Medienwissenschaftlicher Hintergrund
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Medienwissenschaftlicher Hintergrund
1 Über dieses Lernmodul Impressum Das Projekt JAM! – Jugendliche als Medienforscher verbindet Medienforschung und Medienbildung mit der Idee des forschenden Lernens. Schüler(innen), die ihre eigene Mediennutzung mit einfachen wissenschaftlichen Methoden beobachten, auswerten und darstellen, - so die Grundidee des Projekts - entwickeln im Prozess zahlreiche methodische, fachliche und soziale Kompetenzen. Zugleich werden sie dazu angeregt, die eigene alltägliche Mediennutzung zu reflektieren. Das vorliegende Lernmodul besteht aus zwei Teilen: Teil 1, der medien- und sozialwissenschaftliche Hintergrund wurde von der ecmc Europäisches Zentrum für Medienkompetenz GmbH, Teil 2, das didaktische Konzept wurde von Schulen ans Netz e.V. entwickelt. Weitere Informationen zum Projekt sind auf der Projekt-Website zu finden: www.projekt-jam.de Oktober 2007, aktualisiert Mai 2010 2 Inhalt Über dieses Lernmodul.................................................................................. 5 Teil 1: Medien- und sozialwissenschaftlicher Hintergrund.................... 6 1 Hintergrundinformationen Chatten....................................................... 7 1.1 Kommunikation im Chat ........................................................................ 7 1.1.1 1.1.2 Begriff und Bedeutung............................................................. 7 Wie chattet man? - Funktionsweise von Chats................................... 8 1.1.3 Sprache im Chat.....................................................................13 1.1.4 Chatanbieter ..........................................................................20 1.1.5 Gefahren und Jugendschutz ....................................................24 1.2 Internet- und Chatnutzung durch Jugendliche .....................................30 1.3 Bedeutung des Chatten für den Lebensalltag Jugendlicher....................37 2 Der Forschungsprozess......................................................................42 2.1 Worum geht es? Vom Phänomen der sozialen Realität zum Forschungsinteresse..........................................................................42 2.2 Was wollen wir herausfinden? Formulieren der Forschungsfrage(n) und Vermutungen über Zusammenhänge ..................................................44 2.3 Wie wollen wir es herausfinden?.........................................................47 2.3.1 Wahl der Forschungsmethode .................................................47 2.3.2 Festlegung des Untersuchungsmaterials ...................................50 2.3.3 Das „Werkzeug“: Codebuch, Kategorien und ihre Ausprägungen 54 2.3.4 Wahl der konkreten Kategorien ...............................................56 2.4 Wie führen wir die Untersuchung durch? Stichprobe und Durchführung der Untersuchung .............................................................................67 2.5 Was ist das Ergebnis unserer Untersuchung? Verarbeitung, Auswertung und Interpretation der Daten .............................................................70 2.6 Was haben wir aus unserer Untersuchung gelernt? Aufbereitung und Interpretation der Ergebnisse.............................................................72 3 Literatur ...........................................................................................75 3 Materialverzeichnis Abbildung 1: Chatauszug aus dem Schulhofchat, 12.03.2007 .......................................11 Abbildung 2: Soziodemografie der Onlinenutzer ..........................................................30 Abbildung 3: Computer und Internet bei Jugendlichen 2009 ........................................31 Abbildung 4: Medienbeschäftigung in der Freizeit 2009 ...............................................32 Abbildung 5: Weitere Medien im Haushalt 2009 (Auswahl) – nach Bildungsgrad............33 Abbildung 6: Aktivitäten im Internet – Schwerpunkt Kommunikation ............................34 Abbildung 7: Chatrooms: Nutzungsfrequenz 2006 .......................................................35 Abbildung 8: Inhaltliche Verteilung der Internetnutzung 2010 ......................................36 Abbildung 9: Erfahrungen mit Verletzung von Persönlichkeitsrechten, Verleumdungen und Cyber- Mobbing .................................................................................................41 Abbildung 10: Einschätzung http://www.schulhofchat.de.............................................52 Abbildung 11: Auszug aus Chatforum www.schuhofchat.de .........................................53 Abbildung 12: Nicknames ..........................................................................................64 Tabelle 1: Gängige Acronyme ....................................................................................15 Tabelle 2: Emoticons .................................................................................................16 Tabelle 3: Ausgewählte Chats ....................................................................................23 Tabelle 4: Chat-Tipps für Jugendliche .........................................................................28 Tabelle 5: Vergleich Befragung und Inhaltsanalyse......................................................50 Tabelle 6: Codebuch – Formales ................................................................................59 Tabelle 7: Codebuch – Themenspektrum ....................................................................61 Tabelle 8: Codebuch – Emotionen ..............................................................................62 Tabelle 9: Codebuch – Sprache / Stil 1 .......................................................................63 Tabelle 10: Codebuch – Sprache / Stil 2 .....................................................................65 Tabelle 11: Codebuch – Beziehungsebene ..................................................................66 4 Über dieses Lernmodul Das Projekt JAM! – Jugendliche als Medienforscher verbindet Medienforschung und Medienbildung mit der Idee des forschenden Lernens. Schüler(innen), die ihre eigene Mediennutzung mit einfachen wissenschaftlichen Methoden beobachten, auswerten und darstellen, - so die Grundidee des Projekts - entwickeln im Prozess zahlreiche methodische, fachliche und soziale Kompetenzen. Zugleich werden sie dazu angeregt, die eigene alltägliche Mediennutzung zu reflektieren. Vier Lernmodule zu den Medien Fernsehen, Handy, Internet und Computerspiele sind das inhaltliche Kernstück des Projekts JAM! Sie sind der medienwissenschaftliche und didaktische Werkzeugkasten für Jugendliche als Medienforscher und sollen es Lehrer(innen) an Hauptschulen ermöglichen, Medienforschungsprojekte gemeinsam mit den Schülerinnen und Schülern zu entwickeln und umzusetzen. Im Vordergrund steht der medienpädagogisch aufbereitete Prozess des Fragens, Beantwortens und Reflektierens. Das vorliegende Lernmodul beschäftigt sich mit dem Medium Internet-Chat und der Methodik der Inhaltsanalyse. In Teil 1 wird der medien- und sozialwissenschaftliche Hintergrund von Internet-Chats anhand der Punkte (1.1) Kommunikation im Chat, (1.2) Internet- und Chatnutzung durch Jugendliche und (1.3) Bedeutung des Chatten für den Lebensalltag Jugendlicher, dargestellt. Daran anschließend wird der Forschungsprozess auf der Grundlage der exemplarisch gewählten Forschungsfrage „Wie und worüber kommunizieren Jugendliche im Chat?“ mithilfe von sechs Leitfragen im Detail beschrieben (2.1 bis 2.6). Literaturangaben und weitere Informationen (3) runden den Teil 1 ab. Teil 2 basiert auf den Grundlagen von Teil 1 und setzt diese didaktisch in Form eines Unterrichtsleitfadens um. Der Forschungsprozess mit den sechs Leitfragen wird auf sechs Doppelstunden abgebildet. Für jede Woche (2.1 bis 2.6) werden Lernziele, Hintergrund sowie Durchführung einer Doppelstunde mitsamt Arbeitsblättern, Folien, didaktischen Hinweisen und Materialien beschrieben. 5 Teil 1: Medien- und sozialwissenschaftlicher Hintergrund 6 Hintergrundinformationen Chatten 1 Hintergrundinformationen Chatten Das erste Kapitel gibt einführende Informationen rund um das Thema Chatten als Grundlage für den im Anschluss beschriebenen Forschungsprozess. 1.1 Kommunikation im Chat Zu Beginn geht es um die Frage, was sich eigentlich hinter dem Begriff Chat verbirgt, wie gechattet wird, welche Sprache verwendet wird und welche ChatAnbieter es gibt. Abschließend wird auf die Gefahren im Chat und jugendschutzrelevante Aspekte eingegangen. 1.1.1 Begriff und Bedeutung Der Begriff "Chatten" stammt aus dem Englischen und bedeutet "plaudern" oder "quatschen". Gemeint ist damit, dass Personen räumlich voneinander getrennt über das Internet zeitnah und in schriftlicher Form miteinander kommunizieren. Hierzu treffen sich Menschen in virtuellen Räumen, den sogenannten Chatrooms oder Channels. Neben dem Verschicken und Empfangen von E-Mails als elektronische Briefe, der Teilnahme an Diskussionsforen, Weblogs oder interaktiven Rollenspielen (sog. MUDs) ist Chatten eine der zentralen Kommunikationsmöglichkeiten über das Internet. Der Chat weist besondere Merkmale auf, mit denen es sich von den anderen Formen Internet-vermittelter Kommunikation unterscheidet. Wie das Telefon ist es ein Live-Medium, bei dem Informationen gleichzeitig synchron zwischen mehreren Menschen ausgetauscht werden und die Kommunikationspartnern zur gleichen Zeit aktiv sind. Vergleichbar zur E-Mail läuft die Kommunikation über Schrift und nicht über die gesprochene Sprache ab. Während EMails und SMS erst mit einer Zeitverzögerung asynchron gelesen werden können, kann beim Chatten direkt auf dem Bildschirm gelesen werden, was die Chatteilnehmer(innen) geschrieben haben. Somit ist der Chat eine geschriebene Kommunikation in Echtzeit. Die Kommunikation erfolgt durch das Eintippen von Nachrichten über die Tastatur eines Computers, der mit dem Internet verbunden ist (Faulstich 2004: 174 ff., Schmidt 2000). In der Regel nehmen mehrere Menschen gleichzeitig an einem Chat teil, wobei die Äußerungen öffentlich und für alle sichtbar sind (many-to-manyKommunikation), wenn nicht eine Sonderform des Chattens (Flüstern oder Sepa- 7 Hintergrundinformationen Chatten rée) gewählt wurde. In diesem Fall kann die Kommunikation auch privat zwischen zwei (one-to-one-Kommunikation) oder wenigen Personen stattfinden. Chatten und Telefonieren sind Fernkommunikationen. Beim Telefonieren ist jedoch noch eine körperliche Nähe gegeben, die beim Chatten entfällt. Man hört weder eine Stimme, noch sieht man die Kommunikationsteilnehmer(innen). Dieses Fehlen des physisch-interpersonellen Kontextes ist ein typisches Charakteristikum des Chattens, wodurch besondere Kommunikationsbedingungen entstehen. Beim Chatten müssen keine Informationen wie Name, Status, Alter, Geschlecht und Aussehen vorliegen, sodass Chatter(innen) völlig anonym bleiben können. Ohne dass die andere Teilnehmer(innen) es bemerken, können Chatter(innen) eine andere Identität annehmen und Rollen spielen. Im Chat weiß man nie, was der Realität entspricht, was glaubwürdig ist und wann man getäuscht wird. Dies führt zu einer Unverbindlichkeit und Oberflächlichkeit der Kommunikation. Selbst wenn man beim Chatten unverschämte Äußerungen macht, beleidigt, lügt, anderen nicht zuhört oder Gespräche unterbricht, hat dies keine besonderen Folgen. Man stört zwar die anderen Chatter(innen) und kann vom Chat ausgeschlossen werden. Täuschungen und Fehlverhalten bleiben jedoch ohne Konsequenzen für das wirkliche Leben, da die Verursacher kaum aufgespürt werden können (Wolf & Bilandzic 2002). 1.1.2 Wie chattet man? - Funktionsweise von Chats Wer mit anderen Personen chatten möchte, benötigt grundsätzlich einen Computer, eine Internet-Verbindung und ein entsprechendes Computerprogramm, von denen im Internet zahlreiche zur Verfügung stehen1. Der Zugang zu ChatRäumen kann über unterschiedliche Wege und Chatsysteme erfolgen, z.B. über den Internet Relay Chat (IRC), Web-Chat oder über Instant Messenger. Das Internet Relay Chat (IRC) ist ein öffentlich zugängliches Kommunikationsprogramm, welches ermöglicht, im Internet zeitgleich mit vielen Menschen gleichzeitig oder auch zu zweit zu sprechen. Als ein Vorgänger aller Chat-Systeme wurde es schon Ende der 80-er Jahre entwickelt und war bis zum Aufkommen des World Wide Web (WWW) in den 90-er Jahren das führende Chatprogramm. Unter http://www.chatterparadies.de werden zahlreiche Programme zum Download und Informationen rund ums Chatten geboten. 1 8 Hintergrundinformationen Chatten Es ist rein textorientiert und funktioniert nach einem Client-Server-Prinzip. Hierbei bietet ein Hauptrechner (Server) einen Dienst an, der mithilfe entsprechender Client-Software benutzt werden kann. Der IRC ist in Kanäle (sog. Channels) aufgeteilt. Ein Channel ist ein virtueller Ort, an dem man sich mit Fremden oder Freunden mit ähnlichen Interessen "trifft", um sich z.B. über ein Thema zu unterhalten. Wer mitchatten möchte, meldet sich mit einen selbst gewählten "Nickname" (engl. für Spitzname, vgl. unten) an. Als das World Wide Web in den 90-erJahren populärer wurde, entwickelten sich zahlreiche kleine Chatsysteme, die Web-Chats2 genannt werden. Sie funktionieren innerhalb eines Browsers-Plugins3, das direkt in HTML-Seiten integriert und somit nicht mit einer zusätzlichen Software installiert werden muss. Die Nutzung von Web-Chats ist recht einfach, da man sich nur einloggt und keine besonderen Befehle benötigt. Allerdings sind sie meistens auf die entsprechenden Webseiten beschränkt und eignen sich besonders dafür, einen kleineren Kreis von Menschen zu erreichen. Auch hier wird man über einen Nicknamen erkannt. Mit Web-Chats können Videos, Dateien und Grafiken übertragen werden. Instant Messenger (engl.: instant = sofort, Messenger = Bote) ermöglichen es, Botschaften in Echtzeit zu übermitteln und mit Teilnehmer(innen) zu kommunizieren. Der Chat wird hier nicht im offenen Raum eingesetzt, sondern es handelt sich um eine private Kommunikation, die vorwiegend mit Freunden und Bekannten geführt wird. Hierzu ist eine besondere Software (Client) erforderlich, die auf dem PC der Teilnehmer(innen) installiert sein muss. Die Kurzmitteilungen werden über ein Netzwerk (Server) meist über das Internet an Empfänger(innen) geschickt, die hierauf kurzfristig antworten können. Neben der reinen Textübertragung bieten Instant Messenger weitere Dienste an. So ist es möglich, Kontaktlisten (sog. Buddy-Listen) zu erstellen, in denen wie in einem Adressbuch die Adressen anderer Teilnehmer(innen) abgespeichert werden. Zu weiteren Standardfunktionen gehören Datenübertragung, Konferenzschaltungen, Statusanzeige der Teilnehmer(innen) (z.B. online, offline, abwesend, nicht stören). Die Chatter(innen) werden hier nicht über einen Nicknamen identifiziert. Stattdessen beÜbersichten über Web-Chats im Internet sind zu finden im Google Directory (http://directory.google.com/Top/World/Deutsch/Computer/Internet/Chats_u nd_Foren/). 3 Ein Browser ist eine Software zum Betrachten von Internetseiten, z.B. Firefox oder Internet Explorer. 