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Sandra Hupfauf / Silvia MARIA Erber
Liedgeschichten
Schriften zur musikalischen Ethnologie, Band 2
herausgegeben von Thomas Nußbaumer
im Auftrag der
Abteilung für Musikwissenschaft
der Universität Mozarteum Salzburg
Sandra Hupfauf / Silvia Maria Erber
Liedgeschichten
Musik und Lied in Tiroler Politik und Gesellschaft
1796–1848
herausgegeben von
Thomas Nußbaumer und Brigitte Mazohl
Universitätsverlag Wagner
Bibliographische Information der Deutschen Bibliothek
Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie;
detaillierte bibliographische Angaben sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.
ISBN 978-3-7030-0804-7
Die Drucklegung wurde ermöglicht durch:
Österreichischer Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (FWF)
Institut für Volkskultur und Kulturentwicklung (ivk), Innsbruck
Umschlagabbildungen:
Oben: Deckblatt der undatierten Notenausgabe von John Barnetts The Tyrolese Woodman’s Song (Johns
Hopkins University, Baltimore, Levy Sheet Music Collection, Box 117, Item 091).
Unten: Auszug aus dem Lied Empfindungen der Tyroler beym ersten Anblick ihres Königs und Seiner durchlauchtigsten Familie (1807; Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck, Historische Sammlungen,
Flugschriften).
Umschlagentwurf: Dominika Nordholm
Satz: Karin Berner
Notensatz: Cornelia Mayr
Copyright © 2013 Universitätsverlag Wagner, Erlerstraße 10, A-6020 Innsbruck
Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Über­
setzung, des Nachdruckes, der Entnahme von Abbildungen, der Funksendung, der Wiedergabe auf photomechanischem oder ähnlichem Wege und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei
nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten.
Inhaltsverzeichnis
Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7
Kapitel 1: „Den Stutzen hear, beym Soggara“.
A Lied im Franzosen-Rummel 1796
(Silvia Maria Erber) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27
Kapitel 2: „Auf dich vielköpfig’s Ungeheu’r: du trotzender Franzos!“.
Neues Lied der Sterzinger Scharfschützen
(Silvia Maria Erber) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51
Kapitel 3: „Ich weiß, daß ihr Tyroler seyd! Und unbesiegt geblieben!“.
Volkslied den tapfern Tyroler-Schützen
(Silvia Maria Erber) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61
Kapitel 4: „Laß du das Mädel Mädel seyn! Liebt sie nicht ewig dich allein“.
Politische Gelegenheitslieder – Kontrafakturen und
kunstmusikalische Auftragswerke im Dienste der Obrigkeit
(Sandra Hupfauf ) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73
Kapitel 5: „Es hot sie einår plangt, Mår hobens nit verlangt“.
Das Spingeser Schlachtlied
(Sandra Hupfauf ) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95
Kapitel 6: „Kron’ und Scepter glänzen wenig neben Dir, Maxmilian!“.
Empfindungen der Tyroler beym ersten Anblick ihres Königs
und Seiner durchlauchtigsten Familie
(Silvia Maria Erber) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119
Kapitel 7: „Vor Mittewald mach’n mier a Wand und halten alle zsammen“.
Volkslied in Tyrol über die Regierung Bayerns
(Silvia Maria Erber) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137
Kapitel 8: „Zum Vivat soll leben der Kommandant von Sand“.
Das Passeirer Landsturmlied
(Silvia Maria Erber) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153
Kapitel 9: „Und die Baurn haben sich gwehrt, dem Bayr-König zum Trutz“.
Lied über die Vorfälle im August im Ober-Innthale
(Silvia Maria Erber) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177
Kapitel 10: „Was doch der Arme leiden muss für Leute, die nichts tun“.
Die liebe Feyerstunde schlägt
(Sandra Hupfauf ) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197
6
Inhaltsverzeichnis
Kapitel 11: „Often hab’n wir herzlich g’flent,
daß man uns von Oestreich trennt“.
Wann i in der Früh aufsteh
(Sandra Hupfauf ) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211
Kapitel 12: „Er hat als vagöß’n, er liebt das Tyrol,
und mier lieb’n von Herz’n unsern Voda“.
Tyrola-Liedl 1810
(Silvia Maria Erber) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229
Kapitel 13: „Das Blut aus meiner Wunde fließt strömenweis hindann“.
Politische Inhalte in Tiroler Kunstliedern und
volkstümlichen Biedermeierliedern
(Sandra Hupfauf ) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245
Kapitel 14: „Und es reicht die threie Hand gern die Jungfrau einen Siger“.
Das Freyheits-Lied
(Sandra Hupfauf ) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 273
Kapitel 15: „Doch der Kaiser war b’zwungen und mir durften halt nichts sag’n“.
Anno neun bin i g’standen
(Sandra Hupfauf ) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 291
Kapitel 16: „Sie führen mich aus dem Land mit größtem Spott und Schand’“.
Ach Himmel, es ist verspielt
(Silvia Maria Erber) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 307
Kapitel 17: „Mit dem verrathnen deutschen Reich!“.
Das Andreas Hofer-Lied („Zu Mantua in Banden“)
(Sandra Hupfauf ) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 325
Liedindex
a)Lieder, deren Melodien überliefert sind (Nr. 1–69) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 347
b)Lieder, deren Melodien nicht überliefert
bzw. nicht auffindbar sind (Nr. 70–141) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 354
c) (Lied-)Texte, die möglicherweise musikalisch
realisiert wurden (Nr. 142–172) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 360
Literatur und Quellen
a) Schriften (mit Ausnahme der Lieder- und Lyriksammlungen) . . . . . . . . . . . . . 363
b)Lieder- und Lyriksammlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 380
c)Tonträger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 382
Einleitung
Sandra Hupfauf / Silvia Maria Erber
Die vorliegende Publikation bildet den Abschluss eines interdisziplinären Forschungsprojekts zum Thema Musik und Lied in Gesellschaft und Politik Tirols 1796–1848.1 Das
Forschungsinteresse galt Liedern, die folgende Komponenten sozusagen als „kleinsten
gemeinsamen Nenner“ aufweisen: a) Sie wurden zwischen den Jahren 1796 und 1848
gedichtet und komponiert und b) sie stehen in einem deutlichen Kontext der politischen
Ereignisse und gesellschaftlichen Gegebenheiten dieser Jahre. Die politische Aussagekraft der Lieder ist entweder schon im Inhalt oder aber aus den Umständen ihrer Produktion, Rezeption und/oder ihrer Aufführung ersichtlich; c) sie wurden gesungen oder
es ist anzunehmen, dass ursprünglich ihr Zweck darin lag, dass sie gesungen wurden.
Was mit Absicht von Anfang an nicht im Fokus der Forschungen stand, waren musikdramatische, rein kunstmusikalische sowie rein lyrische Werke, wie etwa Singspiele,
Opern, Theaterstücke und Gedichte. Gesucht und gefunden wurden etwa 300 Lieder
und lyrische Texte in einer Reihe ganz unterschiedlicher Quellenarten: auf Flugblättern
gedruckt, in Tage­büchern, Reiseberichten und Autobiografien (Egodokumenten), in
handschriftlichen und gedruckten Liederbüchern und Liedersammlungen und später in
käuflich erwerbbaren Musikdrucken. Nicht zuletzt eröffneten die um 1900 akquirierten
Sammlungen der Volksliedarchive in Freiburg i. Br. sowie in Innsbruck Einblick in bis
dato nur mündlich tradierte Lieder.
In der vorliegenden Publikation werden die Ergebnisse einer interdisziplinären
Forschungsarbeit präsentiert, die die Interpretationsarten, die Quellenkritik und das
Erkenntnisinteresse, kurz: die Arbeit und Sichtweisen zweier wissenschaftlicher Disziplinen, der Geschichtswissenschaft und der Musikwissenschaft, vereint. Das Vorhaben
bestand darin, die spezifischen Methoden der beiden Fächer und ihre Blickwinkel auf
die Quelle „Lied“ (die ja insbesondere für Historikerinnen und Historiker ein noch
wenig bearbeitetes Feld darstellt) anzuwenden und zu kombinieren. Schließlich hätte
eine rein geschichtswissenschaftliche Interpretation der Lied- und Musikquellen ebenso
zu kurz gegriffen wie umgekehrt eine musikwissenschaftliche Darstellung möglicherweise dem historischen Gesamtkontext zu wenig Beachtung geschenkt hätte.
Zum Buchtitel Liedgeschichten ist anzumerken, dass er nicht nur die beiden Disziplinen, sondern auch das Konzept hinter den siebzehn in sich geschlossenen Kapiteln, sprich: den einzelnen Liedgeschichten, repräsentieren soll. Diese behandeln nicht
nur die Geschichte im jeweiligen Lied, sondern auch die Geschichte des Liedes. Aus
geschichtswissenschaftlicher Sicht lassen Lieder im politischen Kontext im Idealfall
erkennen, zu welchen Anlässen sie gedichtet und komponiert wurden, wer überhaupt
Das Projekt P22384–G21 wurde unter der Leitung des Musikwissenschaftlers Ao. Univ.-Prof. Dr. Thomas Nußbaumer und der Historikerin o. Univ.-Prof. Dr. Brigitte Mazohl seit 2008 von den beiden
Autorinnen, der Musikwissenschaftlerin Mag. Sandra Hupfauf und der Historikerin Mag. Silvia Erber,
durchgeführt. Zunächst im Jahr 2008 mit einer bescheidenen Anschubfinanzierung durch den Tiroler
Wissenschaftsfonds ins Leben gerufen, wurde es durch den Österreichischen Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (FWF) für weitere drei Jahre (2009–2012) finanziert.
1
8
Einleitung
die Feder in die Hand nahm, um seinen Unmut oder seine Freude über die aktuellen
Zeitgeschehnisse festzuhalten, und auch, wie diese Lieder überhaupt an die Öffentlichkeit gelangten. Aus musikwissenschaftlicher Sicht ist ein Lied kein statisches Produkt,
sondern es besitzt eine „Biografie“. Nach seiner Entstehung erfährt es ein mehr oder
weniger langes „Leben“, ändert unter Umständen seine Funktion oder seinen Text (oder
auch die Melodie) und wird in verschiedenen kulturellen Kontexten rezipiert.
Der ereignis- und kulturgeschichtliche Rahmen
Der zeitliche Rahmen der Forschung erstreckt sich von 1796 bis etwa zum Jahr 1848
und ist nicht willkürlich gewählt. Der Beginn markiert jenen Zeitpunkt, zu dem Tirol
unmittelbar in die Geschehnisse der seit 1792 wütenden Revolutions- bzw. Koalitionskriege involviert wurde. Die französischen Streitkräfte unter dem Befehl von Napoleon
Bonaparte, damals noch in seiner Funktion als Feldherr, sollten sich mit den in Süddeutschland befindlichen Truppen vereinigen und wollten hierzu durch Tirol ziehen.2
Die Antwort auf den bevorstehenden Durchmarsch war der rasche Aufbau einer Tiroler
Landesverteidigung. Die wechselvollen Ereignisse der Jahre 1796 und 1797 spiegeln
sich in einer Reihe von Liedern wider, die vielfach der Mobilmachung zur Landesverteidigung dienten.
Die Koalitionskriege, die aufgrund ihres Ausmaßes und der erstmaligen Benutzung
von Massenheeren schon Züge eines „Weltkrieges“ trugen,3 beeinträchtigten Tirol aber
noch mehrmals stark. Abgesehen vom zweiten Koalitionskrieg von 1799, infolgedessen französische Soldaten ins Engadin vordrangen,4 erwies sich der dritte Koalitionskrieg (1805–1806) als besonders schicksalshaft. Denn das Ende dieses Krieges zwischen
Frankreich, Württemberg, Baden und Bayern auf der einen und Großbritannien, Russland, Österreich, Schweden und Neapel (die „Koalition“) auf der anderen Seite bedeutete entsprechend den Vereinbarungen des Pressburger Friedens (Dezember 1805) für
Tirol den Wechsel unter eine neue Herrschaft: unter jene des zeitgleich zum Königtum
erhobenen Kurfürstentums Bayern.5
Dass die Einbindung eines Landes, das sich wegen seiner mehr als 500-jährigen
Zugehörigkeit zum Haus Österreich mit den habsburgischen Landesfürsten verbunden fühlte, in das aufgeklärte, auf zentralistische Staatsreformen pochende Königreich
Bayern nicht reibungslos verlaufen konnte, war vorherzusehen. Die Unzufriedenheit
und Verdrossenheit gipfelte 1809 in einem Aufstand, der als „Tiroler Freiheitskampf “
unter der Führung von Andreas Hofer in die Geschichtsschreibung einging. Nach ersten
Erfolgen für die tirolischen Aufständischen besetzte das französische Militär Tirol ab
November 1809 erneut. Die 1810 vollzogene geografische und politische Dreiteilung
2
3
4
5
Siehe Georg Mühlberger: „Absolutismus und Freiheitskämpfe (1665–1814)“, in: Josef Fontana / Peter
W. Haider / Walter Leitner / Georg Mühlberger / Rudolf Palme / Othmar Parteli / Josef Riedmann
(Hg.): Geschichte des Landes Tirol. 2. Band: Die Zeit von 1490 bis 1848, Bozen – Innsbruck – Wien
1986, S. 290–562, insbesondere S. 465–483.
Karen Hagemann: „Männlicher Muth und Teutsche Ehre“: Nation, Militär und Geschlecht zur Zeit der
Antinapoleonischen Kriege Preußens, Paderborn 2002 (Krieg in der Geschichte 8), S. 36.
Mühlberger: „Absolutismus und Freiheitskämpfe“ (wie Anm. 2), S. 486.
Ebd., S. 497–500.
Einleitung
9
des Landes blieb bis Ende 1813 bestehen. 1814 gelangte Tirol schließlich wieder an die
Habsburger und zum österreichischen Territorialkomplex, der seit 1804 offiziell unter
der Bezeichnung „Kaisertum Österreich“ firmierte.6
Während die ersten Jahre der wiedergewonnenen Zugehörigkeit zum Habsburgerreich von einem großen politischen und verwaltungstechnischen Aufwand für den
Wiederaufbau geprägt waren, hielt die darauf folgende ruhige Zeit für das Kaisertum
Österreich und damit auch für Tirol bis 1848 an.7 Nach 22 Jahren der fast unentwegten Kriegsführung verschiedener europäischer Staaten in unterschiedlichen Koalitionen gegen das revolutionäre Frankreich und Napoleon Bonaparte kehrte mit dem
dichten Vertragswerk des Wiener Kongresses eine Phase der Stabilität ein, die bis zu
den bürgerlichen Revolutionen des Jahres 1848 andauerte. In diesem Jahr wurden die
herrschenden konservativen Regierungen Europas mit revolutionären Forderungen,
etwa nach Presse- und Meinungsfreiheit sowie Volksvertretung und Volkssouveränität,
konfrontiert. Wenn auch in Tirol selbst weit weniger davon zu spüren war als in Wien,
so waren Teile der tirolischen Bevölkerung doch unmittelbar von den Konsequenzen
der Revolution betroffen. Im italienischsprachigen Teil Tirols wurde der Ruf nach einer
Abtrennung von Deutschtirol und der Angliederung an das lombardisch-venetianische
Königreich immer lauter. Gegen die „Aufständischen“ bzw. Anhänger der italienischen
Einigkeitsbewegung, die in den Süden Tirols vordrangen, kämpften Schützenkompanien und Truppen, die sich teils aus Bürgern, teils aus Studenten zusammensetzten.8
So viel zur ereignisgeschichtlichen Kontextualisierung unseres Themas. Um die Rolle
der Musik in Bezug auf die Gesellschaft und Politik zu erfassen, ist auch eine kulturgeschichtliche Umrahmung nötig. Weist schon die Ereignisgeschichte Europas in den
Jahren 1796–1848 eine auffällige Dichte an Kriegen, Friedensschlüssen, territorialen Veränderungen, Unruhen und Herrschaftswechseln auf, so steht die Kulturgeschichte des
endenden 18. und beginnenden 19. Jahrhunderts dieser Fülle an bedeutungsvollen und
tiefgreifenden Wandlungen und Prozessen um nichts nach. Die Französische Revolution
von 1789 markierte den Beginn einer neuen Zeit, in der die Nationsbildung, der Aufstieg
des Bürgertums, die Neubewertung des „Volkes“, die Politisierung der Öffentlichkeit
und die kulturelle Industrialisierung die bedeutendsten Grundpfeiler darstellten. Musik
mit ihren vielfältigen kommunikativen Funktionen, die von Unterhaltung über Protest
oder Opposition bis hin zu Affirmation oder reiner Machtdemonstration reichen, erlebte
im Zuge der allgemeinen kulturellen Entwicklungen eine Metamorphose, die der Kulturhistoriker Timothy C. W. Blanning jüngst als „Triumph der Musik“9 bezeichnete.
Ausgehend von Jürgen Habermas’ grundlegender Studie über den „Strukturwandel
der Öffentlichkeit“10 zeichnete Blanning den Weg der Musik im ausgehenden 18. und
frühen 19. Jahrhundert als Teil des Wandels der repräsentativen Kultur zu einer Kultur der
Öffentlichkeit nach. Bereits im Spätmittelalter hatten sich die wirtschaftlichen Strukturen
Ebd., S. 520–544.
Josef Fontana: „Von der Restauration bis zur Revolution (1814–1848)“, in: Fontana/Haider/Leitner/
Mühlberger/Palme/Parteli/Riedmann (Hg.): Geschichte des Landes Tirol (wie Anm. 2), S. 583–732.
8
Ebd., S. 693–732.
9
Timothy C. W. Blanning: The Triumph of Music. Composers, Musicians and their Audiences, 1700 to the
Present, London u. a. 2008.
10
Jürgen Habermas: Strukturwandel der Öffentlichkeit. Untersuchungen zu einer Kategorie der bürgerlichen
Gesellschaft, Berlin 1975.
6
7
10
Einleitung
so verdichtet, dass mit einem vermehrten Austausch von Gütern (d. h. sich intensivierendem Handel) und Informationen (als Folge der Erfindung des Buchdrucks) eine neue Art
der Öffentlichkeit entstand, die, entsprechend ihrer sozialen Verortung, als „bürgerliche
Öffentlichkeit“ bezeichnet werden kann. Die Künste – ob Malerei, Bildhauerei, Musik,
Literatur oder Schauspiel – wurden bis zum Ende des 18. Jahrhunderts fast durchwegs
von der höfischen Gesellschaft finanziert, in Auftrag gegeben und gelenkt. Künstler produzierten ihre Werke auf Anfrage und künstlerische Freiheit war kein Thema, denn ein
Kunstwerk musste schließlich nur dem adeligen Mäzen gefallen. Gerade die Kunstmusik, für Habermas jene Kunstform, in der sich der Wandel von der Repräsentation zur
Öffentlichkeit am deutlichsten vollzog, hatte vor 1800 den Zweck, entweder in herrschaftlichem Kontext Macht zu repräsentieren, die christliche Lehre zu verbreiten oder
das adelige Publikum zu unterhalten. Die Entwicklung der bürgerlichen Öffentlichkeit
änderte maßgeblich die Zusammensetzung des Publikums. So fanden etwa in England
erstmals zur Mitte des 17. Jahrhunderts so genannte „music meetings“ und „consorts of
music“ statt, die allein durch die zahlenden Besucher finanziert wurden.11 Ab 1740 setzte
auch eine vermehrte Produktion von Liedern (beispielsweise von Salonliedern oder „parlor songs“) für den bürgerlichen Markt ein, die das Verlangen nach Musik im kleinen,
familiären Rahmen befriedigen sollte.12 Durch das Heraustreten der Musik aus der höfischen und kirchlichen Sphäre war sie zu einer international gehandelten Ware geworden,
die gegen Bezahlung, etwa in Form von Eintrittskarten für Konzerte oder später käuflich
erwerbbaren Notendrucken zum privaten Musizieren, für alle, die es sich leisten konnten,
zugänglich war. Die euro­päische Kultur wurde im Zuge der Konsolidierung des Bürgertums kommerzialisiert und säkularisiert.13 Während Musik bis um 1800 in erster Linie
„Gebrauchsmusik“ war, wie Habermas es formuliert, emanzipierte und demokratisierte
sie sich unter dem Einfluss der bürgerlichen Öffentlichkeit zu einer Kunstform „um der
Kunst willen“.14
Die vorliegende Abhandlung versucht, genau an dieser Stelle der europäischen
Kultur­geschichte anzusetzen, stellen doch auch die Lieder der Jahre 1796–1848 einen
eindrücklichen Beleg für diese kulturelle Industrialisierung in Tirol dar. Sie wurden zu
verschiedenen politischen Anlässen gedichtet und komponiert, für eine interessierte,
teils selbst betroffene Öffentlichkeit konzipiert und waren Übermittlungsträger politischer Botschaften. Sie richteten sich nicht oder nicht ausschließlich an die Elite, sondern
an breite Bevölkerungsschichten. Ihre Funktionen beeinflussten dabei ganz wesentlich
den Charakter der Dichtungen und ihrer Verbreitung. Ausdruck dieses Einflusses der
bürgerlichen Öffentlichkeit auf die Musik sind auch die Lieder der Männergesangs­
vereine, der Studenten oder die Musik der bürgerlichen Salons.
Walter Salmen: Das Konzert. Eine Kulturgeschichte, München 1988, S. 18–21.
Leo Balet / Eberhard Rebling: Die Verbürgerlichung der deutschen Kunst, Literatur und Musik im
18. Jahrhundert, Frankfurt a. M. – Berlin – Wien 1981, S. 33f.; Nicolas E. Tawa: Sweet Songs for Gentle
Americans. The Parlor Song in America, 1790–1860, Bowling Green, Ohio, 1980.
13
Armin W. Hadamer: Mimetischer Zauber. Die englischsprachige Rezeption deutschsprachiger Lieder in
den USA 1830–1880, Münster 2008 (Volksliedstudien 9); Tim Blanning: „The Commercialization and
Sacralization of European Culture in the Nineteenth Century“, in: Tim Blanning (Hg.): The Oxford
Illustrated History of Modern Europe, Oxford – New York 1996, S. 120–147; ders.: Das Alte Europa
1660–1789. Kultur der Macht und Macht der Kultur, Darmstadt 2006, S. 17–21.
14
Habermas: Strukturwandel (wie Anm. 10), S. 55f.
11
12
Einleitung
11
Von zentraler Wichtigkeit jedoch ist die „Entdeckung“ des „Volksliedes“. Die bürgerliche Bewegung der Aufklärung, in der die Volksliedbegeisterung wurzelt, idealisierte
das „Volk“ als Gegenentwurf zum höfischen Adel, der in den Augen seiner Kritiker als
dekadent und unmoralisch galt. Das Interesse an Lied und Musik des „einfachen Volkes“ fiel in Tirol auf fruchtbaren Boden, der Zeitgeist wurde sogar kommerziell genutzt
und das „Tiroler Lied“ wurde infolgedessen zu einem internationalen Exportschlager.
Trotzdem ist in Bezug auf das politische Lied natürlich nach wie vor auch Musik im
Dienste der Obrigkeit zu finden, wie von „oben“ in Auftrag gegebene Werke politischer
Gelegenheitsmusik oder politisch instrumentalisierte Kirchenmusikwerke beweisen.
Ein Wechsel- und Zusammenspiel:
Musik, Gesellschaft und Politik
Die Zusammenhänge zwischen Musik, Gesellschaft und Politik sind vielfältig – in der Vergangenheit wie in der Gegenwart. Beispiele, wie die anhaltenden Diskussionen über den
Wert und Zweck von Nationalhymnen oder die kürzlich erfolgte Textänderung der österreichischen Nationalhymne,15 zeigen, dass die Relationen von Musik, Gesellschaft und
Politik auch heute noch Aktualität besitzen. Musik ist nicht nur Kunst oder Unterhaltung,
auch wenn sie vordergründig so wahrgenommen wird, sondern ebenso ein „Instrument“
zur Erfüllung außermusikalischer Zwecke. Musikalische Signale fungierten als frühe Kommunikationsmittel beim Militär; Musik wurde schon in der Antike als Ausdruck von Göttlichkeit wahrgenommen; mittelalterliche Spielleute waren, ungeachtet dessen, dass sie eine
gesellschaftliche Randexistenz lebten, als Unterhalter gern gesehen, ob an den Höfen oder
in den Städten. Früh schon sind Lieder bekannt, die bewusst zur Mobilisierung im Krieg
eingesetzt wurden. Im Barock wurde Musik immer mehr zu einem Ausdruck von Macht
und Herrschaft, ja ein Herrschaftsinstrument.16 Seitdem sich Musik von ihren ökonomischen Zwängen befreien konnte, ist sie ein beliebtes Protest- und Oppositionsmittel,
doch ihre affirmative Funktion blieb ebenso bestehen. Sie diente, wie Christian Jansen es
formulierte, „politischen Organisationen und Institutio­nen“ seit jeher dazu,
wichtige Ereignisse, Entscheidungen und Prozesse zu überhöhen, ihnen Emotionalität und Wärme
zu verleihen und damit die Überzeugungskraft der Inhalte zu erhöhen, die diejenigen, die sich der
Musik bedienten, vermitteln wollten. […] Mancher politische Akt, manche oppositionelle Aktion
hat gar erst durch das Spielen oder Singen von Musik historische Wirkung gezeitigt.17
Auch wenn der Terminus „politisches Lied“ noch nicht sehr alt ist (er ist wohl erst am
Ende des 18. Jahrhunderts entstanden), konnte Musik immer schon in Verbindung mit
politischen Vorgängen stehen.18 In diesem Sinne mögen Aussagen wie „Die Geschichte
„Bundeshymne würdigt nun auch die großen Töchter Österreichs“, http://www.parlament.gv.at/PAKT/
PR/JAHR_2011/PK1207/ (24. 10. 2012).
16
Siehe weiter zu all diesen Punkten Blanning: The Triumph of Music (wie Anm. 9).
17
Christian Jansen: „Einleitung: Musik als Mittel politischer Identitätsstiftung“, in: Tillmann Bendi­
kowski / Sabine Gillmann / Christian Jansen / Markus Leniger / Dirk Pöppmann (Hg.): Die Macht der
Töne. Musik als Mittel politischer Identitätsstiftung im 20. Jahrhundert, Münster 2003, S. 7–12, hier S. 7.
18
Zu den Begriffen „historisch-politisches Lied“ und „politisches Lied“ und ihren Inhalten siehe Dietmar
Sauermann: „Das historisch-politische Lied“, in: Rolf Wilhelm Brednich / Lutz Röhrich / Wolfgang
15
12
Einleitung
der Musik kann auch als politische Geschichte betrachtet werden“19 oder „Die Affinität
von Musik und Politik ist so alt wie die Geschichte der Menschheit“20 durchaus ihre
Berechtigung haben. Musik kann durch Text und Melodie starke Emotionen im Menschen hervorrufen, sie hat die Macht, in die Psyche eines Menschen einzudringen.21 Die
vielen Funktionen der Musik basieren fast alle letztlich auf dem besonderen Reflex, den
Musik auslösen kann. So erklärt sich die Existenz von Kriegs- bzw. Kampfliedern in erster Linie durch ihre „gemeinschaftsbildende, gruppenstabilisierende“ Funktion und die
Funktion der „Bewegungsaktivierung bzw. Bewegungskoordination“. Dass Herrscher
aller Zeiten sich gerne und oft mit Musik umgaben, hat mit ihrer „Repräsentationsbzw. Glorifizierungsfunktion“ zu tun – Musik fügte der Demonstration von Macht eine
weitere Facette hinzu.22
In der vorliegenden Arbeit – und dies ist nicht zuletzt dem interdisziplinären Ansatz
und der Fülle des Quellenmaterials zu verdanken – wird dem Leser und der Leserin das
lebhafte Beziehungsgeflecht von Lied, Gesellschaft und Politik am Beispiel Tirols zwischen 1796 und 1848 vor Augen geführt.
Zum musikwissenschaftlichen Forschungsstand
Im Jahr 1807 veröffentlichte Johann Strolz im zweiten Band der Zeitschrift Der Sammler für Geschichte und Statistik von Tirol 23 mehrere Tiroler „Volkslieder“ im Rahmen von
zwei Aufsätzen: „Bürgall, ein Zillerthaler Volkslied“ und „Schnodahaggen, Unterinnthalische Volksliedchen. Mit Anmerkungen“. Strolz’ kleine Sammlung war eine der ersten
volksmusikalischen Sammlungen im heutigen Österreich.24 Damals befand sich Tirol
gerade unter bayerischer Regierung und die Zeitschrift Sammler sah sich als Nachfolge­
zeitschrift des Tiroler Almanachs für Geschichte und Statistik von Tirol, der in Wien
1802–1805 von keinem Geringeren als Joseph Freiherr von Hormayr zu Hortenburg
(1782–1848) heraus­gegeben worden war und sich überwiegend politischen und patrio­
tischen Themen gewidmet hatte. Auch das Tiroler Nachfolgeperiodikum wurde von
Suppan (Hg.): Handbuch des Volksliedes. 1. Band: Die Gattungen des Volksliedes, München 1973 (Motive.
Freiburger folkloristische Forschungen 1/I), S. 293–322.
19
Johanna Karner: „… durch die Kraft unserer Lieder“. Musik als Medium zwischen Politik, Zensur, Opposition und Widerstand, Dissertation, Universität Wien 2008, S. 115.
20
Albrecht Riethmüller / Helmut Rösing: „Musik und Politik im 3. Reich“, in: Herbert Bruhn / Rolf Oerter / Helmut Rösing (Hg.): Musikpsychologie. Ein Handbuch in Schlüsselbegriffen, München – Wien –
Baltimore 1985, S. 338–344, hier S. 338.
21
Bruhn/Oerter/Rösing: Musikpsychologie (wie Anm. 20); Paul R. Farnsworth: Sozialpsychologie der Musik,
Stuttgart 1976 (Kunst und Gesellschaft 6); Michael Grossbach / Eckart Altenmüller: „Musik und Emotion – zu Wirkung und Wirkort von Musik“, in: Bendikowski/Gillmann/Jansen/Leniger/Pöppmann
(Hg.): Die Macht der Töne (wie Anm. 17), S. 13–22.
22
Helmut Rösing / Juan G. Roederer: „Musik in der Entwicklung der Menschheit“, in: Bruhn/Oerter/
Rösing (Hg.): Musikpsychologie (wie Anm. 20), S. 351–359, hier S. 357.
23
Johann Strolz: „Bürgall, ein Zillerthaler Volkslied“ und „Schnodahaggen, Unterinnthalische Volksliedchen. Mit Anmerkungen“, in: Der Sammler für Geschichte und Statistik von Tirol 2 (1807), S. 57–69
und S. 69–96.
24
Siehe dazu auch Gerlinde Haid: „Volksmusik in Tirol im 18. und 19. Jahrhundert“, in: Kurt Drexel /
Monika Fink (Hg.): Musikgeschichte Tirols. 2. Band: Von der frühen Neuzeit bis zum Ende des 19. Jahrhunderts, Innsbruck 2004 (Schlern-Schriften 322), S. 649–738.
Einleitung
13
politisch und gesellschaftlich einflussreichen Persönlichkeiten getragen. Als Heraus­
geber fungierte mit Andreas Alois Di Pauli (1761–1839) der Gründer der wichtigsten
historiografischen Sammlung Tirols und Mitbegründer des heutigen Tiroler Landes­
museums Ferdinandeum, zu den Mitarbeitern gehörten neben Hormayr unter anderem
der Dramatiker Johann Friedrich Primisser (1757–1812) und ein Vorfahre des Heimatkundlers Ludwig von Hörmann, Johann Ignaz von Hörmann (1750–1810). Die Zeitschrift erschien zwischen 1806 und 1809 und widmete sich neben den Schwerpunkten
Geografie, Pflanzenkunde und Volkskunde durchaus auch den wichtigsten politischen
Themen, wie etwa Tirols Anschluss an das Königreich Bayern.25 Dass Strolz nicht nur
friedliche Liedchen wie „Ist a Vögal hea gflogn“26 kannte, ist für jemanden, der zeitweise
Mitglied einer Scharfschützenkompanie war, mehr als naheliegend, überdies arbeitete
er 1803 bei Archivierungsarbeiten Seite an Seite mit einem der wenigen namentlich
bekannten Kampflieddichter des Jahres 1796, nämlich mit dem bereits erwähnten
Johann Friedrich Primisser.27 Die Veröffentlichungen von 1807 enthalten kein einziges
politisches Lied, vermutlich nicht nur wegen der strengen Zensur der Jahre, sondern
weil politische Lieder und Kampflieder nicht als „Volkslieder“ angesehen wurden.
Zwölf Jahre nach Strolz’ Publikationen erging 1819 durch die Gesellschaft der Musikfreunde in Wien und ihren Generalsekretär Joseph von Sonnleithner ein österreichweiter,
halbamtlicher Aufruf an die Bevölkerung, „Volkslieder“ zu sammeln. Für Tirol fehlen in
der daraus resultierenden Sonnleithner-Sammlung leider die Einsendungen aus Schwaz,
dem Zillertal und dem Nordtiroler Unterland. Tirol gehörte damals bereits wieder zu
Österreich und gerade war wieder politische Stabilität eingekehrt. Insgesamt wurden
113 Lieder und Instrumentalstücke aus Tirol eingesendet, worunter sich aber nur zwei
politische Lieder befinden, die man als funktionelle Lieder bezeichnen könnte.28 Für
den Gesamtbestand der Sonnleithner-Sammlung ist überhaupt festzustellen, dass nur ein
Bruchteil der ungefähr 1.500 Lieder patriotische oder historisch-politische Lieder sind.
Mundartsprachliche Kampflieder scheinen überhaupt nicht auf, wenn man von einer
einzigen Ausnahme absieht, die der Volkskundler Leopold Schmidt in seiner Beschreibung des Inhalts der Sammlung anführt.29 Für andere heutige Bundesländer sind einzelne hochsprachliche Kampflieder belegt.30 Wieder dürfte die Ursache darin liegen,
D. von Hörmann (Vorname unbekannt): „Tirols Vereinigung mit dem Königreiche Baiern. Mit allen
sich darauf beziehenden Actenstücken“, in: Der Sammler für Geschichte und Statistik von Tirol 1 (1806),
1. Stück, S. 1–36.
26
Strolz: „Schnodahaggen“ (wie Anm. 23), S. 78.
27
Anton Dörrer: „Johann Strolz (1750–1835), zum 150-Jahr-Gedenken seiner Mundart- und Volksliedarbeiten“, in: Jahrbuch des Österreichischen Volksliedwerkes 6 (1957), S. 16–38, hier S. 22.
28
Huldigungslied auf die Vorbeyreise Seiner K. K. Majestät unsers Durchlauchtigsten Kaisers Franz / Innichen
den 23. März 1816 / „Heut kommet unser Kaiser Franz, der liebe gute Mann“ (Sonnleithner-Sammlung,
Archiv der Gesellschaft für Musikfreunde, Wien, Tirol / Kreis Pustertal, XI/2); Lied zweyer Französischer
Gensdarme bey dem Einrücken der K. K. Öster. Truppen in Tyrol 1814 nach der sogenannten, und bekannten Melodie des Alpenlurlers in 2 Stimmen / „Dem Franzmann ist nie wohl zu Muth“ (SonnleithnerSammlung, Archiv der Gesellschaft für Musikfreunde, Wien, Tirol / Kreis Pustertal, XI/5).
29
Leopold Schmidt: „Zur Bedeutung der Österreichischen Volksliedsammlung von 1819“, in: Walter
Deutsch / Gerlinde Hofer: Die Volksmusiksammlung der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien (Sonn­
leithner-Sammlung), 1. Teil, Wien 1969 (Schriften zur Volksmusik 2), S. 14.
30
Darunter auch: Feinde ringsum (Sonnleithner-Sammlung, Archiv der Gesellschaft für Musikfreunde,
Wien, Niederösterreich, XVIII/4). Siehe dazu Kapitel 4 in diesem Band.
25
14
Einleitung
dass geistliche Lieder, Liebeslieder, Arbeitslieder, Schützen- und Jägerlieder usw. aus
damaliger Sicht eher zum Genre „Volkslied“ zählten als politische Lieder.
Weil durch die Sonnleithner-Sammlung so gut wie keine Kampf- und Freiheitslieder
aus Tirol überliefert wurden, ist auch klar, dass in der Forschung dieser Bereich nicht
weiter verfolgt wurde, wohl in der Annahme, dass er nicht besonders ergiebig sei. Für
die Musikwissenschaft war das politische Lied ohnedies lange Zeit ein wenig attraktiver Forschungsgegenstand, da hier der Text im Vordergrund steht und die Melodie oft
zweitrangig ist, was eine musikwissenschaftliche Analyse meist wenig lohnend erscheinen lässt. Zudem ist das politische Lied meist „Werkzeug“ und nicht Kunstlied, weshalb
es als Phänomen mit nur kurzzeitiger Wirkung und ohne weiteren Einfluss angesehen wurde. Schließlich ist das politische Lied als Gattung nicht leicht fassbar: Es kann
sowohl volksmusikalisch, popularmusikalisch, ein „Kunstlied im Volksmund“ oder
kunstmusikalisch sein, es kann ein eigenständiges, komponiertes Werk sein oder ein
spontan verfasstes Spottlied auf einer bekannten Gassenhauermelodie. Und letztendlich ist eine rein musikbezogene Analyse von politischen Liedern ohne Kenntnisnahme
ihrer historischen Kontexte, wie erwähnt, nie erschöpfend möglich. Die Musikwissenschaft widmete sich also aus den angeführten Gründen, wenn man von einer wichtigen
Abhandlung von Hildegard Herrmann-Schneider absieht,31 den politischen Liedern in
Tirol kaum.
Jüngere Werke zur Musikgeschichte Tirols im 18. und 19. Jahrhundert behandeln
größtenteils lokale Musikzentren, Musiker und Komponisten und Ausprägungen der
Volksmusik.32 Die Aufstände rund um 1800 bleiben dabei weitgehend unerwähnt, der
Einfluss von Politik und kriegerischen Auseinandersetzungen auf die Musik wird nicht
erörtert. Einzig im Zusammenhang mit der Geschichte der Blasmusik kommen Neuerungen der Militärmusik um 1800, wie etwa die „Türkische Musik“, zur Sprache.33
Einige wenige Aufsätze widmen sich einzelnen, meist kunstmusikalischen Besonder­heiten
im Bereich der politischen Kunst, wie der Kantate Der Tyroler Landsturm von Antonio
Salieri,34 oder einem Schützenkanon, der auf die Melodie eines Mozartkanons gesungen
wurde,35 oder auch musikdramatischen Werken, die den „Andreas-Hofer-Stoff “ verarbeiten. In der Literatur über Tiroler Volksmusik sucht man die Lieder der Aufstände meist
vergeblich, einzig Gerlinde Haid widmete sich der Thematik eingehender und beschrieb
Hildegard Herrmann-Schneider: „Andreas Hofer und die Tiroler Freiheitskämpfe als musikalisches Sujet.
Ereignisse – Heldentum – Erinnerung“, in: Der Schlern 83 (2009), Heft 7: Juli, S. 4–52, hier S. 21–23.
32
Drexel/Fink (Hg.): Musikgeschichte Tirols (wie Anm. 24); Hildegard Herrmann-Schneider / Manfred
Schneider: Projekt Musikland Tirol, Tiroler Musikatlas: www.musikland-tirol.at (25. 04. 2008); Hildegard Herrmann-Schneider / Walter Senn: „Stams“, in: Ludwig Finscher (Hg.): Die Musik in Geschichte
und Gegenwart. Allgemeine Enzyklopädie der Musik, Sachteil 8, Kassel u. a., 2., neubearb. Ausgabe 1998,
Sp. 1732–1735.
33
Andreas Bramböck: „Blasmusik in Tirol im 18. und 19. Jahrhundert“, in: Drexel/Fink (Hg.): Musik­
geschichte Tirols (wie Anm. 24), S. 739–766.
34
Josef Gmeiner: „‚Zum Vortheil der durch feindliche Verheerungen verunglückten Tyroler und Vorarlberger Landeseinwohner‘ – Salieris ‚Landsturmkantate‘ als Beitrag zu einer Aktion Nachbar in Not des
Jahres 1799“, in: Helmut Lang / Hermann Harrauer (Hg.): Mirabilia Artium librorum Recreat Tetuosque
Ebriant, Dona natalicia Ioanni Marte oblata, Wien 2001 (Biblos-Schriften 177), S. 73–90.
35
Walter Senn: „Mozartiana aus Tirol“, in: Hans Zingerle (Hg.): Festschrift Wilhelm Fischer. Zum 70.
Geburtstag überreicht im Mozartjahr 1956, Innsbruck 1956 (Innsbrucker Beiträge zur Kulturwissenschaft,
Sonderheft 3), S. 49–59.
31
Einleitung
15
oppositionelle Lieder über Andreas Hofer.36 Ausprägungen der bürgerlichen Musikkultur
in Tirol, wie der Männergesang, wurden ebenso wenig in Beziehung zu den politischen
Umständen in Tirol gesetzt wie die Kompositionsmode „à la Tyrolienne“.37 Schließlich:
Auch das Phänomen der „Tiroler Nationalsänger“ im Ausland wurde nicht in Hinblick auf seine Verbindungen mit den kriegerischen Ereignissen in Tirol analysiert. Eine
große Ausnahme zur ansonsten wissenschaftlich wenig beachteten Thematik der Tiroler
Kampf- und Freiheitslieder bilden einzelne Abhandlungen über das Andreas Hofer-Lied
(„Zu Mantua in Banden“), die heutige Tiroler Landes­hymne.38
Zum geschichtswissenschaftlichen Forschungsstand
Lieder zählen mit Sicherheit nicht zu den klassischen Quellen der Geschichtswissenschaft. Bis in die jüngere Zeit hinein haftete Liedern immer noch eine gewisse Fragwürdigkeit hinsichtlich ihrer geschichtlichen Aussagekraft an und sie wurden gerne
der Musikwissenschaft und verwandten Disziplinen überlassen. Dass sich das Forschungsinteresse seitens der Geschichtswissenschaft an Liedern prinzipiell in Grenzen
hält, erkannte auch der deutsche Historiker Tillmann Bendikowski, der das Desinteresse an historisch-politischen Liedern bedauert. Er betont, dass man Lieder nicht nur
als Quelle für eine „Perspektive von unten“ betrachten dürfe, wie es die Bezeichnung
„Volkslied“ nach wie vor suggeriert, sondern man müsse auch die gezielte Instrumentalisierung von Liedern durch die Obrigkeiten mit einbeziehen. In beiden Fällen könnten Lieder als Mittel politischer Identitätsstiftung gelesen und gehört werden und sie
fungieren somit auch als „Indikatoren sowie Faktoren“ historischen Wandels.39 Die
lange ignorierte Quelle „Lied“ wird nun aber seit einigen Jahren vermehrt ausgewertet, alte Ansichten wurden revidiert. Die Auseinandersetzung mit Liedern und ihren
Siehe dazu auch Gerlinde Haid: „‚O trauervolle Zeit‘. Oppositionelle Lieder von 1809“, in: Sturzflüge
1984, S. 73–76.
