Pressetext als PDF - Migros Museum für Gegenwartskunst

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Pressetext als PDF - Migros Museum für Gegenwartskunst
Mark Leckey
23. August bis 2. November 2003
1993 – auf dem Höhepunkt des Ruhmes der Young British Artists – entzog sich der Londoner
Künstler Mark Leckey den tumultartigen Zuständen auf der Insel und ging nach San Francisco.
Sechs Jahre später kehrt er nach London zurück mit dem Video Fiorucci Made Me Hardcore,
einem 15 minütigen Trip in das Epizentrum britischer Jugendkultur von dem Kritiker sagen, es
sei das Beste, was sie jemals gesehen haben.
Die geschilderte London-Amerika-Connection erinnert an die Mitte der 60er Jahre, genauer gesagt an
das Jahr 1964 – dem Geburtsjahr Mark Leckeys, als die Beatles sensationelle Erfolge in den Staaten
feierten und London gemeinsam mit ihnen in das Zentrum der Popkultur katapultiert wurde.
Höhepunkt des Pops waren zweifellos die späten 60er Jahre. In den darauffolgenden fünf Jahren
folgte eine Phase der Ernüchterung, die Ende der 70er von der Dance-Music, also von Disco abgelöst
wurde. Mit dieser Entwicklung rückte der Club – nach den Konzerthallen der neue Geburtsort
kultureller Codes – in das Zentrum der Aufmerksamkeit. Die hedonistischen Versprechen der 60er
Jahre wurden nun endlich für alle erschwinglich: der Funky-Chic war geboren. Fiorucci Made Me
Hardcore (1999) ist der Zusammenschnitt von Dokumentationsmaterial aus 25 Jahren DancehallGeschichte. Der visuelle Essay lässt uns Zeuge an einem seismografischen cultural shift werden,
daran, wie sich Acid House gegenüber dem Northern Soul der 70er durchgesetzt hat. Mark Leckey
selbst versteht Fiorucci Made Me Hardcore als eine Hommage an sämtliche Dance-Szenen, als
etwas, das er im Akt des Filmens zwar rahmt, das aber für sich genommen allein schon
atemberaubend ist. We are (untitled) aus dem Jahr 2001 inszeniert als Nachfolgeprojekt das
generationsübergreifende Erleben einer hedonistischen Flucht auf dem Höhepunkt der Ravekultur.
Das 8-minütige Video wurde mit professionellen Schauspielern, Technikern und Stylisten gedreht: Die
Boys warten auf Drogen und Musik, üben sich im Posen, in Coolness. Das, was wir dabei sehen, ist
nicht in den Sekundenbruchteilen der sichtbaren Bilder – mitunter blitzt eine Chanel-Brille, ein
Moschino-T-Shirt im Stroboskop-Licht auf – die eigentliche Story liegt verborgen in den Schwarzbildern dazwischen, als ein Kompendium all dessen, was jemals über Pop geschrieben und erzählt
wurde.
Londonatella (2002) ist der Titel einer Videoarbeit mit dem Glam-Trash-Duo donAteller. Der Name der
Band ist eine Referenz an die Schwester von Gianni Versace und bezeichnet ein laufendes
Gemeinschaftsprojekt Mark Leckeys mit Ed Liq. Die Produkte dieser Zusammenarbeit sind
Studioaufnahmen (Radiohead, 2001) und Liveauftritte. Als Produzent von donAteller ist Mark Leckeys
Bühnenpräsenz bei dem Projekt minimal. Sie beschränkt sich auf Background-Vocals und kurze
Auftritte in seinem Aquascutum ©-Regenmantel. Bild- und Tonspur werden in seinen Produktionen
gleichermassen gesampelt: Sie durchlaufen Filter und erleiden dabei Distorsionen von einem
Ausmass, dass das Original kaum mehr auszumachen ist. In Londonatella agiert ein dandyhaftes
Paar vor dem Pastiche eines viktorianischen Londons. Leckey führt – den Fortschritten der Popkultur
sei es gedankt – das weibliche Equivalent zum Dandy ein: Sowohl der männliche, als auch der
weibliche Part des Duos ist angefüllt mit einer Androgynität, die sich komplementär zueinander
verhält. Zusammen mit den Bildern des ausgebrannten Big Bens ist all das ein opulentes ScienceFiction-Manifest, das zugleich Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft umschliesst. Die Installation
Soundsystem von 2002/2003 hingegen ist eine Art akustisches Standbild, ein monolithisches
Wiedergabegerät, das über die Methode des Samplings, des Sezierens von Soundquellen ein Zerrbild
seiner Umgebung bereithält.
Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an die Kuratorin Heike Munder.
migros museum für gegenwartskunst
Limmatstrasse 270
8005 Zürich
Das migros museum für gegenwartskunst ist eine Institution des Migros-Kulturprozent.
www.kulturprozent.ch