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*74 - 77 Reise Argentinien_00 Inhalt Relaunch 19.10.14 18:55 Seite 74 REISE Die Aussicht vom Hochgebirge genießen Argentinisches Abenteuer Paco will nicht. Seit fünf Minuten zerre ich an dem Strick um seinen Hals, aber Paco knabbert an Ästen und trödelt herum, während meine Wandergruppe mit ihren Tieren längst um die nächste Ecke verschwunden ist. Paco ist ein Lama, und das hier ist ganz offensichtlich seine legitime Rache für mein gestriges Abendessen: Ich bin in den argentinischen Anden, und dort steht Lama – perdón, Paco! – genauso häufig auf der Speisekarte wie Rindfleisch (und schmeckt auch sehr ähnlich). Argentinien, das war für mich bisher Buenos Aires, Tango, Patagonien und Wein aus Mendoza. Jetzt bin ich in Jujuy, zwei Flugstunden von der Hauptstadt entfernt, und höre mich den ganzen Tag „Oooh!“ und „Aaah!“ sagen. Die nördlichste Provinz des Landes grenzt an Chile und Bolivien und beeindruckt mit farbigen Felsformationen, Bergschluchten, Salzfeldern, Nebelwäldern und einer Hochwüste. Hier leben die Nachfahren der Inkas und Gauchos, und deren Göttin Pachamama ist noch allgegenwärtig: Die Steinhaufen mit leeren Fla74 schen und Zigaretten, die man häufig am Straßenrand sieht, sind nicht etwa kleine Müllhalden, sondern Opferstätten für die Erdmutter, die eine frühe queere Figur ist, denn sie vereinigt weibliche und männliche Kräfte in sich. Mountainbiking, Reiten, Bergsteigen und Trekking mit und ohne Lamas stehen hier hoch im Kurs. Meine Reisegruppe, sechs lesbische und schwule Stadtmenschen (die Lamawanderung – ich geb’s ja schon zu – war keine zwei Kilometer lang), schaukelt lieber im Kleinbus auf endlosen Serpentinen durch die Quebrada de Humahuaca. Die nahe der Hauptstadt San Salvador de Jujuy gelegene Schlucht, früher Teil des Inka-Trails und heute UNESCO-Kulturerbe, bietet eine buchstäblich atemberaubende Aussicht: Auf einer Höhe von bis zu 4.200 Metern ist die Luft dünn, langsames Gehen und tiefes Atmen sind angesagt. Prunkstück der Quebrada ist der Cerro de los Siete Colores, der Berg der sieben Farben – die Regenbogenfahne von Jujuy, wenn man so [Fotos: Secretaria de Turismo Jujuys] Ganz im Norden von Argentinien liegen Jujuy und Salta. Wie L-MAG-Autorin Karin Schupp berichtet, sind die eindrucksvollen Gebirgsregionen vor allem bei Lesben beliebt L-MAG *74 - 77 Reise Argentinien_00 Inhalt Relaunch 19.10.14 18:55 Seite 75 will. Vor der Weiterfahrt ist das benachbarte Dorf Purmamarca mit seinem Kunsthandwerksmarkt einen Abstecher wert. Hier, wie in ganz Jujuy, wird turismo rural de base comunitario gelebt, ein verantwortungsbewusster Tourismus, den die Dorfgemeinschaften selbst organisieren: nur regional hergestellte Souvenirs, kleine Bodegas und Hotels, die sich dem traditionellen Adobe-Baustil anpassen. Und natürlich ist, Touristen hin oder her, während der Siesta von 13 bis 17 Uhr fast alles geschlossen. Ein sympathisch entspanntes Land! Liberal, lässig und lesbisch Ganz in der Nähe liegt eine der wichtigsten archäologischen Stätten Argentiniens. Der Pucará de Tilcara ist die rekonstruierte Festung des Omaguaca-Volks, die als Ureinwohner der Gegend gelten. Unser Tag endet in Humahuaca, einem Städtchen im Kolonialstil mit zahlreichen kleinen Hotels, Hostels und Restaurants. In der örtlichen Markthalle kann man die regionalen Gewürze beschnuppern und die Lieblingstees der Einheimischen probieren, das sehr gewöhnungsbedürftige Nationalgetränk Mate – unglücklicherweise muss man die Tasse austrinken, weil sonst, so heißt es, dein Gegenüber all deine Geheimnisse erfährt! – oder den an Yogi-Tee erinnernden Api aus violettem Maismehl. Ein magischer Ort sind die Salinas Grandes im Südwesten der Provinz. Die riesige Salzwüste in über 3.000 Metern Höhe ist weißer als weiß (und heißer als heiß: Sonnenschutz und Getränke mitbringen!), nur unterbrochen durch die intensiv blau leuchtenden Wasserbecken, die zur Salzgewinnung ausgehoben werden. Jujuy sei bei lesbischen Touristinnen beliebt, erzählt unsere Reiseleiterin Monserrat, während wie auf Bestellung zwei Frauen auf Fahrrädern vorbeirollen. Na klar: Abenteuerurlaub, günstige Preise (im Restaurant kommt man mit unter 10 Euro pro Person weg), eine sichere, gastfreundliche Region und eine liberale Homo-Gesetzgebung, denn Argentinien legalisierte als erstes lateinamerikanisches Land die HomoEhe, die übrigens auch Touristen erlaubt ist. Außerhalb des kleinen CSDs in der Hauptstadt ist Homosexualität hier allerdings nahezu unsichtbar. Dennoch: „Leben und leben lassen“ laute die argentinische Devise, wie ich überall zu