37
Walter Salmen: „Airs autrichiens in Werken Beethovens“, in: Christoph-Hellmut Mahling / Ruth Seiberts (Hg.): Festschrift Walter Wiora zum 90. Geburtstag, Tutzing 1997 (Mainzer Studien zur Musikwissenschaft 35), S. 368–375, hier S. 368f.; Max Unger: „Zu Beethovens Volksliedbearbeitungen“, in: Die
Musik 34 (1941/42), S. 210–212, hier S. 210; Willy Heß: „Beethovens kontinentale Volksliedbearbeitungen“, in: Schweizerische Musikzeitung 110 (1970), S. 134–145, hier S. 134; Josef M. Müller-Blattau:
„Beethoven und das Volkslied“, in: Die Singgemeinde 3 (1927), S. 169–175, hier S. 172.
38
Gerlinde Haid: „‚Zu Mantua in Banden …‘. Eine Aufregung um die Tiroler Landeshymne aus dem
Jahr 1993“, in: Gisela Probst-Effah / Wilhelm Schepping / Reinhard Schneider (Hg.): Musikalische
Volkskunde und Musikpädagogik. Annäherungen und Schnittmengen. Festschrift für Günther Noll zum 75.
Geburtstag, Essen 2002 (Musikalische Volkskunde – Materialien und Analysen 15) S. 91–107; Ludwig
Hunrath: Der Komponist des Andreas-Hofer-Liedes und seine Bedeutung für Tirol. Sonderdruck aus den
„Neuen Tiroler Stimmen“ Nr. 89 und 90 vom 19. und 21. April 1913, Innsbruck 1913; Martin Reiter:
Zu Mantua in Banden – die Tiroler Landeshymne, Reith im Alpbachtal 2003; A. J. Friedrich Zieglschmid: „Das Andreas-Hofer-Lied. Zur Geschichte seiner Melodie“, in: Modern Philology 26 (1929),
Heft 3: Februar, S. 327–336; Kurt Drexel: „Von ‚Zu Mantua in Banden‘ bis ‚Zu Bantua in Manden‘“,
in: Johann Holzner / Brigitte Mazohl / Markus Neuwirth (Hg.): Triumph der Provinz. Geschichte und
Geschichten 1809–2009, Innsbruck 2012, S. 213–230.
39
Tillmann Bendikowski: „Öffentliches Singen als politisches Ereignis. Die Herausforderung einer historischen Quelle für die Geschichtswissenschaft“, in: Bendikowski/Gillmann/Jansen/Leniger/Pöppmann
(Hg.): Die Macht der Töne (wie Anm. 17), S. 23–37.
36
16
Einleitung
Inhalten findet heute vorwiegend im Rahmen von Forschungen über Medien und historische Kommunikationsformen statt. Einer der Gründe für das derzeit florierende
Interesse an mediengeschichtlichen Forschungen liegt mit Sicherheit in der gegen­
wärtigen Wahrnehmung, in einer massenmedialen Gesellschaft zu leben. Das Wissen
um die immens große Bedeutung der „Massenkommunikation“ war ausschlaggebend
für Forschungen über die Ursprünge dieses medialen Netzes, in das wir heute auf so
viel­fältige Weise eingebunden sind. Der wachsenden Annäherung der Medienwissenschaft an die Geschichtswissenschaft Rechnung tragend, versuchen Vertreterinnen und
Vertreter beider Fachrichtungen, ein allgemeines Verständnis dafür zu wecken, dass die
mannig­faltigen Medien der Menschheitsgeschichte – ob wir nun von Bildern, Filmen,
Texten oder eben von Liedern sprechen – nicht bloß die Geschichte widerspiegeln, sondern dass diese massiv durch ihre Beschaffenheit, Verbreitung und Rezeption in die
Geschichte eingreifen und deshalb selbst als „Protagonisten der Geschichte“ verstanden
werden können.40 Historiker wie Rolf Reichardt, Robert Darnton und Roger Chartier
behandeln mediengeschichtliche Fragestellungen. Obwohl in erster Linie an visuellen
Medien und ihrer Instrumentalisierung während der Französischen Revolution und
darüber hinaus interessiert, weist Reichardt in einigen Publikationen auf die besondere
plurimediale Kommunikation durch Lieder hin. Ihre Untersuchung im Hinblick auf
ihre textlichen und melodischen Gestaltungsformen, ihre Verbreitung und die Möglichkeiten ihres Einsatzes zeigen, so seine Hauptthese, ihre „massenmobilisierenden
Effekte“ auf.41 Reichardts Untersuchungen zum „intermedialen Wechselspiel von Bild
und Musik“,42 zu den medialen Vernetzungen während der Revolutionen, aber auch zu
den Formen kollektiver Medienrezeption verdeutlichen, dass die Revolutionsmedien in
Frankreich „hochwirksames emotionales Agens der Revolution“ selbst waren.43
Geschichtswissenschaftliche Liedforschungen beziehen sich fast ausschließlich auf
mediale Großereignisse der neuzeitlichen europäischen Geschichte,44 was nicht verwundert, weil die Quellenlage dazu immer wesentlich ergiebiger ist als zu den „ruhigen“ Zeiten ohne Krieg, Regierungswechsel oder ähnlich dramatische Ereignisse.
Unter­suchungen zu Liedern des Siebenjährigen Krieges,45 des Schmalkaldischen KrieFabio Crivellari / Kay Kirchmann / Marcus Sandl / Rudolf Schlögl: „Einleitung: Die Medialität der
Geschichte und die Historizität der Medien“, in: dies. (Hg.): Die Medien der Geschichte. Historizität und
Medialität in interdisziplinärer Perspektive, Konstanz 2004 (Historische Kulturwissenschaft 4), S. 9–48.
41
Rolf Reichardt: „Plurimediale Kommunikation und symbolische Repräsentation in den französischen
Revolutionen 1789–1848“, in: Sven Grampp / Kay Kirchmann / Marcus Sandl / Rudolf Schlögl /
Eva Wiebel (Hg.): Revolutionsmedien – Medienrevolutionen, Konstanz 2008 (Historische Kulturwissenschaft 11), S. 231–275.
42
Ebd., S. 267; Rolf Reichardt: „Gesungene Bilder – gemalte Lieder. Wechselbeziehungen zwischen
französischen Chansons und Druckgraphik vom Ancien Régime zum 19. Jahrhundert“, in: Herbert
Schneider (Hg.): Chanson und Vaudeville. Gesellschaftliches Singen und unterhaltende Kommunikation im
18. und 19. Jahrhundert, St. Ingbert 1999 (Schriften der saarländischen Universitäts- und Landesbibliothek 6), S. 71–135.
43
Reichardt: „Plurimediale Kommunikation“ (wie Anm. 41), S. 274.
44
Uli Otto / Eginhard König: „Ich hatt’ einen Kameraden“. Militär und Kriege in historisch-politischen
Liedern in den Jahren von 1740 bis 1914, Regensburg 1999.
45
Hans Peter Herrmann: „Krieg, Medien und Nation. Zum Nationalismus in Kriegsliedern des 16. und
18. Jahrhunderts“, Ruth Florack: „‚… Nicht gewohnt zu fliehen vor des Franzmanns leerem Wind‘. Zu
nationalen Stereotypen in Dichtung und Flugschriften“ und Gerhard Sauder: „Christian Felix Weißes
Amazonen-Lieder im Siebenjährigen Krieg“, alle in: Wolfgang Adam / Holger Dainat (Hg.): „Krieg ist
40
Einleitung
17
ges,46 der Revolutions-, Koalitions- und Befreiungskriege47 und der beiden Weltkriege48
verfolgen teilweise innovative Ansätze. Abgesehen von den Kriegsereignissen wendet
sich die geschichtswissenschaftliche Liedforschung seit einigen Jahrzehnten verstärkt
einer weiteren Kategorie von medialen Ereignissen zu: den Revolutionen.49 Hierbei
erfahren naturgemäß die französischen Revolutionen von 1789, 1830 und 1848 wegen
ihrer europäischen „Vorreiterrolle“ besondere Beachtung. Insgesamt kann die Aufarbeitung der Liedbestände zu diesen Ereignissen als sehr gut bezeichnet werden, wenngleich
nicht allen europäischen Revolutionen eine gleichwertige Untersuchung zuteil wurde.50
Die „neuen“ Zugänge zum Quellenmaterial unterscheiden sich voneinander und zeigen stets die Vielseitigkeit der Quelle „Lied“ auf. Unter Berücksichtigung der sich ent­
wickelnden politischen Öffentlichkeit während und nach der Französischen Revolution
werden auch Lieder als Teil der Kommunikationsprozesse verstanden und es wird ihnen
ihr Platz in der Kulturgeschichte der Revolutionszeit zugewiesen.51
mein Lied“. Der Siebenjährige Krieg in den zeitgenössischen Medien, Göttingen 2007 (Schriften des Gleimhauses Halberstadt 5), S. 27–64, S. 65–87 und S. 193–214.
46
Gabriele Haug-Moritz: „‚Geschwinde Welt.‘ Krieg und öffentliche Kommunikation – zur Erfahrung
beschleunigten historischen Wandels im Heiligen Römischen Reich deutscher Nation in der ersten
Hälfte des 16. Jahrhunderts (1542–1554)“, in: Militär und Gesellschaft in der Frühen Neuzeit, Bulletin 6
(2002), S. 139–148; dies.: „Zur Konstruktion von Kriegsniederlagen in frühneuzeitlichen Massen­
medien – das Beispiel des Schmalkaldischen Krieges (1547–1552)“, in: Horst Carl / Hans-Henning
Kortüm / Dieter Langewiesche / Friedrich Lenger (Hg.): Kriegsniederlagen. Erfahrungen und Erinnerungen, Berlin 2004, S. 345–374.
47
Jürgen Wilke: „Der nationale Aufbruch der Befreiungskriege als Kommunikationsereignis“, in: Ulrich
Herrmann (Hg.): Volk – Nation – Vaterland, Hamburg 1996 (Studien zum achtzehnten Jahrhundert 18),
S. 353–368. Eine germanistische Arbeit zum Thema stammt von Ernst Weber: Lyrik der Befreiungskriege
(1812–1815). Gesellschaftspolitische Meinungs- und Willensbildung durch Literatur, Stuttgart 1991.
48
Siehe Reinhard Olt: Krieg und Sprache. Untersuchungen zu deutschen Soldatenliedern des Ersten Weltkriegs, Gießen 1981 (Beiträge zur deutschen Philologie); Alfred Roth: Das nationalsozialistische Massenlied. Untersuchungen zur Genese, Ideologie und Funktion, Würzburg 1993 (Epistemata Würzburger wissenschaftliche Schriften, Reihe Literaturwissenschaft 112).
49
Ulrich Otto: Die historisch-politischen Lieder und Karikaturen des Vormärz und der Revolution von 1848/49,
Köln 1982 (Pahl-Rugenstein Hochschulschriften, Gesellschafts- und Naturwissenschaften 100, Serie: Kultur­
geschichte); Heidrun Kämper-Jensen: Lieder von 1848. Politische Sprache einer literarischen Gattung, Tübingen 1989 (Germanistische Linguistik 90); Cornwell B. Rogerts: „Songs – Colorful Propaganda of the
French Revolution“, in: The Public Opinion Quarterly 11 (1947), Heft 3, S. 436–444; Adelheid Coy: Die
Musik der französischen Revolution. Zur Funktionsbestimmung von Lied und Hymne, München – Salzburg
1978; Laura Mason: Singing the French Revolution. Popular Culture and Politics 1787–1799, Ithaca, New
York, 1996; Constant Pierre: Les hymnes et chansons de la Révolution, Paris 1904; Annette Keilhauer: Das
französische Chanson im späten Ancien Régime. Strukturen, Verbreitungswege und gesellschaftliche Praxis einer
populären Literaturform, Hildesheim 1998; Rolf Reichardt / Herbert Schneider: „Chanson et musique
populaire devant l’Histoire à la fin de l’Ancien Régime“, in: Dix-huitième Siècle 18 (1996), S. 117–142.
50
Herbert Schneider: „Der Formen- und Funktionswandel in den Chansons und Hymnen der Französischen Revolution“, in: Reinhart Koselleck / Rolf Reichardt (Hg.): Die Französische Revolution als Bruch
des gesellschaftlichen Bewusstseins. Vorlagen und Diskussionen der internationalen Arbeitstagung am Zentrum
für interdisziplinäre Forschung der Universität Bielefeld, 28. Mai – 1. Juni 1985, München 1988 (Ancien
Régime. Aufklärung und Revolution 15), S. 421–478; Herbert Schneider: „The Sung Consti­tutions of
1792: an essay on propaganda in the Revolutionary song“, in: Malcolm Boyd (Hg.): Music and the French
Revolution, Cambridge – New York – Port Chester – Melbourne – Sydney 1992, S. 236–276.
51
Koselleck/Reichardt (Hg.): Die Französische Revolution (wie Anm. 50). In Bezug auf Lieder als politische Kommunikation sei insbesondere auf folgenden Aufsatz verwiesen: Lise Andriès: „Die Almanache
des Jahres II“, in: Koselleck/Reichardt (Hg.): Die Französische Revolution (wie Anm. 50), S. 286–304.
18
Einleitung
Im Sammelband Die Macht der Töne (2003) wird die politische Identitätsstiftung
durch Musik in primär geschichtswissenschaftlichen Beiträgen über politische Lieder
und ihre Wirkung im 20. Jahrhundert ausführlich diskutiert.52 Die Feststellung der
Autorinnen und Autoren, dass die Forschungslücke im Bereich des kulturellen Zusammenhangs zwischen Musik, Politik und Geschichte schon beinahe akut sei, weil sich
Historiker und Politologen oft außerstande sehen, musikbezogene Fragestellungen
kompetent abzuhandeln, schließt sich dem allgemeinen Grundtenor in den meisten
Publikationen über dieses Thema an.53 Ihre eigene, wenn auch kleine Nische haben
Liedforschungen also vorrangig in der Mediengeschichte gefunden.
Forschungen über politische Lieder in Tirol
im 19. Jahrhundert
Die bisherigen Forschungen über politische Lieder in Tirol im Zeitraum 1796–1848
sind eher dürftig. Markante Liedstrophen aus jener Zeit werden zwar hie und da in jüngeren Publikationen über die Tiroler Geschichte zitiert, doch werden die Zitate eher als
schmückende Beigaben und weniger als aussagekräftige Quellen benutzt. Geschichtswissenschaftliche Untersuchungen, die mehr als nur die Tatsache verwerten, dass diese
Art von Liedern in großem Umfang produziert wurde, gibt es eigentlich bis heute nicht.
Das Liedrepertoire, das anlässlich unterschiedlicher politischer Ereignisse im besagten
Zeitraum entstand, war wegen des fehlenden Interesses der Tiroler Geschichtsschreibung zu einem Schattendasein verdammt – nicht so in anderen Wissenschaften. Etwa
seit den 1850er-Jahren lässt sich ein wachsendes heimatkundliches Interesse an Dichtungen aus den oftmals als „glorreich“ bezeichneten Zeiten der Tiroler Landesverteidigung und des Tiroler Aufstandes feststellen. Persönlichkeiten mit unterschiedlicher, teils
durchaus wissenschaftlicher Ausbildung, manche auch literarisch tätig, wie etwa Adolf
Pichler (1819–1900),54 schrieben über das kulturelle Leben in Tirol und so blieben auch
patriotische Dichtungen und Lieder nicht unerwähnt.
Größeres Interesse an der teils auffälligen Sprachgestaltung mancher Lieder und
Gedichte zeigte beispielsweise Johannes Engensteiner in seiner Abhandlung über mundartliche Dichtung in Tirol von 1873.55 Ebenfalls einen Beitrag zur Heimatkunde leistete Josef Feder, der sich in den frühen 1880er-Jahren mit den Kriegsliedern der Jahre
1796 und 1797 auseinandersetzte.56 Weniger heimatkundliche, als vielmehr literarische
Interessen leiteten den böhmischen Schriftsteller und Dichter Ludwig August Frankl
Bendikowski/Gillmann/Jansen/Leniger/Pöppmann (Hg.): Die Macht der Töne (wie Anm. 17).
Christian Jansen: „Einleitung“, in: Bendikowski/Gillmann/Jansen/Leniger/Pöppmann (Hg.): Die Macht
der Töne (wie Anm. 17), S. 7–12, hier S. 8.
54
Adolf Pichler: „Tirolische Kriegslieder. Ein Beitrag zur Geschichte deutscher Volksdichtung“, in: Deutsche Wochenschrift, 1854, Heft 7, S. 522–531; Adolf Pichler: Zur Tirolischen Literatur 2, München –
Leipzig 1908, S. 84–98.
55
Johannes Engensteiner: Zur mundartlichen Dichtung in Tirol. Eine Skizze, Programm der städtischen
Volks- und Bürgerschule in der Angerzell zu Innsbruck, Innsbruck 1873.
56
Josef Feder: „Über die tirolischen Kriegslieder der Jahre 1796 und 1797“, in: Karl Prochaska (Hg.):
Programm des k k Staats-Gymnasiums in Teschen für das Schuljahr 1881/82, Teschen 1882, S. 1–48.
52
53
Einleitung
19
in seiner Publikation Andreas Hofer im Liede.57 Der vielfach versierte Autor arbeitete
allerdings nicht wissenschaftlich, sondern veröffentlichte eine Sammlung von Liedern,
die großteils von Zeitgenossen stammen und damit in jene Zeit fallen, in der die Stilisierung Hofers in der Literatur bereits ihre Blüten trieb.
Einer der ersten Gelehrten, der „tirolische Kriegslieder“ nicht nur systematisch sammelte, sondern auch nach damals gängigen wissenschaftlichen Kriterien bearbeitete,
diese Arbeit aber nie zu Ende bringen konnte, war Ludwig von Hörmann (1837–1924).
Der in Vorarlberg geborene Heimatkundler veröffentlichte Abhandlungen über „Kriegsund Kampflieder“ der Jahre 1796 und 1797.58 Sein Verdienst bestand darin, dass er die
Vielzahl an Liedern dieser beiden ereignisreichen Jahre chronologisch ordnete und Verfasser ausfindig machte. Anlässlich des hundertsten Jubiläums der so genannten „Tiroler
Freiheitskämpfe“ von 1809 setzte er sich auch mit „Andreas Hofer im Volksliede“59
auseinander.
Ein für die vorliegende Arbeit essentielles Quellenkorpus erstellte der Landeskommissär Tirols und Leiter des Landesfestumzuges von 1909, Joseph Emanuel Bauer, indem
er Tiroler Kriegslieder von 1796/1797 publizierte.60 Infolge der Gedenkfeiern von 1909
kam es zu weiteren Veröffentlichungen. So ließ beispielsweise Vinzenz Goller „Schützenlieder“ drucken,61 während Oswald Menghin drei Aufsätze über 1809 und Andreas
Hofer im Lied veröffentlichte.62 Ebenfalls zum Gedenken an das Kriegsjahr 1809 brachten Robert Franz Arnold und Karl Wagner ein Buch über die politische Lyrik dieses
Jahres in Österreich heraus und widmeten dabei Tirol ein eigenes Kapitel. Ihr wissenschaftliches Bemühen äußerte sich dadurch, dass sie in den Anmerkungen zu den Liedern
Informationen über mögliche Verfasser und früheste Aufzeichnungen vermittelten.63
Ludwig August Frankl (Hg.): Andreas Hofer im Liede. Mit Original-Urkunden, bis nun unbekannten
Nachweisen und Porträten Hofers mit seiner Gattin, Innsbruck 1884.
58
Ludwig von Hörmanns Publikationen über politische Lieder beschränken sich auf einige Zeitungs­
artikel: Ludwig von Hörmann: „Die tirolischen Kriegslieder aus den Jahren 1796, 1797 und 1809“, in:
Bote für Tirol und Vorarlberg 65, 2. April 1879, S. 589. Diesem Artikel folgten weitere acht in den Ausgaben des Boten für Tirol und Vorarlberg bis zum 23. April 1879. Das Vorhaben, über seine persönliche,
wohl sehr große Sammlung von originalen Liedtexten eine Monografie zu verfassen, konnte Hörmann
nicht realisieren.
59
Ludwig von Hörmann: „Andreas Hofer im Volksliede“, in: Innsbrucker Nachrichten 57 (1910), Nr. 40,
19. Februar 1910, S. 1–3. Im Jahr 1984 erschienen folgende Arbeiten zum Thema: Erich Egg: „Hofund Bauerntheater – Musik und Literatur“, in: Gert Ammann (Hg.): Die Tirolische Nation 1790–1820.
Landesausstellung Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum Innsbruck, 6. Juni – 14. Oktober 1984, Innsbruck 1984, S. 149–165; Karl Horak: „Volkslied und Volksmusik“, in: ebd., S. 145–149.
60
Joseph Emanuel Bauer (Hg.): Tiroler Kriegslieder aus den Jahren 1796 und 1797. Gesammelt und zur
Jahrhundertfeier herausgegeben, Innsbruck 1896; ders.: Denkschrift der Tiroler Landesjahrhundertfeier in
Innsbruck, verfaßt und zusammengestellt im Auftrage des Landes Tirol, Innsbruck 1910.
61
Bauer (Hg.): Tiroler Kriegslieder (wie Anm. 60); Frankl (Hg.): Andreas Hofer im Liede (wie Anm. 57);
Vinzenz Goller: Alte und neue Schützenlieder, Innsbruck 1910.
62
Oswald Menghin: „Andreas Hofer im volkstümlichen Liede“, in: Anon. (Hg.): Anno Neun. Volks­lieder
und Flugschriften, Brixen 1912 (Bücherei des Österreichischen Volksschriftenvereins 5), S. 5–62. Siehe
außerdem Oswald Menghin: „Die historischen Volkslieder über Andreas Hofer“, in: Wiener Zeitung,
Nr. 44, 24. Februar 1910, S. 4; Oswald Menghin: „Das erzählende Volkslied in Tirol“, in: Urania.
Illustrierte populärwissenschaftliche Wochenschrift 11 (1909), Nr. 35, 28. August 1909, S. 549–553.
63
Robert Franz Arnold / Karl Wagner (Hg.): Achtzehnhundertneun. Die politische Lyrik des Kriegsjahres,
Wien 1909 (Schriften des Literarischen Vereins in Wien XI).
57
20
Einleitung
Während das erste Interesse an tirolischen historisch-politischen Liedern eindeutig
aus heimatkundlicher und philologischer Richtung kam, entdeckten Historiker diese
Lieder erst nach der Jahrhundertwende und in erster Linie im Zusammenhang mit
1809. Josef Hirn (1848–1917), ein Tiroler Historiker und Universitätsprofessor, schuf
1909 mit seiner Publikation Tirols Erhebung im Jahre 1809 ein dichtes, quellen­reiches
Werk, das die politische Lyrik jener Zeit zumindest in den Fußnoten mit ein­bezieht.
Ausgewählte markante Texte werden hier als Ausdruck des „Hasses gegen die Bayern“
und der politischen Unstimmigkeiten im Vorfeld des Aufstandes von 1809 zitiert.64
Die Forschung zum musikalischen Schaffen von 1809 erlebte erst anlässlich des
175-jährigen Jubiläums des Tiroler Aufstandes wieder etwas Auftrieb.65 In Meinrad Pizzininis Hofer-Biografie, die 1984 publiziert wurde und 2008 eine überarbeitete Neuauflage erfuhr, finden sowohl zeitgenössische als auch spätere politische Lieder Erwähnung.66 In den neunziger Jahren schließlich geriet die Tiroler Landeshymne „Zu Mantua
in Banden“ in den Blickpunkt einer politischen Debatte, die dem Thema zugleich vermehrt wissenschaftliches Interesse zukommen ließ. Die Tiroler Landeshymne wurde
einerseits als Beispiel für die deutschnational geprägte literarische Vereinnahmung
­Andreas Hofers ab der Mitte des 19. Jahrhunderts und andererseits als Beispiel für ein
politisches Lied, das von ganz unterschiedlichen politischen Ideologien instrumentalisiert wurde, erkannt.67
Nicht zuletzt sei auch der britische Historiker Laurence Cole erwähnt, der Lieder
bzw. Dichtungen der Kategorie „Kriegsrhetorik“ als aussagekräftige Quellen für seine
Forschungen zur nationalen Identität in Tirol im 18. und 19. Jahrhundert nutzte.
Er zeigt anhand von Liedtexten, dass Nationalstolz und die für Tirol spezifische Ver­
quickung von Religion und Politik wesentliche Aspekte im Hinblick auf eine „nationale
Bewusstwerdung“ waren. Cole stellt fest, dass viele Lieder der öffentlichkeitswirksamen
Propaganda dienten und mehrheitlich durch Geistliche übermittelt wurden.68
Allgemein ist festzuhalten, dass die heimatkundlich motivierte Erforschung der
politischen Lyrik in Tirol etwa um die Mitte des 19. Jahrhunderts einsetzte. Ab ca.
1900 fokussierte sich das Interesse ausschließlich auf jene Lieder, die einen Bezug zu
Andreas Hofer aufweisen. Während man gegen Ende des 19. Jahrhunderts – besonders
aus Anlass des Hundert-Jahr-Jubiläums der Landesverteidigung 1796/1797 – noch hie
und da einige Publikationen mit politischer Lyrik dieser Zeit vorfindet, konzentrierte
man sich spätestens seit den Landesgedenkfeiern im Jahr 1909 klar auf Lieder der so
Josef Hirn: Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 1909, hier besonders S. 201, S. 270, S. 366,
S. 546.
65
Egg: „Hof- und Bauerntheater“ (wie Anm. 59); Horak: „Volkslied und Volksmusik“ (wie Anm. 59);
Helmut Reinalter: „Tirol von der Aufklärung bis zum Vormärz. Gesellschaft, Politik und Ideen im
Überblick“, in: Ammann (Hg.): Die Tirolische Nation (wie Anm. 59), S. 8–18.
66
Meinrad Pizzinini: Andreas Hofer. Seine Zeit – sein Leben – sein Mythos, Innsbruck – Wien – Bozen
2008; siehe insbesondere das Kapitel: „Vorwiegend Mythos – Andreas Hofer in Literatur, Musik und
Kunst“, S. 285–315.
67
Haid: „Zu Mantua in Banden“ (wie Anm. 38).
68
Laurence Cole: „Religion und patriotische Aktion in Deutsch-Tirol (1790–1814)“, in: Otto Dann /
Miroslav Hroch / Johannes Koll (Hg.): Patriotismus und Nationsbildung am Ende des Heiligen Römischen
Reiches, Köln 2003 (Kölner Beiträge zur Nationsforschung 9), S. 345–378; Laurence Cole: „Nation,
Anti-Enlightenment, and Religious Revival in Austria: Tyrol in the 1790s“, in: The Historical Journal 43
(2000), Heft 2: Juni, S. 475–497.
64
Einleitung
21
genannten „Tiroler Freiheitskämpfe“. Erst in jüngster Zeit wurden Lieder auch in der
Geschichtsschreibung Tirols – interessanterweise dank dem Engländer Cole – als wichtige historische Quelle wahrgenommen.
Methodisches
Die Liedtexte erfordern von der Geschichtswissenschaft ein hohes Maß an philologischen, textimmanenten Methoden, der musikwissenschaftliche Blick richtet sich auch
über geografische und kulturelle Grenzen der Zeit hinaus und so bringen zwei unterschiedliche Herangehensweisen an ein und dieselbe Quelle mehrdimensionale Resultate. Aus geschichtswissenschaftlicher Perspektive wurden die Liedtexte auf semantische
Aspekte, sowohl quantitativ (Gewichtung der Worte hinsichtlich ihrer Häufigkeit) als
auch qualitativ (Bedeutung der Worte) untersucht.69
Das Vorbild für die musikwissenschaftliche Aufarbeitung unseres Themas ist das
historisch-kritische Liederlexikon des Deutschen Volksliedarchives (DVA).70 Dieses Internetprojekt wurde im Jahr 2002 von Eckhard John initiiert und setzt auf innovative
Methoden der Editionspraxis und Liedkommentierung, wobei der Schwerpunkt auf
der Entstehungs- und Rezeptionsgeschichte der Lieder liegt und nicht mehr nur auf der
Erstellung von Text- und Melodiekommentaren:
Ausgangspunkt der neuen Edition sind einzelne Lieder (Liedtypen). Anders als bei der BalladenEdition des DVA steht hier nicht eine bestimmte Lied-Gattung im Vordergrund, sondern das
berücksichtigte Liedrepertoire beruht auf inhaltlichen und thematischen Überlegungen. Dem
Repertoire liegt ein erweitertes Liedverständnis zugrunde, das nicht nur traditionelle Volkslieder
umfasst, sondern die gesamte Breite des deutschsprachigen Popularliedes in seinen unterschiedlichsten Facetten.71
Die „Biografie“ eines Liedes oder auch die „Liedmonografie“ setzt sich somit aus der
Edition der Texte und Melodien, den rezeptionsgeschichtlichen Kommentaren und
der Quellendokumentation zusammen und berücksichtigt den Umstand, dass ein Lied
während seines mehr oder weniger langen „Lebens“ seine Funktion, seine Melodie oder
seinen Text ändern kann und dass es mitunter in verschiedenen kulturellen Räumen
unterschiedlich rezipiert wird.
Während sich die historischen Analysen der Liedtexte der Geschichte im Lied widmen, dreht sich die musikwissenschaftliche Seite der Forschung um die „Biografie“ des
Liedes, also der Geschichte des Liedes selbst.
Wir folgen hier in erster Linie den Verfahrensweisen von Armin Burckhardt: „Politische Sprache.
Ansätze und Methoden ihrer Analyse und Kritik“, in: Jürgen Spitzmüller / Kersten Sven Roth / Beate
Leweling / Dagmar Frohning (Hg.): Streitfall Sprache. Sprachkritik als angewandte Linguistik?, Bremen
2002 (Freiburger Beiträge zur Linguistik 3), S. 75–114.
70
Eckhard John: „www.liederlexikon.de. The ‚Historisch-kritische Liederlexikon‘ in the Internet“, in:
Eckhard John / Tobias Widmaier (Hg.): From „Wunderhorn“ to the Internet. Perspectives on Conceptions
of „Folk Song“ and the Editing of Traditional Songs, Trier 2010 (B.A.S.I.S. 6), S. 225–233; Michael
Fischer: „Rekonstruktion und Dekonstruktion. Die Edition ‚Deutsche Volkslieder mit ihren Melodien‘
(1935–1996) und die Online-Publikation ‚Populäre und traditionelle Lieder. Historisch-kritisches Liederlexikon‘“, in: Lied und populäre Kultur / Song and Popular Culture 54 (2009), S. 33–61.
71
Siehe http://www.liederlexikon.de/ueber_liederlexikon_de/projektbeschreibung (05. 01. 2012).
69
22
Einleitung
Kategorisierungen
Die Lieder des Quellenkorpus lassen sich grob in die sechs großen Kategorien der
sozialkritischen, der herrschaftskritischen, der Lob-, der Jubel- bzw. Siegeslieder, der
Kampf- bzw. Kriegslieder sowie der Spott- bzw. Scherzlieder einteilen. Die geschichtswissenschaftlichen Beiträge operieren in erster Linie mit diesen Begriffen, während aus
musikwissenschaftlicher Perspektive weitere Aspekte von Interesse sind, wie etwa die
Herkunft der Melodie und der Rezeptionsraum (also die „Trägerschicht der Lieder“),
die zu folgender Kategorisierung führen:
– Lieder mit übernommenen Melodien
Die Mehrzahl der politischen Lieder aus Tirol zwischen 1796 und 1848 ist auf Flugblättern und ohne Melodien erhalten. Die Melodie ist bei politischen Liedern meist
zweitrangig, der Inhalt steht im Vordergrund, weshalb politische Lieder und Kampflieder vielfach im Kontrafakturverfahren hergestellt werden. Kontrafaktur bedeutet,
dass populäre Lieder der Zeit (z. B. Gassenhauer) mit neuen, aktuellen politischen
Texten unterlegt wurden. Man findet zuweilen Verweise auf die Melodie im Titel
eines Flugblattliedes, wie etwa: „nach der Weise …“, „gesungen in der Melodie von
…“ usw. Diese wenigen Melodieangaben zeigen uns jedoch an, welche Lieder um
1800 in Tirol populär und bekannt waren und gerne gesungen wurden (siehe dazu
Kapitel 4). Im Kontrafakturverfahren produzierte Lieder sind rasch hergestellt, einfach einzulernen und können schnell verbreitet werden. Sie sind „Werkzeuge“ und
keine Kunstwerke. Dies erklärt, warum zwar verhältnismäßig viele Liedtexte aus der
Zeit um 1800 aus Tirol vorhanden sind, aber nur sehr wenige Melodien.
– Kunstmusikalische Gelegenheitslieder
Viele der im Parodie- oder Kontrafakturverfahren entstandenen Lieder wurden zu
bestimmten Anlässen verfasst und sind so genannte „Gelegenheitslieder“. War der
Anlass ein besonders feierlicher, wurden entweder dazu passende kunstmusikalische
Werke (z. B. ein Te Deum) politisch instrumentalisiert oder es wurden lokale Komponisten beauftragt, geeignete Lieder, Hymnen usw. neu zu komponieren.
– Studentenlieder, Revolutionslieder, deutsche Befreiungskriegsdichtung und das Männerchorwesen
In Deutschland wurde der literarische Sturm und Drang maßgeblich durch die
Befreiungskriege inspiriert, was eine Reihe von Dichtern dazu brachte, eine neue,
jugendliche und höchst eingängige Form von Kriegs- und „Freiheits“-Dichtung zu
schaffen. Prototypisch für das daraus entstandene Liedrepertoire ist Carl Maria von
Webers Liedersammlung Leyer und Schwerdt (drei Hefte, op. 41–43) von 1814–
1816 nach Texten von Theodor Körner. Auch unzählige andere Komponisten steuer­
ten bedeutende Lieder zu diesem Genre bei. Da zu den favorisierten Themen dieser
Epoche auch das angeblich „unverdorbene Volk“, die geliebte Heimat und die Natur
bzw. „Natürlichkeit“ gehörten, bot sich der „Andreas-Hofer-Mythos“ geradezu zur
Bearbeitung an. Besonders anschaulich ist dies am Beispiel der Studentenbewegung
Einleitung
23
in Jena („Urburschenschaft“) erkennbar, die Andreas Hofer zu einem Kämpfer für
das Deutschtum und gegen Fremdherrschaft stilisierte, was in mehreren Liedern
zum Ausdruck kommt (z. B. in den Liedern „Zu Mantua in Banden“ und „Als der
Sandwirth vom Passeier“). Einige dieser Lieder fanden durch das Männerchor­wesen
rasche Verbreitung. Darüber hinaus vertonten auch Tiroler Komponisten Texte
aus dem Umfeld der Befreiungskriege, wie etwa Gedichte von Christian Friedrich
Daniel Schubart (1739–1791), oder sie versuchten sich selbst in diesem Schreibstil
und verfassten hochsprachliche Liedtexte (siehe dazu Kapitel 13).
– Tiroler Sängergesellschaften
Der Erfolg der Tiroler Nationalsänger hing eng mit der Verklärung der Tiroler
Aufstände zum Kampf „David gegen Goliath“ zusammen. Die Sängergesellschaften nutzten die historischen Ereignisse für ihre Zwecke, indem sie das Klischee des
„treuen und biederen Tirolers“ bedienten und auch politische Lieder und Kriegslieder
kommerziell vermarkteten und international verbreiteten. Spätestens ab der Mitte
des 19. Jahrhunderts wurde eine große Anzahl von Tiroler Liedern produziert, von
denen nicht wenige auf die „1809-Thematik“ zumindest anspielen. Dass im Repertoire der Nationalsänger sowohl „echte“, also authentische Kriegs- und „Freiheitslieder“, als auch später neukomponierte Lieder zu finden sind, ist nachvollziehbar.
Überraschender scheint die Tatsache, dass (nicht nur) durch die Reisen der Sängergesellschaften in den englischen und amerikanischen Raum auch englischsprachige
„Freiheitslieder“ entstanden und verbreitet wurden. Manche der neukomponierten
Lieder wirken täuschend „ echt“, als ob sie zur Zeit der Aufstände entstanden wären.
Deshalb ist es oft schwierig, jene Lieder herauszufiltern, die tatsächlich im Zuge der
Kriegsgeschehnisse oder zumindest kurz danach verfasst wurden.
Aber auch in Bezug auf die „authentischen“ Tiroler Freiheitslieder ist die Verbreitungs- und Rezeptionsschiene der Nationalsänger höchst interessant, da deren Lieder
über das ganze 19. Jahrhundert hindurch immer wieder belegt sind. Anhand ihrer
Liederbücher und Konzertankündigungen kann man ab dem Ende der 1820er-Jahre
kontinuierlich ihr Repertoire nachverfolgen. Seine schrittweise „Modernisierung“
zeigt auch die Entwicklung des Stellenwerts der 1809-„Freiheitslieder“ unter den
„National­liedern“, wie die Lieder der Sängertruppen immer wieder genannt wurden,
auf. Die Lieder der Nationalsängergesellschaften sind auch hinsichtlich der Tatsache,
dass sie wirklich gesungen wurden, von Interesse. Denn andere einschlägige Liedersammlungen aus Tirol 72 geben zwar darüber Aufschluss, welche Lieder existierten
und bekannt waren, doch für den Bereich der politischen Lieder können wir daraus
nicht ableiten, dass sie auch tatsächlich gesanglich umgesetzt wurden oder verbreitet
waren. Im Gegensatz dazu zeigt uns das Nationalsängerrepertoire die Praxis, also
welche der politischen Lieder über einen längeren Zeitraum hinweg zur Aufführung
gelangten, weil sie zum Gebrauchsrepertoire der Berufssänger zählten.
Siehe z. B. Frankl (Hg.): Andreas Hofer im Liede (wie Anm. 57); Arnold/Wagner (Hg.): Achtzehnhundertneun (wie Anm. 63); Hörmann: „Die tirolischen Kriegslieder“ (wie Anm. 58); Bauer (Hg.): Tiroler
Kriegslieder (wie Anm. 60); Tiroler Volksmusikverein / Südtiroler Volksmusikkreis (Hg.): Echte Tiroler
Lieder. Ergänzte und kommentierte Neuausgabe der Tiroler Liedersammlungen von Franz Friedrich Kohl,
3 Bände, Innsbruck – Wien 1999.
72
24
Einleitung
– Authentische Lieder
Lediglich wenige „authentische“ Lieder mit Melodien sind noch bekannt. Unter
„authentischen“ Liedern verstehen wir jene Lieder, die sozusagen primärfunktional
eingesetzt wurden, beispielsweise Kampflieder, die man zur Zeit der krie­gerischen
Ereignisse sang. Dazu zählen das Spingeser Schlachtlied und das Boarlied, beide
gehören zu den bekanntesten „echten“ historisch-politischen Liedern, aber auch im
Repertoire der Nationalsänger findet sich das eine oder andere Lied, das für die
1820er-Jahre erstmals belegt ist (siehe dazu die Kapitel 14 und 15) und stilistisch
und formal ein „authentisches“ Lied sein könnte. Generell erkennt man authentische politische Lieder oder Kriegslieder daran, dass in den Texten kriegswichtige
Persönlichkeiten, bestimmte Kriegshandlungen, Kriegsschauplätze usw. genannt
werden. Derartige Lieder dienten zur Informationsübermittlung oder Motivation
zum Kampf. Später komponierte patriotische oder politische Tiroler Lieder hin­
gegen weisen die zu dieser Zeit im Ausland modischen Jodlerrefrains auf (derartige
Verzierungen wären in einem funktionalen Kriegslied überflüssig) oder bringen die
typischen Tiroler Klischees (atmosphärische Naturschilderungen wie wilde Gebirgsbäche, steile Felswände, feurige Augen, die von der Bergsonne gebräunte Haut usw.).
Die Liedgeschichten
Jedes der folgenden siebzehn Kapitel dieses Bandes stellt ein Lied in den Mittelpunkt,
anhand dessen ein bestimmter Aspekt der Thematik – je nach Autorin – eher aus
geschichts- oder aus musikwissenschaftlicher Perspektive beleuchtet wird. Das erste
Kapitel ist dem Lied „Den Stutzen hear, beym Soggara“ gewidmet, das eine auffallend
facettenreiche Rezeption aufweist. Als typischer Text der dialektal geprägten Kampfdichtung der Jahre 1796 und 1797 ist das Lied bis heute ein Begriff geblieben. Das
zweite Kapitel zeigt durch eine detaillierte Analyse des Liedtextes „Wir zieh’n an unsre
Gränzen hin“ (Neues Lied der Sterzinger Scharfschützen) die wesentlichen Aspekte und
den Sprachgebrauch der tirolischen Kriegspoesie um 1800 auf. In der dritten Lied­
geschichte analysieren wir anhand eines Kriegsliedes aus dem Jahr 1796 den damals
gängigen Vaterlandsbegriff und seinen Kontext. Das vierte Kapitel widmet sich politischen Gelegenheitsliedern, Kontrafakturen und kunstmusikalischen Auftragswerken im
Dienste der Obrigkeit. So wurde beispielsweise Schubarts Kaplied „Auf, auf ihr Brüder“
als Grundlage für Tiroler Umdichtungen verwendet. Das fünfte Kapitel über das Spingeser Schlachtlied beschreibt die Rezep­tionsgeschichte eines ursprünglich fast vergessenen authentischen Kampfliedes, das von der Innsbrucker Liedertafel Ende des 19. Jahrhunderts als „Tiroler Lied“ wiederbelebt wurde.
