RECHTSGESCHICHTE
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RECHTSGESCHICHTE
?zEiTSCHRIFT _ ...-- DER SAVIGNY-STIFTUNG I<'OR RECHTSGESCHICHTE HERAUSGEGEBEi\ VuI' J. PARTSCH, O. GRADENWITZ, E. SEeKEL, E. HEYMANN, U. STUTZ, A. WERMINGHOFF, H.E. FEINE. DREIUNDVIERZIGSTER L VI. BAND DER ZEITSOHRIPT BAND PÜR REOHTSGESOHIOB1'K KANONISTIseUE ABTEILUNG XII. (:-.A"~~,_~. 1 __ ,).." , "." - "J " • "tt, ;1 '. ' t i\ WEIMAR HERMANN BÖHLAUS 1922. NACHFOLGER ... I. Die Xenodochien in Italien und Frankreich im frühen Mittelalter. l ) Von Herrn Privatdozenten Dr. jur. Gerichtsassessor Walther Schönfeld, a. D. in Breslau. I. Von den Xenodochien überhaupt. 1. Ursprung § 1. und Verbreitung. Für die Kirche und ihr Recht bildet das 4 .• Jahrhundert den Wendepunkt der Zeiten. Bis dahin verfolgt oder höchstens tatsächlich geduldet, wird sie rechtlich anerkannt. Neben das alternde Weltreich, aus der Dunkelheit ins Helle, tritt die jugendstarke Weltkirche, um es allmählich zu ersetzen und schließlich zu beerben. Aber sie gibt mehr, als sie empfängt. Sie bringt der todkranken, am unversöhnlichen Gegensatz von Reichtum und Armut in einem glän1) Die Abhandlung ist im Sommer 1921 in Berlin begonnen und am G. März 1922 im dortigen Kirchenrechtlichen Institut, dessen Assistent ich zwei Jahre lang war, vorgetragen worden. Herr Geheimer Justizrat Professor D. Dr. iur. et phil, Ulrich Stutz, seit langen Jahren um die Bearbeitung dieses Gegenstandes bemüht, hat mich zu ihr angeregt und die Ausarbeitung mit seinem Rat begleitet. Dafür wie überhaupt für alle Förderung spreche ich ihm meinen ehrerbietigsten und herzlichsten Dank aus. Zu danken habe ich aber auch der hohen rechts- und staatswissensehaftliehen Fakultät in Brcslau. Denn indem sie mich für das W.-S. 1921/22 beurlaubte, hat sie mich in den Stand gesetzt, vor Aufnahme meiner Lehrtätigkeit diese meine Studien in Berlin in Ruhe abzuschließen und mir dann damit die vcnia legendi auch für Kirchenrecht zu erwerben. 1 7.cit,chri ft für Rechtsgeschichte. XLIIl. Kan, Abt. XII. 2 Walther Schönfeld, zenden Elend hilflos dahinsiechenden Menschheit das Evangelium von der Liebe, nicht so sehr in Worten als vielmehr in der Tat. Für das Römertum, trotzdem die Not zum Himmel schreit, gibt es keine soziale Frage; was es in dieser Hinsicht tut, erschöpft. sich in dem frivolen Worte "panem et circenses", klingt in unseren Ohren wie eine ·grausige Verhöhnung und Selbstverhöhnung.v) Erst die Kirche macht sich an die Arbeit, auch sie nicht so sehr, um den Leib des zesellschaftllchen Lebens zu heilen, als vielmehr um Seelen e zu retten.") Dieser Liebeswille offenbart sich vornehmlich in der Gastlichkeit, der hospitalitas, zu Anfang gänzlich in der Freiheit, seit dem zweiten Jahrhundert, als die Sonne den Christen zu sinken beginnt und die Schatten der Menschlichkeit größer und dunkler werden, im Gewande des Rechts.") Gegründet auf die Worte, die der Herr der Kirche nach seiner Verheißung am jüngsten Tag zu den Gerichteten 1) VgI. hierzu Rob er t v o n Pöhlmann, Geschichte der sozialen Frage und des Sozialismus in der antiken Welt. Bel. 1912. S. 437 If. 462. 491. Das Buch ist dadurch bemerkenswert, daß es am Schluß 57 Seiten dem Christentum widmet als der "größten Massenillusion der Weltgeschichte" (S. 644), ohne auch nur mit einem Sterbenswort der Werke der Barmherzigkeit zu gedenken. Gegen diese Einseitigkeit wendet sich mit Recht Ernst Troeltsch, Die Soziallehren der christlichen Kirchen und Gruppen. Bd. I 1912. S. 32. Über Luxus und Elend auch Ludwig Friedländer, Darstellungen aus der Sittengeschichte Roms P. 1919. S. 158ft. Hinsichtlich der Kornverteilungen Rostowzew unter Frumentum VIII. bei Pauly-Wissowa, Realenzyklopädie der klassisehen Altertumswissenschaft. Bd. 7. 1910. Sp. 172ft. 2) Dies unterstreicht sehr stark Troeltsch, a. a. O. S. 134ft. Abschwächend Adolf Harnack, Das Urchristentum und die sozialen Fra. gen. Preuß. Jahrb. Bd, 130. 1908. S. 456. Basilius d. Gr. in seinem be. rühmten Rechtfertigungsschreiben an den Rector provineiae (372) hebt den usus communis seines Xenodoehiums für die Provinz hervor. :Migne, Patrol. Graeca. 32 col. 487. 3) Den Wandel hebt hervor G. Uhlhorn, Die christliche Liebes. tätigkeit. Bd. 1. 1882. S. 117. 198. 207. Es ist in doppelter Hinsicht, nach Form und Inhalt, beachtenswert, daß die älteste kirchliche Rechtsquelle, die um die Mitte des zweiten Jahrhunderts entstandene "Lehre der zwölf Apostel", sich ausführlich mit der Gastfreund. schaft befaßt. Ausgabe von Adolf Harnack in: Texte und Untersuchungen zur Geschichte der altchristlichen Literatur. 1. 1884. S. 48. XII 1-4. n. n. Die Xenodochien in Italien 3 und Frankreich. reden wird 1), wird diese Gastlichkeit als die höchste aller christlichen Tugenden gefeiert, von den Episteln des Neuen Testamentes 2) und dem ersten Clemensbriefe 2) an über die Schriften der Väter3) und die alten :Mönchsregeln 4) bis hinein in die Konzilien und Kapitularien der Karolingerzeit.s) Im Glauben und in der Gastlichkeit sind die Jünger Jesu Christi unter sich und mit ihrem Haupte zur Einheit der 1) nIatthäus 25, 31-46. Daneben spielt auch Genesis 18 (Abraham und die Engel) eine Rolle.: C~ssiani Co~tiones XXIV. liber XIV. ~. C rpus scriptorum eeelesmstJcorum Latinorum vol. 13. p.400. Ruho. H' toria monachorum cap.7. Mig nc, Patrologia Latina vol. 21. nus, 15 col. 418. 2) Belege bei Adolf von Harnack, . . MISSIon und Ausbreitung des Christentum:' Bd. P. HJl5. S. ~83 ~nm. 2: . 3) Sancti Eusebii Hieron~nu StndonensIs. pre~bYU:fl operum Tomus VII. ed Vallarsi. Veronae 1137: ~~mentanus m ~plStolam ad Titum cap. 1. col. 701: Ante omnia h~splta~tas fu~uro episcopo dcn~ntiatur. Si cnim omnes iIlud de Evangelio au~e desiderant: Hospes fui et SUBcepistis me, quanto ma?is epis~opus, curus domus omnium commun~ ~se debet hospitium? UlCUS emm un~m aut duos aut paUCOBrecipiens . lebit hospitalitatis officium. EPISCOPUSnisi omnes receperit, inhuImp .. manus est. Danac h S . I'd SI on. H'ispa Iensis. eplScopl opera omma. T om. VI. !Wmae 1802 ed. Franciscus Lorcnzana. De ecclesiastic is officiis liber Il. cap. V. De saccrdotio. p. 423. In quo etiam hospitalitas ita erit praecipua, ut ornnes cum benignitate et charitate suscipiat. 4) Sancti Benedicti Regula Monachorum, cd. Cu t.hb e r t ua Butler. Friburgi Brisgoviac 1912. cap. 53. p.90. Omnes supervcnientcs hospites tamquam Christus suscipiantur, quia ipse dicturus est: Hospis fui et susccpistis me. Regula monachorum Fructuosi cap. 10, ed. Lucac Hols t c n i i Codex regularum monasticarum et canonicarum. I. 1759. p. 204. Hospitibus vel peregrinis fratribus cum summa revercntia charitat.is et administrationis obsequia sunt praebenda. ,) Concilium Matisconense (585) can. 11. )1. G. Conc. I. p. 169. Sectatores nos hospitalitatis esse non solum Dominus Jesus admonet, cum se dicit in hospidem receptum fuissc, sed ctiam eiuslapostolus omnibus paene suis pracceptis, - Cap. missorum generale (802) cap. 27. M. G. Cap. I. p. 96. - Cone. Aquisgranense (816). can. 9. In quo' etiam et hospitalitas ita erit praecipua, ut ornnes cum bcnignitate et charitate suscipiat. Si enim omnes fideles etc. (wie Hieronymus oben in Anm. 3); can. 14J. Cui committi debeant stipendia pauperurn. Evangelicis atque apostolicis instruimur documentis in colllgendis hospitibus ante omnia operam dare . . . :M. G. Conc. 11. p. 325. 416. Episcoporum ad Hludowicum Imperatorem Relatio (829) cap. 7. M. G. Cap. H. p. 31. . 1* Walther 4 Schönfeld. Kirche als einem Leihe zusammengeschlossen.l) Gäste, hospites, aber sind alle, die der Heimat entbehren, die Armen, Kranken, Schwachen, Witwen und Waisen so gut wie die Wanderer und Pilger.s) Für die Kirche sind die pauperes et peregrini eine Klasse, eine Sorge.t) Sie zu pflegen ist das Amt des Bischofs und seiner Gehilfen, vornehmlich der Diakone 4), aber auch die Pflich t eines jeden Christen überhaupt, sind sie doch selbst, alle ohne Ausnahme, nur Gäste auf Erden.s) In den Wohnungen des Bischofs 1) VgI. dazu Zahn, Weltverkehr und Kirche während der drei ersten Jahrhunderte. 1877. 2) Hincmari archiepiscopi Rhemensis capitula ad prcsbyteros pa. rochiae suae cap. 10: Ut curam hospitum, maxime pauperum atque debilium, orphanorum quoque atque pcregrinorurn haboat, hosque .ad prandium suum quotidie juxta possibilitatem convocet, eisque hospitium compctentcr tribuat. M.a n s i, Sacrorum Coneiliorum nova et amplissima collectio XV col. 477. - Smaragdi Ahbat.is cornmcntarius in rcgulam S. Bcnedicti cap. 53. Hinc et Apostolus nos inter caetera hortatur dicens: "H6spitalitatem sectantes" (Rom. 12). Dicens enim sectandam esse hospitalitatem, non illud solurn ostendit, ut venientcm ad nos ha· spite m suscipiamus, sed et requiramus et solliciti simus et sectemur ae perquiramus ubique hospites, ne ubi forte in platcis sedeant, ne extra tectum jaceant. Migne, Patrologia Latina 102 col. 890. - Daß die Armen tatsächlich auf den Plätzen herumlagen, bestätigt Capitulare N 2332 (789) M. G. Cap. 1. p. 64. Damit vergleiche man die Frage Martials, warum sich solche Leute nach einer Wohnung umsähen, da sie ja "auf der Brücke" umsonst wohnen, - Friedländer, a. a. O. I. S. 159 um zu erkennen, wie es um die "größte Massenillusion der \Veltgeschichte" (Pöhlmann) steht. 3) Andreas Thiel, Epistolae Romanerum pontificum. I. 186S. p. 380. Epistula 15 (Gelasius 494): De reditu vero ecclesiae vel oblatione fidelium quatuor faciat portiones: quarum unam sibi ipsi retineat, alterant clericis pro officiorum suorum sedulitate distribuat, tertiam paupcribus et percgrinis, quartarn ecclesiasticis fabrieis noverit reservandam. Das wiederholt Richin der Regula Bencdicti cap. 53, im Liber diurnus, form. 6 (Ausgabe Th. Sickei, 1889. p. 6), M. G. Cap. I. N 3322 (802), p. 96; K 36 7 (812), r- 106; N 29710 (858), p. 427 und in ungezählten Privaturkunden. VgI. dazu Glrieh Stutz, Geschichte des kirchlichen Benefizialwesens. Bd. 1. 189,,). K 27ft 215 mit Anm. 75. 4) Vgl. hierzu August Leder, Die Diakone der Bischöfe und Presbyter und ihre urchristlichen Vorläufer 1905, Kirchenrechtl. Abh. herg. von S tu t z , Heft 2:lj24, S. 3 ff. 18 ff. ") In diesem Sinne sehr schön Augustinlls im 111. Sermon: Agnoscitc hospitali1:.,tt"Il1, per hanc per\'entum est ad Dellm. Suseipis hospitem. n. Die Xenodochicn in Italien und Frankreich. und der Gläubigen ist den Heimatlosen eine Stätte bereitet um Oot teslohn.') Die Gastfreundscbaft cler vorchristlichen Zeit dient Handel und Gewinn 2), die hospitalitas der Kirche Christus und der Seele. )Ut dem vierten Jahrhundert beginnt auch in dieser Hinsicht eine neue Epoche. Das Massenelend ist so groß geworden, daß es in der bisherigen Art und Weise von Person zu Person nicht mehr bewältigt werden kann. Die Anerkennung der Kirche durch den Staat gibt elen Weg zu neuen Formen frei. Aus der Armen-, Kranken- und Fremdenzelle, die wir uns im Hause des Bischofs und so manches Christen denken müssen, entsteht das selbständige Armen-, Kranken- oder Fremdenhaus, das ptochium, nosokomium oder xenodochium, die öffentliche Anstalt, die alle oder bestimmte Arten der Iiospites versorgt.3) In mancher Nachricht der Überlieferung ist dieser Vorgang zum Greifen deu tlich. 4) Daneben bleibt die hospitalitas alten Stils noch cuius et tu es comes in via: quia omnes peregrini sumus. V. _',[aurinerausgabe col. 563. 1) Georg 1884. Ratzinger, Geschichte der kirchlichen Operum Tomus .Armenpßegc 2. S.80ff. ~) }{u dol ph v o n Jhering, Die Gastfreundschaft im Altertum, Deutsche Rundschau. Bd. 51. 1887/88. S. 379. 395. "den Armen ließ man verhungern, den Schuldner schlachtete man, den Fremden hegte unci pflegte man. . .. Das Motiv, welches die Gastfreundschaft im Altertum ins Leben gerufen und sic zu dem gemacht hat, was sie ward, war nicht ethischer, sondern praktischer Art, nicht das uneigennützige der Monscbcnliebe, sondern das egoistische der Ermöglichung eines ge. sicherten Handelsverkehrs. " Ebenso urteilen Schrader , Reallexikon der indogermanischen Altertumskunde 1901. S. 272f. und R. Leonhard bei Pu.u ly-Wis so wa , a. a. O. Bd. 8. 1913. Sp.2495. 3) So stellt sich Ra tzinger S. 132. 139ff. die Entwicklung vor, sicher mit Hecht. \Vas Uhlhorn, 1. S. 318f. dagegen einwendet, istganz unklar. 4) In den Acta Archelai cap. 3. erzählt Hegemonius (Ausgabe Charles Henry Bc cso n. 1906. p.4) Et quid amplius dicam j Amator pauperum l\Iarcellus cognominatus est domusque eius peregrinorum et pauperum hospitium dicebatur, - Paulinus von Kola schreibt an seinen Freund Sulpicius Severus: domus tuac hospcs es, ut sit hospitiurn domus. Corpus script. eccles, Latin. '"01. 29. p. 204 N 24. - Von Pelagius (579-590) schreibt der Liber pontificalis (ed, L. Du ch ean e I, P: 309): Hic domum suam fecit ptochium pauperum senum. - So erklärt sich auch, wie mir scheint, daß man zuweilen für Fremdenhaus und Fremdenzello n. 6 Walther Schönfeld, jahrhundertelang bestehen zum Zeichen ihrer Unentbehrlichkeit.l) Die Wiege der Xenodochien, ~GV(jj1lf:~, ~GVo(joxeia schon der Name zeigt es an - hat im Osten des Reiches gestanden.P) Wie in den Acta Archelai"), jener Hauptquelle für die Erkenntnis des Manichäismus, ausführlich berichtet wird+), gründet in der ersten Hälfte des vierten Jahrhunderts ein ebenso frommer wie reicher Christ namens Mareellus an der Straße von Mesopotamien nach Persien fünf hospitia zur Aufnahme von Armen und Fremden je eine Tagesreise vonei~ander entfernt, und um das Jahr 356 wird einem dasselbe Wort gebraucht. Zur Zeit des heiligen Remigius heißt es auf dem Grabmal eines gewissen Attolus: Is struxit bis sena suis xenodochia rebus (Ed mo n dIe Blant, Inscriptions chretiennes de la Gaulei. p. 442), was Emile Lcsne, Histoire de la propriete eeclesiastique en France. 1910. p. 402 mit Recht auf eine Anstalt zu 12 Plätzen, J oseph Zettinger, Die Berichte über Rompilger aus dem Frankenreiche bis zum Jahre SOO. 1900. H. IS auf zwölf verschiedene Häuser, eine nahezu unmögliche Vorstellung, bezieht. In einer Privaturkunde - Il Regesto di Farfa H. P: 72. N75 (768) - erklärt derStifter : et pro nostra anima orent et pro nobis, et peregrinos vel minus potentes ibi suscipiant, et senodochias ibidem faeiant in ipso saneto monasterio. 1) VgI. Concilium Turonense (567). M. G. Cone, I. p. 123. can. 5. Karoli regis Mandatum ad Arnonem archiepiscopum Salisburgensem directurn cap. S. M. G. Cone. II. p. 214. - Formulae Marculfi N 49. M. G. Formulae p. 104. - Capitulare missorum generale (802) cap. 27. Precipimusque, ut in omni regno nostro neque divitibus neque pauperibus neque peregrinis nemo hospitium denegare audeat, id est sive peregrinis propter Deum perambulantibus terram sive cuilibet iteranti propter amorem Dei et propter salutern animae suae tectum et foeum et aquam illi nemo denegat. M. G. Cap. 1. p. 96. - Coneilium Aquisgranense (816) can. 9. 1\1. G. Cone. H. p. 325. 2) Leo n Lallemand, Histoire de la Charite tom. H. 1903. p. 127ff. 3) Vg!. oben S.5 Anm. 4. 4) Cap. 3 P: 5. Si quando enim ad vesperam velut peregrinans ad hospitium pcrvenisset [se. Turbo, der Bote des Manes], quae quidem ipsa diversorla hospitalissimus Marcellus instruxerat, . .. Diese lateinische Übersetzung des verlorengegangenen , in der ersten Hälfte des vierten Jahrhunderts verfaßten Originals stammt aus der Zeit von 392-450, wie Ludwig Traube, Acta Archelai, in Sitzungsberichte der philos. philol. hist. Klasse der k. b. Akademie der Wiss. zu München, Jahrgang 1[103, S. 548 nachgewiesen hat. Viel zu früh, in das dritte Jahrhundert, setzt das Werk Theodor Zahn a. a. O. S. 24 mit Anm. 18_ Die Xenodochien in Italien und Frankreich. i Priester Aerius 1) von seinem Bischof die Sorge für ein Xenodochium in Pontus übertragen, woran die wichtige Bemerkung geknüpft wird: Eins modi quippe domicilia prae amore erga hospites ab ecclesiarum antistibus excitari solent, in quibus mutilatos et imbecillos collocant, iisque ad victum necessaria pro virili suppeditant. Hierbei haben vermutlich die antiken privatwirtschaftlich betriebenen Herbergen in Ortschaften, an Straßen und Kultstätten zum Vorbild gedient.s) Der Verweltlichung der Kirche im vierten Jahrhundert folgt wie dem Licht der Schatten die Wcltfluch t., zuerst im Anachoreten-, dann im Mönchturn. Daher der Gegensatz von Kirche und Kloster, wenigstens zu Anfang.t) Aber sind sie auch feindlich, so sind sie doch Brüder. Als Paohomius, der Begründer des l\Iönchswesens, in die Einsamkeit geht, erklärt er ausdrücklich 4), daß er damit nicht nur die Welt, sondern auch die bis dahin an den Fremden und Armen geübte Gastfreundlichkeit aufgeben und der Kirche samt ihren Gläubigen überlassen müsse. Aber schon in der äthiopischen Fassung seiner Regel, die wir als deren älteste und auf ihn selbst zurückgehend ansehen dürfen 5), wird der Behandlung der Fremden wieder gedacht. Freilich sollen sie um der Abgeschiedenheit. der Brüder willen nicht mit diesen im Kloster, sondern in der Vorhalle versorgt werden."] Aus dieser Vorhalle hatsich dann infolge des 1) Sancti Epiphanii Panarii liber Ill. tom. 1. haer. 75, 1. Corpus Hacrcseologicum, ed. Fra n z 0 eh 1er, IT. 1. p. 177. 