DRACHE [PS2 - THQ]
Zugegeben: Diese Kritik trudelt erst mit einiger
Latenzzeit ein. Da es sich hier um Reanimationsversuche des von vielen Spielern geliebten, derzeit aber mehr als unangesagten Genres Adventure handelt, drücken wir mal ein Aktualitätsauge
zu. Zunächst die Fakten: Beim schlafenden Drachen handelt es sich bereits um Teil drei dieser
kleinen Abenteuerserie, welche außerhalb der
Republik unter dem Namen Broken Sword bekannt ist. Wir erleben die Geschichte des dynamischen Duos George Stobbart (der blonde
Herold, seines Zeichens Jurist) und Nico Collard
(sein weiblicher Komplementärkontrast, eine Reporterin), die überraschend einer uralten Verschwörung rund um einen Templerorden auf die
Spur kommen. Beim Thema religiöse Orden und
Freimaurer denkt man sofort an Ecos Foucaultsche Pendel, tatsächlich kriegen wir auf dem Narrationstablett aber wieder mal nur Indiana Jones
serviert. Na ja, es muss halt gegessen werden,
was auf den Tisch kommt. Erlaubt mir dem Anlass
angemessen ein wenig auszuholen: Adventures
besitzen ganz allgemein das Problem, das sich ihr
spielerisches Vokabular über die verschiedenen
geschichtlichen Entwicklungsschritte weitgehend automatisiert hat. Galt es zu Zeiten der textuellen Schnittstelle noch die richtigen Verben zu
finden, um mit dem Programm überhaupt sinnvoll in Kommunikation zu treten, stellte man später die Befehle im Stile der Lucasfilm-Abenteuer
als Icons zum Anklicken bereit. Irgendwann kam
man auf den Trichter, dass statt x Befehlen à la
"Mach an, mach aus, drehe, drücke usw." eigentlich nur ein einziger Befehl, nämlich "Benutze"
ausreichte. Bis gar keine Befehle und kein Inventar mehr auf dem Screen zu sehen sind, schließlich genügt ein einzelner Knopfdruck vor dem
entsprechenden Objekt. Zudem will man ja nicht
unsere Immersion gefährden. Weil für eine erhöhte erzählerische und dementsprechend auch
spielerische Komplexität immer noch die nötige
Grammatik fehlt, liefen Adventures - etwas überspitzt formuliert - fortan nahezu von selbst ab.
Baphomets Fluch möchte das klassische Terrain
beackern und es zugleich, z.B. durch einige zeitkritische Sequenzen, ähnlich den Quick-TimeEvents aus Shen Mue, sanft erneuern. Genreüblich ist die gesamte Erzählung präfabriziert und
hinterlässt wenig produktive Leerstellen. Gute
Adventures zeichnen sich indes wenigstens
durch eine Illusion von Einflussnahme auf den
Fortgang der Handlung aus. Dadurch dass diese
sich hier über viele Schauplätze around the globe
erstreckt, ist jeder einzelne Abschnitt so klein,
dass keinerlei Komplexität aufkommt. Das Gefühl, nur an einer Aktualisierung eines bereits
stattgefundenen Plots zu arbeiten, mit uns als
durch die Gegend gesendetes Datenpaket, das
jeweils das nächste Häppchen auslöst, bleibt omnipräsent. Das englische Entwicklerteam Revolution zettelt also leider keine ebensolche an, sondern versucht auch noch allen Ernstes z.B. durch
viele Kistenverschiebereien den Anschluss an aktuelle Action Adventures zu suchen. Dadurch
STANISLAW LEM - DIE MEGABIT-BOMBE-ESSAYS ZUM HYPERSPACE
[TELEPOLIS/ HEISE VERLAG]
Harter Tobak, was Stanislav Lem da in seinem
Buch "Die Megabitbombe" an intellektuellen Gedanken herunterreißt. Mit rüstigen 81 Jahren
scheint der polnische Schriftsteller immer noch
nicht müde, visionäre Gedanken auf ihre mögliche Realisation abzuklopfen. In seinem Buch beschäftigt er sich in Essays zu unterschiedlichen
Themen der Vernetzung, Virtualität und allen
voran der Entwicklung, Zukunft und gegenwärtigen Auswirkung des Internets. Dabei formuliert
der Internetskeptiker viele Hypothesen und
Schwächen und beschreibt mögliche schadhafte
Auswirkungen der globalen Vernetzung. Ein wenig schrullig und immer mit einem gewissen Stolz
nimmt Lem kontinuierlich Bezug auf erschienene
eigene Geschichten und Bücher. Trotzdem wird
einem der (Quer-)Denker dabei nie unsympathisch, sondern beeindruckt mit seinem umfassenden und äußerst aktuellen Wissen. "Die Megabitbombe" ist eine Sammlung von Texten, die
nicht nur explosives Wissen vermitteln, sondern
die auch immens komplexe Gedankengänge beschreiten und wissenschaftlich verwoben daherkommen. Das Buch lässt sich nicht in einem
Rutsch herunterlesen, sondern muss regelrecht
studiert werden. Denn Stanislav Lem nimmt
nicht nur auf viele Quellen Bezug, sondern erwartet von seinem Leser einen aufmerksamen
Geist. Ohne Geduld und Zeit bleiben nach dem
Lesen nur inselartige Eindrücke zurück. Doch
selbst die könnten ihre Wirkung hinterlassen. 16
Euro
MO
verliert der Titel noch mehr an Distinktion und
ich die Lust am Spiel. Für Die-Hard-Fans sicherlich aber noch in Ordnung.