Mit dem sechsten und siebten Kapitel befinden wir uns bereits zeitlich voranschreitend in den Jahren der bayerischen Regierung in Tirol, die von 1806–1814 dauerte. Jene
Beiträge, in denen unter anderem die Lieder „König! Seit wir Dich gesehen“ (Empfindungen der Tyroler beym ersten Anblick ihres Königs und Seiner durchlauchtigsten Familie)
und „He Nochba Lenz beym Soggara“ (Volkslied in Tyrol über die Regierung Bayerns)
behandelt werden, bringen Beispiele für opportunes bzw. opportunistisches Singen für
die neue Regierung in Form von Lobliedern und oppositionelles Singen, meist in Form
von Scherz- und Spottliedern, gegen die bayerische Regierung. Affirmative Lieder dien-
Einleitung
25
ten der Stärkung des Patriotismus, während gleichzeitig die Urheber und Sänger oppositioneller Lieder, zu denen auch österreichische Kriegslieder zählten, verfolgt wurden.
Die Kapitel 8 und 9 bieten einen Überblick über die gesamte bekannte Kriegslyrik
des ereignisreichen Jahres 1809 in Tirol. Aus chronologischer Sicht stehen am Anfang
Jubellieder, sowohl von Tiroler als auch von bayerischer Seite, dann Lieder mit mobilisierendem Charakter, die jenen der Jahre 1796 und 1797 nicht unähnlich sind. Hier
gehen wir auch den ersten Spuren von Andreas Hofer im Lied nach und stellen fest, dass
seine Verehrung als Held zu seinen Lebzeiten mit einem Preislied begann.
Das wahrscheinlich schönste Lied dieser kriegerischen Zeit in Tirol ist „Die liebe
Feyerstunde schlägt“. Dieses Lied mit einer sozialkritischen Facette wurde von Hofer
selbst und seinen Begleitern in der Innsbrucker Hofburg gesungen und war im ganzen
deutschsprachigen Raum sehr beliebt. Später erfolgten Nachdichtungen im englischsprachigen Raum, in deren Titel stets auf Tirol verwiesen wird (siehe Kapitel 10). Auch
das berühmteste Lied der Tyrolienne-Mode, „Wann i in der Früh aufsteh“, wurde für
Tiroler Kampfliedtexte verwendet. Im englischsprachigen Raum war dieses Lied allerdings schon immer ein „Tiroler Freiheitslied“ (Tyrolese song of liberty) und wurde in
verschiedenen Versionen verbreitet (Kapitel 11).
Das zwölfte Kapitel, „Er hat als vagöß’n, er liebt das Tyrol“, beleuchtet die Rolle der
Musik als Teil von politischen Zeremonien. Als Fallbeispiel hierfür dient der Besuch
des bayerischen Kronprinzen Ludwig, für den eine Bauernhochzeit mit musikalischer
Umrahmung inszeniert wurde. Dieser Quelle werden Gerichtsakten gegenübergestellt,
die zeigen, wie das Singen von aufrührerischen, Andreas Hofer und den Aufstand verherrlichenden Liedern im Jahr 1811 abgestraft wurde. Tiroler Komponisten wie Johann
Baptist Gänsbacher und Josef Abenthung schrieben einige politische Kunstlieder, die,
ebenso wie die volkstümlichen Biedermeierlieder des „Volkssängers“ Christian Blattl, in
diesem Rahmen nicht fehlen dürfen (Kapitel 13).
Mehrere interessante politische Lieder wurden durch Nationalsänger überliefert, wie
etwa „Jauchzet singet frohe Lieder“, ein „authentisches“ Lied der Zeit der Aufstände,
das durch die Nationalsänger Rainer bis in die USA weitergetragen wurde (Kapitel
14). Auch das Lied Anno Neun, ebenfalls höchstwahrscheinlich ein authentisches Lied,
wurde durch eine Sängergesellschaft verbreitet, nämlich durch die Nationalsänger Leo,
deren Repertoire erstaunlich viele politische Lieder beinhaltete (Kapitel 15).
Mit Kapitel 16 („Sie führen mich aus dem Land mit größtem Spott und Schand’“)
haben wir uns gänzlich von den politischen, zeitgenössisch relevanten Liedern entfernt
und befinden uns nun in einer Zeit, in der der Tiroler „Nationalheld“ Andreas Hofer
Stilisierung und Romantisierung erfährt. Dies äußert sich auch in Liedern, wie beispielsweise im heute noch bekannten Lied „Ach Himmel, es ist verspielt“, dessen Rezeptionsgeschichte nachgezeichnet wird.
Der letzte Beitrag behandelt die heutige Tiroler Landeshymne „Zu Mantua in Banden“ und somit jenes Lied, das am meisten mit den Tiroler Aufständen in Verbindung
gebracht wird. Jedoch wurde es weder von einem Tiroler gedichtet, noch von einem
Tiroler komponiert und ebenso wenig in Tirol um 1809 oder unmittelbar danach
gesungen (Kapitel 17).
Abschließend noch eine typografische Anmerkung: Liedtitel werden, ebenso wie
Werktitel, Bezeichnungen von Institutionen u. ä. kursiv dargestellt, während Lied-,
Strophen- und Refrainincipits wie Zitate unter Anführungszeichen gesetzt werden.
Kapitel 1
„Den Stutzen hear, beym Soggara“.
A Lied im Franzosen-Rummel 1796
Silvia Maria Erber
Vom feurigsten Patriotismus beseelt, bildeten sich fast in ganz Tyrol Compagnien freiwilliger
Landes­vertheitiger, die sogleich an die Gränzen dem Feind entgegenzogen. So ward auch in Innsbruck eine Compagnie unter dem Namen der Exemten formirt, die aus Kavalieren, Beamten,
Studenten und Bauern, beiläufig aus 200 Mann, bestand. Allenthalben ertönten patriotische Lieder,
von denen die 2 nachstehenden als die beliebtesten von jung und alt überall gesungen wurden.1
So schildert der gebürtige Tiroler und lange als Domkapellmeister im Stephansdom zu
Wien tätige Komponist und Dirigent Johann Baptist Gänsbacher (1778–1844) in seiner Autobiografie die allgemeine Aufbruchsstimmung in der Bevölkerung in den Jahren
1796 und 1797, als sich die Nachricht, die französischen Truppen seien schon in Tirol
eingedrungen, wie ein Lauffeuer verbreitete. Gänsbacher2 hatte sich den freiwilligen Landesverteidigern angeschlossen.3 Seine Bemerkung über zwei „patriotische Lieder“ ist von
besonderem Interesse, bietet sie doch einen der wenigen Kommentare aus zeitgenössischen Selbstzeugnissen, die wir über das Singen von politischen bzw. politisch verwendeten Liedern in der Zeit um 1800 in Tirol kennen. Eines der beiden 1796 besonders
beliebten Lieder, von denen Gänsbacher berichtet, ist „Den Stutzen hear, beym Soggara“,
zu dem er sogar die Melodie anführt (siehe Abb. 1).4 Der Text stammt, wie noch näher
auszuführen ist, von Johann Friedrich Primisser (1757–1812). „Soggara“ ist eine verkürzende Verballhornung von „Sakrament“, ein Ausruf, der semantisch dem Ausruf „zum
Teufel noch mal!“ entspricht („Her mit dem Gewehr, zum Teufel noch mal!“). Über den
Urheber der Melodie ist hingegen nichts bekannt. Da Primisser für die meisten seiner
Liedtexte bekannte Weisen verwendete und die Weise dem Textfluss nicht gut angepasst
ist, kann man vermuten, dass sie bereits vor der Entstehung des Textes existierte.
Der wehrhafte Tiroler – eine Interpretation
Nur für wenige Lieder gibt es eine derart differenzierte Quellenlage wie für das Lied
„Den Stutzen hear, beym Soggara“, das auch unter dem Titel A Lied im Franzosen-Rummel 1796 bekannt wurde. Diese Bezeichnung ist ganz offensichtlich eine Reminiszenz
an den knapp hundert Jahre davor stattgefundenen „bayerischen Rummel“, von dem an
späterer Stelle noch ausführlich zu sprechen sein wird. Zunächst sei hier die bekanntere,
jedoch nicht ursprüngliche Version des Liedes angeführt, so wie sie in vielen Lieder­
büchern abgedruckt ist (S. 29f.).
Walter Senn (Hg.): Johann Gänsbacher. Denkwürdigkeiten aus meinem Leben, Thaur 1986, S. 5.
Weitere biografische Angaben zu Gänsbacher finden sich im Kapitel 13 in diesem Band.
3
Senn (Hg.): Gänsbacher (wie Anm. 1), S. V.
4
Das zweite Lied „Feinde ringsum“ wird im Kapitel 4 in diesem Band ausführlich besprochen.
1
2
28
Kapitel 1
Abb. 1: Handschriftliche Aufzeichnung des Liedes „Den Stutzn her beym Soggara“ in der Autobiografie
Denkwürdigkeiten aus meinem Leben von Johann Baptist Gänsbacher, 1796 (Tiroler Landesmuseum Fer­
dinandeum, Innsbruck, FB 15546).
A Lied im Franzosen-Rummel 1796
A Lied im Franzosen-Rummel 1796.
Den Stutzen hear, beym Soggara.
Was wöll’n denn d’Franzosen?
Hö! moanen sie mit ihrem Gschroa,
Mier haben ’s Hearz in d’Hosen!
An schwanzigen Tyrolar Bue
Darfst du nit dreymal fragen;
Weard er dir wirsch, aft schau nur zue,
Er nimpt di glei bam Kragen.
Die Walschen! ja, daß Gott erbarm,
Seyn freila pure Heiter,
Sihst afa den Tyrolar Arm?
Huj! nur koan Schritt mea weiter.
Ja, sproz nur einer Tuifelsboan,
Mier wöll’n dirs schon drahnen,
Was ’s Stutzl nit derthuet: derthoan
Die Stoaner-Krafellahnen.
Für üns ists krad a Kirchtatanz.
Denn mier – mier halten zsamen,
Und lieben Gott und Kaiser F r a n z
Und ünser Landl Amen.
A hab’n mier ünsrer Alten Lehr
Bey weiten nit vergessen,
Die haben sich mit Ruam und Ehr,
Mit zwean auf oamal gmessen.
Mei Voda hat mar oft erzöhlt:
Wie er hat Boarn gschossen,
Sie purzelten vom Bley geföllt
Von machtig hoachen Rossen,
Und was das hoaße Bley verschont,
Dermaggeten die Stoaner,
I selber sach im Oberland
An Haufen Todtenboaner.
A kamen bis ge Trient herauf
Zu gleicher Zeit d’Franzosen,
Aft der Tyrolar Stutzenlauf,
Der hat sie machen losen.
Der Pseirer und der Etschmann schoß
Mit Heldenmueth darunter,
Und jeder Schuß traf Mann und Roß,
Da lag der ganze Plunder.
Und mier – mier sollten g’schlechter sein,
Als ünsere braven Alten?
Huj auf Tyrolar würg, hau drein,
Laß Stutzl nie derkalten.
Du Oberländer, felsenvest
Wie deine Ferner gfroaren,
Stell di hinauf ins Adler Est [recte: Nest]
Dött kannst sie niederboaren.
29
30
Kapitel 1
Der Unterländer Lotar nach
Herauf in dicken Poisen,
Er kuit Tabagg und kuiet Rach
Und Toad für die Franzoisen.
Der Vinschger steat schon eisenvest
Der Nagste den Gefahren,
Laßt sech’n, Mander! wer ziehts Best
Wer treibt’n Feind zu Paaren.
Laut hallt der Brenner und die Sill
Von Kriegerjubel-Lieder,
Lost Brüeder, was a Jubel, still
Still vorwerts, vorwerts Brüeder.
Dort kümmt der flinke Pustrer Buj
Den Huet besteckt mit Rosen,
A fuirigs Aug! mein Oada hui’
Wo, wo seyn denn d’Franzosen?5
Dieser Text beinhaltet viele typische Merkmale der zahlreichen mobilisierenden Lieder, die anlässlich der Landesverteidigung 1796 und 1797 verfasst wurden. Neben
mehreren, meist am Beginn eines Verses benutzten Agitationsformeln („Den Stutzen
hear […]!“, „Huj auf Tyrolar“, „Still vorwerts, vorwerts Brüeder“) benutzt der Dichter
direkte Aufforderungen im Vokativ („würg, hau drein, / Laß Stutzl nie derkalten“, „Stell
di hinauf ins Adler [N]est / Dött kannst sie niederboaren“, „Laßt sech’n, Mander!“) und
die Strategie der Verharmlosung des Kampfes („für üns ists krad a Kirchtatanz“), um
seinem Lied mehr Eindringlichkeit zu verschaffen.
An schwanzigen Tyrolar Bue
Darfst du nit dreymal fragen;
Weard er dir wirsch, aft schau nur zue,
Er nimpt di glei bam Kragen.6
„Der Tiroler fackelt nicht lange im Kampf“ – das ist die Grundaussage dieser Strophe und
vieler anderer Verse, die sich nicht nur im Lied „Den Stutzen hear, beym Soggara“, sondern
in fast allen Liedern finden lassen, die zur Mobilisierung 1796/1797 gedichtet wurden.
Dass diese Art der Rhetorik, die den Tiroler Kriegern männliche, wehrhafte Charakterzüge zuschreibt, Mut machen möchte, ist in Agitationsliedern sicher nicht verwunderlich.
Hinter dem Topos der „besonderen Wehrhaftigkeit“ der Tiroler Bevölkerung steckt aber
Johann Friedrich Primisser: A Lied im Franzosen-Rummel 1796, in: Joseph Emanuel Bauer (Hg.): Tiroler
Kriegslieder aus den Jahren 1796 und 1797. Gesammelt und zur Jahrhundertfeier herausgegeben, Innsbruck
1896, S. 47–49; erster Druck in: Anton Emmert (Hg.): Almanach für Geschichte, Kunst und Literatur von
Tirol und Vorarlberg, 1. Jahrgang, Innsbruck 1836, S. 145–147; siehe auch Franz Wilhelm von Ditfurth
(Hg.): Historische Volkslieder der Zeit von 1756 bis 1871. 1. Band, 2. Heft: Die historischen Volkslieder vom
Ende des siebenjährigen Kriegs, 1763 bis zum Brande von Moskau, Berlin 1872, S. 176–178. – Dass das
Lied im Gegensatz zu Bauers Behauptung nicht von Johann Baptist Primisser (1739–1815), Archäologe
und Schlosshauptmann zu Ambras, stammt, sondern von Johann Friedrich Primisser, gilt als unbestritten;
siehe Othmar Schissel von Fleschenberg: „Die erste handschriftliche Fassung von J. F. Primissers Kriegslied ‚N’Stutzen hear bam Sokara‘ 1796“, in: Zeitschrift des Ferdinandeums, 3. Folge, 49. Heft (1905),
S. 447–451.
6
Primisser: A Lied im Franzosen-Rummel 1796 (wie Anm. 5), S. 47.
5
A Lied im Franzosen-Rummel 1796
31
letztlich viel mehr als nur eine vorübergehende Kampf­rhetorik.7 Weder wurde er in den
Kriegs- und Kampfliedern der Jahre 1796 und 1797 neu erfunden, noch beschränkte er
sich bloß auf lyrische Texte. Spätestens ab der Mitte des 19. Jahrhunderts wird aus politischen, publizistischen sowie historiografischen Diskursen erkennbar, auf welche Weise
die Wehrhaftigkeit der Tiroler zu einem Teil des „Tiroler Sonderweges“ wurde.8 Schon
während der gesamten Neuzeit spielten die Elemente dieses Sonderweges keine unwesentliche Rolle. So betonten etwa die Tiroler Stände unter dem Hinweis auf die Tiroler Wehr­
verfassung des Jahres 1511 und den militärischen Erfolg des Jahres 1703 die herausragende
Wehrhaftigkeit der Tiroler. Sie diente als Argumentation gegen die Bestrebungen des
Landesfürsten bzw. der Zentralregierung in Wien, die Wehrverfassung Tirols zu ändern.9
Überhaupt, so führt die Historikerin Astrid von Schlachta aus, nahm die bewusste Erinnerung an die Privilegien und Rechte, die die Grafschaft Tirol von anderen Territorien im
habsburgischen Herrschaftsgebiet in der Neuzeit unterschieden, einen wesentlichen Platz
in der politischen Kommunikation zwischen den Ständen Tirols und der österreichischen
Zentralregierung in Wien ein.10 Die Akzentuierung der besonderen Wehrhaftigkeit blieb
lange auf den politischen, d. h. ständischen Diskurs beschränkt, ehe sie im 18. Jahrhundert, spätestens seit den Kämpfen gegen das französische Revolutionsheer 1796 und 1797,
stärker in die öffentliche Sphäre rückte: „Die Ereignisse 1796/1797 hatten freilich dazu
geführt, dass das Loblied der eigenen Wehrhaftigkeit auch über die politische Ebene der
Stände hinaus nachklang“. Theaterstücke, Reisebeschreibungen und ähnliche Texte zeugen davon.11 So wie er bis in die Gegenwart noch in vielerlei Hinsicht nachklingt bzw.
erstaunlich ernst genommen wird – man werfe nur einen Blick auf die Internetseiten
einiger Schützenvereine –, erfüllte der Topos der Wehrhaftigkeit in den mobilisierenden
Liedern der Jahre 1796 und 1797 natürlich in erster Linie einen appellativen Zweck. Die
Adressaten in ihren Fähigkeiten zu bestärken, sie zu motivieren, ihnen mit klaren Worten
verstehen zu geben, dass sie einem Kollektiv angehören, das schon in der Vergangenheit
große militärische Erfolge erzielt habe, und dass seit jeher Tapferkeit, Mut und Wehrhaftigkeit den Tiroler auszeichneten, ist eine deutlich erkennbare Strategie der Mobilisierung.
In vielen ähnlichen Liedern lesen wir von einem „tapfre[n] Schützenheere“12, von
der „muth’gen“ oder auch „tapfern Brennenschaar“.13 Die Adjektive für die Tiroler sind
Martin P. Schennach: „Der wehrhafte Tiroler. Zur Entstehung, Wandlung und Funktion eines Mythos“,
in: Oswald Überegger / Camillo Zadra (Hg.): Region in Waffen / Regioni in armi, Innsbruck – Wien
2005 (Geschichte und Region / Storia e Regione 14/2), S. 81–112, hier S. 84–88.
8
Zum „Tiroler Sonderweg“ gehörten neben der besonderen Wehrhaftigkeit auch die politische Selbstständigkeit, der Katholizismus und die Habsburgertreue, die der Tiroler Bevölkerung einerseits zugesprochen wurde (und noch immer wird), die aber auch von ihr selbst gepflegt wurde; siehe Martin P.
Schennach: Revolte in der Region. Zur Tiroler Erhebung von 1809, Innsbruck 2009 (Veröffentlichungen
des Tiroler Landesarchivs 16), S. 143.
9
Schennach: Revolte (wie Anm. 8), S. 164f.
10
Astrid von Schlachta: „Die ‚Verfassung‘ des Landes – ein Erinnerungsort in der politischen Kommunikation in Tirol“, in: Brigitte Mazohl / Bernhard Mertelseder (Hg.): Abschied vom Freiheitskampf? Tirol und
‚1809‘ zwischen politischer Realität und Verklärung, Innsbruck 2009 (Schlern-Schriften 346), S. 129–152.
11
Schennach: Revolte (wie Anm. 8), S. 169.
12
Johann Baptist Primisser: Für die Tyroler Scharfschützenregimenter den 27n May 1796, in: Bauer (Hg.):
Tiroler Kriegslieder (wie Anm. 5), S. 39–42, hier S. 39; erster Druck in: Emmert (Hg.): Almanach (wie
Anm. 5), S. 143–145. Siehe auch Liedindex, Nr. 114.
13
Joseph Freiherr von Hormayr zu Hortenburg: Volkslied den tapfern Tyroler-Schützen und Landleuten,
welche im Begriffe stehen, ihr Vaterland wider die alleszerstörende Frankreicher muthig zu vertheidigen, in:
7
32
Kapitel 1
„wax“14 (tapfer) und „unbesiegt“ („Ich weiß, daß ihr Tyroler seid! Und unbesiegt geblieben!“).15 Der „Heldenmuth“ wird ebenso beschworen („Greifet an mit Heldenmuth“, „Laßt den Heldenmuth nicht sinken“16) wie die Tapferkeit („Auf tapferes Tirol!
Du Mutter selt’ner Schützen“,17 „Durch Muth, durch Treu’, durch Tapferkeit“18) und
die Fähigkeit, mit der Waffe geschickt umzugehen („Auf tapferes Tirol! Du Mutter
selt’ner Schützen“19 bzw. „Mit Adlerblicke zielt der Tyroler hin“20). Zum Stereotyp des
wehrhaften Tirolers zählt weiters die Eigenschaft, sich nicht so schnell geschlagen zu
geben:
Fühlt den Unterschied der Menschen,
Der in unsern rauhen Gränzen
Voll von Muth und That beginnt
Wißt, dass hier nicht Leute leben,
Die sich schon gefangen geben,
Eh sie noch den Kampf versucht.21
[…]
Wenn jener Muth in euch noch wohnet,
Der einstens die Franzosen schlug,
Der keiner Feinde je geschonet.
Und nie getrauet dem Betrug.22
Bauer (Hg.): Tiroler Kriegslieder (wie Anm. 5), S. 5–7, hier S. 5. Siehe auch Liedindex, Nr. 146. Der
eingedeutschte Begriff „Brennen“, wie hier in „Brennenschaar“, ist vermutlich ein Rückgriff auf die
antike Bezeichnung für eine ethnische Gruppe, die im ersten nachchristlichen Jahrhundert zur Zeit des
Durchzugs der römischen Truppen in der Nähe des Alpenpasses südlich von Innsbruck, am „Brenner“,
lebte; siehe Karlheinz Dietz: „Breuni (Breones)“, in: Hubert Cancik / Helmuth Schneider (Hg.): Der
Neue Pauly. Enzyklopädie der Antike. Altertum. 2. Band: Ark–Ci, Stuttgart – Weimar 1997, Sp. 769f. Die
Verwendung antiker Termini verrät an dieser Stelle den gebildeten Autor. Der Begriff der „Brennenschaar“ soll in diesem Lied in erster Linie die Kontinuität des eigenen Volkes bis in die Antike belegen.
14
Peter Paul Staudacher: An die frischen Tyroler bey Gelegenheit des Franzosen Krieges. Verfaßt und abgesungen mit Begleitung der türkischen Musik von P. P. Staudacher, Chorregent den 3. Julius 1796, auf der
Schießstatt zu Schwaz, in: Bauer (Hg.): Tiroler Kriegslieder (wie Anm. 5), S. 10–12, hier S. 10, sowie in:
Ditfurth (Hg.): Die historischen Volkslieder (wie Anm. 5), S. 217f. Siehe auch Liedindex, Nr. 79.
15
Hormayr-Hortenburg: Volkslied den tapfern Tyroler-Schützen (wie Anm. 13).
16
Anon.: Schützen-Lied von einem Bauern von Hötting gemacht 1796, in: Bauer (Hg.): Tiroler Kriegslieder
(wie Anm. 5), S. 16–19, hier S. 17; siehe auch Flugblatt am Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum,
Innsbruck (im Folgenden: TLMF), FB 1197/83, und Emmert (Hg.): Almanach (wie Anm. 5), S. 130–
132. Siehe auch Liedindex, Nr. 10.
17
Anon.: Empfindungen eines getreuen Patrioten bei Vertheidigung des Vaterlandes (1796), in: Bauer (Hg.):
Tiroler Kriegslieder (wie Anm. 5), S. 20. Siehe auch Liedindex, Nr. 144.
18
Riedl (Vorname nicht überliefert): Wahrheiten für gegenwärtigen Zeitpunct. An alle Tyroler und Freunde
des Fürsten, in: Bauer (Hg.): Tiroler Kriegslieder (wie Anm. 5), S. 21–26, hier S. 23; erster Druck in:
Emmert: Almanach (wie Anm. 5), S. 126–130. Siehe auch Liedindex, Nr. 145.
19
Anon.: Empfindungen eines getreuen Patrioten (wie Anm. 17).
20
J. Rinna (Vorname nicht überliefert): An die Tyroler, in: Bauer (Hg.): Tiroler Kriegslieder (wie Anm. 5),
S. 31–33, hier S. 32; erster Druck in: Emmert: Almanach (wie Anm. 5), S. 121f. Siehe auch Liedindex,
Nr. 171.
21
Anon.: Lied der wackeren Etschländer die zur Vertheidigung des Vaterlandes auf den Gränzen stehen, in:
Bauer (Hg.): Tiroler Kriegslieder (wie Anm. 5), S. 57–60, hier S. 59. Siehe auch Liedindex, Nr. 107.
22
Riedl: Wahrheiten für gegenwärtigen Zeitpunct (wie Anm. 18), S. 21.
A Lied im Franzosen-Rummel 1796
33
Eine weitere den Tirolern attestierte Eigenschaft ist die Unerschrockenheit vor dem
Feind:
Denkt es hat der Saft der Reben
Uns auch Kraft, und Muth gegeben
Feindes Menge nicht zu scheu’n; –
Kommt ihr gleich zu vielen tausend,
Kommt ihr gleich wie Stürme brausend;
Zittert kein Tyroler nicht.23
Tapfre Waffenbrüder!
Brauchet nach Tyroler-Sitt
Eure Röhre wieder.24
Im Lied „Den Stutzen hear, beym Soggara“ stechen vor allem einige Strophen besonders
ins Auge, verknüpft sich doch hier die Rhetorik der Wehrhaftigkeit mit der „Erinnerung“ an ein konkretes historisches Ereignis, das trotz seiner großen zeitlichen Distanz
zu 1796, nämlich beinahe hundert Jahre, immer noch einen wesentlichen Platz in der
Erinnerungskultur der Menschen einnahm. Ich zitiere nochmals aus unserem Lied:
[…]
A hab’n mier ünsrer Alten Lehr
Bey weiten nit vergessen,
Die haben sich mit Ruam und Ehr,
Mit zwean auf oamal gmessen.
Mei Voda hat mar oft erzöhlt:
Wie er hat Boarn gschossen,
Sie purzelten vom Bley geföllt
Von machtig hoachen Rossen,
Und was das hoaße Bley verschont,
Dermaggeten die Stoaner,
I selber sach im Oberland
An Haufen Todtenboaner.
A kamen bis ge Trient herauf
Zu gleicher Zeit d’Franzosen,
Aft der Tyrolar Stutzenlauf,
Der hat sie machen losen.
Der Pseirer und der Etschmann schoß
Mit Heldenmueth darunter,
Und jeder Schuß traf Mann und Roß,
Da lag der ganze Plunder.
Und mier – mier sollten g’schlechter sein,
Als ünsere braven Alten?
[…]25
Anon.: Lied der wackeren Etschländer (wie Anm. 21), S. 58f., sowie TLMF, Dip. 193.
Anon.: Lied für die Tyrolischen Landesvertheidiger beym zweyten Einbruche der Franzosen. 1797, in: Bauer
(Hg.): Tiroler Kriegslieder (wie Anm. 5), S. 83–87, hier S. 83. Siehe auch Liedindex, Nr. 169.
25
Primisser: A Lied im Franzosen-Rummel 1796 (wie Anm. 5), S. 48.
23
24
34
Kapitel 1
Bezug genommen wird auf das Jahr 1703, heute bekannt als das Jahr des „Bayern­
einfalls“ bzw. des „bayerischen Rummels“. Damals gelangte Tirol zwischen die Fronten
des Spanischen Erbfolgekrieges, der zwischen 1701 und 1714 auch aufgrund kolonialer Interessen der verschiedenen Gegenspieler große Teile der damals bekannten Welt
involvierte und deshalb in der Literatur auch bereits als „Weltkrieg“ bezeichnet wird.26
Nach dem Tod des kinderlosen spanischen Königs Karl II. im Jahr 1700 kam es infolge
mehrerer, unterschiedlicher Erbansprüche zu einem Krieg zwischen Frankreich und
Bayern auf der einen und der habsburgischen Monarchie, dem Heiligen Römischen
Reich und seinen Verbündeten Großbritannien, Niederlande, Preußen und Savoyen auf
der anderen Seite. Während der bayerische Kurfürst Max Emanuel den Thronanspruch
von Philip von Anjou von Frankreich unterstützte und sich damit gegen die Reichs­
politik stellte, strebten die Verbündeten der Habsburger, vor allem England, durch ihre
militärische Unterstützung auf der Seite des habsburgischen Kandidaten Karl III. (des
späteren Kaisers Karl VI.) einen Ausgleich der europäischen Machtpolitik an, der im
Falle, dass Frankreich und Spanien unter die bourbonische Krone gelangten, nicht mehr
garantiert gewesen wäre. Der bayerische Kurfürst Max Emanuel erblickte in diesem
Krieg die Möglichkeit zur Realisierung seiner expansiven Pläne bzw. auch zur Erlangung einer Königskrone, wenn nötig selbst im Tausch.27 Auch Tirol suchte er aufgrund
alter mittelalterlicher Ansprüche einzunehmen.28 Nach den Besetzungen mehrerer freier
Reichsstädte und damit dem Beginn eines Krieges zwischen dem Reich und einem
wichtigen Reichsstand erfolgte im Juni 1703 der Einmarsch in Tiroler Territorium.
Nach der Einnahme der größeren Ortschaften im Unterinntal konnte der Vormarsch
des bayerischen Heeres von den zum Landsturm einberufenen Männern mithilfe unüblicher Kampftaktiken wie Steinlawinen und ins Rollen gebrachte Baumstämme an der
Pontlatzer Brücke bei Landeck gestoppt werden. Schon kurze Zeit später, nach einigen weiteren Scharmützeln im Unterland, galt Tirol als zurückerobert, das bayerische
Heer hatte sich bis Kufstein zurückziehen müssen. Die Ereignisse des Jahres 1703 galten
fortan, wie oben bereits kurz ausgeführt, als ein Beispiel für die besondere Wehrhaftigkeit der Tiroler Bevölkerung. „Die Tragweite und Wirkung dieses Ereignisses aber“,
urteilt der Historiker Georg Mühlberger, „reicht über ein gutes Jahrhundert herauf bis
zu den Kämpfen von 1809“.29 Der Dichter des Liedes strengt im oben zitierten TextNeuere Aufsätze dazu z. B. in: Friedrich Edelmayer / Virginia León Sanz / José Ignacio Ruiz Rodríguez
(Hg.): Hispania – Austria III. Der Spanische Erbfolgekrieg, Wien – München 2008 (Studien zur Geschichte
und Kultur der iberischen und iberoamerikanischen Länder 13).
27
Leopold Auer: „Zur Rolle Bayerns in der Anfangsphase des Spanischen Erbfolgekrieges“, in: Martin P.
Schennach / Richard Schober (Hg.): 1703. Der „Bayerische Rummel“ in Tirol. Akten des Symposiums des
Tiroler Landesarchivs Innsbruck, 28.–29. November 2003, Innsbruck 2003 (Veröffentlichungen des Tiroler
Landesarchivs 10), S. 39–50, hier S. 40.
28
Georg Mühlberger: „Absolutismus und Freiheitskämpfe (1665–1814)“, in: Josef Fontana / Peter W.
Haider / Walter Leitner / Georg Mühlberger / Rudolf Palme / Othmar Parteli / Josef Riedmann (Hg.):
Geschichte des Landes Tirol. 2. Band: Die Zeit von 1490 bis 1848, Bozen – Innsbruck – Wien 1986,
S. 290–562, hier S. 304f. Speziell zur bayerischen Perspektive: Reinhard Heydenreuter: „Der ‚Bayerische Rummel‘ 1703 aus der Sicht bayerischer Quellen“, in: Schennach/Schober (Hg.): Der „Bayerische
Rummel“ (wie Anm. 27), S. 83–98.
29
Mühlberger: „Absolutismus und Freiheitskämpfe“ (wie Anm. 28), S. 304–306. Zu den ökonomischen
Folgen dieser Invasion siehe Franz Mathis: „Der ‚Bayerische Rummel‘ 1703 und die Tiroler Bevölkerung: Wie groß waren die Schäden?“, in: Schennach/Schober (Hg.): Der „Bayerische Rummel“ (wie
Anm. 27), S. 75–82.
26
A Lied im Franzosen-Rummel 1796
35
beispiel eine unübliche Art der Personalisierung an, wenn er von seinem eigenen Vater
erzählt, der selbst an der Pontlatzer Schlacht teilgenommen haben soll – in Anbetracht
der drei Generationen, die zwischen 1703 und 1796 gelebt haben, ein offenkundiger
rhetorischer Kunstgriff.
Das Auffällige an den Liedtextstellen mit Bezug auf 1703 ist – und davon gibt es
nicht wenige –, dass sie wie kleine Erzählungen anmuten, sich über mehrere Strophen
erstrecken und somit in einigen Liedern außerordentlich breiten Raum einnehmen.
Die Männer, die damals kämpften, werden als „Väter“ bezeichnet – natürlich mit der
Absicht, die Identifikation der 1796 und 1797 kämpfenden Männer mit ihren Vorgängern zu intensivieren. Fast alle diese Lieder schließen mit einem Aufruf, dem Beispiel der
Ahnen zu folgen, wie auch in den folgenden Liedbeispielen:
Werft auf eurer Väter Thaten einen Blick zurück;
Diese frommen Helden bathen Gott um Segen,
und sie hatten Sieg und Ehr und Glück. […]
Denkt an Eure Ahnen stolz zurück,
an die Siegesfahnen und ihr Glück.
Gallier und Bajoaren, die das Land verheert,
trieben sie in großen Schaaren,
doch zu gleich Zeit zu Paren,
Wie die Chronik lehrt.
Folget dieser Lehre,
Folgt ihr nach
Ladet in die Röhre
Tod und Rach.30
Blick tröstlich auf die Zeit, auf ’s Beispiel deiner Ahnen,
Auf ihr’ durch Tapferkeit erworbne Siegesfahnen.
Sie gingen dir voraus im Feldzug Anno D r e y ,
Mit vollem Heldenmuth, sie stritten ohne Scheu,
Auf Gottes Macht gestützt, ergriffen sie die Waffen,
Um den sehr stolzen Feind aus ihrem Land zu schaffen,
Der auch gleich weichen mußt’ mit allen seinen Listen:
Sie kämpften ritterlich, und siegten auch als Christen.
Folgt also ihnen nach, schwört Gott und Kaiser Treu,
Bleibt wie die Felsen fest, hegt weder Furcht noch Reu,
[…]
Und ihrer Ahnen Ruhm noch in dem Grab zu mehren.31
Auf die 1703 erfolgreich erprobte Gefechtsstrategie des Steinerollens kommen die Lieddichter des Öfteren zu sprechen, im vorhin zitierten Beispiel ebenso wie in den folgenden:
Ergreift den Stutzen noch einmahl,
Die Lanze, die Musquette;
Häuft rege Steine ohne Zahl
Auf unsrer Felsenkette!
Primisser: Für die Tyroler Scharfschützenregimenter (wie Anm. 12).
Anon.: Aufmunterung des getreuen Tyrolers zum Vaterlands-Schutze; Verfasst von einem getreuen Patrioten
zu Innsbruck 1796, in: Bauer (Hg.): Tiroler Kriegslieder (wie Anm. 5), S. 3f.; erster Druck in: Emmert
(Hg.): Almanach (wie Anm. 5), S. 123f. Siehe auch Liedindex, Nr. 142.
30
31
36
Kapitel 1
Zeigt euch der braven Väter werth,
Die haben euch den Kampf gelehrt
Auch ohne Stuck und Pferd!32
Wann der Tyrolar will,
(Ös därfts mars glabn)
Falln Französlar viel,
Fülln dö Grabn.
Sia wissans lange schain,
Wie mar jens machn:
Büchsn und Häuf ’n Stain
Laß mar drauf krachn.33
Die Bezeichnung der Väter bzw. Ahnen als Helden lässt auch auf den Stellenwert schließen, den die Erinnerung an 1703 („Anno Drey“, wie es in diesen Quellen oft heißt)
einnimmt:
Oft war Tyrol in der Gefahr,
doch ging es nie zu Grunde.
Es riß der tapfern Brennenschaar
es aus Alektos34 Schlunde.
Bleibt eurer Aeltern Tugend hold!
Ihr siegt; nach tapfer’m Streiten
wie einstens unter Leopold
so unter F r a n z d e m Z w e y t e n .35
Tyroler unbesiegte Treu
Ist immer noch wie Anno Drey,
Was unsre Arme stählt.36
Gleichet eurer Väter Stärke,
Die die Zahl zum Fall gebracht;
Mit vereinter Helden Werke –
Trotzten sie der Uebermacht.37
Anon.: Das höchste Geburtsfest Sr. Majestät des Kaisers Franz des Zweyten, in: Bauer (Hg.): Tiroler
Kriegslieder (wie Anm. 5), S. 92f., hier S. 93, sowie in Ditfurth (Hg.): Die historischen Volkslieder (wie
Anm. 5), S. 218f. Siehe auch Liedindex, Nr. 148.
33
Peter Paul Staudacher: Duxer-Lied an die Tyrolischen Landesvertheidiger von P. P. Staudacher, Chorregent
zu Schwatz 1797, in: Bauer (Hg.): Tiroler Kriegslieder (wie Anm. 5), S. 96–99, hier S. 97, sowie in: Ditfurth (Hg.): Die historischen Volkslieder (wie Anm. 5), S. 219–222, hier S. 220, und in: Friedrich Leonard von Soltau (Hg.): Ein Hundert Deutsche Historische Volkslieder, Leipzig 1836, Nr. 91, S. 570–574,
hier S. 572. Siehe auch Liedindex, Nr. 137.
34
Alekto ist in der griechischen Mythologie eine der Rachegöttinnen, genannt Erinyen; vgl. Wolfgang
Fauth: „Erinys“, in: Konrat Ziegler (Hg.): Der Kleine Pauly. Lexikon der Antike, 2. Band, Innsbruck
1967, S. 358f.
35
Hormayr zu Hortenburg: Volkslied den tapfern Tyroler-Schützen (wie Anm. 13), S. 7.
36
Anton von Remich: Kriegslied beym Abmarsche der Tyroler Scharfschützen im May 1796, in: Bauer (Hg.):
Tiroler Kriegslieder (wie Anm. 5), S. 56f., hier S. 56. Siehe auch Liedindex, Nr. 150.
37
M. E. Ment (Vornamen nicht überliefert): Erfahrung für gegenwärtige Lage den Bürgern Innsbrucks
geweiht von einem patriotischen Freunde M. E. M., den 12ten Juni 1796, in: Bauer (Hg.): Tiroler Kriegslieder (wie Anm. 5), S. 8–10, hier S. 8. Siehe auch Liedindex, Nr. 143.
32
A Lied im Franzosen-Rummel 1796
37
Wie wird’s eure Väter im Grabe dann freu’n,
Wenn ihr, wie sie bieder, und tapfer werd’t seyn,
Sie haben die Feind aus dem Lande gejagt –!
Vereinigte Brüder! seyd auch nicht verzagt! –38
Wenn jener Muth in euch noch wohnet,
Der einstens die Franzosen schlug […].39
Zunächst mag es erstaunlich wirken, dass sich Lieddichter der Jahre 1796 und 1797
mit einer derart großen Intensität auf die Ereignisse von 1703 beziehen und diese sogar
teilweise als miterlebte Geschehnisse darstellen. Doch die Ähnlichkeit der beiden Kriege
– das mit den Franzosen verbündete bayerische Heer, der Umstand, dass in beiden
Fällen die Tiroler bei der Landesverteidigung im Wesentlichen auf sich alleine gestellt
waren und von den österreichischen Truppen kaum unterstützt wurden – bietet eine
Erklärung dafür. Die Liedtexte deuten darauf hin, dass die Bevölkerung als Adressat
dieser Lieder mit den Hinweisen auf 1703 einen Gegenwartsbezug herstellen konnte.
Diese Erkenntnis ist wenig überraschend, wenn man sich die damalige zeitgenössische
Publizistik vor Augen hält. Diese trug einen beträchtlichen Teil zur Verbreitung des Bildes vom „wehrhaften Tiroler“ im Jahre 1703 bei, ehe „Anno Drey“ von „Anno Neun“ in
seiner Bedeutung abgelöst wurde. Die Flugblätter der kaiserlichen Propaganda zur Zeit
des Spanischen Erbfolgekrieges, in denen naturgemäß der Sieg der Tiroler heroisiert
wird, sowie historische Abhandlungen und Lexikaartikel des frühen 18. Jahrhunderts
zeigen, dass der Topos des wehrhaften Tirolers durch das Erlebnis von „Anno Drey“
eine wesentliche Vertiefung erfuhr,40 die offensichtlich in den Liedern fast hundert Jahre
später eine bemerkenswerte Fortsetzung fand.
Der Dichter des Liedes „Den Stutzen hear, beym Soggara“ selbst, Johann Friedrich
Primisser, hatte zu den Ereignissen von 1703 einen ganz besonderen Zugang, denn er
schrieb 1782 darüber ein „vaterländisches“ Theaterstück, in dem die Episode rund um
Martin Sterzinger und die Schlacht bei der Pontlatzer Brücke zwischen den Bayern und
den Tirolern in ein heroisches Licht gerückt wird.41 Die Mythifizierung des wehrhaften
Tirolers setzte also bereits mit den Ereignissen des Jahres 1703 ein und erlebte in der
zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts eine neuerliche Aufwertung, die schließlich noch
rund hundert Jahre später in Liedern über das wehrhafte „Selbstverständnis“ der Tiroler zu erkennen ist. Die Relevanz des Jahres 1703 für die Behauptung, dass die Tiroler
besonders wehrhaft seien, ist offenkundig. „Anno Drey“ dürfte am Ende des 18. Jahrhunderts in Tirol eine durchaus lebhaft „erinnerte“ Episode gewesen sein, wenn sie
einen derart markanten Platz in den Liedquellen einnimmt.
Staudacher: An die frischen Tyroler (wie Anm. 14), S. 11.
Riedl: Wahrheiten für gegenwärtigen Zeitpunct (wie Anm. 18), S. 21.
40
Schennach: „Der wehrhafte Tiroler“ (wie Anm. 7), S. 84–88.