2) Vg!. bierzu Friedländer, 19 S. 345fT., Erich Ziebarth, Beiträge zum griechi£chen Recht, Zeitschrift für vgl, Rechtswiss. Bd. 19. 1906. S. 291 If. 296. 3) Kar! ~Iüller, Kirchcngcschiclite. Bd. 1. 1892. S. 215. 4) Georg Grützmacher, Pachomius und das älteste Klosterleben. 1898. S. 44. 5) Grützmacher S. 122. ö) Nach der Übersetzung von Ed uard König - Theologische Studien und Kritiken. Jahrgang 1878. S. 326 - lautet die Regel: "Und wenn ein Fremder aus einem andem Kloster ankommt, welches nicht eine solche Ordnung hat, so soli er wedcr mit ihnen cssen noch trinken, noch soll er in ihr Kloster eintreten, außer wenn sie sich auf der Straße getroffen naben. Aber wer zu ihnen kommt, um zu bleiben, auch den sollen sie dicht in ihre Gemeinde aufnehmen, ehe er drei Jahre vollendet hat, sonhem sie Bollenihn in der Arbeit als Knecht verwenden, und dann, wenn er 8 'Valthcr Schönfcld , starken Fremdenverkehrs das Xenodochium vor der Pforte des Klosters entwickelt, von dem schon Rufinus+) und Palladiuss) in ihren Mönchsgeschichten, Hieronymus s] und Cassianus 4) in ihren Ausgaben ägyptischer Mönchsregeln, sämtlich um die 'Wende des vierten zum fünften Jahrhundert 5), so ausführlich berichten. So treten uns gleich im Anfang der Bewegung die drei Mächte entgegen, die das Xenoclochienwesen fast ein Jahrtausend lang ausschließlich getragen haben, die Kirche, das Kloster, die Gläubigen. Aber wir werden doch einen Unterschied feststellen dürfen. Bei der Kirche und den Gläubigen ist das selbständige, räumlich abgesonderte Xenodochinm mehr eine zufällige, bei den Klöstern dadrei Jahre vollendet hat, soll er eintreten." - S. 329. "Und wenn einer aus der \Vclt kommt, um Mönch zu werden, so mag man ihn zuvörderst das Gebet des Evangeliums lehren, und sodann mag man ihn den Palmengesang lehren, und er bleibe also in der Vorhalle, während er in der Ordnung und Festsetzung der Brüder belehrt und erprobt wird, und sodann also mag man ihn spine Weltkleider ausziehen und ihn Kleider des )Iünehs anziehen lassen." 1) Historia monaehorum - l\ligne, Patrol. Lat. 21. col. 391. 439 cap. I. De saneto Joanne (seil. Johannes van Lyeopolis). Collum sane hospitalem cxtrinsecus fieri permisit, in qua adventantes e longinquis regionibus paululum requiescerent, ipse vera intrinsecus solus, soli Deo vacans, non diebus, non noctibus a eolloquiis Dei et oratione cessabat, - cap. 17. De monastcrio abbatis Isidori .... Hie ergo senior in janua, ubi ipse eommanet, adhaerentcm sihi habebat hospitalem eellulam, in qua ad. ventantes hospitio recipiat et omni humanitato rcfoveat, 2) Historia Lausiaca. - ~ligne, Patrol. Grace. 34. col. 1021 _ cap. 7: In hoc monte Nitriae una est maxima ecclesia. . . Prope ecclesiam autem positum est Xenodoehium, in quo venientcm hospitem toto tempore accipiunt. 3) S. Eusebii Hieronymi Stridonensis presbytcri translatio latina regulae sancti Paehomii - l\1ignc, Patrol. Lat. 23. col. 70 - cap. 50: Nemo manens in monasterio suscipiendi quernpiam ad vescendum habeat potestatem; Ilea his mittet cum ad ostium xenodochii, ut suscipiatur ab his, qui huie rei pracpositi Bunt. 4) .Iohannis Cassiani Conlat.cncs XXIV. Corp. script. cccl. Lat. vol. Xlll. p. 400. 515. libcr XIV. 4. XVIII. 7. - De institutis coenobiorurn libel" IV. 7. Corp. script. cccl. Lat. vol. XVII. P: 52. 5) Er w in Preuschcn, Palladius und Rufinus. 1897. S.204, und Ri c h a rd Reitzenstein, Historia l\lonaehorum und Historia Lausiaca 19Iü. Die Xcnodoch ien in Italien und Frankreich. 9 gegen eine notwendige Art ihrer hospitalitas, bei jenen durch die Umstände des Falles, bei diesen um der Abgeschiedenheit willen durch die Natur der Sache bedingt. So erklärt sich, zu einem guten Teil wenigstens, um das gleich hier vorwegzunehmen, daß man jahrhundertelang monasterium und xenodochium zwar unt erscheidetl}, aber ihre Namen sehr gern wechselweise für einander gebraucht") und beide zusammen mit Vorliebe als einen Begriff3) betrachtet; und dieses wiederum ist für die Verbreitung des Xenorlochienwesens von großer Bedeutung gewesen. Vom Orient verpflanzt. sich die Einrichtung sehr bald in das Abendland '), was bei der Ost und \Vest umspannen1) Codice diplomatico Longobardo, hrsg. von Carlo Troya, vol. V. :K 906 (ea. 765). Et si (quod non optamus) in deterius irrucrint qui de codcm monastcrio, tune mutctur ipse monasterium in sincdochio. _ Pippini Italiae regis capitulare - ~I. G. Cap. I. p. 192 - cap. 3: Monastcria virorum et puollarum, tarn que in mundio palatii esse noscuntur, vel etiam in mundio episcopalcs seu et de reliquis horninibus esse inveniuntur, distringat unusquisquo, in euius mundio sunt, ut regulariter vivant; simul et senodochia, cuiuslibet sint, fratres in omnibus pascantur iuxta iIIorum possibilitatem. Ihre Selbständigkeit auch in M. G. Cap. n. p. 79, 80. N 209 (845-S.'i0), :K 210 (845-850) cap.6 und 7. 2) ~I. G. Script. r. ~I. Ill. p. 164. Vita Sancti Eugendi Abbatis cap. 21: Iste etiam, refutato archimandritarum orientalium instari, utilius ornnes univit in medium. Distructis namque ruansionum ediculis, uno curietos secuni xcnodochio quiesccre fecit, ut quos causa unitac rcfectionis una elaudebat aedicula, discretis quoque lectulis una ambiret et mansio, cui tarnen lumen olei, sicut in oratorium, indeficiens prebebatur. Johannis gesta episcoporum Xcapolitancrum cap. 50: Fabricavit et idem consul cum coniuge sua monasterium sancti Cyrici et .Iulitae, in quo duodecim statu it cellulas, quas hospitibus peregrinisquc censuit habitari. l\I. G. Scriptores rerum Langobardiearum et Italicamm. p. 428. 3) Das wird sich später zeigen: unten S.20. Vorläufig: Euagerii monachi sentcntia ad cos qui in cocnobiis et xenodochiis habitant fratres - Holsteniu s, 1. p.405 - eine erbauliche Betrachtung überdiePflichten der Mönche ohne jede besondere Beziehung auf Xenodochium und Gastfreundschaft. 4) Spreitzenhofer, Die Entwicklung des alten Mönchtums in Italien. 1894. S. 8. verlegt mit dem Mönchtum auch das Xenodochienwesen schon in das dritte Jahrhundert. Allein die Passio S. Bonifacii martyris cap. II. 13 - Acta Sanctorum tom. 16. p. 283 -, auf die er sic h beruft, ist schwer lieh ein zureichender Beweis. Es heißt dort: Beam autem Aglacs abrenuntiavit mundo et pompis eius, uruversa quae passi- 10 Walther Schönfcld , den Einheit der Kirche kein Wunder und den Zeitgenossen noch lunge im Gedächtnis geblieben ist.1) Von der im Jahre 400 verstorbenen vornehmen Römerin Fabiola weiß Hieronymus zu berichten, daß sie "als erste" ein Krankenhaus gegriindet habe, in dem sie die Kranken von den Plätzen sammelte lind pflegte 2), und um dieselbe Zeit muß es gewesen sein, daß er an den reichen und frommen Pa mmachius schreiben konnte: "Ich höre, daß Du im Hafen von Rom ein Xenodochium errichtet hast." 3) Wenn aber in der Historia Lausiaca c. 1194) der jüngeren Melania ohne jede nähere Erläuterung nachgerühmt wird, sie habe "in occidente" -Kirchen, Klöster und Xenoclochien reichlich unterstützt mit dem, was sie dem Löwen Alarich entrissen habe, so rechtfertigt das die Annahme, daß die letzteren um diese Zeit im kirchlichen Bewußtsein schon recht fest eingebürgert waren 5), finden wir sie doch im fünften Jahrhundert in dem entlegenen Noricum, im sechsten in Sizilien und Sardinien.") Die bei der Errichtung dieser ersten Anstalten beteiligten Personen gehören samt lind sonders der um diese Zeit im Abencpande einsetzenden l\lönchsbewcgung an. Hieronymus ist bekanntlich einer ihrer Hauptförderer, debut distribuens egenis. Einige Handschriften haben vor egenis: monasteriis quoque et xenodochiis. Dies ist wohl sicher spätere Einschiebung. 1) Passie Praeiecti episcopi et martyris Arverni (7. Jahrh.) cap. 16: Xenodochium quoque in propriis rebus orientalium more secutus in loco, qui Columharius dicitur, fabricare curavit. ~L G. S. r. 1\1. V. p. 235. 2) Epistola 77, 6 ad Oceanum. Migne, Patrol. Iat, 22 col. 694. 3) Epistola 66, 11 ad Pammaehium. )Iignc, Patrol. !at. ~2 col. 645. . 4) Migne, Patrol. Grace. 34 co!. 1230. Die Vita Sanctae Me!aniae, ed. Cardinal Rampolla, 1905 ergibt leider nichts weiteres. 5) Für die Klöster ebenso Hans von Sehubert, Geschichte der christlichen Kirche im Frühmittelalter 1921. S. 400. Die rasche Verbreitung der Xenodoehion bezweifelt Uh lh or n , T. S. 321. 6) Eugippi Vita Severini cap. 1. In usurn scholarum p. 12. Jedenfalls beherrschen sie unter Grrgor d. Gr. das Feld. ausweislieh seiner Briefe nach Palermo - M. G. Ep. 1. p. 10 u. 11. p. 65 N 1. 9 (590) u. NIX. 35 (598) - und Carales - 1\1. G. Ep. 1. p. 240 u, 258, N IV. 8 (593) u. N IV. 24 (594). Sind sie aber in Sizilien und Sardinien anzutreffen, so werden wir sie auch anderwärts annehmen dürfen, und es liegt nur an Zufälligkeiten der Überlieferung, daß wir nichts davon hören: Sardinien und Sizilien unters~ndcn dem heiligen Stuhle unmittelbar. Vg!. Stutz, Benefizialwesen. S.26. Die Xcnodochicn in Italien und Frankreich. 11 Pammachius, Fabiola, Melania hängen ihr begeistert an.l) Wir werden daher vermuten dürfen, daß die Klöster, die man jetzt so zahlreich gründete, soweit ein Bedürfnis und das Vermögen dazu bestand, auch mit einem Xenodochium ausgerüstet waren 2), nicht nur in Italien, sondern auch in Gallien. In der Regula Benedicti (cap. 53) aus dem sechsten Jahrhundert heißt es geradezu, daß die hospites dem Kloster niemals fehlen. Diese Klöster leben, wie bekannt, zunächst nach ihrer eignen, voneinander völlig unabhängigen Ordnung"), aber sie sind doch alle nach ägyptischem Vorbild verfaßt und, was an Regeln jetzt und in der Folgezeit Berühmtheit erlangt, das enthält samt und sonders mehr oder weniger ausführliche Bestimmungen über hospites und hospitalitas. So die Regula S. Basilii l\Iagni 4), die Conlationes Iohannis Cassiani 5), die beide zu Anfang das Feld beherrschten 6), dann die Regula Tarnatensis 7) des l\Iusterklosters Agaunum (= St. Maurice) in der Schweiz."), die Regula Fructuosi "), Isidori episcopi 10), Magietri 11), cuiusdam patris 12), namentlich aber die vornehmste unter ihren Schwestern, die Regula 1) Grützmacher, Realenzyklopädie für protestantische Theologie und Kirche (= R. E.) Bd. 133• 1903. S. 228, unter Mönchtum. 2) Ebenso Ratzinger, S. 149. 3) von Schubert, S.612. 4) Interrogatio 98: Pauperes venientes ad ostium et potentes, quo· modo dimittimus? Holstcnius, I. p. 91. 5) oben S. 8 Anm. 4. G) Spreitzcnhofer, S.41f1. 7) Cap. 20. Feminae vestrum non frequentent habitaculum, sed cum pro devotione sua, vel pro amore religionis vestrae expetierint monasterium, non eis eoncedatur interiores monasterii januas introire, sed in oratorio aut in hospitali domo reddatur illis honor et gratia: non expectationis causa, sed pro constitutione regulae, vel monasterii disciplina. Holstenius, I. p. 185. 8) Dazu Theodor Sickel, Beiträge zur Diplomatik Ill, Wiener Sitz.-Ber. Bd.47 1864, S.5. 28. 8) Cap. 10. Holstenius, p. 204. Vgl. oben S. 3 Anm. 4. 10) Cap.21. De hospitibus. Praebeantur eis habitacula. Ho Is ten ius, p.197. 11) Cap.79. Cella peregrinorum scmote monasterio eonstituaturcum lectis stratis, ubi supervenientes fratres, maxime ignoti, dormiant et bisacias suas ponant. Holstenius, p. 277. ' 12) Cap. 3. Intra septa monasterii vel ostia nullum virorum omnino vel foeminarum edere vel bibere permittant: sed omnibus advenienti~~s foris in hospitali, prout honor exigit, per abbatissae ordinationem m1111strent. Holstenius, p.394. Walther 12 Schönfeld. Benedicti.l) Selbst der karge Columban 2), der sonst über der Sorge für das Seelenheil seiner Mönche alles irdische Wesen vergißt, hat ein Wort dafür übrig, und was seine Schotten für die hospitalitas in Klöstern und Hospitia geleistet haben, bildet ein besonderes Blatt in der ruhmreichen Geschichte ihrer Tätigkeit.") Unter diesen Umständen werden wir kein entscheidendes Gewicht darauf legen, ob erst Cäsarius von Aries (470-542), wie die herrschende Meinung 4), oder schon Sulpicius Severus (3(jf>-420), wie Hauck meint."), das Verdienst zukomme, das erste Hospital in Gallien errichtet zu haben. 'Vas Pa.ulinus von Nola in diesem Betreff an Sulpicius Soverus sclrreibt "}, ist schwerlich ein zwingender Beweis für die Ansicht Haucks, und jedenfalls gab es schon im vierten Jahrhundert auch hier Klöster und damit wohl auch Xenodochien.") 1) Cap. 53. Dc hospitibus suscipiendis. Darin ist ausführlich von der cella hospitum die Rede; vgl. auch Cap. :ll. De cellarario monasterii qualis sit. Cap.5G. Dc mensa abbatis. Cap. 61. De monacbis percgrinis qualiter suscipiantur. Cap. 58. De disciplina suscipiendorum fratrum. Butlcr, p. 61. 90. os. 106. Dazu Grützmacbcr, Die Bedeutung Benedikts von Nursia und seiner Regel. 1892. Besonders S. 49. 54ft, wo die Verbreitungsgeschichte dargestellt ist. 2) Regula coenobialis (nach Sccbass, Zeitschrift für Kirchengeschichte. IM. 17. 1879. S. 225): Procuret oeeonornus de humanitate advenientibus adhibcnda, tarn pcregrinis, quam reliq uis fratribus et omncs Irat.ros parati Hint ad ministrandum cum ornni famulatu propter Deum. Quamvis oeconomus non scnscrit, aut praesens non fuerit, caetcri faeiant d iligenter, quod nccesse est et custodiant utensilia eorum, donee assignent ea parata custod i. Sin autem ncgk-xerint, poenitcntia de his, ut videatur, adhibcri ad iudicium sacerdotis. 3) Carl .Io h, Greith, Geschichte der altirischen Kirche. 1867. x, 155. 4) Car! Franklin Arnold, Caesarius von Arclate. 181)4. S.395. ") In It. E. Bd. 213• 11)08. S. 439 unter Wohltätigkeitsanstalten. 6) oben S. 5 Anm, 4. 7) EdgarLoening, GeschichtedcsdeutschenKirchcnrechts. Bd.1. 18i8. S.340. C. A. Bernoulli, It. E. Bd. 123• 1903. S. 390, unter Martin von Tours, der gegen ~iO bei Poitiers "vielleicht" die erste klösterliche' Organisation des Abendlandes gründet. Julius Schlosser, Die Abendliindische Klosteranlage des frühen Mittelalters. 1889. S. 6, beruft sich auf eine Stell!' in der Vita S. l\lartini des Sulpicius Severus H. 1: Oratoria Jla~sim iJina, aliquando tcrna, immo et plum, princeps non raro basilica YocaiJatur, ct ecclesia. Alia oratoria erant pro infirmis et pro iis, qui aut Die Xcnodochicn in Italien und Frankreich. 13 Ob die Kirche mit den Gläubigen und Klöstern von Anfang an in Wettbewerb gestanden hat, wie im Orient, läßt sich bei der Dürftigkeit der Überlieferung mit Sicherheit nicht entscheiden. Prudentius will schon in der zweiten Hälfte des vierten Jahrhunderts große Mengen von Pilgern aller Völker in Rom gesehen ha ben 1), und ein Schreiben von Papst Symmachus'') an Cäsarius von Arles (1514)bestätigt das für seine Zeit. Vielleicht hat die Kirche an der Sorge für ihre Unterkunft sich beteiligt; Nachrichten davon erhalten wir freilich erst später. Von dem eben erwähnten Symmachus berichtet das Papstbuch 3), er habe zu St. Peter, St. Paulus und St. Laurentins elen Armen habitacula errichtet, und ebendort 4) steht, Stephan H. habe in Rom im Jahre 752 vier alte, seit langen Zeiten verfallene Xenodochien wiederhergestellt. Suchen wir einen Überblick über die Verbreitung der Xenodochien in der Folgezeit zu gewinnen, so ergibt sich uns ein sehr verschiedenes Bild: In Frankreich erreicht sie im sechsten und siebenten Jahrhundert den Höhepunkt"), sccretis orare aut e communi coetu secedcre volebant, processu temporis etiam unum pro famulis, mit dem Bemerken: "Das ist wohl die erste Spur der Spitalkircne". Aber diese Vita Martini ist bekanntlich .0(Tanz wertlos - Ad. Harnack, R. E. Bd. 193• 190i. S. 158 unter Sulpicius Severus - und jedenfalls enthält sie von dem angefübrten Zitat kein Sterbenswort. Sie hat überhaupt nur ein Buch. Sulpicii Severi Vita Sancti :Martini (cap. 1-2i). Corpus Script. eccl. Lat. vol. 1. p. 107-137. 1) Carmina Peristophanon Hymnus 11. Mig n e , Patrol. Lat. 60 col. 550. 2) Migne, Patrol. Lat. 62 col. 66. 3) 1. p. 263. 4) 1. P: 440. Mox vero restauravit quatuor in hac Romana urbe sita antiquitus xenodochia, quae a diuturnis et longinquis temporibus destituta manebant. 5) Eine reiche, wenn auch nicht vollständige Übersicht der Xenodochien Frankreichs gibt Lesne, p.401ss. Zur Ergänzung mögen dienen die Angaben bei Al be rt Ha u ck , Kirchengeschichte Deutschlands Ir. 3. u. 4. 1912. S. 291 Anm. 3. - In der folgenden Zusammenstellung bedeutet "g" die Gründung. Aus dem fünften Jahrhundert: ArIes, 1\1. G. S. r. M. Ill. p. 464 (470-542) g. - Aus dem sechsten Jahrhundert: Athies, .M. G. S. r. M. n. r- 366 g; Bordeaux, :M. G. S. r. :\1. 1. 