hören bekomme. Dem würde ich indes noch eine großzügige Prise „Blindheit für Frauenpaare“ beimischen. Wer Lesben treffen will, sollte es im Vieja Violeta in San Salvador de Jujuy probieren. Der von zwei Schwestern geführte Club im charmanten Flohmarkt-Look hat ein homo-heterogemischtes Publikum. gleichnamigen Provinz südlich von Jujuy, die mit ihrer Kolonialarchitektur als „spanischste Stadt“ Argentiniens gilt, hat eine lebendige LGBT-Szene, feierte im Oktober ihre erste „Parade für die Sichtbarkeit von Lesben“ und im November ihren bereits 11. Gay Pride. Der inoffizielle Lesben-Treffpunkt Saltas, die Pizzeria Qui Resto Bar, liegt direkt um die Ecke der Kneipenstraße Balcarce, in der Touristen und Einheimische bei Essen, Live- und Clubmusik ganz ohne Ballermann-Atmosphäre bis weit nach Mitternacht feiern. Im schönen Vorort San Lorenzo liegt das kleine Hotel Azarenko, das einzige lesbischschwule Hotel Argentiniens, dessen rühriger Eigentümer Ricardo Guede gerne mit Tipps zur Seite steht. Die Provinz Salta – „die Schöne“ heißt das auf Quechua, der Sprache der Ureinwohner – ähnelt Jujuy in seiner spektakulären Natur und dem entsprechenden Aktivurlaub-Angebot, konzentriert sich aber stärker als der urwüchsige Nachbar auch auf Wellnesstourismus. Vor allem in der Weinregion rund um das Städtchen Cafayate locken schicke Landhotels im Fincastil mit Spa, Pool sowie einem europäisch ho- Urwüchsig und einsam wirkt die Landschaft im Norden Wein, Weib und Wellness Mehr Regenbogen als nur der Cerro de los Siete Colores bietet das 70 Kilometer entfernte Salta. Die Hauptstadt der L-MAG 75 *74 - 77 Reise Argentinien_00 Inhalt Relaunch 19.10.14 18:55 Seite 76 REISE Der Norden des Landes eignet sich hervorragend zum Trekking Die Reise fand auf Einladung von Argentina Travel statt. L-MAG-Autorin Karin Schupp mit ihrem treuen Reisebegleiter, dem Lama Paco. Gerne hätten wir dieses tolle Foto größer und in Farbe gebracht, wenn sich Karin vor Ort nur nicht so einen starken Sonnenbrand zugezogen hätte. 76 REISETIPPS Anreise: über Buenos Aires nach San Salvador de Jujuy oder Salta. Beste Reisezeit: ganzjährig; außerhalb der sommerlich-heißen Hochsaison im Januar und Februar sind die Hotelpreise deutlich günstiger. Sprache: Spanischkenntnisse sind sehr hilfreich, denn viele Argentinier sprechen kein Englisch. Die internationale Gestensprache funktioniert zur Not aber auch gut. Geld: Holt euch Bargeld, wo’s geht: Außerhalb der Städte kann man selten mit Kreditkarte zahlen und die wenigen Geldautomaten haben meist ein Limit von unter 100 Euro. Außerdem solltet ihr Kleingeld sammeln, da kleine Händler oft nur wenig Wechselgeld haben. Adressen: Club Vieja Violeta, San Salvador de Jujuy, www.es-la.facebook.com/ViejaVioleta Pizzeria Qui Resto Bar, Calle Zuviria 406, Salta Hotel Azarenko, San Lorenzo, www.azarenkohotel.com [Fotos: Secretaria de Turismo Jujuys, privat, istock.com] hen Preisniveau. Aber auch Backpackerinnen sollten die höchstgelegene Weinstraße der Welt nicht auslassen: Die Weinberge auf über 3.000 Metern Höhe sehen aus, als hätte jemand die Toscana mitten ins australische Outback versetzt, und entlang der Ruta del Vino laden viele Winzer zur Weinprobe ein. Die argentinischen Weine Malbec (rot) und Torrentés (weiß) sollten auf gar keinen Fall unversucht bleiben. Ein genussreicher Abschluss der Reise ganz nach meinem Geschmack! Nein, zur Abenteuer-Touristin hat mich auch der Norden Argentiniens nicht gemacht, aber wenn ich mal eine Trekkingtour in Erwägung ziehen würde, dann nur dort. Und, ganz gemächlich, mit Paco! L-MAG *74 - 77 Reise Argentinien_00 Inhalt Relaunch 19.10.14 18:55 Seite 77 REISEMARKT FRAUEN UNTERWEGS FRAUEN REISEN FRAUENBILDUNGSUND TAGUNGSHAUS ZÜLPICH www.frauenunterwegs.de Lust auf Urlaub und Erholung? WOMAN FAIR TRAVEL Von nah bis fern, in Europa & weltweit: Städte- & Studienreisen, Rad-, Wander-, Wüsten- & Huskytouren, Bildungsurlaub & Begegnungsreisen, Klosteraufenthalt, Segeln, Singen, Tanzen, Skilauf, Klettern, Tauchen, Wellness! Frauenreisen seit 30 Jahren! Unser Garten, der große Innenhof, der Meditationsraum und die Sauna laden ein zum Entspannen und Urlaub machen. Landesgartenschau 2014: Vom 16.4. bis 12.10. ist die RömerInnenstadt Zülpich Gastgeberin für Garten- und Blumenfans. Wir bieten Zimmer für Frauen und Eintrittskarten an! Das neue und langjährig erfahrene Frauenreiseunternehmen mit über 200 Gruppenreisen: Sinnlich, naturnah, kreativ und aktiv. Genuss und Muße, Bewegung und Entspannung. Weltweit und ganz nah. Vom Annapurna bis nach Zanzibar fast alles. 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