BUB •••
TRANSFORMERS - [PS2 - ATARI]
Natürlich war es verlockend, die Grafik-EngineFähigkeiten zu nutzen, um das, was die Plastikfiguren immer nur behaupteten, sich nämlich blitzschnell vom Auto zum Kampfroboter und zurück
zu verwandeln, in die Tat umzusetzen. Aber lässt
man die Verwandlung, die ja das einzig Besondere dieser ansonsten stumpfen Waffenträger sind,
dadurch nicht verschwinden? Die langwierige
Frickelei mit den vielen Gliedern und Scharnieren
war doch gewissermaßen eine Zeitlupe, in der
man die Metamorphose studieren, begreifen, selber ausleben musste. Jetzt drückt man auf die Taste, es gibt ein rumpelndes Geräusch und zack ist
man ein Lastwagen. Es ist ununterscheidbar, ob
man nun zwei Figuren spielt, zwischen denen
man einfach umschaltet, oder nur eine, die sich
verwandelt. Die Transformer-Figuren waren eben
keine Action-Figuren, da liegt ein großes Missverständnis vor, sondern sie waren Möglichkeiten der spielerischen Morphologie bzw. Bionik.
So wie ihre Gegenstücke die Battletechs und mechs ja auch nur in der Zeitlupe ihr ingenieurwissenschaftliches Potential entfalten, indem
man Schadensmodelle auswürfelte, die Energieverteilung neu auslotete und die eigenen Angriffsmuster kalibrierte. Das war Videoanalyse
des Boxkampfs, während er stattfindet. Und auch
da raubte die Konsolenumsetzung mit ihrer flüssigen Action dem Ding jegliche Originalität.
Zurück bleiben in beiden Fällen stinknormale Actionspiele mit etwas schwerfälligen Figuren, ohne aber atmosphärisch irgendetwas zu reißen.
Und von der Rezensentenlyrik, dass man mit den
so genannten "Miniclons" die unfassbare Zahl
von 29000 Variationen der eigenen Spielfigur
hinbekommen könne, soll man sich auch nicht
täuschen lassen. Ein Fiat-Panda, in den ich ein
Ferrari-Lenkrad einbaue, bleibt ein Fiat-Panda.
MWM •••
HITMAN CONTRACTS - [XBOX - IO, EIDOS]
Fies, aber brutal ist auch der dritte Teil der Hitman Saga. In der Rolle eines geklonten Auftragskillers, der sich bewegt und aussieht wie eine Mischung aus Klaus Kinski in Nosferatu und Gollum,
kann man in schönster 3D Umgebung Leute umbringen. Die taktische Vorgehensweise hierfür
ergibt sich aus der Aufgabenstellung des jeweiligen Levels. Grundsätzlich kann sich der Spieler
natürlich selbst entscheiden, ob er eher mit eiskalter Präzision per Giftspritze, Skalpell oder dieser fiesen Draht-Kehle-Genick-Methode sich seiner Opfer entledigt oder einfach alles niederballert, was den eigenen Weg kreuzt. Nach längerer
Beobachtung der Räumlichkeiten und der anwesenden Personen ist es dann schlussendlich
meist eine Kombination aus beiden Herangehensweisen, die zum Erfolg führt. Was aber das
Besondere von Hitman Contracts ausmacht, ist
die hervorragend düster beklemmende Psychoatmosphäre. Die im satten Dauerregen liegenden, Nebel- und Dunstschwaden verhangenen
und unheilvoll ausgeleuchteten Stadt-, Land-,
Raum-Szenarien erzeugen auch durch die dezente (manchmal etwas zu dezente) Musik- und
Geräuschuntermalung eine Sogwirkung, der man
sich nur schwer entziehen kann. Seinem glatzköpfigen, sich irgendwie in jeder Verkleidung
(Koch, Polizist, Rocker usw.) kaltblütig wirkendem Alter Ego folgend, sind es vor allem immer
wieder Spiegel, in denen man sich in den verschiedenen Kostümen selbst ins Gesicht blickt
und sich fragt: Wat bin icke eijentlich fürn mieser
Killer? Nachdem der Spiegel dann zerschossen
ist, gibt am Ende eines Levels eine Statistik noch
mal Rückmeldung über das eigene Verhalten. Mit
einem blauen Balken für Tarnung und Schleichgeheimnistuerei und mit einem roten für Brutalität.