1 p.255; Casa Cajani: Pardessus, Diplomata, Chartae, epistolae, leges I N III (528) g (bei Saint-Calais); Chalons, 1\1. G. S. rer. M. 1,2 803 g; Flcury·en-Vexin, r- Walthel' 14 Schönfeld , um dann, trotzdem der Pilgerverkehr eher zu-, als abnimmt'), sehr bald schroff abzufallen; in Italien ist es umgekehrt. Dies findet, in der allgemeinen Landes- und Kirchengeschichte seine Erklärung. Während in Gallien die Franken, nachdem sie uno actu vom Heidentum zum Katholizismus bekehrt worden sind, die Kirche und ihre Einrichtungen übernehmen 2), so wie sie sind, zerstören die arianisehen Langobarden bei ihrem Einfall in Italien blindwütig, was noch zu zerstören ist.3) Die Nachrichten des Papstbuches über die Wiederherstellung zerfallener Xenodochien im achten und neunten Jahrhundert reden eine laute Sprache.") Aber bald wendet sich die Wage. Den Umschwung bringt dort der fortschreitende Untergang der ~L G. Script. n. p. 275 g; Le :\Ians, Acta sanctorum tom. 16 p. 604 g; Lyon, ~1. G. Cone. I. p. 105 pg; Heims, Le Blant, I. p. 442g. - Ausdem sl'ebenkn Jahrhundert: Autun, ~1. G. Ep, Il, p. 371 g; Columbarius bei Clcrmont, l\I. G. S. r. ~I. V. p. 235 g; St. Denis, 2\1. G. S. r. l\I. II. p.411 g; Le Mans, Acta sanctorurn tom. 21 p. 701 g; Longyon, l\Iittelr.oeinisches Urkundenbuch T N 6; Maastricht, ~h:tz, beide wie vorher; Nivelle, .M. G.. S.r. ~1.Il. p.458g; Poitiers, Pard e s s us II N 438 g; Pontlieue, Pardessus IN2:10; Rebais, Acta sanctorum tom. 40 p.585 g; Verdun, l\Iittclrhein UB. IN 6; St. Wandrille, M. G. S. r. M. V. p. 628 g. - Aus dem achten Jahrhundert: Auxerre , M. G. Script. XIII. P: 394; Corbie, M. G. Script. II. p, 530 g; Orleans, 1\1. G. Poetae Latini aevi 1. P: 554 g. - Aus dem neunten .Iahrhundort : Mont-Canis, Historiae patriae Menumenta Chartarum IX 18 (825) g. 1) Vg!. darüber Joseph Zcttinger, S. 47ff. Ludo Mo r it.z Hartmann, Geschichte Italiens im Mittelalter. Bd. n, 2. 1903. S. 160ff. Alfon s Do psch , Die wirtschaftlichen und sozialen Grundlagen der Europäischen Kulturentwicklung aus der Zeit von Cäsar bis auf Karl d. Cr. Bd. 1920. S. 212ft - Über Pilgerrecht Ernst l\Ieyer, Italienische Verfassungsgeschicbte. Bd. I. 1909. S. 141 fI. 2) Kar! Müller, I. S. 295. 3) Hans Graßhoff, Langobardisch-fränkisches Klosterwesen. Göttinger Pbil. Inauguraldissertation, 1907. S. 15fI. ') Stephanus 1I. (752-757). I. p. 440; oben S. 13 Anm. 4. Hadrianus (772-795). 1. p. 505. Sergius n. (844-847). 1I. p. 92. Ipse vero almificus et beatissimus papa seolam eantorum quae pridem orphanotrophcum vocabatur, cum prae nimia vetustate mm emarcuerat et pene in mina posita atquo confracta a prise is temporibus videretur, Dei annuente dementia, a fundamentis in meliorem, ut olim Iuerat , statim noviter restauravit. Leo Ill. (795-816). II. p. 28. n. Die Xf'llodochien in Italien und Frankreich. 15 l\Ierovinger, ihres Reichs und ihrer Kirche"), hier der allmähliche Übertritt der Langobarden zum Katholizismus, vollendet unter Liutprand (712-744).2) Mit. dem Ende des siebenten Jahrhunderts hören die Neugründungen in Frankreich im wesentlichen auf, fangen sie in Italien an.3) Das Bindeglied bilden auch hier die Alpen-:') und Rheinländer.P) 1) Albert Hauck, Kirchengeschichte Deutschlands. I. 3. u.~. 1904. S.412. 2) Stu tz, Benefizialwesen S. 115. 3) Siehe unten S.17 Anm.7. und die Frage ihrer Dauer Friedländer, 1. S. 316ff. 322ff., Do ps ch , II. S. 426fI. 445, wo sehr reichliche Literaturnachweise. - Einen guten Überblick auf Grund der Spezialliteratur gibt P. H. Scheffel, Verkehrsgeschichte der Alpen. 1914. S. 171ff. Danach wurden drei Pässe im frühen Mittelalter bevorzugt: der MontCcnis (an Stelle von Mont-Genövrc und Kl, St. Bernhard in derRömerzeit), der Septimer (an Stelle elf'S Splügen und Julier), namentlich aber der ~Ions Jovis, der nachmalige Große St. Bernhard. Darum finden wir auch gerade auf diesen drei Bergen Xenodochien: Auf dem Mont-Ccnis von Kaiser Lotbar 825 errichtet - Chartarum I.N 18 -; auf dem Septimer ( 1) das scnodochium sancti Petri von Ludwig dem Frommen dem Bischof von Cur 825 zurückgegeben - Codex diplomaticus Cur-Rätiens und der Republik Graubünden I N 19 -; über die Streitfrage, die sich hinaiclrt. lieh der Lagc daran knüpft, vgl, Ulrich Stu tz, Karls des Großen divisio von Bistum u~d Grafs~haft Chur: Fe~tschrift für Zeumer 1909. S. 113/14 Anm. 2 und seither Fr it zF cc k lin , Urbar des Hospizes St. Peter auf dem ."rptimrf, H1l5. S. IV-nU, der an St. Peter in Wapitines bei Prada denkt; auf dem Mons Jovis, in den Armales Bertiniani für das Jahr859 bei der Hcichsteilung erwähnt - ed. in usum scholaruni 1883 D. 53. Außerdem finden wir Hospize in Xoricum, schon im fünften Jahrhu~dert - Eugippi Vita Severinicap.l. cd. in usum scholarum. p.12 -,imheutigen Vorarlberg - Kaiser Karl schenkt 885 einen Hof samt Kirche zur Rötis in Rätien (bei Feldkireh) an St. Gallen ea videlicet ratione, ut deinceps de ipsis rcbus semper XII pelegrini in monte Sancti Victoria pro mercede anime nostrae proeurentur (U. B. v. St. Gallen II N642, Adolf Helbok, Regesten von Voralberg 1. 1920. N 92.) -; in Cur - Testament des Bischofs Tello von Cur (766) C. dipl, Cur-Rätiens I N9; die Klage des Bischofs Victor (823): distructa sunt synodochia vel pauperum susceptiones M. G. Ep. V. p. 309 N 7; U. B. St. Gallen II N 646 (885) Zins· zahlung ad cellam hospitum des Klosters. N 727 (903) hospitium des Klosters JoIltiwil; vg!. auch P. C. Planta, Das alte Rätien. 1872. S.380. _ In einem Schreiben an Karl d. Gr. redet Hadrianus 1. von den hospitales, qui per calles Alpium siti sunt, pro peregrinorum susceptione M. G. Ep. Ill. p. 623 N 87 (784-i9l). . 6) Fulda, nach dem Vorbild von Monte·Cassino errichtet, V~ta. Sturmi cap. 14 - :M. G. Script. TI p. 371 -, besitzt ein hospitale (Vlta. 4) Über die Römerstraßen n. 1G Waither SchönIeld, Was sich aus den besonderen Stiftungsurkunden ergibt, bestätigt die allgemeine Überlieferung. In den fränkischen KonzilschHissen 1) und Formeln 2) aus dem sechsten und siebenten ,Jahrhundert gedenkt man der Xenodochien im Vcrein mit Kirchen und Klöstern, ihres Vermögens und ihres Errichtungsgeschäfts, im achten herrscht tiefstes Schweigen, und im neunten macht man Wiederbelebungsversuche, da offenbar ist, daß sie, insbesondere die von den Schotten gestifteten, vollständig verfallen und verkommen aind.P) In der Gesetzgebung Italiens, den Volksrechten 4), Leobao abbatissac, M. G. Script. Hi. cap. 23. p. 151). - Karl der Große gründet in Aaehen ein hospitium. Monschi Sangalli gesta Karoli I. 27. M. G. Script. 11. p. 744. Dazu Wattenbach, Deutschlands Geschiehtsquellen im Mittelalter Bd, P. 1904. S. 207. Einhard schreibt in der Vita Karoll 1\Iagni, cap. 21: Amabat peregrines et in eis suscipiendis magna m habebat curarn, adco ut eorum multitudo non solum palatio, vorum ctiam regno non inmerito viderctur onerosa (in usum seholarum 1911. p. 26). - Beim St. Gerconstift in Köln gibt es ein hospitale - U. B. davon NI (8(l6) -; ebenso beim Kloster Münstercifcl bei Prüm - Aeta sanetorum ordinis Bcnedicti IV. l. p. 615 e. 19 (836 gegründet). 1) Concilium Aureliancnse (549) can. 13. M. G. Cone. 1. p. 104: Kc cui liceat res vel faeultates ecclesiis aut monasteriis vel excnodociis pro quacuroque elemosina cum iustitia deligatos retentare, aliena re adque subtrahere. Dazu Coneilium Agathense (506) Ma ns i, VIII. col. 325. Ebenso Concilium Arvernense (549) can. 13. Br u ns , Canones Aposto. lorum et conciliorum n. p. 217. 2) Formulae Marculfi 1. 1\1. G. Formulae P: 70. - Vg~. auch Formulae Bituriccnses N 17 ebendort p. 177. 3) Konzile von Aachen 8IG und 836. - M. G. Cone. p. 416 can. 141; p. 455 can. 28; p. 707 can. 3. - Concilium in Francia hahitum (816-829) e. 7. M. G. Cone. n. P: 591 - Concilium Mcldense-Parisiensc (845) (M. G. Cap. n. p. 408 can. 40): Admonenda est regia magnitudo de hospitalibus, quae tempore praedccessorum suorum et ordinata et exculta fuerunt et modo ad nichilum sunt redacta. Sed et hospitalia Scothorum, quae sancti homines gentis illius in hoc regno eonstruxerunt et rebus pro sanctitate sua adquisitis ampliaverunt, ab codem hospitalitatis officio Iunditus sunt alienata. Letzteres bestätigt ein von Hinkmar verfaßtcs Schreiben der Synode von Chiersy (858) 111.G. Cap. p. 427 N 2971°. - Vgl. hierzu auch Ra t.z iug e r , S. 2·Hff. 271fI. 4) Liutprandi leges 19. 1. (721), 73. IV. (726), Ahistulfi leges 16. VIJ. 17. VIII. 18. IX. 19. X. (755) - ~1. G. Legum IV. p. 116. 137. 201. 202. - n. n. n. Die Xenodochien in Italien 17 und Frankreich. Konzilsschlüssen 1) und Kapitularien 2), erscheinen sie erst mit dem achten Jahrhundert, dafür fehlen sie auch hier während der nächsten drei Jahrhunderte nie. In den Bestätigungs-P], Schutz-J) und Immunitätsprivilegien 5) werden sie stets aufgeführt, mit Kirchen und Klöstern als eine dritte Klasse der venerabilia oder pia loca, und wenn auch in der Karolingerzeit über ihren und der Kirchen und Klöster Verfall geklagt wird 6), ihr Bestand überhaupt ist dadurch niemals in Frage gestellt worden. In und bei jeder größeren Stadt ,sind sie anzutreffen.") 1) :M. G. Cone. n. p. 576 N 4623• Concilium Romanum (826); 789 N 60. Concilium Teatinum (840). 2) M. G. Cap. I. p. 189 N 89 & (780-790), p. 191 N 12 (7811), p. 192 N 913 (782-786), p. 195 N 92 3 (787), p. 198 N 941 (787), p.200 N 951 (790), 201 N 95 3 (790), p.210 N 102 9 (801-810), p. 316 N 157 1 (822-823), p. 328 N 164 4 u. 7 (825), p. 332 N 166 1. 3 (825), p. 369 N 1796 (821), p. 374 N 18016• 21. 23. 26 (826). Cap. rr. p. 63 N 2021 (832), p. 69 N 204 5 (847), p. 79 N 209 (845-850), p. 80 N 210 6. 7 (845-850), p. 104 N 2223 (889), p. 107 N 2245 (891), p. 116 N 228 15. 16 (850). 3) Codice diplomatico Toscano II N 21 (783). ') Farfa II N 216 (815). 6) Chartarum I N 30 (861); N 118 (962). 6) Capitula re l\Iantuanum (781 ?) can. 12: De sinodochiis volumus adque precipimus, ut restaurata fiant, M. G. Cap. I. N 90. p. 191. Wiederholt in N 92 3 p. 195 und X 94 1 (i87) p. 198. - Pippini capitular« Italicum (SOl-810) I N 102 9 p. 210: Ut episeopi et abbates per sinodochia ct monasteria eorum ospitalem, ubi antiquitus fuit, faciant et summopere curent, ut nullatenus praetcrmittantur. - Kaiser Lothar befiehlt 832 seinen missi, ut inq uirant de singulis monasteriis vel senodochiis, qualiter a conditoribus ordinata sunt vel quomodo nunc permaneant et a quibus personis deteneantur. :M. G. Cap. n. p. 63 N 2021• - Kaiser Ludwig (845-850) schärft das noch einmal ein, was die Bischöfe aufnehmen. M. G. Cap. IT. p. 79 N 209, p. SO N 210 7 -. Für seine Diözese der Bischof von Brescia in Historiae patriae Monumenta, Chartarum Ill. Codex diplomaticus Langobardiae. N 140 (841). 7) AusdemsiebentenJahrhundert: Cremona, T roya IVN351 (686)g, vgl. auch Chart. III N 797 (980). N 989 (1000). - Aus dem achten Jahrhundert: Benevent, Troya V N 779 (762)g; Gradate, Chart. III NIl (745) g; Lucca, Toscano 1. 14 (720) g; Troya III N 476 (729) g; Toscano I N 53 (757) g; Troya V N 809 (764) g; Troya V N 867 (767); Mailand, Chart.In N 61 (787)g; Monza , Chart. III N39 (769)g; Nonantula, M. G. Script rer. Lang. p. 567 g; Pavia, III N 21 (760) g; N 52 (774); pistoja, TroyaIV N621 (748); Rom, LiberPontificalisI. p.397g, n. p. 25.57. M. G. Ep. Il. p. 86.97. Mansi XII, col. 684. - Aus dem neuntenJahrhundert: r- oo r- n. Zeitschrift für Rechtsgeschichte. XLIII. Kan. Abt. XU. 2 18 Walthcr Schänfeld, § 2. 2. Name und Arten. An der großen Ausdehnung, die man dem Begriff der hospites gegeben hat, nimmt auch der des xenodochium id est hospitale+) teil.") Im Abendlande ist das xenodochium, seenodochium '}, senodochium 4), senodoxiolum 5), sinodochium 6), sinodoxium 7), synodochium 8), exsenodochium"), exsenedotium Iv), exinodochium P}, oder welche barbarisierte Form sonst noch vorkommen mag, das hospitium 12), ospitium 13), domus hoepitalis+s}, hospitale l-) grundsätzlich eine allgemeine Herberge, für alle pauperes et peregrini, die darin Platz haben. Ein Schreiben Alcuins, in dem er den Erzbischof von York auffordert, Xenodochien, d. h. Hospitäler,· zu gründen zur Aufnahme von pauperes et perigrini l"), bestätigt. dies, da es doch offenbar mit Rücksicht auf die tatsächlichen Verhältnisse des Festlandes verfaßt ist. Dem zur Seite steht eine große Zahl von GrünBergamo, Chart. III x ne (830) g; Brescia , Chari.Ill N 140 (841); Mai· land, Chart. III N 287 (87fJ) g; !\eape),.:\1. G. S. T. Lang. p. 428 g. p. 44:3 g; Placencia, Chart. III N 287 (879) g. Padova, Cod. dip!. Padovano I N 15 (874); Pavia, Chart. I N 49 (895), III N 276 (878); Salerno, Cod. dip!. Cavensis I N 64 (868). - Aus dem zehnten Jahrhundert: Gaeta Cod. dipl. Cajetanus I N98 (998); ~lailand, Chart. III N 402 (903)g; Verona, Not. Stor, delle Chiese di Verona 1. p. 153 (OO2) g. I} SO in ~1. G. Ep. IV. r- 169 N I. 114 (796) und M. G. Cap. 1I. p. 427 10 (858). 2) Dies scheint mir als das Einfachere von Schuberts (S. 701) Erklärung vorzuziehen. 3) 1\1. G. S. rer. Lang. p. 568. 4} Toscano I N 39 (749). ~) Pa r d es su s , II N 438 (696). 6) Chart. III N 52 (774). 7) Pardessus, II N 438 (696). 8} M. G. Ep. V. p.309 N7 (823). 9) Mittelrhein I N 6 (636). 10) Toscano I N 39 (749). 11) M. G. S. r. M. IV. p.682. 12) Troya IV N 647 (750). i3) Cavcmis T N 64 (868). 14} Mittelrhein I N 441 (1120). 15) Armales Bertiniani (in usum scholarum) p.53. 16) M. G. Ep. IV. p. 169 N I. 114 (796). In den sog. arabischen Canones von Nieara (~25), die in Wahrheit aus der Zeit nach Chalzedon (451) stammen, heißt es: Ut fit in omnibus civitatibus locus separatus pcrcgrinis, infirmis et pauperibus, qui vocctur Xenodochium, id est bospitium pcregrinorum. Ma.ns i, 11. col. 976. can.70. Dazu J. K. von Hcfe)c, Conciliengeschichte P. 1873. S. 364. N 297 Die Xenodochien in Italien und Frankreich. 19 dungsurkunden, so daß eigentlich keine Belege angeführt zu werden brauchen.") Wenn demgegenüber ein Kapitulars aus dem neunten Jahrhundert fein säuberlich besondere Arten von Häusern nach Maßgabe der darin Versorgten unterscheidet2), so ist das in den tatsächlichen Verhältnissen, wie sie uns für das Abendland überliefert sind, nicht begründet und lediglich eine gedankenlose oder prahlerische Entlehnung ausder Epitome Juliani, jenerim Westenam weitesten verbreiteten abkürzenden Ausgabe der Novellen Justinians.8) Dies äußert sich auch darin, daß man den Namen des Xenodochiums nicht selten mit dem der matricula 4) n. 1) Vgl. etwa: Vita sanctae Geretrudis c. 3. M. G. Script. r. M. P: 458: Item sanctorum ecclesias et alia praecipua aedificia ex fundamentis construxit et orfanis, viduis, captivis, peregrinis alimonia cotidiana cum omni largitate ministravit. Toscano 1. 1.14 (720) inveniatur esse peregrinus recipiendum, pauperis vidua et orfanis consolandum. Troya, III N 432 (721) viduam, orfanum et pauperom consolandum, eginum et peregrinum recipiendum. 2) M. G. Cap. I. p. 310 N 153 (826~) Nulla sub Romana ditione constituta ecclesia vel exenodocbium vel ptochotropbium vel nosochomium vel orpbanotropbium vel gerontochomium vel brephotrophium vel monasterium . . . . . . . Exenodochium, id est locus venerabilis in quo pcrcgrini suscipiuntur. Ptochotrophiurn, id est locus venerabilis, in quo paupercs et infirmi homines pascuntur. Nosochomium, id est locus venerabilis, in quo aegroti homines curantur. Orphanotrophium, id est locus venerabilis, in quo parcntibus orbati pueri pascuntur. Gerontochomium id est locus venerabilis, in quo pauperes et propter senectutem solam infirmi homines curantur. Brephotrophium, id est locus venerabilis, in quo infantcs aluntur. 3) P. Krüger, Geschichte der Quellen und Literatur des römischen Rechts 2 1912. S. 401, 433. 4) Gesta Dagoberti I, regis Franeorum cap. 29 M. G. Script. r. M. P: 411: Nam et matriculam et senodochium ceteraque diversa loca ad hoc ibidem instituit, ut pauperes utriusque sexus, sive etiam qui sanctorum ope sanitate donari digni fuissent, in reliquum ipsius elemosinis sustcntati, qui veIlent, in servitio ecclesie acsi pro gratiarum actione permanerent. Pardessus, I N230 (615): De Ponte leuga haec est matricuIa et xcnodochium in honorem sancti Martini: hoc est, matrieula sancti Petri et Pauli et xenodochium quod est ad Pontern Leugae. Vgl, auch Lesne, p. 381 ff. - Auf die damit zusammenhängende, noch nicht ausgetragene Streitfrage nach dem Wesen der matricularii gehe ich nicht ein; der Stand der Meinungen bei Stutz, Göttingisehe Gelehrte Anzeigen 1904 S. 4 Anm. 1 und neuerdings von Schubert, S. 697ff. 702. 2'1' n. 20 Walther Schönfeld, und diaconia+) zusammenstellt, zwei Einrichtungen aus der Armenpflege. Am häufigsten freilich wird er mit oraculum und oratorium sowie mit monasterium verbunden 2), woraus sich ergibt, daß diese Anstalten sehr oft mit einem Betraum ausgestattet und einem Verein von Geistlichen oder Mönchen überantwortet waren.P) Bei dem berühmten Hospital des Caesarius von Arles wird jenes als etwas Selbstverständliches vorausgesetzt 4), in dem Capitulare de rebus ecelesiasticis von 825 von der Weihe der Xenodochien im Verein mit der der Taufkirche und Bethäuser geredet.s) Aber auch Ausnahmen von der Regel kommen vor. Das "Xenodochium leprosorum" 6) kann wegen der Ansteckungsgefahr der Natur der Sache nach nur diesen Kranken dienen, und hin und wieder begegnet eine Anstalt, die 1) Troya III N 351 (686) ut ibi fit exenodochium ut diaconia in . infirmorum et Ilerccrinorum. Ebenso Troya,. III N 476 (729). suscepclOnc 1 . _ Über die Diaconia vg!. Haeser, Geschichte der ohristliehen Kranken. pflege und Pflcgcrschaften 1857. S. 9ft'. 2) S. unten S. 33 ff. . . . 