9 2 Hintergrundinformationen Chatten kommen sie bei der Registrierung eine Zahl als Universal Internet Number (UIN) zugewiesen, die man behalten kann, solange man mag und die häufig wie eine EMail-Adresse an Freunde weitergegeben wird. Die bekannteste Software ist ICQ4 (die Abkürzung für "I seek you - Ich suche dich"), ein kommerzielles Programm der Firma Mirabilis, dessen Zugangssoftware kostenlos zur Verfügung steht. Weitere Anbieter von Instant Messengern sind Yahoo5, Microsoft6, AOL7, Google8 und Skype9 (NetWiki 2006). Auf der Startseite eines Chats wird man zunächst aufgefordert, sich einzuloggen. Wer noch nicht bei einem Chat gemeldet ist, muss sich meistens registrieren, was bei den meisten Chats relativ einfach ist. Zumeist meldet man sich mit einem Nicknamen und einem Passwort an. Bei einigen Chats kann zunächst auch als Gast zunächst "reinschnuppern". Der Nickname (engl.: Spitzname) ist der Name, mit dem man in vielen Chat identifiziert, angesprochen und wieder erkannt werden kann. Er darf aus Buchstaben und Zahlen bestehen und wird selbst gewählt. In jedem Chat darf ein Name zur Wiedererkennung nur einmal verwendet werden. Der Name kann jedoch nach Belieben geändert werden. Für regelmäßige Chatter(innen) ist es ratsam, einen festen Nicknamen zu wählen, um später wiedererkannt zu werden. Dafür kann man den Spitznamen registrieren lassen. Die Wahl des Nicknamen ist sehr bedeutend, da er den ersten Eindruck vermittelt, den Chatter(innen) voneinander bekommen. Oft wird dieser Name so gewählt, dass direkt ein besonderer Eindruck damit erweckt werden kann. Er ermöglicht es, die Identität zu wechseln (z.B. ein anderes Geschlecht anzunehmen), um mit unterschiedlichen Rollenvorstellungen und auch den Rollenerwartungen anderer zu spielen. Neben dem Nicknamen gibt es in einigen Chatforen noch weitere Möglichkeiten, identitätsbezogene Informationen auszudrücken. Hierzu gehören z.B. die farbliche Anzeige des Nicknamen, die Kennzeichnung der Geschlechtszugehörigkeit durch Smileys in roter oder blauer Farbe, steckbriefartige 4 5 6 7 8 9 ICQ: http://www.icq.com/ Yahoo Messenger: http://de.messenger.yahoo.com/ MSN: http://messenger.live.de/ AOL Instant Messenger: http://www.aol.de/AIM/ Google Talk: http://www.google.com/talk/intl/de/ Skype: http://www.skype.com/intl/de/ 10 Hintergrundinformationen Chatten Kurzporträts oder auch selbst gewählte comicartige Ganzkörperfiguren als virtuelle Stellvertreter (sog. Avatare) (Döring 1999: 97f.). Beim Betreten eines Chatraums folgt - meist nach einer kleinen Orientierungsphase - wie im realen Leben eine Begrüßung (z.B. "Hallo"). Ebenso verabschiedet man sich beim Verlassen des Chats. Beim Treffen von Bekannten sind Begrüßungsrituale verbreitet, z.B. ein virtuelles Umarmen oder "Knuddeln". Wie in realen großen Gesprächsrunden finden auch im Chat mehrere Dialoge zeitlich parallel statt, die für Außenstehende oder neu Hinzukommende auf den ersten Blick meistens nicht erkennbar von einander zu trennen sind (Fix 2001: 49). In der Face-to-Face-Kommunikation erfolgt die Kontaktaufnahme durch Blickkontakt oder Körperzuwendung. Im Chat spricht man andere Chatter(innen) direkt durch Nennung eines Nicknamen oder einer Nummer an. Alle Texteingaben der Chatter(innen) werden untereinander in der Reihenfolge angezeigt, in der sie eingetippt wurden. Die Beiträge erscheinen auf dem Bildschirm, sobald sie nach dem Schreiben mit der Enter-Taste bestätigt wurden. Die Einträge können somit nicht zeilenweise gelesen werden. Um den Sinn zu verstehen, müssen erst die Gesprächsteilnehmer(innen) ermittelt und die Beiträge zugeordnet werden, was für Hinzugekommene im Chat sehr mühsam ist. Abbildung 1: Chatauszug aus dem Schulhofchat, 12.03.2007 Wie in einer Gesprächsrunde entsteht ein guter Chat durch die aktive Beteiligung seiner Teilnehmer(innen). Gefragt sind hier aufmerksames Verfolgen der Kommunikation (sog. "Lurking") und die aktive Produktion von Textbeiträgen (sog. "Postings"). Chatten ist ein äußerst dynamischer Prozess, dessen Erfolg von der 11 Hintergrundinformationen Chatten schnellen Reaktion der Teilnehmer(innen) und Kommunikationspartner(innen) abhängt. Erforderlich sind hier schnelles Schreiben und Lesen sowie blitzschnelles Reagieren, um den Chatinhalten folgen und auch antworten zu können. Gefordert sind hohe Aufmerksamkeit, Konzentration und auch Erfahrung (Döring 1999: 104). Viele Chat-Rooms sind in unterschiedliche Chat-Kanäle (sog. Channels) aufgeteilt. Daher ist es sehr beliebt, sich zwischen verschiedenen Chat-Channels hinund herzubewegen. Dieser Wechsel von Chat-Teilnehmer(innen) wird durch Server-Rückmeldungen zwischen den Textbeiträgen der anderen Chatter(innen) angezeigt, was den Textfluss und die Lesbarkeit erschwert. Häufiges Wechseln von Chat-Kanal zu Chat-Kanal ("Channel-Hopping") ist daher unerwünscht und gilt als unhöflich (Döring 1999: 111). Zudem ist die gleichzeitige Teilnahme an mehreren Chats und das Wechseln zwischen verschiedenen Chat-Kanälen nicht ganz einfach, da die Aufmerksamkeit nur begrenzt teilbar ist und die Chatter(innen) nur teilweise in den einzelnen Chats präsent sind. In öffentlichen Chats können zahlreiche Personen miteinander kommunizieren, wobei alle Beiträge im Offenen Chat für alle anderen Teilnehmer(innen) sichtbar sind. Neben dieser öffentlichen Gruppenkommunikation kann das Medium Chat für die private Kommunikation von nur zwei Personen eingesetzt werden. Die am häufigsten verwendeten Kommunikationsvarianten hierbei sind Flüstern und Separée. Beim Flüstern tauscht man sich im Offenen Chat persönlich mit einem anderen Chatter oder einer anderen Chatterin aus. Die geflüsterten Mitteilungen werden über einen besonderen Befehl nur an eine Person geschickt. Weder die Flüsterinhalte noch die Flüsterteilnehmer sind für die anderen Chatter(innen) zu erkennen. Ein Separée bezeichnet beim Chatten einen separaten virtuellen Raum, um sich mit wenigen Personen privat zu unterhalten, die man dazu einlädt. Eröffnet wird ein Separée in einem Chat-Forum durch einen besonderen Befehl. Anschließend werden nur noch die Beiträge der Separéeteilnehmer(innen) angezeigt. Dieser Bereich entzieht sich jeglicher Kontrolle von außen (Fix 2001: 52). 12 Hintergrundinformationen Chatten 1.1.3 Sprache im Chat Beim Chatten hat sich eine besondere Sprache entwickelt, bei der es sich um eine Mischform zwischen mündlicher und schriftlicher Sprache handelt. (Biller & Bühler: 2004). Es handelt sich um eine sehr verkürzte, von der mündlichen Umgangssprache geprägte Sprache, die vielfach an Comicsprache erinnert. Rechtschreibregeln und Zeichensetzungen spielen hier kaum eine Rolle. Um beim Chatten schnell reagieren und antworten zu können, sind die Textbeiträge selten länger als eine Zeile. Sätze und Ausdrucksweisen sind dabei sehr verkürzt. Typisch sind besondere Zeichen und Symbole. Besondere Charakteristika der im Chat verwendeten Sprache sind Reduktionen, Auslassungen, Verschmelzungen und Kontraktionen. So werden Ausdrücke der mündlichen Sprache so verschriftlicht, wie sie mitunter ausgesprochen werden, z. B. "wieda" statt "wieder" oder "jetze" statt "jetzt". Endungen werden weggelassen, z.B. "nich" statt "nicht" (Kilian 2006: 78, Misoch 2006: 165 ff.)), Ausdrücke zusammengezogen (z.B. "wars" statt "war es", "haste" statt "hast du", "isser" statt "ist er", "aufm" statt "auf dem"). Sehr verbreitet sind umgangssprachliche Ausdrücke, z.B. alles paletti, klaro, rumbaggern, rumlabbern. Eine große Rolle spielen auch Anglizismen aus der Alltagssprache, z. B. sorry, cool, thanks oder thanx, hi, wow. (Runkehl / Schlbinski / Sievers 1998: 94 ff). Häufig werden netzspezifische Abkürzungen (Akronyme) verwendet, die vorwiegend aus dem Englischen übernommen wurden. Diese Akronyme bestehen aus dem jeweiligen Anfangsbuchstaben eines englische Wortgruppe, wobei es sich meistens um Alltagsfloskeln handelt. Sie werden in Großbuchstaben geschrieben und dem Satz vorangestellt oder in einen Satz eingefügt (Döring 1999: 100). Lautverwandte Wörter werden mitunter durch "gesprochene Ziffern" ersetzt ("Too" wird durch "2", engl. "two" dargestellt.) 13 Hintergrundinformationen Chatten Gängige Akronyme in der Chat-Sprache10 Akronym Englisch Deutsch 2G4U Too good for you zu gut für dich 2L8 Too late Zu spät 4E For ever für immer ABF allerbeste Freundin ATM at the moment im Augenblick BION believe it or not glaube es oder nicht B2T Back to topic zurück zum Thema BIBA bis bald BTW by the way übrigens CU See you Tschüss Cul8er see you later bis später CYA See you all Wir sehen uns (alle) FAIK as far as I know so viel ich weiß FYA for your amusement zu deiner Unterhaltung FYI for your information zu deiner Information G2G Got to go Ich muss weg GN8 Good night Gute Nacht HDL hab dich lieb HDSMDL hab dich super mega doll lieb HTH hope that helps hoffe, das hilft IAE in any event auf jeden Fall IC I see ich verstehe IDA IHNI Ich dich auch I have no idea ich habe nicht die geringste Ahnung ILU I love you Ich liebe dich J4F Just for fun nur zum Spaß LMK let me know lass mich wissen Weitere Akronyme und Chatbegriffe sind zu finden unter: Chat-Slang und Akronyme. http://www.chatslang.de oder unter http://www.chatterparadies.de 14 10 Hintergrundinformationen Chatten LOL Laughing out loud lautes Laches MOM moment einen Moment bitte N1 Nice one gut gemacht NWLY Never wanna loose will dich nie verlas- you sen OMG Oh my god oh mein Gott OTOH on the other hand andererseits PMJI pardon me for jump- entschuldigt, dass ich ing in mich einmische Rolling on the floor, sich vor Lachen auf laughing dem Boden rollen SRY Sorry Entschuldigung THX oder TNX Thanks Danke TIA thanks in advance danke im Voraus TTYL Talk to you later rede später mit dir W8 Wait warte ROFL Wayne Wayne interessiert´s? Ist doch völlig egal WTH what the hell was zum Teufel Tabelle 1: Gängige Acronyme In der Face-to-Face-Kommunikation, bei der sich Menschen direkt gegenüberstehen, werden Gefühle durch Gesichtsausdrücke, Körpergesten oder Signale ausgedrückt. Da dies in der schriftlichen Kommunikation nicht möglich ist, werden beim Chatten Emoticons (Abkürzung für Emotion und Icon) oder Smileys verwendet, um Stimmungen auszudrücken, Ironie anzudeuten oder Missverständnisse zu vermeiden. Das bekannteste Emoticons ist das lächelnde Gesicht :-), bei dem der Doppelpunkt die Augen darstellt, der Bindestrich die Nase und die Klammer den Mund. Zum Erkennen des Gesichts muss man es um 90 Grad drehen. Insgesamt existieren zahlreiche Emoticons, von denen in jedem Chat welche zu finden sind. Von Jugendlichen werden sie sehr gerne verwendet (Fix 2001: 59). 15 Hintergrundinformationen Chatten Emoticons :-) lachen [Name] Umarmung :)) glücklich (Name) noch eine Umarmung :(((( äußerst traurig {{Name}} besonders herzliche :(( sehr traurige Grinse- Umarmung katze @-->-->-- Rose ;-) augenzwinkernd ;-) augenzwinkerndes :/) nicht witzig :-O erstaunt :-f Grinsen :-o schockierend :-7 ironische Bemerkung :-< traurig P-) Pirat <:-) dumme Frage 8-) Brillenträger (Eselskappe) =:-) Punker :-i User raucht Zigarette +:-) Priester :-# zensiert &:-) jemand mit Locken :@ Was? `°-°´ bist sehr gebildet :`-) zum weinen glücklich <:))>< Fisch :*) Herumblödeln <+:))>< toter Fisch :-x Kuss :-X dicker Kuss Lächeln Tabelle 2: Emoticons Wenn Akronyme Gefühle ausdrücken sollen, werden diese in spitze Klammern gesetzt. So z.B. steht <g> für "grin" (grinsen) oder <eg> für "evil grin" (hämisches Grinsen). Ein weiteres Mittel, beim Chat Gefühle auszudrücken, sind Aktionswörter. Sie erinnern an die lautmalerische Sprache in Comics, z.B. "klick", "knarr", "knuddel" (für Umarmen), "reknuddel" (erwiderte Umarmung"), "nixversteh". Weitere Ausdrucksmöglichkeiten bieten Soundwörter wie "hihihi" oder "juhuhu". Reaktionen werden lautmalerisch ausgedrückt, z.B. "würg", "ätz". Um eine veränderte Lautstärke auszudrücken, werden die Buchstaben im Chat groß geschrieben. Wiederholungen drücken eine Betonung aus (Fix 2001: 61, Faulstich 2004: 176). 16 Hintergrundinformationen Chatten Um das Verhalten im Internet zu regeln, haben sich im Laufe der Zeit "BenimmRegeln", die sogenannte Netiquette entwickelt. Im Chat spricht man von der Chatiquette, die in jedem Chatraum aufrufbar ist oder angezeigt wird. Mit ihr soll sichergestellt werden, dass die Teilnehmer(innen) sich an Höflichkeitsregeln halten, niemand beleidigend ist, unverschämte Bemerkungen macht oder zu kriminellen Handlungen aufruft. Einige Chats werden von Moderator(inn)en oder Operator(inn)en betreut, die regulierend eingreifen, wenn Chatbesucher(innen) gegen die Chatiquette verstoßen. 1. Begegne anderen Chattern mit Respekt und Höflichkeit. Dann werden auch sie Dich respektieren und höflich behandeln. 2. Wenn Du das erste Mal einen Chat-Raum betrittst, springe nicht gleich ins Geschehen. Schaue lieber erst, was für Leute da sind und welche Stimmung herrscht. In eine Kneipe rennst Du ja auch nicht hinein, springst auf einen Tisch und brüllst: "Hey Leute, da bin ich - unterhaltet mich!" Vielleicht liegen Dir Stimmung und Leute in diesem Raum gar nicht, dann kannst Du einfach den Raum wechseln. 3. Du flirtest gerne? Aber vielleicht dein Gegenüber nicht. Wenn sich jemand abweisend verhält, dann lasse ihn/sie in Ruhe, anstatt weiter zu bohren. Manchen nervt schon die Frage: "Bist Du m oder w?" 4. Jeder hat mal schlechte Laune. Aber lasse diese Gefühle nicht an den anderen Chattern aus! Wenn es Dir schlecht geht, musst Du nicht auch noch den anderen das Leben schwer machen - denn chatten bedeutet schließlich Spaß. Wenn Du über Deine Probleme reden willst, lässt sich sicher jemand finden, der Dir in einem ruhigen Chatchannel oder Separeé zuhört. 5. Hilf den Newbies! Wenn ein "Neuling" hereinkommt, erinnere Dich an Deinen ersten Chat. Hat Dir damals jemand geholfen? Dann tue es ihm gleich. Hat Dir keiner geholfen? Dann mach' es besser als die anderen damals, die Dir hätten helfen sollen. Vielleicht wird aus dem Newbie ein Stammchatter und ein Freund. 6. Wenn Du jemanden ansprechen möchtest, dann adressiere Deinen Satz, Beispiel: "Hi tamtam. Welche Musik hörst Du gerne?" Sonst weiß derjenige unter Umständen nicht, dass Deine Frage an ihn gerichtet war - und wird daher auch nicht antworten. 17 Hintergrundinformationen Chatten 7. Chatten ist Spaß und Humor gehört dazu. Aber jeder hat einen anderen Humor, und was Du total witzig findest, kann bei einem anderen Magenschmerzen verursachen. Ganz davon abgesehen, dass Geschriebenes häufig ganz anders wirkt als Gesprochenes. 8. Bedränge niemanden, Dir seine Telefonnummer zu geben. Wenn derjenige mit Dir am Telefon sprechen möchte, wird er Dir freiwillig die Nummer geben. Aber den Zeitpunkt bestimmt derjenige selbst. Vielleicht ist es auch nie soweit. Damit musst Du leben. 9. GROSSBUCHSTABEN, Fettschrift, Farben, Grafiksmileys und sonsti- ge Sonderbefehle sind nur als Betonung zu verwenden, zum Beispiel wenn Du jemanden ansprichst und seinen Namen hervorhebst oder du deine Stimmung ausdrücken willst. Wenn Du diese Mittel ständig verwendest, werden die anderen genervt reagieren. 10. Schimpfwörter solltest Du im Chat ganz vermeiden. Damit ziehst Du nur den Ärger der anderen auf Dich, die in Ruhe chatten wollen. Bedenke: Gewalt- und Drogenverherrlichung, pornographische Darstellungen und rassistische Äußerungen werden strafrechtlich geahndet. 11. Benimmt sich jemand im Chat daneben, dann lasse ihn einfach in Ruhe. Diskutiere nicht mit ihm und verärgere dadurch die anderen. Er wird sich nach kurzer Zeit langweilen und verschwinden, wenn ihn keiner beachtet. Ist es ein besonders hartnäckiger, dann benachrichtige den Chat-Betreiber oder einen anwesenden Wächter/Guarduser/Superuser. Den ChatBetreiber solltest Du in jedem Falle benachrichtigen, wenn sich jemand durch seine Äußerungen strafbar macht (siehe Punkt 10). Schreibe dem Chatbetreiber, wann genau der Störer online war und unter welchem Nicknamen er gechattet hat. 12. Wenn der Chatbetreiber die Möglichkeit anbietet, Dir einen "Nick" auszusuchen, wähle keinen Nick, der andere Chatter beleidigt oder das Ziel hat, andere Chatter zu ärgern (zB. Nick-Fakes). Selbstverständlich sind auch rassistische oder Gewalt verherrlichende Nicks verboten. Pornographische Nicks dürfen nur in ausgewiesenen Erotikchats verwendet werden und auch nur, wenn diese dort zugelassen sind. 13. Gib Dich nicht dem Irrglauben hin, Du seiest im Chat anonym. Das bist Du nicht. Chat-Server schneiden Deine Rechner-Adresse (IP) mit und speichern sie. Über die IP-Adresse kommt der Chat-Betreiber zu Deinem Provider. Dieser speichert wiederum Deine Telefonnummer, mit der Du 18 Hintergrundinformationen Chatten Dich eingewählt hast. So haben die Chat-Betreiber die Möglichkeit, Personen, die besonders unangenehm auffallen, zur Rechenschaft zu ziehen. Die meisten Chats protokollieren die Chats mit, um Straftaten beweisen zu können. 