Leider wirkt sich die Art und Weise des eigenen
Vorgehens nicht auf den weiteren Spielverlauf
aus und die in den Zwischensequenzen gelieferten Hinweise auf die Herkunft des Killer-Klons
und seine Auftraggeber und Erzeuger bleibt sehr
mysteriös und unklar auf einer Ebene moralischen Niemandslandes. In Anbetracht eines
ständig steigenden Realitätsgrades in 3D-Spielen
allgemein und der hier verschwimmenden Grenze zwischen Auftragskiller und Massenmörder
kann man mal in diese Rolle reinschlüpfen, um
eben dieses festzustellen und dann mit schlechterer Laune wieder rausschlüpfen. Hitman Contracts hat das Potenzial zum Verkaufshit, ist aber
nix für den Sommer und Reggae-Hörer.
BUDJONNY ••••
<47> - DE:BUG.83 - 06.2004
DRUM AND BASS
GUCK DA ... MUSIK ... ÜBERALL ...
<48> - DE:BUG.83 - 06.2004
DE:BUG PRÄSENTIERT: FESTIVALS GALORE!
SONAR 2004 - BARCELONA 17.-19. JUNI 2004
DAUERBRENNER NUMMER 1 im Sommer: Barcelonas Sonar-Festival besinnt sich darauf, wo die Stärken einer Großstadt im Süden
liegen: Parkplatz-Barbecues mit HipHop-Beschallung. Das machen
sie nicht nur im diesjährigen Bildmotiv klar, sondern auch beim Programm. Soviel HipHop war nie: Madlib, Gang Starr, Botanica-Del-Jibaro-Showcase, Boom Bip, Buck65, Danger Mouse, Beans usw. Das
heißt natürlich nicht, dass das klassische Programm zu kurz käme.
Neben HipHop steht dieses Jahr ganz klar die Quasi-Reunion des
Yellow Magic Orchestra auf dem Programm. Ryuichi Sakamoto
wird nicht nur gemeinsam mit Fennesz, Pan_Sonic und dem Katalonischen Sinfonieorchester Barcelona zusammen aufspielen, sondern, so munkelt man, auch mit den beiden anderen Altmitgliedern
des YMO, die gerade als Sketch Show eine wunderbare Platte veröffentlicht haben (Story demnächst hier im Heft), an alte Zeiten anknüpfen. Mit einem zusätzlichen Rahmen an Ausstellungen und
Multimedia-Events baut das Sonar so weiter seinen Ruf als wichtigstes und stilbildendstes Festival aus. Gib fünf und fahr hin.
Label-Showcases (u.a.): Domino, Komplott, Jazz Fudge, Accidental,
Gomma, Outward Music Co.
Künstler: To Rococo Rot, Max Tundra, Four Tet, Tape, Carsten Nicolai, Hans Appelquist, Son of Clay , Client DJs, The Reptiles & Roger
Robinson, DJ Hysteria & Son of Dark Circle, Richie Hawtin & Ricardo Villalobos, Max De Wardener, Dani Siciliano, Headman, Whomadewho + special Guest, Munk - Leroy Hanghofer, The Gift, Mara
Carlyle, Mugison, Arkasha plays Pornojazz Rec, Banyek plays Red
Star Budapest, Strategy, Nudge, Paul Nazca plays Scandium, JoanVich & Sebastián Rosselló play Primeros Pasitos, El Pinche, Tres &
Delis, Wakanda, Ryuichi Sakamoto, Sketch Show, Tim Wright, Agoria, So Solid Crew, DJ Patife, 2 Many DJs, Adam Freeland, Dave Clark,
Carl Cox, Jeff Mills, Kid Koala, DJ Hell, Tiga, Richard X, Massive
Attack, Dabrye, Geoff White, Phon.O, Apparat, Das Bierbeben,Prefuse 73, Tigersushi-Crew, Matthew Herbert uvm ...