3) Amedeus Bondroit, Do capacitate possidendi ccclcsiae neenon de regio proprietatis vel dispositionis dominio in patrimonio ccclo. siastlco aerate merovingica (a 481-751). Diss. iurid, hist, Lovanionsis 1900. p. 85 nimmt die Verbindung mit Klöstern für seine Zeit als Regel an. Ebenso Lesne, p. 402 für den größten Teil der Xenodoehien. _ Für Italien vgl. jedoch oben Seite 9 Anm. 1. Der Begriff des monasterium schwankt übrigens. VgI. Grasshoff, S. 59 und Franz Wickhoff, Die "monastcria" bei Agnellus. 1\1. I. e. G. Bd. 9. 1888. S. 34ff. ') Vita Caesarii episeopi Arelatensis 11. 20. M. G. Script. r. M. Ill. p.464. Infirmis vero adprime consuluit subvenitque eis et spatiosissimam deputavit domum , in qua sine strepitu aliquo basilicae opus sanctum possint audire; lectos, Iectuaria, sumptos cum persona, quae obsequi et medcri possit, instituit. 5) M. G. Cap. I. p. 332 N 1661: Placuit nobis, ut nullus episcoporum de consecrationc neque dedicatione baptismallum ecclesiarum aut senodochiorum seu oracnlorum pretium quodlibet contra auctoritatem canonicorum patrum vel iuxta antiquam consuetudinem penitus acciperc prae· sumat, 8) Gregorii episcopi Turoncnsis liber in gloria confessorum 1\1. G. Script. r. .M. I. 2. P: 803 (Chalons). Solche Häuser bezeugt für Maastricht, Mete, Verdun in Mittelrhein. U. B. I N 6 (636), für St. Gallen in S. Otmari Vita M. G. Script. 42 cap. 2. - Über ihre Einrichtung handelt Lallemand, a. a. O. Ill. 1906. p.285ff. n. r- _" Die Xcnodochien in Italien und Frankreich. 21 nach dem Willen des Stifters nur bestimmte Arten von Pfleglingen aufnehmen soll.'), wodurch freilich nicht ausgeschlossen wird, daß im Notfalle auch andere Berücksichtigung finden.") Eine Weltstadt wie Rom besitzt außer mehreren Xenodochien 3) ein orphanotrophium (Waisenhaus) 4), ein ptochium pauperum senum (Almen- und Altersheim}"), ein gerocomil1m (Altershaus)"), und nicht anders werden wir es uns in den großen Klosteruntemehmungen zu denken haben, wie etwa in St. Riquier 7) und Farfa,") Davon abgesehen ist eine Sonderung nach Ständen festzustellen, was ja der Kultur des Mittelalters durchaus entspricht. In seinem auf eigner Anschauung beruhenden und darum als Quelle sehr wertvollen Kommentar zur Regula Benedicti berichtet Paulus Diaconus 9), daß es zwei voneinander getrennte Häuser gab, das eine für die VOl'1) Im siebenten Jahrhundert gründet der Bischof Praeiectus in Clermont ein xenodochium ita. tamen, ut' semper ibidem XX egroti mcderentur, ut stipendia eibi acciperent, postquam vero convalescerent, aliis locum curandi darent. M. G. Script. r. :M. V. p. 235. cap. 16. _ Ebenso Pardessus, II N 438 (696). 2) Im Jahre 787 gründet in Mailand ein Erzpriestor Datheus ein "Xenodochium" zur Pflege von Kindern aus Ehebruch bis zum voll. endden achten Lebensjahr. Dabei heißt es: et si forsitan de taIi pro· creatione parvuli nati aut iactati non fuerint quibus ipsa quarta portio tribuatur, tunc ex omnibus dentur cgenis, pauperibus, peregrinis. Chart. HI N 61 col. 116. 3) Über ihren Kamen, illre Lage und Verhältnisse vgl. Kehr, Regesta pontificum Romanerum I. 1906. p. 155. Neben diesen Stiftungen gibt es noch die scholac peregrinorum auf landsmannschaftlicher, genossenschaftlicher Grundlage, worüber Ferdinand Gregorovius, Geschichte der Stadt Rom im Mittelalter V.s 1913 I. S. 411 zu vergleichen. 4) Liber pontificalis H. p. 92, dazu das Formular 97 im Liber diurnus. 5) Liber pontificalis I. p. 309, gegründet von Pelagius (579-590). 6) Liber pontificalis I. p. 397, gegründet von Gregor (715-731). ') wo täglich 300 Arme, 150 Witwen und 60 Kleriker versorgt wurden, laut Inventar, abgedruckt bei Hariulf, Chronique de l'abbaye de Saint-Riquier, pub lie par Ferdinand Lot. 1894. p. 307. ti) Farfa ist Absteigequartier der Kaiser und Könige, worüber ausführlich handelt H ugo in seiner Destructio Farfensis cap. 2 (Fonti per la storia d'ltalia, tom. 33. p. 30). 8) Archi-Coenobii Casinensis monachi nunc primum edi~erunt 1880. n. Walther 22 Schönfeld, nehmen, das andere für die Armen.tj Dabei macht der Scharfsinn, mit dem er dies rechtfertigt, seinem Ruf als "eleganter Schriftsteller',' alle Ehre.s) Daß dies aber nichts Vereinzeltes war, sondern allgemeiner Sitte entsprach, werden wir den Plänen von St. Gallen 3) und Farfa 4) entnehmen dürfen 5), welches auch immer ihre sonstige Bedeutung sein mag. Auch die Constitutiones Hirsaugienses aus der Clunyer Reforrnzeit bestätigen das.P) Dort erfahren wir, wer zu den Vornehmen gerechnet wird, in erster Linie, was sehr bezeichnend ist, der zu Pferde kommt, dann die Mönche und einige ausgezeichnete Geistliche und Frauen.") 1) Ad. cap. 53. p. 417. Pulehre dixit "congruus honor exhibeatur''. quia "omnibus" non aequalis susceptio accepta est. Neque enim rectum est, si ea, quae praeparanda sunt divitia, omnia pr~epare~tur ~t talia pauperi, id est dilectio ciborum, et potus abundantIa; m~lUS erum pee. pauper nescit . se mo derari eonsuevit catum est, qUla erarr;; qu i si tantum . sicut tib . patens manducavit. crapulationem ex h oo sentiet , et nobis dan I us pee.' . . b ea t us Augustinus , non leve esset hoc catum generabitur, et sicut dlClt . . ea quae paupcri praeparanda sunt prao, peccaturn. S·im iliIter SI. d'iviti paremus, non est rectum. Verbi gratia, si diviti solummo.d~ fabam, ~ut tale aliquid, vel pedes Iavare voluerimus, dcrisio est, stultl~ta repl~~a~ltur et damnum: et proptcrea: "omnibus congruus honor exhibeatur , idest iuxta qualitatem personae, ita recipiendus est hospes. Alles sehr schön und vernünftig, aber was ist aus dem frommen Tiefsinn der christlichen Gebräuche, id Sonderheit der Fußwaschung, auf die noch Benedikt (Reg. cap. 53) solches Gewicht legt, geworden! 2) Chronica monasterii Casinensis 1. 15. M. G. Script. VII. p. 591. 3) Beste Ausgabe Ferdinand Keller, Bauriß des Klosters von St. Gallen vom Jahre 820. 1844. Die reiche Literatur darüber bei Stephani, Der älteste Deutsche Wohnbau und seine Einrichtungen, Bd. n. 1903. S. 21 Anm.l. VgI. auch Keu tgen, Ämter und Zünfte 1903. S.34. 4) Ordo Farfenais M. G. Script. XI. p. 546. Darüber Julius Schlosser. S. 28ft 42fl. 5) Über die Einrichtung der beiden Häuser auf Grund dieses Materials sehr eingehend Uh Ih o r n , n. 1884. S. 74ff., Stephani, S. 31f'f. 6) l\1igne, Patrol. lat. 150 col. 1066ff. Dazu Fischer, Studien zur Entstehung der Hirsauer Konstitutionen. Tübingen phil. Diss. 1910. 7) Cap. 51 col. BB If. Auf Vornehmheit wird auch bei den Tieren der Gäste gesehen: Die Pferde unterstehen dem custos hospitii (nobilium), die Esel dem elemosynarius pauperum, cap. 52 col. 1114. - Bei der Einquartierung der Pferde ist es bisweilen sehr menschlich zugegangen, so daß der Klosterheilige in eigner Person für Ordnung sorgen mußte. Chron. man. Cas.. 45. M. G. Script. VII. p. 657. n. j Die Xenodochien in Italien und Frankreich. 2:l Diese Einrichtung überträgt sich dann von den klösterlichen auch auf die kirchlichen Hospitäler.l] n. Vom Recht der Xenodochien. § 3. 1. Gründung und rechtliche Natur. Die Xenodochien sind im römischen Reich und unter der Herrschaft seines Rechts aufgekommen. Da die antike Kultur, wie wir gesehen haben, eine eigentliche Wohlfahrtspflege nicht kennt, sind sie kirchliche Anstalten, auch wenn sie keinen gottesdienstlichen Raum enthalten und nicht von der Kirche errichtet sind; sie werden in jedem Falle von Klerikern vcrwaltct.-) lind unterstehen dem zuständigen Bisehof.sj Venerabiles domus 4), religiosissima Ioca 5), piac causae 6) genannt, nehmen sie am Recht der Kirchen und Klöster teiF), soweit sich nicht aus ihrer verschiedenen Natur ein anderes ergibt, etwa hinsichtlich der Weihe"), falls ihnen, was wohl selten vorkommt, ein BetlH1uS mangelt. Ihr Vermögen ist Kirchenvermägen 9) und nur wie solches veräußerlicht"), ihre Dauer ewig,II) Sie sind also 1) Bekgc bei Püschl, Bischofsgut IIn(1 mensa cpi~copallli. Bd. n. 1909. S. is. 52. oo. 2) Corpus iuris civilis Ill. Novellae 12:1, 2:J. 3) Nov. 120, 6. Cod. Justinianus I 3, 1. 45. 4) Cod.I3allenthalben. 5) Cod.I2,1.23. 6) Cod.I3,1.45§3. 7) Cod. I 2, I. 15 hinsichtlich der Gründung, l. 19. 22 hinsichtlich der Beschcnkung, l. 23 der Verjährung, I 3, 1. 32 § 7 hinsichtlich der Privilegierung, l. 45 § 9 der Bedenkurig mit Legaten. 8) Nov. 5 cap. I, Nov. 117, 1. 131,7. Vgl. hierzu Glück, Ausführ. liehe Erläuterungen der Pandekten. 40. Theil. 1838. S. 20. 28. ') Paul Roth, Über Stiftungen, Jhcrings Jahrbücher Bd. 1. 1857. S. 198. 10) Cod. I 3, 1. 45 § ll, I. 57 § 1. 2. Nov. 7. 11) Cod. I 3, I. 57 § 3. Unicuique enim homini unus vitae cursus a creatore datus est, cuius finis omnino mors est: venerabilibus autcm domibus earumque eongregationibus, quae imlllortales sub Deo custodiuntur, non convcnit finem imponerc ne in possessio nib us quidem, sed quoad durant venerabiles domus (durant autern in perpetuum et usque ad ipsum saeculorum finem, donee Christianorum nomen apud homines est et veneratur), iustum est durare etiam perpetuo rolictas crogationes vel reditus immortalos, ut semper inscrviant piis actibus numqua m cessaturis. Hierin ist das ganze römische Stiftungsrecht in nuce enthalten. 24 Walther Schönfeld. wirtschaftlich und rechtlich ihrem Zweck unlöslich verbunden, und es ist eine Frage durchaus zweiten Ranges, bis zu welchem Grade die juristische Technik dieser Selbstän~ digkeit Rechnung trägt.t) Das klassische römische Recht ;lat sich mit diesem Problem kaum befaßt, weil es an einem allgemeinen Anreiz dazu fehlte. War dies ausnahmsweise der Fall, so unterstellte es derartige Zweckvermögen der Herrschaft irgendeiner physischen oder juristischen Person mit der Auflage, sie nach ihrer Bestimmung zu verwalten.P) Dies mochte leicht zu Unzuträglichkeiten führen, namentlich im Konkurs und in der Zwangsvollatreckung s), wenngleich wohl nicht bei Kirchengut. Immerhin setzte sich im fünften Jahrhundert, als das Christentum mit seinen Wohlfahrtseinrichtungen das Feld beherrschte"), vermutlich aus verwaltungstechnischen Gründen der Gedanke durch, derartige Gebilde als illre eignen Subjekte, als Stiftungen im strengen Sinne des 'Wortes, wie wir heute sagen, ~u b?~ trachten.s) Aber schwerlich hat man es, ebensowemg WIe . . Ferdinand 1) Als Gesmnungsgcnossen darf Ich wohl an f"hren u Regelsberger, Zeitschrift für Kirchenrecht, Bd. 11. 1873. S. 192f., Pandekten 1. 1893. S. 342. 2) Alfred Pernice, Marcus Antistius Labeo I. 1873. S. 254. Ill. 1892. S. 56. 63. 150ft Ludwig Mitteis, Römisches Privatrecht bis auf die Zeit Diokletians. I. 1908. S. 414. 3) Diesen Gedanken betont für die Gegenwart von Tuhr, Der AU· gemeine Teil des Deutschen Bürgerlichen Rechts I. 1910. S. 596. ') K. E. Zachariae von Lingenthal, Geschichte des Griechisch. römischen Rechts. 3 1892. S. 205. 5) Dies kann jetzt nicht mehr bestritten werden nach der Untersuchung von H. Salleiles, Les Piae causae dans le droit de Justinien. ~elanges Gerardin 1907. p. 518ff. Zustimmend Girard (von Mayr), Geschichte und System des römischen Rechts. 1908. S. 260. Sohm, Institutionen151917. Gegncr aus älterer Zeitbei Regelsberger, Pandekten S. 350 Anm. 6, und bei Win decb c id-Kfpp , Lehrbuch des Pandekten. rechts I. "1906. S. 295 Anm. 5, namentlich aber Edgar Loening, I. S.201 H. S. 648.652. Freilich, was Salleiles p. 5398S. über die rechtliche Natur der piae causae im besonderen ausführt - keine deutsche, sondern en". lische Treuhänderstiftung -, scheint mir reichlich kompliziert und ganz abwegig. Wenn er aber p. 543 schließt: C'est ainsi que la venerabilis domus elle-mäme, comme la pia causa ou le pium corpus des textes ulte. rieurs, nous apparait comme un terme abrege et representatif pour figurer toute la collection des benefieia.ires que retablissement avait en vue, so ~j Die Xr nodochien in Italien und Frankreich. 25 in der Gegenwart, bei allen ohne Rücksicht auf den einzelnen Fall getan.1) So das römische Recht, wie es im sechsten Jahrhundert im Codex Justinianus und den Novellen dazu ausführlich, wenn auch nicht in allen Fragen völlig zweifelsfrei aufgezeichnet worden ist.2) Es hat auch im Abendlande gegolten und hier den Sturz des Reiches überdauert. Durch die spärlichen Reste der Überlieferung, insbesondere durch einige Briefe Gregors d. Gr., schimmert es für ein aufmerksames Auge deutlich hindurch: Die Xenodochien, von denen hier die Rede ist, sind vermögens- 3) und handlungsfähig 4), mithin Rechtspersönlichkeiten, sie werden von religiosi verwaltet '') und unterstehen dem Bischof.") Als Gregor d. Gr. einmal in Carales auf Sardinien darauf dringt, daß eine letztwillig gestiftete Anstalt binnen Jahresfrist erhat er damit den Nagel auf den Kopf getroffen und das Prinzip der juristischen Person überhaupt zutreffend formuliert, allerdings nicht besser, als das bereits Aloys Brinz, Lehrbuch der Pandekten III 2. 1889. S. 497ff., II 21860. S. 1042fI., vornehmlich S. 1055 mit gewohnter Schärfe und vorbildlicher Klarheit getan hat, wobei höchstens die vermögensrechtliche Seite zu stark betont ist. 1) Wie F. K. von Savigny, System des heutigen römischen Rechts. Bd, 1840. S. 268 meint. Vielleicht darf man sich für den Fortbestand unselbständiger Stiftungen neben selbständigen auf Cou. I 3,1. 41 § :l herufen: Nam turn quidam propter spem quam in deo habcnt et ut animae eorum salvae liant ad sacrosanctas ccclesias accedant iisque ipsis facultates suas offcrant et rclinquant, ut in ptochos et paupercs aliosque pios usus expendantur, absurdum est episcopos haec in proprium lucrum vcrtcrc vel in liberos suos cognatosque cxpcndere. 2) Diesem Befund entspricht August Knecht, System des JU8tinianischcn Kirchenvermögensrechts Hl05. Kirchenrechtliche Abhandl, hrsg, von Ulrich Stutz, Heft 22. S. 43f'£. 3) 1\1. G. Ep. p. 240 N IV. 8 (593) ut in praedio, quod appellatur Piscenas quod ad Xenodochii Thomac quondam episcopi iura pervenit. Ep. p. 129 N IX 130 (599) quod partem aliquam substantiae suae xenodochio ... dercliquit.. p. 167 N IX 170 (599) xcnodochio, quod ei in octo unciis iurc pcrhibetur bercditario sucecssisse. 4) M. G. Ep. p.86 N IX 66a (598) quia. de possessionibus .... inter praepositos monasterii sanctorum Maximi et Agathae . . . et e diverso amministratorcs xenodochii in hoc urbe Roma constituti longa se traxit contentio. Dazu P: 97 N IX 82 (598) • • ) 1\1. G. Ep. 1. p. 258 N IV 24 (594). ~) M. G. Ep. n. p. 65 N IX 35 (598). n. n. n. 26 Walthcr Schönfcld, richtet werde, beruft er sich ausdrücklich auf die piissimae leges"), womit offenbar auf Cod. Just. I, 3, 45 § I und Nov. 131, 10 angespielt ist. Bei den Kirchen und Klöstern - darüber hat schon Pö se h 1auf Grund seines ungewöhnlich reichen Materials im Zusammenhange mit dem gesamten Diözesanvermögensrecht gehandelt - gehört die Griindung eines Xenodochiums zur amtlichen Tätigkeit ihrer Vorsteher, des Bischofs oder Abtes. Gründungsurkunden haben wir hier nicht. In der Regel wird nur ganz kurz erzählt: Fabricavit."), aediflcavit+), instituit 4) oder constitnit 5) xenodochium. Damit verbindet sich, soweit es sich nicht ausnahmsweise um ein wirtschaftlich ganz dürftiges Unternehmen 6) handelt, die Ausstattung mit bestimmten Gütern aus dem Kirchen- oder Klostervermögen.') Wird das Unternehmen aus privaten Mitteln des Bischofs oder Abtes errichtet"), so liegt natürlich keine kirchliche, sondern eine private Stiftung vor, für die, 1. p. 24:~ K IV 10 (;iD:}). :M. G. Script. r.1\L IV. p.682 (590). Chron. mon. Cas. III 33. 1\1.G. Script. VII. p. 725. 3) M. G. Script. rcr. Lang. p. 567 (8. Jahrh.). 4) Liber pontificalis I. p. 397. 5) Vita Adalhardi c. 59. M. G. Script. n. r- 530. G) M. G. Script. rcr. Lang. p. 428; in quo duodccim statuit cellulas, quas hospitibus pcrcgrinisque ccnsuit habitari, qui ex ipsius ceelesiac alcrcntur rcbus. 7) Acta sanctorum tom. 16. p. 604 (Bischof Domnolus von Le Mans 581): Aliud quoque monasteriolum et xenodochium ultra Sartam flumen in honorem bcatissimae Dci ct virginis Mariae sapienter aedifieavit atque suae ecelcsiac rebus, dotavit. - Vita Ansbcrti episeopi Rotemagenais cap. 14 1\1. G. Script. r. 1\1.V. p.628 (7. Jahrh.): In praefato namque venerabili .Fontanellensi monasterio inter fclicia bonitatis suae gcsta ctiam oxcnodochium imbecillium ac dccrepitorum pauperum ad instar duodccim apostolici numeri constituit doputatis cisdem rebus, qui sufficientcr praebercnt alimoniam. Ebenso Vita Athanasii cpiscopi Neapolitani (9. .Iahrh.) 1\1. G. Script, rer. Lang. p. 444. - Vita Anselmi Abbatis Nonantulani (8. Jahrh.). 1\1. G. Script. rer. Langob. p. 568. - Libcr pont. 1. p. 440 (752). 8) Passio Praeiecti cpiscopi et martyris Arverni cap. 16. M. G. Script. r. 111.V. p. 235: xenodochium quoque in propriis rebus . . . fabricare curavit. Chart. III N 246 (870). N 402 (903). 1) 1\1. G. Ep. 2) t Die Xenodochien in Italien und Frankreich. 