14. Wenn der Chatbetreiber Dir die Möglichkeit gibt, einen Link in den Chat zu werfen, nutze dies nicht für Werbung für andere kommerzielle Angebote oder Chats. Dies ist in allen Chats verboten. Aber auch das ständige Einwerfen des Links zur eigenen Homepage geht ziemlich schnell auf die Nerven! Auch hier gilt: weniger ist mehr. 15. Werbe niemals Chatter für einen anderen Chat ab! Wenn Dir der Chat nicht gefällt, brauchst du das nicht ständig verkünden. Wenn Dir ein anderer Chat besser gefällt, dann geh in den anderen Chat. 16. "Früher war es hier besser." Dies ist einer der wichtigsten Sätze, die du in den Deinen ersten Stunden in jedem Chat hören wirst. Dies bedeutet nicht, dass Du schlechter bist. Wenn du dies trotzdem nicht nett findest, erinnere dich Monate später daran. Denn irgendwann wirst auch du diesen Satz sagen wollen. Das ist der Lauf des Lebens. Früher war besser. Immer. Wenn Du diese Regeln befolgst, dann steht einem tollen Chat-Leben nichts mehr im Wege :-) Quelle: Chatiquette.de. Der gute Ton im Internet (http://www.chatiquette.de/) 19 Hintergrundinformationen Chatten Ausgewählte Materialien zum Chatten: Reiseführer durchs Netz - Chatten. Internet ABC. http://ollenburg.net/InternetKids/PDFsammlung/chatten.pdf Einführung ins Chatten für Eltern und weitere Erwachsene Chatten, Chat - Internet-ABC: Wissen, wie's geht http://www.internet-abc.de/eltern/chatten.php Sahler, Martina (2006): Cyberschokolade. Stuttgart: Thienemann In dem pfiffig und humorvoll geschriebenen Jugendroman begegnet Lisanne der Liebe ihres Lebens im Chat. Dabei wird zugleich eine kleine Einführung ins Chatten geboten. Saalwirth, Sabine & Seiler, Gerhard (2004): Chat im Unterricht. Lehrer Online. http://www.lehrer-online.de/dyn/bin/402651-402664-1chat_im_unterricht_projektbeschreibung.pdf Unterrichtsmaterialien zum Chatten für Grundschüler der Klasse 3 Beispielhafte Unterrichtsmaterialien zur Chat-Kommunikation http://wikis.zum.de/ibk/index.php/Unterrichtsideen_zur_ChatKommunikation 1.1.4 Chatanbieter Insgesamt gibt es zahlreiche Chat-Angebote im Internet, die kaum zu überblicken sind. Die Chatprogramme sind inzwischen so vereinfacht, dass jeder auf der eigenen Homepage einen Chat einrichten kann. Insgesamt können verschiedene Typen von Chat-Anbietern unterschieden werden, wobei die Übergänge fließend sind (Chatten ohne Risiko 2006). Bei reinen Chat-Portalen und Community-Plattformen bietet der Chat die zentrale Funktion des Internetangebotes. Bei Community-Plattformen haben die Nutzer(innen) zudem die Möglichkeit, ihre Homepage, Fotogalerien oder Foren einzurichten. Chat-Portale und Community-Plattformen finanzieren sich über kos- 20 Hintergrundinformationen Chatten tenpflichtige Zusatzplattformen wie Fan-Shops, Vermietung von Chat-Räumen, Werbebanner oder Registrierungen. http://www.lehrer-online.de/dyn/bin/402651-402664-1chat_im_unterricht_projektbeschreibung.pdf Beispiele für Chat-Portale sind: − Chatcity (http://www.chatcity.de), − Chat4free (http://www.chat4free.de/), − Spinchat (http://www.spin.de/) oder − FriendsOnline (http://www.friendsonline.de/). Beispiele für Community-Plattformen sind: − Knuddels (http://www.knuddels.de/), − Beepworld (http://www.beepworld.de) oder − KWICK (http://www.kwick.de/)11. Zahlreiche Chats sind auf Internetseiten von Unternehmen zu finden. Sowohl öffentlich-rechtliche und private Rundfunkanbieter, Zeitschriftenverlage als auch Internetprovider bieten auf ihren Internetportalen Chat-Räume an. Hiermit können sie ihren Bekanntheitsgrad erhöhen und die Nutzer(innen) enger an ihre Angebote binden. Zudem können sie mit den Anwender(innen) in Kontakt treten und recht gut Trends verfolgen. Beispiele hierfür sind: − Netztreff des SWR (http://www.kindernetz.de/netztreff/chat/index.html), − Tivi-Treff des ZDF (http://www.tivi.de/tivi/tivitreff/start/index.html), − Toggo-Treff von Super-RTL (http://www.toggo.de), − Wendy des Egmont-Verlags (http://www.wendy.de). Weitere Chats werden von Organisationen, Vereinen oder Initiativen angeboten. Ziel dieser nichtkommerziellen Chat-Angebote für Kinder ist es, einen sicheren und kinderfreundlichen Raum im Internet zu bieten, in dem Kinder nicht von anderen Chattern belästigt werden können. Da diese meist moderierten Chats Übersichten über Web-Chats im Internet sind zu finden im Google Directory (http://directory.google.com/Top/World/Deutsch/Computer/Internet/Chats_u nd_Foren/) oder unter http://webchat.de. 11 21 Hintergrundinformationen Chatten werbefrei sind und in der Regel nur ein begrenztes Budget zur Verfügung steht, können häufig nur eingeschränkte Öffnungszeiten geboten werden. Beispiele hierfür sind: − Lizzynet (http://www.lizzynet.de), − der gemeinsame Chat der Arbeitsgemeinschaft Seitenstark (http://www.seitenstark.de/chat/) − und Netztreff (http://www.kindernetz.de) (Chatten ohne Risiko 2009: 22ff. ). Eine Übersicht über bewertete Chats sind im Chat-Atlas der aktuellen Ausgabe „Chatten ohne Risiko?“ der Zentralstelle der Länder für Jugendschutz im Internet -- jugendschutz.net zu finden. (http://www.jugendschutz.net/pdf/chatten_ohne_Risiko.pdf ) <Zuletzt zugegriffen 16.04.2010> 22 Hintergrundinformationen Chatten Ausgewählte Chats für Jugendliche Cyberland - Jugendschat- gendliche ab 14 Jahren. Der Chat ist Community: rund um die Uhr geöffnet und bietet http://www.virtuellewelt.de neben verschiedenen Channels auch Die Cyberland-Jugendcommunity ist Foren und Blogs. Moderatoren sind ein Projekt von Metaversa e.V. (Ver- meistens anwesend. ein für Medien, Bildung und Kultur) und wird vom BMFSFJ gefördert. Lizzynet-Chat: Der grafisch sehr schön gestaltete http://www.lizzynet.de Chat ist für Kinder und Jugendliche Lizzynet richtet sich an Mädchen ab geeignet und wird durch Administra- 12 Jahren und junge Frauen richtet. toren und andere Mitglieder kontrol- Der Chat ist 24 Stunden geöffnet und liert. umfasst deutsch- und türkischsprachige Channels sowie Themen- Knuddels: Chats. Er wird medienpädagogisch http://www.knuddels.de/ betreut und kontrolliert. Knuddels ist eine bei Kindern und Jugendlichen sehr beliebte Chat- Schulhofchat: Community. Sie wendet sich mit http://www.schulhofchat.de/ zahlreichen Channels an alle Alters- Das Angebot bietet einen Chat, ein gruppen und ist 24 Stunden geöff- Forum und die Möglichkeit, sich ein net. Da es hier häufig zu sexuellen Profil zu erstellen. Der rund um die Übergriffen Belästigungen Uhr geöffnete Chat umfasst mehrere kommt, ist diese Community für die Channels und richtet sich an Schü- junge Zielgruppe nicht besonders ler(innen). Er wird von Super-Usern geeignet. kontrolliert und ist für Jugendliche und geeignet. KWICK! Chat: http://www.kwick.de/ Das Angebot der KWICK! Community ist eine lebhafte Community mit Tabelle 3: Ausgewählte Chats umfangreichen Funktionen wie z. B. Foren, Clans, Chat und internem Mail-System. Sie richtet sich an Ju- Quelle: Chatten ohne Risiko 2009 23 Hintergrundinformationen Chatten 1.1.5 Gefahren und Jugendschutz Grundsätzlich gelten im Chat wie im Internet die Beschränkungen des Straf-, Jugend- und Medienrechts. Die rechtlichen Grundlagen des Jugendmedienschutzes sind in Deutschland durch das Jugendschutzgesetz (JuSchG), den Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV)12 und durch Verbreitungsverbote des Strafgesetzbuchs (StGB) geregelt. Der JMStV verbietet z.B. die uneingeschränkte Verbreitung von Gewalt verharmlosenden oder verherrlichenden Darstellungen, pornographischen Schriften, Krieg verherrlichenden oder gegen die Menschenwürde verstoßenden Darstellungen. Laut Strafrecht ist die sexuelle Ausbeutung von Mädchen und Jungen im Internet auch ohne Körperkontakt verboten (Enders 2004: 16). In Deutschland sind verschiedene Einrichtungen damit beauftragt, die Einhaltung des Jugendmedienschutzes zu beaufsichtigen. So ist die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien13 dafür zuständig, Schriften, Ton- und Bildträger und auch Internetseiten in die Liste der jugendgefährdenden Schriften aufzunehmen, so dass sie Kindern oder Jugendlichen nicht zugänglich gemacht werden dürfen. Die Kommission für Jugendschutz (KJM) ist als zentrale Stelle der Landesmedienanstalten vom Gesetzgeber damit beauftragt worden, den privaten Rundfunk und Telemedien zu kontrollieren. Jugendschutz.net14 ist die gemeinsame Stelle aller Länder zum Jugendschutz. Sie unterstützt die KJM bei der Durchsetzung des Jugendmedienschutzes im Internet. Daneben nimmt sie Aufgaben der Beratung, Schulung und Information bei Telemedien wahr. Zudem unterstützen anerkannte Einrichtungen der Freiwilligen Selbstkontrolle im Rahmen ihres Aufgabenbereichs die Einhaltung der Bestimmungen des Staatsvertrages. So ist die Freiwillige Selbstkontrolle Multimedia (FSM)15 für die freiwillige Selbstkontrolle der Multimedia-Diensteanbieter zuständig. Der Verein betreibt eine Beschwerdestelle und klärt Nutzer von Online-Diensten über einen verantwortungsbewussten Umgang mit Online-Medien auf. 12 13 14 15 http://www.ajs.nrw.de/juschure/pdf/JuSchG.pdf http://www.bundespruefstelle.de/ http://www.jugendschutz.net http://www.fsm.de 24 Hintergrundinformationen Chatten Anlauf- und Beratungsstellen zum Jugendmedienschutz: "Chatten ohne Risiko? Sicher kommunizieren in Chat, Messenger und Community" - http://www.jugendschutz.net/pdf/chatten_ohne_Risiko.pdf Broschüre stellt verschiedene Chats und Instant Messenger vor und bewertet ihre Tauglichkeit für Kinder und Jugendliche; Jugendschutzprobleme werden beschrieben und Empfehlungen für sicheres Chatten zur Verfügung gestellt. (Hinweis: Diese Broschüre richtet sich an Eltern und pädagogische Fachkräfte. Sie enthält auch Inhalte, die für Kinder nicht geeignet sind.) BPjM Service-Telefon zur Medienerziehung und zum gesetzlichen Jugendmedienschutz http://www.bundespruefstelle.de Mit diesem Service bietet die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien Eltern, Lehrerinnen, Lehrern und anderen pädagogisch Tätigen Beratungen zur Medienerziehung von Kindern und Jugendlichen. Geboten werden u.a. Hinweise auf empfehlenswerte Medien und Informationen zum pädagogischen und gesetzlichen Jugendmedienschutz. Internet-Beschwerdestelle http://www.internet-beschwerdestelle.de Die vom Verband der deutschen Internetwirtschaft eco und der Freiwilligen Selbstkontrolle Multimediadiensteanbieter FSM betriebene Beschwerdestelle nimmt Beschwerden über illegale und schädigende Internetinhalte entgegennimmt. Initiative Netkids - www.kindersindtabu.de Die von der Journalistin Beate Schöning getragene private Initiative setzt sich gezielt für den verantwortlichen Umgang mit dem Internet sowie für den Schutz von Kindern und Jugendlichen im Internet ein. Sie bemüht sich, mit Aktionen und Materialien Eltern und Lehrer, regionale Beratungsstellen sowie Ämter und Behörden über die Gefahren aufzuklären. 25 Hintergrundinformationen Chatten Jugendschutz.net - http://www.jugendschutz.net Die staatliche Einrichtung überprüft jugendschutzrelevante Angebote im Internet. Zur Förderung der Medienkompetenz von Erwachsenen und Kindern werden pädagogische Handreichungen und Leitfäden für Eltern und Pädagogen angeboten. Zudem nimmt Jugendschutz.net als Beschwerdestelle Hinweise auf Verstöße gegen Jugendschutzbestimmungen im Internet entgegen. Im Vergleich zu den traditionellen Medien ist es im Internet wesentlich schwieriger, die Einhaltung bestehender Jugendschutzgesetze zu kontrollieren. Rechtsaufsichtliche Maßnahmen, Zugangsbeschränkungen und Sperrungen werden im Internet sehr schnell umgangen und ausgehebelt. In Deutschland verbotene Inhalte können z.B. über ausländische Provider angeboten werden und entziehen sich somit der rechtlichen und technischen Zuständigkeit. Filtertechnologien und Jugendschutzprogramme sind nur im begrenzten Umfang wirksam. Zahlreiche Rechtsverstöße erfolgen zudem in geschlossenen privaten Internetbereichen, in denen gar keine Kontrolle möglich ist. Sinnvoll ist hier nur die Entwicklung einer neuen "Verantwortungskultur" (Volpers 2004: 181) von Staat und Gesellschaft sowie die Förderung von Medienkompetenz aller Beteiligten. 26 Hintergrundinformationen Chatten Chat-Tipps für Jugendliche - Vorsicht Chatten! CHECK DEN CHAT! − Wird man beschimpft und beleidigt? − Gibt es Moderatoren? − Wie ignoriert man nervige Chatter? − Wie hole ich Hilfe? SEI MISSTRAUISCH! − Am anderen Ende sitzt vielleicht ein Mensch, der üble Absichten hat und dein Vertrauen missbrauchen will. Gib nicht zu viel Persönliches preis! DENK DRAN! − Adresse und Telefonnummer nicht weitergeben! − Nutze Fantasienamen! Alter und Name nicht durch Nick oder E-Mail-Adresse verraten! − In großen Chats wird man häufig angemacht! − Mit Fremden nicht gleich flüstern! − Wenn dir jemand Bilder schicken will, sind sie häufig pornografisch. Nicht ermutigen! − Triff dich nie mit Älteren! Geh nicht allein zu Treffen mit Chat-Partnern! TU WAS! − Kommt’s dir komisch vor: Sag, du bist in der Schule oder deine Eltern kommen gerade heim. − Wird’s dir unangenehm: Beende den Dialog! − Bitte den Moderator um Hilfe! − Fühlst du dich bedrängt: Sag deinen Eltern Bescheid, damit sie den Chatter anzeigen! MEISTENS O.K. − Fragen zu Hobbys, Alter, Wohnregion (nicht genauer Wohnort), Haustiere oder Sport. Bist du oft hier? Wie siehst du aus? Was hast du heute gemacht? NICHT O.K. − Bist du allein? Wissen deine Eltern, dass du chattest? Hast du ein Handy? 27 Hintergrundinformationen Chatten − Ich bin dir hoffentlich nicht zu alt. Ich bin 43. Schlimm? Das macht doch nichts, dass du erst 14 bist, wichtig ist nur, wie gut man sich versteht. − Darf ich dir mal eine persönliche Frage stellen? Zu persönlich/intim? Sei ruhig offen! Ich mache … Schlimm? Wenn ich dir das sage, gehst du bestimmt aus dem Chat. − Was hast du an? Und darunter? Hast du schon Brüste? Welche Körbchengröße? Hast du schon einen Freund? Hattest du schon etwas mit einem Jungen? − Lust auf Privat-Chat/CS/TS/ein Realtreffen? Hast du msn oder netmeeting? Ich mache nichts, was du nicht willst. Das wird dir auch gefallen. Macht doch jeder, aber keiner redet darüber. Quelle: Klicksafe (http://www.klicksafe.de/plaudern/chatten.php) Tabelle 4: Chat-Tipps für Jugendliche 28 Hintergrundinformationen Chatten Ausgewählte Materialien zum Jugendmedienschutz und zum sicheren Chatten: Alles nett im Chat? Tipps für die sichere Internetkommunikation. Gesellschaft für Medienpädagogik und Kommunikationskultur. Bielefeld: GMK. 2005. Auch unter: http://www.gmk-net.de/fileadmin/pdf/alles_nett_im_chat.pdf Die zum Download zur Verfügung stehende GMK-Broschüre richtet sich sowohl an Eltern als auch an Jugendliche und bietet Tipps zum sicheren Chatten. Chatten ohne Risiko. http://www.chatten-ohne-risiko.de Das gemeinsame Projekt von Jugendschutz.net und der Landesanstalt für Kommunikation Baden-Württemberg (LFK) bietet mit dem Informationsportal und Materialien umfassende Informationen rund um das Thema Sicherheit beim Chatten für Kinder und Jugendliche. Im Chat war er noch so süß! K.L.A.R.-Literatur-Kartei. Mühlheim an der Ruhr: Verlag an der Ruhr, 2006. Unterrichts- und Arbeitsmaterialien für die Sekundarstufe I über Gefahren im Internet. Klicksafe.de. Mehr Sicherheit im Internet durch Medienkompetenz. http://www.klicksafe.de/ Die Internetplattform bietet Kindern und Jugendlichen, Eltern und Pädagogen zahlreiche Informationen und Informationsmaterialien rund um das Thema Sicherheit im Internet. Schöning, Beate: Net(t)Chat. 2004. Der 16-minütige Film der Initiatorin der Initiative Netkids strebt an, Erwachsene über die Gefahren des Chattens aufklären und für die erforderliche Präventionsarbeit zu sensibilisieren. Weber, Annette: Im Chat war er noch so süß! Begleitendes Unterrichtsmaterial zur K.L.A.R.-Literatur-Datei. Mühlheim an der Ruhr: Verlag an der Ruhr. 2006 29 Hintergrundinformationen Chatten Einfach geschriebene Geschichte, die anhand einer dramatischen Geschichte die Gefahren beim Chatten aufzeigt. 1.2 Internet- und Chatnutzung durch Jugendliche Nach der aktuellen ARD/ZDF-Onlinestudie 2009 nutzen 64,1 Prozent der bundesdeutschen Bevölkerung zumindest gelegentlich das Internet. Bei den jugendlichen Erwachsenen von 14 bis 19 Jahren liegt der Nutzungsanteil der gelegentlichen Internetnutzung bei 95,5 Prozent, womit diese Altersgruppe die aktivsten Internetnutzer in Deutschland darstellen (ARD-Online-Studie 1997, ARD/ZDFOnline-Studien 1999-2009). Quelle: ARD-Online-Studie 1997, ARD/ZDF-Online-Studien 1999-2009 Abbildung 2: Soziodemografie der Onlinenutzer Waren es 2005 noch 33 Prozent der Jugendlichen zwischen 14 und 19 Jahren, die über einen DSL-Zugang verfügten, so stieg diese Zahl im Jahr 2006 auf 53 Prozent der Jugendlichen an, was auf kostengünstige Abrechnungen über Flatrate zurückzuführen ist. Somit verfügen die Jugendlichen dieser Altersgruppe verbindungstechnisch über den schnellsten Internetzugang, während durchschnittlich nur 48 Prozent der deutschen Erwachsenen über einen Breitbandzugang ins Internet geht (Fisch & Gscheidl 2006). 