41
Johann Friedrich Primisser: Martin Sterzinger oder der bayrische Einfall ins Tirol. Ein vaterländisches
Schauspiel in 5. Aufzügen, Innsbruck 1782; siehe Karl Goedeke (Hg.): Grundriß zur Geschichte der
deutschen Dichtung aus den Quellen, 6. Band, Buch 7, 1. Abteilung, Leipzig – Dresden – Berlin 1892,
S. 658.
38
39
38
Kapitel 1
Kriegsmobilisierung für das Reich
Im Jahr 1905 verglich der Philologe Othmar Schissel von Fleschenberg unterschiedliche
Textversionen des Liedes „Den Stutzen hear, beym Soggara“ und veröffentlichte erstmals
die handschriftlich überlieferte „Urversion“ des Liedtextes von Johann Friedrich Primisser selbst. Primissers Überarbeitungen zeigen, dass er ursprünglich eine andere Intention
verfolgte, als die Tiroler für die eigene Landesverteidigung 1796 zu mobilisieren:
N’Stutzen hear bam Sokara
Was wölln denn d’Franzosen
He! moanen si mit ihrem Gschroa
Mier haben ’s Hearz in d’Hosen:
a schwantziger Tiroler Bue
laßt si aft nit lang trotzen
und wird er wirscht, schau ainer zue
er schlagt ihm in die Fotzen.
Bis sie enk einer kemen thoan
da mögt es lang no warten
D’Hussaren hacken an ihrem Boan
die Sabel voller Scharten.
Mier reißen da die Mäuler auf
und stecken d’Händ in d’Hosen
Draus krachts und würgt man tapfer drauf
Mier gaffen da und losen.
Mein oada Bueben dös wär a Schand!
Was wuren die Leute sagen?
und kam a Rotzar ausn fremdn Land
Er nahm di glei ban Kragen.
Drum nehm ein jeder sein Stutzl mit
und thu ers fleißig wischen
die Kugel muss auf tausend Schritt
dem Feind um d’Oar’n zischen.
Mei Voda hat mär oft erzählt,
Wie er hat Boarn gschossen
sie purzelten vom Bley geföllt
von machtig hoachen Rossen.
Und was das hoase Bley verschont,
dermaggeten die Stoaner,
i selber sach in Oberlond
ein Haufen Leichenboaner.
Und znagst erst in dem Türkenkrieg
da wars a Jubel gwesen.
Auf jeden Schuß sachst du die Bieg
in d’Heach: – im Sand die Fresen.
Tiroler! hieß es, putz mir dort
den Türken Laggl wecka
aft schlog i on, a Mann a Wort
da lag er schon im Drecka.
A Lied im Franzosen-Rummel 1796
39
Wie mancher schob a Tatz voll Gold
in seinen leeren Beutel!
Der Urschele Natz, der Huisen Pold
der Zigersuppenveitel
Und hundert andre thaten si
a Heuratgüetl a t Seiten
Die ruits in ihrem Leben nie,
und freun si voarn Leuten.
Wenn eppar oanar afs Fensta geat
Vom Mensch Pfietgott zu nehman
Da rotzts und rearts nit lang und theat
mar halt fein wiedar kemman.
aft hoaßts marschiert was geist was hast
obaus ins blueti Schwaben
da lassmar uns koa Rueh koa Rast,
bis mir d’Victory haben.42
Bei genauerem Hinsehen entpuppte sich Primissers Text nämlich als Kampfaufruf an
die Tiroler, am Koalitionskrieg gegen die Franzosen teilzunehmen und damit für Österreich und das Heilige Römische Reich zugleich zu kämpfen und nicht, wie später in der
Umdichtung, nur das eigene Land zu verteidigen. Als im April 1792 der erste Koali­tions­
krieg begann, war dies ursprünglich eine Auseinandersetzung zwischen Österreich – oder
genauer gesagt: dem König von Böhmen und Ungarn – und Preußen, die sich in der
Pillnitzer Deklaration auf eine Defensivallianz gegen das revolutionäre Frankreich geeinigt
hatten. Die Unterstützung der anderen Reichsstände hatten die Berater des kurze Zeit
nach Ausbruch des Kriegs zum Kaiser gewählten Franz II. eher zögerlich und nach Monaten des Kriegszustandes gesucht. Diese Hilfe blieb Österreich und Preußen auch anfänglich versagt, erst im März 1793 wurde aus dem Krieg zweier Reichsstände gegen Frankreich ein Reichskrieg.43 Nach der Hinrichtung des französischen Königs Ludwig XVI. im
Jahr 1793 erweiterte sich die Allianz gegen Frankreich schließlich um Großbritannien,
Spanien, Portugal, Neapel, das Königreich Piemont-Sardinien und die Niederlande.
In der zweiten Strophe ist von den österreichischen Truppen („Husaren“) die Rede,
die in den Schlachten in Italien anfänglich siegreich waren. In der drittletzten Zeile des
Liedes erfolgt die direkte Aufforderung, „ins blueti Schwaben“ zu marschieren, um dort
bis zum Sieg zu kämpfen. Die Tiroler sollten sich also der alliierten Rheinarmee, die unter
österreichischen Generälen wie Dagobert Sigmund Graf von Wurmser und Erzherzog
Karl von Österreich-Teschen am Ober- und Niederrhein mehrere Schlachten gegen die
französische Revolutionsarmee schlug, anschließen. Es ging Primisser somit nicht um die
Siehe Schissel von Fleschenberg: „Die erste handschriftliche Fassung von J. F. Primissers Kriegslied
‚N’Stutzen hear bam Sokara‘ 1796“ (wie Anm. 5), S. 449–451. Dieses handschriftliche Original liegt
am TLMF, Dip. 1037/8.
43
Genauer nachzulesen bei Brigitte Mazohl: „‚Zwischen Reichsverfassung und Staatsabsolutismus‘: Regieren in Zentrum und Peripherie in den Krisenjahren um 1800“, in: Marco Bellabarba / Ellinor Forster /
Hans Heiss / Andrea Leonardi / Brigitte Mazohl (Hg.): Eliten in Tirol zwischen Ancien Régime und Vormärz. Akten der internationalen Tagung vom 15. bis 18. Oktober 2008 an der Freien Universität Bozen,
Innsbruck – Wien – Bozen 2010 (Veröffentlichungen des Südtiroler Landesarchivs 31), S. 31–59, hier
besonders S. 41–44; siehe auch Karl Otmar Freiherr von Aretin: Vom Deutschen Reich zum Deutschen
Bund, Göttingen 1980 (Deutsche Geschichte 7), S. 71–77.
42
40
Kapitel 1
Landesverteidigung Tirols – die ja zu diesem Zeitpunkt noch nicht notwendig geworden
war –, sondern um eine Agitation für die österreichische Armee, die mittlerweile, nach
dem Ausstieg Preußens aus diesem ersten Revolutionskrieg mit dem Frieden von Basel
1795, nur mehr de facto mit Unterstützung einiger Reichsstände auf zwei Kriegsschauplätzen, dem Rheingebiet und Oberitalien, gegen die Übermacht Frankreichs kämpfte.
Aufgrund der historischen Ereignisse vermutete Othmar Schissel von Fleschenberg,
dass Primissers Text in der zweiten Aprilhälfte 1796 entstanden sei. Da sich im Frühjahr
1796 aber die Kriegssituation schnell änderte und am 14. Mai 1796 offiziell verkündet
wurde, dass Tirols Grenzen von Napoleons Truppen vom Süden her bedroht seien,44
arbeitete Primisser sein Lied offensichtlich – und das ist anhand seiner Handschrift und
der vielen Streichungen und Änderungen gut nachvollziehbar – so um, dass der Text
schließlich mit der neuen politischen Lage Tirols übereinstimmte. Demgemäß urteilte
Schissel von Fleschenberg richtig:„Sie [die erste Handschrift] war vom Beamten Primisser als loyale Propaganda für die verfassungsmäßig nicht notwendige Beteiligung Tirols
an den Kämpfen der Rheinarmee gedacht, aber infolge des schnell umgeschlagenen
Kriegsglückes kaum ausgegeben worden“.45 Das Lied im Franzosen-Rummel 1796 wurde
auf Flugblättern verbreitet und fand – und das merkte ja schon, wie eingangs erwähnt,
Johann Baptist Gänsbacher an – offenbar auch unter der Bevölkerung regen Anklang.
Ein Bürger dichtet für Bauern
Anders als bei den vielen Kriegs- und Kampfliedern, die anlässlich des Eindringens der
französischen Truppen in Tirol gedichtet, gedruckt und verteilt wurden, ist der Dichter
dieses Liedes nicht anonym. Johann Friedrich Primisser (1757–1812) gilt als einer der
bekanntesten Dichter von Tiroler „Kriegsliedern“ um 1800 und konnte seinen größten,
weil nachhaltigsten, Erfolg wohl mit seinem Dialektlied „Den Stutzen hear, beym Soggara“ verbuchen. Primisser wurde am 21. August 1757 in Prad am Stilfserjoch als ältester
Sohn eines Webers und seiner Gattin geboren und entstammte einer Familie, der mehrere
bekannte Persönlichkeiten angehörten.46 Über seine schulische Laufbahn sind keine Zeugnisse erhalten, doch seine weiteren Anstellungen als Beamter lassen die Schlussfolgerung
zu, dass er eine „über seinen Stand hinausgehende gelehrte Erziehung“ erhalten haben
dürfte. 1785 trat er die Stelle als „k. k. Gubernial-Registraturs- und Archivsofficial“ in
Innsbruck an, 1802 wurde er „wirklicher Archivar und Registratursdirector“ beim tirolischen Landesgubernium, worin er 1806 von der bayerischen Regierung bestätigt wurde.47
Mühlberger: „Absolutismus und Freiheitskämpfe“ (wie Anm. 28), S. 468.
Othmar Schissel von Fleschenberg: „Johann Friedrich Primissers Leben“, in: Zeitschrift des Ferdinandeums, 3. Folge, 50. Heft (1906), S. 479–494, hier S. 489.
46
Sein Cousin Karl (später Kassian) Primisser war ein Zisterziensermönch zu Stams, der als Sohn von
„unbemittelten Bauersleuten“ die geistliche Laufbahn einschlug und sich auch literarisch betätigte.
Karl Primissers Bruder Johann Baptist Primisser war von 1771–1806 Schlosshauptmann in Ambras bei
Innsbruck; siehe dazu Joseph Bergmann: Die fünf gelehrten Primisser. Separatdruck aus den Berichten und
Mittheilungen des Wiener Alterthums-Vereins, Wien 1861, S. 4–44.
47
Othmar Schissel von Fleschenberg: „Primisser, Johann Friedrich“, in: Allgemeine deutsche Biographie
53 (1907), S. 119f., hier S. 119 (Onlinefassung); http://www.deutsche-biographie.de/pnd124543766.
html?anchor=adb (29. 07. 2013).
44
45
A Lied im Franzosen-Rummel 1796
41
Neben seiner beruflichen Tätigkeit als Beamter machte er bereits früh als Dichter
auf sich aufmerksam. 1782 erschien unter seinem Namen das bereits genannte Drama
­Martin Sterzinger, das die Geschichte des gleichnamigen Tiroler Bauernführers und der
Schlacht bei der Pontlatzer Brücke im Jahr 1703 mit den Bayern zur Zeit des Spanischen
Erbfolgekrieges erzählt.48 Etwa zehn Jahre später erschienen Gedichte, in denen Primisser der Erzherzogin Maria Elisabeth, einer Tochter Maria Theresias, die damals Äbtissin des Adeligen Damenstiftes in Innsbruck war, und einem Professor namens Thomas
Hamer huldigt. Im Jahr 1796 schließlich schuf Primisser A Lied im Franzosen-Rummel
1796 – besser bekannt unter dem Liedincipit „Den Stutzen hear, beym Soggara“.
Das Urteil über sein literarisches Schaffen ist nicht unbedingt positiv. Seine Dichtkunst wurde um 1900 als „loyale Gelegenheitspoesie“49 und als „amtliche Gelegenheitsdichtung“50 bezeichnet. Er sei ein Vertreter der „Tendenzpoesie“ gewesen und habe die
Durchschnittspoesie seiner Zeit „infolge seines oberflächlichen rationalistisch-amt­
lichen Verhältnisses zur Dichtung“ nicht überboten.51 Diese Formulierungen stammen
allesamt von Othmar Schissel von Fleschenberg, einem Philologen, der als Primissers
Biograf bezeichnet werden kann, setzte er sich doch in einigen Aufsätzen mit dem Tiroler Dichter und seinen Werken auseinander. „Den Stutzen hear, beym Soggara“ schätzt
Schissel von Fleschenberg übrigens als „das Beste, was jene [die tirolische Dichtung]
im 18. Jahrhundert zu schaffen vermochte“, ein.52 Primisser dichtete die meisten seiner
Werke in einem Dialekt, der nicht sein eigener war. Dies garantierte seinen Dichtungen zwar den unmittelbaren Erfolg in der Bevölkerung, brachte ihm aber später von
Kritikern wie Johannes Engensteiner Spott ein: „[…] denn Primisser wendet keinen
genau bestimmten Dialekt an und es entschlüpfen ihm mitunter Ausdrücke und Wendungen, welche mit dem Geiste der Volkssprache ganz unvereinbar sind, so dass ein
unerquickliches Gemisch von Hochdeutsch und willkürlich zurecht gemachter Mundart entsteht.“53
Ab den 1870er-Jahren beginnt die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit Primissers Kriegsliedern, allen voran mit dem hier im Vordergrund stehenden Lied „Den
Stutzen hear, beym Soggara“. Dass mehrere kleine Publikationen nur über dieses Lied
verfasst wurden, zeigt seinen Bekanntheitsgrad im 19. Jahrhundert auf.54
Der Gebrauch von Tiroler Dialekten in den anlässlich der Landesverteidigung
1796/1797 gedichteten Kriegs- und Kampfliedern ist nicht zufällig. Obwohl wir nur
von wenigen Dichtern den sozialen Hintergrund kennen, fällt auf, dass gerade Autoren
aus bürgerlichem Milieu gerne auf die „Volkssprache“, den Dialekt der Tiroler ­Bauern,
zurückgriffen. Hält man sich den besonderen Charakter des allgemeinen Landsturms
1796/1797 vor Augen, verwundert die Sprachwahl nicht. Alle waffenfähigen Männer
Vgl. Primisser: Martin Sterzinger (wie Anm. 41); siehe auch Goedeke: Grundriß (wie Anm. 41), S. 658.
Schissel von Fleschenberg: „Primisser“ (wie Anm. 47), S. 120.
50
Schissel von Fleschenberg: „Johann Friedrich Primissers Leben“ (wie Anm. 45), S. 483.
51
Ebd., S. 480.
52
Schissel von Fleschenberg: „Die erste handschriftliche Fassung von J. F. Primissers Kriegslied ‚N’Stutzen
hear bam Sokara‘ 1796“ (wie Anm. 5), S. 447.
53
Johannes Engensteiner: Zur mundartlichen Dichtung in Tirol. Eine Skizze, Programm der städtischen und
Bürgerschule in der Angerzell zu Innsbruck, Innsbruck 1873, S. 5.
54
Ebd.; Ludwig von Hörmann: „Die tirolischen Kriegslieder aus den Jahren 1796, 1797 und 1809 (Zum
Jahrestage der Schlacht von Spinges am 2. April 1797)“, in: Bote für Tirol und Vorarlberg 65 (1879),
3. April 1879, S. 597.
48
49
42
Kapitel 1
wurden einberufen, mussten mobilisiert werden, und die gesamte Bevölkerung, die
in Tirol um 1800 zum größten Teil dem Bauernstand zuzurechnen war, sollte in eine
kriegsbereite, kampfbejahende Stimmung versetzt werden. Die Entscheidung vieler
Lieddichter, ihre Texte in einem Dialekt zu formulieren, der gar nicht ihrem eigenen
entsprach, war also ein bewusster, kalkulierter Schritt, um die Wirksamkeit und damit
den Erfolg ihrer Texte zu erhöhen. Schon Adolf Pichler (1819–1900), einer der bekanntesten Tiroler Schriftsteller des 19. Jahrhunderts, äußerte sich in seinem Werk Zur
Tirolischen Literatur über die oft bürgerliche Herkunft der im bäuerlichen Ton verfassten Lieder der Kriegsjahre Tirols um 1800:
Nicht die Bauern, denn diese dachten lieber an’s Dreinschlagen, sondern Herren im ‚Spatzenfrack‘
betätigten so ihre gute Gesinnung; diese Gedichte sind daher, wie sich Fall für Fall nachweisen lässt,
städtischen Ursprungs und meist für städtische Kompagnien bestimmt. Einige versuchten Ton und
Dialekt der Bauern beizubehalten, wie [Peter Paul] Staudacher, der Chorregent zu Schwaz und der
gelehrte Primisser; ihre Reime sind weitaus am besten und auch heute noch lesbar.55
Die Dialektlieder würden das „Verhältnis des Volkes zu den Hohen und Mächtigen
geschickt symbolisier[en]“,56 die „neupatriotischen Mundartlieder“ seien Ausdruck der
Sympathien, die sich in dieser Zeit in der gebildeten Schicht gegenüber dem bäuerlichen
Volk formten.57 Auch wenn die „Kriegsdichtungen“ von vielen Stimmen kritisch beurteilt wurden, steht es doch außer Zweifel, dass sie durchaus Publikum fanden, scheinen
sie doch nicht nur den „Nerv der Zeit“ getroffen zu haben, sondern auch typisch für die
Aufwertung des „Volkes“ in der tirolischen Literatur gewesen zu sein.
Dass plötzlich auch die „Elite“ Interesse an den einfachen Menschen, ihren Lebensformen und ihrer Kultur zeigte, ist aber selbstverständlich nicht nur auf den Erfolg der
bäuerlichen Landesverteidigung um 1800 und die erblühende Produktion von „Kriegsliedern“ zurückzuführen. Verantwortlich dafür ist auch eine neue kulturgeschichtliche
Entwicklung. Die Wahrnehmung von Sprache als einen sensiblen Indikator (und nicht
als reine Reflexion!) des kulturellen Wandels erlaubt heute Rückschlüsse auf die Besonderheiten sozialer Schichten. Die Wechselbeziehung zwischen Sprache und Gesellschaft, so urteilte schon der britische Kulturhistoriker Peter Burke, ist eine wichtige
Komponente einer umfassenden Sozialgeschichte.58 Die frühe Neuzeit fiel durch eine
abschätzige Haltung gegenüber der „Volkssprache“ auf, die Dialekte des bäuerlichen
Standes wurden als „niedrig, grob und unsauber“ empfunden. Davon zeugen beispielsweise Wörterbücher, in denen die Sprache der Bauern als „verderbt, vulgär, tölpelhaft“
beschrieben wird, oder aber im Dialekt sprechende Figuren in Theaterstücken, deren
Adolf Pichler: Gesammelte Werke. Vom Verfasser für den Druck vorbereitet. Band XII: Beiträge zur Literaturgeschichte II. Zur Tirolischen Literatur, München – Leipzig 1908, S. 89.
56
Simon Marian Prem: Geschichte der neueren deutschen Literatur in Tirol. Abt. I: Vom Beginn des 17. bis
zur Mitte des 19. Jahrhunderts, Innsbruck 1922, S. 53f.
57
Erich Egg: „Hof- und Bauerntheater, Musik und Literatur“, in: Gert Ammann (Hg.): Die Tirolische Nation 1790–1820. Landesausstellung Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum Innsbruck, 6. Juni –
14. Oktober 1984, Innsbruck 1984, S. 149–181, hier S. 163.
58
Peter Burke: Wörter machen Leute. Gesellschaft und Sprachen im Europa der frühen Neuzeit, Berlin 2006;
außerdem schrieb er folgendes Werk mit ähnlicher Thematik, doch etwas weiter gegriffen: Peter Burke:
Soziologie und Geschichte, Hamburg 1989. Siehe auch Andreas Gardt / Ulrike Haß-Zumkehr / Thorsten
Roelcke (Hg.): Sprachgeschichte als Kulturgeschichte, Berlin – New York 1999 (Studia Linguistica Germanica 54).
55
A Lied im Franzosen-Rummel 1796
43
beabsichtigte Wirkung rein auf Komik ausgerichtet ist.59 Die Einstellung gegenüber
dem „Volk“, seiner Sprache und seinen Eigenheiten änderte sich um 1800 grundlegend,
was auf das Aufkommen aufklärerischer Ideale zurückzuführen ist.
Unter anderem Johann Gottfried Herder (1744–1803) ist ein grundlegender Wandel
in der semantischen Entwicklung des „Volk“-Begriffes und des kulturellen Konzeptes
von „Volk“ bzw. „Nation“ zu verdanken.60 Das „Volk“ erlebte in der Zeit um 1800 eine
Wandlung zu einem durchwegs positiv konnotierten Kollektiv mit „Sprache, Seele und
Charakter“.61 Neben der (Volks-) Sprache, deren Verachtung Herder gar mit „geistigem
Mord“ gleichsetzte,62 erkannte er der „Volkspoesie“ und dem „Volkslied“ eine besondere
Bedeutung zu, waren diese schließlich der „Inbegriff der Fehler und Vollkommenheiten
einer Nation, ein Spiegel ihrer Gesinnungen, der Ausdruck des Höchsten, nach welchen
sie strebte“.63 Unter „Volkspoesie“ verstand Herder einen „treuen Abdruck des jeweiligen
Nationalcharakters“, denn sie fungiere identitätsstiftend und vermittle dem Menschen
das Gefühl, über seine Herkunft Bescheid zu wissen.64 Diese Erweiterung der Perspektive, in der nun die gesamte Gesellschaft und ebenso das „Volk“ ins Blickfeld rückten,
lässt sich auch am aufkeimenden Interesse an der Musik der unteren gesellschaftlichen
Schichten aufzeigen. Das Sammeln und das Singen von „Volksliedern“ erweist sich
in dieser Hinsicht gleichfalls als ein Merkmal des Elitenwandels um 1800.65 In dieser
„dramatischen Umbruchszeit“,66 gezeichnet von mehr als zwei Jahrzehnten Krieg, dem
Aufkommen neuer gesellschaftlicher Ideale, dem Aufstieg von nicht-elitären sozialen
Schichten, lässt sich auch eine Neubewertung musikalischen Schaffens ausmachen.
In diesem Kontext sind die politischen Lieder der Jahre 1796 und 1797 in Tirol
auch als Indikatoren für den großen gesellschaftlich-kulturellen Umbruch, der sich im
gesamten deutschen Sprachgebiet vollzog, zu bewerten. Das damalige politische Liedschaffen bereitete sozusagen den Boden, auf dem sich die tirolische Dialektpoesie entwickeln konnte. In Tirol war diese „Entdeckung“ der Volkskultur sehr offensichtlich.
So erschienen ab dem 19. Jahrhundert zahlreiche Reiseberichte,67 in denen Tirol nicht
Burke: Wörter (wie Anm. 58), S. 44.
Birgit Nübel: „Zum Verhältnis von ‚Kultur‘ und ‚Nation‘ bei Rousseau und Herder“, in: Regine
Otto (Hg.): Nationen und Kulturen. Zum 250. Geburtstag Johann Gottfried Herders, Würzburg 1996,
S. 97–109, hier S. 98. Siehe auch Philip V. Bohlman: „Stimmen der Völker in Liedern – ‚Musikalische
Einheiten‘ in der Einheit“, in: Ursula Hemetek / Evelyn Fink-Mennel / Rudolf Pietsch (Hg.): Musikalien des Übergangs. Festschrift für Gerlinde Haid anlässlich ihrer Emeritierung 2011, Wien – Köln – Weimar 2011 (Schriften zur Volksmusik 24), S. 67–82.
61
Karl Ferdinand Werner: „Volk im Sinne von Unterschichten“, in: Otto Brunner / Werner Conze /
Reinhart Koselleck (Hg.): Geschichtliche Grundbegriffe. Historisches Lexikon zur politisch-sozialen Sprache
in Deutschland, 7. Band, Stuttgart 1992, S. 248–281, hier S. 243–249.
62
„Wer die Sprache seiner Nation verachtet, […] wird ihres Geistes […] gefährlichster Mörder“ (Johann
Gottfried Herder: Briefe zur Beförderung der Humanität 5, 57. Beilage, 1795), zit. nach Werner: „Volk“
(wie Anm. 61), S. 317.
63
Ebd., S. 316f.
64
Hans Dietrich Irmscher: „Poesie, Nationalität und Humanität bei Herder“, in: Otto (Hg.): Nationen
und Kulturen (wie Anm. 60), S. 35–47, hier S. 35.
65
Bellabarba/Forster/Heiss/Leonardi/Mazohl (Hg.): Eliten in Tirol (wie Anm. 43).
66
Gernot Stimmer: „Kontinuität und Wandel regionaler Eliten zwischen Ancien Régime und Vormärz –
zur Einführung“, in: Bellabarba/Forster/Heiss/Leonardi/Mazohl (Hg.): Eliten in Tirol (wie Anm. 43),
S. 15–30, hier S. 17.
67
Einige Beispiele: Johann Gabriel Seidl: Wanderungen durch Tyrol und Steyermark. 1. Band: Wanderungen
durch Tyrol, Leipzig 1840; August Lewald: Praktischer Führer durch Tirol. Handbuch für Reisende durch
59
60
44
Kapitel 1
nur geografisch, sondern auch kulturell und sozialgeschichtlich dargestellt wird, auch
wurden die Menschen bei ihren alltäglichen Arbeiten und in ihren Trachten gezeichnet
und Volkslieder, beispielsweise „Schnaderhüpfeln“ aus dem Zillertal, des Sammelns wert
befunden.68
Die überraschend große Menge an „stimmungmachenden“ Kriegsliedern aus den
Jahren 1796 und 1797 – darunter auch Primissers Lied „Den Stutzen hear, beym Soggara“ – reiht sich in die „Dialektpoesie“ dieser von Reinhart Koselleck als „Sattelzeit“69
bezeichneten Epoche ein. Die Lieder sind, abgesehen von ihrer Funktionalität, ein eindrucksvolles Zeugnis für die Hinwendung zum „Volk“, für das aufkeimende Interesse
am tirolischen „Volksleben“ und an seiner Sprache. Vor diesem Hintergrund ist auch
die Instrumentalisierung des Dialekts durch bürgerliche „Gelegenheitsdichter“ wie Primisser zu verstehen. Ebenso ein Beweis für die Anerkennung dialektaler Kriegs­poesie
sind mehrere Briefe, die Ludwig Konrad Graf Lehrbach an den damaligen Außenminister Österreichs, Johann Franz von Thugut, sandte, in denen er ihn von den Vorkommnissen in Tirol nach dem Abzug der französischen Truppen (Juni 1797) unterrichtete und, ohne weitere Kommentare, mehrere Flugblätter mit Dialektliedern des
Schwazer Chorregenten und Dichters Peter Paul Staudacher (1757–1806)70 beilegte,71
darunter ein Lied auf Lehrbach selbst.72 Offenbar waren die Dialektlieder der beiden
Kriegsjahre auch in den höheren Kreisen der Gesellschaft bekannt und möglicherweise
sogar beliebt.
Tirol nach Verona, Venedig oder Brescia, Stuttgart 1839; Beda Weber: Das Land Tirol. Mit einem Anhange:
Vorarlberg. Ein Handbuch für Reisende. 1. Band: Einleitung – Nordtirol: (Inn-, Lech-, Gross­achenregion),
Innsbruck 1837; Adolph Schmidl: Tirol und die Tiroler. Ein Handbuch für Freunde dieses Landes und
ein Wegweiser für Reisende, Stuttgart 1837; Henry David Inglis: Tyrol und ein Blick auf ­Baiern, Leipzig
1833; Charles Joseph Latrobe: The Pedestrian: A Summer’s Ramble in the Tyrol, and some of the Adjacent
Provinces, London 1832; Joseph Kyselak: Zu Fuß durch Österreich. Skizzen einer Wanderung nebst einer
romantisch pittoresken Darstellung mehrerer Gebirgsgegenden und Eisglätscher unternommen im Jahre 1825
von Joseph Kyselak. Nachgegangen und nachgedacht von Ernst Gehmacher, Wien u. a. 1982; Caspar von
Sternberg: Reise durch Tyrol in die Oesterreichischen Provinzen Italiens im Frühjahr 1804, Regensburg
1806.
68
Mühlberger: „Absolutismus und Freiheitskämpfe“ (wie Anm. 28), S. 459f.; Erich Egg: „Die Entdeckung
und Darstellung des Gebirgslandes Tirol“, in: Ammann (Hg.): Die Tirolische Nation (wie Anm. 57),
S. 38–81; Erich Egg: „Das Leben des Volkes“, in: Ammann (Hg.): Die Tirolische Nation (wie Anm. 57),
S. 82–113. Siehe dazu auch die frühen Werke von Johann Strolz, dem ersten Tiroler Volksliedsammler:
Johann Strolz: „Bürgall, ein Zillerthaler Volkslied. Mit Anmerkungen“, in: Der Sammler für Geschichte
und Statistik von Tirol 2 (1807), S. 57–69, und ders.: „Schnoddahaggen, Unterinnthalische Volksliedchen. Mit Anmerkungen“, in: Der Sammler für Geschichte und Statistik von Tirol 2 (1807), S. 69–96.
69
Reinhart Koselleck: „Einleitung“, in: Brunner/Conze/Koselleck (Hg.): Geschichtliche Grundbegriffe (wie
Anm. 61), S. XIII–XXVII, hier S. XV.
70
Prem: Literatur in Tirol (wie Anm. 56), S. 50.
71
Siehe Österreichisches Staatsarchiv, Wien, Abt. Kriegsarchiv, AT-OeStA/HHStA StK Provinzen –
Tirol 4, No. 304; AT-OeStA/HHStA StK Provinzen – Tirol 3, No. 209, AT-OeStA/HHStA StK Provinzen – Tirol 3, No. 214.
72
Peter Paul Staudacher: Lied zu Ehren des Kaiserl. Königl. Hof-Commissärs Herrn Grafen von und zu
Lehrbach, und Herrn Gouverneur Grafen von Bissingen […] Abgesungen den 2. Juni 1797 bey Dero Anwesenheit in Schwatz. A bißal a Liedl, in: Bauer (Hg.): Tiroler Kriegslieder (wie Anm. 5), S. 134–136.
Siehe auch Liedindex, Nr. 103. Ein weiteres Lied von Staudacher: Duxer-Lied an die Tyrolischen Landes­
vertheidiger (wie Anm. 33).
A Lied im Franzosen-Rummel 1796
45
Rezeption
Kehren wir zurück zu Primissers größtem Liederfolg. Schon eingangs wurde erwähnt,
dass das Lied „Den Stutzen hear, beym Soggara“ im 19. und 20. Jahrhundert eine breite
Rezeption erlebte. Dass es dem Lied bereits kurz nach seiner Entstehung an Beliebtheit
nicht mangelte, lässt sich etwa an den vielen Flugblattdrucken nachweisen, die beispielsweise in der Bibliothek des Tiroler Landesmuseums Ferdinandeum in Innsbruck zu finden
sind. In mehreren, ebenfalls von Primisser stammenden Drucken des Liedes A Siegslied
am heil. sant Isidoritag 1797, das er nicht lange nach „Den Stutzen hear, beym Soggara“
dichtete und das sich auf dieselben Ereignisse in Tirol bezieht, erfolgt die Anweisung,
das Lied auf die Melodie von „Den Stutzen hear, beym Soggara“ zu singen. Vinzenz Goller, der Herausgeber von „alten und neuen Schützenliedern“, glaubt darin ein Zeugnis
für die große Popularität dieses Liedes zu erkennen.73 Dies erweist sich jedoch als Trugschluss, da der Dichter des Siegsliedes ebenfalls Johann Friedrich Primisser ist.74 Somit
schuf Primisser eine Kontrafaktur seines eigenen Liedes, vermutlich in der Hoffnung,
mit seinem neuen Lied an den Erfolg des ersteren anknüpfen zu können. Außer einigen
Flugblattdrucken lassen sich keine weiteren Zeugnisse für eine Rezeption nachweisen.
Im Jahr 1866 erfährt das Lied eine maßgebliche Umdichtung. Unter dem Titel
A Liad zum Garibaldi-Rummel (hier offensichtlich wieder eine Anlehnung an den
„Franzosen-Rummel“ 1796/1797 sowie an den Bayernrummel von 1703) dichtete ein
„Pustarer Bui“, so die Selbstbezeichnung des anonymen Autors, einige Verse des alten
Liedes auf die damalige politische Situation um. In besagtem Jahr fand sich die Tiroler
Bevölkerung wiederum in einen Krieg involviert. Österreich hatte sich in einen Zweifrontenkrieg – gegen Preußen und seine norddeutschen Verbündeten im Norden und
gegen das junge Königreich Italien im Süden – verwickeln lassen. Die österreichische
Regierung erteilte daher im Mai 1866 den Auftrag, in Tirol die Landesverteidigung
vorzubereiten. Die darauffolgenden Wochen bis Ende Juli waren von vielen kurzen, aber
schweren Gefechten zwischen italienischen Freiwilligenregimentern unter der Führung
von Giuseppe Garibaldi und den Tiroler Landsturmtruppen mit österreichischer Unterstützung geprägt. Die Niederlage Österreichs gegen Preußen und seine Verbündeten
in der Schlacht von Königgrätz führte letztlich – trotz der Siege über die italienischen
Streitkräfte in Oberitalien bei Custozza und Lissa – zur Abtretung Venetiens an Italien
im Oktober 1866. Diese Abtretung war der Preis für die Neutralität Frankreichs im
italienischen Krieg gewesen, hatte sich Frankreich doch in geschickter diplomatischer
Nutzung der Krise des Deutschen Bundes auf die Seite Preußens geschlagen und dafür
die Übergabe Venetiens an Italien gefordert.75
Die wehrfähigen Männer Tirols mussten also im Sommer 1866 wieder zu den Waffen greifen und die Grenzen verteidigen. Anlässlich der Landesverteidigung gegen die
„Welschen“ (d. h. die Italiener) wurde folgendes Lied gedruckt:
Vinzenz Goller (Hg.): Alte und neue Schützenlieder. Für Männergesang, Partitur, Innsbruck 1910,
S. 117.
74
Johann Friedrich Primisser: A Siegslied am heil. sant Isidoritag 1797, in: Bauer (Hg.): Tiroler Kriegslieder (wie Anm. 5), S. 107–110, sowie in: Ditfurth (Hg.): Die historischen Volkslieder (wie Anm. 5),
S. 229–231. Siehe auch Liedindex, Nr. 35.
75
Helmut Rumpler: Eine Chance für Mitteleuropa. Bürgerliche Emanzipation und Staatsverfall in der Habsburgermonarchie 1804–1914, Wien 1997 (Österreichische Geschichte), S. 398.
73
46
Kapitel 1
A Liad zum Garibaldi-Rummel im Jahre 1866
(G’macht hat’s a Pustarer Bui)
Den Stutzen hear, bam Saggara,
Wos wöll’n d’roath’n Pfoadt’n,
Geahts einer ös mit eurem G’schroa
Wir haun’ enk zu Schoatt’n.
An schwanz’gen Pusterer Bua
Derfst du nit dreimol frog’n;
Wird der dir wirsch, no schau nur zua
Er nimmt di glei bam Krog’n.
Dö Walschen! ja, daß Gott erbarm,
Sein freilich pure Heiter,
Schau her auf an Tiroler Arm –
Hui! nur koan Schritt mer weiter!
Ja sproz nur einer Tuifelsboan,
Mier wöll’n dir’s schon drahnen,
Wos ’s Stutzl nit derthuet, derthoan
Die Stoaner Krafellahnen.
Für uns ists grod a Kirchweihtanz,
Denn mier – mier halten aus.
Mier liabem [sic] Gott und Kaiser Franz
Und unser Land und Haus.
A hob’n mier uns’rer Alten Lehr
Bei weitem nit vergössen,
Die hoben sich mit Ruhm und Ehr’
Mit Zwaen auf oamol g’mössen.
Mei Voter hat mier oft erzöhlt,
Wia er hat Boarn g’schossen,
Dö purzelten vom Blei geföllt
Von ihren hoachen Rossen.
Und wos das hoaße Blei verschont
Dermagaeten die Stoaner,
I selber sach bei Mühlbach drent
An Haufen Toadtenboaner.
Zelm san a bis geg’n Trient herauf
Gekämman die Franzosen;
Hui, der Tiroler Schützenlauf
Der hat sie mach’n losen!
Der Pustrer und der Etschler schoß
Mit Heldenmuath darunter,
Und jeder Schuß traf Mann und Roß
Da log der ganzi Plunder.
Und mier – mier sollten schlechter sein
Als uns’re braven Alten?
Hui au Tiroler! Würg, hau drein,
Laß’n Stutz’n nit derkalten.
Du Oberländer, felsenfest
Wie deine Ferner gfroren
Stöll di hinauf an’s Adlernest
Dort kunnst sie niederboren.
A Lied im Franzosen-Rummel 1796
47
Der Unterländer keck und fest
Steigt aufer übern Brenner,
Er kuit Tabagg und kuiet Rach
Und Toad den walschen Männer.
Der Vintschger steat schoa eisenfest
Der nächste den Gefahren,
Mander auf, wir gewinnen’s Best
Wir treib’n sie zu Paaren.
In Woaffen staet ganz Pusterthal
Und jodeld Kriager-Liader,
Tirol sei wieder Oestreichs Wall!
Drum vorwärts – vorwärts Brüder.
A niader echte Pustrer Bui
Tragt auf dem Huat die Föder
Dö ruft: kömmt einer nur ins Land
Wir garben’s wälsche Löder.76
Der Dichter änderte einige grundlegende Aussagen, um das Lied der aktuellen politischen Situation anzupassen. So wurden aus den Franzosen die „roathn Pfoadt’n“, was
wohl mit der Bezeichnung „Rothemden“ für Garibaldis Freiwilligentruppen zusammenhängen dürfte. Die vierte Strophe wurde fast gänzlich belassen, nur der Ort einer
Schlacht – im Original „im Oberland“ – wurde auf „Mühlbach“ umgeändert. Damit
bezieht sich die Strophe auf die Spingeser Schlacht, die 1797 als letztes entscheidendes Gefecht zwischen den Franzosen und Tirolern während des ersten Koalitions­krieges
stattfand.77 Der mobilisierende, agitierende Ton des Liedes ist beibehalten worden.
Besonders zu Beginn richtet sich das Lied vor allem an die Pusterer, an späterer Stelle
dann auch an die Männer anderer Tiroler Täler. Derbe Drohungen gegen den Feind
(„Geahts einer ös mit eurem G’schroa / Wir haun’ enk zu Schoatt’n“; „wir garben’s
wälsche Löder“) wurden im Vergleich zur ursprünglichen Version des Liedes verändert,
um das Lied besser an das Jahr 1866 anzupassen. Abgedruckt wurde es aus aktuellem
Anlass 1866 in einer Zeitschrift namens Dorflinde, einem Wochenblatt für „tirolische
­Belletristik“, das nur zwischen 1865 und 1867 erschien und dem Pusterthaler Boten beigelegt war.78 Ein weiterer Druck konnte nicht ausfindig gemacht werden – die Wirkung
des Liedes blieb wohl auf das Jahr 1866 beschränkt.79
Im 20. Jahrhundert scheint die originale Version „Den Stutzen hear, beym Soggara“
wieder mehr Bedeutsamkeit erlangt zu haben, begegnet sie uns doch in Vinzenz Gollers Sammlung von Alten und neuen Schützenliedern von 1910 wieder.80 In Josef Eduard
Ploners (1894–1955) nationalsozialistischem Liederbuch Hellau! (1942)81 findet sich das
Lied ebenso wie in Norbert Wallners gleichermaßen nationalsozialistischer Sammlung von
Die Dorflinde. Wochenblatt für tirolische Belletristik 32 (1866), S. 249f. Ein „Pustarer Bui“ ist ein Bursche bzw. junger Mann aus dem Pustertal.
77
Siehe Kapitel 5 in diesem Band.
78
Siehe Hannelore Steixner-Keller: Ludwig von Hörmann. Leben und Werk, Innsbruck 1983, S. 66.
79
Schissel von Fleschenberg: „Die erste handschriftliche Fassung von J. F. Primissers Kriegslied ‚N’Stutzen
hear bam Sokara‘ 1796“ (wie Anm. 5), S. 448.
80
Goller (Hg.): Tiroler Schützen-Lieder (wie Anm. 73), S. 66–68.
81
Josef Eduard Ploner (Hg.): Hellau! Liederbuch für Front und Heimat des Gaues Tirol-Vorarlberg. Im Auftrage des Gauleiters und Reichsstatthalters Franz Hofer, Potsdam 1942, S. 47.
76
48
Kapitel 1
Abb. 2: Sepp Tanzer: Tirol 1809, 1. Satz: Aufstand, beginnend mit dem Zitat der Weise von „Den Stutzen
hear, beym Soggara“ (Sepp Tanzer: „Tirol 1809“ – Suite in 3 Sätzen für Harmoniemusik, Edition Helbling,
Innsbruck – Wien 1954).
Tiroler Kampfliedern (1938),82 nur die Strophenfolge ist jeweils etwas abgeändert. Außerdem wurde die Melodie von „Den Stutzen hear, beym Soggara“ als musikalisches Motiv in Sepp Tanzers 1952 komponierter Suite für Blasorchester Tirol 1809 verwendet.83
Norbert Wallner: Eiserne Lieder. Tiroler Kampflieder aus etlichen Jahrhunderten, Potsdam 1938, S. 8.
Wolfgang Suppan rechnet Sepp Tanzers Suite Tirol 1809 übrigens die Eigenschaften eines Identifikators
(„= das, was die Identifikation/Identifizierung bewirkt, nämlich innerhalb einer alten/neuen Gruppen­
82
83
A Lied im Franzosen-Rummel 1796
49
Der Komponist Sepp Tanzer (1907–1983),84 heute geachtet als Wegbereiter der Blasmusik in Tirol, war ein bekennender Nationalsozialist und fungierte zwischen 1938 und
1945 u. a. als Gaumusikleiter im Gau Tirol-Vorarlberg. Seine dreiteilige Suite ist eine
pathetische Darstellung der Bergisel-Schlachten von 1809 in der Tradition der musikalischen „Schlachtengemälde“. Dass ein Lied von 1796 hierfür herangezogen wurde,
bezeugt einerseits den Bekanntheitsgrad von Primissers Dichtung, andererseits seine
Instrumentalisierung durch Ultranationalisten.