27 wie wir noch sehen werden, einige Besonderheiten gelten; auch für Mischlinge aus beiden finden sich Beispiele.J) Dieses Xenodochium und sein Vermögen ist gegenüber der Mutteranstalt selbständig und unabhängig t), womit nicht gesagt sein soll, daß es immer, auch unter den kleinsten Verhältnissen, mit eigner Rechtspersönlichkeit ausgestattet sein miißte.P) In einem Klosteretat, cler adbreviatio de Rebus monasterii Bobiensis aus dem Jahre 8624), sehen wir, wie jedes der sechs Xenodochien seine eignen Ausgaben und Einnahmen verrechnet als ein vollkommen abgeschlossener Wirtschaftskörper. Das wird unter gleichen Umständen früher nicht anders gewesen sein. In Gregors von Tours Historia Franeorum 5) ist einmal von der basilica Sancti Juliani in der urbs Arverna die Rede und den res pauperum, quae ibidem fuerant adgregatae, auf dem Konzil zu Chalons (639-654) wird dem Bischof und seinem Archidiacon verboten, von dem Vermögen des Xenodochiums beim Tode seines Vorstehers etwas wegzunehmen 6), und ganz deutlich werden gelegentlich im achten Jahrhundert die beiden Vermägensmassen voneinander unterschieden.7) 1) 111.G. Ep. H. p. 3i6 Allgusto~o~cllsi a. Syagrio excellentissima film nostra U. B. von Straßburg I N n. N XIII 11 (602) Xenodochio quod in civitate rcv~rL'lldac mcmoriac cpiscopo et praedicta. regma constructulll est. Aus späterer Zeit 118 (1182). 2) Vg!. hierzu Pöschl, I. S. 30. Ill, II. S. 19. 51. 90. 1771!. 3) Die Grenzen sind überhaupt fließend und undeutlich Püse hi S. 121 ff. 308ff. ' 4) Bolletino Storico-Bibliografico Subalpino Bd. 8. 1903. p. 393 ff. Dazu Ludo lIIoritz Hartmann, Zur Wirtschaftsgeschichte im frühen Mittelalter. Analekten. 1904. S. 48 ff. 51. 5) lII.G. Script. r.lI1. I, 1 p. 118. In den 111.G. Diplomata Karolinorum p. III N 77 (772-774) heißt es: quia res peregrinorum propriae sunt regis. 6) M. G. Cone. I. p. 210 can. 7. 7) Ex gcstis cpiscoporum Autisidorcnsium cap. 27 (i37) M. G. Script. XIII. p. 394: Dedit itaque basilicao saneti Stephani ad stipendium clericorum ibidem Deo deservientium villam quae dicitur Matriacus . . . Item in pago Autissiodorcnsi ad xenodochium prcdicte matris accclesiae villal~l quae dicitur Miliciacus . . .. Ceterum basilicc sancti Germuni ad stipendium monachorum villam Abundiacum nomine . . .. Dedit idem ad xenodoehium eiusdem basilice domni Germani villas sitas in pago 28 Walther Schönfeld, Dieses Gründungsvermögen wird durch Schenkungen. Dritter vermehrt. In der collectio de ecclesiis et capellis Hinkmars von Reims ist von den oblationes fidelium die Rede, von denen die Xenodochien leben 1), worunter nicht bloß kleine Almosen zu verstehen sind.P) Um dieselbe Zeit hören wir gar nicht so selten von Schenkungen an Grundstücken und Grundzinsen, die entweder dem Xenodochium unmittelbare) oder der l\Iutteranstalt zu Nutz und Frommen der hospites-j aufgelassen werden. Von den Erträgnissen seines Vermögens lebt das Hospital. Doch scheinen sie kaum je gelangt zu haben, In den sogenannten arabischen Kanones des Konzils von Nica.ea, die zwar nicht von 325, sondern ans späterer Zeit stammen, aber mit dieser Maßgabe voll verwertbar sind, wird dieser Fall ausdrücklich vorgesehen und durch Sammlungen "bei allen Christen" überwunden,") Sie sind auch im Abendland veranstaltet worden, wie man wohl aus einer Bemerkung Augustins 6) schließen dart, sind sie doch auch heute noch unter uns im Schwange. In den Klöstern bildet sich, wie wir aus dem Kommentar des Paulus Diaconus erfahren, schon früh die Übung heraus, den Zehnten sämtlicher Einkünfte überhaupt dem Xenodochium zu überweisen.") DaAutissiodorensi . . . • Ob diese Selbständigkeit immer geachtet worden ist, ist eine ganz andere Frage. -Iedenfalls ist ein Verstoß dagegen rechts., widrig. s. 1) Abgedruckt ]25. 2) 3) 4) 5) in Zeitschrift für Kirchengeschichte Bd. 10. 1889. Stutz, Benefizialwesen S. 97 Anm. 14. Chart. III N 80 (806), St. Gallen II N 729 (903). St. Gallen II N 646 (88:'»),Mittelrhein I N 133 (895). N 200 (956). Ma ns i, II col. 976. 6) Sancti Aurelii Episcopi operum Tom. V. Maurincrauegabe Sermo 31i6 col. 1388. Pecunia, quae data erat ecclesiae propter xenodochium, Dazu Hauck, R. E. 2] 3 S. 4:39. 7) Ad cap. 53. p. 418. Verurn quia de Hospitibus dicimus, dicendum est nunc, unde hospitcs pascere debeamus. Omne enim, quidquid venerit ad Monasterium, idest aurum, argentum, aes, ferrum, labores, vinum, poma, animalia, et reliqua, decimas de his omnibus in Hospitale Pauperum solummodo dare debemus, ut non alii, idest servi vel nobiles, sed solum modo Pauperes pascantur; quia sic scriptum est in lege et nullus pauper debet ab his deciniis se excusari. Verum quia Dominus dicit in Evangelio: Die Xcnodochicn in Italien und Frankreich. 29 bei scheint man hinsichtlich der domus divitum und der domus pauperum nicht überall gleichmäßig verfahren zu sein. Nach Paulus Diaconus wird an jedes der beiden Häuser ein besonderer, nach elen Statuta Corbeiensia ') an beide ein einziger gemeinschaftlicher Zehnte abgeführt. In den Constitutiones Hirsaugienses ') erhält ihn nur das Armenhaus; möglicherweise soll das Hospiz der Vornehmen sich selbst erhalten, vielleich t a uch durch Geschenke seiner Gäste. Durch die Aachener Regel von 8163) wird dieses Zehntrecht auch auf die Xenodochien der Kirchen übertragen.j) Das römische Recht behandelt grundsätzlich, wie wir schon angedeutet haben, alle Xenodochien gleich, auch wenn sie von Privaten errichtet sind. Das einzige, was es dem Stifter zugesteht, ist die Auswahl des geistlichen Verwaiters 5) mit der Maßgabe, daß der Bischof dessen Geschäftsführung gegenüber auf die Aufsicht beschränkt ist.") Demgemäß unterscheidet Novelle 120 cap. 6 § 17) venerabiles domus. "deren Verwaltung der hochheilige Ortsbischof in eigner Person oder durch einen Geistlichen führt", und solche "mit eigner Verwaltung". Im übrigen besteht zwischen: ihnen nicht der geringste Gegensatz. 'Weder im Codex noch in den Novellen ist auch nur eine Spur davon zu beobachten. Auch die von Privaten - durch Verfügung unter Lebenden oder von Todes wegen 8) - gestifteten Xenodochien sind kirchliche Anstalten, gegebenenfalls mit eigener Rechtspersönlichkeit, auch ihr Ver~?~~n is!_ Kirchenvermögen, verfügbar wie solches 9) und Nisi abundaverit iustitia vestra plus quam Scribarum et Pharisaeorum, Don intrabis in rE'gnum Coclorum. Iustitia scribarum est, de omnibus decimas darc; nos cnim ut possimus intrarc in regnum Coelorum, duas dccimas darc debemus. . .. Istam enim nonam partein debemus dare in Hospitale Divitum. 1) Le moyen age 1900 p. 370. Videtur igitur nobis, si omnis decima de omnibus et in omnibus, sicut constitutum est, datur, ut omnino ad omnes huiusmodi necessitates divitum vel pauperum suffieere debeat2) Migne, Patrol. lat. 150 col. 1114. 3) M. G. Cone. H. p. 416 N 39181• 4) Vg!. dazu Pöschl, 11. S.52. 93. 5) Vg!. dazu Roth, S. 198. 6) Cod. I 3, I. 46 §§ 3. 4. Nov. 131, 10. 7) Cod. I 3, I. 45 § 3. 8) Regelsherger, Pandekten S. 347. 0) Cod. I 3, I. 57,1. 2. ) Nov.7. 30 Walther Schönfeld, nutzbar wie solchcs t), in beiden Beziehungen der Herrschaft des Stifters entzogen und nur seinem Zweck unterworfen. Insoweit also dem Stifter dingliche Rechte verbleiben 2), können sie nur als bedeutungslos und leer bezeichnet werden.") Der Stiftungszweck nimmt dem Eigentum jede Bewegungsfreiheit, die tote Hand der Kirche, die darauf lastet, lähmt ihm jede Lebenskraft. Auch dieses Recht hat im Abendland gegolten, in den Grundzügen sicher, vermutlich auch in allen Einzelheiten, insbesondere hinsichtlich des Rechts, den Verwalter zu ernennen. Aus einer fränkischen Formel bei Marculf: Ista de magna rem, qui vult exsinodocium aut monasterio construere (H. 1) 4) leuchtet es uns in voller Klarheit entgegen. Das Gründungsverfahren, wie es hier der Allgemeinheit zur Nachachtung empfohlen oder vorgeschrieben wird, gestaltet sich folgendermaßen: Der Stifter errichtet durch Verfügung unter Lebenden 5) ein Oratorium auf den Namen eines Heiligen 6) und überträgt ihm und den Armen 7) darin 1) Cod. I :1, 1. 45 §4: Pro omni autem tempore, quo scripti heredes, qual' iussi sunt facere supersedcrint, fructus et reditus atquo omne legitimum augmentum inde a morte testatoris ab iis exigi iubemus, ut mora non incipiat ex litis eontestatione vel interpellatione, sed, quasi lege ipsa quae dicitur mora interveniat, ita fructuum aliorurnque id genus accessio locum habeat. 2) J. von Zhishman, Das Stifterrecht in der morgenländischen Kirche. 1888. S.35. August Knecht, S. 44. Jedes Eigentumsrecht vr-meinf Ni co Cot Iarc i u c. Stifterrecht und Kirchenpatronat im Fürstentum Moldau und in der Bukowina 1907. S tut z , Kirchenrechtliche Abhandlungen 74. S. 12 £f. 74 £f. 3) So mit Hecht Stutz, Boncfizialwescn S. Ill. Thomas, Le droit do proprietö des laiques sur les egliscs, 1906. p. 18 n. l. 4) M. G. Formulae p. 70. D) Per present cm epistolam donationis meae dono ad presentc die. 6) Oratorio ac cellula in honore sanctae ac semper virginis Marine genitricis Domini nostri Jesu Christi aut in altcrius saneti. . . Dies geschieht schon um der Heilwirkungen für die Gesundheit wegen. Vgl. Cal'l Albrecht Bernoulli, Die Heiligen der Mcrovinger. 1900. S. 296fI. Vita Dagoberti cap. 29. M. G. Script. r. 1\1. II. p. 411: matriculam et scnodochium ... instituit, ut pauperes utriusque sexus, sive ctiam qui sanctorum ope sanitate donari digni fuissent . . . ') Sicut a me hucusque possessa est, iniure oraturio sanctae Mariae et predictorum pauperum debeat, Deo protegente et opitulante, persistere. \ Die Xenodochien in Italien 31 und Frankreich. unter Verzicht auf sein Eigentum l) Grundstücke zu Händen des Bischofs"), doch so, daß jede Herrschaft des Bischofs am Vermögen des Oratoriums ausgeschlossen ist; 3) das Oratorium mit seinen Armen ist vielmehr sein eigner Herr, der Bischof auf die Sorge für die Weihe, die Ernennung des geistlichen Vorstehers sowie dafür, daß alles mit rechten Dingen zugehe, beschränkt.") Mit einem Wort, es handelt sich ganz augenscheinlich um eine Stiftung mit eigner Rechtspersönlichkeit, ebenso wie bei dem berühmten Xenodochium, das Childebert 1. und seine Gemahlin im sechsten Jahrhundert in Lyon errichtet haben. Zwar besitzen wir seine Gründungsurkunde leider nicht, aber was wir aus den Schlüssen des Konzils von Orleans (549) G) darüber erfahren, läßt deutlich erkennen, daß das Stiftungsvermögen völlig selbständig und für jedermann, auch den Bischof, unantast1) Mihi autem nihil oxindo proprietatis titulum paenitns non reservavi. 2) Ego namquc de conlatis ae supcrius prcnotat.is rebus omnia ad curarn ct sollicitudinem aut defcnsionem rerum vel gubernationem ipsorum pauperum sa.ncto ac prenotato domno illius episeopo vel Bueeessori_ bus suis, Deo Bibi tcste. committo et strumcnta, per quod rcs ipsaa, auxili. ante Deo, per eorum sollicitndinem defenscntur, superscribto domno Iui cpiseopo per manibus tradcdi, et qualitor ibidem providi, pial', rcctacn« an secus cgcrit, Christo domino in se iudicio reeognuscat. 3) Remota pontificum simulque ccclcsiastioorun, omnium offi. eialium sou publienrum omnium potcstatc, nullas functioncs vel exactionis ncque cxquesita et lauda convivia nequo gratiosa vel insidiosa mu nuscola, ncque etiam caballorum pastus aut paraverida vel earrarum anzaria e , aut quodcumquc functiones titulum dici potcst, de ipsa facultate paerritus non rcquiratur ..... nisi tantum sancti et apostolici illius urbis cpiscopus, in cuius oppedum cxsinodocius ipse ponetur, pro tradcndis benediccionibus vel substituendis abbatibus, pracsbiteris quoque et diaconibus, absque ulla paecuniarum adempcionem, amplius donandi, exigendi, minuendi vel causam nullam habeat potestatem, sed nee pcr commutationis locum quiequam ex hoc auferendi nullo tempore occansio vel addetus tribuatur, sed perpetualiter in potestate prcfati oraturii vel ipsorum pauperu m, Christo faventi, permanent. 4) Vorige Anm. S) M. G. Cone. I. p. 105 can. 15: nibil exinde ad se quolibct tempore antestis ecclesiae Lugdunensis revocet aut ad ius ecclcsiae transferat, ut suecedentcs sibi per temporum ordinem saeerdotes non solum aut de facultate cxenodocii ipsius aut de consuetudine vel institutionc nil minuant. Ebenso urteilt Lesnc, p. 410. Zweifelnd Locning, S. 651 Anm. 2, offenbar deshalb, weil er die. Rechtspersönlichkeit der piae caUsae überhaupt bestreitet. I. S. 201. S. 648. 652. n. n. 32 Walther Schönfeld, bar ist; daß aber auch hier das römische Recht im Spiele ist, verrät die kurze Bemerkung über die Rechnungslegung,") Das Gründungsrecht der Formulae Marculfi läßt sich, wenn nicht alles täuscht, auch in Italien nachweisen, seitdem mit dem Ausgang des siebenten Jahrhunderts die Quellen reichlicher fließen, freilich nur recht seIten, was bei der Fülle von einschlägigen Urkunden sehr bemerkenswert ist. Um 765 gründet ein Geistlicher zwei Klöster, davon das eine mit einem Xenodochium. Beide stehen unter einem Abt, den die Mönche, im Notfalle unter Mitwirkung des Erzbischofs von Aquileja, zu wählen haben. Jede Herrschaft des Stüters und seiner Erben wird ausdrücklich ausgeschlossen''), was sehrverdächtig klingt und eine gegenteilige Praxis argwöhnen läßt. Im .Iahre 7693) stiftet in Monza ein Diaconus an der dortigen Basilica zu St. Johann durch Verfügung von Todes wegen zwei oraoula vel exsenedocia, jedes auf einen besonderen Heiligen. Vollstrecker ist ein anderer Diaconus an derselben Kirche. Der Gründer überweist beiden Häusern Grundvermögen zu .Händen von St. Johann und seiner custodes 4) mit, der Bestimmung, daß diese sich dauernd um die Stiftung kümmern, insbesondere den Vorsteher und Verwalter ernennen sollen.") Genan Entsprechendes geschieht in einemMailänderTestament aus dem Jahre 7776), wobei hervorgehoben zu werden verdient, 1) Expensae rationem petentibus ipsis manuum nostrarum suscriptionc firmavimus . . . Dazu Nov. 123 cap. 23. sowie M. G. Ep. I. p.258 X IV. 24 (594). 2) Troya, V N 906: et sub nulla deinceps nostra vel heredum nostrorum redigatur potestate. 3) Chart. HI N 39 (769). ') Verum etiam et confero ad jura ipsius oraculi vel exsenedoeü nostri portionem de casa . . .. Hec omnibus rebus superius nominatis tarn suprascripto oraeulo quam et jam dicto .senedochio omnia et in omnibus in potestate sancti Johannis domini et nutritori moo vel de ipsius custodes dicioni trado. 5) Eiusdemque custodes inibi talem personam juxta Dei intuitum ordinent, qui predicti oraculi et jam fate elemosina cutam sine ull (Text verderbt) .... 6) Chart. III N 56 et confirmo ut suprascriptus oratorio sancti Tzenoni potestati beati Ambrosii atque domni Thomae archiepiscopi vel eius successoribus subjaceat, qualiter mihi pcrtenuit . . . . .. Itcrum et confirmo, ut debeat qui tune in ipso exenedoehiumordinatus fuerit praepositus. Die Xenodochicn in Italien 33 und Frankreich. daß dem neu errichteten Ora torium und Xenodochium die Munt über Freigelassene eingeräumt wird 1), wohl ein deutliches Zeichen seiner Eigenschaft als Rechtspersonliehkeit.2) Alle Urkunden, die wir bisher vorgelegt haben, die fränkischen wie die italienischen, stimmen außer anderem darin überein, daß in keiner von ihnen dem Stifter oder seinen Erben, wie im Jnstinianischen Recht, die Befugnis beigelegt ist, den geistlichen Verwalter zu ernennen. Allein dies beweist nichts. Bekanntlich waren im Abendland abweichend vom Orient dem Griinder von Kirchen, Kapellen und Klöstern alle Rechte an der Gründung, insbesondere Ernennungs- oder Vorschlagsrechte, durchaus versagt.3) Die Xcnodoohien aber, die wir betrachtet haben, waren alle mit einem Oratorium oder Monasterium verbunden. Es hat also nich ts Auffälliges, daß bei ihnen der Stifter solche Rechte nicht in Anspruch nimmt, und es ist keineswegs ausgeschlossen, daß bei reinen Wohltätigkeitsanstalten - ein freilich seltener Fall - das Gegenteil gilt. Sicher erweisen läßt es sich allerdings nicht. In einem Briefe Gregors d. Gr. nach Autun ((\02) 4) wird den fränkischen Königen <las Recht, bestätigt, den Vorsteher eines in Antun von dem Bischof Syagrius und del' Königin Brunhildo errichteten Xenodochium atque monasterium im Verein mit den Mönchen auszuwählen. Allein hier scheinen besondere Umstände vorzuliegen und, was das schlimmste ist, die Echtheit des ganzen Schreibens begegnet trotz aller Verteidigl1ng, die es 1) Conflrmo, ut omnes serves et ancillas meas sint aldiones et pertcneat mundium eorum ad ipso exenodochium, aventcs per caput unusquis maseoli et femine solidum singolus. Vgl. auch 'l'roya III N 381 (708) eo quod ab omni subiugatione hominum earn absolvimus, ut ... neque a monasteriis subdatur, ncque a xenodoehio defendatur. 2) Mu nt kann immer nur einem Hechtssubjekt zustehen. Hübner, Grundzüge des deutschen Privatrechts 3. H)l9. S. 514ff., von Amira, Urundriß des germanischen Rechts 3 Hll:3. S. 137, vor allem aber Heusler, Institutionen des deutschen Privatrechts. 1. 