polarisierender ex-popstar - chilli:freiburg:stadtmagazin
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local_11_10.qxd 10.12.2010 9:33 Uhr Seite 2 FREIBURG PORTRAIT POLARISIERENDER EX-POPSTAR Marc Terenzis Erfolg lässt sich auch an der Zahl seiner Neider erkennen Foto: © Felix Holm F reiburg und der Boulevard – kaum eine zweite deutsche Stadt scheint so wenig in der Klatschpresse präsent zu sein wie die Breisgau-Metropole. Vor knapp vier Jahren änderte sich diese Situation zumindest ein wenig: Marc Terenzi, bekannt vor allem durch seine Vergangenheit als Boygroup-Sänger und seine Ehe mit der Sängerin Sarah Connor, startete im Europapark Rust seine Terenzi-Horror-Nights. Plötzlich hatte Freiburg einen B-Promi. Seither polarisiert der Künstler: Die einen verdammen ihn für seine Vergangenheit, die anderen respektieren ihn für seine preisgekrönten Shows. 12 CHILLI NOVEMBER 2010 Es ist nicht gerade so, dass die eher biederen Badener sich darüber freuen würden, dass der 32-Jährige ein wenig Rampenlicht nach Freiburg bringt – vielmehr reagieren die meisten Leute irritiert, wenn sie mit dem Popstar konfrontiert werden. Insbesondere die Fernseh-Serie „Sarah & Marc in Love“, bei der die beiden Protagonisten ihre Hochzeitsplanungen vor der Kamera zelebrierten, hat den Popstar in sogenannten „gebildeten“ Kreisen ins Abseits gerückt. „Ich und Sarah waren sehr offen und ehrlich in der Sendung, die wir für unsere Fans gemacht haben“, erklärt Terenzi, „wir haben den Leuten aber nicht unser ganzes Leben gezeigt, sondern Ausschnitte aus fünf Monaten Hochzeitsvorbereitung.“ Für ihn ist daher der Vorwurf, das Paar habe sich damals verkauft, nur schwer nachvollziehbar. Andererseits gibt er aber auch nicht viel auf die Stimmen derer, die ihn dafür kritisieren: „Jemand hat einmal gesagt: Du kannst Erfolg nicht daran messen, wie viele Leute dich mögen, aber daran, wie viele dich nicht mögen.“ Demnach hat der Vielkritisierte mehr Erfolg als manch anderer, und für ihn ist das Thema „Neider“ damit auch erledigt. Der US-Boy ist eigentlich ein sympathischer Kerl: Wenn er sich unterhält, local_11_10.qxd 10.12.2010 9:33 Uhr Seite 3 funkeln seine freundlichen braunen Augen, er ist zuvorkommend, wirkt zufrieden und selbstbewusst. Dazu hat er auch guten Grund. Abgesehen von seiner Ehe, die ohne Schlammschlacht zu Ende ging, ist ihm das meiste, was er bislang im Leben angepackt hat, gelungen. Seine Jugend verbringt Terenzi im USBundesstaat Massachusetts. Nach der Highschool absolviert er dort eine Paramedic-Ausbildung mit Level II, dem höchsten Abschlussgrad. Als Rettungsassistent arbeitet er anschließend in einem New Yorker Krankenhaus. Menschen und insbesondere Kinder bei Unfällen sterben zu sehen, bringt ihn aber schließlich dazu, aus dem Beruf auszusteigen. „Du musst ein bestimmter Typ Mensch sein, um so etwas täglich auszuhalten“, erklärt der zweifache Vater, „ich habe großen Respekt vor diesen Leuten, die in dem Job arbeiten, obwohl sie wissen, dass sie nicht jeden retten können.“ In Orlando startet der anfang 20-Jährige dann seine zweite Karriere als Tänzer in den Disney-Studios und gründet nebenher mit vier Kumpels die Boy-Band Natural. Lou Pearlman, der Cousin von Art Garfunkel, entdeckt das Quintett, nimmt sie unter Vertrag und schickt sie – mehr oder weniger testweise – auf Deutschlandtour. Natural kommen zunächst gut beim Publikum an, zwar nicht in den USA, dafür aber in anderen Ländern, und so gehen die Fünf auf Welttournee. „In Japan waren wir auf Platz eins bis drei zur selben Zeit, und als wir auf den Philippinen aus dem Flugzeug gestiegen sind, haben wir uns wie Präsidenten gefühlt“, berichtet Marc, der bei Natural Gitarre gespielt hat, „die Erfahrung, in einer Boy-Band mitzumachen, war großartig. Aber man wird erwachsen und ändert sich, bei mir war das wohl der Moment, als ich Sarah kennengelernt habe.