Fazit
Das Lied „Den Stutzen hear, beym Soggara“ weist eine auffällige Rezeption und eine
außergewöhnlich lange Lebensdauer auf und zählt zu den besonderen Quellen der Tiroler Liedforschung. Dass ein politisches, zum Kampf aufforderndes Lied von 1796, das
sich also auf eine kurze historische Episode bezieht, noch zweihundert Jahre später in
Tirol bekannt ist, ist mehr als erstaunlich, vor allem, weil üblicherweise die Landesverteidigung 1796/1797 wesentlich weniger stark „erinnert“ wird als das „Heldenjahr“
1809. Dass aber Sepp Tanzer in seinem bläsersymphonischen Opus Tirol 1809 ausgerechnet ein politisches, nicht gänzlich unbekanntes Lied von 1796 verwendet, kann ein
Hinweis dafür sein, dass die Jahre 1796, 1797 und 1809 in mancher Hinsicht undifferenziert zu einem „Heldenzeitalter“ Tirols verschmolzen sind.
identität“) zu: „[…] über viele Generationen hinweg, erkennen gebildete Menschen ‚die Absicht‘ und
ordnen das in Rede stehende Motiv aktuellen, zeitspezifischen gesellschaftspolitischen Situationen zu“;
Wolfgang Suppan: „Musik als Identifikator. Annäherungen an ein heikles Thema“, in: www.hw.oeaw.
cc.at/0xc1aa500d_0x00137522 (26. 03. 2012).
84
Stadtmusikkapelle Wilten, Sepp Tanzer: http://www.wiltener.at/index.php?page=kapellmeister (06. 03. 2012).
Kapitel 2
„Auf dich vielköpfig’s Ungeheu’r: du trotzender Franzos!“.
Neues Lied der Sterzinger Scharfschützen
Silvia Maria Erber
Franzosen als „vielköpfige Ungeheuer“ zu bezeichnen, ist wahrscheinlich noch eine der
harmloseren Beschimpfungen in den Liedern der Jahre 1796 und 1797. Angesichts der
Situation der Menschen in den Tälern Tirols verwundert es wenig, dass die drastische
Sprache der Lieder vor allem Abscheu gegenüber den Idealen der Aufklärung und Hass
auf „die Französelen“1 bekundet. Ein aussagekräftiges Beispiel, das alle Facetten einer
Liedsprache enthält, die in der bedrohlichen Lage von 1796/1797 mobilisierend und
agitierend auf die Schützen und die gesamte Bevölkerung wirken sollte, ist ein Lied, das
uns aus der ersten Phase der Landesverteidigung erhalten geblieben ist und laut seinem
Titel in oder um Sterzing entstanden war: das Neue Lied der Sterzinger Scharfschützen.
Gesungen bey dem Auszuge wider die Franzosen. Es wurde wahrscheinlich schon während
der kriegerischen Auseinandersetzungen durch Flugblätter verbreitet – davon zeugt die
Tatsache, dass ein Druck dieses Liedes Eingang in die umfassende Dokumentensammlung des Tiroler Juristen Andreas Alois Di Pauli von Treuheim (1761–1839) gefunden
hat.2 Der Verfasser des siebenstrophigen Liedes ist ebenso unbekannt wie die Melodie,
zu der der Text möglicherweise gesungen wurde.
Neues Lied der Sterzinger Scharfschützen.
Gesungen bey dem Auszuge wider die Franzosen. 1796.
1. Wir zieh’n an unsre Gränzen hin,
Das Feu’rrohr in der Hand,
Gott, und den Kaiser in dem Sinn,
Für Glaub, und Vaterland.
Auf dich vielköpfig’s Ungeheu’r:
Du trotzender Franzos!
Auf dich blitz Gottes-Rache Feu’r
Aus unsern Röhren los.
So und ähnlich lauten die Bezeichnungen für die Franzosen in den Liedern der Jahre 1796 und 1797,
siehe etwa „Französelen! Habts ausgedroant, mit Fui’r und Schwart zu wuethen?“, siehe Johann Friedrich Primisser: A Siegslied am heil. sant Isidoritag 1797, in: Joseph Emanuel Bauer (Hg.): Tiroler Kriegslieder aus den Jahren 1796 und 1797. Gesammelt und zur Jahrhundertfeier herausgegeben, Innsbruck
1896, S. 107–110. Erster Druck in: Franz Wilhelm von Ditfurth (Hg.): Historische Volkslieder der Zeit
von 1756 bis 1871. 1. Band, 2. Heft: Die historischen Volkslieder vom Ende des siebenjährigen Krieges,
1763, bis zum Brande von Moskau 1812, Berlin 1872, S. 229–231. Oder auch „Auf brave Tyrola, erhebet die Stimm, / Verhienzt die Französln, verlacht ihren Grimm!“, siehe Peter Paul ­Staudacher: Tyroler
Liedel, in: Bauer (Hg.): Tiroler Kriegslieder, S. 113–115, hier S. 113.
2
Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck, FB 535/3. Andreas Alois Di Pauli von Treuheim
(1761–1839) war ein Jurist, fungierte aber im Rahmen der Landesverteidigung 1796 und 1797 als Berater und Organisator in vielerlei Hinsicht. Er war Mitbegründer des Tiroler Landesmuseums Ferdinandeum,
dessen Bibliothek seine „bibliotheca tirolensis“, heute „Dipauliana“ genannt, aufbewahrt. Eine kurze Biografie findet sich bei Margot Hamm: Die bayerische Integrations­politik in Tirol 1806–1814, München 1996
(Schriftenreihe zur bayerischen Landesgeschichte 105), S. 412. Siehe auch Kapitel 10 in diesem Band.
1
52
Kapitel 2
2. Denn groß ist deiner Sünden Hauf ’,
Ihr Maß ist mehr als voll:
Was häufst du es noch höher auf,
Und willst auch ins Tyrol?
Ha! Freyheit, Gleichheit schwatzst du vor:
Ein süsser Zauberton:
Doch taub bleibt der Tyroler Ohr:
Man kennt, man kennt dich schon.
3. Hast du denn nicht von Ort zu Ort
Genug gesengt, gebrennt,
Getobt mit Pressung, Raub und Mord,
Und Nonn’ und Weib geschändt,
Mit Königsmord die Hand entehrt,
Mit Priesterblut beschmutzt,
Was heilig ist in Greu’l verkehrt,
Den Himmel selbst getrutzt?
4. Auf unser glückliches Tyrol
Schielt jetzt dein Höllenneid,
Und lau’rt, wie Satan, tückenvoll
Nur auf Gelegenheit.
Du trotzest auf dein grosses Heer
Und wir auf Gottesschutz,
Mit uns ist Gott, mit dir nicht mehr:
Herbey! Hier steh’n wir, trutz.
5. Herbey! auf Felsen steh’n wir da
Mit Gott, wie felsenfest,
Und schiessen alles fern, und nah,
Und steinigen den Rest.
Wer ins Tyrol den Fuß nur wagt,
Findt hier sein Grab gewiß,
Und keiner komm von unsrer Jagd
Als Trau’rboth nach Paris.
6. Und wenn von uns auch Mancher fällt,
So fällt er nicht mit Schand:
Er stirbt als Martyrer und Held
Für Gott, und’s Vaterland.
Ha! so ein Tod ist neidenswerth:
Die Nachwelt rühmt ihn noch:
Man ehrt ihn, wo man Tugend ehrt,
Der Himmel lohnt ihn hoch.
7. Und ist uns nicht der Helden-Glück,
Der Tod im Streit gegönnt;
So kehren wir vom Krieg zurück,
Mit Ruhm und Sieg gekrönt.
Dann preisen wir den Höchsten hoch
Für den gegebnen Sieg:
Und lange denkt der Franzmann noch
An den Tyroler Krieg.3
3
Siehe TLMF, FB 535/3 (Flugblatt). Siehe auch Anton Emmert (Hg.): Almanach für Geschichte, Kunst
und Literatur von Tirol und Vorarlberg, 1. Jahrgang, Innsbruck 1836, S. 141–143.
Neues Lied der Sterzinger Scharfschützen
53
Der Dichter dieses Liedes verfolgt den Zweck, sein Publikum dazu zu bewegen, die
Waffe in die Hand zu nehmen und für „Gott“, „den Kaiser“ und „Glaub’ und Vaterland“ zu kämpfen. Die häufige Verwendung von „wir“ und „uns“ soll ein Gefühl von
gemeinschaftlicher Verbundenheit und Stärke erzeugen. Gerade in einer Kriegssituation
erscheint es sinnvoll, das Wort nicht nur an das Individuum alleine zu richten, sondern
die am Kampf beteiligten Menschen als Kollektiv anzusprechen. Insbesondere in Liedern, die einer Ideologie dienen, so stellt der Kulturanthropologe Vladimir Karbusicky
fest, trägt das kategorische „Wir“ dazu bei, den Menschen „zu einem Herdenwesen zu
degradieren“. Ein „Ich“ hat in den aggressiven Kampfliedern einer Ideologie keinen
Platz.4 Eine ähnliche Beobachtung lässt sich auch anhand der Tiroler Lieder aus der
Zeit um 1796/1797 feststellen: Ein lyrisches Ich scheint in erster Linie nur in jenen
Liedern auf, die zwar mobilisierend wirken (sollen), aber meist von einer namentlich
bekannten Person, einem Adeligen oder Bürger, verfasst wurden. Alle anderen, anonym bleibenden Verfasser verwenden das kollektive „Wir“. In ihren Liedern finden sich
oft Begriffe wie „Brüder“ (bzw. in dialektaler Abwandlung „Brüada“ / „Brüader“), verbunden mit konkreten Aufforderungen: „Auf Brüder! marsch hinein. […] Auf Brüder
auf ins Feld! / Vereinte Brüder, marsch hinein!“,5 „Das Vaterland ist in Gefahr! Auf
Brüder es zu retten!“,6 „Vereinigte Brüder! seyd auch nicht verzagt!“,7 „Fort Brüder in’s
Felde!“,8 „Lost Brüeder, was a Jubel, still / Still vorwerts, vorwerts Brüeder“,9 „Hier
vereint mit Brüderschaaren“,10 „Fröhlich auf ihr liebe Brüder!“11 und „Tapfre Waffenbrüder!“.12
Vladimir Karbusicky: Ideologie im Lied. Lied in der Ideologie. Kulturanthropologische Strukturanalysen,
Köln 1973 (Schriftenreihe des Instituts für musikalische Volkskunde an der Pädagogischen Hochschule
Rheinland 2), S. 9.
5
Anton von Remich: Kriegslied beym Abmarsche der Tyroler Scharfschützen im May 1796, in: Bauer (Hg.):
Tiroler Kriegslieder (wie Anm. 1), S. 56f. Siehe auch Liedindex, Nr. 150.
6
Josef Freiherr Hormayr zu Hortenburg: Volkslied den tapfern Tyroler-Schützen und Landleuten, welche
im Begriffe stehen, ihr Vaterland wider die alleszerstörende Frankreicher muthig zu vertheidigen, in: Bauer
(Hg.): Tiroler Kriegslieder (wie Anm. 1), S. 5–7, hier S. 5. Siehe auch Liedindex, Nr. 146.
7
Peter Paul Staudacher: An die frischen Tyroler bey Gelegenheit des Franzosen Krieges. Verfaßt und abgesungen mit Begleitung der türkischen Musik vom P. P. Staudacher, Chorregent, den 3. Julius 1796, auf der
Schießstatt zu Schwaz, in: Bauer (Hg.): Tiroler Kriegslieder (wie Anm. 1), S. 10–12, hier S. 11; erster
Druck in: Emmert (Hg.): Almanach (wie Anm. 3), S. 156f.; ebenso abgedruckt in: Ditfurth (Hg.): Die
historischen Volkslieder (wie Anm. 1), S. 217f. Siehe auch Liedindex, Nr. 4.
8
Josef Baron Giovanelli: Kriegslied der Tyroler. Von einem eifrigen Patrioten B. G. G., in: Bauer (Hg.):
Tiroler Kriegslieder (wie Anm. 1), S. 38f., hier S. 39. Siehe auch Liedindex, Nr. 166.
9
Johann Friedrich Primisser: A Lied im Franzosen-Rummel 1796, in: Bauer (Hg.): Tiroler Kriegslieder (wie
Anm. 1), S. 47–49, hier S. 49; erster Druck in: Emmert (Hg.): Almanach (wie Anm. 3), S. 145–147.
Siehe auch Ditfurth (Hg.): Die historischen Volkslieder (wie Anm. 1), S. 176–178. Ausführlich über
dieses Lied: siehe Kapitel 1 in diesem Band. Siehe auch Liedindex, Nr. 17.
10
Anon.: Lied der wackeren Etschländer die zur Vertheidigung des Vaterlandes auf den Gränzen stehen, in:
Bauer (Hg.): Tiroler Kriegslieder (wie Anm. 1), S. 57–60, hier S. 58, bzw. TLMF Dip. 193. Siehe auch
Liedindex, Nr. 107.
11
Anon.: Lied verfaßt von einem der zu Linz auf Transport gewesenen freiwilligen Vertheidigungs-Compagnie
aus Tyrol, in: Bauer (Hg.): Tiroler Kriegslieder (wie Anm. 1), S. 67–71, hier S. 67. Siehe auch Liedindex,
Nr. 153.
12
Anon.: Lied für die tyrolischen Landesvertheidiger beym zweyten Einbruche der Franzosen. 1797, in: Bauer
(Hg.): Tiroler Kriegslieder (wie Anm. 1), S. 83–87, hier S. 83. Siehe auch Liedindex, Nr. 169.
4
54
Kapitel 2
Polemik und Verteufelung des Feindes
Eine der wesentlichen Komponenten dieses Liedes ist aber die Diffamierung der Franzosen. So weckt die Charakterisierung des Feindes als „vielköpfig’s Ungeheu’r“ und an
späterer Stelle die Behauptung, „Auf unser glückliches Tyrol / Schielt jetzt dein Höllenneid, / Und lau’rt wie Satan, tückenvoll / Nur auf Gelegenheit“, Assoziationen an
die Hölle. Die Vernaderung des Feindes spielt vor allem in der politischen Lyrik der
Aufklärungszeit eine wichtige Rolle. Viele Kriegsgedichte und -lieder dieser Zeit weisen ein stark ausgeprägtes Feindschema auf und bezwecken die Verunglimpfung und
regelrechte „Verteufelung“ des zu bekämpfenden Feindes.13 Auch der Dichter unseres
Liedes nützt das Schema „Gut versus Böse“. Er behauptet, das Land Tirol und seine
Einwohner stünden unter „Gottesschutz“, „Gottes-Rache Feu’r“ würde auf die Feinde
„aus unsern Röhren“ niedergehen und der Tod im Kampf würde im Himmel belohnt
werden. Dem gegenüber gestellt ist das Bild der Franzosen als eines Volkes, das dem
„Himmel trutzt“, dem Teufel mehr ähnelt als dem Menschen und „tückenvoll“, d. h.
ungerecht und unfair, gegen die Tiroler kämpft.
Der Sinn dieser vielen negativen Zuschreibungen in mobilisierenden Liedern ist
klar: Das Wir, nämlich das Tiroler Volk, soll in seiner Kampfbereitschaft gegen einen
als unmenschlich dargestellten Feind bestärkt werden. Feinde mit Tieren oder, wie
in diesem Fall, mit Unterweltswesen zu vergleichen, ist in politisch-agitativen Texten
eine häufig anzutreffende Methode, die Hemmung zu töten abzuschwächen und die
Gewaltbereitschaft zu fördern.14 Zitate wie „Tödtet diese Höllen-Schlange“,15 „Tilgt die
Natterbruth“,16 „Hund! sterbe verdammter Franzos“17 zeigen die „Vertierung“ (so der
Begriff für die Entmenschlichung des Feindes in politischen Schriften18) auf, die auch
aus anderen Liedern spricht.
Die zweite Hälfte der zweiten Strophe dieses Liedes an die Sterzinger Scharfschützen
ist von Polemik gegen die Aufklärung und die Französische Revolution geprägt: „Ha!
Freyheit, Gleichheit schwatzst du vor: / Ein süsser Zauberton“, heißt es darin. Während
der Begriff „Freyheit“ rund zehn Jahre später im Kontext des noch heute so bezeichneten „Tiroler Freiheitskampfes“ von 1809 eine neue Bedeutung erhielt, ist er in den
Liedern von 1796/1797 eindeutig negativ konnotiert. „Freyheit“ war gemeinsam mit
„Gleichheit“ und weniger häufig mit „Brüderlichkeit“ um 1800 in aller Munde. Die
Siehe dazu weiterführend Peter Pütz: „Aufklärung“, in: Walter Hinderer (Hg.): Geschichte der politischen
Lyrik in Deutschland, Stuttgart 1978, S. 114–140.
14
Vergleiche etwa Fritz Hermanns: „Bombt die Mörder nieder! Überlegungen zu linguistischen Aspekten
der Erzeugung von Gewaltbereitschaft“, in: Hajo Diekmannshenke / Josef Klein (Hg.): Wörter in der
Politik. Analysen zur Lexemverwendung in der politischen Kommunikation, Opladen 1996, S. 133–164.
15
M. E. Ment (Vornamen nicht überliefert): Erfahrung für gegenwärtige Lage den Bürgern Innsbrucks
geweiht von einem patriotischen Freunde M. E. M. (Ment), den 12ten Juni 1796, in: Bauer (Hg.): Tiroler
Kriegslieder (wie Anm. 1), S. 8–10, hier S. 10; erster Druck in: Emmert (Hg.): Almanach (wie Anm. 3),
S. 132f. Siehe auch Liedindex, Nr. 143.
16
J. Mayr (Vorname nicht überliefert): Aufgebot der Tyroler zur Rettung des Vaterlandes. Von J. Mayr, Mediziner 1796, in: Bauer (Hg.): Tiroler Kriegslieder (wie Anm. 1), S. 14–16, hier S. 16; erster Druck in:
Emmert: Almanach (wie Anm. 3), S. 124–126. Siehe auch Liedindex, Nr. 164.
17
Anon.: Lied bey dem Abzuge der Haller Schützen, in: Bauer (Hg.): Tiroler Kriegslieder (wie Anm. 1),
S. 51–53, hier S. 51; erster Druck in: Emmert: Almanach (wie Anm. 3), S. 139–141. Siehe auch Liedindex, Nr. 157.
18
Hermanns: „Bombt die Mörder nieder!“ (wie Anm. 14).
13
Neues Lied der Sterzinger Scharfschützen
55
oft zitierte Parole der Französischen Revolution war auch in Tirol offenbar geläufig.
In vielen antirevolutionären und polemischen Schriften jener Zeit wurde der Begriff
„Freyheit“, so die deutsche Schreibweise um 1800, ebenso wie in den Tiroler Kriegsund Kampf­liedern der Jahre 1796 und 1797, zur „Perhorreszierung der Revolution“19
benutzt. Ähnlich wie unter den Monarchisten in Frankreich wurde „liberté“ auch in vielen Tiroler Schriften mit „Zügellosigkeit“ und „Anarchie“ gleichgesetzt,20 wie folgende
Verse aus unterschiedlichen, aber einander sehr ähnelnden Liedern zeigen:
Freyheit predigen sie immer,
Versprech’n mit verstellter Gluth;
Stolz dem Volke gold’nen Schimmer
und martern’s doch bis aufs Blut! –
Ihre Gleich- und Freyheits-Ketten
Drücken Menschen schrecklich hart!
[…]21
Si [sic] wollten enck Gleichheit, und Freyheit stur zeig’n.22
„Freyheit“ bedeutete für die Dichter dieser Verse offensichtlich etwas Verwerfliches,
einen nicht erwünschten Gegensatz zu ihrem eigenen gesellschaftlichen Bild und ihrer
Bindung an den Landesfürsten. In der dritten Strophe zählt der Dichter die angeblichen
verwerflichen Taten der französischen Soldaten bzw. der Franzosen allgemein auf: Er
(der Franzose) habe „[…] gesengt, gebrennt, / Getobt mit Pressung, Raub und Mord, /
Und Nonn’ und Weib geschändt, / Mit Königsmord die Hand entehrt, / Mit Priesterblut beschmutzt, / Was heilig ist in Greu’l verkehrt, / Den Himmel selbst getrutzt?“.
Diese Worte zeichnen ein Bild der Empörung über Frankreich und die Französische
Revolution. Wesentlich ist hierbei die Entrüstung über die „frevelhaften“ Glaubens­
spötter, die sich gegen die göttliche Ordnung auflehnen („Was heilig ist in Greu’l verkehrt, / Den Himmel selbst getrutzt?“) und Geistliche („Priesterblut“) und sogar ihren
eigenen König ermordeten. Einige Tiroler Dichter empörten sich vor allem über den
„Königsmord“, erschien ihnen dieser doch als Attacke auf die gottgewollte Ordnung,
auf das Gottesgnadentum und damit auf den Staat und die Religion.
Ganz ähnlich klingt die antirevolutionäre und antifranzösische Polemik in anderen
Liedern, die zum selben Anlass gedichtet wurden:
[…]
Nichts mag die Freyheit uns je schaffen;
Denn Königsmörder zu bestrafen
Verbindet uns der Treue Band.
[…]
Näheres dazu bei Gerd van den Heuvel: Der Freiheitsbegriff der Französischen Revolution. Studien zur
Revolutionsideologie, Göttingen 1988 (Schriftenreihe der historischen Kommission bei der bayerischen Akademie der Wissenschaften 31), S. 214–288.
20
Ebd., S. 229.
21
Ment: Erfahrung für gegenwärtige Lage (wie Anm. 15), S. 9.
22
Peter Paul Staudacher: Lied auf die Zurückkunft der zweyten Schützen-Compagnie von Schwatz, unter
Anführung des Titl. Herrn Pet. Niklas Lergetporer. Vom Pet. P. Staudacher, Chorregent, Schwatz den 9. Mai
1797, in: Bauer (Hg.): Tiroler Kriegslieder (wie Anm. 1), S. 121–123, hier S. 121; sowie in Ditfurth
(Hg.): Die historischen Volkslieder (wie Anm. 1), S. 231–233. Siehe auch Liedindex, Nr. 71.
19
56
Kapitel 2
Sie mögen kommen jene Horden,
Bey welchen bloße Raubsucht war,
Durch welche so wie durch ihr Morden
Sie Höllen Auswurf sind geworden
[…]
Wir hassen euch, ihr Jungfernschänder,
Wir hassen euern Frevelblick.23
Man kennt deine schändlichen Trüge,
Du Ungeheur! triebst sie zu weit:
Umsonst bethört uns die kriechende Lüge,
[…]
Wer plünderte grausam die heil’gen Altäre,
Wer richtete Blutbäder an?
Wer raubte den Glauben, das Gut und die Ehre?
Du Freyheit! Du hast es gethan.
[…]
Zernichte durch Ihn die fränkischen Mächte:
Damit ihr Stolz bald gebeugt;
Und der grausame Schänder menschlicher Rechte
Zu seinem Joche sich neigt.24
Diese Art von Polemik finden wir nicht nur in den Liedern, sondern – kaum über­
raschend – auch in Predigten jener Zeit, die in den Jahren 1796 und 1797 eine wahre
Kriegstheologie offenbaren.25 Einige der zitierten Textzeilen beziehen sich auf die
umstürzlerischen Ereignisse der Französischen Revolution, die für einen Großteil der
tiefreligiösen Bevölkerung Tirols unverständlich und furchteinflößend gewesen sein
dürften. In Tirol selbst lassen sich nur wenige Spuren von aufklärerischem Denken
nachweisen. Abgesehen von einigen gelehrten Gesellschaften, Geheimbünden wie Freimaurern und kleinen lokalen, meist aus Studenten bestehenden Jakobinerklubs fanden
die Ideen der Aufklärung kaum Zuspruch, was angesichts der Tatsache, dass die Revolutionäre für Ideale kämpften, die für die stark bäuerlich geprägte Gesellschaft Tirols
am Ende des 18. Jahrhunderts die „Umkehr nahezu aller traditionell gültigen Werte“
bedeutet hätte, nicht verwundert.26 Tirol war um 1800 ein Land mit einer besonders
Anon.: Beym Abzuge der löbl. Bürgerlichen Schützen-Compagnie zu Innsbruck, in: Bauer (Hg.): Tiroler Kriegslieder (wie Anm. 1), S. 49–51, hier S. 49f.; erster Druck in: Emmert (Hg.): Almanach (wie
Anm. 3), S. 138f. Siehe auch Liedindex, Nr. 172.
24
F. K.: Aneiferung der an der Gränze stehenden Tyroler Scharfschützen zur Tapferkeit, in: Bauer (Hg.):
Tiroler Kriegslieder (wie Anm. 1), S. 60–62; erster Druck in: Emmert (Hg.): Almanach (wie Anm. 3),
S. 147–149. Siehe auch Liedindex, Nr. 161.
25
Roman Siebenrock: „Bis zum letzten Blutstropfen. Tiroler Wehrhaftigkeit und die Verehrung des Herzens Jesu: Eine Spurensuche im Blick auf 1809“, in: Brigitte Mazohl / Bernhard Mertelseder (Hg.):
Abschied vom Freiheitskampf ? Tirol und ‚1809‘ zwischen politischer Realität und Verklärung, Innsbruck
2009 (Schlern-Schriften 346), S. 347–370, hier S. 351.
26
Meinrad Pizzinini: „Tirol und die Auswirkungen der Französischen Revolution“, in: Karl AlbrechtWeinberger (Hg.): Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit auch in Österreich? Auswirkungen der Französischen
Revolution auf Wien und Tirol, 124. Sonderausstellung des Historischen Museums der Stadt Wien in Zusammenarbeit mit dem Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Wien 1989, S. 209–218, hier S. 210.
23
Neues Lied der Sterzinger Scharfschützen
57
starken katholischen Tradition, die einen wesentlichen Teil der Tiroler Identität bis in
die Gegenwart darstellt.27 Reformatorische Strömungen, wie sie ab dem beginnenden
16. Jahrhundert in weiten Teilen Europas einsetzten, streiften die Bevölkerung in den
Tälern Tirols nur am Rande, eine richtige Institutionalisierung neuer Konfessionen
griff in Tirol nie.28 Ein bedeutender Grund hierfür lag in der außerordentlichen Macht­
position der geistlichen Landesfürsten in den Hochstiften Brixen und Trient und in der
relativ schwachen Stellung des Adels.29 Die tiefe Verankerung des Katholizismus in Tirol
ermöglichte auch den besonders großen Erfolg der von den Habsburgern forcierten
Gegenreformation ab Anfang des 17. Jahrhunderts.
Die traditionelle Betonung einer besonders ausgeprägten Religiosität der Tiroler
Bevölkerung in der Neuzeit wird allerdings in der neueren Historiografie etwas dif­
ferenzierter gesehen. Während in älteren geschichtlichen Darstellungen gerne der
Mythos des wehrhaften und katholischen Tirolers unkritisch beschworen wird, gehen
jüngere Forschungen auch der Entstehungsgeschichte dieser Vorstellungen selbst nach,
die sich im Übrigen an dem immer noch aktuellen, mittlerweile geflügelten Begriff vom
„Heiligen Land Tirol“ festmachen lassen.30 Dank dieses Perspektivenwechsels hat sich
der lange übersehene enge Zusammenhang zwischen konkret gelebtem Widerstand,
Identitätsbildung und deren historischer Begründung gezeigt – die Legende von einem
seit Menschengedenken „Heiligen Land“ entstand also erst, als dieses gegen Aufklärung und vermeintliche Religionsfeindlichkeit verteidigt werden musste.31 Infolge der
josefinischen Religionsreformen und dann mit dem Paukenschlag der Französischen
Revolution und den ab 1792 einsetzenden Revolutionskriegen fand sich die tirolische
Bevölkerung erstmals mit der Infragestellung ihres Glaubens konfrontiert. Als 1796
die „personifizierte Gottlosigkeit“, der Unglaube in Form der französischen Soldaten,
tatsächlich ins Land eindrang, löste dies eine Welle patriotischer Mobilmachung aus, in
der die religiösen Töne gezielt eingesetzt wurden. Die Obrigkeit in Tirol stilisierte laut
Martin P. Schennach bewusst den Krieg gegen Frankreich zu einem ideologisch-religiö-
Hierzu die noch unpublizierte italienische Dissertation von Luigi Ghezzi: Nostalgia e politiche della memoria: Austria, Germania e Italia nella „Questione Trentina e sudtirolese“ (1870–1914), Dissertation, Universitäten Trient und Innsbruck 2012. Siehe weiterführend auch: Florian Huber: „Konfessionelle Identitätsbildung in Tirol: Antiprotestantismus ohne Protestanten (1830–1848)“, in: Elisabeth Tauber (Hg.):
Alteritäten – Identitäten, Innsbruck – Wien 2010 (Geschichte und Region / Storia e Regione 19), S. 28–52.
28
Gegenpole zur kirchlichen Macht waren etwa Bergwerksorte im Unterinntal, aber auch einzelne Angehörige des Adels standen konträr zur kirchlichen Linie.
29
Rudolf Leeb: „Die konfessionellen Sonderentwicklungen in Tirol, Salzburg und Vorarlberg“, in: Rudolf
Leeb / Maximilian Liebmann / Georg Scheibelreiter / Peter G. Tropper (Hg.): Geschichte des Christentums in Österreich. Von der Spätantike bis zur Gegenwart, Wien 2003 (Österreichische Geschichte),
S. 213–221, hier S. 213.
30
Siehe dazu Anton Dörrer: „Wie kam Tirol zur Bezeichnung ‚Heiliges Land?‘“, in: Tiroler Heimatblätter
24 (1949), S. 146–154, Siegfried Carli: „Heiliges Land Tirol“: Anspruch und Wirklichkeit, Diplom­arbeit,
Universität Innsbruck 2007, und schließlich die aktuellste und detaillierteste Auseinander­setzung:
Heinz Noflatscher: „Heilig wie lang? Religion und Politik im vormodernen Tirol“, in: Der Schlern 72
(1998), Heft 6: Juni, S. 358–375, hier S. 372.
31
Martin P. Schennach: Revolte in der Region. Zur Tiroler Erhebung von 1809, Innsbruck 2009 (Veröffentlichungen des Tiroler Landesarchivs 16), S. 176–187; Laurence Cole: „Religion und patriotische Aktion
in Deutsch-Tirol (1790–1814)“, in: Otto Dann / Miroslav Hroch / Johannes Koll (Hg.): Patriotismus
und Nationsbildung am Ende des Heiligen Römischen Reiches, Köln 2003 (Kölner Beiträge zur Nations­
forschung 9), S. 345–378, hier S. 352.
27
58
Kapitel 2
sen Kampf.32 Auch viele Strophen in den damaligen Liedern verdeutlichen eindringlich,
wie sehr der Krieg gegen das revolutionäre Frankreich als ein Krieg für den Glauben
und gegen den Unglauben gedeutet wurde. In der Argumentation für einen gerechten
Kampf der Tiroler wird die Notwendigkeit betont, den eigenen, wahren Glauben zu
beschützen. Lieder, die wie Gebete anmuten und vor allem den besonders starken Glauben der Tiroler hervorheben, verstärken den Eindruck, dass Religion im Konflikt der
Jahre 1796 und 1797 einen wesentlichen identitätsstiftenden Faktor darstellte und der
Mythos des „Heiligen Landes“ erst in diesem Zusammenhang entstand bzw. verbreitet
wurde.
In der sechsten Strophe begegnet uns schließlich noch eine weitere rhetorische Strategie, um den Menschen die Angst vor dem Kampf mit dem Feind zu nehmen: die
Heroisierung des Todes im Krieg. Der Dichter versichert, dass jene, die im Kampf fallen, als „Martyrer und Held[en]“ für Gott und Vaterland in die Geschichte eingehen
werden. Die Verse „Ha! so ein Tod ist neidenswerth“ und „Und ist uns nicht der Helden-Glück, / Der Tod im Streit gegönnt“ (siehe siebente Strophe) verherrlichen geradezu den „Heldentod“. Die „ehrenvolle“ Aussicht, als Held und Märtyrer im Krieg für
Gott und das Vaterland zu sterben, wird in vielen Liedern der Jahre 1796 und 1797
dezidiert ausgesprochen.
Dichter und Rezeption
Eine Identifizierung des Verfassers dieses Liedes ist bei der derzeitigen Quellenlage nicht
möglich. Bestenfalls kann man Überlegungen über seinen Bildungsstand und seine Herkunft anstellen. An keinem Punkt im Lied offenbart sich der Dichter, denn es gibt kein
„Ich“, sondern nur ein „Wir“, womit das Tiroler Volk als Kollektiv gemeint ist. Das Lied
zählt zu den wenigen Liedern der Jahre 1796 und 1797, die auf Hochdeutsch, und nicht
im Tiroler Dialekt geschrieben wurden. Dies deutet auf einen gebildeten Verfasser hin,
der mit Sicherheit eine höhere Schulbildung genossen hat. Jedoch der Umkehrschluss,
Dialektlieder stammen von Verfassern mit nur geringer oder fehlender Schulbildung, ist
nicht zutreffend, da wir von einigen bekannten Kriegsliedern im Tiroler Dialekt wissen,
dass sie von bürgerlichen, sogar adeligen Dichtern geschrieben wurden. Anzunehmen
ist schließlich auch, dass es sich um einen Verfasser handelt, der in Sterzing oder in der
Umgebung von Sterzing lebte und den Auszug der Sterzinger Scharfschützen höchstwahrscheinlich auch selbst sah.
Zuletzt bleibt noch die Frage nach der Wirkung dieses Liedes. Da wir heute nur
mehr über einige Flugblattdrucke dieses Neuen Liedes der Sterzinger Scharfschützen verfügen und keinerlei Anhaltspunkte über Aufführungen oder das öffentliche Singen dieses Liedes haben, können wir bloß von einer sehr geringen Rezeption ausgehen. Das
Lied war bestimmt kein „Gassenhauer“.
Schennach: Revolte (wie Anm. 31), S. 182f.
32
Neues Lied der Sterzinger Scharfschützen
59
Fazit
Wegen seiner vielen Facetten kann das
Neue Lied der Sterzinger Scharfschützen als
ein Musterbeispiel des in Hochdeutsch
gehaltenen Kampf- bzw. Agitationsliedes für die Landesverteidigung 1796/1797
gelten. Die religiöse Komponente war
ebenso wie die Diffamierung des französischen Feindes ein grundlegender Bestandteil der Kriegslyrik und trug wesentlich
zur Mobilmachung der Bevölkerung bei.33
Wichtig ist hierbei zu betonen, dass die
Lieder in erster Linie die dahinterstehenden Intentionen sprachlich widerspiegeln.
In diesem konkreten Fall ging es dem Verfasser um die Mobilisierung der Bevölkerung und Agitation zu einer erfolgreichen
Landesverteidigung Tirols. Er passte seine
Wortwahl und den Inhalt dem intendierten Zweck an. Es ist auffallend, dass
sich dutzende für die Landesverteidigung
1796/1797 verfasste Lieder in ihrer Wortwahl sehr ähneln. Man kann sich des
Verdachtes kaum erwehren, dass möglicher­weise Dichter entweder voneinander abschrieben oder aber nur eine kleine Abb. 1: Titelseite des Flugblattdrucks Neues Lied
Gruppe von Textproduzenten hinter den der Sterzinger Scharfschützen (Tiroler Landesvielen, meist anonym überlieferten Lie- museum Ferdinandeum, Innsbruck, FB 535/3).
dern steckt. Möglich scheint, dass manche
Begriffe dem realen Sprachgebrauch der Zeit entnommen wurden, dass Beschimpfungen wie „Horde“, „Brut“, „Mörder“, „Räuber“ etc. zur Bezeichnung der französischen
Truppen tatsächlich üblich waren. Es stellt sich die Frage, ob derartige negative Attribute aus dem alltäglichen Sprachgebrauch einflossen, oder umgekehrt. Feststellen ließe
sich dies nur mithilfe aufwändiger Vergleiche mit verwandten lyrischen und gebrauchs­
prosaischen Texten wie Tagebucheintragungen, Zeitungsartikeln oder auch Briefen.
Abschließend ist festzuhalten, dass die hier mobilisierenden Tiroler Lieder von
1796/1797 – und dies verwundert nicht – eine große Ähnlichkeit mit jener patriotischen Lyrik aufweisen, die während der Befreiungskriege gegen Frankreich in den deutschen Staaten in den Jahren 1813–1815 entstanden ist. Auch die Lieder und Gedichte
Allgemein zur Stereotypisierung als Komponente von nationaler Identitätsfindung siehe Michael Jeismann: „Was bedeuten Stereotypen für nationale Identität und politisches Handeln?“, in: Jürgen Link /
Wulf Wülfing (Hg.): Nationale Mythen und Symbole in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Strukturen und Funktionen von Konzepten nationaler Identität, Stuttgart 1991 (Sprache und Geschichte 16),
S. 84–93.
33
60
Kapitel 2
von Theodor Körner, Ernst Moritz Arndt, Friedrich Ludwig Jahn und vielen anderen34
bezweckten die Emotionalisierung, Motivierung und Identitätsbildung im Kampf
gegen Napoleons Truppen. Die Berufung auf die Heldentaten der Vorfahren und die
Betonung der christlichen Glaubensgrundsätze sind für diese Texte genauso typisch wie
für die rund zwanzig Jahre vorher entstandenen Tiroler Kriegslieder.35 Besonders Arndts
frühe Gedichte sind vom Hass auf die Franzosen geprägt und enthalten dutzende bildhafte Aufrufe, Franzosen zu töten. Körners Dichtungen hingegen „verfügt[en] über ein
nur wenig ausgeprägtes, klischeehaftes, mit sprachlichen Stereotypen […] arbeitendes
Feindbild“. Das lyrische Ich der entsprechenden Gedichte als „todesmutiger Kämpfer“
dargestellt, verbunden mit der Erotisierung des Kampfes, macht einen wesentlichen
Charakterzug der Körnerschen Befreiungskriegslyrik aus.36
Siehe Kapitel 17 in diesem Band.
Siehe dazu Karen Hagemann: „Mannlicher Muth und Teutsche Ehre“. Nation, Militär und Geschlecht zur
Zeit der Antinapoleonischen Kriege Preußens, Paderborn 2002 (Krieg in der Geschichte 8), S. 204–383.
36
Ernst Weber: Die Lyrik der Befreiungskriege (1812–1815). Gesellschaftspolitische Meinungs- und Willensbildung durch Literatur, Stuttgart 1991 (Germanistische Abhandlungen 65), S. 151–168, S. 187–198.
Noch etwas allgemeiner zum Feindbegriff während der Befreiungskriege: Michael Jeismann: Das Vaterland der Feinde. Studien zum nationalen Feindbegriff und Selbstverständnis in Deutschland und Frankreich
1792–1918, Stuttgart 1992 (Sprache und Geschichte 19).
34
35
Kapitel 3
„Ich weiß, daß ihr Tyroler seyd! Und unbesiegt geblieben!“.
Volkslied den tapfern Tyroler-Schützen
Silvia Maria Erber
Viele Kriegslieder aus den Jahren 1796 und 1797 ähneln einander in auffallender Weise
hinsichtlich ihrer Wortwahl und Bildhaftigkeit. In vielen Liedern wird der Zusammenhalt der kämpfenden Truppen beschworen. Die Angst vor einem militärischen Schlag
oder die Wut über einen nahenden Angriff äußern sich in einer gewaltvollen Sprache
und in blutigen Fantasien darüber, wie
man dem französischen Volk – nicht nur
den französischen Soldaten – den Garaus
bereiten könnte. Die militärische Bedrohung wird als eine gesamtgesellschaftliche
Bedrohung dargestellt. Die Erinnerung
an vergangene, ruhmreiche Tage der Landesverteidigung, wie etwa an die Kämpfe
von 1703, dient der Mobilisierung und
soll die Männer in ihrem Stolz, Tiroler
zu sein, bestärken. Abgesehen von der
religiösen Tendenz vieler dieser Lieder
geht es darum, beim Publikum patriotische Gefühle zu wecken. Die Gefechte
von 1796 und 1797 erfolgten ja mit dem
Zweck, den eindringenden, sich auf dem
Durchmarsch befindlichen französischen
Truppen Widerstand zu leisten, die eigenen Grenzen zu sichern und „den Feind“
daran zu hindern, sich mit seinen Truppen
im Süden Deutschlands zu vereinigen. In
einer Zeit, in der markante gesellschaftliche Umwälzungen den Nationalismus
förderten, spielten agitatorische Kriegslieder eine wichtige, auch aus heutiger Sicht
noch bemerkenswerte Rolle. Die facettenreiche, mitunter heterogene Bedeutung
von „Patriotismus“ und „Vaterland“ und
die damit verbundenen Identitätsmuster
lassen sich beispielhaft am folgenden als
„Volkslied“ bezeichneten Lied erläutern, Abb. 1: Titelblatt des Flugblattdrucks Volkslied den
tapfern Tyroler-Schützen und Landleuten von Joseph
das in den Sommermonaten 1796 von Freiherr von Hormayr zu Hortenburg (Tiroler
Joseph Freiherr von Hormayr zu Horten- Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck, Dip.
burg gedichtet wurde:
134/18).
62
Kapitel 3
Volkslied den tapfern Tyroler-Schützen und Landleuten,
welche im Begriffe stehen, ihr Vaterland wider die alleszerstörende Frankreicher
muthig zu vertheidigen, von einem Gutgesinnten geweihet.
Gesungen am 1sten Brachmonath 1796.
Das Vaterland ist in Gefahr!
Auf Brüder, es zu retten!
Befrey’ es muth’ge Brennenschaar
Von der Neufranken Ketten!
Der Franke drängt mit Macht herbey!
Auf ! zeiget euren Muth!
Versiegelt eure alte Treu
Mit eurem Hab, und Blut!
Zeigt eurem übermüth’gen Feind
Die nie besiegte Brust!
Mit Muth – und Biedersinn vereint –
Er flieht – Ich seh’s mit Lust.
In’s Feld für die Religion!
Mit ihr sprecht ihr dem Leiden
Des Schicksals bittern Schlägen Hohn,
Sie würzet eure Freuden!
In’s Feld für’s allgemeine Wohl!
Zu stolzer Feind’ Verderben,
Für Gott! den Fürsten! für Tyrol!
Auf ! siegen oder sterben!
In’s Feld die wilde Hord’ zerstört
Was heilig, lieb euch heißet;
Sie ist’s die euer Hab verheert,
Und jedes Band zerreißet.
In’s Feld für eurer Weiber Ehr’
Die Unschuld eurer Kinder!