www.sonar.es
MELT! FESTIVAL 2004 - FERROPOLIS GRAEFENHAINICHEN 16.-18. JULI 2004
DAUERBRENNER NUMMER 2 im Sommer: Das
Melt!-Festival klotzt auch dieses Jahr mit einem
drastischen Programm aus gut eingeführten Abgeh-Acts und dem neuen Scheiß. Der Rockanteil
ist wieder deutlich zurückgefahren, das BumBum-Bum wird dafür mächtiger denn je. Und die
Tagebaukräne ragen auch nicht mehr so orientierungslos in den Himmel. VORVERKAUF: Euro
39,00 (2-Tage-Ticket); Euro 42,00 (2-Tage-Ticket
inkl. Camping) über www.meltfestival.de und
bundesweit bei allen Vorverkaufsstellen.
BANDS: The Streets, Phoenix, Tortoise, International Pony, Scissor Sisters, Mia., Mando Diao,
Señor Coconut, Das Pop, The Robocop Kraus,
T.Raumschmiere, Tiger Tunes, Stella, Spitting Off
Tall Buildings, Avril, Beige Gt, Die Türen, Live-Acts: Peaches, Mouse On Mars, Northern Lite,
Scanx, Egoexpress, The Youngsters, Märtini Brös,
Console Dance Package, Luciano, Ada, Mediengruppe Telekommander, Sex in Dallas, Alexander
Kowalski, Heiko Laux Pres. Offshore Funk, Telemen, The Dose, Captain Comatose, Mocky, As-
cii.Disko, Diego, Klingklangkrieger / DJs: Laurent
Garnier, Richie Hawtin, Dj Koze, Ricardo Villalobos, Woody, Ellen Allien, The Hacker, Superpitcher, Jori Hulkkonen, André Galluzzi, Moonbootica, Le Hammond Inferno, M.A.N.D.Y., Wighnomy
Brothers, Sascha Funke, Rabauke, Kiki, Mitja
Prinz, Daniel Wang, Anja Schneider, Gunjah, D.
Hoerste, Markus Welby, Nick Höppner, Carsten
Klemann, Cornelius Tittel, Boris, Doering, Le Mercier, Ruede Hagelstein, Mark Schneider, Hemman
& Kaden. www.meltfestival.de
LOVEFIELD FESTIVAL - SCHEESSEL 27.-29. AUGUST 2004
DAUERBRENNER NUMMER 3 im Sommer: Wer
Liebe braucht, jetzt, wo die Love Parade definitiv
ausfällt, fährt zum Lovefield Festival. Was ist
schöner, als zum Live-Act von "Der dritte Raum"
Feuerschluckern zuzusehen? Lovefield feiert zum
neunten Mal, aber mit einem so vielfältigen und
kompetenten Programm wie noch nie. Nicht umsonst ist das Motto dieses Jahr: Alles wagen!
TERMINE IM JUNI
TOUR....................................................................
CONSOLE
10.06. - Saarbrücken, Bürgerpark / 11.06. - Stuttgart, Schocken /
12.06. - Düdingen, Kilbi Festival
MASTA ACE, EDO G, DJ AVEE
12.06. - Berlin, Mellowpark Jam / 16.06. - Bochum, Bahnhof Langendreer / 17.06. - Köln, MTC / 19.06. - Jena, Kassablanca / 21.06. Kassel, Spot / 22.06. - Oldenburg, Alhambra / 23.06. - Weinheim,
Cafe Central / 24.06. - Erlangen, E-Werk / 29.06. - Leipzig, Conne
Island / 30.06. - Braunschweig, Flava Jam
MÚM
05.06. - Dresden, Star Club (+ Hey O Hansen) / 06.06. - Frankfurt
/ Main, Mousonturm (+ Hey O Hansen)
VISIONARIES, 2MEXX, WRITERS BLOCK, KEY KOOL, LMNO,
RHETTMATIC, SHORTKUT
04.06. - Berlin, tba / 06.06. - Paris, Nouveau Casino / 09.06. - Linz,
Kapu / 10.06. - Wien, ITF Österreich / 12.06. - Stuttgart, Altes Zollamt / 13.06. - Weinheim, Cafe Central /
ON THE FLOOR .....................................................