1885. S. 95fI. 3) St.u t z , Benefizialwesen S. 56ff. Thaner in der Besprechung dieses Werkes Göttingisehe Gelehrte Anzeigen 1898. S. 302. Püschl, I. S.35ff. 4) ~J. G. Ep. p. 376 N XIII 11. n. Zeitschrift für Rechtsgeschichte, XLlII. Kan. Abt. XII. 3 34 Walther Schönfeld, gefunden hat "), sehr gewichtigen Bedenken.2) Zum mindesten muß damit gerechnet werden, daß es im neunten Jahrhundert von kirchlicher Seite ge- oder verfälscht worden ist, zu einer Zeit also, da das gesamte Rechtsbewußtsein, auch das kirchliche, wie ein einziger Blick in die römische Synode Eugens H. von 8263) lehrt und später zu zeigen ist, durch neue Anschauungen und Strömungen gründlich verändert ist. Darum werden wir auch kein Gewicht darauf legen dürfen, daß sich das vermißte Ernennungsrecht in einigen Urkunden des achten Jahrhunderts findet, dies um so weniger, wenn es gegenüber einem Xenodochium mit Oraculum Platz greift, was ganz offenbar im Widerspruch mit dem altrömischen Kirchenrecht des Abendlandes steht. So errichten im Jahre 720 in Lucca 4) mehrere Brüder neben einer von ihnen auf eignern Grund und Boden gestifteten Kirche zu St. Sylvester ein Xenodochium, statten es mit Vermögen aus und verzichten auf alle Herrschaftsrechte5) daran, jedoch ernennen sie den Geistlichen, der dies alles verwalten und instandsetzen soll.") Im großen und ganzen wird man hierher auch noch rechnen dürfen die Gründung eines Findelhauses durch den Mailänder Erzpriester Datheus aus dem Jahre 787.7) Das durch Verfügung unter Lebenden errichtete "Xenodochium" wird unter die Herrschaft des 1) Insbesondere von dem Herausgeber Ludo Moritz Hartmann a. a. O. p. 376. 2) Mit Nachdruck geltend gemacht von Loening, S. 392 Anm. 2. 3) M. G. Cap. 1. p. 370 SB. N 180. 4) Toscano I. N 14. 6) Nam nulIi nostrorum offerentium exinde in aliquo subtragator aut ha novis minuetur, nee uIla inivi potestatem aveamus neque in ipso balneum invasionem faciendam, nee in nulla re quas inivi ha novis offerturn est nisi in omnibus, ut prediximus, in potestatem sancti Silvcstri inveniatur esse, n. 6) Et ita addidet animus nostrus, ut ad gubernandum in potestatem custodis illius Gundoni presbiteri, quem inivi cum comune consilio presbiterum ordinavimus, inveniatur esse peregrinus recipiendum, pauperis vidua et orfanis consolandum, mandatum juxta regule ordinem faciendum et pro nostris facinoribus dominum deprecandum, in omnibus et per omnia opem ujusee Sinedoci secundum priscorum patrum traditionem juxta ujus scntentie in omnibus adimplere diveas. ') Chart. III N 61. Die Xcnodochien in Italien und Frankreich. 35 erzbischöflichen Stuhles gestelltl), er hat die Aufsicht über die Verwalter+), aber sie werden, solange er lebt, vom Stifter ernannt.P}, bis hierher alles wie im Justinianischen Recht, dannaber kommt der bedeutungsvolle Satz: reservata autem mihi diebus vitae meae potesta te inibi in omnibus imperand i et gubernandi, nee non in alio modo iudicandum habiturus. Dieser Herrschaftsvorbehalt, von dem weder im Justinianischen Recht noch in dem der Formula Marculfi und Genossen je die Rede war, begegnet zum ersten Male in einer Urkunde aus dem Jahre 68(4): Ein Priester von St. Marien in Cremona errichtet im Verein mit seinen Brüdern ein Oraculum, damit es ein Xenodochium und eine Diakonie zur Aufnahme Kranker und Fremder werde, dergestalt daß es zu Lebzeiten des Priesters in seiner, sodann in der Gewalt der Geistlichen von St. Marien stehen solle. Etwa fünfzig Jahre später geschieht dasselbe in Lueca '}: Ein Geistlicher zusammen mit seinen Brüdern, die Laien sind, stiftet ein Oraculum mit Xenodochium, überweist ihm Grundstücke und Grundzehnten und bestimmt, daß zu seinen Lebzeiten er die potestas regendi et gubcmandi haben wolle, solange dadurch die Stiftung gefördert werde, daß aber nach seinem Tode das Recht, den Verwalter zu ernennen, auf seine Brüder und deren Erben übergehe. In beiden Urkunden wird, was 1) Et volo ut sit ipsum cxsenodoehium ill potcstato et iura saneti Ambrosii seu pontificis, qui pro tempore fuerit, et vola, ut regatur per archipresbitcrum sanctae Mediolanensis eeclesiae. 2) Quod si forte archiprcsbiter noluerit hujus merccdis fieri particeps et renuerit esse praepositus, volo ut pracfatus pontifex de ipso ordine presbiterorum seniorum, qualem meliorem praeviderit, ordinare dignetur, ut ipse hoc exsenodochium gubernet et perficiat universa, sicut supra statui per providentiam sacri pontificis. 3) Custodes enim pracdicti exsenodochii maiores sint diebus vitae suae, quos ego aut quem me vivente ordinavero, sub cum eautae solicitudinis pontificis sanctae Mediolancnsis ecclesiae, 4) Troya III N 351: quamdiu Cathaldus primerius aduixero, in mea sit potestate et post obiturn mei Cathaldus volumus, ut in perpetuum maneat in potestate de reverentissimis et vencr[abi]libus prcsbiteris et diaconis see Marie majoris canoniee Cremonensis cuius primerius sum Iicet indignus. 5) Troya III N 476 (729). 3"' Walther 36 Schönfeld, Beachtung verdient, ausdrücklich die Zustimmung des Bischofs vermerkt.'] Läßt sich diese potestas des Stifters, sofern er Geistlicher ist und nicht mehr als die potestas regendi et gubernandi beansprucht, ebenso wie das Ernennungsrecht der Erben im praktischen Ergebnis mit dem römischen Recht, wenigstens in der Justinianischen Überlieferung, noch einigermaßen in Einklang bringen, so gewinnt die Sache in anderen Urkunden ein höchst bedenkliches Ansehen. Im Jahre 7(32) stattet jemand eine von ihm aus eignem Vermögen gegründete und vom Bischof geweihte Kirche zu St. Marien in Lucca durch Verfügung von Todes wegen mit einem Xenodochium ans derart, daß nach seinem Tode einer Verwandten des Stifters an der gesamten Gründung die potestas zukomme regendi, gubernandi, usufructuandi et ordinationem de presbitero vel diaconum faciendi in ipsa ecclesia; erst nach deren Ableben soll der Bischof das Ernennungsrecht erhalten. Hier wird also die potestas einer Frau eingeräumt und zwar in Gestalt nicht nur von Verwaltungs-, sondern weit darüber hinaus auch von Nu.~zu.ngsrechten. Daß dies eine schwere Verletzung des römischkirchlichen Rechtes bedeutet, ist offenba.r''] und auch den Zeitgenossen gelegentlich zum Bew~ßtsein gekommen.s] Gleichwohl fügt es sich in dem vorhegenden~ besonderen der KirchenverfasF a11e noc 11· ID d en a IIgemeinen Rahmen ." e Xenodochium bleibt Stiftung, bleibj sung. Das b e t ro ff en . .. kId" une e aus ruck'. k·ITe}1ulCIle A ns t a It . WI'e die Grunduntosur · I bemerkt 0) 1 rf ihm sein Vermögen von memandem ent1IC 1 emer { o , ( a (1 1) Troya III N 351: de auetoritate beati~simi patris nostri Dcsiderii . C nensis N 476' una cum auctoritate et conscnsu germani CP1SCOJH .rerno '.. '. . ct domini mei Talespcnam cpiscopi. 2) 'I'r o ya V N 809; vgl. hierzu Stutz, Bellcfizialwesen S. 120 mit . Anm.45. 3) Vg!. zu der Frage der Nutzungsrcehtc Thomas, p. 16. Antiquitatcs V. p.417 (801): Ansuartu Arnifredi ... construxcrunt ecclesiam monasterii b. Salvatoris in monte Montione . . . . nullam potestatem hcredibus suis sibi rcservarunt, secundum statuta sanctorum canonum ... cum Romana lege devenit in potcstate ccclesiae nostrae s. Martini. ,) Troya V N 809. Et ut hec omnia qualiter superius lcgitur a me decretum vel offertum est omni tempore in eo ordine stabile debeat 4) l\1uratori, Die Xcnodochicn in Italien und Frankreich. 37 zogen werden, unterliegt seine Verwaltung cl er Aufsichtdes Bischofs.1) Von hier aus gesehen, erscheint der Inhaber der potestas gleichsam als ein Organ der von ihm in ihrem Bestande unabhängigen Stiftung, sein Fruchtziehungsrecht als Nießbrauch an fremdem Vermögen.s) Allein niemandem kann verborgen bleiben, daß dem Baume des kirchlichen Stiftungsrechts die Axt bereits an die Wurzel gelegt ist. Dürfen Gründer und Gründergenossen das Vermägen eines Xenodochiums erst einmal verwalten und gar nutzen, so ist es lediglich eine Frage der Zeit und der Macht, daß sie es, wenn Not an Mann kommt, seinem Zweck überhaupt entziehen, nachdem und soweit (las Aufsichtsrecht des Bischofs gebrochen ist. Und in der Tat ist das der Lauf der Dinge. Das Xenodochium ist ein gottgefälliges Werk, pro remedio anime ') errichtet, aller Erleichternngen, die es in dieser Hinsicht gibt, teilhaftig 4) und durch die Lobgesänge pennanere et neque ad me neque ad heredes vel consortes moos neque a nullo homine aliquando posse disrumpi. 1) Si quis de heredibus vel consortes mcos contra hanc eartulam . " causa re aut intentionare vel subtrahere prosumpserit in aliquo de omnia suprascripta res et homenis per quolibct ingenio aut contra episcopum civitatis istius, sit eis componiturus ipsa res aut persona homenis omnia in ipso loco in duplo meliorata, cum quid aut qualis in die ilia fuerit. 2) Quidquid a me iterum injudicatum remanserit, sit in potcstate suprascriptae ecclesiae et monasterio Sanctae Mariae ... in tali vero tenore, ut si Rattruda Dei AnciIla .... super dceessu moo vixerit, in eins sit potestate ipsa Dei eccI('sia et monastcrio Sanctac Mariao et omnia suprascriptas res, quos superins in poteetate de ipsa Dei Ecclesia deerevi, esse rogcndi, gubernandi, usufruetuandi . . . . 3) Codex I 3, 1. 41 § 17 und in allen Gründungsurkunden hervorgcboben samt und sonders. Ganz vereinzelt klingt einmal der sozial. politische Gedanke mit an, so in der Gründungsurkunde des l\Jailänder 'Vaisenhauses für Kinder ans Ehebruch, durch den Erzpriester Datheus errichtet Chart. III N 61 (787): tam pro mereede animae meae quam pro universorum civium salute. 4) Kein Launegild Liutprandi leges (726) 73. IV. M. G. Legum IV. p. 137: quia in loca sanctorum aut in exeneodoehio nee thinx nee launigild inpedirc devit, eo quod pro anirna factum est. - Kann auch auf dem Seuehebette und sogar von dem Unmündigen vorgenommen werden. Liutprandi leges (721) 10. I. M. G. Legum IV. p. 116: Et hoc statuimus Walther Schönfeld, der darin Versorgten 1) so manchem Gründer besonders wertvoll; aber eine gewinnbringende Vermögensanlage ist es keineswegs, selbst wenn es mit einem Bethaus oder Kloster verbunden ist. 2) Daher liegt die Versuchung, es bei Gelegenheit wieder eingehen zu lassen, besonders nahe, für den Stifter sowohl als namentlich für seine Rechtsnachfolger. Dies wird noch dadurch gefördert, daß es in aller Regel, wie die Gründungsurkunden lehren, ganz schlicht aus einem oder mehreren Wohnhäusern des Stifters besteht."), so daß seiner Rückverwandlung zu profanem Gebrauch so gut wie gar keine Schwierigkeiten im Wege stehen. Somit ist der Bischof sein einziger Bürge. Daher wird es ihm unterstellt, im römischen Recht von Gesetzes wegen, außerdem von manchem Stifter im besondern, wenigstens für die Zeit nach dem Tode; daher erklärt sich auf der andern Seite der Versuch, es ihm und seinen Gehilfen dauernd zu entziehen. Schon im Jahre 747 hält es Papst Zacharias, dessen Verdienste um die Erneuenmg altkirchlichen Rechts bekannt sind 4), für geboten 5), die Vorschrift des Konzils v~n Chalzedon (451)6), daß die Geistlichen in den Xenodochieu d~m Bischof unterstehen, wiederum einzuschärfen, und um dieselbe Zeit bestätigt ein Langobardenherzog einem Xenoatque definimus, ut si cuicumque ante ipsos decem et octo annos evenerit egritudo, et se viderit ad mortis periculum tendere, habeat licentiam de rebus suis pro animam suam in sanctis loeis, causa pietatis vcl in senedochio iudicare, quod voluerit. et quod iudicaverit pro animam suam, stabilem deveat pennanere. Praktisehes Beispiel Cod. dipl, Cavensis Ill. N 536 (1000). 1) Chart. III N 39 (769) ut cum ex ipsis muneribus eseam et potu m perciperint et Deo gratias retulerint, mihi pertingerint possit ad exultationem animole meae. Ebenso Toscano I N 21 (729), Troya In N 351 (686), V K 896 (768), Padovano I N 15 (874). 2) 'Vegen der großen Ausgaben. 3) Chart. III N 11 (745) Haus und Zehnten von anderm Vermögen. Ebenso K 270 (877). K 39 (769) Wohnhaus mit ganzem Vermögen. N 112 (830) Wohnhaus mit andern Häusern. 4) Stutz, Benefizialwesen S.218. 6) M. G. Ep. Ill. p. 479 N XVIII 3. 6) l\lansi, VII. p. 386 can. 8. Clerici in ptochiis et in monasteriis aut martyriis constituti, sub potestate sint ejus qui in ea est eivitate episcopus, secundum traditionem sanctorum patrum. Die Xenodochien in Italien und Frankreich. 39 dochium, daß es niemals der Botmäßigkeit des Bischofs unterworfen sein solle.t) In der gleichen Richtung liegt es, wenn so mancher Stifter das Schicksal seiner Gründung ganz frei bestimmt. So erfahren wir aus einem Rechtsstreit um .ein Xenodochium vom Jahre 762, daß es dem Erzbischof von Pisa nur dann untergeordnet sein solle, wenn er es nicht vernachlässige, andernfalls einer Privatperson mit Namen Rottrnda.2) Entsprechendes verfügt im Jahre 870 der Bischof von Bergamo: Das von ihm errichtete Xenodochium soll nach dem Tode bestimmter Nießbraucher in die Herrschaft des Ambrosiusklosters zu Mailand, unter gewissen Voraussetzungen aber yon diesem in die Herrschaft eines Klosters zu Nonantula kommen.P) In dem gleichen Stile verordnet ein Stifter in Salerno (868) seinem Xenodochium einen Kreislauf von den Erben über zwei Klöster wieder zu jenen zurück.t) Dies alles ist nur möglich, weil der Gründer sich die potestas zuschreibt; denn diese potestaa ist nichts anderes als die proprietas, das Eigentum, wie in den beiden zuletzt genannten Urkunden ganz offen ausgesprochen wird ..5) Nach römischem Recht untersteht das 1) Troya IV N 534 (742) et nullius epi.scoporum aliquando subiacebit ditioni, sed in suo permanebit libero arbitrio et sub privilegü roborea firmitate tenendus ad sac ram nostram audientiarn veniat. 2) Troya V N 791. 3) Chart. III N 246 (870). ') Cavensis I N 64 Et si heredes nostri hoc non adimpleverint, aut si inde aliquid subtraxerint, vel si.a parte palatii illorum fuerit contratum aut tultum, vola, ut veniat in potostate abbatis sancti Benedicti .... Et si abbas monasterii sancti Benedicti ea, que supra legitur, non adimpleverit et aliquid inde tollere aut minuere praesumpserit, vola enim, ut in ea ratione quomodo superins legitur, eveniat in potesta.te abbatis qui in die ilia fuerit monasterii saneti Vineentü . . .. Et si abbas ipsius monasterii hec non adimplevcrit ... tunc reverta.ntur in proprietate ad heredibus meis ad dominandum vel ordinandum sicut propria sua rebus, narn non ut et ipsi possit ex illa rebus per queneumque modo dare cuicumquc aut alicnare, nisi semper per ipsorum ordinationem ista mcrces se adimplcatur, ut fiat inde ospitium et elemosinam, sicut duduID lcgitur. 5) Chart. III N 246: Nam si pontifex Mcdiolancnsia et abbas ipsius monasterü eadem Gundelassium elerieum ca.noniee vivem permiserit ... tune scncdoehium ipsum cum omni integritate sua eo tcnpore, sicut supra Icgitur, in eodem monasterio sancti Ambrosii in subsidium fratrum moo nachorum ibidem Deo servcnciuru deveniat potestatem jure proprietario l 40 Walther Schönfeld. Xenodochium seinem zuständigen Bischof, nicht einer willkürlich vom Stifter ausgesuchten kirchlichen Anstalt, nach römischem Rech t greift der Erzbischof ein, wenn cler Bischof seine Pflich t verletzt 1), nichtdas freie Belieben des Gründers. Der Gegensatz der Auffassungen aber kann nicht deutlicher ausgedrückt werden, als wenn der Mailänder Erzpriester Datheus im Jahre 787 in seiner Gründungsurkunde die dortigen Erzbischöfe beschwört, sich seiner Stiftung getreulich anzunehmen, unter Verweisung auf das jüngste Gericht, wenn sie es unterließen.s) Hier die alte, dort die neue Rechtsanschauung. Ist aber dem Xenodochium mit der bedingten oder unbedingten Ausschaltung des Bischofs der Charakter als kirchlicher Anstalt genommen, so hat ihm in aller Regel auch als Stiftung das letzte Stündlein geschlagen, sofern sich nich t die öffentliche Gewalt, der König oder Herzog, seiner annimmt und es mit, ihrem Schutz umgibt.P) Denn nicht c1a,s mindeste hindert jetzt den ungetreuen Gründer und Grün_ dergenossen, die Stiftung auf Grund seiner potestas oder proprietas ihrem mildtätigen Zwecke zu entziehen, durch Veräußerung. Umwandlung oder Zerstörung.t) Dies scheint auch gar nicht selten vorgekommen zu sein, nicht nur im Bereich der lombardischen Urkunden, für den wir den Entwicklungsprozeß nachweisen konnten, sondern auch in den übrigen Teilen der Kirche. Papst Eugen klagt auf der n. eo tenore, sicut supra legitur. V~. auch Cavensis I N 64, oben S. 39 Anm.4. Ka r l Voigt, D3e königlichen Eigenklöster im Langobarden. reiche. 1009. S. 6, hat also die Sache ganz richtig gesehen. 1) Cod. I 3, 1. 45 § 6. 2) Chart. III N 61 (787): adiurans omnes pontificcs sanctae ccclesiac Mcdiolancnsls per insepcrabilcm Trinitatem advcntumquc aeterni regis, ut ha ne dispositloncm mcarn inconvulsam et sine allqua transmutatione conservcnt, et nullam superpositioncni exsenodochio Iaciant, nisi in quantum mea decrcvit voluntas, et si fcccrint, rctribuatur illis in judicio judicis sempiterni. 3) Ahistulfi Leges 17. VIII (i55) ~I. G. Legum IV. 202, Pippini Italiac regis capitulare cap. 3 ~I. G. Cap. 1. p. 192, Synodus Papiensia can. in (850) ::\1. G. Cap. p.116. Über Wesen und Vorteile des Königs. schutzes Brunner, Deutsche Rechtsgeschichte Bd, 1802. S. 48tI., vgl. auch Ludo ~I.lIartmann, Geschichte Italiens im )littelaltcr. Bd. IV 1. IOI.). S.50. 71. ~) VgI. hierzu Stutz, Bcncfizialwcscn S. 224,. r- n. n. Die Xcnodoch icn in Italien und Frankreich. . 