Auf ! – seht der Franke zittert, er
Gibt nach, und wird gelinder!
Er fürchtet jenen Edelmuth
Mit dem ihr sterbt, und lebet!
Den Eifer mit dem ihr eu’r Blut
Dem Vaterlande gebet.
Schon legt er sich – sein Uebermuth
Mit dem er: Mord! uns dräute,
Weil wallendes Tyrolerblut
Ihm: Rache! prophezeyte!
Auf euch beruht nun Deutschlands Wohl!
Die Sicherheit des Fürsten!
Ihr windet Lorbern, euch! Tyrol!
Nach denen Helden dürsten!
Oft war Tyrol in der Gefahr,
Doch ging es nie zu Grunde.
Volkslied den tapfern Tyroler-Schützen
63
Es riß der tapfern Brennenschaar
Es aus Alektos Schlunde.
Bleibt eurer Aeltern Tugend hold!
Ihr siegt; nach tapfer’m Streiten
Wie einstens unter Leopold
So unter F r a n z d e m Z w e y t e n .
Ich weiß, daß ihr Tyroler seyd!
Und unbesiegt geblieben!
So gut im Glück! so groß im Leid!
Wer sollte euch nicht lieben?
Darum ihr Helden! auf und fort!
Den Franken zum Verderben!
Wählt euch zu eurem Losungswort:
Auf ! Siegen oder sterben!1
Der 14-strophige Text, gedichtet zu Beginn der Auseinandersetzung mit den französischen Truppen, offenbart in Reim und Wortwahl einen gebildeten Dichter. Obwohl das
Lied ohne Zweifel zu den vielen Kriegs- bzw. Kampfliedern der Jahre 1796 und 1797
zählt und auch die typischen Kennzeichen einer kriegerischen, mobilisierenden Sprache
trägt („Auf Brüder, es zu retten!“, „In’s Feld für die Religion!“, „In’s Feld für’s allgemeine
Wohl“ etc.), fällt doch auf, dass der Dichter weder besonders diffamierende noch betont
gewaltaufreizende Ausdrücke verwendet. Sein Feindbild ist wenig ausgeprägt, bloß einmal ist von einer „wilden Hord“ die Rede. Die Verse gestalten sich im Vergleich zu
ähnlichen Liedern keinesfalls so durchwegs negativ. Die üblichen Hasstiraden gegen
das französische Volk fallen fast gänzlich weg. Anstatt sich in hass- und zornerfüllten
Versen über den Feind zu ergehen, appelliert er mittels Begriffen wie „Vaterland“ oder
mit Parolen wie „Für Gott! den Fürsten! Für Tyrol!“ an das Gefühl der Vaterlandsliebe.
Identität und Patriotismus als Topoi der Kriegslieder
Einige Strophen dieses Liedes erhellen das Konzept des Landes- und Reichspatriotismus
in Tirol am Ende des 18. Jahrhunderts. Wir befinden uns in einer Phase der europäi­
schen Geschichte, in der die Entwicklung unterschiedlich ausgeprägter Patriotismen
zu nationalen Identitätsbildungen führt. Die Heterogenität des Heiligen Römischen
Reiches2 um 1800 ist diesbezüglich geradezu ein Paradefall, sind doch das Reich, die
1
2
Siehe Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck, Dip. 134/18. Siehe auch Anton Emmert
(Hg.): Almanach für Geschichte, Kunst und Literatur von Tirol und Vorarlberg, 1. Jahrgang, Innsbruck
1836, S. 154–156; Joseph Emanuel Bauer (Hg.): Tiroler Kriegslieder aus den Jahren 1796 und 1797.
Gesammelt und zur Jahrhundertfeier herausgegeben, Innsbruck 1896, S. 5–7. Der Text findet sich auch
als Flugblatt in einer Sammlung von Kriegsliedern: Valentin Lampacher: Waffen für die Töchter Tyrols
oder Bethen ist auch gestritten, o. O. o. J. Siehe auch Liedindex, Nr. 146.
Über den Reichspatriotismus, seine Gestalt und seine Konjunkturen in der Neuzeit siehe: Karl Otmar
Freiherr von Aretin: „Reichspatriotismus“, in: Günter Birtsch / Meinhard Schröder (Hg.): Patriotismus
in Deutschland. Öffentliche Ringvorlesung, Wintersemester 1988/89, Trier 1993 (Trierer Beiträge. Aus Forschung und Lehre an der Universität Trier 22), S. 4–9, sowie Michael Stolleis: „Reichspublizistik und
Reichspatriotismus vom 16. zum 18. Jahrhundert“, in: ebd., S. 21–28.
64
Kapitel 3
Fürstenstaaten, die regionalen Territorien und nicht zuletzt die verschiedenen Ethnien
mit ihrem jeweiligen Nationalbewusstsein dabei zu berücksichtigende Komponenten3
in einem vielfältigen Nebeneinander von Loyalitätsmustern und Identitätsbildern.4
Das Identitätsbewusstsein etwa eines Tirolers um 1800 konnte sich folgendermaßen
gestalten: Zum einen mag er sich als Tiroler, d. h. als Einwohner der gefürsteten Grafschaft Tirol, gefühlt haben. Sein Landesfürst war der jeweilige habsburgische Erzherzog,
der die Herrschaft über den habsburgischen Territorialkomplex innehatte. Eine zweite
Identität konnte sich somit ebenso auf die habsburgische Dynastie und ihre Territorien
beziehen. Und drittens stellten die Habsburger seit dem 15. Jahrhundert fast ununterbrochen das gewählte Oberhaupt des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation, zu
dem auch Tirol gehörte. Der Tiroler Bevölkerung boten sich also um 1800 drei Identifikationsebenen – Land, „Staat“ bzw. Herrscherdynastie und Reich –, ein Umstand, der
selbst in den Kriegsliedern deutlich spürbar ist.
Eine alle sozialen Schichten umfassende patriotische Bewegung in den Ländern des
Alten Reiches ist erst angesichts der Bedrohung durch das napoleonische Frankreich und
erst nach dem endgültigen Auseinanderbrechen des fast tausendjährigen Reichsverbandes
zu erkennen. Während manche Historikerinnen und Historiker diese durch den Krieg
ausgelöste Patriotismuswelle als Ausgangsbasis für eine Nationsbildung betrachten,5
relativieren andere die Kriegsjahre 1792–1815, indem sie sie lediglich als eine „wichtige
Beschleunigungsphase in einem längeren Verlaufsprozess“ der Nationsbildung einstufen.6 Die Begeisterung für den Vaterlandsgedanken artikulierte sich unter anderem in der
so genannten „Befreiungslyrik“, in Gedichten und Liedern, die während der Befreiungskriege zwischen 1813 und 1815 in den deutschen Staaten verfasst wurden. Sie wurden
in politischen Zeitungen verbreitet und trugen wesentlich zu einer relativ flächendeckenden, gemeinschaftlichen politischen Willensbildung, auch zur Entwicklung von Nationalgefühl und freilich auch Patriotismus bei. Das wichtigste Merkmal dieser Lyrik ist im
Gegensatz zur zeitgleich ebenso noch produzierten landespatriotischen Lyrik das Fehlen
der damals üblichen „Fürstenbeweihräucherung“, der Lobpreisung absolutistischer Herrschaftsverhältnisse.7 Die Qualität dieser Kriegslieder und -gedichte, ihre große Verbreitung und damit einhergehend ihre mobilisierende Effizienz regen dazu an, sie mit den
Kampfliedern in Tirol von 1796/1797 zu vergleichen. Vorerst beschäftigt uns aber diese
Frage: Welches „Nationalgefühl“ wurde in den Liedern von 1796 und 1797 geschürt?
Otto Dann / Miroslav Hroch: „Einleitung“, in: Otto Dann / Miroslav Hroch / Johannes Koll (Hg.):
Patriotismus und Nationsbildung am Ende des Heiligen Römischen Reiches, Köln 2003 (Kölner Beiträge zur
Nationsforschung 9), S. 9–18, hier S. 10.
4
Laurence Cole: „Vom Sonderfall zum europäischen Normalfall? Zur kollektiven Identitätsbildung in
Tirol um 1809“, in: Marco Bellabarba / Ellinor Forster / Hans Heiss / Andrea Leonardi / Brigitte
­Mazohl (Hg.): Eliten in Tirol zwischen Ancien Régime und Vormärz. Akten der internationalen Tagung
vom 15. bis 18. Oktober 2008 an der Freien Universität Bozen, Innsbruck – Wien – Bozen 2010 (Ver­
öffentlichungen des Südtiroler Landesarchivs 31), S. 113–142, hier S. 121.
5
Dann/Hroch: „Einleitung“ (wie Anm. 3), S. 11.
6
Cole: „Sonderfall“ (wie Anm. 4), S. 113.
7
Ernst Weber: „Zwischen Emanzipation und Disziplinierung. Zur meinungs- und willensbildenden
Funktion politischer Lyrik in Zeitungen zur Zeit der Befreiungskriege“, in: Ulrich Herrmann (Hg.):
Volk – Nation – Vaterland, Hamburg 1996 (Studien zum achtzehnten Jahrhundert 18), S. 325–352;
Ernst Weber: Lyrik der Befreiungskriege (1812–1815): Gesellschaftspolitische Meinungs- und Willens­
bildung durch Literatur, Stuttgart 1991 (Germanistische Abhandlungen 65).
3
Volkslied den tapfern Tyroler-Schützen
65
Um Erkenntnisse über Formen und die Intensität von Patriotismus bzw. mehrerer
Patriotismen oder von Vaterlandsbegriffen zu erhalten, eignet sich eine Methode, die für
die Untersuchung von politischen Sprachen angewandt wird.8 Politische Texte, zu denen
auch politische Lieder zählen können, werden auf „Schlagwörter“ und deren Häufigkeit
und Aussagekraft untersucht. Der Kontext, d. h. der Sinnzusammenhang dieser Wörter
wird qualitativ betrachtet.9 Dem Begriff der „Nation“ wird verständlicherweise in den
jüngeren Forschungen zum Nationsdiskurs und zu den Ausprägungen des Nationalen
die größte Aufmerksamkeit geschenkt.10 In der österreichischen Monarchie etwa wird der
Begriff „Nation“ im 18. Jahrhundert vor allem von der zentralen Regierung in Wien relativ
uneinheitlich gebraucht. So wurde „Nation“ einerseits oft mit „Kronland“ gleichgesetzt,
andererseits konnte „Nation“ auch das Volk bezeichnen.11 Bezogen auf das Territorium
Tirols ist festzustellen, dass das Land seit etwa dem Ende des 13. Jahrhunderts als eine
„rechtliche“ Entität“12 wahrgenommen und auch als „Vaterland“ bezeichnet wird. Der
Begriff der „Nation“ etablierte sich in den 1790er-Jahren vor allem in den ständisch-bürokratischen Diskursen. Dabei diente die Bezeichnung vor allem der Akzentuierung der althergebrachten Rechte und Freiheiten Tirols gegenüber der österreichischen Regierung, die
die individuelle rechtliche Stellung Tirols zugunsten eines Zentralismus auszuhöhlen versuchte.13 Die erstmalige Applizierung des Begriffs „Nation“ auf Tirol ist allerdings schon
aus dem Jahr 1667 bekannt.14 Eine hinsichtlich seiner Semantik territoriale Aufladung
erfährt der Nationsbegriff in Bezug auf Tirol am Ende des 18. Jahrhunderts, beispielsweise in einer ethnografischen Studie,15 in der von der „Tiroler Bergnation“ die Rede ist.16
Ich folge hier in erster Linie den Ausführungen von Armin Burckhardt: „Politische Sprache. Ansätze
und Methoden ihrer Analyse und Kritik“, in: Jürgen Spitzmüller / Kersten Sven Roth / Beate Leweling /
Dagmar Frohning (Hg.): Streitfall Sprache. Sprachkritik als angewandte Linguistik?, Bremen 2002 (Freiburger Beiträge zur Linguistik 3), S. 75–114.
9
Heiko Girnth: Sprache und Sprachverwendung in der Politik. Eine Einführung in die linguistische Analyse
öffentlich-politischer Kommunikation, Tübingen 2002 (Germanistische Arbeitshefte 39), S. 9.
10
Siehe beispielsweise Dieter Langewiesche: „Nation, Nationalismus, Nationalstaat: Forschungsstand
und Forschungsperspektiven“, in: Neue Politische Literatur 40 (1995), S. 190–236; Reinhard Stauber: „Nationalismus vor dem Nationalismus? Eine Bestandsaufnahme der Forschung zu ‚Nation‘ und
‚Nationalismus‘ in der frühen Neuzeit“, in: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht 47 (1996), S. 139–
165. Um den Nationsbegriff im habsburgischen Territorialkomplex der frühen Neuzeit geht es bei Heinz
Noflatscher: „‚Staat‘ und ‚Nation‘ in der politischen Sprache Österreichs in der Frühen Neuzeit“, in:
Marco Bellabarba / Reinhard Stauber (Hg.): Territoriale Identität und politische Kultur in der Frühen
Neuzeit, Bologna 1998 (Jahrbuch des italienisch-deutschen historischen Instituts in Trient 9), S. 167–186.
11
Reinhard Stauber: „Vaterland – Provinz – Nation. Gesamtstaat, Länder und nationale Gruppen in der
österreichischen Monarchie 1750–1800“, in: Eckhart Hellmuth / Reinhard Stauber (Hg.): Nationalismus
vor dem Nationalismus?, Hamburg 1998, S. 55–72, hier S. 68. Zur Ausbildung eines „österreichischen“
Staatsbewusstseins durch die Historiografie vgl. Brigitte Mazohl / Thomas Wallnig: „(Kaiser)Haus – Staat –
Vaterland. Zur ‚österreichischen‘ Historiographie vor der ‚Nationalgeschichte‘“, in: Hans Peter Hye / Jan
Paul Niederkorn / Brigitte Mazohl (Hg.): Nationalgeschichte als Artefakt. Zum Paradigma „Nationalstaat“
in den Historiographien Deutschlands, Italiens und Österreichs, Wien 2009, S. 43–72.
12
Martin P. Schennach: Revolte in der Region. Zur Tiroler Erhebung von 1809, Innsbruck 2009 (Veröffentlichungen des Tiroler Landesarchivs 16), S. 170.
13
Ebd., S. 174–176.
14
Ebd., S. 174.
15
Joseph Rohrer: Uiber die Tiroler. Ein Beytrag zur Oesterreichischen Völkerkunde, Wien 1796.
16
Die Bezeichnung „Tiroler Bergnation“ bezog sich auf alle Einwohner Tirols und zeigt damit den
markanten semantischen Punkt an, an dem der Begriff „Nation“ die Bedeutung des Volkes in seiner
Gesamtheit annahm.
8
66
Kapitel 3
Der Terminus „Nation“ war nach Laurence Cole vorrangig „an essentially territorial concept, which referred to the political unit of Tyrol as being one of the lands or states of the
Austrian monarchy“, der in elitären Diskursen wie eben jenen zwischen der Zentralregierung in Wien und den Landständen in Tirol gelegentlich auftrat.17 Betrachtet man aber
die Kriegs- und Kampflieder, die anlässlich der Landesverteidigung Tirols in den Jahren
1796 und 1797 produziert und verbreitet wurden, ist festzustellen, dass dieser Terminus
kein einziges Mal aufscheint. Hingegen finden sich in den Texten der verwandte Begriff
„Vaterland“ sowie territoriale, ethnische und herrschaftspolitische Bezeichnungen wie
„Tirol“, „Deutschland“ bzw. „deutsch“, „Kaiser“, „Fürst“ bzw. „Landesfürst“.
Im Volkslied den tapfern Tyroler-Schützen und Landleuten gebraucht der Dichter den
Begriff „Vaterland“, ohne dass sich seine Bedeutung völlig erschließt. Es bleibt unklar,
ob sich die Formulierung „Das Vaterland ist in Gefahr“ auf das Land Tirol, die habsburgischen Länder oder gar das Reich bezieht. In den zahlreichen Kriegs- und Kampfliedern jener Zeit begegnet uns der Begriff immer wieder, jedoch erschwert seine relativ
undifferenzierte Verwendung die Rekonstruktion seiner Bedeutung. Verse wie „Füllet
Eure Röhre, / Losung sey: / Vaterlandsehre, / Fürstentreu“18 in einem anderen Lied
erlauben die Vermutung, dass durch die Nennung des „Fürsten“ anstatt jener des „Kaisers“ der Begriff „Vaterland“ auf Tirol alleine gemünzt gewesen sein könnte.
Eine klare reichspatriotische Konnotation hingegen offenbart Hormayrs Formulierung „Auf euch beruht nun Deutschlands Wohl! / Die Sicherheit des Fürsten!“.19 Diese
eindeutige deutschnationale Positionierung ist in einigen anderen Liedern zu erkennen,
wie etwa im folgenden Beispiel:
Wem deutscher Muth die Brust beseelt,
der zieh mit uns hinein.
wer Gott, Gesetz und Kaiser ehrt,
der ist des deutschen Namens werth
auf Brüder! marsch hinein.
Für Gott, für Fürst, für Weib und Kind,
für Haus und Hof, die unser sind,
ziehn wir den Fahnen nach.
und unsre Patrioten-Hand
beschützet das liebe Vaterland,
und unsre eigne Sach […]
vereinte Brüder, marsch hinein!
bald wird der Feind uns nahe seyn,
so geh’n wir Hand in Hand.
Die Trommel wirbelt, marsch, es sey
der treuen Bürger Feldgeschrey:
für Gott, Regent und’s Land!!20
Laurence Cole: „Nation, Anti-Enlightenment and Religious Revival in Austria: Tyrol in the 1790’s“, in:
The Historical Journal 43 (2000), Heft 2, S. 475–497, hier S. 480.
18
Johann Friedrich Primisser: Für die Tyroler Scharfschützenregimenter den 27n May 1796, in: Bauer (Hg.):
Tiroler Kriegslieder (wie Anm. 1), S. 39. Siehe auch Liedindex, Nr. 114.
19
Johann Baptist Primisser: Volkslied den tapfern Tyroler-Schützen und Landleuten, welche im Begriffe stehen, ihr Vaterland wider die alleszerstörende Frankreicher muthig zu vertheidigen, in: Bauer (Hg.): Tiroler
Kriegslieder (wie Anm. 1), S. 5. Siehe auch Liedindex, Nr. 146.
20
Anton von Remich: Kriegslied beym Abmarsche der Tyroler Scharfschützen im May 1796, in: Bauer (Hg.):
Tiroler Kriegslieder (wie Anm. 1), S. 56. Siehe auch Liedindex, Nr. 150.
17
Volkslied den tapfern Tyroler-Schützen
67
In diesen Versen aus einem Kriegslied beym Abmarsche der Tyroler Scharfschützen im May
1796 zeigt es sich, dass Reichspatriotismus parallel zum Landespatriotismus möglich
war und das eine das andere nicht ausschloss. Die Häufigkeit jedoch, mit der hier der
„deutsche“ Charakter der Tiroler betont wird, ist einzigartig unter all den untersuchten
Liedquellen. Texte wie diese geben laut Laurence Cole die Sicht auf eine „subjektive Identifizierung“ der Tiroler als Deutsche frei und zeigen, wie sehr sich die Tiroler im Kampf
gegen die französischen Revolutionäre als „Deutsche“ fühlten.21 Aus der Untersuchung
von etwa 55 Jahre jüngeren, aber ähnlichen schriftlichen Quellen schloss jedoch Cole,
dass das Bewusstsein vom „Tiroler Vaterland“ stärker ausgeprägt war als die „kulturell
definierte Selbstwahrnehmung“ der Tiroler als Deutsche. Die „eigenständige Stellung“
Tirols im Länderkomplex der Habsburger wurde in keiner Weise in Frage gestellt.22
Coles Schlussfolgerungen lassen sich jedoch nicht uneingeschränkt auf die Liedquellen
der Jahre 1796 und 1797 übertragen. Das Land Tirol und die Tiroler spielen in diesen
Liedern naturgemäß eine große Rolle, die Wehrhaftigkeit der Bevölkerung wird vielfach
beschworen, und dennoch scheint die Verteidigung des Landes, der Interessen des Hauses Österreich und letztlich auch des Reiches eine wichtigere Rolle gespielt zu haben als
die Betonung des Tirolertums.
Die Wahrnehmung, die Tiroler seien unabhängig und selbständig vom Reich und
würden eine besondere Position im Territorialkomplex der Habsburger einnehmen,
könnte unter Umständen eher auf eine Zuschreibung von außen zurückgehen. Denn
folgt man den Liedtexten, dominierte zumindest in der bedrohlichen Notlage der
Jahre 1796 und 1797 das Bewusstsein, einem größeren Kollektiv und Staatenverband
anzugehören. So formuliert beispielsweise der Feldarzt Alois Weissenbach in seinem
Siegeslied: „Was deinen Millionen nicht gelungen, / Germanien, das hat Tyrol errungen“.23 Die Texte von Hormayr, Weissenbach und anderen implizieren letztlich sogar
eine Art „letzte Schutzfunktion“, die Tirol für das Reich innehatte. In der schwierigen
Situation nach einer Reihe von Niederlagen im Süden Deutschlands sah man Tirol als
letztes Bollwerk für die Sicherheit des gesamten Reichs. Die Mobilisierung der Tiroler
zum Kampf sollte nicht nur dem Land Tirol alleine dienen, sondern der Erhaltung der
„rechtmäßigen“ Herrschaft. Dahingestellt muss aber bleiben, ob mit dieser Herrschaft
das Heilige Römische Reich unter Kaiser Franz II. oder aber dessen Herrschaft über
die österreichischen Länder gemeint war. Laurence Cole resümiert nach seiner Unter­
suchung mehrerer publizistischer Quellen, dass die Ereignisse der Jahre 1796 und 1797
und auch von 1809 den davor eher nur in elitären Kreisen ausgetragenen Diskurs und
das Zugehörigkeits­gefühl sowohl zum Hause Habsburg als auch zum Alten Reich stark
intensiviert haben.24 Zusammenfassend lässt sich auch feststellen, dass die auffällige
deutschnationale oder dynastische Note in einigen Liedern der kriegerischen Mobilisierung dienlich war.
Laurence Cole: „Religion und patriotische Aktion in Deutsch-Tirol (1790–1814)“, in: Dann/Hroch/
Koll (Hg.): Patriotismus und Nationsbildung (wie Anm. 3), S. 345–378, hier S. 361.
22
Laurence Cole: „Gott, Kaiser und Vaterland“. Nationale Identität der deutschsprachigen Bevölkerung Tirols
1860–1914, Frankfurt a. M. – New York 2000, S. 101–104.
23
Alois Weissenbach: Das gerettete Tyrol, in: Bauer (Hg.): Tiroler Kriegslieder (wie Anm. 1), S. 124–131,
hier S. 131.
24
Cole: „Sonderfall“ (wie Anm. 4), S. 139.
21
68
Kapitel 3
Joseph Freiherr von Hormayr zu Hortenburg
Über die Liedproduzenten der Jahre 1796
und 1797 wissen wir nur wenig, ein Name
jedoch hebt sich von allen anderen ab:
Joseph Freiherr von Hormayr zu Hortenburg (1782–1848), der letzte männliche
Nachkomme einer alten niederbayerischen, aber schon lange in Tirol ansässigen
Adelsfamilie.25 Er gilt laut einigen Quellen
als der Verfasser des Liedes Volkslied den
tapfern Tyroler-Schützen und Landleuten,
welche im Begriffe stehen, ihr Vaterland wider
die alleszerstörende Frankreicher muthig zu
vertheidigen.26 Dieses oben näher ausgeführte Lied soll Hormayr schon als 15-Jähriger – möglicherweise aus Enttäuschung,
dass seine Eltern ihm nicht erlaubt hatten,
an der Tiroler Landesverteidigung selbst
teilzunehmen – verfasst haben. Hormayr,
heute als „romantischer Historiograph des
Abb. 2: Joseph Freiherr von Hormayr zu HortenVaterlandes Österreich“ beschrieben und
burg (1782–1848) als junger Mann (Tiroler Lanals „Held des Jahres 1809“ eher belächelt,
desmuseum Ferdinandeum, Innsbruck, W 4945).
zählte zu den wichtigsten Persönlichkeiten
der Tiroler Geschichte um 1800. Die Stationen seines Lebens waren so vielfältig wie
kontrovers und seine politischen Einstellungen weckten schon bei seinen Zeitgenossen
den Eindruck von Opportunismus.27 Nach seiner Kindheit in Tirol ging er, überdurchschnittlich begabt, noch im Jugendalter als fertig ausgebildeter Jurist nach Wien, kehrte
aber 1800 erstmals nach Tirol zurück, um als Oberleutnant bei der Tiroler Landesverteidigung mitzuwirken. Während des Aufstandes von 1809, an dessen Vorbereitung er
mitgewirkt hatte, nahm er als „Hofcommissär“ von Tirol einen bedeutungsvollen Platz
neben Andreas Hofer ein. Nach dem Bekanntwerden seiner Verwicklung in den Alpenbund, einer geheimen Tiroler Widerstandsbewegung in den Jahren nach 1809, verlor er
das Vertrauen des Wiener Hofes. Er publizierte zwar weiterhin rege, wurde aber auch
gesellschaftlich noch mehr an den Rand gedrängt, sodass er 1827 den Entschluss zur
Barbara Gant: Joseph Freiherr von Hormayr zu Hortenburg. Eine (politische) Biographie, Dissertation,
Universität Innsbruck 2003, S. 11.
26
Einschlägige Publikationen zu Hormayr: Walter Landi: „Joseph von Hormayr zu Hortenburg (1781–
1848). Romantische Historiographie im Zeitalter der Restauration zwischen patriotischer Loyalität und
liberalen Unruhen“, in: Bellabarba/Forster/Heiss/Leonardi/Mazohl (Hg.): Eliten in Tirol (wie Anm. 4),
S. 385–406; Kurt Adel (Hg.): Joseph Freiherr von Hormayr und die vaterländische Romantik in Österreich. Auswahl aus dem Werk, Wien 1969 (Österreich Reihe 368/370); Walter Landi: „Joseph von Hormayr (1781–1848) – Leben und Wirken eines Tiroler Intellektuellen zwischen josephinischer Zeit und
Metternich’schem Vormärz“, in: Museumsverein Bozen (Hg.): Zeitgeist 1790–1830. Ideologie, Politik,
Krieg in Bozen und Tirol, Bozen 2011, S. 67–78.
27
Gant: Hormayr (wie Anm. 25).
25
Volkslied den tapfern Tyroler-Schützen
69
Auswanderung ins Königreich Bayern fasste. Dort unter anderem als geheimer Rat im
Außenministerium und später als Leiter des Reichsarchivs tätig, starb er im Jahr 1848.28
Viele Werke Hormayrs sind von einem gesamtösterreichischen Patriotismus geprägt,
in vielen seiner Gedichte betrieb er, angeregt von aktuellen Anlässen, Kriegsverherr­
lichung. Sein Talent als „genialer Aufwiegler“29 hatte er ja, wie bereits erwähnt, schon als
Jugendlicher mit seinem Volkslied unter Beweis gestellt. Geschichtliche Abhandlungen
wie der Österreichische Plutarch verdeutlichen die Dimensionen seines Vaterlandbegriffes. Die „Vaterlandsliebe“ seiner Mitbürger zu intensivieren war Teil seiner Propaganda
gegen das napoleonische Frankreich. Hormayr war ein Anhänger sowohl der habsburgischen Dynastie als auch der Reichsidee. Eine „deutschnationale Lesart“ seiner Texte
ist laut Lucjan Puchalski unbestritten.30 Anlässlich des Aufstandes von 1809 publizierte
Hormayr den Aufruf Auf, Tyroler, auf!,31 in dem die „Rhetorik der Kaisertreue eine ganz
zentrale Legitimationsstrategie“ darstellt.32 Der Eindruck, den Hormayrs jugendliche
Dichtung in punkto Vaterlandspathos – ob bezogen auf Reich, Land oder Dynastie –
erweckt, lässt sich auch in einem weiteren, ihm zugeschriebenen33 Gedicht bzw. Lied
mit dem Titel Aufmunterung des getreuen Tyrolers zum Vaterlands-Schutze; Verfasst von
einem getreuen Patrio­ten zu Innsbruck 1796 erkennen.34
Adelige als Dichter
Joseph Freiherr von Hormayr war vermutlich der bekannteste Exponent adeliger Dichtung zur Zeit der Landesverteidigung 1796 und 1797, aber nicht der einzige.35 Einige
der gedruckten Flugblätter weisen zwar nicht die vollständigen Namen der Verfasser auf,
wohl aber Initialen, wie etwa „B. G. G.“ (Baron Giuseppe Giovanelli) oder „J. P. v. U.“
(Johann Peter von Unterrichter). Während der Großteil der Lieder aus den Jahren 1796
Ebd., S. 17.
Ebd., S. 100.
30
Lucjan Puchalski: Imaginärer Name Österreich. Der literarische Österreichbegriff an der Wende vom 18.
zum 19. Jahrhundert, Wien – Köln – Weimar 2000 (Schriftenreihe der österreichischen Gesellschaft zur
Erforschung des 18. Jahrhunderts 8), S. 71f.
31
Landi: „Hormayr / Romantische Historiographie“ (wie Anm. 26), S. 391.
32
Cole: „Sonderfall“ (wie Anm. 4), S. 130.
33
Cole: „Nation“ (wie Anm. 17), S. 492.
34
Bauer (Hg.): Tiroler Kriegslieder (wie Anm. 1), S. 1; einige Verse daraus: „Auf! Auf! mein lieb’s Tirol, du
Pflanzstadt wahrer Treu: / Zeig, daß noch Muth und Herz in deinem Busen sey. / Blick tröstlich auf die
Zeit, auf ’s Beispiel deiner Ahnen, / Auf ihr’ durch Tapferkeit erworbne Siegesfahnen. / […] Zeigt jetzt
nur deutsch Herz und Patriotenmuth, / Verschonet weder Leib, noch Leben, weder Blut. / All’s sich zu
dem Gewehr, und zu den Waffen gibt, / Wer immer Vaterland, Gott und den Kaiser liebt. / Und seht,
der Ahnen Ruhm hat alles aufgeweckt, / Der Große wie der Klein’ sich zu den Waffen streckt. / Der
Adelstand legt seine ganze Würde nieder, / Vereinigt sich anjetzt in die gemeinen Glieder; / Er reicht,
was er vermag, von Gold und Silberwaar’ […]“. Siehe auch Liedindex, Nr. 142.
35
Es handelte sich freilich bei den hier genannten „adeligen“ Dichtern in den meisten Fällen nicht um
eigenberechtigte Adelsgeschlechter, d. h. weder um Reichsadel noch um indigenen Uradel; in den meisten
Fällen war ein hervorragender Vertreter der Familie im Laufe des 18. Jahrhunderts nobilitiert worden. So
wurde beispielsweise erst Hormayrs Großvater Joseph (I.) von Maria Theresia in den österreichischen und
Reichsfreiherrnstand erhoben, Baron von Giovanelli erlangte für seine Person den Freiherrnstatus erst im
Jahr 1801, der Vater von Johann Peter Freiherr von Unterrichter war 1732 nobilitiert worden.
28
29
70
Kapitel 3
und 1797 ja anonym überliefert ist, war es den Dichtern adeliger Herkunft ein Anliegen, ihre Namen zumindest etwas verschleiert unter ihre Werke zu setzen. Dies verrät
einiges über ihr Standesbewusstsein. Karl Hauer, der Verfasser einer Doktorarbeit über
die Dichtung in den Tiroler Freiheitskriegen, führt dies darauf zurück, dass die „gelehrten“ Dichter mit ihren Texten „neben den tendenziösen auch ein ästhetisches Interesse“
verfolgten. Ihre Gedichte waren somit nicht nur „Mittel zum Zweck, sondern bis zu
einem gewissen Grad Selbstzweck“.36 Dies mag grundsätzlich stimmen. Hauer schätzte
die bürgerlichen Dichtungen im Volkston von Johann Friedrich Primisser, Peter Paul
Staudacher und Franz Karl Zoller37 als qualitativ höher ein als jene der adeligen Dichter,
nicht zuletzt aufgrund des Fehlens von dialektal geprägter Sprache in den Gedichten
der Adeligen.38 Ein Vergleich zwischen den Liedern bzw. Gedichten von Joseph von
Giovanelli (1750–1812),39 Anton von Remich,40 Johann Baptist Rinna (1764–1846),41
Johann Peter von Unterrichter42 und A. A. v. Feldhofer43 und den stark dialektal geprägten Liedern von Primisser, Zoller und Staudacher zeigt auf den ersten Blick, dass die
adeligen Dichter nie den Dialekt benützen. Dies verwundert allerdings im Kontext der
Zeit nicht; während nämlich noch bis ins 18. Jahrhundert in den österreichischen Ländern selbst der Adel und das Großbürgertum den Dialekt als Alltagssprache verwendeten (berühmtestes Beispiel ist dafür Erzherzogin Maria Theresia), setzte ab den 1780erJahren eine sprachliche Wende ein. Dialekte wurden in höheren sozialen Schichten als
„Pöbelsprache“ missachtet und der Gebrauch der mittel- und norddeutschen Formen
der Sprache, der letztendlich auch den Weg zur einheitlichen deutschen Schriftsprache
ebnete, wurde forciert.44 Deshalb kann das Fehlen des Dialekts in den adeligen Dich-
Karl Hauer: Die Dichtung der Tiroler Freiheitskriege in den Jahren 1796, 1797 und 1809, Dissertation,
Universität Innsbruck 1941, S. 23.
37
Siehe dazu Kapitel 4 in diesem Band.
38
Hauer: Dichtung der Tiroler Freiheitskriege (wie Anm. 36), S. 23f.
39
Baron Giuseppe (Joseph) Giovanelli gehörte einer der bekanntesten Bozener Familien um 1800 an
und bekleidete einen wichtigen Verwaltungsposten in seiner Heimatstadt. Sein Sohn Joseph Giovanelli
spielte 1809 eine bedeutende Rolle an der Seite von Andreas Hofer; Hauer: Dichtung der Tiroler Freiheitskriege (wie Anm. 36), S. 53. Er verfasste das Kriegslied der Tyroler und bezeichnete sich selbst als
einen „eifrigen Patrioten“. Das Lied findet sich in: Bauer (Hg.): Tiroler Kriegslieder (wie Anm. 1), S. 38.
Siehe auch Liedindex, Nr. 166.
40
Anton von Remich, ein Freund der Familie Giovanelli, dichtete das Kriegslied beym Abmarsche der
Tyroler Scharfschützen im May 1796, laut Hauer möglicherweise auch das Lied An seine Excellenz dem
Herrn Feldmarschall Grafen von Wurmser bey dessen Durchreise durch Botzen im Tirol zur Uebernahme
des Commando der k. k. Armee in Italien. 1796 (Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck,
FB 627/1). Remichs Lebensdaten konnten nicht eruiert werden. Siehe auch Liedindex, Nr. 150 und 151.
41
Hauer: Dichtung der Tiroler Freiheitskriege (wie Anm. 36), S. 54.
42
Johann Peter von Unterrichter, später k. k. Landrichter in Kaltern, dichtete das Lied der wackeren Etschländer die zur Vertheidigung des Vaterlandes auf den Gränzen stehen. 1796; abgedruckt in: Bauer (Hg.):
Tiroler Kriegslieder (wie Anm. 1), S. 57, bzw. Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck, Dip.
193. Siehe auch Liedindex, Nr. 107. Unterrichters Lebensdaten konnten nicht eruiert werden.
43
A. A. v. Feldhofer (die Vornamen und Lebensdaten sind nicht überliefert) gilt als der Dichter des Liedes
Landes-Defensions-Zug und Abschied der Tiroler. 1796, in: Bauer (Hg.): Tiroler Kriegslieder (wie Anm. 1),
S. 43 (siehe auch Liedindex, Nr. 167), sowie des Tafel-Gesprächs zwischen einem österreichischen Wirth,
einem Vorarlberger, einem Ober- und Unterinnthaler, einem etschländischen Schützen, einem Pusterthaler und
einem kaiser­lichen Soldaten von der Rheinarmee, in: Bauer (Hg.): Tiroler Kriegs­lieder (wie Anm. 1), S. 71.
44
Peter Wiesinger: „Die sprachlichen Verhältnisse und der Weg zur allgemeinen deutschen Schriftsprache
in Österreich im 18. und 19. Jahrhundert“, in: Andreas Gardt / Klaus J. Mattheier / Oskar Reichmann
36
Volkslied den tapfern Tyroler-Schützen
71
tungen auch als ein Mittel der Abgrenzung nach unten, zu den dichtenden Bürgern und
Bauern, verstanden werden.
Alle diese Lieder handeln, wie schon weiter oben festgestellt, von den angeblichen
Morden und Verbrechen der französischen Soldaten. Sie mobilisieren zum Kampf für
das „Vaterland“ und erinnern an das Jahr 1703. Auffallend ist jedoch der Gestus der
Gelehrsamkeit, der sich etwa in antiken Begriffen („Männer der rhätischen Höhen“)45
oder auch in der Reimform ausdrückt, wie im folgenden Beispiel:
Schon schallet das Spalten der Schwerter empor,
Das Knallen aus donnernden Röhren,
Das Pfeifen der stossenden Speeren,
Das tönet melodisch dem krieg’rischen Ohr.
Jauchzt Väter und Gatten, wir fliegen zum Krieg,
Fort Brüder in’s Felde! Das Waffengetümmel,
Und’s Stürzen der Felsen das wird uns zum Himmel,
Zur Hölle den Franken, – uns wartet der Sieg.46
Oder auch hier:
Indeß erhebt sich über die Martinswand
Im Feuerkleide strahlend der Genius
Des Vaterlands, ein schöner Jüngling;
Liebliche Weste beschleichen kosend.
Die goldenen Locken. Aelterer Thaten Ruhm
und Fürstentreue halten die Krone ihm.
Er spricht gen Osten: „Die am Ister47
„Wohnen, ihr alle, o seyd mir Freunde!
„Gewiß! Wir rächen, rächen das Vaterland
„Mit Frankenblute, stehen noch drohend da,
„Und – o wie beb’ ich voll Entzücken! –
„Unsere Siege gebiethen Friede.“48
Giuseppe Giovanelli dichtet über blutgetränkte Schwerter und Speere und evoziert
damit die Vorstellung einer antiken Schlacht. Johann Baptist Rinna hingegen lässt
„Tyrol“ als Genius selber sprechen und dem Feind „weiter nicht!“ zurufen. Pathos ist
diesen Dichtern nicht fremd, die Lieder entfernen sich weit von den einfachen, auffordernden Formeln jener Lieder, die 1796 und 1797 eine gewisse temporäre „Volksläufigkeit“ erfahren haben. Nur schwer ist es sich vorzustellen, dass diese Lieder bzw. Gedichte
jemals in den Straßen von ausziehenden Schützen gesungen wurden. Die Vermutung,
(Hg.): Sprachgeschichte des Neuhochdeutschen. Gegenstände, Methoden, Theorien, Tübingen 1995 (Germanistische Linguistik 156), S. 319–368.
45
Baron Giuseppe Giovanelli: Kriegslied der Tyroler, in: Bauer (Hg.): Tiroler Kriegslieder (wie Anm. 1),
S. 38. Siehe auch Liedindex, Nr. 166.
46
Ebd.
47
„Ister“ ist eine antiquierte Bezeichnung für den Fluss Donau.
48
Johann Baptist Rinna, Ritter von Sarnbach: An die Tyroler, in: Bauer (Hg.): Tiroler Kriegslieder (wie
Anm. 1), S. 31. Siehe auch Liedindex, Nr. 171.
72
Kapitel 3
dass es sich bei diesen Dichtungen wohl, ganz im Gegensatz zu den derb formulierten
Kriegsliedern, um künstlerische Lyrik handelt, ist naheliegend. Angesichts der gehobenen Schriftsprache ist davon auszugehen, dass die adeligen Dichter ihr Publikum in den
Reihen des eigenen Standes sahen.
Fazit
Das Volkslied den tapfern Tyroler-Schützen und Landleuten scheint keine große Rezeption
erreicht zu haben. Einige Flugblätter belegen bloß eine überschaubare Verbreitung zur
Zeit seiner Entstehung, und die Angabe „Gesungen am 1sten Brachmonath 1796“, wie
er auf dem Deckblatt eines Flugblattes zu finden ist, könnte ein Hinweis darauf sein,
dass das Lied tatsächlich gesungen wurde. Bekannt wurde das Lied erst etwa hundert
Jahre später.
Sein Verfasser Joseph Freiherr von Hormayr ist einer der wenigen bekannten Schöpfer von Kriegsliedern bzw. -gedichten zur Landesverteidigung Tirols 1796 und 1797,
zudem ist er einer der wenigen Dichter von adeliger Herkunft. Gleichgesinnte wie Franz
Karl Zoller, Peter Paul Staudacher oder Johann Friedrich Primisser, alle mit bürgerlichem Hintergrund, verbalisierten ihren Kriegsenthusiasmus, erwachsen aus der Empörung über den Angriff des französischen Heeres, unverhohlen, oftmals mit derben Ausdrücken und in teils holprigen, stark dialektal gefärbten Versen. Hormayr hingegen übt
sich in seinem Kriegslied in vornehmer Zurückhaltung und propagiert die Hingabe
zum „Vaterland“, zum Alten Reich und zum Landesfürsten. Der damals erst 15-jährige
Jugendliche beabsichtigte wahrscheinlich weniger, seine Mitbürger durch Poesie zum
Kampf zu mobilisieren, als vielmehr, sein Können zu zeigen sowie seinen eigenen patrio­
tischen Gefühlen und seiner Zugehörigkeit zur deutschen Kulturnation Ausdruck zu
verleihen. Hormayrs Volkslied vermochte wohl nicht jene Breitenwirksamkeit zu erlangen wie andere Lieder jener Zeit, und sicherlich war dies auch auf die Wahl der Hochsprache zurückzuführen. Im Gegensatz zu Primisser, Zoller und Staudacher verzichtete
er, ob gewollt oder nicht, auf die gezielte Instrumentalisierung des bäuerlichen Dialekts
zur Kriegsagitation und gab dennoch im Titel seines Werkes – „Volkslied“ – preis, was
er sich letztlich erhoffte: dass sein Gedicht im „Volk“ Anklang finde.