BAD KLOSTERLAUSNITZ - MUNA
12.06. - Jackmate, WIghnomy Brothers, Marek Hemmann (live),
Mathias Kaden
BERLIN - 12|34
26.06. - Bleed, Felix K, Wan2, M.Path.Iq, MC Massiw Le Ghaza
BERLIN - APOLLO SAAL
24.06. - Barbara Morgenstern, Dabrye, Gudrun Gut, THomas Fehlmann, Wolfgang Betke, Mermaid Jaculin
BERLIN - BASTARD
23.06. - They Came From The Stars; I Saw Them
BERLIN - CAFÉ MOSKAU
03.06. - Erlend Øye feat. Phonique / 05.06. - Pat Kalt, Noshe /
10.06. - Ellen Allien, Westbam / 11.06. - Duplex Inc., Dutch Rhythm
Combo, Rodney Hunter, Daniel Best / 12.06. - Rikus Hillmann, Fabian Fisahn / 18.06. - Jazzanova feat: Mr. Scruff, Resoul, Tru Beatz
Collective / 19.06. - Daniel Bell, Miss Dinky, Dave Turov, Henric Deroux
BERLIN - ICON
05.06. - Metro, Emisz, Vern, MC Mace / 12.06. - Vern, N'Dee, Jibe,
MC Ronin / 19.06. - Appollo, Emisz, N'Dee, MC Mace / 26.06. - Appollo, Flower, Randy + Reger, MC 3 Feet, MC Mace
BERLIN - KESSELHAUS
11.06. - Hosts: Bee Low, DJ Hype. Jury: Man At Arms, Tiger Style,
Excess. Special Guest: Edo G
BERLIN - MARIA
01.06. - Miss Kittin, The Hacker, Modeselektor, Tobi Neumann, 1.a.
Williams / 04.06. - Sven Väth, Andre Galluzzi, Andre Gardeja, Sönke Dohse / 05.06. - Gallopierende Zuversicht, Cosli, Kerbholz & Rico, Digitalines, Solotempo, Plastique De Reve, Mirweis Sangin, Samin und Mischa, Kugelfisch, John Player / 11.06. - Kissogramm,
Phono, Hammond Inferno / 12.06. - Paul Kalkbrenner, Sammy Dee,
Tobi Neumann, Dinky, Djoker Daan, Tom Clark, Tama Sumo /
18.06. - Moabeat / 19.06. - Andre Galluzzi, Paul Britschtisch / 21.06.
blerocker (Michi Beck/F4 & Thomilla), Der Dritte
Raum, Moonbootica, Alter Ego, Storm, Martini
Brös, M.I.A., Steve Bug, Kante, Moguai, Studio
Braun vs. Erobique, Funk D´Void, Northern Lite,
Superpitcher, Haldolium, Elektrochemie LK, DJ
BISHER BESTÄTIGTES LINE UP:
Friction, Sasha Funke, Das Bierbeben, Sam Ragga
Faithless, 2Raumwohnung, Groove Armada, In- Band. www.lovefield.de
ternational Pony, Mouse on Mars, TurntaEINTRITTSPREIS: VVK: 45,- Euro (inkl. aller Gebühren) + 5 Euro Müllpfand/ AK: tba / Tagesticket: 35,- EUR (inkl. aller Gebühren) Erhältlich an allen bekannten Vorverkaufstellen.
DEADLINE FÜR DIE JULI / AUGUST AUSGABE 10.06.2004 / [email protected]
GETIPPT
- Gianni Vitiello, Sven Dohse, Brian Cares, Random Resistance
(live) / 26.06. - Johannes Heil, Frank Lorber
DÜSSELDORF - HARPUNE
09.06. - Storm, Phoneheads, MC Glacious
BERLIN - POLARTV
05.06. - Octave One (live), Woody, Diringer, Mitja Prinz / 12.06. The Youngsters (live), Woody, Housemeister, Clé, Mike Vamp,
Phonique, Anja Schneider, Avril (live) / 19.06. - Stewart Walker (live), Savas Pascalidis / 26.06. - David Caretta (live), Lodown, Philip
Bader
DÜSSELDORF - UNIQUE
02.06. - Jazzanova / 04.06. - Ascii Disco (live), Gee / 09.06. - London Elektricity / 11.06. - Lady Miss Kier
BERLIN - ROSI'S
12.06. - K_Chico, Tango Chop Suey, Axel Conradt, DJ Phonk, Jonkulator
BERLIN - STERNRADIO
04.06. - D. Hoerste, Mohan, Daniel Sunn / 05.06. - Martin Landsky, Matthias Tanzmann / 11.06. - Kiki, Silversurfer / 12.06. - Reynold,
P.Toile, Schaeben & Boss feat. Schad Privat (live) / 18.06. - Housemeister, Marcus Meinhardt / 19.06. - Michi Noiser, Toby Dreher,
Sascha Mente, Auto Pilot (live), Index ID (live) / 25.06. - Haito, Gianni Vitello / 26.06. - Gebrüder Teichmann, Gabriel Ananda (live)
BERLIN - TAUCHER
22.06. - DJ Krush
BERLIN - TRESOR
02.06. - Joey Beltram, Todd Bodine, Sven VT / 12.06. - Sasse aka
Freestyleman, James Flavour, Leo Krafzcyk, Mad Max, Luke / 18.06.