30 Hintergrundinformationen Chatten Auch bei der Intensität der Nutzung sind große Veränderungen zu beobachten: So ist der Anteil der Nutzer, die täglich bzw. mehrmals pro Woche online sind, erneut angestiegen und liegt aktuell bei 90 Prozent - wobei Jungen und Mädchen kaum einen Unterschied aufweisen. Bei den Jüngsten (12-13 Jahre) sind es mit 78 Prozent etwas weniger, bei Jugendlichen mit geringerem Bildungshintergrund liegt der Anteil an Intensivnutzern mit 84 Prozent ebenfalls etwas geringer als bei Gymnasiasten (93 %, Realschule: 90 %).16 Quelle: JIM 2009: 31. Abbildung 3: Computer und Internet bei Jugendlichen 2009 Bei den 14- bis 19-Jährigen ist die Teilnahme an Chats und Gesprächsforen und die Nutzung von Instant Messaging äußerst beliebt. Während durchschnittlich 38 Prozent der bundesdeutschen Erwachsenen zumindest gelegentlich chatten oder an Newsforen teilnimmt, nehmen mit 76 Prozent drei Viertel der 14 bis 19Jährigen an Chats oder Foren teil. Das Instant Messaging nutzen 28 Prozent der bundesdeutschen Erwachsenen gelegentlich. Von den 14 bis 19-Jährigen jungen Erwachsenen nutzen dagegen 70 Prozent zumindest gelegentlich diese Chatform. Wegen der wachsenden Anwendung von Instant Messaging in dieser Altersgruppe wird sogar vermutet, dass es das E-Mailen, mit 92 Prozent die bislang belieb16 Vgl. JIM-Studie 2009, S. 31. 31 Hintergrundinformationen Chatten teste Internetwendung Jugendlicher, in absehbarer Zeit einholen könnte (Fisch & Gscheidl 2006: 435). Das konkrete Mediennutzungsverhalten der 12- bis 19-jährigen Jugendlichen in Deutschland wird jährlich mit den Basisuntersuchungen des Medienpädagogischen Forschungsverbundes Südwest (mpfs) durch die JIM-Studie (JIM - Jugend, Information, (Multi-)Media) erhoben. Demnach ist der Computer inzwischen das wichtigste Medium für die Jugendlichen. Auf die Frage, auf welches Medium sie am wenigsten verzichten möchten, gaben 26 Prozent den Computer und 19 Prozent den Fernseher an. Betrachtet man den Umfang der Mediennutzung, so ist der Fernseher jedoch weiterhin das meistgenutzte Medium der Jugendlichen. Quelle: JIM 2009: 16. Abbildung 4: Medienbeschäftigung in der Freizeit 2009 Mit 100 Prozent steht in allen Haushalten mit Jugendlichen ein Computer zur Verfügung, wobei die hohe Ausstattung in den Familien mit Jugendlichen deutlich über dem Schnitt der bundesdeutschen Haushalte liegt. Drei Viertel der Jugendlichen besitzen sogar einen eigenen Computer oder ein Laptop. Wie in der gesamten Mediennutzung ergeben sich hier Unterschiede in der Geschlechtszu- 32 Hintergrundinformationen Chatten gehörigkeit, beim Alter und auch bez. der besuchten Schulform. So haben Jungen (77 Prozent) und Gymnasiasten (99 Prozent) häufiger einen eigenen Computer als Mädchen (72 Prozent) oder Hauptschüler (97 Prozent). Quelle: JIM 2009: 7. Abbildung 5: Weitere Medien im Haushalt 2009 (Auswahl) – nach Bildungsgrad Laut JIM-Studie 2009 wird das Internet von den Jugendlichen insbesondere als Kommunikationsmedium genutzt. Mindestens mehrmals wöchentlich kommunizieren mit 71 Prozent die 12- bis 19-Jährigen per Instant Messenger (70 Prozent der Jungen und 71 Prozent der Mädchen). 55 Prozent verschicken oder empfangen mehrmals pro Woche E-Mails (54 Prozent der Jungen und 57 Prozent der Mädchen). 33 Hintergrundinformationen Chatten Quelle: JIM 2009: 34. Abbildung 6: Aktivitäten im Internet – Schwerpunkt Kommunikation Auch das Chatten als Kommunikationsform ist recht wichtig für die Jugendlichen. So besuchen 28 Prozent mehrmals wöchentlich einen Chat, wobei insbesondere jüngere Mädchen häufiger chatten als Jungen (29 Prozent der Jungen und 28 Prozent der Mädchen) (siehe auch Schatz 2003: 78). Eine ausdifferenzierte Darstellung und Untersuchung zur Nutzung von Chats findet sich in der JIM-Studie aus dem Jahr 2006: Neben dem Geschlecht ergeben sich weitere Unterschiede aus dem Alter und dem Bildungsstand. So chatten jüngere Schüler(innen) häufiger als ältere, Hauptschüler häufiger als Gymnasiasten (JIM 2006: 43). 34 Hintergrundinformationen Chatten Abbildung 7: Chatrooms: Nutzungsfrequenz 2006 Beim Chatten besuchen drei Viertel der 12- bis 19-Jährigen einen festen Chat. Nur ein Viertel der Chatter(innen) benutzt mehrere Chats. Mit 33 Prozent ist "Knuddels" der am häufigsten besuchte Chatroom. Besucht werden zudem Chats von Portalen oder Providern (12 Prozent), Chats von Rundfunkanbietern (8 Prozent), regionale Chatangebote (5 Prozent), "Chat4free" (6 Prozent) oder Flirt/Single-Chats (4 Prozent). Von den zahlreich angebotenen Instant Messengern nutzen 82 Prozent ICQ, da dieses Programm bei den Freunden am meisten verbreitet ist und zudem Zusatzfunktionen anbietet. Das System MSN von Microsoft wird von 37 Prozent der 12bis 19-Jährigen genutzt (JIM 2006: 43-47). Wesentlicher Grund der Jugendlichen zur Nutzung von Chatrooms ist die Möglichkeit, Bekannte und Freunde zu treffen und mit ihnen zu plaudern (vier von zehn Chattern). 27 Prozent geben an zu chatten, um neue Menschen kennenzulernen. Insbesondere männliche Jugendliche (33 Prozent) und volljährige (47 Prozent) möchten über das Chatten neue Kontakte knüpfen. Für ein Drittel aller Chatter(innen) ist es gleich wichtig, Bekannte zu treffen und neue Kontakte zu knüpfen (JIM 2006: 44). Als weitere Gründe für das Chatten werden häufig Spaß 35 Hintergrundinformationen Chatten an der Kommunikation und die spielerischen Möglichkeiten angegeben (Orthmann 2002: 283). Für Jugendliche ist Kommunikation das zentrale Nutzungsmotiv, sei es über Chats, Instant Messenger und immer häufiger über Online-Communities. Gegenüber zu Online-Communities oder Instant Messenger bietet das Kommunizieren in Chatrooms eine anonymere Form der Kontaktaufnahme mit anderen OnlineNutzern. Chaterfahrung weisen 2009 insgesamt 52 Prozent der Internetnutzer auf, wie im Vorjahr chatten 29 Prozent täglich bzw. mehrmals pro Woche. Dass auch der eher anonyme Chat eine immer höhere Bindungskraft aufweist, belegt der Umstand, dass drei Viertel der Chatroom-Nutzer nur auf einer Plattform aktiv sind – im Vergleich zum Vorjahr bedeutet dies einen Anstieg um zehn Prozentpunkte. Auch die Zuordnung der Online-Nutzung in die Bereiche „Kommunikation“ (Communities, Chat, E-Mail, Messenger), „Spiele“, „Information“ und „Unterhaltung“ (Musik, Videos, Bilder) zeigt, dass knapp die Hälfte der Zeit auf Kommunikation fällt (JIM 2009) Quelle: JIM 2009: 33. Abbildung 8: Inhaltliche Verteilung der Internetnutzung 2010 36 Hintergrundinformationen Chatten 1.3 Bedeutung des Chatten für den Lebensalltag Jugendlicher Kinder und Jugendliche wachsen heute in einer komplexen Medienwelt auf. Die für ältere Generationen und Jahrgänge neuen Medien waren für sie immer schon da und sind selbstverständlicher Bestandteil ihrer Alltagswelt. Medien sind in ihrer Welt zu einer entscheidenden Sozialisationsinstanz geworden, die zur Konstruktion und zur Bildung ihrer Identität wesentlich beitragen (Fritz, Sting & Vollbrecht 2003). Die Ausbildung der eigenen Identität ist nicht nur ein typisches, sondern ein notwendiges Bedürfnis von Jugendlichen, das in der Sozialisationsforschung vielfältig untersucht worden ist (Süss 2004). Zwar beschäftigt die Identitätsbildung den Menschen während seines ganzen Lebens, doch in keiner Phase ist sie so intensiv wie in der Jugendzeit. Unbestritten ist sie ein sehr schwieriger, von vielen Krisen begleiteter Prozess, der von zahlreichen Ängsten und Gefühlen, Minderwertigkeitskomplexen, von Einsamkeit und falscher Selbsteinschätzung begleitet wird. In dieser Phase der Suche und Konstruktion der eigenen Identität werden vorgegebene und an sie herangetragene Rollen und Erwartungen, bisherige Orientierungen und Lebensstile abgelehnt und verweigert. Die Gruppe Gleichaltriger (Peergroup) und Medien werden zu einer wichtigen Sozialisationsinstanz, die Eltern, Familie und Schule nicht nur ergänzen, sondern immer häufiger zu ihnen in Konkurrenz treten. Insbesondere die allgegenwärtigen Medien prägen mit vielfältigen Funktionen heute in entscheidender Weise die Alltags- und Lebenswelt von Kindern und Jugendlichen. Für Kinder und Jugendliche sind sie äußerst faszinierend, da sie vielfältige Bedürfnisse befriedigen und zahlreiche Funktionen übernehmen. Sie dienen der Information, Unterhaltung, der Vertreibung von Langeweile, der Stimmungsregulierung oder der Flucht aus dem Alltag. Sie bieten Gesprächsanlässe und tragen zur Meinungsbildung bei (Fritz, Sting & Vollbrecht 2003: 15). Zudem präsentieren sie ein breites Spektrum an Lebensentwürfen und Orientierungsmöglichkeiten, denen von der Mediensozialisationsforschung eine besondere Bedeutung für die Identitätsbildung von Kindern und Jugendlichen zugewiesen wird (Mikos, Hoffman & Winter 2007, 10). So bieten (Pop)Stars und Schauspieler Vorbilder, die in der schwierigen Phase der Identitätsfindung als Vorbild dienen oder auch abgelehnt werden können (Hoffmann 2004). 37 Hintergrundinformationen Chatten Im Sinne handlungsorientierter Mediensozialisationstheorien wird davon ausgegangen, dass Mediensozialisation nicht nur einseitig wirkt. Die Mediennutzung wird hier mit einem erwarteten Nutzen verbunden, bei der ein aktiv handelndes Individuum die Möglichkeit hat, sich bei der Medienrezeption selber zu sozialisieren. Die Funktion der Identitätsstiftung der Medien fällt dabei sehr unterschiedlich aus. Während das Fernsehen ein umfangreiches und vielfältiges Angebot an Identitätsfiguren präsentiert, bietet das Internet zahlreiche Möglichkeiten, die eigene Identität z.B. über Homepages zu präsentieren oder in Web 2.0Angeboten wie "Teen Second Life"17 oder Chatforen zu konstruieren, zu experimentieren und zu erproben (Fritz, Sting & Vollbrecht 2003). Aufgrund der anonymen, körperlosen Präsenz scheint sich die hier im Mittelpunkt stehende Kommunikationsform Chat besonders gut dafür zu eignen, die eigene Identität virtuell zu erproben und zu festigen. Durch den einfachen Wechsel des Nicknamen können mit unterschiedlichen Rollen zahlreiche Identitäten ausprobiert, präsentiert, reflektiert und entwickelt werden. Im Schutz der Anonymität ist es recht einfach, Tabuthemen zu besprechen, Erfahrungen mit dem anderen Geschlecht zu sammeln, Erregungen, Thrill und Action zu erleben sowie Grenzen zu erproben, wie es im realen Leben nicht möglich ist und auch vielleicht gar nicht angestrebt wird (Fritz, Sting & Vollbrecht 2003: 8). In diesem Sinne sieht die Psychologin Turkle den Chatroom als Spielplatz für Jugendliche, auf dem sie ihre Identität als ihr soziales Selbst spielerisch-konstruktiv entwerfen können (Turkle 1998, Fix 2001: 68). Studien und Stichproben zur Chatnutzung von Jugendlichen (Fix 2001; Orthmann 2004; Schatz 2003; Straub 2005; Kammerl 2006) belegen allerdings, dass Jugendliche das Spiel mit Identitäten beim Chatten nur sehr selten nutzen und auch ihr Geschlecht fast nie verändern. Die meisten Jugendlichen geben an, sich auch im Chat wie im realen Leben zu verhalten. Nur vereinzelt kommt es zu Enthemmungen und zu aggressivem Verhalten (Kammerl 2006: 7-13; Fix 2001: 112113, Schatz 2003: 79). Bewusst gespielt wird nur kurzfristig, um andere zu "verschaukeln". Der Nickname wird nur selten gewechselt, die Mehrheit der Jugendlichen bevorzugt es, beim Chatten "ehrlich und offen zu sein" (Fix 2001: 112). Bei Selbstbeschreibungen 17 http://teen.secondlife.com. Ähnlich wie in der Erwachsenenversion von "Second Life" geht es darum, sich im Internet eine zweite Existenz aufzubauen. In der Jugendversion ist diese Welt auf deren Bedürfnisse mit erster Liebe, Discobesuch und Ferienjobs abgestimmt. Das Internetportal ist für Jugendliche von 13 bis 19 Jahren zugänglich und kann für 10 Dollar monatlich besucht werden. 38 Hintergrundinformationen Chatten wird höchstens ein wenig über- oder untertrieben. Besonders Mädchen neigen dazu, ein falsches Alter anzugeben, um die Aufmerksamkeit meist männlicher Kommunikationspartner gewinnen zu können. Eine Veränderung der Identität wird bevorzugt von Mädchen der 7. und 8 Klassen vorgenommen, die mit sich selbst unzufrieden sind und sich dann so zeigen können, wie sie gerne sein möchten. Insgesamt ist das Bedürfnis nach Kommunikation und Selbstdarstellung bei Mädchen in diesem Alter besonders ausgeprägt (Schachtner & Welger 2004). Nach stichprobenartigen Untersuchungen chatten Jugendlichen insbesondere dann, wenn sie ihre Realität als verunsichernd erleben, sich in ihrem Umfeld nicht unterstützt fühlen und unter mangelnder Selbstsicherheit leiden. Mit virtuellen Kontakten versuchen sie, ihre Einsamkeit und Unsicherheit zu bekämpfen. Im Chat trauen sie sich mehr zu. Hier fühlen sie sich befreit von realen Ängsten, Problemen und Komplexen. Diese virtuelle Kompensation kann zu einer Stabilisierung der Persönlichkeit und zur Aufarbeitung alterspezifischer Probleme führen. In dem Versuch, dem eigenen unsicheren Ich und dem womöglich abgelehnten Körper ein erwünschtes virtuelles Ich gegenüberzustellen, wird jedoch auch die Gefahr gesehen, sich unrealistischen Vorstellungen hinzugeben und sich in der virtuellen Welt zu verlieren. Da die virtuelle Scheinrealität keine realen Problemen lösen sowie ein unzureichendes soziales Umfeld und wirkliche Freunde nicht ersetzen kann, ist das Risiko gegeben, die Realität als noch enttäuschender zu erleben (Schatz 2003: 82-86). Gefährdungen für Kinder und Jugendliche im Chat ergeben sich insbesondere durch pädophile Erwachsene, die jugendliche Chaträume nutzen, um bevorzugt mit 7- bis 18-Jährigen in Kontakt zu treten. Von Belästigungen sind keineswegs nur unsichere oder besonders naive Kinder und Jugendliche betroffen. Laut JIMStudie 2006 haben bereits 57 Prozent der Mädchen und 44 Prozent der Jungen unangenehme Erfahrungen im Chat gemacht. Je älter die Jugendlichen waren, desto häufiger sind sie belästigt worden (12-13 Jahre: 33 Prozent, 14-15 Jahre: 45 Prozent, 16-17 Jahre: 65 Prozent, 18-19 Jahre: 56 Prozent). Diese Aussagen sind durch jugendschutz.net bestätigt worden, die bei Stichproben in fast allen Chats Belästigungen beobachtet haben. Die Jugendlichen reagieren recht unterschiedlich auf diese Erlebnisse. Einige ignorieren sie (48 Prozent), andere klicken die Personen weg (30 Prozent) oder verlassen den Chat (23 Prozent). (JIM 2006: 45; Chatten ohne Risiko 2009: 7ff). Die meisten Belästigungen kommen in Chats vor, die sich an alle Altersgruppen richten, wobei sexuelle Belästigungen insbesondere in Kinder- Teen-Channels 39 Hintergrundinformationen Chatten auftreten (Chatten ohne Risiko 2009: 7ff). Besonders betroffen sind Separées und Instant Messenger, in denen nicht moderiert, kontrolliert oder gefiltert werden kann. Unerfahrenheit und Leichtgläubigkeit lassen Kinder und Jugendliche - insbesondere junge Mädchen - schnell zu Opfern sexueller Ausnutzung werden. Chattende Pädophile wissen sehr genau, wie sie ihre Opfer in sexuelle Dialoge verwickeln und gewünschte Informationen bekommen. Betroffene Kinder und Jugendliche glauben sehr oft, dass sich hinter dem netten Chatpartner ein nur unerheblich älterer Kommunikationspartner verbirgt, der sich wirklich für sie interessiert. Mit Chatfreunden gehen Kinder und Jugendliche häufig noch vertrauter um als mit Freunden im wirklichen Leben. Da sie außerhalb des eigenen Alltags stehen, werden den netten Chatpartnern sehr schnell persönliche Dinge und Informationen offenbart, die sonst nicht erzählt würden (Enders 2004: 4). Studien haben ergeben, dass Jugendliche in diesem Alter ein erschreckend geringes Bewusstsein für Datenschutz haben. Im Spiel des Flirtens geben sie sehr schnell ihre Telefonnummer, E-Mail-Adresse und auch Fotos an Chatpartner weiter, da sie sich geschmeichelt fühlen und entsprechende Fragen als Maßstab ihrer Attraktivität gesehen werden (Orthmann 2004: 113; Fix 2001: 72). Besonders gefährlich kann es werden, wenn Jugendliche sich mit Chatfreunden treffen. Immer wieder ist in Zeitungen von Vergewaltigungen oder gar Mord durch Chatbekannte zu lesen. Laut JIM-Studie 2006 hat bereits 38 Prozent der chattenden Jugendlichen bereits telefonischen Kontakt zu Chatbekanntschaften aufgenommen, ein Viertel von ihnen hat sich wirklich mit entsprechenden Bekannten getroffen, jeder zehnte Jugendliche hat unangenehme Erfahrungen bei diesen Treffen gemacht (davon 16 Prozent Mädchen und 7 Prozent Jungen) (JIM 2006: 44). Die wenigsten Jugendlichen sprechen mit ihren Eltern oder Pädagogen über diese Erfahrungen, da sie befürchten, man könne ihnen das Chatten oder die Internetnutzung verbieten. Vielfach wissen Erziehungsberechtigte nicht einmal, welchen Risiken ihre Kinder und Jugendlichen ausgesetzt sind. Jugendmedienschutzgesetze können nur sehr begrenzt Sicherheit im Internet verschaffen. Abhilfe kann hier nur eine möglichst frühe Förderung von Medienkompetenz, Problembewusstsein und eines verantwortungsvollen Umgangs mit dem Internet schaffen. So bergen die Kommunikation und der Datenaustausch im Internet auch für Jugendliche viele Unannehmlichkeiten und Gefahren wie Verletzung von Persönlichkeitsrechten hin zu Verleumdungen und Cyber- Mobbing, dem absichtlichen 40 Hintergrundinformationen Chatten Beleidigen, Bedrohen, Bloßstellen oder Belästigen anderer. So geben in der JIMStudie 2009 42 