Die Liedtexte mit mehr als bloß landespatriotischem Eifer sind nicht nur eher selten,
sondern wurden fast ausschließlich von Adeligen gedichtet. Obwohl prinzipiell davon
auszugehen ist, dass die Grundintention der Dichter von Kriegsliedern in den Jahren
1796 und 1797 darin lag, eine möglichst breite Wirkung in allen sozialen Schichten zu
erzielen, ist der Patriotismusbegriff von Hormayr und den anderen adeligen Dichtern
nicht so ohne weiteres auf andere soziale Schichten übertragbar. Adelige griffen anlässlich der Landesverteidigung 1796 und 1797 in Tirol zwar zur Feder, jedoch entfernte
sich keiner der Autoren so sehr vom eigenen Status, um sich einen „Volkskrieg“, in
dem ­Bauern, Bürger und Adelige gemeinsam kämpfen, auszumalen. Hormayrs deutsch­
national verklärtes Bild von „Vaterland“, das sich später in seinen Schriften noch wesentlich intensivierte, kann keinesfalls als prototypisch für den Patriotismus in den Liedern
der Jahre 1796 und 1797 gelten.
Kapitel 4
„Laß du das Mädel Mädel seyn!
Liebt sie nicht ewig dich allein“.
Politische Gelegenheitslieder –
Kontrafakturen und kunstmusikalische Auftragswerke
im Dienste der Obrigkeit
Sandra Hupfauf
Die meisten historisch-politischen Liedtexte der Zeit um 1800 wurden durch das Paro­
dieverfahren (auch: Kontrafakturverfahren) vertont, vor allem diejenigen, die sich auf
aktuelle und kurzlebige politische Ereignisse bezogen. Man verwendete gerade populäre Melodien, deren Charakter zur Thematik passte, und ersetzte einen Originaltext
durch einen neu verfassten politischen Text. Die wenigsten politischen Lieder wurden
aus einem künstlerischen Selbstverständnis heraus produziert, sie waren in erster Linie
Gebrauchsprodukte, also funktionelle Werke, und keine Kunstwerke. Wird ein politisches Lied im Parodieverfahren hergestellt, so ist dies ein Hinweis auf seine tatsächliche
„Verwendung“. Das Lied ist zum Zweck der Kommunikation verfasst worden und die
Weitergabe von Information, mitunter auch die Manipulationsabsicht, steht im Vordergrund. Die bekannte Melodie eines populären Liedes lässt den darauf gesungenen politischen Text schneller eingängig werden, als wenn man ihn nur vorlesen oder mit einer
neuen Melodie vertonen würde. Auch ist beim Parodieverfahren die Produktion eines
Liedes weitaus einfacher: Sie kann rein mündlich geschehen und kein Musikkundiger ist
dazu notwendig. Sie könnte sogar in geselliger Runde spontan passieren, aber genauso
gut am Schreibtisch eines Beamten.
So schnell derartige politische Lieder entstehen können, so schnell sind sie auch wieder vergessen. Im Allgemeinen verschwindet der parodierte Text aus der Überlieferung,
sobald er an Aktualität verloren hat. Beim Spingeser Schlachtlied hat sich allerdings eine
Parodie gegenüber dem zur Melodie gesungenen originalen Text, dem Heiliggeistlied,
eindeutig durchgesetzt.1 Die Melodie zu „Ach Himmel, es ist verspielt“ ist hingegen in
mehreren Liedern erhalten geblieben. In den wenigen handschriftlichen Quellen für
politische Lieder wurden selten Weisenangaben vermerkt, und wenn doch, sind selbst
einstige Gassenhauer heute oft nicht mehr ermittelbar. Weit häufiger existieren noch
Flugblätter mit historisch-politischen Liedtexten, die zu bestimmten Anlässen verfasst,
verteilt und abgesungen wurden. Für besondere politische Ereignisse wurden Lieder,
Oden oder Hymnen auch bei lokalen Komponisten in Auftrag gegeben. Betont werden
muss aber immer wieder, dass die im Parodieverfahren entstandenen politischen Lieder
unter den „Tiroler Freiheitsliedern“ deutlich überwiegen.
1
Siehe dazu Kapitel 5 in diesem Band.
74
Kapitel 4
Abb. 1: „Freut euch des Lebens“, nach: August Härtel (Hg.): Deutsches Liederlexikon. Eine Sammlung der
besten und beliebtesten Lieder und Gesänge des deutschen Volkes, Leipzig 1865, S. 216. Transkription.
Politische Lieder im Kontrafakturverfahren
Das Lied „Freut euch des Lebens“ (siehe Abb. 1) bildete die Vorlage für viele Parodien
in Tirol. Es wurde um 1793 in Zürich von Johann Martin Usteri (1763–1827) gedichtet, als Komponist wurde lange Hans Georg Nägeli (1773–1836), der Begründer der
Musikpädagogik und des Chorwesens in der Schweiz,2 vermutet.3 Wahrscheinlicher ist
aber, dass der Züricher Musiklehrer und Kapellmeister Isaac Hirzel (1756–1833) der
Komponist des Liedes war, der es wiederum aus Motiven von zwei älteren Musikstücken
Hermann Josef Schattner: Volksbildung durch Musikerziehung. Leben und Wirken Hans Georg Nägelis,
Otterbach-Kaiserslautern 1961.
3
Daniel Jacoby: „Usteri, Johann Martin“, in: Allgemeine Deutsche Biographie 39 (1895), S. 390–396 (Onlinefassung); http://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Usteri,_Johann_Martin&oldid=1331568
(24. 07. 2012).
2
Politische Gelegenheitslieder
75
zusammensetzte.4 Die Popularität von „Freut euch des Lebens“ wuchs rasch5 und blieb
nicht nur auf Europa beschränkt, was maßgeblich auf die Verbreitung des Liedes durch
Kommersbücher zurückzuführen war.6 Ins Englische übersetzt wurde das Lied unter
dem Incipit „Life let us cherish“ populär.7
In Tirol findet sich z. B. folgende Kontrafaktur des Liedes aus dem Jahr 1797:
Bey der Zurückkunft I. K. H. der Erzherzogin Maria Elisabeth, von Max. Anton Pontifeser.
Nach der Melodie: Freut euch des Lebens. Innsbruck 1797.
Singet, frohlocket,
und jubelt laut; denn seht,
hier ist ja wieder
Elisabeth.
Vorüber ist der Feinde Wuth,
und treuer Sinn, und rascher Muth
befreyte Land, und Stadt, und Sie
ist wieder da bey uns.
Singet etc. etc.
Dich, bester Kaiser, lieben wir,
Triumph, Triumph, Karl Sieger, Dir,
und Heil dir Oesterreich, und Heil
der Tante, die hier weilt.
Singet, etc. etc.
Wer Kaiser Franz nicht bieder ehrt,
wer Gut, und Blut fürs Land nicht schwört,
der ist kein Mann, den haßt Tyrol,
den haßt Elisabeth.
Singet etc. etc.
Wer nicht dem Freyheitsschwindel frohnt,
wer Wahrheit, Recht, und Treue lohnt,
das Volk beschützt, den liebt das Land,
den liebt Elisabeth.
Singet etc. etc.
Willkommen denn, des Volkes Lust,
und seiner Lieb, und Treu bewusst.
Genieß sie lang, und froh, und weil’
Bey uns, o Theuerste!
Singet, etc. etc.
Waltraud Linder-Beroud: „‚Freut euch des Lebens‘. Ein ‚Schlager‘ der Goethezeit im Spannungsfeld
zwischen Mündlichkeit und Schriftlichkeit“, in: Lutz Röhrich / Erika Lindig (Hg.): Volksdichtung zwischen Mündlichkeit und Schriftlichkeit, Tübingen 1989 (ScriptOralia 9), S. 273–288.
5
Rudolph Zacharias Becker (Hg.): Mildheimisches Lieder-Buch von 518 lustigen und ernsthaften Gesängen
über alle Dinge in der Welt und alle Umstände des menschlichen Lebens, die man besingen kann, Gotha
1799, S. 186.
6
Siehe z. B. Friedrich Silcher / Friedrich Erk (Hg.): Schauenburgs allgemeines Deutsches Kommersbuch, Lahr
31
1888, S. 351f.; Anon. (Hg.): Kleines Kommersbuch. Liederbuch fahrender Schüler, Leipzig 1897, S. 53.
7
Siehe dazu Armin Werner Hadamer: Mimetischer Zauber. Die englischsprachige Rezeption deutscher Lieder in den USA 1830–1880, Münster u. a. 2008 (Volksliedstudien 9), S. 104.
4
76
Kapitel 4
Singet, – ja singet
Ihr Preis, und Lob, und fleht:
Weil’ hier doch lange
Elisabeth!8
Der Liedüberschrift ist zu entnehmen, dass der „Kaiserl. Königl. Gubernial-Sekretär
Max. Anton Pontifeser“ das Lied verfasste. Anlass dafür war die Rückkehr der Erzherzogin Maria Elisabeth Josefa (1743–1808), Tochter Maria Theresias und Äbtissin des adeligen Damenstifts in Innsbruck. Sie war aus der Stadt geflohen und zog nach Beilegung
der kämpferischen Auseinandersetzungen wieder in die Stadt ein. Zwischen 1796 und
1801 floh die Erzherzogin, die von den Tirolern „kropferte Liesl“ genannt wurde, insgesamt fünf Mal aus Innsbruck. Meist feierte man ihre Rückkehr mit offiziellen Kundgebungen. Hier besang man ihr zu Ehren das Haus Österreich, versicherte dem Kaiser
Liebe und Treue und wies darauf hin, dass Männer, die nicht bereit seien, sich für ihr
Land zu opfern, sich den Hass der Landsleute und der Erzherzogin zuziehen würden.
Andernorts, bei Adolf Pichler, wird ein Schauspiel aus dem Jahr 1798 beschrieben,
in dem ebenfalls eine Kontrafaktur von „Freut euch des Lebens“ eine Rolle spielt. Pichler bedauert in diesem Zusammenhang die seiner Meinung nach schlechte Qualität der
patriotischen Bühnenstücke jener Zeit:
Auch die dramatische Muse wollte ihre Kränze auf den Altar des Vaterlandes legen, leider bestehen
sie fast ganz aus welkem Laube. Ein Stück blieb uns erhalten, welches im hiesigen Museum aufbewahrt wird. Die Auffschrift lautet: „Der Landsturm oder der Ausmarsch der Tiroler gegen die Franzosen. Ein nach der wahren Geschichte bearbeitetes Schauspiel in fünf Aufzügen. Auf­geführt von
einigen dabei gewesenen Landesvertheidigern 1798“. Es ist im Dialekte der Inns­brucker Gegend
geschrieben, ohne gerade sehr volksmäßig zu sein; der Text des eingelegten Liedes ist für die Melodie des bekannten „Freut Euch des Lebens“ von Usteri bearbeitet. Wir geben eine Probe:
Ein Bauer:
Nun geht’s und hockt senk nieder
Und stimmt’s fein alle z’samm,
wir singen von Prinz Karl9,
Dem lieben braven Mann.
Alle singen:
Freut Euch des Lebens,
Weil noch Prinz Karl lebt,
Er lebt und kämpft,
Der Franzmann sieht
Des Helden Tapferkeit und flieht.
So flieht er einst vor uns der Feind,
Wenn uns Prinz Karl führt usw.10
Auch die Melodie des Rheinweinliedes wurde für politische Lieder benützt, was z. B. das an
anderer Stelle genauer besprochene Volkslied am Tage der Fahnenweihe des Bürger­militairs
Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck (im Folgenden: TLMF), Dip. 1037/13. Siehe auch
Liedindex, Nr. 54.
9
Gemeint ist Erzherzog Karl.
10
Adolf Pichler: „Tirolische Kriegslieder. Ein Beitrag zur Geschichte deutscher Volksdichtung“, in: Karl
Gödeke (Hg.): Deutsche Wochenschrift, Heft 17, Hannover 1854, S. 522–530, hier S. 527f.
8
Politische Gelegenheitslieder
77
Abb. 2: Rheinweinlied, in: Friedrich Erk / Moritz Schauenburg (Hg.): Allgemeines Deutsches Schützen- und
Turnerliederbuch, Lahr 1863, S. 168. Transkription.
von Innsbruck gesungen im königl. Nationaltheater 11 bezeugt. Das Rheinweinlied ist ein
„vaterländisches“ Lied und handelt nur vordergründig von Wein. Der Verfasser Matthias
Claudius (1740–1815) gibt eine deutliche Empfehlung für einheimische Weinsorten ab
(siehe Abb. 2). Das Lied, das zu einem der populärsten Studentenlieder wurde, entstand
um das Jahr 1776, die Melodie verfasste der Komponist Johann André (1741–1799).12
[…]
Er kommt nicht her aus Ungarn noch aus Polen,
Noch wo man franzmännisch spricht,
Da mag Sankt Veit, der Ritter, Wein sich holen,
Wir holen ihn da nicht.
Ihn bringt das Vaterland aus seiner Fülle;
Wie wär er sonst so gut!
Wie wär er sonst so edel, wäre stille
[…]13
Anon.: Volkslied am Tage der Fahnenweihe des Bürgermilitairs von Innsbruck gesungen im königl. Natio­nal­theater nach der bekannten Melodie: Am Rhein, am Rhein, da wachsen unsre Reben, Innsbruck, am
10. November 1808, TLMF, FB 2523/ IV; siehe auch Kapitel 6 in diesem Band und Liedindex, Nr. 62.
12
Wolfgang Plath: „André“, in: Grove Music Online. Oxford Music Online, http://www.oxfordmusiconline.
com/subscriber/article/grove/music/41219pg1 (24. 07. 2012).
13
Matthias Claudius: Werke, 1. Band, Hamburg 41829, S. 116.
11
78
Kapitel 4
Abb. 3: Johann Baptist Gänsbacher: „Feinde ringsum“, in: Denkwürdigkeiten aus meinem Leben (TLMF,
FB 15546).
Neben heute noch bekannten Liedern wie „Freut euch des Lebens“ oder dem Rheinweinlied wurden zur Zeit der Landesverteidigung 1796/1797 und des Aufstandes von
1809 auch deutsche Soldatenlieder aus dem späten 18. Jahrhundert gesungen oder als
Melodiegrundlage für politische Lieder genutzt. Ein Lied, das man in seiner originalen
Version in Tirol anscheinend besonders gerne sang, und zwar sowohl 1796/1797 als
auch 1809, war das Lied „Feinde ringsum“ (1791), das später auch in das Repertoire
der meisten Kommersbücher aufgenommen wurde. Da es inhaltlich sehr allgemein
gehalten ist, war eine Umdichtung nicht nötig. Johann Baptist Gänsbacher notierte es
zusammen mit dem Lied „Den Stutzn her beym Soggara“14 in seinen autobiografischen
Denk­würdigkeiten und hielt beide für die „Lieblingslieder“ der Tiroler: „Allenthalben
Siehe dazu auch Kapitel 1 in diesem Band.
14
Politische Gelegenheitslieder
79
ertönten patriotische Lieder, von denen die 2 nachstehenden als die beliebtesten von
jung und alt überall gesungen wurden“ (siehe Abb. 3).15
Der Herausgeber von Gänsbachers Memoiren, der Musikwissenschaftler Walter
Senn, schrieb das Lied „Feinde ringsum“ fälschlicherweise dem Tiroler Dichter Johann
Friedrich Primisser (1757–1812) zu. Tatsächlich wurde das Lied von Carl Gottlob
Cramer (1758–1817), dem Autor beliebter Ritter- und Räuberromane, getextet und
von Carl Ludwig Traugott Gläser (1747–1797) vertont. Erstmals erschien es in Cramers Roman Hermann von Nordenschild,16 und da Gläser seine Komposition mit „Gl“
unterschrieb, wurde lange vermutet, dass Gluck der Komponist dieses Liedes sei, was
zu dessen Verbreitung in den Kommersbüchern der Zeit allerdings erheblich beitrug.
Gläsers Sohn setzte sich dafür ein, den Irrtum aufzudecken, und Albert Methfessel, der
Herausgeber des Allgemeinen Commers- und Liederbuches 17, stellte auf dessen Intervention hin die Autorenschaft richtig.18 Für Österreich ist „Feinde ringsum“ auch in der
Sonnleithner-Sammlung von 1819 als eines der wenigen Kampflieder belegt.19
Gänsbacher hatte zwischen 1796 und 1799 in einer Studentenkompanie viermal die
Tiroler Landesgrenzen verteidigt, weshalb er von seinem engen Freund Carl Maria von
Weber in Anspielung auf sein kämpferisches Engagement „der musikalische Körner“
genannt wurde.20 Im Jahr 1809 hielt Gänsbacher sich jedoch nicht in Tirol auf, noch
konnte er aus gesundheitlichen Gründen an den Kämpfen teilnehmen. In seinen Memoiren beschreibt er, wie er seinen patriotischen Empfindungen anderweitig Luft machte:
Die großen Ereignisse in Tyrol im Jahr 1809 erweckten in mir den sehnlichsten Wunsch, daran
theilzunehmen, und es war für mein patriotisches Gefühl eine sehr schwere Prüfung, durch meine
schwächliche Gesundheit an der Ausführung dieses Wunsches mich gehindert zu sehen. Überdies
hatte ich über ein halbes Jahr keine Nachricht von meiner Mutter und Schwester in Sterzing, deren
ungewisses Schicksal mir umso größere Sorgen machte, als vermög der öffentlichen Nachricht der
französische General Lefebre mit seinen bairischen und sächsischen Gruppen in der Gegend geschlagen wurde. Zwar war ich in der Folge so weit hergestellt, um auszuziehen und mit meinem Freund
und Landsmann Dr. Jung […] unterstützt, zu veranlassen, daß das alte Tyroler Lied von 1796 Feinde
ringsum gedruckt, vertheilt und von den Theaterchoristen einstudirt wurde, mit welchen wir vom
Altstädter Ringe in Begleitung einer tirkischen Musickbande und einer immer mehr zuströmenden
Volksmenge die ganze Stadt unter Fackelbeleichtung bey der Nacht herumzogen, somit zur höheren
patriotischen Entflammung gegen den Feind wesentlich beitrugen. Nur das Verboth des Arztes, der
meine Lungen noch nicht stark genug fand hinderte mich, nach Tyrol abzureisen.21
Walter Senn (Hg.): Johann Baptist Gänsbacher. Denkwürdigkeiten aus meinem Leben, Thaur 1986, S. 5.
Carl Gottlob Cramer: Hermann von Nordenschild, 2. Teil, Weißenfels 1792, S. 146.
17
Albert Methfessel (Hg.): Allgemeines Commers- und Liederbuch mit Melodien, enthaltend ältere und neue
Burschenlieder, Trinklieder, Vaterlandsgesänge, Kriegs- und Turnlieder, Rudolstadt 1818.
18
Vgl. Carl Gläser: „C. L. T. Gläser, und nicht Gluck, der wahre Verfasser der Volksmelodie zu ‚Feinde
ringsum‘“, in: Caecilia 9 (1828), Heft 33, S. 61–64.
19
Sonnleithner-Sammlung, Niederösterreich, XVIII/4, siehe Walter Deutsch / Gerlinde Hofer: Die Volksmusiksammlung der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien (Sonnleithner-Sammlung), 1. Teil, Wien 1969
(Schriften zur Volksmusik 2), S. 114.
20
Walter Senn: „Gänsbacher, Johann Baptist Peter Josef“, in: Neue Deutsche Biographie 6 (1964), S. 19f.
(Onlinefassung); http://www.deutsche-biographie.de/pnd118814044.html (05. 10. 2012). Theodor
Körner (1791–1813) war ein deutscher Dichter und Freiheitskämpfer, dessen Gedichtesammlung Leyer
und Schwerdt lange als Maßstab für Kriegslyrik angesehen wurde. Da er als Soldat des Lützow’schen
Freikorps ums Leben kam, wurde er vor allem für das deutsche studentische Milieu zu einer Identifikationsfigur.
21
Senn (Hg.): Gänsbacher (wie Anm. 15), S. 25.
15
16
80
Kapitel 4
Abb. 4: Christian Friedrich Daniel Schubart, Kaplied, in: Friedrich Riegel (Hg.): Das Deutsche Vaterland in
seinen Liedern. Auswahl der beliebtesten ein- und vierstimmigen Volkslieder und Männergesänge mit bequemer
Harmonisierung, Nürnberg 1861, S. 5f. Transkription.
Wo genau sich Gänsbacher aufhielt, ist seinen Denkwürdigkeiten nicht zu entnehmen,
wahrscheinlich befand er sich in Wien, wo er versuchte, das Lied „Feinde ringsum“
unter das Volk zu bringen und zu diesem Zweck mit dem Theaterchor und mit „Türkischer Musik“ durch die Straßen marschierte. Als „Türkische Musik“ bezeichnet man
ein Blasmusikensemble, das zusätzlich mit großen Trommeln, Tschinellen und Schellenbäumen ausgerüstet war. Diese Formation gilt heute als einer der Vorgänger der modernen Blasmusikkapellen.22
Ein anderes deutsches Soldatenlied, das wiederum für Tirol nur als Kontrafaktur
belegt ist, ist das als Kaplied bekannte Lied „Auf, auf ihr Brüder und seid stark“ mit Text
und Melodie von Christian Friedrich Daniel Schubart (1739–1791) (siehe Abb. 4).23
Eine auf Tirol bezogene Umdichtung des Kapliedes trägt den Titel Zuruf eines gedienten königl. baierischen Grenadiers an seine neugeworbenen Tyroler-Kameraden und ist ein
bayerisches Propagandalied, das den Tirolern den Eintritt in das bayerische Militär
schmackhaft machen sollte:
Siehe dazu in Bezug auf Tirol Andreas Bramböck: „Blasmusik in Tirol im 18. und 19. Jahrhundert“, in:
Kurt Drexel / Monika Fink (Hg.): Musikgeschichte Tirols. 2. Band: Von der frühen Neuzeit bis zum Ende
des 19. Jahrhunderts, Innsbruck 2004 (Schlern-Schriften 322), S. 739–766.
23
Mehr zu Schubart: siehe Kapitel 13 in diesem Band.
22
Politische Gelegenheitslieder
Zuruf eines gedienten königl. baierischen Grenadiers
an seine neugeworbenen Tyroler-Kameraden
1. He, Wirth, schenk uns die Flasche voll!
Stoßt, Brüder, stoßt mir an!
Schlagt euch die Grillen aus dem Sinn!
Ihr seht ja, daß ich lustig bin,
So sehr ichs immer kann.
2. Soldat seyn ist ein Ehrenstand
Der nichts ihm Gleiches hat.
Mir fällt kein Fürst, kein König ein,
Der sich geschämt, Soldat zu seyn.
Drum lebe der Soldat!
3. Seht Vater Maximilian
Trägt einen Rock wie wir!
Und denkt einmal, voll Muth die Brust,
Hat Kronprinz Ludwig, unsre Lust,
Bey uns sein Haupt-Quartier!
4. Prinz Karl geht auf der Ehrenbahn
mit festem Schritt einher.
Beym Donner, Brüder glaubt es mir!
Wird der kein braver Offizier,
So wird es keiner mehr.
5. Was sag ich! Selbst Napoleon,
Der größte Potentat –
Warum beugt sich vor seinem Thron
Auf Erden jede Nation?
Das macht, er ist Soldat!
6. So mancher junge Ehrenmann,
Thats ihm auch noch so weh,
Als ihn der Korpral exerziert,
That brav, und sieht sich nun geziert,
Mit Kreuz und Port d’Epée.24
7. Wer stäts daheim beym Ofen sitzt,
Der fährt gar selten wohl.
Ein hoher Flug gelingt ihm nicht,
Weils an Erfahrung ihm gebricht,
Und unterm Hut bleibts hohl.
8. Wer Pulver nie gerochen hat,
Wer nie im Treffen stand,
Dem mangelt viel; denn er entbehrt
Die That, des höchsten Ruhmes werth
Von Fürst und Vaterland.
9. Drum, Brüder, froh und unverzagt!
Fort mit den Sorgen, fort!
Eine „Portepee“ ist eine Quaste am Säbel.
24
81
82
Kapitel 4
Selbst Tod ist nur erfüllte Pflicht,
Und alle Kugeln treffen nicht:
Dies glaubt mir auf mein Wort.
10. Doch dir, du Krauskopf, seh ichs an:
Wenns Mädel nur nicht wär’? –
Laß du das Mädel Mädel seyn!
Liebt sie nicht ewig dich allein,
So gibts der Mädeln mehr.
11. Dir, Vollmond, fällt der volle Topf
Der guten Mutter ein?
Auch damit hats bey uns nicht Noth;
Der König sorgt für Geld und Brod,
Der Wirth kredenzt uns Wein.
12. Folgt Bursche, folgt, die Ehre ruft,
Sie schwinget das Pannier
Einst ruhmvoll über eurem Haupt,
Wenn ihr nicht Memmen seyd; dies glaubt
Mir altem Grenadier!25
Ein gutgelaunter bayerischer Soldat richtet das Wort an seine „neugeworbenen“ Tiroler Kameraden und besingt das Soldatentum. Er beschwört die Ehre des Soldatenstands, den jeder achte, erzählt von Abenteuern und zerstreut die Sorgen um verlassene
Mädchen, mangelnde Verpflegung und den möglichen Tod. Dieses geschickt verfasste
Propagandalied aus Tirol betont die Vorzüge des Soldatenlebens und wurde wohl zu
Rekrutierungszwecken eingesetzt. Möglicherweise verfasste es ein Beamter während
der bayerischen Herrschaft in Tirol und brachte es in Umlauf, doch leider ist über die
Rezeption des Liedes nichts bekannt.
Da das Kaplied im ganzen deutschen Sprachraum um 1800 sehr populär war, kann
man davon ausgehen, dass es während der gesamten kriegerischen Auseinandersetzungen in Tirol dieser Zeit für Kontrafakturen verwendet wurde. Dafür sprechen besonders
die Beobachtungen von Ernst Trösch zur schweizerischen politischen Lieddichtung während der Revolutionszeit und danach, die auch für Tirol ihre Gültigkeit besitzen. Auch
in der Schweiz fand Trösch unter den Melodievorlagen für politische Gelegenheitsdichtungen vor allem Usteris „Freut euch des Lebens“, Schubarts Kaplied, die Marseillaise,
das Rheinweinlied und einige andere Lieder wie das französische Revolutionslied „Ah!
Ça ira“ sowie einzelne Schweizerlieder vor.26 Trösch prägte in diesem Zusammenhang
den Begriff der „Unselbständigkeit der Revolutionslyrik“. Das Kaplied nimmt allerdings
einen Sonderstatus ein, da es laut Herbert Schneider „das wahrscheinlich am meisten
parodierte deutsche Lied der nachrevolutionären Epoche in Deutschland“ war.27 Nur
Robert Franz Arnold / Karl Wagner (Hg.): Achtzehnhundertneun. Die politische Lyrik des Kriegsjahres,
Wien 1909 (Schriften des Literarischen Vereins in Wien XI), S. 422–424. Siehe auch Liedindex, Nr. 31.
26
Ernst Trösch: Die helvetische Revolution im Lichte der deutsch-schweizerischen Dichtung, Leipzig 1911,
S. 117.
27
Herbert Schneider: „Revolutionäre Lieder und vaterländische Gesänge. Zur Publikation französischer
Revolutionslieder in Deutschland und zum politischen Lied in R. Z. Beckers ‚Mildheimischem Liederbuch‘“, in: Ulrich Herrmann (Hg.): Volk, Nation, Vaterland, Hamburg 1996 (Studien zum achtzehnten
Jahrhundert 18), S. 291–324, hier S. 294.
25
Politische Gelegenheitslieder
83
knapp dreißig Jahre nach seiner Entstehung wurde es bereits als „Volksgut“ von Achim
von Arnim und Clemens Brentano in deren Liedersammlung Des Knaben Wunderhorn
(1806–1808) aufgenommen.28
Das originale Kaplied handelt, wie auch seine Tiroler Umdichtung, vom Soldatenstand, und auch hier richtet der Soldat das Wort an seine „Brüder“, aber nicht, um sie
mit Versprechungen anzulocken. Christian Friedrich Daniel Schubarts Kaplied ist nämlich ein auf Tatsachen beruhendes Protestlied, das im Jahr 1787 während seiner zehnjährigen Kerkerhaft (1777–1787) entstanden war. Durch seine beißenden Schriften und
Gedichte hatte sich Schubart, ein glühender Anhänger der Revolution, ein Freidenker
und Kämpfer gegen ausbeuterische Autoritäten, den Zorn des württembergischen Herzogs Carl Eugen (1728–1793) zugezogen. Mit feiner Klinge beschreibt Schubart im
Kaplied die Gefühle jener Soldaten, die von ihrem Landesfürsten „verkauft“ wurden, um
die Interessen einer ausländischen Kolonialmacht im fernen Afrika durchzusetzen. Der
geschichtliche Hintergrund des Liedes ist eine Geldbeschaffungsmaßnahme von Herzog
Carl Eugen, der ein Regiment von 3.200 Soldaten an die Niederländisch-Ostindische
Kompanie zur Abwehr britischer Angriffe in Südafrika verkauft hatte.29 Den damals
durchaus üblichen Soldatenhandel30 hatte Schubart übrigens schon in seiner Deutschen
Chronik von 1776 angeprangert.31
Schubarts Gedichte fanden reißenden Absatz und Persönlichkeiten wie Goethe und
Schiller besuchten ihn im Kerker. Als Musiker blieb Schubart zeitlebens unterschätzt,
wenngleich insbesondere sein Kaplied sehr gelobt wurde, etwa vom deutschen Schriftsteller Friedrich von Matthisson (1761–1831):
Als Komponist ist er [Schubart] nie völlig gewürdigt worden. Die Kriegslieder des deutschen Tyrtäus hat er im höchsten heroischen Stile gesetzt, und die Melodie zu einem Kapliede wetteifert in
Haltung und Effekt mit der berühmten Hymne der Marseiller. Wenige deutsche Gesänge können
sich wohl einer allgemeineren Verbreitung rühmen als dieses mannhafte und kräftige „Auf! Auf!
Ihr Brüder und seid stark“. Von der Ostsee bis zur Limmat und von der Moldau bis zum Rheine
schallt es von den Lippen aller Volksklassen; hier mit dem heiseren Gebrülle der Postknechte,
Handwerksgesellen und Rekruten, dort mit der reinen Intonation der Offiziere, Studenten und
Handlungsdiener.32
Martin Blümcke: „Ein Journalist, länger in Haft als in Freiheit. Christian Friedrich Daniel Schubart“,
in: Wolfgang Wunden (Hg.): Freiheit und Medien, Frankfurt a. M. 1998 (Beiträge zur Medienethik 4),
S. 227–234.
29
Ebd., S. 227.
30
Die Ungerechtigkeiten dieses Soldatenhandels deutscher Fürsten behandelt übrigens auch Schiller in
Kabale und Liebe. Als Vorbild für seine „Lady Milford“ diente anscheinend die Mätresse von Schubarts
Peiniger, Franziska von Hohenheim (1748–1811); siehe dazu Friedrich Kapp: Soldatenhandel deutscher
Fürsten nach Amerika (1775–1783), Leipzig 1864, S. 200.
31
„Hier ist eine Probe der neuesten Menschenschatzung! Der Landgraf von Hessen-Kassel bekommt jährlich 450 000 Taler für seine 12 000 tapfere Hessen, die größtenteils in Amerika ihr Grab finden werden.
Der Herzog von Braunschweig erhält 56 000 Taler für 3964 Mann Fußvolks und 360 Mann leichter
Reuterei, wovon ohnfehlbar sehr wenige ihr Vaterland sehen werden. Der Erbprinz von Hessen-Kassel
gibt ebenfalls ein Regiment Fußvolk ab, um den Preis von 25 000 Taler. 20 000 Hannoveraner sind
bekanntlich schon nach Amerika bestimmt und 3 000 Mecklenburger für 50 000 Taler auch. Nun sagt
man, der Kurfürst von Bayern werde ebenfalls 4 000 Mann in englischen Sold geben. Ein furchtbarer
Text zum Predigen für Patrioten, denen’s Herz pocht, wenn Mitbürger das Schicksal der Negersklaven
haben und als Schlachtopfer in fremde Welten verschickt werden“ [Schubart zit. nach Ursula Wertheim /
Hans Böhm (Hg.): Schubarts Werke, Berlin 1965, S. 72f.].
32
Friedrich von Matthisson: Erinnerungen, 1. Band, Zürich 1810, S. 205.
28
84
Kapitel 4
Seine besondere Verbreitung verdankt das Kaplied auch seiner Veröffentlichung im
Mildheimischen Liederbuch, wo es mit folgendem Kommentar aufscheint: „Von Soldaten gesungen, welche an England verkauft waren. Heut zu Tage wird, Gott Lob! Solcher
Menschenhandel nicht mehr getrieben“:33
Auf, auf ! Ihr Brüder und seyd stark,
Der Abschieds-Tag ist da.
Schwer liegt er auf der Seele, schwer!
Wir sollen über Land und Meer
Ins heiße Afrika.
Ein dichter Kreis von Lieben steht,
Ihr Brüder um uns her;
Uns knüpft so manches theure Band
An unser deutsches Vaterland,
Drum fällt der Abschied schwer.
Dem bieten graue Eltern noch
Zum letztenmal die Hand;
Den kosen Bruder, Schwester, Freund;
Und alles schweigt, und alles weint,
Todtblass von uns gewandt.
Und wie ein Geist schlingt um den Hals
Das Liebchen sich herum:
Willst mich verlassen, liebes Herz
Auf ewig? Und der bittre Schmerz
Macht’s arme Liebchen stumm.
Ist hart – drum wirble du Tambour,
Den Generalmarsch drein.
Der Abschied macht uns sonst zu weich,
Wir weinten kleinen Kindern gleich –
Es muß geschieden seyn.
Lebt wohl, ihr Freunde, sehn wir uns
Vielleicht zum letztenmal;
So denkt, nicht für die kurze Zeit,
Freundschaft ist für die Ewigkeit,
Und Gott ist überall.
An Deutschlands Gränze füllen wir
Mit Erde unsre Hand,
Und küssen sie – das sey der Dank,
für deine Pflege, Speis und Trank,
Du liebes Vaterland!
Wenn dann die Meereswoge sich
An unsern Schiffen bricht:
So segeln wir gelassen fort;
Denn Gott ist hier und Gott ist dort,
Und der verläßt uns nicht!
Rudolf Zacharias Becker (Hg.): Mildheimisches Liederbuch von acht hundert […] Gesängen […], neue
vermehrte und verbesserte Ausgabe, Gotha 1815, Nr. 761.
33
Politische Gelegenheitslieder
85
Und ha, wenn sich hoch der Tafelberg
Aus blauen Düften hebt:
So strecken wir empor die Hand,
und jauchzen Land! Ihr Brüder, Land!
Daß unser Schiff erbebt.
Und wenn Soldat und Offizier
Gesund ans Ufer springt,
Dann jubeln wir, ihr Brüder, ha!
Nun sind wir ja in Afrika.
Und alles dankt und singt.
Wir leben drauf in fernem Land
Als Deutsche brav und gut.
Und sagen soll man weit und breit,
Die Deutschen sind doch brave Leut
Sie haben Geist und Muth.
Und trinken auf dem Hoffnungskap
wir feinen Götterwein;
So denken wir, von Sehnsucht weich,
Ihr fernen Freunde, dann an Euch,
und Thränen fließen drein.34
Während in der ersten Ausgabe des Mildheimischen Liederbuches von 1799 nur 18 eigentliche „politische“ Lieder zu finden sind, scheint in der Ausgabe von 1815, wo wir auch
das Kaplied finden, eine eigene Rubrik mit 64 Liedern „für Soldaten, Landwehr- und
Landsturmmänner“ auf. Herbert Schneider attestiert diesen Liedern in seiner Studie
über französische Revolutionslieder eine „verengte patriotische Gesinnung und teilweise
fanatische Begeisterung für die Grausamkeiten des Krieges“. Was die Melodieauswahl
betrifft, ist das Parodieverfahren vorrangig, denn von den 64 von Schneider untersuchten patriotischen Liedern sind 35 Parodien, und hier zeigt es sich, dass Schubarts
Kaplied besonders häufig, nämlich viermal, parodiert wurde.35 Auch im englischsprachigen Raum war das Lied bekannt. So diente es Sir Walter Scott als Vorbild für seinen
War Song of the Royal Edinburgh Light Dragoons, dessen Anfangsruf „To horse! To horse
the standard flies“ im rhythmischen Einklang mit „Auf, auf ihr Brüder und seid stark“
steht.36
Neben dem Kaplied ist auch ein zweites sehr populäres Lied Schubarts für Tirol
überliefert: das Lied vom Schwabenmädchen. Laut Schubarts Sohn schrieb sein Vater das
Lied schon in seiner Jugendzeit, die er zunächst als Chorschüler in Nürnberg und dann
als Student in Erlangen verbrachte.37 Ob es sich bei der Melodie tatsächlich um eine
Komposition Schubarts oder eine „Volksweise“ handelt, ist laut Max Friedlaender nicht
Ludwig Schubart (Hg.): Christian Friedrich Daniel Schubart’s Gedichte, 2. Band, Frankfurt a. M. 1802,
S. 367–370.
35
Schneider: „Revolutionäre Lieder“ (wie Anm. 27), S. 291–324, hier S. 303–306.
36
Oliver Farrar Emerson: „The Early Literary Life of Sir Walter Scott“, in: The Journal of English and
Germanic Philology 23 (1924), Nr. 1: Januar, S. 28–62, hier S. 38.
37
Ludwig Schubart: „Schubarts Karakter von seinem Sohne Ludwig Schubart. 1798. Dritter und letzter
Theil von ‚Leben und Gesinnungen‘“, in: Ludwig Schubart (Hg.): C. F. D. Schubart’s, des Patrioten,
gesammelte Schriften und Schicksale, 2. Band, Stuttgart 1839, S. 151.
34
86
Kapitel 4
eindeutig zu klären.38 Als Parodie des Schwabenmädchens ist für Tirol u. a. ein Friedenslied von Prinz Karl belegt.39 In 15 Strophen wird das Ende der Landesverteidigung von
1797 beschrieben und die Tiroler werden für ihre Tapferkeit gerühmt, wie auch aus den
hier wiedergegebenen Liedstrophen hervorgeht:
Friedenslied von Prinz Karl. […] Das Erste.
Im Ton: Ich Mädchen bin aus Schwaben
[…]
9. Da trat ein Volk noch voller
Religion empor,
Der tapfere Tyroler
Schob einen Riegel vor.
Beseelt von der Liebe
Für Gott und Vaterland,
Bot dort aus freiem Triebe
Sich Mann und Mann die Hand.
10. Es riß sich von der Seiten
Der Gattin jeder fort,
Für Gott und Fürst zu streiten:
Das war ihr Losungswort.
Zum Hohn für jene Schwaben
Die vor dem Feinde flieh’n,
Sah man dort selber Knaben
Hin an die Grenze zieh’n.
11. Hier stand nun eine Mauer
Wie Fels und Stahl so hart;
Ihr Blick erfüllt mit Schauer
Den stolzen Bonapart.
Zwar ließ er aller Orte
Viel Drohungen ergeh’n,
Allein, was wirken Worte,
Wo tapfre Männer stehn?40
Wie bereits erwähnt, wurden im deutschen Sprachraum um 1800 immer wieder dieselben Melodien populärer Lieder herangezogen, um aktuelle politische Liedtexte zu
vertonen. Neben den erwähnten Liedern Schubarts zählten zu diesen populären Liedern
auch die international bekannten Hymnen „God save the king“, die Marseillaise und
„Gott erhalte unsern Kaiser“.41 Der Kampflied-Dichter Franz Karl Zoller beispielsweise
schrieb sein Lied im Tiroler Dialekt, nach dem Ausbruche der Insurrektion in Jahre 1809
auf die Melodie von „Gott erhalte unsern Kaiser“:
Max Friedlaender: Das deutsche Lied im 18. Jahrhundert. Quellen und Studien, 2. Band: Dichtung, Stuttgart – Berlin 1902, S. 379–381.
39
Eine weitere Kontrafaktur aus dem Jahr 1805: Friede zu Preßburg in Ungarn. Melodie: Ich bin ein Mädchen aus Schwaben, in: August Hartmann / Hyacinth Abele (Hg.): Historische Volkslieder und Zeit­gedichte
vom sechzehnten bis neunzehnten Jahrhundert, 3. Band: Von 1756 bis 1879, München 1913, S. 91.
40
Franz Wilhelm von Ditfurth: Historische Volkslieder der Zeit von 1756 bis 1871. 1. Band, 2. Heft: Die
historischen Volkslieder vom Ende des siebenjährigen Krieges, 1763, bis zum Brande von Moskau, 1812,
Berlin 1872, S. 224–228, hier S. 226f.
41
Siehe dazu Kapitel 14 in diesem Band.
38
Politische Gelegenheitslieder
87
1. Bueben, schreyts enk müd und haiser:
Vivat, Vivat allweil drau!
Vivat ünser lieber Kaiser
Und sei junge, schiene Frau!
[…]42
Die Melodien des Kapliedes, des Rheinweinliedes, von „Freut euch des Lebens“ usw. sind
sowohl „volksliedhaft“ als auch künstlerisch anspruchsvoll. Sie waren für die Kombination mit politischen lyrischen Texten geradezu prädestiniert, denn nur eine eingängige Melodie macht ein politisches Lied zu einem „Werkzeug“.43 Aus vielen Quellen ist
ersichtlich, dass politische Lieder im Dienste der Obrigkeit hergestellt und zu bestimmten „Gelegenheiten“ vorgetragen oder gemeinsam gesungen wurden. Die wenigsten von
ihnen wurden aus einem künstlerischen Selbstverständnis heraus produziert. Zumindest
dem nachfolgend erörterten Lied im Parodieverfahren kann man einen gewissen künstlerischen Wert aber nicht absprechen.
Ein Sonderfall: Die Tiroler Schützen in canone perpetuo
Ein Tiroler Kampflied, das ebenfalls im Kontrafakturverfahren hergestellt wurde, fällt
im Vergleich mit allen anderen Liedern aus dem Rahmen. Es handelt sich dabei um eine
Umdichtung des Mozart-Kanons „Oh du eselhafter Martin“ (KV 560b), die im Stift
Stams gefunden wurde. Mozart hatte den Kanon im Jahr 1788 komponiert und nur
neun Jahre später verfasste Rogerius Schranzhofer einen neuen Text zur Melodie, der die
Franzoseneinfälle in Tirol von 1797 thematisiert. Seine Umdichtung trägt den Titel Die
Tiroler Schützen in canone perpetuo.