- Dan Curtin, Sirko Müller, Sweetn.Dandy, Vinvent Vega, L-Sys,
Sven Weisemann / 19.06. - Tama Sumo, MGI, Jaxson, Delicut, RePlay (live), Jonzon, Talisman, Toxic Twin / 23.06. - Hannes teichman, Dave DK, Zenta / 26.06. - Daffy, Sebrok, Miss Yeto, Micha
Klang, Kriek / 30.06. - Sex In Dallas (live), Kitt Yo DJ-Team
BERLIN - WATERGATE
04.06. - Appollo, Defiant, Metro, MC Santana, Such A Sound Soundsystem / 05.06. - Luke Solomon, Justin Harris, Tom Clark, Jens
Bond, Carsten Klemann, Markus Meinhardt / 11.06. - Ryan, Xplorer,
Tease, MTC Yaw, Syncopix, Bassface Sascha, metro, MC Soultrain,
Kon, Amir, Hype / 12.06. - M.I.A., Philip Bader, Jammin Unit (live),
Losoul, Gebrüder Teichmann, Brian Cares, Girlzklub (live) / 18.06.
- Lars Lavendel, Scamp, Appollo, Defiant, Best Seven DJ-Team /
19.06. - Naughty, Terence Fixmer & Douglas McCarthy (live), Acid
Maria, Dinky, Giovanni Moscatello / 24.06. - Jens Bond, Nick
Höppner, Carsten Klemann, Anja Schneider, Ewan Pearson,
Naughty, Woody, Toom Clark, Valis, Daniel Best, Defiant, Metro,
Appollo, Sebo K, Ralf Kollmann / 25.06. - High Contrast, Tomahawk, Syncopix, SP MC, Metro, Jazzanova, Chris Goss / 26.06. - Daniel Bell, Anja Schneider, Shumi, Sasse aka Freestyleman, Disko,
Ralf Kollmann
BERLIN - WMF-SOMMERLAGER
05.06. - Stachy, Sachwitz & Wetzel, Lopazz feat Casinio Casino (live) / 11.06. - Koze, Felix Axster, Isolee (live), Captain Comatose (live), 3 Normal Beatles (live) / 12.06. - Luciano (live), Highfish, Sven
VT / 19.06. - Mense Reents, (live), Pantha Du Prince (live), Turner,
C.Jost / 25.06. - Cle, Dixon, Terrible / 26.06. - Mitte Karaoke vs.