Prozent der Internetnutzer an, dass schon einmal Videos oder Fotos, auf denen sie selbst abgebildet waren, ohne ihre Zustimmung online gestellt wurden. Ein Viertel berichtet, dass es im Freundeskreis schon einmal zu Ärger aufgrund von Interneteinträgen kam. 14 Prozent ist es schon einmal passiert, dass Falsches oder Beleidigendes im Internet verbreitet wurde. In Kontakt mit regelrechtem Cyber-Mobbing sind bisher ein Viertel der Internetnutzer gekommen. Jedes dritte Mädchen und jeder zweite Junge kann darüber berichten, dass jemand aus dem Freundeskreis im Internet schon einmal fertig gemacht wurde – sei es in einer Community oder in einem Chat. Materialien und Informationen zur Aufklärung und hilfreiche Tipps bietet u.a. die „Initiative für mehr Sicherheit im Netz - klicksafe.de“.18 Quelle: JIM 2009: 49. Abbildung 9: Erfahrungen mit Verletzung von Persönlichkeitsrechten, Verleumdungen und Cyber- Mobbing 18 Vgl. https://www.klicksafe.de/themen/kommunizieren/cyber-mobbing/cyber- mobbing.html <Letzter Zugriff: 19.05.2010> 41 Hintergrundinformationen Chatten 2 Der Forschungsprozess Der im Begleitheft JAM! allgemein beschriebene Forschungsprozess wird im Folgenden auf eine konkrete Forschungsfrage im Umgang mit Computerspielen angewendet und ausgearbeitet. An einigen Stellen werden inhaltliche und methodische Alternativen aufgezeigt. In Teil 2 dieses Lernmoduls wird dieser Forschungsprozess dann didaktisch umgesetzt. Durch den Forschungsprozess leiten die folgenden sechs Fragen: 1. Worum geht es? Vom Phänomen der sozialen Realität zum Forschungsinteresse 2. Was wollen wir herausfinden? Formulieren der Forschungsfrage(n) und Vermutungen über Zusammenhänge 3. Wie wollen wir es herausfinden? Wahl der Forschungsmethode, Suche nach geeigneten Indikatoren und Entwicklung des Erhebungsinstruments 4. Wie führen wir die Untersuchung durch? Stichprobe und Erhebung der Daten 5. Was ist das Ergebnis unserer Untersuchung? Verarbeitung, Auswertung und Interpretation der Daten 6. Was haben wir aus unserer Untersuchung gelernt? Aufbereitung und Interpretation der Ergebnisse 2.1 Worum geht es? Vom Phänomen der sozialen Realität zum Forschungsinteresse Jedes sozialwissenschaftliche Forschungsinteresse hat seinen Ursprung in einem gesellschaftlichen Phänomen. Anlass ist zumeist das Verhalten der Menschen in ihrem Zusammenleben sowie bestimmte soziale Strukturen, auf die der Forscher aufmerksam wurde. Dabei handelt es sich z. B. um ein neues, außergewöhnliches, sich durch äußere – häufig technische – Einflüsse veränderndes Phänomen, welches bemerkenswert und damit erforschenswert zu sein scheint. Dass und wie sich die zwischenmenschliche Kommunikation durch die neuen Medien verändert, ist ein in der Kommunikationswissenschaft zentrales Themenfeld. Internet und Mobilfunk machen es möglich, über die unterschiedlichsten Kanäle zu kommunizieren. Ob SMS, Telefonie, Briefe, eMail oder auch Chats – für jede Form der Kommunikation haben sich durch die spezifischen Kommunikationssituationen, die Art der Übermittlung der Inhalte, die verwendeten Instrumente und 42 Der Forschungsprozess Eingabegeräte eigene Kommunikationsstile herausgebildet. Das bedeutet, dass Menschen anders miteinander umgehen, wenn sie über unterschiedliche Wege miteinander kommunizieren. Sie interagieren nicht nur in technischer, sondern auch in inhaltlicher und stilistischer Hinsicht anders, wenn sie sich persönlich gegenüber stehen, sich anonym im Chat begegnen, telefonieren, einander E-Mails oder einen persönlichen Brief schreiben. Neben der SMS-Kommunikation ist – gerade angesichts der immer häufiger verfügbaren Internetzugänge mit Flatrates – das Chatten unter Jugendlichen ein überaus beliebter Weg, sich untereinander auszutauschen, neue Leute kennen zu lernen, ohne das Haus verlassen zu müssen und sich quasi „inkognito“ auszuprobieren. Für manche hat das Chatten einen Stellenwert als Freizeitbeschäftigung eingenommen, der mit anderen Hobbys konkurriert. Jugendliche zwischen 14 und 19 Jahren sind die aktivsten Internetnutzer in Deutschland. 76 Prozent der Jugendlichen nutzen Chats und Foren (vgl. Kapitel 1.3). Wie sieht diese Kommunikationsform nun tatsächlich aus, die in der Jugendkultur einen so beachtlich hohen Stellenwert einnimmt? Worüber unterhalten sich Jugendliche im Chat? Wie unterhält man sich – im Gegensatz zu anderen Kommunikationsmedien – im Chat? Diese und ähnliche Fragen zu erforschen und Antworten hierauf zu finden, scheint gerade aus Sicht derer lohnenswert, die sich in der Chat-Community besonders gut auskennen und um die Besonderheiten des Umgangs im Chat aus eigener Erfahrung wissen: die Jugendlichen selbst. Dies gewährleistet, dass das Thema nah an der Alltagsrealität derer, um die es letztlich geht, erforscht wird. Den Jugendlichen selbst ermöglicht die Analyse von Chatforen, die eigene Expertise und damit das eigene Interesse am Forschungsgegenstand einzubringen. Sie kann darüber hinaus zum Anlass genommen zu werden, das eigene Medienhandeln zu hinterfragen. 43 Der Forschungsprozess Anlass des Forschungsvorhabens zum Thema „Chatkommunikation“ ist die hohe Affinität Jugendlicher zum Chatten, einer vergleichsweise neue und (bislang) insbesondere von Jugendlichen genutzten Kommunikationsform. Die Analyse des Kommunikationsverhaltens in Chat-Foren (alternativ auch: Blogs, Gästebücher, Foren) ermöglicht es einerseits, die Expertise der Jugendlichen in den Forschungsprozess einzubinden und gibt andererseits Anlass, das eigene Medienhandeln zu hinterfragen. 2.2 Was wollen wir herausfinden? Formulieren der Forschungsfrage(n) und Vermutungen über Zusammenhänge Studien zur Nutzung, den hiermit verbundenen Motiven und der Bedeutung von Chats für Jugendliche (z.B. Fix 2001, Orthmann 2004, Schatz 2003) geben bereits eine umfassenden und aktuellen Einblick in die Bedeutung des Chattens im Lebensalltag Jugendlicher. Das Chat-Erleben direkt bei den Beteiligten zu erfragen, ist aber nur eine mögliche Form des empirischen Zugangs zu diesem Phänomen. Denn um diese „Innenansichten“ richtig einordnen und deuten zu können, bedarf es zunächst eines analytischen Blickes auf die Chatkommunikation selbst. Wie verhalten sich Jugendliche also im Chat? Worüber kommunizieren sie und wie tun sie das? Aus den Besonderheiten der Chatkommunikation (siehe Kapitel 1.1 und 1.2) lassen sich zahlreiche Vermutungen über inhaltliche und formale Kennzeichen der Chatkommunikation ableiten. Hier einige Beispiele: − Im Chat-Raum können die Chattenden anonym agieren. Die Möglichkeit, sich hinter dem medialen Kanal zu „verstecken“ und dabei (in den Grenzen der „Chatiquette“) relativ sanktionsfrei agieren zu können, wird genutzt, um insbesondere Tabu-Themen, sehr persönliche bis intime Dinge zu thematisieren und Grenzen alltäglicher Face-to-Face-Kommunikation zu überschreiten. − Die durch das Medium bedingte Distanz und wechselseitige NichtSichtbarkeit der Chattenden, die es ihnen nicht ermöglicht, Gestik und Mimik in die Kommunikation einzubringen, wird kompensiert durch die intensive Verwendung von internetspezifischen Kommunikationsmitteln, mithilfe derer Gefühle und Stimmungen sowie Werturteile ausgedrückt werden und physische Nähe simuliert wird. 44 Der Forschungsprozess − Chatter geben sich über ihren Nickname eine Identität, die sie auch im Chat verkörpern: Chatter, die sich einen provokanten Nickname gegeben haben, agieren aggressiver gegenüber anderen Chattern. Chatter, die mit ihrem eigenen oder Spitznamen auftreten, kommunizieren intensiver über persönliche Themen und ihre Alltagswelt. In Flirt-Chats sind primär Chatter zu finden, deren Nickname eine „erotische Anmutung“ haben soll bzw. nahe legt, am Flirten interessiert zu sein. − In Chat XY sind die Gesprächsinhalte primär von Smalltalk geprägt, während in Chat XZ ernsthafte Versuche unternommen werden, jemanden kennen zu lernen. Die konkreten Vermutungen hängen dabei stets davon ab, welches Chatforum man analysiert, ob es sich um einen themenspezifischen Chat handelt, nach welchen Kriterien die einzelnen Channel eines Forums systematisiert sind (z. B. nach Städten, Themen, Altersgruppen) und wie sich die jeweilige Chat-Community in diesem Channel gerade zusammensetzt. Hinzu kommt, wie konsequent eine Nichteinhaltung der Chatiquette sanktioniert wird. Ist dies beispielsweise nicht der Fall, werden in diesem Forum vermutlich in erhöhtem Maße Grenzüberschreitungen anzutreffen sein. Ob man mit konkreten Vermutungen an die Analyse der Chatkommunikation herangeht oder eher allgemeiner die inhaltliche und formale Struktur eines Chatforums erkunden und beschreiben möchte, lenkt die im nächsten Schritt erforderliche Konkretisierung und Ausdifferenzierung der Fragestellung und damit die Kriterien, die zur Beschreibung und Analyse der Chatkommunikation herangezogen werden sollen. Da das vorliegende Lernmodul trotz möglichst konkreter Anleitungen und Beispiele für die methodische Umsetzung inhaltlich so offen wie möglich gehalten werden soll, wird hier von einer Beschränkung auf die Überprüfung konkreter Vermutungen (Hypothesen) abgesehen und stattdessen ein eher explorativ angelegtes Untersuchungsdesign vorgeschlagen, welches sich in Gänze oder Auszügen auch auf unterschiedliche Chatforen, aber auch auf alternative Untersuchungsgegenstände wie Blogs, Gästebücher oder Foren übertragen lassen sollte. 45 Der Forschungsprozess Um die allgemeine Fragestellung „Wie und worüber kommunizieren Jugendliche im Chat?“ mithilfe eines geeigneten methodischen Instrumentariums im Rahmen dieses Lernmoduls dennoch forschungspraktisch umsetzbar und damit messbar zu machen, wird diese zu zwei hierin enthaltenen Unteraspekten ausdifferenziert und darunter jeweils weiter konkretisiert: a) Worüber wird kommuniziert? Themenspektrum Über welche Themen unterhalten sich die Chattenden? Einen möglichen Fokus könnte man hier auch auf den inhaltlichen Bezug der Kommunikationsinhalte zur „Offline-Welt“ (z.B. private Verabredungen, Berichte aus dem sozialen Umfeld) legen, sofern dies im Mittelpunkt des Erkenntnisinteresses stünde. Emotionen/Stimmung Welchen Gefühlen geben die Chattenden in ihren Äußerungen Ausdruck? Analysiert werden verbale und über Verwendung chatspezifischer Kommunikationsmittel ausgedrückte Gefühlsäußerungen hinsichtlich der eigenen Person der Chattenden. b) Welcher Kommunikationsstil wird gepflegt? Sprache/Sprachstil Analysiert wird, inwiefern sich ein für die Onlinekommunikation bzw. hier: Chatkommunikation spezifischer Sprachstil (vgl. Kap. 1.1.3) ausmachen lässt. Weist der Kommunikationsstil eher eine Nähe zum Schriftdeutsch oder zur gesprochenen Umgangssprache auf? Welche chatspezifischen Kommunikationsmittel (z. B. Wahl der Nicknames, Verwendung von Emoticons, Akronymen) werden verwendet? Beziehungsebene Wie gehen die Chattenden miteinander um? (z. B. wertende Äußerungen gegenüber den Kommunikationspartnern, z. B. durch Verwendung beschimpfender, anzüglicher Ausdrücke) 46 Der Forschungsprozess Der Forschungsprozess im Lernmodul Internet wird beispielhaft anhand folgender Forschungsfrage erläutert und umgesetzt: „Wie und worüber kommunizieren Jugendliche im Chat?“ Diese Frage wird ausdifferenziert zu folgenden Unteraspekten: a) Worüber wird kommuniziert? - Themenspektrum - Emotionen/Stimmung der Chattenden Welcher Kommunikationsstil wird gepflegt? - Sprache/Sprachstil - Beziehungsebene 2.3 Wie wollen wir es herausfinden? Wahl der Forschungsmethode, Suche nach geeigneten Indikatoren und Entwicklung des Erhebungsinstruments Im Folgenden wird den Fragen nachgegangen, welche Forschungsmethode eingesetzt und welche Indikatoren genutzt und wie ein entsprechendes Erhebungsinstrument entwickelt werden können. 2.3.1 Wahl der Forschungsmethode Um beschreiben zu können, wie Jugendliche über das Internet in Chatforen kommunizieren, geht man unmittelbar vom Medienmaterial selbst aus, das sie durch ihr Kommunikationsverhalten produzieren. Man schaut sich also die Chatinhalte selbst an. Im konkreten Fall ist es das Ziel, die inhaltliche Struktur der Chat-Kommunikation zu beschreiben und entlang vorab formulierter begründeter Vermutungen Regelmäßigkeiten im Chat-Verhalten zu identifizieren. Inhaltsanalyse als empirische Methode Strukturen aufzudecken und Regelmäßigkeiten in den Medieninhalten ausfindig zu machen erfordert zwingend, diese systematisch und strukturiert zu betrachten, d. h., eine größere Zahl vergleichbarer Botschaften anhand vorab definierter Kriterien zu beschreiben. Die hierzu geeignete Forschungsmethode ist die (quantita- 47 Der Forschungsprozess tive) Inhaltsanalyse. Neben der standardisierten Befragung (vgl. Lernmodul TV) handelt es sich hierbei um „die zentrale Forschungsmethode“ in der Medien- und Kommunikationswissenschaft, die von vielen auch als „Königsdisziplin“ des Faches bezeichnet wird. Die beiden gängigsten Definitionen verdeutlichen, worin die Grundidee besteht: „Die Inhaltsanalyse ist eine empirische Methode zur systematischen, intersubjektiv nachvollziehbaren Beschreibung inhaltlicher und formaler Merkmale von Mitteilungen.“ (Früh 1998: 18) Bei den hier untersuchten „Mitteilungen“ kann es sich um die unterschiedlichsten Medieninhalte handeln – hier: Chat-Beiträge. Dass diese Beschreibung systematisch und intersubjektiv nachvollziehbar erfolgen soll, impliziert, − dass die Medieninhalte anhand zuvor definierter Merkmale, − planvoll nach zuvor festgelegten Regeln, − systematisch in Zahlenwerte übersetzt und − auf einer zahlenmäßig breiten Basis (größere Textmengen) gesammelt werden und − dass das Vorgehen für Dritte nachvollziehbar und reproduzierbar ist. (vgl. Brosius & Koschel, 2001) Ziel einer Inhaltsanalyse ist aber nicht nur, die Medieninhalte zu beschreiben, sondern man zieht darüber hinaus auch Rückschlüsse auf die sozialen Phänomene, die hinter den Mitteilungen stehen und hinter den begründeten Vermutungen über inhaltliche Strukturen stehen. Steht die Chatkommunikation für eine neue Kommunikationskultur in der Informationsgesellschaft, die es in der Form zuvor nicht gab? Zu welchen anderen Kommunikationspraktiken weist das Chatten Ähnlichkeit auf? Auch über die Akteure im Chat selbst kann man aus ihrem Kommunikationsverhalten heraus Rückschlüsse ziehen, also auf diejenigen, die sich hinter den Nicknames verbergen bzw. was sie hierüber ausdrücken möchten, auf ihre Persönlichkeit, die möglichen Funktionen, die das Chatten für sie hat, auf mögliche Auswirkungen, die Art und Intensität der Kommunikation auf die Chattenden und ihren Lebensalltag haben können, oder darauf, inwiefern das Chatten die persönliche Kommunikation ergänzt oder gar ersetzt. Wichtig ist es dabei stets, dass Rückschlüsse die- 48 Der Forschungsprozess ser Art durch die konkreten Inhalte begründet werden können, dass es also geeignete inhaltliche Indikatoren gibt, die Anlass zu diesen Interpretationen geben. Dieses Erkenntnisinteresse stellt Merten (1995: 59) in seiner Definition der quantitativen Inhaltsanalyse besonders heraus: „Die Inhaltsanalyse ist eine Methode zur Erhebung sozialer Wirklichkeit, bei der von Merkmalen eines manifesten Textes auf Merkmale eines nicht-manifesten Kontextes geschlossen wird.“ Allgemein verfolgt man mit der (quantitativen) Inhaltsanalyse das Ziel, auf Basis vorab definierter Merkmale nach groben Mustern und Tendenzen in den Medientexten zu suchen und strebt nach allgemeinen oder verallgemeinerbaren Aussagen – auch um den Preis, dabei nicht jedem einzelnen Objekt in Gänze gerecht zu werden. Man schaut sich das Material also durch eine Art inhaltliches Raster oder Schablone an, durch die man nur nach jenen inhaltlichen Aspekten sucht, die in der Fragestellung enthalten sind. Diese Verkürzung stellt immer eine – gewünschte! – Reduktion von Komplexität dar, in der das Ausgangsmaterial vorliegt. Die Vorteile der Inhaltsanalyse gegenüber einer Befragung sind darin zu sehen, dass beispielsweise − auch die Analyse vergangener Kommunikationsprozesse möglich ist, − der Forscher nicht auf die Kooperation von Versuchspersonen angewiesen ist und − man damit zeitlich unabhängiger ist. − Anders als bei einem Befragten, den man durch die Frage und Antwortvorgaben u. U. erst für ein Thema sensibilisiert, verändert man seinen Untersuchungsgegenstand – die Medientexte – bei der Inhaltsanalyse nicht. − Die Untersuchungen sind beliebig of reproduzierbar oder mit einem modifizierten Analyseinstrument am selben Gegenstand wiederholbar und können damit dem Anspruch auf systematisches Vorgehen und intersubjektive Nachvollziehbarkeit besonders gut einlösen. 