41 römischen Synode von 8~f) ganz allgemein, daß .xlie pia loca wie andere Häuser durch die Nützlichkeit weltlicher :l\Ieuschen geschändet. erfunden" würden.') Dasselbe bestätigen die Beschlüsse der Synode von Pavia. (850)2) und einige Teilungs-P) -uud Veräußerungsurkundcn.s) So ist der Stiftungsgedanke als Rechtsbegriff mit dem römischen Kirchenrecht hochgekommen und, soweit dieses durchbrechen ist, mit ihmclahingegangen. Dieauf das Recht am Grund und Boden gestützte potestas des Stifters und seiner Genossen ha t sich gegen ihn erhoben, eine Art juristisches Erdbeben ihn verschlungen. Seitdem wird das Zweckvermögen der Xenodochien nicht mehr rechtlich, sondern nur tatsächlich, nur durch die gute Laune und Frömmigkeit der Eigentümer zusammengehalten. An die Stelle der ihrem kirchlichen Zweck unlöslich verbundenen Vermözenso einheit mit oder ohne Rechtspersön1ichkeit ist das reine. nackte Sondereigentum in der Hand des Stifters getreten.P) Die getreulich weitergeführten römisch-rechtlichen For1) ~I. G. Capv I. P: 3i5 can. ~4. Sunt quaedarn pia loca, ut fertur, in diversis regionibus invcnta, quae ita impia solitudine et sacerdotibus dcstituta., nulloquc debito ibidem resonant nee existunt officia, ut, cum si nt pro sola. Dei laude constituta, divino attestants oraculo: "domus mea doni us orat ionis est", nunc autem ut aliae domus utilitate secularium hominum sordidae inveniuntur. Z) ~1. G. Cap. 11. p. 116 can. 15: Quodsi heredes, sivo clerici sive seculares, adeo inportunc contra maierum suorum decreta ire ternptaverint, ut testatoris institutionem subprimcre vel obscuraro nitantur ct inter se sinodochii subst antiam dividere, nuntietur sacrat.issimo impcratori, ut eius auetoritute huiusmodi transgressorum nequitia colicrceatur, 3) Chart. III X HO (843) ut quandocumque gerrnani einsdem Liruinoni prcsbitero ad divisionem vcnisscnt, dc ipsis casis vel rcbus nullatcnus cxinde divisionem accepisscnt, set! ex integrum in ipso sancta scnedochia in pl'rpetuum permansi:;~cnt pro remedio anime ipsius Liminoni presbitero. ~) Char t. III ~ 5~ (i74) Prneceptum Caroli ~lagni regis Franeorum pro sancti :llartini monasterio Furocnsi: Insuper adiungimus ad pre· fatum locum sinodochiulll ilium inter Padum et Ticinum. Chart. I X ·iO (S05) PI'Opri urn . " monasterio traditlerunt cum insula. Teplcusc xcnadochium citm ecclesia in Paria. 5) Daß dic rechtliche Bindung des Ei;; enkirchenvermög<'ns zu pinem SondeITel'lllö"en Icdi"licb auf kirchlic hen, nicht auf germanischen r:echt:;"ätze~ beruht~ ergibt auch di c eindringcnde Untersucb ur.g von eh' ic h S tu tz Das Eigcnkirt::henvcrruügen, Festschrift für Otto Gicrkc zum iD. Geburtstag. Hlll S. 1187 II" besonders S. 1262. I 42 WaIt her Schönfeld. meln der Gründungsurkunden vermögen darüber nie h t hinwegzutäuschen. Ja so stark ist die Macht dieser sachenrechtlich betonten Ideen, daß sie allmählich sogar auf die Anstalten der Kirche selbst abfärben.'] Dies ist um so weniger auffällig, als die Kirche, wie wir gesehen haben, im Wege der Rechtsnachfolge häufig in clen Besitz Von Xenodochien neuen Stils gelangte.P) In dem allgemeinen Niedergang der Xenodochien aber, den man zu Beginn und während der Karolingerzeit beklagt '), spiegelt sich wider, was dieZerstörung einesRechtsgedankens in der Welt der Tatsachen bedeuten kann, wobei die Wirkung der kriegerischenEreignisse nicht im mindesten verkleinert werden soll. Diese Katastrophe hat sich, wie wir sehen, sehr rasch vollzogen, binnen weniger als hundert Jahren. Sie fällt in die Zeit, da die Germanen - in Italien die Langobarden - das Übergewicht in der katholischen Kirche erlangen. Sie kann auch ursächlich nur darauf zurückgeführt werden.") Die potestas des Gründers, die den römischen Stiftungsbegriff zerstört hat, ist nichts anderes der . Name sagt es schon 5) - als die Gewere des germanischen Sachenrech ts. In ihr ist die Fülle aller überhaupt denkbaren Herrschaftsrechte in ungebrochener Einheit beschlossen, da die auf äußerer Zweckmäßigkeit, nicht auf 1) :J1. G. Cap. 1. p. 37-1 ~ 180 e. 16: Ut episcopo de subieetis plebibus aliisque piis locis non.Iiccat res auferre, Kulli cpiscoporum liceat res immobiles de subiectis plebibus aliisque piis locis in proprio usu habere. ne maiores enormiter locuplctentur et minorcs tali facto paupcres invcniantur, Dazu S tu t z , Göttinglsclie Gelehrte Anzeigen 190J, S. 69. - )1. G. Cap. 1. p. 31G :N 157 c. I: Capitulate Olonnense (8:22-823): Si quis episcopus aut propinquitatis affectu aut muneris ambitione aut causa. amicit iae scnodocbia aut monastcria vel baptismales ecclcsias suao ccclesiae per· t.incntcs euilibet per enfithcuseos contractus elcderit se suosque successores poena. multaudos conscripscrit, potestatem talia mutandi recto rib us ccclesiarum absque poenac co nscriptac solutione conccdiuius - siehe auch die Urkunde: unten Seite 50 Anm. 15. - Vgl. zu dieser ganzen Frage S t u tz, Bencfizialwcsen S. 1:12. 21!). Piisehl, II S. 308f1. Z) Vgl. hierzu besonders ~eite :3!) Anm, [) und Stutz, Bcncfiz ialwcscn S. 3:3:':iI. 3) Vgl. oben s. 16 fI. t) Eo aucll Püsch I, r. S.3G. 5) nIa.n denke etwa an die potestas eles :\littc!sUlJ.llnc3 iu Lex SJ.lic:J. tit.46. Die Xcnodoch icn in Italien 43 und Frankreich. innerer Notwendigkeit beruhende und darum im einzelnen Falle stets willkürlich vor sich gehende Aufteilung in öffentlich- und privatrechtliche Befugnisse noch nicht begonnen hat.l) Ob dieser rücksichtslosen Durchsetzung der Gewere gegenüber dem römischen Kirchenrecht germanische Kultanschauungen aus heidnischer Zeit zugrunde liegen, wie die Eigenkirchentheorie von Ul r ich Stu tz vermutet"), ist bekanntlich bestritten 3) und hier nich t weiter zu erörtern. Wie dem auch sei, so viel ist sicher, daß dem naiven germanischen Rechtsbewußtsein bei seinem Eintritt in die Kultur des Katholizismus der Gedanke der Stiftung unbekannt war 1) und unverständlich blieb, ist er doch auch den Römern erst ganz allmählich aufgegangen und auch dann noch in der Praxis nich t immer festgehalten worden, wie die unberechtigten Verfügungen der Stifter über Stiftungsgut beweisen.") Der Germane konnte es aber erst recht nicht begreifen, was eigentlich kein 'Wunder ist, daß auf seinem Grund und Boden, aus seinem Vermögen, durch seinen Willen ein Gebilde entstehen sollte, über das er keine Macht mehr hätte. Er übernahm zwar mit der christ-' lichen Religion auch die kirchliche Kultur und förderte, schon urn seines Seelenheiles willen, ihre Einrichtungen, aber er verbrannte dabei nicht alles, was er bisher unzebetet hatte, und erst recht nicht betete er alles an, was die '"Kirche verbrannte, zumal dann nicht, wenn ihm das Verständnis dafür cbging.P) So richtete er wohl pro remedio anime auf seinem Grund und Boden ein Xenodochium ein, weil das kirchliche Sitte war, aber er verzichtete nicht darauf, es Gierke, Das deutsche Gcnosscnscbaftarccht Bd. n, 13i3. Stutz, Die Eigenkirche 1SG5. S. W. :) Vgl. darüber den zusammenfassenden Artikel von S t u t z , Eigenkirche und Eigenkloster in R. E. Bd, 23. 1913. S. 364fI., wo die gesamte bis IG12 erschienene Literatur zu finden ist. 3) Neuatona mit besonderer Energie von Do psc h, S. 223 ff. ') In Am ira s Grundriß des germanischcn Rechts sucht man dergleichen vergeblich. Vgl. auch Locning, H. S. 632 und namentlich Stutz, Bcneflzialwcscn S. 92 hinsichtlich der nordischen Eigentempel. &) von Zhis h m a n, S.8. 6) Vg!. hierzu An dr ea.s Heusler, Alt~crmanischo Religion in Hinnebergs, Kultur der Gegenwart. Teil 1. 3. Bd. 13• UH3. S.2;0. 1) Otto S. GO. Ulrich n. Wa.lther Schönfeld, wie jeden a ndem Teil seines Vermögens zu behandeln, es zu verwalten und zu nutzen und, wenn Not an Mann kam, zu veräußern oder umzuwandeln, Dies muß unbefangener Betrachtung so selbstverständlich erscheinen, daß eher das Gegenteil verwunderlich wäre '), und auch das kann nicht auffallen, daß die germanische Anschauung den römischen Stiftungsbegriff nicht mit einem Schlage, sondern erst a,11mählich zerstörte. Die Bekehrung zum Katholizismus bedeutet für die germanische Kultur eine Katastrophe. In solcher Lage pflegt der erste Ansturm ailes zu vernichten j freilich nur oberflächlich. Ist er vorüber, dann setzt sich die von ihm überwältigte Eigenart, wenn sie noch Lebenskraft hat, nach einer an Kämpfen reichen Übergangszeit um so schneller und gründlicher wieder in Geltung. So erklärt sich der große Erfolg des germanischen Gegenangriffs. Allein auch das Kirchenrecht seinerseits ist nur geschlagen, nicht besiegt. Gestärkt und gefördert durch die Arbeit des großen Kar! und seiner Söhne"), müht es sich, im neunten Jahrhundert, das Verlorene zurückzuerobern, soweit es die Verhältnisse gestatten. Die von den Germanen durch Gewalt und Rechtsbruch geschaffene tatsächliche Lage cler Dinge wird jetzt als Recht anerkannt, freilich nur deshalb, um sie von elen schlimmsten Auswüchsen und Mißbräuchen zu reinigen: Es verbleibt bei dem vollen Eigentum des Gründers und seiner Rechtsnachfolger, aber der durch den Germanismus gesprengte Rahmen der allgemeinen Kirchenverfassung wird wieder darum geschlossen und damit auch der Stiftungsbegriff wieder hergestellt. So bekanntlich Eugen n. auf der römischen Synode von 826. Was hier für Eigenkirchen und -Klöster bestimmt wird 3), hat auch für die Xenodochien Bedeutung, 1) Darin, daß Gelasius auf einen ausdrücklichen Verzicht aller Rechte dringt - S t u t z , Bcncfizialwescn S. 5D -, zeigt sich schon, daß das Gegenteil dem gemeinen Rechtsbewußtsein al~ das Nornmlc erscheint, Z) Darüber Stutz, Benefizialwcscn S. 216ff., 2:l5fI. 3) ;:\1. G. Cap. 1. 3.4 can. 21. Monastcrium vel oratorium canonice constructurn a dominio constructor is invito non aufcratur, Iiccatque ilii id prcsbitcro cui volucrit pro sacro officio illius diocceseos et bonae auctoritatis dimissoriae cum conscnsu cpiscopi ne malus existat, cornmcndare, ita ut ad placita et iuxta revcrcntiam ipsius episcopi oboedienter saccrdos rccurrat, r- Die Xcncdochicn in Italien und Frankreich. 45 nicht nur unmittelbar, da viele von diesen mit jenen verbunden sind, sondern auch mittelbar. Erst von hier aus nämlieh fällt das richtige Licht auf die Vorschriften der Synode, die sich mit den Xenodochia et alia pia loca im besonderen befassen.v) Danach sollen alle derartigen Anstalten von Geistlichen geleitet werden und dem Bischof unterstehen, entweder zu Verwaltungs- oder zu Aufsichtsrecht. Dies sieht sich so an wie das alte Recht der Novelle 120 cap. 6 § 12), allein der Schein trügt. Die Privatxenodochien Justinians, wenn cler Ausdruck erlaubt ist, sind wirtschaftlich und rechtlich ihrem Gründer gegenüber völlig unabhängig, mägen sie Rechtspersönlichkeit besitzen oder nicht, die Privatxenodochien Eugens 11. sind das keineswegs. Behält der Herr des Bethauses und Klosters sein volles Eigentum und damit vornehmlich sein Nutzungsrecht, so muß es dem Herrn des Xenodochiums erst recht zustehen, wie dies auch dem tatsächlichen Zustand der Dinge nach Ausweis der Urkunden 3) entspricht. Freilich gehört ewia seinem frommen Zweck. Es bleibt es o . im Vermözen 0 des Gründers, aber es ist wieder Stiftung geworden. Darum soll es dem Bischof unterworfen sein. In einem von Hinkmar verb ßten Schreiben der Synode von Chiersy-j an Ludwig den Deutschen, wie man die verfallenen Xenoclochien 1) )1. G. Cone. n, p. 5i6 X 46:!3 (S~6) De xenodochiis et aliis piis locis. Per sollicitudinem episcoporurn, quorum dioceseos existunt, ad easdem utilitates, quibus constituta sunt, ordinentur, ut debiti panes atque cure pertinentibus rc v ertantur, - )1. G. Cap. I. p. 3i5 e.24. De piis Iocis, quae sine presbytcris existunt. . . . .. Itaquc si proprio iure eclesiae sint subicctnc, episcopus ibidem sine intermissione presbiterum cum sufficiente suae utilitatis ope constituat, Et si sccularium hominum sunt iurc constituta, ab episcopo illius dioeeseos admoneantur ; et si admoniti presbiterum infra triuru mensium spatium ibidem ncglexerit constituerc , curam cxinde habcns cpiscopus absque neglcetu principi suggerat, quatenus eius e'mendetur sentcntia. 2) VgI. oben S. 29. 3) Chart. !II X IS:1 (833) post nostrorurn amborum dicessum volumus adque ordinamus, ut sit excnodochium, sicut superius dixirnus ... tunc post nostrum amborum dicessum ipsas gcrmanas nostras, dum una. ex ipsas vixerit, dicbus vite suorurn cam abcrc et ordinare adque usum fruere et regere dcbeant dicbus vite suorum. Ebenso Chart. III X 173 (S51), X 246 (S70), X 270 (877). . 4) )1. G. Cap. p. 427 X ~()7 10. n. Wa lther 4ü Schönfcld, wieder aufrichten könne, tritt dieser Zusammenhang zwischen Stiftung und Bischof deutlich in die Erscheinung. Freilich ist diese Säule mittlerweile selbst schwach geworden und gerade im Begriff, von einer andern Macht ersetzt zu werden. Schon im Jahre 790 hat Pippin für Italien kurzerhand erklärt.'}: De monasteria et senedochia qui per diversos comites (= comitatus) esse videntur, ut regales sint ; et quicumque eas habere voluerint, per beneficium damno nostro regis habeant. Damit hängt es zusammen, daß Eugen 11. 2) sowohl als namentlich die berühmte Synode von Pavia (850)3) den Bischof an den weltlichen Arm verweisen, falls der Eigentümer eines Xenodochiums sich widerspenstig zeigt. Darum lassen sich die Bischöfe mit ihren Kirchen, Klöstern und Xenodochien von den Kaisern und Königen in Schutz und Schirm nehmen 4), erbitten von ihnen nötigenfalls die Veranstaltung einer Inquisitio 5) nach ihnen entwendetem Kirchengut, und schließlich machen sie selbst gar kein Hehl daraus, daß nach Ansicht von vielen Gläubigen "die höchste Gewalt", insbesondere das sacrum palatium, der wirksamste Schutz der Klöster und Xenodochien sei, wobei freilich zutage tritt, daß dies mitunter ein Irrglaube ist.") Immerhin verdient hervorgehoben zu werden, daß die Synode von Pavia (850) 7), ebenso wie die 1) :11.G. Cap. 1. p. 201 X!l5 G. Dazu Y. Sc h ub er t , S. 611; vor allem Pösehl, I. S. 165 mit Anru. 2 und Theod. Sickei, Die Immunitä.ts. rechte nach den Urkunden der ersten Karolinger bis zum Jahre 84.0. Beitr. zur Dipl. V. 'Sitz.· Ber. der 'Yiener Akad. d. Wiss. Bd, 49. 1865. S. 311 e., bes, S. 315. 2) Oben Seite 45 Anm. 1. 1) Oben Seite 41 Anm. 2. 4) Z. B. die Bischöfe von Cremona, Repertorio diplomatico Cremo. nese I X 2 (ea, 8,)0), vgl. auch oben S.40. Anm. 3. S) SO z. B. der Bischof von Bergamo Chart. In x 164 (841-842) de rebus prefatae sed is inquisitio fiat per circummanentes et idonoos homines, qui degunt in illis Iocis, ubi ipsae res adjacent, nee non de rebus baptismaliurn ecclesiarum vel synodochiorum ejus, ne per malerum homirrum invasionern aut injustam refragationem arnittat, quod ei juste et legaliter habere competit. 6) ~I. G. Cap. II. p. 121 N 22816 Synodus Papiensis (850). ') ~1. G. Cap. H. 121 N 22813: Similiter et de synodochiis statuimus, ut, quaecumque in episcoporum sunt potestate, secundum dispcsitionem eorum, qui ea instituerunt, gubernentur; quae autem sub de. fensione quidem sunt ecclesiae, set iuxta institutorum decreta per heredes r- Die Xenodochien in Italien und Frankreich. 47 frühere Zeit+), zwei Arten von Xenodochien kennt, die einen in potesta.te episcoporum, die andern sub defensione ecclesine, und zwar nicht nur als frcmmen Wunsch, sondern als wirklichen Tatbestand.P) Dies wird man, wie immer das Verhäl tnis von defensio und potestas, von Munt und Eigentum, sonst sein mag"), als einen Beweis dafür ansehen dürfen, daß es damals noch Xenodoehien, von Privaten errichtet, mit eigner Rechtspersönlichkeit gab. Sonst hätte der Gegensatz ja gar keinen Sinn. Indem aber überhaupt Xenodochien Privater unter dem Bischof erwähnt werden, enthüllt sich uns des weiteren, daß das alte Recht nicht völlig erdrückt sein konnte"), mag dies auf die Bestrebungen Eugens H, vel pertincntes, qui religiosam vitam duxerint, rcgi debent, procuret episcopus, ut ab eis non neglegantur; et si in aliquo malae tractationis obnoxii reperiuntur, ecclesiasticae subiaceant disciplinae. 1) In den Leges Ahistulfi li VIII (i55):\1. G. Legum IV. p. 202 heißt es: Xunc aut em statuimus, ut monasteria, baselica vel exenodochia que ad palatii defensione esse videntur, si compositionem exegere debuerint, non exegant sicut de causa regia dublum, nisi sicut alia venerabilia loco. e:xegunt, que ad palatio non perteneunt. Dies setzt sinnvollerweise voraus, daß es daneben noch Xenodochia in potestato palatii gab, bei denen doppelte Buße fällig war. Ygl. hierzu Br u n ner , S. 5-! Anm. 31 und namentlich Voigt, S. 92ff. -. Siehe auch :\1. G. Cap.T, P: Hl2 Pippini Italiae regis capitula re (iS2 -i86) cap. 3: Monasterie, virorum et puellarum, tam que in mundio palatii esse noscuntur vel etiam in mundia episcopales seu et de reliquis hominibus esse inveniuntur, distringat unusquisque in cuius mundio sunt, ut regulariter vivant ; simul et senodochia, euiuslibet sint, fratres in omnibus pascantur iuxta illorum possibilitatem. 2) Vg!. auch S t u tz, Benefizialwesen S. 122 mit Anm, 52. 3) Vg!. hierzu Siekei, Immunitäten und Privilegien. Beitr, z. Dipl. Ill. Wiener Sitz.-Ber. Bd.4i. 1864. S. 39. 6i. 69. 9}' Stutz, Bcnefizialwesen S. 1:!6 Anm. iO, lind Voigt, S.40. 72.79. Neuerdings besonders Ado If \Va 3. s, Vogtei und Bedc in der deutschen Kaiserzeit 1. l!)l9. S.22. 25. 