Herrmann Battle, Sascha Funke, Bassdee, Morris
CHEMNITZ - VOXX
12.06. - Puppetmastaz, Raccon & Angel Dust, Pitchtuner, Eskimo
DÜDINGEN - BAD BONN
12.06. - Kammerflimmer Kollektief, Chicks On Speed, Dat Politics,
Patrick Wolf
FRANKFURT / MAIN - NAXOS-HALLE
14.06. - Frank Bretschneider (live), L.O.S.D. (live), Pingfm (live),
Robert Lippok (live), Senking (live), Kazi Lenker
FREIBURG - ELEKTROLOUNGE
04.06. - SoulPhiction (live), Electron Libre (live, Ephy, Marek Dima
GENF - WEETAMIX
26.06. - Wighnomy Brothers, Luciano, Vincent Lemieux, Serafin,
Sampayo
HAMBURG - CLICK
04.06. - Kid Alex / 05.06. - Jay Haze, Marc Schneider / 12.06. - Repeat Orchestra aka Antonelli Electr., Unique / 18.06. - 433fm.com
/ 19.06. - Alter Ego (live), Cranque, Harre / 26.06. - Reinhard Voigt,
Harre, Henry
HAMBURG - PUDEL
04.06. - Carsten Jost, Lawrence / 05.06. - Phono / 06.06. - Solotempo (live), Mark Boombastik (live), Fred Bigot (live), Cio, Raf,
Superdefekt / 09.06. - Tim Easy, Earl Gay / 12.06. - Marc S., Zoran
Zupanic / 13.06. - Man's Best Friend (live), Bluebird (live), Raf, Superdefekt / 17.06. - Herr Brunswick / 18.06. - Jake, Viktor, Hanse
Pferd (live) / 19.06. - Everlast Soundstation / 20.06. - Megadept (live), Forcefed (live), V8 (live), Leekon (live), / 23.06. - Sex In Dallas
(live), Djusdin / 26.06. - Carsten Jost, Bonnie / 27.06. - Raf, Superdefekt / 30.06. - DJ DC Schuhe
HAMBURG - TANZHALLE ST. PAULI
04.06. - Michael Mayer, Turner / 05.06. - Justin Case, Stanley Ipkiss
/ 08.06. - American Analog Set (live) / 18.06. - Phono, Deine Villa
/ 19.06. - Metope (live), Tobias Schmid / 25.06. - MetroA, metroB
HANAU - LOVE FAMILIY PARK
20.06. - Sven Väth, Richie Hawtin, Ricardo Villalobos, Der dritte
Raum (live), Heiko MSO, D. Diggler / 25.06. - Joni Rewind aka DJ
Dynamite, Action Schmidt, Uh-Young Kim
KARLSRUHE - AKK/ALTES STADION
05.06. - Fym (live), Diane (live)
KARLSRUHE - ERDBEERMUND
19.06. - Jan-Eric Kaiser, B-Trak, Discomat
KARLSRUHE - ETTINGER TOR
19.06. - Kazooo (live), Basteroid (live), Metapop (live), Discomat,
Metroguerilla.org
KIEL - LUNA
05.06. - Jazzanova
KÖLN - APROPO
19.06. - Commix, Drkestar, Fokus, Decon & Mistel, Rui Fernandes
KÖLN - ARTHEATER
05.06. - Walter B38, Miss Dee, Henree, DC, MC My-T
KÖLN - BLUE NOTE
25.06. - Miss Redflower, J-Cut, Kolt Siewersts, Amaning
KÖLN - CAMOUFLAGE
05.06. - Alex Paterson aka The Orb
KÖLN - GRÜZI KLUB
04.06. - Water Lily (live), Martin Landsky, Shumi, Superstyler
KÖLN - JUGENDPARK
09.06. - Decomposed Subsonic (live), Strobocop, Frank Martiniq,
Catya, Konrad Feuerstein, Slowmo Loflow, Schallplattenspieler
Schwenkmusik
THADDEUS HERRMANN
Sven Helwig, Gerd Janson / 25.06. - Ricardo Villalobos, Tobi Neumann / 26.06. - Optimo, Mingo-Go, Ata
OFFENBACH - ROTARI
01.06. - Krystyna / 08.06. - Trackspotter / 11.06. - Peter Schumann
/ 17.06. - Losoul / 25.06. - Christian Strobel, Lovro
RAVENSBURG - DOUALA
04.06. - Dave Clark / 09.06. - Joey Beltram
ROSTOCK - MS STUBNITZ
04.06. - Smash TV (live), Spontin Sisters (live), Kiki, Daniel Nitsch,
Pult
KÖLN - KULTURBUNKER MÜHLHEIM
09.06. - DJ Flight, Artificial Intelligence, Bassface Sascha, MC Lowqui
SCHORNDORF - MANUFAKTUR
05.06. - To Rococo Rot
KÖLN - KÖLNER FILMHAUS
26.06. - Air Liquide (live), Dan Curtin, Don Quishot
STUTTGART - CINÉ COLIBRI
11.06. - M.I.A. (live + DJ)
KÖLN - SENSOR
05.06. - Smash TV (live), Strobocop, Triple R, Epop
STUTTGART - NEUE HEIMAT
05.06. - Dave Tarrida, Attuk, Chris Sonaxx / 12.06. - Simon Wehner,