49 Der Forschungsprozess In der nachfolgenden Tabelle sind die grundlegenden Unterschiede der beiden „klassischen Methoden“ der Kommunikationswissenschaft der Inhaltsanalyse und der Befragung noch einmal zusammengetragen. Sie soll helfen, sich die Grundidee der im Vergleich zur Befragung etwas „alltagsferneren“ Methode der Inhaltsanalyse zu vergegenwärtigen: Kriterium Grundgesamtheit Merkmalsträger Datenerhebung Messinstrument Befragung Inhaltsanalyse Bevölkerung bzw. Teile da- Medieninhalte, Berichterstattung von (z.B. Jugendliche) bzw. Teile davon, z. B. Zeitungsartikel, TV-Nachrichten, Webseiten, Chatforen Personen „Texte“ bzw. Teile davon (Bilder, Artikel, Absätze, Filme, Serien, Radio-Sendungen, Nachrichtenmeldungen, Werbespots, Webseiten, Einträge in Chatforen) Interview Codierung Fragebogen: Fragen mit/ohne Antwortvorgaben Codebuch: Kategorien und Ausprägungen Tabelle 5: Vergleich Befragung und Inhaltsanalyse Im übertragenen Sinn kann man davon sprechen, dass bei der klassischen Befragung die Menschen, bei der Inhaltsanalyse hingegen die Mitteilungen (Texte, Medieninhalte) "befragt" werden. Bevor das Untersuchungsmaterial in diesem Sinne "befragt" werden kann, muss es genauer bestimmt und eingegrenzt werden. 2.3.2 Festlegung des Untersuchungsmaterials Vor der Frage, wie etwas gemessen werden soll, ist erst zu klären, was genau gemessen werden soll. Welches Chatforum analysieren? Um die Frage beantworten zu können, wie Jugendliche im Chat kommunizieren, bietet es sich an, ein Chatforum auszuwählen, das besonders von Jugendlichen genutzt wird. Natürlich wird man, da die wahre Identität der Chattenden letztlich verborgen bleibt, letztlich nicht sicherstellen können, dass sich tatsächlich Jugendliche und nicht Personen, die sich lediglich als solche ausgeben, hinter den Nicknames verbergen. Will man besonders beliebte Foren erforschen, kann man 50 Der Forschungsprozess sich an Studien orientieren, in denen die bevorzugten Chatforen erfragt wurden (siehe Kapitel 1.2). Hier böte sich beispielsweise http://www.knuddels.de an. Ebenso könnte man den Blick auf solche Foren richten, die unter medienpädagogischen Gesichtspunkten für Jugendliche als besonders geeignet oder eben nicht geeignet eingestuft werden (siehe hierzu beispielsweise die von jugendschutz.net veröffentlichte Broschüre „Chatten ohne Risiko?“, verfügbar unter: www.chattenohne-risiko.net/). Eine Forschungsstrategie kann auch darin bestehen, verschiedene Foren vergleichend zu betrachten. Von der Wahl des Chatforums hängt ab, welche Besonderheiten im hierfür entwickelten Codebuch zu berücksichtigen sind. Die meisten Chatportale bieten den Chattenden mehrere Chaträume („Channel“) oder Chateingänge zur Auswahl an, die nach verschiedenen thematischen Gesichtspunkten (z.B. Alter, Stadt/Region, Thema/Interesse) gegliedert sind. Richtet sich das Untersuchungsinteresse beispielsweise auf die Breite der in einem Chatraum aufkommenden Gesprächsthemen, bietet es sich nicht an, einen Themenchat zu wählen. Ist man wiederum daran interessiert, ob sich der Sprachstil oder der Umgang der Chattenden untereinander systematisch zwischen verschiedenen Interessengruppen (z.B. zwischen „Flirt“ und „Tiere“ oder zwischen „unter 18Jährigen“ und über 40-Jährigen) unterscheidet, könnte man durchaus zwei solcher Chaträume vergleichend betrachten. Um in diesem Lernmodul die Breite der praktischen Umsetzungsmöglichkeiten in den Vordergrund zu stellen, soll die Forschungsfrage hier am Beispiel eines thematisch nicht eingegrenzten Chatraumes umgesetzt werden, das zudem für Jugendliche geeignet ist, von ihnen genutzt wird und auch die praktische Umsetzung des Extrahierens der Texte durch „Copy & Paste“ unkompliziert ist. Als Beispiel wird hier daher www.schulhofchat.de herangezogen. Dieses Forum richtet sich nach eigenen Angaben der Betreiber explizit an Schülerinnen und Schüler und passt allein dadurch gut in den Projektkontext von „JAM!“. Mit 20 bis 50 Chattenden im thematisch nicht eingegrenzten und best besuchten Channel, dem „Schulhof“ ist dieses Forum auch noch vergleichsweise übersichtlich. In der Broschüre „Chatten ohne Risiko?“ (S. 30) wird der Chat folgendermaßen eingeschätzt: 51 Der Forschungsprozess Abbildung 10: Einschätzung http://www.schulhofchat.de Gechattet wird in deutscher Sprache, es ist stets ersichtlich ob und welcher Chattende sich an welchen Mit-Chattenden richtet, und die Verfügbarkeit von Smileys, die unmittelbar eingefügt werden können, führt dazu, dass weniger Zeichenkombinationen eingesetzt werden, die zur richtigen Einschätzung der hier vermittelten Stimmung/Aussage ein höheres „Insiderwissen“ vom Codierenden erfordern (vgl. Sprache im Chat, Kapitel 1.1.3). Insgesamt handelt es sich um ein sehr übersichtliches Forum. Welche/s Chatforum/Chatforen auch analysiert werden soll – eines erfordern alle: Man muss sich, um sie anschauen und damit untersuchen zu können, selbst einen Nickname geben und sich als Teilnehmer in das Forum begeben. Aus forschungsethischen Gründen und um die Distanz zum Untersuchungsgegenstand zu wahren, sollten die Forscher allerdings keine eigenen Beiträge platzieren und nicht selbst in den Chat einsteigen; auch dann nicht, wenn sie von anderen Chattenden hierzu aufgefordert werden. Auch in diesem Punkt bietet der Schulhofchat Vorteile: Man wird, anders als bei vielen anderen Chatforen, nicht nach kurzer Zeit, in der man nicht selbst aktiv wird, automatisch ausgeloggt und muss sich neu anmelden. Definition der Untersuchungs-/Analyseeinheiten Inhaltsanalytisch zu arbeiten heißt im Wesentlichen, Komplexität zu reduzieren: Zum einen werden die Medieninhalte (Mitteilungen) auf die an ihnen interessierenden Merkmale reduziert. Zum anderen können die Medien nie als Ganzes analysiert werden. Um ihre inhaltliche und formale Struktur beschreiben zu können, 52 Der Forschungsprozess müssen wir sie stets in ihre Einzelteile zerlegen. Zur Analyse der Inhalte in einem Chatforum muss daher zunächst definiert werden, welche inhaltlichen Einheiten jeweils untersucht und beschrieben werden sollen. Bei der Analyse von Tageszeitungen oder Fernsehnachrichten bietet es sich beispielsweise an, einen einzelnen Artikel bzw. Nachrichtenbeitrag als Untersuchungseinheit zu verwenden, bei Werbung wird in der Regel jeder einzelne Werbespot als eine in sich abgeschlossene und von den anderen klar abgrenzbare Einheit analysiert. In komplexeren Analysen bricht man die Einheiten teilweise auf noch differenziertere Ebenen hinunter – beim Tageszeitungsbeispiel evtl. auf Absatz- oder gar auf Satzebene, bei der Fernsehanalyse können dies einzelne Filmsequenzen sein, die durch Handlungsstränge oder Filmschnitte voneinander abgegrenzt sind. Chatforen geben bereits mit den einzelnen Beiträgen der Chattenden eine gute Möglichkeit vor, welche Elemente als einzelne Einheiten separat voneinander zu codieren sind. Jedes Mal, wenn also ein Chattender einen Redebeitrag im Chatroom leistet, wird dies also als eine in sich abgeschlossene Einheit betrachtet, die für sich genommen codiert wird. Das folgende Beispiel (Auszug aus dem Chatforum http://www.schulhofchat.de vom 8.3.2007) zeigt die Struktur anschaulich: hotbunnie89[Do 12:24] sagt zu pussylulu: bin krank geschrieben die woche haui1488[Do 12:24] sagt: tag wer hat lust zu chatten KnödeL[Do 12:24] sagt zu Drizzt: hat deine freundin dich verlassen, oder was? pussylulu[Do 12:24] sagt zu hotbunnie89: Man hast du ein schwein PrincE BlacK * nimmt teil und sitzt auf dem 1. Platz des Stammtisches * hotbunnie89[Do 12:24] sagt zu Fcb05: sag mal du hast freunde ???? pussylulu[Do 12:24] sagt zu hotbunnie89: *hehe* PrincE BlacK[Do 12:24] sagt zu hotbunnie89: tach spatzel01 [Do 12:24] * verläßt uns (Browser abgestürzt)* hotbunnie89[Do 12:25] sagt zu PrincE BlacK: hey KnödeL[Do 12:25] * i don't want it, i just need it, to feel, to breathe, to know i'm aliiiiiiiiive... Abbildung 11: Auszug aus Chatforum www.schuhofchat.de Je nachdem, ob man sich dafür entscheidet, nur verbale und symbolhafte Äußerungen bzw. Selbstbeschreibungen und nicht die (automatisch erstellten) virtuellen Bewegungen im Forum oder zwischen den Channeln, die hier auch durch *(…)* gekennzeichnet sind (z.B. Chatforum verlassen/wechseln), handelt es sich 53 Der Forschungsprozess hier um neun bzw. elf einzeln zu codierende Fälle (Untersuchungseinheiten). Jede Äußerung beginnt mit dem Nickname des Chattenden. Es folgen Datum und Uhrzeit sowie die Information, ob die Äußerung an eine bestimmte andere Person im Chatroom gerichtet ist. Anschließend folgen die verbale Aussage und/oder der symbolische Ausdruck mittels Smiley bzw. Emoticons. 2.3.3 Das „Werkzeug“: Codebuch, Kategorien und ihre Ausprägungen Praktisch umgesetzt wird eine Inhaltsanalyse mithilfe eines so genanten Codebuches. Dieses Regelwerk ist das Kernstück jeder Inhaltsanalyse. Es beinhaltet alle wichtigen Informationen, die die Codierer zur Durchführung der Inhaltsanalyse benötigen (siehe Rössler, 2005: 20): − Aussagen über das Material, das untersucht werden soll, − Hinweise zur Behandlung des Materials und zum Ablauf der Codierung, − Das Kategoriensystem als Definition der Kriterien, die an dieses Material anzulegen sind (s. u.), − Beispiele für die konkrete Verschlüsselung der einzelnen Kategorien mithilfe ihrer Ausprägungen. Die formalen und inhaltlichen Textmerkmale, hinsichtlich derer jeder Chatbeitrag beschrieben wird, nennt man Kategorien. Diese sind vergleichbar mit den Fragen im Fragebogen. Die Antwortvorgaben sind vergleichbar mit den Ausprägungen, das heißt, den möglichen Zuständen, in denen das Merkmal vorliegen kann. Jedem Chatbeitrag wird damit für jede Kategorie ein Zahlenwert zugeordnet, mithilfe dessen später die Auswertung vorgenommen werden kann. Ein Beispiel: Kategorie: Negative Äußerungen gegenüber einem anderen Chattenden Definition: Der Chattende äußert abwertende, unfreundlich zurückweisende, unhöfliche, belästigende, beschimpfende oder beleidigende Zuschreibungen gegenüber einem oder allen anderen Chattenden? Beispiele: „Lass mich in Ruhe!“ „Du hast doch keine Ahnung!“ „Du spinnst doch total.“ Ausprägungen mit entsprechenden Codeziffern: nein - 0 / ja - 1 54 Der Forschungsprozess Ziel ist es zum einen, gültige Ergebnisse zu produzieren, d. h. das mit der Forschungsfrage inhaltlich Gemeinte zu erfassen und sicher zu stellen, dass man auch das tatsächlich misst, was man messen wollte. Zum anderen geht es in der Inhaltsanalyse darum, zuverlässige Ergebnisse zu produzieren, d. h. bei wiederholter Anwendung desselben Codebuches auf dasselbe Material (dieselben ChatBeiträge) durch zwei verschiedene Codierer sowie durch denselben Codierer zu zwei unterschiedlichen Zeitpunkten zu möglichst identischen Ergebnissen zu kommen. Um diesen Anforderungen gerecht werden zu können, gibt es einige allgemeine Regeln, die es bei der Erstellung des Codebuches zu beachten gilt: − Die im Codebuch festgeschriebenen Kategorien sollen die Zwecke der Untersuchung widerspiegeln, d. h. aus der Fragestellung und den Untersuchungsdimensionen abgeleitet sein − Die Summe aller Kategorien muss erschöpfend/vollständig in Bezug auf die Fragestellung sein; d.h. jede die Fragestellung interessierende Texteinheit muss sich einer der Ausprägungen der Kategorien zuordnen lassen. − Die einzelnen Ausprägungen jeder Kategorie müssen sich wechselseitig ausschließen, d.h. die Zuordnung zu einer Ausprägung muss eindeutig sein. − Die Unabhängigkeit der Ausprägungen muss gewährleistet sein, d.h. die Einordnung einer Texteinheit zu einer Ausprägung darf nicht die Einordnung einer anderen Texteinheit beeinflussen. − Jede Kategorie sollte nur einen inhaltlichen Aspekt repräsentieren (z.B. nicht gleichzeitig einen thematischen und einen stilistischen Aspekt beinhalten). − Die Kategorien (und ihre Ausprägungen) sollen umfassend und eindeutig definiert sein. Häufig arbeitet man hier auch mit Beispielen. Letztlich gilt, je präziser das Codebuch die einzelnen Textmerkmale definiert, je besser es dem konkreten Untersuchungsgegenstand (Chatforen für Jugendliche) angepasst ist, desto gültiger und zuverlässiger werden die Ergebnisse sein, die die Codierer produzieren werden. Hinzu kommt eine weitere Anforderung: Die Codierer müssen, selbst wenn sie an der Erstellung des Codebuches aktiv beteiligt waren, intensiv geschult werden. Die Kategorien sollten am konkreten Material getestet werden, es sollten Beispiele gemeinsam codiert werden und die Zuordnungsentscheidungen sollten besprochen und diskutiert werden, so dass die Kri- 55 Der Forschungsprozess terien der Zuordnung für alle nachvollziehbar sind und möglichst alle in derselben Situation gleich entscheiden würden. Ein hohes Maß an Transparenz und Klarheit im methodischen Vorgehen und die Sicherstellung, dass die Inhaltsanalyse reproduzierbare Ergebnisse hervorbringt, gewährleistet die Nachvollziehbarkeit für Dritte und eine möglichst hohe Unabhängigkeit von der Person des Forschenden. Dies sind Kriterien, die ein hohes Maß an Disziplinierung aller am Forschungsprozess Beteiligten erfordern, denen man in der Wissenschaft aber einen hohen Stellenwert zuschreibt. Im Projekt JAM! können die Schülerinnen und Schüler dies üben. 2.3.4 Wahl der konkreten Kategorien Im Folgenden werden beispielhafte für eine quantitative Inhaltsanalyse von Chatforen Kategorien aufgeführt, die die in Kapitel 2.2 formulierten inhaltlichen Aspekte abdecken. Natürlich ist es keinesfalls erforderlich, dieses ganze Spektrum abzudecken, genauso denkbar ist es, sich auf z.B. den Sprachstil zu konzentrieren. Hierzu können einzelne Aspekte weiter ausdifferenziert werden, indem innerhalb einer Kategorie zusätzliche bzw. feinere Abstufungen der Ausprägungen gewählt werden. Oder es können weitere Kategorien zu einem inhaltlichen Bereich ergänzt werden, die ebenfalls ein geeigneter Indikator für diesen Aspekt sind. Grundsätzlich gilt: So differenziert erheben wie nötig, so verdichtet wie möglich! Die Wahl der Kategorien und ihrer Ausprägungen hängt nicht zuletzt von dem Chatforum ab, das untersucht werden soll. Widmet man sich beispielsweise einem Chat zum Thema Schule, so wird sich die hier vorgeschlagene Themenliste sicher weniger gut eignen. Man sollte hier immer darauf achten, dass nur solche Ausprägungen im Codebuch auftauchen, die auch wahrscheinlich sind. Überraschende und sehr selten vorkommende Ausprägungen werden in der Ausprägung „Sonstige“ gesammelt. Erweist sich diese am Ende als die meist besetzte Kategorie, ist dies ein Hinweis darauf, dass die Kategorie dem Untersuchungsmaterial nicht optimal angepasst war. In formaler Hinsicht sollte immer die laufende Nummer oder ein anderes Kriterium codiert werden, das die nachträgliche Identifikation des Beitrages bzw. die Zuordnung der Codierung zum Beitrag noch ermöglicht. Ob darüber hinaus weitere Aspekte wie z. B. die Länge, die verwendeten Farben oder andere durch den Chattenden selbst bestimmbaren optischen Kriterien erfasst werden, Chat-Datum 56 Der Forschungsprozess und Uhrzeit codiert werden, hängt davon ab, ob es im Hinblick auf die gewählte Fragestellung sinnvoll erscheint. Immer sollte codiert werden, wer den Beitrag codiert, um nachträglich systematische Verzerrungen, die durch einzelne Codierer entstanden sind (z. B. fehlende Codes, häufige Vergabe unzulässiger Codeziffern; Codierung von im Vergleich zu den anderer Codierern auffällig häufig sehr negativen Bewertungen), identifizierbar zu machen und ggf. neu zu codieren. Die nachfolgend vorgeschlagenen Kategorien sind entsprechend nur als Beispiele zu betrachten! Formales Chatforum Codeziffer In welchem Chatforum wurde der Beitrag geschrieben? (nur erforderlich, wenn Beiträge mehrerer Chatforen untersucht werden) Beispiele: Schulhofchat 1 Knuddels 2 Chat4free 3 Chatcity 4 Laufende Nummer des Chatbeitrages Codeziffer Um die Codierungen später den Chatbeiträgen noch zuordnen zu können, erhält jeder Chatbeitrag – am besten in chronologischer Reihenfolge – eine laufende Nummer, die auch im Untersuchungsmaterial selbst zu vermerken ist (digital im Dokument oder „von Hand“ auf dem Blatt). Keine Nummer darf doppelt vergeben werden. laufende Nummer hier eintragen 57 Der Forschungsprozess Länge des Chatbeitrages Codeziffer Länge des Chatbeitrages in Worten (jedes Smiley oder Emoticon oder sprachlich nicht zu entschlüsselnde Zeichenketten (z.B. dubbldidabb) gilt dabei als ein Wort. Zum Chatbeitrag selbst gehört nur das, was der Chattende „sagt“, also nicht der Nickname, Datums- und Uhrzeitangaben. Anzahl der Worte hier eintragen Channel / Themenchat / Kategorien Codeziffer In welchem Channel oder welcher Kategorie (z.B. unter knuddels) wurde der Beitrag geschrieben? (nur erforderlich, wenn Beiträge aus unterschiedlichen Channels untersucht werden) Hier nur einige Beispiele aus unterschiedlichen Chatforen: Knuddeln 1 Schulhof 2 Plauderecke 3 Kiss 4 Thementalk 5 Classic 6 Games 7 Flirt 8 Over20 9 Under18 10 Dating 11 Action 12 [Städtename] 13 58 Der Forschungsprozess Datum des Chatbeitrages Codeziffer Datum (TTMMJJJJ) eintragen Uhrzeit des Chatbeitrages Codeziffer Uhrzeit (hhmm) eintragen Codierer Codeziffer Schülername 1 1 Schülername 2 2 Schülername 3 3 Schülername n 4 Tabelle 6: Codebuch – Formales Worüber wird kommuniziert? Themenspektrum Mit den hier aufgeführten Themenfeldern wurde versucht, die Breite der möglichen Gesprächsgegenstände abzudecken. Je nachdem, welches Chatforum und welcher Channel analysiert werden, werden ein Teil der folgenden Themen nicht vorkommen. Insofern ist die Themenliste immer nach einer erkundenden Beobachtung der Chatinhalte vor der eigentlichen Untersuchung anzupassen: Die für das Forscherteam interessanten und im Material auch enthaltenen (!) Aspekte müssen danach vermutlich weiter ausdifferenziert werden, andere können entfallen. Thema / Gesprächsgegenstand/-inhalt Beauty & Lifestyle Kommunikation & Technik: Definition/Beispiele Codeziffer alles, was mit Äußerlichkeiten, Sty01 ling, Schönheit, Mode und entsprechenden Maßnahmen (z. B. Makeup, Piercing, Tatoos, Diäten) zu tun hat; Körperpflege technische Geräte & Anwendungs02 möglichkeiten rund um den Computer/PC, Internet, Multimedia Hifi, Handy, TV, Video, DVD, MP3, Chats, Messaging 59 Der Forschungsprozess Musik & Medien(nutzung) Games Persönlichkeit/Charakter Chatroom Smalltalk: Kontakte/ Kommunikation/ Interaktion im Chatroom Kontakte/Interaktion/Freundsch aft außerhalb des Chatrooms Flirt & Liebe im Chatroom Flirt & Liebe außerhalb des Chatrooms Sex & Erotik Schule, Ausbildung, Beruf Zuhause wohnen & leben Kaufen & Verkaufen Musik (aber nicht: eigene Band, Musikschule, Chor etc.), Bücher, Fernsehen (Programm, Serien, Filme), Kino, auch: Medienstars (Promis, Sänger, Bands, Moderatoren, Schauspieler etc.) Spiele, Computerspiele, Spielkonsolen, Online-Spiele Wer und wie bin ich – wer und wie bist Du? Beschreibung der eigenen Persönlichkeit oder der Persönlichkeit anderer, Charaktere, Eigenheiten, Wesenszüge, persönlicher Stil. Beschreibung der Struktur des Chatrooms, der Themen, der Bewegungen im Chatroom (wer geht, wer kommt, etc.) Begrüßungen, Verabschiedungen einzelner Chatter, Aufforderung zur Kommunikation im Chat, Smalltalk (beiläufige Konversation/Interaktionen ohne konkreten inhaltlichen Bezug, z.B. „wie geht’s so? / Alles klar? / Was geht? / Und, wie isses? / Tachchen!“) (ohne Flirtcharakter) im Chatroom Freundschaftliche Beziehungen, Verabredungen, Interaktionen (ohne Flirtcharakter) im „realen Leben“ außerhalb des Chatrooms Dating, Flirten, Liebes-Beziehungen und Beziehungsprobleme, gegenseitiges „Anmachen“, zärtliche/liebevolle Gesten (z.B. Küsschen/Umarmen) Dating, Flirten, Liebes-Beziehungen und Beziehungsprobleme, gegenseitiges „Anmachen“, zärtliche/liebevolle Gesten (z.B. Küsschen/Umarmen) im „realen Leben“ außerhalb des Chatrooms Geschlechtsverkehr, Sexualpraktiken, Verhütung Lehrer, Noten, Hausaufgaben, Berufswünsche, Bewerbung alles rund um die private Lebenswelt (z. B. häusliches Umfeld), das Alltagsleben (z. B. Tagesabläufe) und das Wohnen (z. B. Möbel, Städte & Stadtteile), praktische Alltagsthemen, Heimwerken, Basteln, Reparieren, Aufräumen, Putzen Shopping, Verträge, Finanzierung, 03 04 05 06 07 08 09 10 11 12 13 14 60 Der Forschungsprozess Essen & Trinken Hobbys / Interessen / Freizeit-Aktivitäten Urlaub & Reisen City-Themen Profi-Sport Autos & Motorräder Familie Tiere Gesundheit & Krankheit Weltgeschehen, Gesellschaft, Politik „Sinn des Lebens“ Geldprobleme Vorlieben für Speisen & Getränke, Rezepte, Zubereitungen/Kochen (Restaurants/Kneipen/Bars in einer bestimmten Stadt 18) Freizeitaktivitäten (sofern diese nicht einem anderen Thema zuzuordnen sind), eigene sportliche Interessen & Aktivitäten, z.B. Fitness, Wellness, Sportverein (Sportstätten, z.B. Fußballstadien in der City 18) Ferienziele, Urlaubserlebnisse, Klassenfahrt Leben in der Stadt, Freizeitangebote, Ausgehmöglichkeiten, Locations (Restaurants, Cafés, Kneipen, Kinos etc.), Events in der Stadt (z.B. Konzerte, Festivals) [es muss hier immer ein unmittelbarer Bezug zu einer bestimmten Stadt vorliegen, ansonsten sind die Themen den anderen Rubriken zuzuordnen, z.B. Restaurants/Essen gehen allgemein 15, Kino allgemein 03, BundesligaSpiele allgemein 19) z.B. Fußball-Bundesliga, Boxen, Formel 1, einzelne Sportler Bautypen, Eigenschaften, Tests Familienstrukturen (Eltern, Geschwister, Großeltern) und familiäres Zusammenleben, Familienprobleme (z.B. Stress mit Eltern) Haustiere, Tierhaltung, Erlebnisse mit Tieren Gesundheitliche Probleme, Krankheiten, Therapien Akutelle gesellschaftliche Themen, z.B. Arbeitslosigkeit, Staatsbürgerschaft Gedanken über das Leben und Zusammenleben allgemein; philosophische, esoterische & religiöse Themen Sonstiges /nicht zuzuordnen 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 99 Tabelle 7: Codebuch – Themenspektrum Emotionen/Stimmung Hier werden die verbalen und über die Verwendung chatspezifischer Kommunikationsmittel ausgedrückten Gefühlsäußerungen der Chattenden erfasst: 61 Der Forschungsprozess Wie geht es den Chattenden in der Situation, in welcher Stimmung sind sie? Eine Liste der gängigsten Emoticons ist zu finden unter http://www.heisoft.de/web/emoticon/emoticon.htm. Manche Chat-Angebote zählen die Nutzungshäufigkeiten der Smileys insgesamt über einen bestimmten Zeitraum aus, vgl. Lieblings-Smileys unter http://www.schulhofchat.de/topsmileys.php. Eigene Befindlichkeit Codeziffer Ausdruck der eigenen Gefühlslage z.B. durch Verwendung von Emoticons / Smileys, z.B. ☺, , :-X die alternativ auch mit Zeichenketten ersetzt werden sehr negativ z.B. :-(( [sehr traurig, sehr verär-2 gert, böse, sehr beleidigt], ausdrückliches Fluchen, Verwendung von Schimpfworten eher negativ z.B. bzw. :-( [traurig, Grum-1 meln, beleidigt, sauer], :-P [Zunge rausstrecken], :-| [„darüber kann ich nicht lachen“], :-/ [„na ja“, skeptisch, ungut], :-o [Erstaunen, erschrocken, entsetzt, :-> [Aussage zielt in eine sarkastische Richtung], Aussagen über die eigene Verärgerung / ungute Gefühle (z.B. Angst, Langeweile, Sorgen, Übelkeit); *grmpf* [grummeln], _- [gelangweilt, müde] ambivalent Sowohl positive, als auch negative 0 Gefühle werden geäußert eher positiv z.B. ☺ [Lächeln], *g* [grinsen], ;-) 1 [Augenzwinkern, „war nicht so ernst gemeint“], ^^ [fröhlich, lächeln] sehr positiv z.B. LOL [lautes Lachen bzw. 2 Laughing out loud], :-x [Küßchen], :’-) [vor Freude weinen], :* [verliebt küssen], *knuddel* [ich knuddel/drück Dich]; :-D [sehr freudig] neutral keine Gefühlsäußerung 8 nicht zuzuord- Emoticons oder Abkürzungen, die 9 nen nicht gedeutet oder zugeordnet werden können Tabelle 8: Codebuch – Emotionen Welcher Kommunikationsstil wird gepflegt? Sprache/Sprachstil 62 Der Forschungsprozess Die Frage nach dem Kommunikationsstil umfasst Sprache, Schrift- vs. Umgangssprache und die Verwendung chatspezifischer Kommunikationsmittel (Wahl der Nicknames, Verwendung von Emoticons, Akronymen, vgl. Sprache im Chat 1.1.3). Auch hier gilt: Die einzelnen inhaltlichen Aspekte sind als Beispiele zu verstehen. Je nach Erkenntnisinteresse ist es sinnvoll, sie weniger stark oder weiter auszudifferenzieren, oder weitere Kategorien hinzuzunehmen, die die einzelnen Aspekte feiner darstellen. Codeziffer Umgangssprache (es wird ohne Anlehnung an die deutsche Schriftsprache gechattet. Beispiele: comicartige Ausdrücke (z.B. lach, grins, kotz, haha, rotwerd, handheb), Texten ohne Punkt und Komma, durchgängige Kleinschreibung, Missachtung von Rechtschreibregeln Der Text entspricht der Schriftsprache 0 Der Text ist überwiegend in Schriftsprache gehalten, 1 beinhaltet nur einzelne umgangssprachliche Elemente Der Text beinhaltet überwiegend umgangssprachli2 che Elemente Sprache, in der gechattet wird19 Deutsch Türkisch Russisch Andere Sprache/nicht erkennbar Codeziffer 1 2 3 9 Direkte Ansprache eines Chatters (z. B. in vielen Foren automatisch ersichtlich, alternativ: z. B. durch Verwendung des @Zeichens in Kombination mit einem Nickname zur direkten Ansprache eines Chatters) wird nicht angewendet wird angewendet Codeziffer 0 1 Tabelle 9: Codebuch – Sprache / Stil 1 Wäre man z. B. daran interessiert, wie intensiv das Chatverhalten einzelner Chattteilnehmer ist, müsste man die einzelnen Chatnamen der im untersuchten Zeitraum aktiven Chatter gesondert erfassen. Dies würde in der Auswertung Bezüge zwischen der Intensität des Chattens und den inhaltlichen Aspekten des Liste der möglichen Sprachen je nach Chatforum, Sprachkompetenz und Gängigkeit, in dem Chat in anderer Sprache als in Deutsch zu chatten, erweitern oder diese Kategorie ganz raus lassen. 19 63 Der Forschungsprozess Chatverhaltens zulassen. Sind z. B. Chattende dann besonders aktiv, wenn sie über bestimmte Themen chatten oder ihre Mitchattenden besonders negativ/positiv bewerten? Manche Chatangebote protokollieren Chat-Haufigkeit und Dauer und veröffentlichen diese als "Ranking-Listen". Diese Nutzungszahlen betreffen die Nutzung insgesamt und gehen über die Untersuchungseinheit hinaus. Dennoch können diese Daten zusätzliche Einblicke in das Chatverhalten einzelner Nicknames liefern. Abbildung 12: Nicknames Quelle: http://www.schulhofchat.de/windows.php?menu=toplist 64 Der Forschungsprozess Verwendung von Abkürzungen Codeziffer z.B. LOL=Laughing out Loud, Thxs=Thank you/Dankeschön, Bibi=Bye bye/Tschüssie, Ka=keine Ahnung), Einsatz von Ziffern oder Buchstaben, die zur Verkürzung ihrer Aussprache entsprechend eingesetzt werden (2=to oder too, 4=for, B=be, C=see, I=eye, U=you, Y=Why), Akronmye (Zeichenfolgen, z.B. 4U= for you, Cu=see you later, N8=Nacht/schlaf schön)) wird nicht angewendet 0 wird angewendet 1 Nicknames Codeziffer Welchen inhaltlichen Bezug beinhaltet der gewählte Nickname? Werden mehrere inhaltliche Bezüge vorgenommen, dann den im Namen zuerst verwendeten codieren. Selbstbezogene Information (z.B. Ort, Alter, Persönlichkeit), 1 z.B. Oldie, stolzeRose, Berliner, Crazy, Sweety, Provokation (z.B. Henker, Antichrist, Criminal) 2 Sex- und erotikbezogene Nicknames (z.B. hotbabe, lustweib, 3 erotica, mr_bombastic) Tiere, Pflanzen, Objekte (z.B. Kätzchen, Sonnenblümchen, 4 Lollipop) Spiel mit Worten, Klängen, Schreibweisen (z.B. binbong, tam5 tam, uh-hu) (eigener) Name oder Spitzname (z. B. Susi29, Thommy18) 6 Literatur, Film, Musik, Märchen, Prominente, virtuel7 le/Comic-Figuren (z. B. Heino, ACDC, Rainman, Zappa, Mozart, Momo) Phantasie-Namen (z.B. Wuschi, Kubidu) 8 Verschlüsselung (z.B. nicht dekodierbare Buchstaben-Zahlen9 Kombi, z.B. AJU2894) Nicht zuzuordnen 99 Tabelle 10: Codebuch – Sprache / Stil 2 Beziehungsebene Umgang mit anderen Chat-Teilnehmenden, z. B. wertende Äußerungen (z. B. Verwendung beschimpfender, anzüglicher Ausdrücke). Wie höflich/freundlich geht man mit anderen Chattern um, wie bewertet man andere Chatter? Siehe hierzu auch: http://www.chatiquette.de/ 65 Der Forschungsprozess Beziehung zu / Umgang mit anderen Chattern: Codeziffer Gegenüber anderen Chattern geäußerte Bewertungen/Urteile bzw. durch Umschreibungen, Abkürzungen, Akronyme, Smileys und Emoticons ausgedrückte wertende Gestiken und Mimiken Anders als bei der Beschreibung der eigenen Gefühlslage richtet sich die Bewertung immer auf eine oder mehrere andere Person(en) im Chat und sagt damit immer etwas über die Beziehungsebene, das heißt das subjektive Empfinden des Verhältnisses zu einer anderen Person aus. Gefühle, die auf das Verhalten anderer Chatter zurückgeführt werden, können dabei auch etwas über die Beziehungsebene aussagen, z.B. „es macht mich total glücklich, dass Du da bist“ +2, „ich werde wütend, wenn ich XY weiter zuhören muss“ -2. sehr negativ ausdrückliche oder in Abkürzungen verbor-2 gene Beschimpfung eines anderen Chatters, z.B. FOAD=Fuck off and die/Verpiss Dich, DAU=Dümmster anzunehmender User, negativ ambivalent positiv sehr positiv neutral Moderate Kritik am anderen, ironische Bemerkungen, Provokation, z.B. *strike* (symbolisiert, dass erfolgreich eine „stichelnde“ Aussage getätigt wurde, RTFM=Read the fucking manual/Lies das verdammte Handbuch Sowohl positive, als auch negative Bewertungen werden geäußert (z.B. „Du bist zwar ganz nett, aber einiges finde ich auch doof an Dir.“ Höflicher und ausdrücklich freundlicher Umgang miteinander, z.B. Bedanken, jemanden als „nett“ bezeichnen, jemanden vermissen, Ausdrücke von Bewunderung, Zuneigung, ausdrückliche Komplimente, „Anmache“, z.B. ILU=I love you/Ich mag/liebe Dich, Küsschen, Knuddeln, Umarmungen, jemanden „sehr vermisst haben“, überglücklich zu sein, jemanden zu treffen etc. Keine Bewertung eines anderen Chatters -1 0 1 2 9 Tabelle 11: Codebuch – Beziehungsebene Um die Forschungsfrage "Wie und worüber kommunizieren Jugendliche im Chat?" empirisch zu beantworten, können mit Hilfe der Inhaltsanalyse inhaltliche und formale Merkmale von Chats systematisch und intersubjektiv nachvollziehbar beschrieben werden. Zur Durchführung einer inhaltsanalytischen Untersuchung ist es zunächst notwendig, das Untersuchungsmaterial genauer festzulegen und die Untersuchungseinheit zu bestimmen. Kernstück für den Ablauf der In- 66 Der Forschungsprozess haltsanalyse und Anleitung für die Codierer ist das so genannte Codebuch. Es enthält die zur Forschungsfrage passenden Kategorien mitsamt den jeweiligen Ausprägungen. 2.4 Wie führen wir die Untersuchung durch? Stichprobe und Durchführung der Untersuchung Verfügbarkeit der Texte Eine Inhaltsanalyse ist nur dann durchführbar, wenn die Medientexte auch vorliegen und damit verfügbar sind. Das heißt, Inhalte „flüchtiger Medien“ wie z. B. Radio oder Fernsehen müssen zu ihrem Ausstrahlungszeitpunkt erst einmal aufgezeichnet und damit festgehalten werden, um sie hinterher systematisch analysieren zu können. Es stellt sich organisatorisch und auch finanziell zumeist als großes Problem dar, vor längerer Zeit ausgestrahlte Inhalte wieder verfügbar zu machen. Für Chat-Inhalte stellt sich die Herausforderung, die Medieninhalte „dingfest“ zu machen ebenfalls, da diese nicht für jedermann zugänglich archiviert werden und damit ebenfalls schnell nicht mehr greifbar sind. Chats vergangener Zeiten zu analysieren ist damit praktisch unmöglich. Plant man aber im Voraus, wann und welchen Chat man für die Analyse speichern möchte, gibt es Möglichkeiten, dies einfach umzusetzen. Am leichtesten ist es, wenn der Text des laufenden Chats mit der Maus markierbar und damit in gängige Textverarbeitungsprogramme exportierbar ist, wie z. B. beim „Schulhofchat“ http://www.schulhofchat.de oder auch bei http://www.chatcity.de. Der erste Schritt der Inhaltsanalyse besteht also darin, das Material erst verfügbar zu machen. Hat man die Chatinhalte erst einmal in z. B. Word exportiert, kann man die Analyse durchführen, wann immer man möchte. Andere Chatforen erlauben das Markieren und Exportieren nicht (z. B. http://www.knuddels.de). Sicher nicht die eleganteste, aber zumindest für jeden umsetzbare Möglichkeit ist es, regelmäßig Screenshots anzufertigen und diese als Bilddateien zu exportieren und anschließend zu analysieren. Nachdem man die formalen Eigenschaften der einzelnen Untersuchungseinheiten – hier: der Chatbeiträge – festgelegt und für alle Beteiligten nachvollziehbar definiert hat (siehe Kapitel 2.3.2), ist festzulegen, an welchem Tag zu welchem Zeitpunkt und für welche Dauer das Untersuchungsmaterial gesammelt, also kopiert und gespeichert werden soll. Bei einem Schüler-Chat bietet es sich bei- 67 Der Forschungsprozess spielsweise nicht unbedingt an, während der Schulzeit zu erheben. Die Dauer der archivierten Chat-Kommunikation sollte so gewählt werden, dass die Menge des zu analysierenden Materials noch zu bewältigen ist – schließlich müssen für jeden der Einträge alle im Codebuch festgelegten Merkmale erhoben werden. Zentrale Rolle der Codierer Kernstück der Inhaltsanalyse ist das Codebuch. Die Personen, die dieses Codebuch anwenden, sind die Codierer. Das Codebuch funktioniert im übertragenen Sinn wie ein Fragebogen, mit dem der Codierer an jede einzelne Codiereinheit – hier: jeden abgeschlossenen Chat-Beitrag – herantritt. Dieser Chat-Beitrag – dies können ein oder mehrere einzelne Wörter, ein unvollständiger Satz oder mehrere Sätze in Kombination mit chatspezifischen Kommunikationselementen wie Emoticons, Smileys oder Abkürzungen sein – wird im Hinblick auf alle im Codebuch definierten Kategorien und damit hinsichtlich bestimmter, vorab definierter Merkmale beschrieben. Der Prozess wird als Codierung (oder auch Verschlüsselung) bezeichnet. Welche Eigenschaft (Ausprägung) einem Chat-Beitrag hinsichtlich der im Codebuch definierten formalen und inhaltlichen Merkmale (Kategorien) zugewiesen wird, hängt von der Interpretation des Codierers bzw. von der korrekten Anwendung der im Codebuch festgeschriebenen Codierregeln ab. Die Ergebnisse der Inhaltsanalyse und ihre Reproduzierbarkeit sind maßgeblich abhängig von denjenigen, die die Daten erheben: den Codierern. Sie sind es, die den Medientexten anhand der vorab definierten Merkmale ihre Eigenschaften zuweisen – in der Analogie der Befragung handelt es sich damit um die Befragten, die mithilfe des Codebuchs, das quasi als Fragebogen fungiert, Fragen zum Text beantworten. Hier ist häufig entscheidend, ob sich die Codierer – hier: die Schülerinnen und Schüler –, mit dem Thema der Untersuchung und den Besonderheiten der Kommunikation in diesem Medium auskennen und ob sie sich gewissenhaft an die im Codebuch – dem Regelwerk der Inhaltsanalyse – festgehaltenen Kriterien und Codiervorschriften halten. Eine gute Schulung des gesamten Codiererteams, bei der das – hier gemeinsam erarbeitete – Codebuch in allen Details durchgesprochen wird, Zweifelsfälle besprochen, Definitionen ggf. ergänzt oder modifiziert und Beispiele codiert werden, ist hier unerlässlich. 