“ Die Norddeutsche wird schwanger, Terenzi ist somit für die Boyband mit dem Teenie-Image nicht mehr tragbar, und Natural löst sich in der Folge auf. In der Zeit mit der Sängerin arbeitet der vieltätowierte Musiker an seinem ersten Solo-Album „Awesome“, das 2005 immerhin auf Platz acht der Albumcharts vordringt. Sein zweites Album „Black Roses“ von 2008 hat weniger Erfolg und landet nur auf Platz 31, zu dem Zeitpunkt hat sich Terenzi aber bereits seiner dritten Karriere zugewandt: Auf einer Party lernen er und Connor Michael Mack kennen, Sohn des Europapark-Chefs Roland Mack. Michael Mack lädt die beiden zu sich ein, und bei einem nächtlichen Gespräch an der Bar berichtet der Sänger dem Manager von Horror-Shows aus den Disney-Studios und was man daran besser machen könnte. Mack erkennt schnell das Entertainer-Talent von Terenzi, und so werden die Horror-Nights geboren. Seit nunmehr vier Jahren schockt der inzwischen geschiedene Ex-Sänger jährlich 35.000 Leute mit seinem Konzept: Die Gäste werden dabei durch Räume geführt, in denen verschiedene an Szenen aus bekannten Horrorfilmen erinnernde Sets auf sie warten. Im Gegensatz zu einer herkömmlichen Geisterbahn sind die Zuschauer und die Kulisse hier aber nicht strikt voneinander getrennt: Wer zu lauter Rockmusik durch die dunklen und verwinkelten Gänge könnte läuft, ist ständig Teil sein der schrecklichen und vor allem blutigen und brutalen Splattergeschichten, die sich hier abspielen. 150 größtenteils martialisch geschminkte Schauspieler tummeln sich auf dem gesamten Gelände, das jedes Jahr nur zur Halloween-Zeit von Anfang Oktober bis Mitte November zugänglich ist und erst bei Dunkelheit geöffnet wird. 2010 wurde erstmals auch ein 4200 Quadratmeter großes Maislabyrinth integriert, das sogenannte „Field of Screams“. Sämtliche Ideen für die Terenzi-Horror-Nights kommen dabei von ihrem Namensgeber, weswegen der sich auch lieber als „Creator“ bezeichnet und nicht mehr länger als Pop- oder Rockstar – ein Teil der HintergrundMusik in den Shows entstammt nichtsdestotrotz ebenso seiner Feder. Für das Event, in das der Park laut Terenzi jährlich knapp 600.000 Euro investiert, ist der Gruselfilmfan bei den diesjährigen Screamie-Awards in Lon- „Ich ein F-Promi “ Fotos: © Europa-Park FREIBURG PORTRAIT Einst Boygroup, heute Horrormanager: Marc Terenzi zieht mit seinen Shows im Europapark jedes Jahr 35.000 Gruselbesucher an. don mit dem Award für die „Best International Attraction“ ausgezeichnet worden. Die Horrornights sind dabei vor vergleichbaren Shows aus den Universal-Studios in Florida oder dem Disneyland in Paris gelandet – Terenzi bringt den Breisgau auf die Weltkarte der Unterhaltung. Das wiederum wollen seine Kritiker so wahrscheinlich gar nicht sehen. Sie reiben sich weiterhin an seiner Popstar-Vergangenheit, machen sich über seine gescheiterte Ehe, die Entfernung seiner Liebestattoos und seine Beziehungen zu It-Girls wie dem Modell Gina-Lisa Lohfink lustig und beschimpfen den Ami als C-Promi. „Ich könnte ein F-Promi sein, das ist mir egal, solange das Event erfolgreich ist“, rückt der Ex-Popstar lieber seine Arbeit in den Fokus, „die Leute kommen und hassen mich, werden hier schockiert und am Ende ziehen sie vor mir den Hut.“ Felix Holm NOVEMBER 2010 CHILLI 13