Daniel Benavente, Zan / 19.06. - Bill Youngman (live), Daniel Früh,
Electric Fuel / 26.06. - Mark Hawkins (live), Shon, Mark Mautz
KÖLN - STADTGARTEN
18.06. - Amaning, J-Cut, Canoma, Kolt Siewerts, Jumpatrol
KÖLN - STUDIO672
04.06. - Tobias Thomas, Superpitcher / 11.06. - Tobias Thomas,
Miss Kittin / 18.06. - Tobias Thomas, Matthias Schaffhäuser /
25.06. - Tobias Thomas, Michael Mayer
KÖLN - SUBWAY
05.06. - Mo, Matias Aguayo, Christian S / 12.06. - Erlend Oye /
25.06. - Akshun Schmidt, Uh-Young Kim / 26.06. - Jan-Eric Kaiser,
Marc Lansley
LEIPZIG - DISTILLERY
04.06. - Vela, CFM, Con.Struct, Criticale, Francis, Isa, Nanobot, Sevensol, Sketch / 05.06. - Dixon, Georg Levin, Sevensol+Bender,
Isa, Luke, Rentek, 313 / 12.06. - Robert Hood, Stalker, Steven Curl,
Dreas, Remasuri / 18.06. - Nu:Tone, Soulslide, Jay, MC Phowa,
Upliftment International, Nine & Denize / 19.06. - Chris Manura,
Niklas on Sax (live), Lars Christian Mueller, Frog / 26.06. - Phonique, Matthias Tanzmann, Innocent Lovers, Marlow, Claudia Nehls
(live), Karoline Koerbel (live)
MANNHEIM - MS CONNECTION
04.06. - Randell, Fierce, Soulsurfer, MC Fun, MC Sinista / 05.06. Paul Kalkbrenner (live), Autotune (live), Abteilung Ton (live), Housemeister, Sven Dohse, Gianni VItiello, Haito, Philip bader, Doorkeeper, Ralph Ballschuh / 09.06. - Phonique, Daniel Rajkovic /
11.06. - Suzi Wong, Biomachine, Heiza, Jean Ferre, Anarki, Hirte
MÜNCHEN - KRANHALLE
04.06. - Umek / 05.06. - Peabird, Amre, El Ektro, Hit Stop / 09.06.
- Dave Clarke, Phil Kieran, Joshua, Mcghee, Aduio Underwear (live), 550 Rondy
OFFENBACH - HAFEN 2
13.06. - Sodastream (live) / 15.06. - Mono (live) / 26.06. - Falko
Brocksieper, Jeannette Kilchenstein
OFFENBACH - ROBERT JOHNSON
04.06. - Philipp Maiburg, Miguel Ayala, MC Glacius / 11.06. - Michael Mayer / 12.06. - Yannick, Marek, Lars Bartkuhn / 18.06. - Wighnomy Brothers, Martini Brös (live) / 19.06. - Thomas Hammann,
raste_02
ein musikalisches vorhaben_
_distributed by ...
>> samstag >12. juni // sonntag >13. juni >2004 >weimar // montag >14. juni >2004 >frankfurt a.m. <<
WEIMAR - E-WERK
12.06. - Senking (live), Robert Lippok (live), Ushi Hupe, kazi Lenker
/ 13.06. - Frank Bretschneider (live), Pingfm (live), L.O.S.D. (live),
Peter D
WIEN - ICKE MICKE
25.06. - Patrick Pulsinger, Tibcurl, Baumann
WUPPERTAL - 45 RPM
18.06. - Chopper, MC Glacious
WÜRZBURG - DAS BOOT
11.06. - Steve Bug, Ekki Eletrico, Ali.S. / 11.06. - Steve Bug, Ekki Eletrico, Ali.IS / 11.06. - Steve Bug
ZEULENRODA - UNO
05.06. - Roman Flügel, Silversurfer, Mathias Kaden
ZÜRICH - BOGEN 13
25.06. - Megadebt, La Mano Fria, V8, Force Fed, Original Hamster
(live), Intricate
ZÜRICH - BOSCHBAR
28.06. - Original Hamster (live)
ZÜRICH - DACHKANTINE
26.06. - Original Hamster, Dorfmeister, Alex Dallas
ZÜRICH - DANIEL H.
27.06. - Wighnomy Brothers
ZÜRICH - ROHSTOFFLAGER
05.06. - Green Velvet, Mikky B., Aldo Kapone / 11.06. - Zinc & MC
Dynamite, / 12.06. - Cari Lekebusch, Eric Borgo, Trisha / 19.06. Laurant Garnier / 25.06. - Brockiee & MC Det, Fine Style, Scud
alle Angaben selbstverständlich ohne Gewähr. Tägliche Updates
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in concert:
| senking >koeln< | robert lippok >berlin< | pingfm >weimar< | l.o.s.d. >amsterdam< | frank bretschneider >chemnitz<
dj:ing: | ushi hupe >berlin< | kazi lenker >berlin< | peter_d. >amsterdam< ||| lesung: | thomas meinecke >muenchen<