68 Der Forschungsprozess Der Codierprozess Nachdem das zu codierende Material – die kopierten Auszüge des Chatverlaufes an einem oder mehreren Tagen für jeweils eine bestimmte Dauer – gesammelt und ausgedruckt wurde, muss dieses auf die Codierer verteilt werden. Auch bei noch so guter Schulung und Gewissenhaftigkeit der Codierer bleibt es unvermeidbar, dass jede(r) die Zuordnungen aus seiner ganz individuellen Perspektive vornimmt, die mit dem eigenen Wissen, den Erfahrungen mit den Medien und auch den persönlichen Einstellungen (nicht zuletzt der Einstellung zu der Untersuchung und der entsprechenden Motivation) zusammenhängen. Auch wird sich die Art der Codierung im Laufe des Codierprozesses ändern, weil die Codierer eigene Routinen entwickeln. Insbesondere bei Kategorien, die eine Einstufung oder Bewertung der Intensität (z. B. Gefühlslagen zwischen den Polen „sehr negativ“ und „sehr positiv“) verlangen, wird es immer Neigungen der einzelnen geben, beispielsweise eher positive Zuordnungen vorzunehmen oder sich zu scheuen, die Extrempunkte der Ausprägungen (hier: -2 und +2) zu codieren. Um hier keine systematischen Verzerrungen zu produzieren, sollte das Material möglichst breit über die Codierer verteilt werden, so dass z. B. jeder Codierer Material aller untersuchten Chatforen zur Codierung erhält. Jeder Codierer trägt pro Chatbeitrag für jede Kategorie die entsprechenden Zahlenwerte (siehe Kapitel 2.3.3) entweder auf einem hierfür vorbereiteten Formular, dem Codebogen, oder direkt in eine Datenmaske (z. B. eine Excel-Tabelle) ein. Analog zum Lernmodul Fernsehen ist auch hier der Einsatz der Software „Grafstat“ möglich, indem die Kategorien als Fragen und die Ausprägungen als Antwortmöglichkeiten in eine Fragebogenform gebracht und hier eingegeben werden. Das Ergebnis der Codierung sind Codes/Daten, d.h., den Informationen, die im Text vorliegen und für die Fragestellung interessant sind, werden Zahlenwerte zugeordnet, die anschließend statistisch ausgewertet werden können. Üblicherweise werden die Codes auf Codebögen festgehalten, die vom Codierer ausgefüllt werden. 69 Der Forschungsprozess Mit Hilfe dieses Codebuchs "befragen" die Codierer die zu untersuchenden Chats und bestimmen für die darin beschriebenen Kategorien die jeweils erkannten Ausprägungen. Dabei produzieren die Codierer Datensätze, die anschließend ausgezählt werden können. Das Codebuch und die Genauigkeit, mit der die Codierer vorgehen, beeinflussen entscheidend die Qualität der Forschungsergebnisse. 2.5 Was ist das Ergebnis unserer Untersuchung? Verarbeitung, Auswertung und Interpretation der Daten Die Codierungen (d. h. die Codeziffern jedes zu untersuchenden Chatbeitrages) können z. B. mithilfe von „Grafstat“ (siehe Lernmodul TV) direkt einer Datenanalyse zugänglich gemacht werden. Man kann die Daten aber auch über den „Umweg“ eines Codebogens, also eines Formulars, auf den für jeden einzelnen Chatbeitrag zunächst alle Codeziffern eingetragen werden, erfassen, indem diese Einträge in eine Datenmatrix (z. B. in einer Tabellenkalkulationssoftware wie z.B. MS-Excel oder auch über „Grafstat“) überführt werden. Sowohl im Hinblick auf die Erstellung des Codebuches, als auch für die Dateneingabe und -auswertung ist für das Projekt JAM! zu entscheiden, ob mit einem Standard-Office-Programm (z.B. „MS-Excel“) und/oder mit dem von der Bundeszentrale für politische Bildung für den für den schulischen Kontext entwickelten Programm zur Durchführung und Auswertung empirischer Sozialforschungsprojekte „GrafStat“ gearbeitet werden soll. Die einzutragenden Ziffern sind dem Codebuch zu entnehmen. Entscheidet man sich für die Arbeit mit MS-Excel, wird jeder einzelne Chatbeitrag in eine Zeile eingetragen und pro Spalte wird die Ausprägung zur jeweiligen Kategorie eingetragen. Erfolgt die Dateneingabe an mehreren Computern parallel (Achtung: dann immer dieselbe Vorlage verwenden!), werden die unterschiedlichen Datensätze anschließend zusammengefügt. Es folgt eine Durchsicht des gesamten Datensatzes im Hinblick auf die Plausibilität der eingegebenen Daten. Sind nur gültige Werte eingegeben worden? Hat ein Codierer offensichtlich ausschließlich die „Extrempunkte“ der Ausprägungen codiert? Sofern es sich um Fehler der Datenübertragung handelt, können die Fehler anhand der Codebögen identifiziert werden. Handelt es sich um Codierfehler, nutzt man den Vorteil der Inhaltsanalyse 70 Der Forschungsprozess gegenüber anderen Verfahren z. B. der Befragung mithilfe der laufenden Identifikationsnummer des Chatbeitrages auf das Ausgangsmaterial zurückzugreifen und die Richtigkeit zu prüfen. Stellt sich heraus, dass ein(e) Codierer(in) einen systematischen Fehler bei allen Codierungen gemacht hat, muss das Material dieser Person ggf. neu codiert werden. Sind alle Daten eingegeben, werden mithilfe einfacher statistischer Prozeduren in Tabellenform oder als Grafik die quantifizierten Ergebnisse dargestellt und beschrieben. Üblicherweise verschafft man sich zunächst einen Überblick über die Menge des Materials: Wie viele Chat-Beiträge sind in welchem Umfang in welchem Forum in welchem Zeitraum geschrieben worden? Wie viel schreibt ein durchschnittlicher Chatteilnehmer in einem bestimmten Zeitraum (nur möglich, sofern die einzelnen Chattenden mit erhoben wurden). Anschließend werden die Häufigkeiten der Codierungen entlang der Forschungsfragen ausgezählt und mithilfe einfacher Abbildungen oder Tabellen dargestellt. Da man insbesondere bei stark ausdifferenzierten Kategorien im Vorfeld nicht weiß, welche Ausprägungen tatsächlich häufig vorkommen, sollten nur jene Ausprägungen dargestellt werden, deren Vorliegen einen Mindestanteil (z. B. fünf Prozent der Fälle) überschreitet. Auch kann man im Nachhinein sinnvoll zueinander passende Ausprägungen zusammenfassen, um eine bessere Übersichtlichkeit herzustellen (z. B. kann man eine 5-stufige Bewertungsskala durch Addition der beiden Ausprägungen „sehr negativ“ und „eher negativ“ sowie „sehr positiv“ und „eher positiv“ zu einer dreistufigen Skala plus den Anteil der Kategorie die keine Bewertung beinhalteten oder nicht zuzuordnen waren in eine dreistufige Skala umwandeln). Je nach Ausbildungsstand der Schüler(innen) kann mit einfachen Häufigkeitsauszählungen, Prozentwertvergleichen oder auch Mittelwerten (nur möglich bei solchen Kategorien, deren Ausprägungen eine Intensität ausdrücken) gearbeitet werden. Beziehungen zwischen inhaltlichen Aspekten (z. B. Zusammenhänge zwischen Art des Chatforums und Themen, zwischen Nicknames und Kommunikationsstilen, zwischen der Intensität des Chats und der Tageszeit / dem Wochentag) können durch Kreuztabellen aufgedeckt werden. Zur Aufbereitung und Darstellung der Ergebnisse bieten sich Säulen-, Balken-, Linien- und Tortendiagramme, gestapelte Balkendiagramme oder auch Tabellen an. Wichtig ist, dass 71 Der Forschungsprozess die Auswertung entlang der im Vorfeld formulierten Forschungsfragen und/oder Vermutungen (siehe z. B. Kap. 2.2) erfolgt. Die reinen Zahlen sollten immer auch mit eigenen Worten beschrieben und erläutert werden. Was ist auf der Abbildung zu sehen? Welches Phänomen verbirgt sich dahinter. Die auf Codebögen eingetragenen oder direkt in eine Datenmaske eingegebenen Codeziffern werden weiterbearbeitet, indem die Antworten der Befragten in Zahlwerte überführt und damit einer statistischen Auswertung zugänglich gemacht werden. Jeder zusammenhängenden Äußerung eines Chatters wurde für jede im Codebuch definierte Kategorie durch die Wahl der entsprechenden Ausprägung eine entsprechende Eigenschaft zugeordnet. Die Chatbeiträge können damit in der Summe oder im Vergleich von Teilgruppen (z.B. unterschiedliche Chatforen, nach Hauptthemen) anhand der im Codebuch festgehaltenen Merkmale beschrieben werden. Nach einer Prüfung der Daten auf die korrekte Verwendung der Codeziffern und Plausibilität sowie entsprechender Bereinigung werden die Daten mithilfe einfacher mathematischer Prozeduren, die flexibel je nach Wissensstand einsetzbar sind, ausgewertet. Dabei ist entscheidend, dass die Zahlen nicht „blind ausgezählt werden“, sondern dass im Auswertungsprozess sinnvolle „Fragen an den Datensatz gestellt werden“, die aus der Entwicklung der Forschungsfrage und der Untersuchungsdimensionen resultieren. Die so generierten Ergebnisse werden grafisch oder tabellarisch dargestellt, beschrieben und erläutert. Auf diesem Weg wird der Bogen von den Zahlen zurück zu den sozialen Phänomenen, die sich hinter den Zahlen verbergen, geschlagen. Die Untersuchung wird damit wieder auf die soziale Realität zurück bezogen. 2.6 Was haben wir aus unserer Untersuchung gelernt? Aufbereitung und Interpretation der Ergebnisse Nachdem die Projektgruppen die Ergebnisse ihrer Untersuchung dargestellt und erläutert haben, stehen die jungen Medienforscher vor der Frage, welche Erkenntnisse hieraus allgemein gezogen werden können. Für den Rückbezug der Medienforschung zur sozialen Realität, aus der das Forschungsinteresse erwachsen war, ist dieser letzte Schritt besonders wichtig. Was bedeuten die Ergebnisse 72 Der Forschungsprozess also auf einer übergeordneten Ebene? Für wen sind sie wie relevant und welche Konsequenzen könnte man andenken? Wen sollte man hierüber informieren? Lässt sich mit der Arbeit auch „Werbung in eigener Sache machen? In dieser Phase der Untersuchung wird den Schüler(inne)n sicher das höchste Maß an Reflexion des eigenen Medienhandelns und des sozialen Kontextes abverlangt. Selbstbezug Untersucht haben die Jugendlichen ein Phänomen, das sie aus ihrer eigenen Alltagswelt selbst kennen. Es bietet sich daher an, zunächst zu diskutieren, ob sie diese Ergebnisse erwartet hätten und ob sie sie aus ihrer eigenen Erfahrung bestätigen würden. Welche Ergebnisse halten sie für bemerkenswert? Wie bewerten sie einzelne konkrete Ergebnisse, wie z. B. das Ausmaß an „persönlichen Anfeindungen“ unter den Chattenden? Hier gilt es, die aus Sicht der Jugendlichen relevanten und bemerkenswerten Aspekte zu identifizieren und sie dafür zu sensibilisieren, welche interessanten Phänomene durch ihre Untersuchung zutage treten und dies im Hinblick auf das eigene Chatverhalten zu reflektieren. Medienarbeit Möglicherweise bringt das Forschungsprojekt Dinge zutage, die durchaus auch kritisch zu bewerten sind oder aus denen sich Schlussfolgerungen für die praktische Medienarbeit und Medienkompetenzförderung ableiten lassen. Konkret könnten unter Rückgriff auf die Forschungsergebnisse beispielsweise Fragen wie die folgenden diskutiert werden: Welche Umgangsformen herrschen im Chat vor oder inwiefern verdrängt das Chatten andere Freizeitbeschäftigungen oder dient als Ersatz für reale soziale Beziehungen. Stellt sich beispielsweise heraus, wie kompliziert und zahlreich die chatspezifischen Kommunikationsmittel (Smileys, Emoticons) sind, könnte man sich fragen, welche Kompetenzen erforderlich sind, um überhaupt aktiv mit chatten zu können. Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Ein kleines Forschungsprojekt im Team abgeschlossen und eigene Ergebnisse produziert zu haben, ist durchaus „eine Nachricht wert“! Die Schüler(innen) sollten lernen, ihre eigene Arbeit öffentlichkeitswirksam darzustellen und damit auch zu einem positiven Image ihrer Schule beizutragen. Hier bieten sich zunächst natürlich die schulinternen Möglichkeiten und Medien an. Der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt. Es könnte beispielsweise ein schulöffentlicher Vortrag mit 73 Der Forschungsprozess einer entsprechenden Projektpräsentation vorbereitet und entsprechend beworben werden. Eine Vorstellung des Projektes auf der Webseite der Schule sowie in der Schülerzeitung sollte ebenfalls obligatorisch sein. Auch wenn es eine solche Meldung nicht auf die Titelseite der Gazetten schaffen wird – ein kurzer Bericht im Lokalteil der örtlichen Tageszeitung oder der Website der Zeitung oder in einem anderen Online-Portal oder ein kurzes Interview beim lokalen Radiosender wäre bereits ein großer Erfolg. Hierzu müssten die Schüler(innen) die entsprechenden Medien recherchieren, Kontakte aufnehmen und eine Pressemeldung verfassen. Eine Checkliste mit den Grundregeln zum Schreiben einer guten Pressemeldung findet sich in einem der Grafstat-Projekte unter http://www.bpb.de/methodik/L9TI3S,,0,Baustein_6%3A_%D6ffentlichkeitsarb eit_und_Pr%E4sentation.html Erst eine tiefer gehende Reflexion des eigenen Projektes und der konkreten Ergebnisse runden die Arbeit der Medienforscher ab. In der abschließenden Projektphase geht es also darum, die Ergebnisse in einen übergeordneten Kontext einzuordnen, auf sich selbst und das eigene soziale Umfeld zu beziehen und darüber nachzudenken, welches Fazit jede(r) Einzelne für sich selbst und alle gemeinsam auf gesellschaftlicher Ebene ziehen könnten. Gut ist es, den Überlegungen auch Taten folgen zu lassen und auf medienpädagogischer und medienpolitischer Ebene aktiv zu werden. Zudem sollten die Schüler(innen) lernen, wie sie die Medien auch für Ihr Medienprojekt selbst nutzen können, indem sie versuchen, über Öffentlichkeitsarbeit den Interessentenkreis zu erweitern und eine größere Öffentlichkeit anzusprechen. Auch die bereits etablierten Schulmedien, zu denen der Zugang leicht ist, sollten hier natürlich eingebunden werden. Geübt wird hierbei gleichzeitig der Umgang mit dem Computer und verschiedenen Präsentations- und Publikationsmöglichkeiten. 74 Ansätze für eine zeitliche Auswertung des Lernmoduls Internet 3 Literatur Beißwenger, Michael (Hrsg.) (2002): Chat-Kommunikation. Sprache, Interaktion, Sozialität & Identität in synchroner computervermittelter Kommunikation. Perspektiven auf ein interdisziplinäres Forschungsfeld. Stuttgart: ibidem-Verlag. Bd 1.2. Biller, Jan und Brühler, Jürg (2004): "Chatten im Internet": Schriftliche oder mündliche Kommunikationsform? Bonfadelli, Heinz. (2002). Medieninhaltsforschung. Grundlagen, Methoden, Anwendungen. Konstanz: UVK. Brosius, Hans-Bernd & Koschel, Friederike (2001): Methoden der empirischen Kommunikationsforschung. Westdeutscher Verlag "Chatten ohne Risiko? Sicher kommunizieren in Chat, Messenger und Community", komplett überarbeitete 4. Auflage, 2009, jugendschutz.net – Zentralstelle der Länder für Jugendschutz im Internet. Auch unter: http://www.jugendschutz.net/pdf/chatten_ohne_Risiko.pdf <Zuletzt zugegriffen 19.05.2010> Döring, Nicole (1999): Sozialpsychologie des Internet. Die Bedeutung des Internet für Kommunikationsprozesse, Identitäten, soziale Beziehungen und Gruppen. Göttingen: Hogrefe. (Internet und Psychologie). Eimeren, Birgit van & Beate Frees: Schnelle Zugänge, neue Anwendungen, neue Nutzer? ARD/ZDF-Online-Studie 2006. In: Media Perspektiven (8), 402-415. Auch unter: http://www.ard-zdfonlinestudie.de/fileadmin/Online06/Online06_Nutzung.pdf <Zuletzt zugegriffen 19.05.2010> 75 Dritte Woche: Wie wollen wir vorgehen? 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