53. Dazu die Besprechung von Hans PI a n i t z in Z. Sav. Germ. Bd.41. 1920. S. 427 ff. Die Frage bedarf noch der Klärung: ') Ein gewisser Stabilis bat ein Xenodochium errichtet und ausgestattet, seine Tochter verspricht dem Bischof von Bergamo, diese sowie andere Gaben zu achten. Chart. III ~ 112 (830). - Der Erzbischof Andreas von :\Iailand trilIt im Jahre 903 sebr eingehende Verfügungen über das von ihm testamentarisch errichtete Xenodochium, aber die Unterstellung unter den Bischof erscheint ihm offenbar als selbstverständlich, wenn er am Schluß sagt: et si quod fieri non credo nee Deus permitat, si umqllam in tempore ulla \'enerit persona vel potestas aut pontifex huius sancte mediolanensis ecclesie qui hane mcam statutam iudicati et hordinationis n. 48 Walther Schönfeld. zurücksehen oder nicht. Davon abgesehen freilich werden o wir diesen Rcformversl!chcn keine große praktische Bedentune beimessen dürfen. Infolge der unaufhörlichen äußeren '" und inneren Kriege und Wirren, die das Ende der Karolingerzeit hüben wie drüben der Alpen ausfüllen, beginnt sich schon jetzt. die tiefe Nacht herabzusenken, die dann im folgenden Jahrhundert das gesamte kirchliche und kulturelle Leben des Abendlandes in vollkommenes, fast undurchdringliches Dunkel hüllt.") Auch die Schärfe des auf der Synode von Pavia, bezeugten Dualismus werden wir uns in der Wirklichkeit des Rechtslebens nicht so groß vorstellen dürfen, wie sie den Begriffen nach erscheint. Schon aus verwaltungstechnischen Gründen mußte den Eigenxenodochien wenigstens der Großen, der Könige, Herzöge, Grafen und Klöster") eine gewisse Unabhängigkeit und Selbständigkeit eingeräumt sein, zum mindesten gegenüber Dritten. Wie sie sich aber ihrenHerren gegenüber verhielten, worüber wir leider so gut 'wie nichts erfahren 3), das wird sehr von den Umständen des einzelnen Falls abgehangen haben und noch nicht dadurch restlos entschieden, daß sie gelegentlich veräußert wurden.t) In einer Zeit, die den Gegensatz von Rechtssubjekt und Rechtsobjekt bei den Menschen durch zahlreiche Übergangsstufen milderte, wie das Recht der Halbfreien aller Art zeigt 5), die gerade erst dabei war, die alte Vorstellung von der Vcriiußerliehkeit muntunterworfener Personen zu überwinden, wie das Verlöbnis- und Elterecht lehrt6), dürfen diese Fragen überhaupt nicht so scharf zugespitzt werden wie heutzutage."] Nicht inrumperc quaesierint, et in ea omnia, qualiter superius legitur et mea. dccrcvi voluntas, firnnun et stabilem pcrmanere non premiscrit, CUIll Juda. traditore sit condcmpnatus in perpetuum. Chart. III ~ 402. na. 1) Ernst Sa c k u r, Die Cluniaccnscr 1. ISD2. S. oarr., Pöschl, 1!)12. S. 3fT.; v, Schubert, S. 407. ~) Zumal wenn sie mehrere haben. Chart. III X 173 (8.31), X 21.3 (86.3). 3) Dazu Vo ig t , S.80. I·H. 4) Obcn S. 41 Anm.4. 5) Hühner, S.81fT. 6) Hübner, S. ;321. j·H. ') Dies gegen Aridr ca Galante, La condiziono giuridica delle cose sacre 1!)03. p.l06, 132$s., 146; Il diritto di Patronato cd i Docu monti longobardi. Studi in ... onere d i Vittorio Sciu loja !!)05 p. 4!J6, der den Persönliclikcitscharakter, und gegen Vo ig t, S. H. 63. 70, der den Eigen. tumscharaktcr zu stark betont. Ill. Die Xenodochien in Italien 49 und Frankreich. Person oder Sache, sondern Bindung oder Freiheit, das ist die Schicksalsfrage für das Vermögen der Xenodochien, mit einem Wort, auf den Stiftungsgedanken kommt es an. 'Wird er mißachtet, dann ist es urn sie geschehen, wird er hochgehalten, dann ist den Herrschaftsrechten des Gründers und seiner Rechtsnachfolger die Schlinge um den Hals gelegt, dann ist es nur eine Frage der Zeit lind der Macht, daß die Stiftung den Stifter überwältigt und zur vollen Freiheit einer selbständigen Rechtspersönlichkeit aufsteigt, wie dies nach langer Nachtl) in der folgenden Periode, dem hohen Mittelalter, als das Hospitalwesen zu neuer, alles Vorhergehende weit in den Schatten stellender Blüte gelangte2), unbestrittenermaßen geschehen ist.3) . § 4. 2. Verfassung und Verwaltung. Die Ordnung in den Xenodochisn, die von der Kirche oder einem Kloster gegründet sind, wird durch deren allgemeine Verfassung bestimmt. Demgemäß unterstehen sie zu oberst dem Bischof und dem Abt sowie deren Organen, dem Oeconomus oder Archipresbyter+j auf der einen, dem Cellerarius 5) oder der Celleraria 6) auf der andern Seite. l) lJlrich Stutz, Kirchenrecht in Holtzendorff-Kohlers En. zyklcpüdie der Rechtswissenschaft 7, Bd. V. 1914. S. 339. 2) Aloys Schulte, Geschichte des mittelalterlichen Handels und Verkehrs 1. 1900. S. soe., Scheffel, n. S_ 26ff.; Heinrich Schäfer, Die Kanonissenstifter im Deutseben )Iittelalter. lD07. Kirchenrechtliche Abhandlungen hrsg. von Ulrich Stutz, Heft43/4-1. S. 252ff.; Hermann No t t.a r p , Die Vermögensyerwaltung des münsterischen Domkapitels im Mittelalter. ~Iiinstercr phil, Diss. 1909. S. 11; Ar no Id Pösehl, Steirische Kirebenhospize im )Iittclalter. Zeitschrift des hist. Vereins für Steiermark. Lusebin-Festscbrift. 1922. S. 46-50. J) Heusler, Institutionen I. S. 325. Otto Gierke, Genossenschaftsrecht II S. 546 IT. 965, woselbst mit Recht hervorgehoben wird, daß der Unterschied zwischen selbständiger und unselbständiger Stiftung gering blieb, Ill. IS81. S. Ü9 Cf. ~) ~I. G. Ep. II. p. 420 X XIV 2 (603). :i) Paulus Diaconus ad cap. 31. p_ :H3: Debet enim illi Abba. constituere isto modo verbi gratia: sub cum tua sunt infantcs, hospites, infirmi, paupercs, scrvi et iam qui ad usum orti vel coquinac sunt depuZcibchrift Ciir Rcchtsccschlchto. XLIII. Kan, Abt. X:I. 4 Waltber 50 Schönfeld , Unter deren Aufsicht.') wird die unmittelbare Verwaltung geführt von dem amministrator+), custos P), guberna tor '), minister 5), praepositus"), rector 7) xenodoch ii, dem xenodochus"), bei den kirchlichen von einem Kleriker, presbyter"}, diaconus-'') oder subdiaconus+'}, bei den klösterlichen von einem Bruder unter dem Namen hospitalarius-P) oder elemosynarius P), für jedes Hospiz, das der Vornehmen und das der Armen, von einem besonderen.P) Dieser Xcnodochus - im Abendland übrigens eine sehr seltene Bezeichnung - erhält in Italien eine Besta llungsurkundc.P) Nach den beiden tati . . . Deinde debet iIIi constituere curarn hospitum, isto modo vcrb i gratia: si venerint episcopi, abbatos aut comites, tali modo iIIis scrvire stude, si autcm vencrint clerici eanonici, ta li modo servitium exhibe; si secrete venerint monachi, tali tenore ilIOB rccolligc. similitel si pauperes, sub taii ordine .. Et postremo debet illi dicere: si in his tibi dubietas venerit., me interroga. Zu Scitc49· 6) Ho ls t c n iu s, I. p. 300. Regula cuiusdam patris cap. 4. 1) Paulus Diaeonus ad cap. 31. p. 315: Sed hoc intuendum cst, quia cum dicit "hospitum", quod mos crat apud ant iquos, ut cellararius curam haberot hospitum: sed nunc propter multitudinem hospitum, qui pene omni hora ad monasterturn vcniunt, ideo alii constituti sunt ad suscipiendos hospites. 2) ~I. G. Ep. p. X IX 66 a (50S). ~) Toscano I ~ 14 (720). 4) Mern. di Lucca V 2 X 643 (847). ;;) M. G. Ep. Ir. p. 86 N IX 66" (598). 6) Ahistulfi Leges 16 VII (i5;;). :\1. G. Legum IV. p. 201. 7) :\1. G. Cap. Ir. p. 427 X 2!Ji 10 (858). 8) ~1. G. Ep. I..p. 258 N IV 24 (504). 9) :\1. G. Ep. p. 382 N XIII 14 (602). 10) Libel' pontificalis I. p. 440 (7;32). 11) ~I. G. Ep. S6 N IX (50S). 12) Paulus Diaconus ad cap. 53 p. 420. 13) Const. Hirsallg. cap. 52. :\Iigne, Patrol. lat. 150 co!. 1114. 11) Paulus Diaconlls ad cap. 53 p. 410: et alium fratrem debet constituere ad paupcres, alium autcm debct constituere propter honoratos hospites. 15) .llelllorie di Luecn. V.2. X 643 (84i): Ideo considcravi una cum COll8ensum sacerdotum meorum de Ecc!. S. Columbani, quod est Sino. dochio, sita propre murus istius civitatis Lucensc, pertincns Eccl. Epis. nostro S. :\Iartini, ut magis ac magis in Dei omnipotcntis Iaudibus proficiat. rroptercn. te Alipcrtulll prcsbitrrum nostrum filio quondam Aliprandi in prcfatam Dei Ecclcsiam S. Columbani, ct in olllnibus casis et rebus ejus ubicunque ad eam pertincnti!Jus, rectorcm et gubcrnatorcm esse n. se n. n. r- oc- Die Xcnodochicn in Italien und Frankreich. 51 Formularcn im Libel' diurnus 1) wird ihm sein Amt auf Lebenszcit übertragen. Von Zeit zu Zeit muß er seinem Oberen Rechenschaft lcgen.s) Die Verwaltung umfaßt die Geschäftsführung im Innern und, soweit es in Betracht kommt, die Vertretung nach außen bei Rechtsgeschäften 3) und Rechtsstreitigkeiton.s) DemXenodochus unterstehen die höheren und niederen Bediensteten der Anstalt, wenn solche, was von deren Größe abhängt, vorhanden sind, etwaige andere Geistliche 5), "4~rzte" 6), Pfleger und Pflegerinnen.") Die Zahl dieser Hilfskräfte für den Fall, daß "viele Gäste" kommen, gibt Paulus Diaconus") auf zwei bis drei an. Nach constituo. Sic tarnen omnibus diebus vitc tue eas abendi regcndi ac usu. fructuandi, officium Dei et luminaria pcr te aut per tuarn dispositionem die noctuque in eadem Eccl. recto moderamine faciendi et semper tres diebus per singulas ebdomadas ibidem duodecim pauperes pascere debeas, sicut statuta institutionem anteecssorum mcorum preordinatam est, lUOS dill. gentissime ad implcndum ad susccptionem et refectionem pauperum, pro salutem ct redcmptioncm animarum predietorum Dominorum no. strorurn. 1) X GQ. Gi. ") )f. G. Ep. 1. p. 238 X IV 2·1 um4). )l. O. Cone. 1. r- 105 Concilium Aurcliuncnse (54!)) can, 15. 3) Chart. In N 453 (!H3) Tausch; vor allcm Aliistulfi Legcs Iß.Yfl, :J[. G. Legum 1\'. p, 20I. 4) Oben S. 25 Anm. 4. Insbesondere Ahistulfi Leges HI. X. :J1. G. Legum IV. p. 202. 5) Chart. III X 707 (OSO) Leo diaconus cardinalis sancte :Jlarie maioris de Cremona, rector diaconio sancte "{arie in Bethel regionis quintc suprascripta civitato Crernona, tibi .Ambrosio presbitero per anc cartularn ad tuas prcces facta committimus, providemus et perdonamus, quat inns in oraculum sito xenodochio sancte lIIarie in Bethel, ubi rector ordinatus esse vidcmur, pro quot tempera michi bene paruit, debeas omni die et noctibus residcre pro bona custodia, offitio et luminaribus in prodicto oraculo , ibique, permittente eplscopo, valeas Iibere ae liceat diebus dominicis cclebrare missam, set ianuis eIusis, ne populus a. missarum soIemniis in domo Domini a. predicationc abstrahatur; aliis diebus, per· mittente episcopo, tibi perdonau1Us ut ianuis apertis vaIeas missa.m celebrare. 6) Erwähnt in)1. G. Script. r. M. Ill. p.464 (Cäsarius von ArlC3); V. p. 235; Liber diurnus form. 66; )1. G. Script. p. 530 (Vita .Adalliardi). Dazu Haeser, S.40. 1) Z. B. Ammen für die Säuglinge Chart. In N 61 (787). 8) Ad cap. 53. p: 420. n. .p Walther 52 Schönfeld, der Regula Magistr i-) sollen immer zwei Brüder anwesend sein, schon aus Mißtrauen gegen die Besucher, "damit sie nicht statt als geistliche Gastfreunde zum Schaden plötzlich als Diebe erfunden werden". Außerdem müssen alle, die in das Noviziat aufgenommen werden wollen, vorher eine gewisse Zeit in der cella hospitum Dienst tun, damit sie sich in der Demut üben.s) Die Verfassung der von Privaten gegründeten Xeno , dochien richtet sich nach der Stiftungsurkunde, dem ordo dispositionis ") oder institutionis s), auch dann, wenn sie durch Rechtsnachfolge in geistliche Hand gelangt sind.P) Dagegen scheint man sehr häufig verstoßen zu haben, wie die ständige Erneuerung dieses Satzes durch Konzilien und Kapitularien lehrt. Der Stifter bestimmt, ob seine Anstalt mit einem Oratorium oder Monasterium verbunden sein soll oder nicht, er verordnet, welche Organe sie hat, er setzt den praepositus, custos oder rector ein 6) nach Maßgabe der allgemeinen Rechtslage, wie das im vorigen Abschnitt ausführlich geschildert worden ist. Er befindet endlich darüber, 1) Holstenius, I. p. 2j'i cap. iD. Die Sittlichkeit der Pilger und Pilgerinnen ließ z. T. überhaupt sehr zu wünschen übrig, vgl, das böse Urteil des Bonifacius gegenüber dem Erzbischof von Canterbury. ~r. G. Ep. Ill. p. 354 N VI 78 (H7). 2) Regula Benedieti cap. 58, Butler, p. 90: "paucis diebus"; Reg. Isidori episeopi cnp.4, Holstenius, P: IS9: drei "Ionate. Rcg, S. Fruc. tuosi cap. 21, Ho ls t.e n ius , p. 20G: ein Jahr. 3) Chart. III X -01 (iSi). ') :1\1.G. Cone. 1. p. 105 Cone. Aurel. can. 1;> (549); M. G.COllC. IT. p. 591 N 48 7 (SlO-S2!)) Cone. in Francia halritum: Qualiter senedoch iorum ordo servctur, promulgata ab auctoribus corum testamenta fatentur. --M. G. Cap. I. p. 328X 104 -I Capitulare Olonnense ecclesiasticum (825): De senodochiis precipimus, ut secundum posaibilitatcm vel tcmporis fertilitatem testamentorum scripta scquantur. Ebenso :\1. G. Cap. I. p.332. 369 N lOG 3 (825), N G (821). . 5) Oben S. 42. 6) Toseuno I. J..!, (720), Chart. III N 246 (870), X 402 (903), durch cartola Toseuno Il 1 N 2U (789) et dum ipsa ecclesia agcntibus incensa et desolata fuisset, tum ipse Sichcradus cleric us per cartulam me, qui supra, Jacopum Diaconum in prcdicta Dei Ecclesia Sancti Vitulis et in omnibus rebus ad cam pertincntibus rectorcm et 'gubcrnatorem ordinavit, quamvis ipsa inccnsa esset Basilica, ita ut in mea esset potestatem in omnibus secundum Deum ordinandum et ipsos paupcrcs pascendum. no Die Xcnodoch ien in Italien und Frankreich. 53 welche Art und Zahl von Gästen Aufnahme finden, welche Werke der Barmherzigkeit an ihnen verrichtet werden.v) Dies alles in seiner bunten Mannigfaltigkeit. und zufälligen Besonderheit darzustellen, ist hier nich t der Ort. Regelmäßig werden zwölf hospites nach dem Vorbild der Apostel verpflegt"), wenn sie krank sind, bis zur Genesung"), sonst üblicherweise nur auf kurze Zeit, meistens drei Tage in der Woche,") Zum Danke sollen sie den Ruhm des Stifters verkünden 5) und ihm dadurch im Verein mit den Messen lind Gebeten des geistlichen Verwalters 6) in der ewigen Heimat eine 'Yohnnng bereiten helfen. Ill. \ Das ist die Geschichte der Xenodochien in Italien und Frankreich im frühen Mittelalter; für den Rechtshistoriker, der hier das '"Vort geführt hat, ein Schauspiel von ganz außergewöhnlicher Schönheit des Rhythmus. An den Xenodochien hat sich im römischen Recht der Gedanke der Stiftung zur Höhe einer selbständigen Rechtspersönlichkeit entwickelt, mit ihnen hat. er den Sturz des Reiches im Abendland überdauert. Dann ist er in der germanischen Zeit zersetzt und zerstört worden, bis er in sein Gegenteil umschlug, die Xenodocliien a us Subjekten in reine Objekte des Rechts verwandelnd, und schließlich haben sich gegen Ende unserer Epoche diese beiden Entwicklungsreihen in einer höheren Einheit wiedergefunden als Grundlage für neue Bildungen in dem dara uffolgenden Zeitalter. Allein ihre Geschichte 1) Dabei spielen Bäder eine große Rolle; vgl, etwa Troya III N 425 (i20), Chart. III X 402 (003), Toscano II 1 X 20 (780) in der Karwoche besonders ; namentlich aber Speisungen, wie fa.st jede Stiftungs. urkunde lehrt. 2) Dafür als einziges charakteristisches Beispiel Formula Marculfl 11 1. :U. G. Formulae p. 70. 3) Pa r dcs s us , II :N 438 (6\l6) ut scmper eint numero duodecim egrotantium, cum unus invaluerit de infirmitate et rccedit, alter egrotus in ejus introeat locum. C) Troya V N SOO (764) ad mensam duodecim pauperes et perigrini brs dies ... lit in' alia Senodochia pauperes ad mensam pasccre videtur. $) Oben S. 38 Anm. 1. ') Toseano 114 (720), Troys. V N 896 (j68), Chart. III ~ 402 (003). 54 WaltberScbönfcld, DieXenodocbicn in Italien und Frankreich, vollendet sich nicht in der Dialektik ihres Rechtsbegriffs. Auch bei ihnen war zu sehen, daß sie mit der allgemeinen politischen und wirtschaftlichen Kultur standen und fielen im Widerschein realer Machtvorgänge. Freilich auch so nicht ist ihr \Vesen ausgeschöpft. Wie die Menschen nicht vom Brot allein, also leben auch die Xenodochien nicht nur von Recht und Wirtschaft. In den schlichten, schönen Versen, mit denen der Bischof Theod ulf von Orleans, ein Germane und Freund des ersten germanischen Kaisers der Christenheit, sein Xenodochium in Orleans gefeiert hat 1), wird offenbar, welcher Geist sie trug, was sie, wiewohl ein bescheidener Anfan g s), der leidenden und pilgernden Menschheit ihrer Zeit für Leib und Seele bedeutet haben. Darum haben sie, selber ein Fremdling, den \Veg zum Herzen der abendländischen Völker so schnell gefunden und diese ihre neue Heimat durch alle Stürme behauptet, bis auf den heutigen Tag. Freilich cler griechische Name ist ihnen im Laufe cler Zeit 3) abhanden gekommen; nur wie eine ferne, dunkle Sage klingt er im Codex iuris canonic! von 10174) ans Ohr der Gegenwart. 1) Theodulfi Carmina X 5!l. ~I. G. Poetae Lat. med, aevi 1. p.554. - Andere Gedichte über Xenodochien Alcuini Car mina N !l!) 10, N 1003, )1. G. Poctae Lat. I. p. 324, 328 Carmina Centulensia N so. 88. 11n. 136. M. G. Poetae Lat. Ill. p. 320. 32!l. 344. :l4!l. 2) Ebenso v. Sc h ub e r t , S. GGi. 3) Das Corpus. iuris canonici, e. 39 C XVI q. 1, kennt ihn noch, ebenso das Urkundentum dieser Zeit: Cod. dipl. Ra tisbon, I X 206 (1133), t; B. Straßburg I. N!H (ll44), :\rittclrhein.U. B. I X 1340(1163), Cart. general de Paris I N 5G5 (1179), V. B. Zürich I X 351 (1191). 4) Can. 1192.