Rogerius Schranzhofer (1746–1816) war ein sehr angesehenes und musikalisch gebildetes Mitglied des Stiftes. Als Sekretär von Abt Vigilius Kranicher (1722–1786) hatte
er nach dessen Tod im Jahr 1786 zusammen mit dem Prior Alois Specker und dem
Hausmeister Sebastian Stöckl (1752–1819) vorübergehend die Administration des Stiftes übernommen.44 In den 1780er-Jahren wurde er zum „Commende Abt“ des Benediktinerstiftes Gries bei Bozen bestellt, machte sich dort anscheinend durch seine Umsicht,
Sparsamkeit und Klugheit einen Namen und verhalf dem Stift zu neuem Ansehen.45
Schranzhofer betrieb Geschichtsstudien, die ihn auch mit Joseph Freiherrn von Hormayr zu Hortenburg (1782–1848), einem der politisch einflussreichsten Persönlichkeiten dieser Zeit, zusammenführten.46 Hormayr hielt große Stücke auf ihn, denn er
beschrieb ihn in seiner Goldenen Chronik als den „auch als Geschichtsforscher rühmlich
Siehe Arnold/Wagner (Hg.): Achtzehnhundertneun (wie Anm. 25), S. 245f. Der vollständige Text findet
sich in Kapitel 8 in diesem Band. Siehe auch Liedindex, Nr. 11.
43
Vgl. dazu auch die Melodien zu Napoleon-Liedern: Vasile Gheorghescu Luta: Die deutschen Volkslieder
auf Napoleon I. von seinen Anfängen bis zum Beginn der Befreiungskriege, Dissertation, Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin 1931, S. 24–27.
44
Sebastian Stöckl (1752–1819) wurde 1790 zum neuen Abt von Stift Stams gewählt und war einer der
Mitbegründer des Herz-Jesu-Gelöbnisses.
45
Beda Weber: Das Land Tirol. Mit einem Anhange: Vorarlberg. Ein Handbuch für Reisende, 2. Band: Südtirol: (Etsch-, Drau-, Brenta-, Sarkaregion), Innsbruck 1838, S. 270.
46
Mehr zu Hormayr siehe Kapitel 3 in diesem Band.
42
88
Kapitel 4
bekannten Roger Schranzhofer“.47 Im Jahr 1807, nach der endgültigen Aufhebung des
Stiftes Gries, erhielt Schranzhofer eine Pension und beschäftigte sich nunmehr als Mitglied der Archivkommission mit der Ordnung des Innsbrucker Gubernialarchives.
Im Mai 1809 nahm er an einer politisch heiklen Mission teil. General Lefebre schickte
nach der Besetzung Innsbrucks je eine Tiroler Deputation nach Wien und München,
um Kaiser Napoleon und König Maximilian I. Joseph durch Vertreter der Stände des
Gehorsams der Tiroler zu versichern. Schranzhofer gehörte der nach München entsandten Abordnung an.48 Als die Deputation in München eintraf, waren die Aufstände in
Tirol bereits wieder im Gange und die Tiroler wurden inhaftiert. Josef Hirn beschreibt
die Vorgänge und charakterisiert Schranzhofer als einen Mann, der wegen seiner unpoli­
tischen Beschäftigung im Gubernialarchiv den Eindruck vermittelte, den Aufständen
fern zu stehen. Gleichzeitig stand er aber immer im Kontakt mit Hormayr, sogar während seiner Inhaftierung in München.49 – Unparteiisch klingt Schranzhofers Umtextung
des Mozart-Kanons von 1797 jedoch keinesfalls (siehe auch Abb. 5):
Die Tiroler Schützen in canone perpetuo.
Juhe! Tiroler wäxe Schützn,
Mier wölln inser Ländl beschützn.
Schaut, der Franzoß geät äf ins loß.
ä Tiroler Bue fürcht nix.
Nehmt änieder nur sein Stutzn,
Die weärn die Franzößlen sauber putzn.
Dös ist ä Gschoß, äf d Läit und Roß,
Flux müeß alles purzlen, aft der Täifl sie holn kann.
Nehmt nur änieder mit säin Bläy
Sein Mann und springs nur nit wie d Haasen gläi darvon.
Spannt an! schlagt an! göbt Fuir! aft mäi naät ists gschöchn schon.
Sollt ä däs Bläy nit klöckn,
so miests ins Roär gar Staän dräin stöckn.
Nur präff: piff, päff, piff, päff.
Wix, wäx, wäx, wix.
Schranzhofers Kanon dürfte im Stift Stams tatsächlich gesungen worden sein, denn der
Tiroler Komponist Stefan Paluselli, von 1791–1805 Chorregent in Stift Stams, stellte
Kopien des Kanons her und versah sie mit Anweisungen zur Aufführung.
Der „Schützenkanon“ stellt unter den politischen Liedern in Tirol dieser Zeit in vieler Hinsicht eine Ausnahme dar, denn nur selten ist der Verfasser des Liedtextes bekannt
und noch seltener lässt sich eine aktive Beteiligung von Dichtern an politischen und
kriegerischen Handlungen in Tirol nachweisen. Bezeichnend ist auch, dass Schranz­
hofer, obwohl sehr gebildet, seinen Text in Mundart verfasste und sich auch inhaltlich
und stilistisch am humoristisch-kaltschnäuzigen Typus des Tiroler Kampfliedes orientierte und nicht an hochsprachlichen Vorbildern wie den Liedern Schubarts.
Joseph Freiherr von Hormayr zu Hortenburg: Die goldene Chronik von Hohenschwangau der Burg der
Welfen, der Hohenstauffen und der Scheyren, Cistercienserabtei Stams, 2. Band, München 1849, S. 81.
48
Josef Hirn: Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 1909, S. 438.
49
Ebd., S. 517.
47
Politische Gelegenheitslieder
89
Abb. 5: Die Tiroler Schützen in canone perpetuo (1. Blatt), handschriftlich in der Musiksammlung des Zisterzienserstiftes Stams ohne Signatur, abgebildet in: Walter Senn: „Mozartiana aus Tirol“, in: Hans Zingerle
(Hg.): Festschrift Wilhelm Fischer. Zum 70. Geburtstag überreicht im Mozartjahr 1956, Innsbruck 1956 (Innsbrucker Beiträge zur Kulturwissenschaft, Sonderheft 3), S. 49–59, hier S. 53.
90
Kapitel 4
Kunstmusikalische Auftragswerke im Dienste der Obrigkeit
Bei besonders wichtigen politischen Feierlichkeiten waren eher anspruchsvollere musikalische Darbietungen gefragt als das Absingen eines einfachen politischen Liedes. Eine
Möglichkeit war die Aufführung eines bereits vorhandenen und passenden Werkes eines
einheimischen Komponisten, wie etwa eines Te Deum,50 oder man vergab Kompositionsaufträge für neue, an die Umstände angepasste Werke.
Der öffentliche Dankgesang in Form eines Te Deum wird in Bezug auf Tirol von
Zeitzeugen erstaunlich oft erwähnt. Sabine Zak beschreibt in ihrer Studie über die Gattung Te Deum, wie sich dieser „Dankgesang“ allmählich aus dem liturgischen Rahmen
löste und schließlich auch bei weltlichen Ehrungen und besonders nach siegreichen
militärischen Auseinandersetzungen zur Aufführung gelangte.51 Auf diese Umdeutung
einer ursprünglich kirchlichen Gattung und die damit verbundene psychologische Wirkung geht auch Linda Maria Koldau ein:
Dies gründet in dem Glauben, dass die Entscheidung, deren Ausgang besungen wird, mit Gottes
Hilfe gefallen ist. Das Te Deum erscheint als Lob und Dank an Gott, als Annahme des göttlichen
Willens und als akklamatorische Anerkennung des Gewählten bzw. Siegers.52
Robert B. Holtman zeigte schon 1949, dass auch Napoleon das Te Deum durchaus für
seine Zwecke zu benutzen wusste.53 In Tirol wurden im Jahr 1809 besonders oft Dankgesänge obrigkeitlich angeordnet. So bestimmte Andreas Hofer am 6. Juni 1809, kurz
nach der zweiten Bergiselschlacht, dass jährlich im Rahmen des Herz-Jesu-Festes ein
Te Deum zu singen sei;54 eine Kundmachung vom 25. August 1809 (also kurz nach der
dritten Bergiselschlacht) sah vor, dass zum Dank für den Kriegsverlauf „ein feyer­liches
Te Deum […] in jeder Seelsorgs-Kirche“ im Rahmen einer zehnstündigen Andacht
angestimmt werden soll;55 am 4. Oktober 1809, dem Namenstag des Kaisers, sang man
ein Te Deum anlässlich der Verleihung der goldenen Ehrenkette an Andreas Hofer.56
Wurden Werke für eine bestimmte Feierlichkeit in Auftrag gegeben, geben meist die
Namen der Widmungsträger der Kompositionen oder die Titel selbst Aufschluss über
So verfasste beispielsweise auch der Tiroler Komponist Joseph Alois Holzmann im Jahr 1809 zwei
Te Deum-Gesänge (TLMF, M 38 und M 39).
51
Sabine Zak: „Das Tedeum als Huldigungsgesang“, in: Hymnologisches Jahrbuch 102 (1982), S. 1–32.
52
Linda Maria Koldau: Frauen – Musik – Kultur, Köln 2005, S. 481.
53
Robert B. Holtman: „The Catholic Church in Napoleon’s Propaganda Organization“, in: The Catholic
Historical Review 35 (1949), Nr. 1: April, S. 1–18.
54
„Nach dem Wunsch und Verlangen Hofer’s und anderer Häupter der Tyroler proklamierte Hormayr
am 6. Juni das besonders nationale Herz-Jesu-Fest für immer als gebotenen Festtag mit feierlicher Procession und Te Deum; zum ewigen Gedächtnisse des Sieges vom 29. Mai und der zweiten Befreiung
des tyrolischen Vaterlandes“ (Joseph Hormayr: Geschichte Andreas Hofer’s: Sandwirths aus Passeyr, Oberanfuehrers […], 2. Band, Leipzig 1845, S. 197).
55
Zit. nach Wolfgang Pfaundler / Werner Köfler (Hg.): Der Tiroler Freiheitskampf unter Andreas Hofer.
Zeitgenössische Bilder, Augenzeugenberichte und Dokumente, Innsbruck 1984, S. 197.
56
„Der 4te October, Namens-Tag des Oesterreichischen Kaisers, war der Feierlichkeit bestimmt, Hofern die
Medaille zu übergeben. Sämtliche Authoritäten und eine unzählige Menge Neugierige füllten die ehrwürdige Franciskaner Kirche, Hofer kniete nahe am Altare, auf einem roth ausgeschlagenen Betschemmel.
Das Hochamt hielt der Prälat von Wilten, Dann wurde ein Te Deum gesungen“ (Jakob L. S. Bartholdy:
Der Krieg der Tiroler Landleute im Jahre 1809. Mit einer Karte von Tyrol, Berlin 1814, S. 245).
50
Politische Gelegenheitslieder
91
Abb. 6: Kriegslied der boznerischen tyrolischen Landes-Vertheidigungs-Truppen, Graz 1796 (Anfang) (TLMF,
Dip. 582/VIII, Nr. 3).
die Auftraggeber und den Anlass. Ein Beispiel dafür ist das Marsch- und Kriegslied der
Boznerischen Tyrolischen Landes-Vertheidigungs Truppen von Abbé Franz Bühler (auch
Bihler, 1760–1824) bzw. daraus das Kriegslied von 1796. Bühler war ein Benediktiner
aus Donauwörth, der im Jahr 1784 das Kloster verlassen hatte und sich fortan im „Weltpriester-Stand“57 vor allem der Musik widmete. Er leitete von 1794–1801 in Bozen
die privaten Opernaufführungen des wohlhabenden Kaufmanns Anton Melchior von
Menz und war dort auch als Organist tätig.58 Sein Kriegslied ist ein Aufruf zur Landes­
verteidigung (siehe Abb. 6):
Die Trommel wirbelt! auf, ins Feld!
Wem teutscher Muth die Brust beseelt,
Der zieh mit uns hinein!
Wer Gott, Gesetz, und Kayser ehrt,
Der ist des teutschen Namens werth,
Auf Brüder! Marsch hinein!
Gustav Schilling: Encyclopädie der gesammten musikalischen Wissenschaften, oder Universal-Lexikon der
Tonkunst, 2. Band, Stuttgart 1835, S. 40.
58
Anton Melchior von Menz lenkte Ende des 18. Jahrhunderts das kulturelle Leben des Handelszentrums
Bozen. Als Musik-Liebhaber und Mäzen ließ er auf eigene Kosten Opern von Hasse, Paisiello oder
Cimarosa aufführen und unterhielt eine private Notensammlung, die er als eine Art „Leihbibliothek“
seinen Musikern zur Verfügung stellte; siehe Josef Nössing: „Das Theater in den letzten Jahrzehnten des
18. Jahrhunderts“, in: Museumsverein Bozen (Hg.): Bozen zur Franzosenzeit 1797–1814. Katalog zur
Ausstellung, Bozen 1984, S. 36–44, hier S. 42f.
57
92
Kapitel 4
Für Gott, und Herrn, für Weib und Kind,
Für Haus, und Hof, die unser sind,
Zieh’n wir den Fahnen nach;
Und unsre Patriotenhand
Beschützt das liebe Vaterland
Und unsre eigne Sach.
Du aber, wilde Räuberhord,
Die Hunger, Noth, und Durst nach Mord
Zu Gräuelthaten treibt,
Komm her! wir stehen felsenfest,
Und jagen den nach Süd und West,
Der hier nicht liegen bleibt.
Tyroler unbesiegte Treu
Ist immer noch wie Anno drey,
Was unsre Arme stählt! –
Verjagt die tolle Frevlerbrut
Mit Jugendkraft und Männermuth,
Auf Brüder! auf ins Feld!
Vereinte Brüder! marsch hinein,
Bald wird der Feind uns nahe seyn,
So gehn wir Hand in Hand!
Die Trommel wirbelt – marsch! es sey
Dem treuen Brüder Feldgeschrey:
Für Gott, Regent, und s’ Land.59
Dieses Kriegslied blieb nicht das einzige Lied mit politischen Bezügen, das Bühler während seiner Anstellung bei Menz verfasste. Ein Jahr später, nämlich 1797, schrieb er zu
Ehren des Generalmajors Johann Ludwig Alexander von Laudon (1762–1822) ein Lied
bei Gelegenheit des Sommer-Aufenthalts Seiner Exzellenz des Herrn General-Major Freyherrn von Loudon [sic]. Im Titelzusatz heißt es: „Gesungen zu Oberbotzen in der Sommerfrist [sic] den 19 August 1797“. Laudon war von der Schützengesellschaft Ober­
bozen eingeladen worden und im Hause Menz abgestiegen.60
Laudon war der Neffe des berühmten österreichischen Feldherrn Gideon Ernst von
Laudon (1717–1790) und kommandierte im Jahr 1797 eine österreichische Brigade in
Tirol. Anfang April 1797 gelang es ihm, mit Unterstützung der einheimischen Schützen
die feindlichen Angreifer durch das Eisack- und Pustertal zu vertreiben.61 Laudon zog
am 4. April 1797 siegreich in Bozen ein, wovon ein Liedflugblatt zeugt. Es gibt darüber
Auskunft, dass die Bozener Stadtmusikanten den Generalmajor mit folgendem Lied
begrüßten:
Abbé Franz Bühler: Kriegslied der boznerischen tyrolischen Landes-Vertheidigungs-Truppen, Graz 1796
(TLMF, Dip. 582/VIII, Nr. 3). Siehe auch Liedindex, Nr. 20.
60
Carl von Braitenberg: „Historische Ereignisse im Leben der Schützengemeinschaft“, in: Franz von Walther / Carl von Braitenberg / Leo Andergassen (Hg.): Die Schützenscheiben von Oberbozen. Symbole eines
ritterlichen Exercitiums, Bozen 1994, S. 97–116, hier S. 102f.
61
Adolf Schinzl: „Laudon, Johann Ludwig Alexius Freiherr von“, in: Allgemeine Deutsche Biographie 18
(1883), S. 35f. (Onlinefassung); http://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Laudon,_Johann_
Ludwig_Alexius_Freiherr_von&oldid=1705236 (05. 10. 2012).
59
Politische Gelegenheitslieder
93
Abb. 7: „Laudon rückt an!“, in: Wilhelm Edler von Janko (Hg.): Laudon im Gedicht und Liede seiner Zeitgenossen, Wien 1881, S. 137. Transkription.
„Laudon rückt an.“
Nach der Melodie des alten Liedes auf den Grafen Gideon v. Laudon. Nach dem siebenjährigen
Preussenkriege. Gesungen von den Stadtmusikanten als der Herr General Feldwachtmeister Freyherr v. Loudon am 4ten April 1797 siegreich in Bozen einzog:
La la la la la Laudon rückt an,
Er rückt ins Welschland ’nein
Nimmt Städt und Länder ein,
la la la la la Laudon rückt an.
La la la la la Laudon rückt an
Er jagt, d’ Franzosen fort,
Befreyet unsern Ort,
La la la la la Laudon rückt an.
[…]62
In der Weisenangabe wird ein „altes Lied“ auf den Grafen Gideon von Laudon erwähnt,
dessen Melodie noch erhalten blieb (siehe Abb. 7).
In den Tiroler Heimatblättern von 1934 findet sich noch ein weiteres Lied auf Laudon,
ohne Melodie und leider ohne genauere Angaben zu seiner Verbreitung und Tradierung:
Laudon, o Laudon, du tapferer Held,
Mit dir will ich’s wagen, will zieh’n ins Feld,
Mit dir will ich’s wagen auf Guat und auf Bluat,
Dös gibt den Tirolern an sakrischen Muat.
Und viferallala-la singant d’ Tiroler Menscha,
Sie hobn auf greane Hiat und sauba san s’ ah.63
TLMF, Dip. 582/8 (= ident. mit Dip. 582/11). Siehe auch Liedindex, Nr. 46.
M. Gsangl: „Andreas Hofer Lieder“, in: Tiroler Heimatblätter 12 (1934), Heft 5/6: Mai/Juni, S. 256:
„nach den Tiroler Freiheitskämpfen vielgesungenes Lied“. Siehe auch Liedindex, Nr. 116.
62
63
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Kapitel 4
Dem schon genannten Lied bei Gelegenheit des Sommer-Aufenthalts Seiner Exzellenz des
Herrn General-Major Freyherrn von Loudon folgte ein ebenfalls von Bühler verfasstes
Lied bei der Abreise der Frau Graefinn von Fünfkirchen Gemahlin des Herrn General-Major
Freyherrn von Loudon Gesungen zu Oberbotzen in der Sommerfrist den 27. August 1797.64
Resümee
Ernst Trösch spricht in Bezug auf die schweizerische politische Lieddichtung zur Zeit
der Revolution und kurz danach von der „Unselbständigkeit der Revolutionslyrik“.
Seine Beobachtungen treffen insofern auf Tirol zu, als auch hier für Parodien besonders
häufig die von Trösch genannten Lieder „Freut euch des Lebens“, das Rheinweinlied und
Schubarts Kaplied verwendet wurden. Letzteres gilt als eines der meistparodierten Lieder
dieser Zeit. Gleichzeitig wurden in Tirol auch deutsche Revolutionslieder gesungen, wie
etwa Carl Gottlob Cramers und Carl Ludwig Traugott Gläsers Lied „Feinde ringsum“,
laut Johann Baptist Gänsbacher eines der erklärten „Lieblingslieder“ der Tiroler. Das
Kontrafakturverfahren ist die schnellste und zielführendste Art der Produktion von
Liedern, deren Funktion in der Weitergabe von Informationen, der Propaganda usw.
liegt. Derartige Lieder sind keine „Kunstlieder“.65 Dass Lieder im Parodieverfahren aber
durchaus auch „künstlerisch“ anmuten können, zeigt Rogerius Schranzhofers Adaption
des Mozart-Kanons „Oh du eselhafter Martin“ von 1797.
Die für das Kontrafakturverfahren verwendeten Melodien waren fast ausschließlich
„Hits“ der Zeit und entstammten populären, mitunter auch qualitativ anspruchsvollen Kunstliedern mit volksliedhaften Anklängen. Es ist nicht weiter verwunderlich,
dass die im Parodieverfahren hergestellten Lieder die weitaus größte Anzahl der politischen Lieder in Tirol darstellen. Eine nicht zu vernachlässigende Menge davon waren
Gelegenheitslieder, die für bestimmte Anlässe gedichtet und zur politisch motivierten
„Öffentlichkeitsarbeit“ eingesetzt wurden. Bei besonders wichtigen Festen wurden
anstatt einfacher Lieder entweder passende und bereits vorhandene kunstmusikalische
Werke aufgeführt und somit politisch instrumentalisiert (wie beispielsweise Te DeumKompositionen), oder es wurden Kompositionsaufträge an lokale Komponisten, wie
Abbé Franz Bühler, vergeben.
Die genannten Lieder sind nicht Bühlers einzige Werke mit Bezügen zur Politik. So schrieb er 1794
einen Kundgesang auf den Frieden und 1798 ein Schauspiel mit dem Titel Der Tiroler Landsturm im
Franzosenkriege. Siehe dazu Ernst Knapp: Kirchenmusik Südtirols. Südtiroler Kirchenmusikkomponisten
in musikgeschichtlichem Zusammenhang, Bozen 1993, S. 102–109; Giuliano Tonini: „Musiktheater
in Bozen im späten 18. Jahrhundert“, in: Kurt Drexel / Monika Fink (Hg.): Musikgeschichte Tirols.
2. Band: Von der frühen Neuzeit bis zum Ende des 19. Jahrhunderts, Innsbruck 2004 (Schlern-Schriften
322), S. 415–475. Für Südtirol sind in diesem Zusammenhang auch die von Hildegard HerrmannSchneider entdeckten kunstmusikalischen Auftragswerke zu Ehren des bayerischen Königs Max I.
Joseph von Wilhelm Lechleitner sehr interessant; siehe Hildegard Herrmann-Schneider: „Andreas
Hofer und die Tiroler Freiheitskämpfe als musikalisches Sujet. Ereignisse – Heldentum – Erinnerung“,
in: Der Schlern 83 (2009), Heft 7: Juli, S. 4–52, hier S. 34f.
65
Zu politischen Kunstliedern siehe Kapitel 13 in diesem Band.
64
Kapitel 5
„Es hot sie einår plangt, Mår hobens nit verlangt“.
Das Spingeser Schlachtlied
Sandra Hupfauf
Jez wöll’n mår gien n’ Franzosen zu gög’n gien,
Mei, wos hobn’s denn do bey üns herinn z’thien?
Es hot sie einår plangt,(a) 1
Mår hobens nit verlangt,
So kåm an jedår Narr,
Fråß üns mit Haut und Haar:
Dös geat do nit, eyawohl.
In Tyrol.
Do Brixner öper(b) dö lårmen(c) wohl fast,
Do hobens plündert, wos geist und wos haft(d)
Gsoffen aus den Wein,
Die Bånzen(e) g’schlogen ein,
Die Kåsten augehackt,
Die Kreuzar(f ) ausser zwackt:
Und gnommen krod s’Allerhöst,
Dös seyn Göst!
Z’ Micheal(g) unten, Bue, do hob’n die (mi graußt,
Wenn i drun denk’n thue) dö Lumpen recht g’haußt:
Den armen Patern droant,
Ja gor die Kirch nit g’schoant,
S’Zibori ausser g’riss’n,
Die Hostien umher g’schmiss’n:
Ist dös nit a Gspöttå(h), pfui!
Meiner Trui.
Oes Gitschelen(i), und ös Weiber göbt acht,
Daß enk öper der Franzos nit aufocht(k),
Er suecht enk aus die Söck,
Reißt enk den Brustich(l) wöck,
Treibt Kühe und Goas darvun,
Z’löscht zündt er d’ Häuser un:
Und zueher laß’n sölla Hund,
Wår mår z’rund.
Bei den hochgestellten Buchstaben in Klammern handelt es sich um Erläuterungen, die auf dem Flugblatt in Fußnoten wiedergegeben werden: (a) „Sie sehnten sich herein zu kommen“; (b) „etwa“; (c) „jammern“; (d) „was der Brief vermag“; (e) „die Fässer“; (f ) „das Geld“; (g) „zu Wälsch-Michael im Kloster“;
(h) „Gespött“; (i) „Mädchen“; (k) [sic: (j) fehlt] „auffangt“; (l) „Schnürbrust“; (m) „ziemlich“; (n) „glänzen“; (o) „Horcht nur“; (p) „da giebt’s Arbeit“; (q) „Truppe“; (r) „lauter einheimische Raubthiere, welche
gut zu Fuß sind“; (s) „die Köpfe“; (t) „Griesbeile, oder Grieshacken auf Stangen gepflanzt waren ausser
dem Feiergewehr die meisten Waffen“; (u) „gemezelt“; (v) „warum“; (w) „ungeschoren“; (x) „derselbe“;
(y) „Burzelbaum, oder Sprünge“; (z) „klettern“; (aa) „Felseneck“; (bb) „geschwind“; (cc) „die Kerls“;
(dd) „im Rücken“; (ee) „rasch“; (ff) „ein Messer, womit man die Aeste abhaut“.
1
96
Kapitel 5
Au Månder! schaugt, s’ Wötter kimmt woltan(m) grob,
Es steigt ja schoan darhear auhar Blitzblow:
Voarun die Reuterey,
Die Säbel glitzen(n) frey,
loßt(o) nu, es schnöllen schoan,
Die Büchsen groas und kloan:
Krak, krak, karak, und pum, pum:
Um und um.
Jez Brüeder, dös bitt i enk, nit verzogt,
Halbs gwungen ist, woast du wohl, ders frisch wogt,
Dört kimmt (dös geit a Stear(p))
A ganza Kutt(q) darhear,
Luchs, Moder, Wolf und Fuchs(r),
Schlogt un die Stutzen flugs:
Pav! –, hui, do zopplen schoan,
Do hobs n’loan.
Jez Brüederlen, nehmt die Rear in die Händ,
Und låsst den Banditen z’gögn so viels könnt:
Höbt au die Kolben gschwind,
Schlogt ihnen af die Grind(s),
Rennt mit den Griesbeil(t) drein,
Geschlåchtigt(u) mueß es seyn:
Zwui(v) lassens üns’r Viech und Leut,
Nit unkeit(w).
Der Dåmper ob’n, dersen(x) rotzige Bue,
er schlöt ihnen frey den Wirbel voarzue:
Bue, du bist mier nit z’hoach,
Dös ist dein löschter Stroach,
Sieh, wie die Drummel kracht,
Wie’s Burzegågel(y) macht
Ha, ha Dåmperl ist dir hoas?
Glück af d’ Roas.
Beym Soggara, schau, do kreselt(z) ja schoan mear,
A nuier Hauf ’n übers Oeggele(aa) darhear,
Geah, Josel, Hans, und Veit,
Reibt enk woadl(bb) auf die Seit,
Greift d’Lötter(cc) arschling(dd) un,
Daß koaner fliechen kun:
Und geat ihnen reasch(ee) af d’ Hax
Mit der Prax(ff).
Viktori! Juhe! Der Feind ist gerib’n au,
Er låsst, moan i, schoan bey Loch aus, drau drau.
Vivat der Koaser Franz!
Ihm g’hearn mar wieder ganz:
Laudon, und Kerpen enk
Bleibt s’Landel ingedenk:
Und Du Lehrbach löb fein g’sund,
Steif und rund.2
Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck, FB 416/14. Heute sind insgesamt fünf identische
Drucke des Spingeser Schlachtliedes erhalten, und zwar neben dem genannten noch Dip. 134/5 (= identisch mit Dip. 134/30), FB 535/13, FB 1197/2, S. 35–42 und W 15753. Siehe auch Liedindex, Nr. 43.
2
Spingeser Schlachtlied
97
Abb. 1: Titel des Flugblattes des Spingeser Schlachtliedes (Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck,
FB 416/14).
Inhalt, Autor, Melodie und Überlieferung
Am 2. April 1797 schrieb angeblich Katharina Lanz, das Mädchen von Spinges,3 Geschichte, als sie mit fliegenden Haaren und zusammengegürteten Kleidern auf die
Friedhofsmauer sprang und von dort die anstürmenden Franzosen mit einer Heugabel
zurückstieß. Was außerdem bei der Schlacht bei Spinges geschah, erzählt das Spingeser
Schlachtlied detailreich und höchst anschaulich. Sämtliche Missetaten der Franzosen,
wie etwa Plündereien und Klosterschändungen („S’Zibori ausser g’riss’n, / Die Hostien umher g’schmiss’n“),4 werden geschildert und man warnt die Frauen davor, den
„Lumpen“ und „Banditen“ zu nahe zu kommen, damit sie nicht von ihnen „aufgefangen“ werden. Die eigenen „Brüeder“ oder „Månder“ werden zum Kampf aufgestachelt,
indem man ihre Geschicke und ihren Mut rühmt und sie mit strategischen Anweisungen zum Angriff auf den Feind (am besten „arschling“) versorgt. Zwischendurch wird
vom „Dåmper“ berichtet, dem Tambour, der mit seinem Trommelwirbel die Kämpfer
antreibt und schließlich erklingt ein „Vivat“ auf den Kaiser. Man besinnt sich der großen Feldherren General Ernst Gideon von Laudon (1717–1790) und Wilhelm Freiherr
3
4
Mittlerweile wird bezweifelt, dass es das „Mädchen von Spinges“ überhaupt gab; siehe dazu etwa Margareth Lanzinger / Raffaella Sarti: „Das ‚Mädchen von Spinges‘ – eine facettenreiche Symbolfigur und
‚nützliche‘ Heldin“, in: Siglinde Clementi (Hg): Zwischen Teilnahme und Ausgrenzung: Tirol um 1800.
Vier Frauenbiographien, Innsbruck 2010 (Veröffentlichungen des Südtiroler Landesarchivs 32), S. 13–70.
Siehe Silvia Maria Erber / Sandra Hupfauf: „‚S’Zibori ausserg’rissn, die Hostien umher g’schmissn‘ –
Die Religion als bestimmendes Moment in der politisch verwendeten Musik Tirols zwischen 1796 und
1809“, in: Norbert Haag / Gabriele Haug-Moritz (Hg.): Musik in Neuzeitlichen Konfessionskulturen,
Stuttgart (in Druck).
98
Kapitel 5
von Kerpen (1741–1823) und wünscht dem in Tirol beliebten Hofkommissär Reichsgraf Ludwig von und zu Lehrbach5 (1745–1805) ein gesundes Leben.
Als Autor des Spingeser Schlachtliedes wird Franz Karl Zoller vermutet. Zoller wurde
am 4. September 1748 in Klagenfurt als Sohn eines Malers aus Telfs (Tirol) geboren,
besuchte die Schule in Hall in Tirol und war dazu bestimmt, Geistlicher zu werden. Er
aber ließ sich in Wien zum Landschaftsmaler und Kupferstecher ausbilden und arbeitete
ab 1785 als Weginspektor im Nordtiroler Unterland. Im Jahr 1797 erhielt er eine Anstellung als Adjunkt bei der Baudirektion in Innsbruck und 1809 erhob ihn die bayerische
Regierung zum Oberbauinspektor in Brixen. 1810 wurde er nach München versetzt,
was ihn sehr geschmerzt haben dürfte, denn er ließ sich gleich darauf pensionieren und
kehrte nach Innsbruck zurück, wo er nach dem Wiederanschluss Tirols an Österreich als
Adjunkt bei der k. k. Provinzialbaudirektion angestellt wurde.6 Sowohl die Beförderung
als auch die Strafversetzung nach München dürften unmittelbare Folgen von Zollers
unsteten literarischen Tätigkeiten im Dienste der jeweiligen Regierung gewesen sein,
denn er verfasste außer dem ihm zugeschriebenen Spingeser Schlachtlied von 1797 auch
Propagandalieder zugunsten der bayerischen Regierung im Jahr 1808 und wechselte
1809 dann wieder auf die tirolerische Seite, die er ebenso scharfzüngig unterstützte.7
Über Zollers Sterbedatum herrscht Uneinigkeit. Während Erich Egg meint, dass Zoller
1829 gestorben sei,8 geben Goedeke und Goetze 1839 als Todesjahr an.9
Lange waren sämtliche Lieder Zollers anscheinend unbekannt, denn in der Abhandlung des Schriftstellers Adolf Pichler (1819–1900) über Tiroler Kriegslieder aus dem
Jahr 1854 sucht man das Spingeser Schlachtlied vergeblich, obwohl Pichler die „Dipaulische Bibliothek“ des Ferdinandeums (die Sammlung Dipauliana von Andreas Alois
Di Pauli von Treuheim) gesichtet hat. Er gibt zahlreiche Lieder daraus wieder und meint,
dass es über die Schlacht bei Spinges kein Lied gebe:
Der Tiroler neigt offenbar mehr der lyrischen und drammatischen Poesie, als dem ruhig gehaltenen
Epos zu, wie könnte man es sich sonst erklären, daß Schlachten wie die von Spinges kein Lied verherrlicht, während bei den Serben, die zum Theil auch ein Gebirgsvolk sind, ein Jahrhundert dem
andern mit feuriger Zunge seine Waffenthaten überliefert. Die Dipaulische Bibliothek, welche im
hiesigen Museum hinterlegt ist, enthält zwar einen Band Kriegslieder aus den Zeiten von 1796 bis
1801. Als ich sie zuerst entdeckte, war ich hocherfreut und glaubte mich schon am Ziel langgehegter Wünsche, fand mich jedoch bald entteuscht.10
Weiters bedauert Pichler, dass nach 1800 und auch ab dem „Sturmjahr“ 1809 wenige
bis gar keine historisch-politischen Lieder zu finden seien und nennt in diesem Zusammenhang auch Zoller, wobei die Textstelle verrät, dass dieser ihm unbekannt ist:
Siehe Helmut Reinalter: „Graf Lehrbach und Tirol“, in: Veröffentlichungen des Tiroler Landesmuseums
Ferdinandeum 54 (1974), S. 213–233, hier z. B. S. 225, http://www.landesmuseum.at/datenbanken/
digilit/?litnr=32411 (30. 10. 2012).
6
Karl Goedeke / Edmund Goetze: Grundriß zur Geschichte der Deutschen Dichtung aus den Quellen,
6. Band, 2., neu bearb. Aufl., Leipzig – Berlin 1898, S. 680.
7
Erich Egg: „Hof- und Bauerntheater, Musik und Literatur“, in: Ammann, Gert (Hg.): Die Tirolische
Nation. Katalog zur Landesausstellung Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, 6. Juni – 14. Oktober 1984,
Innsbruck 1984, S. 149–181, hier S. 163f.
8
Ebd., S. 163.
9
Goedeke/Goetze: Grundriß zur Geschichte der Deutschen Dichtung (wie Anm. 6), S. 680.
10
Adolf Pichler: „Tirolische Kriegslieder – ein Beitrag zur Geschichte deutscher Volksdichtung“, in: Karl
Gödeke (Hg.): Deutsche Wochenschrift, Heft 17, Hannover 1854, S. 522–530, hier S. 524.
5
Spingeser Schlachtlied
99
Nur ein junger Praktikant bei der Baudirection, Namens Zoller, ließ hie und da ein Gedicht fliegen,
die Baiern versetzten ihn zur Strafe aus seinem Vaterlande Tirol nach München. Trotz aller Bemühungen konnte ich keines dieser Blätter erlangen, sie scheinen spurlos verweht.11
Adolf Pichler kannte im Jahr 1854 das Spingeser Schlachtlied somit nicht, auch befand
sich damals kein Lied von Franz Karl Zoller in der Dipaulischen Bibliothek. Erst
24 Jahre später, im Jahr 1878, erfährt man von einem Autor, der mit dem Kürzel A.
überliefert ist (nach Goetze und Goedeke „An der Lahn“12), erstmals von der Existenz
des Spingeser Schlachtliedes. A. bestätigt, dass das Lied in der Dipaulischen Bibliothek
nicht aufschien, und vermittelt Informationen über den glücklichen und auch etwas
mysteriösen Fund der ältesten gedruckten Ausgabe des Liedes:
Das „Spingeser Schlachtlied“. […] In dieser Hinsicht ist besonders merkwürdig eine Dichtung,
welche sich mit einer eigenthümlichen Melodie, bis auf den heutigen Tag bruchstückweise im
Volkesmunde erhalten hat, so das man sehr häufig, wenn die Schützen Kurzweil treiben, einzelne
Strophen unter Begleitung von Schwegel und Trommel singen hört. Wir haben uns schon seit
Langem bemüht, den ganzen Text zu Stande zu bringen, und weil dies so schwer hielt, glaubten
wir uns zu der Annahme berechtigt, daß diese Dichtung wohl gar nie gedruckt worden oder mit
so manchen anderen Druckwerken aus den neunziger Jahren verloren gegangen sei, zumal mehrere
in diesen Dingen höchst competente Veteranen das Lied wohl kannten, aber sich nicht erinnerten,
es gedruckt gesehen zu haben, und dasselbe weder in der sogenannten Dipauliana, noch in der
Vogelsänger’schen Sammlung des Ferdinandeums zu finden ist. Nachdem uns endlich neun Strophen, welche den inneren Zusammenhang nicht vermissen lassen, vorlagen, vermeinten wir, daß es
gut wäre, dieses volksthümliche Kriegslied mit der traditionellen Melodie nach – wie wir glaubten –
entsprechender Textcritik, wohlausgestattet in Druck legen zu lassen, um es auf diese Weise der
Tiroler Landesvertheidigung zu erhalten. Herr C. A. Czichna in Innsbruck ist uns bereitwilligst entgegen gekommen und wird die Auflage auf seine Kosten besorgen, mit der edlen Absicht, den ganzen Reinertrag den Verwundeten der Occupationstruppen oder jetzt nach geänderten Verhältnissen
dem Tiroler Invalidenfonde zu widmen. Herr Kapellmeister Komzak hatte die Freundlichkeit, die
Begleitung zu schreiben, und wir können nicht unterlassen, zu verrathen, dass dieselbe auch für ein
kleines Orchester gesetzt wurde – Während nun die Auflage schon im Zuge ist, siehe da kommt das
Spingeser-Lied „gedruckt mit Wagner’schen Schriften“, als „Kriegslied eines Tyrolers im Landsturm
anno 1797“, an’s Tageslicht, nachdem das Exemplar bis Belluno gewandert, und durch den Ankauf
einer Bibliothek wieder in den Besitz der vorher schon und seit dem noch immer florierenden
Verlagshandlung, vielleicht als unicum, zurückgekommen war. Durch diese erfreuliche Entdeckung
findet unser Text einige werthvolle Ergänzungen, und ist nunmehr jeder Zweifel behoben, daß die
im Volksmunde überlieferten Strophen mit dem ursprünglichen Liede übereinstimmen.13
Wir erfahren aus dieser Stelle von der Volksläufigkeit einzelner Strophen des Liedes vor
allem unter den Schützen, vom Bemühen darum, das Lied vollständig aufzuzeichnen
und herauszugeben und von den Auftraggebern der Drucklegung (von denen später noch
die Rede sein wird). Schließlich berichtet A. über die erstaunliche Tatsache, dass genau
zur gleichen Zeit, im Jahr 1878, als der Druck des Spingeser Schlachtliedes veröffentlicht
wurde, ein älterer Druck des Liedes mit dem Titel Kriegslied eines Tyrolers im Landsturm
anno 1797 zum Vorschein kam. Zwei Informationen enthält sein Artikel nicht: den Ort,
an dem der ältere Lieddruck auftauchte, und den Namen des Lied­verfassers.
Ebd., S. 528.
Goedeke/Goetze: Grundriß zur Geschichte der Deutschen Dichtung (wie Anm. 6), S. 681.
13
Anon. [An der Lahn?]: „Schießstandnachrichten und Schützenwesen“, in: Bote für Tirol und Vorarlberg 64 (1878), Nr. 240, Innsbruck, Freitag 18. Oktober 1878, o. Sz.
11
12
100
Kapitel 5
Dieser ältere Druck mit dem Titel Kriegslied eines Tyrolers im Landsturm An. 1797 ist
heute in der Sammlung Dipauliana erhalten, darüber hinaus befinden sich weitere vier
identische Drucke im Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum. Der Lieddruck ­beinhaltet
Informationen zur Melodie des Liedes („Nach der bekannten Melodey: Jez wöll’n mier
gien den heilign Geist singen u. s. w.“), außerdem werden Dialektwörter in (den eingangs zitierten) Fußnoten erläutert. Letzteres entsprach anscheinend einer gängigen
Praxis, vor allem bei „offiziellen Kriegsliedern“, und ist heute noch in vielen Liedflugblättern zu finden. Weder das Jahr der Drucklegung noch ein Hinweis auf den Autor
sind auf dem Flugblatt vermerkt, sodass man den Titel des Liedes durchaus dahin­gehend interpretieren könnte, dass er auf die Anonymität des Verfassers („eines Tyrolers“) hinweist.
Als Ludwig von Hörmann im Jahr 1879, also ein Jahr später, im Tiroler Boten über
„Die tirolischen Kriegslieder aus den Jahren 1796, 1797 und 1809“14 schreibt, widmet
er sich ausführlich dem Spingeser Schlachtlied, wobei er seiner Analyse voranstellt:
Es ist zwar schon von anderer competenter Seite in diesem Blatte („Tiroler Bote“ 1878, Nr. 240) auf
dieses Lied und sein Verhältniß zu den damaligen Ereignissen Rücksicht genommen und dabei eine
theilweise Analyse desselben gegeben worden, aber ich muß nothgedrungen noch einmal ­darauf
zurückkommen, weil die vollständige Wiedergabe mir Gelegenheit bietet, die Haupt­momente jenes
Kampfes vorzuführen und auch das Verständniß des Nachfolgenden dadurch wesentlich erleichtert
wird.
Er untersucht anschließend hingebungsvoll Strophe für Strophe und führt in der Fußnote seine Quelle an:
Ich halte mich hinsichtlich des Textes an mein gedrucktes Exemplar aus dem Jahre 1797, das den
Titel führt: Kriegslied eines Tyrolers im Landsturm anno 1797. Nach der bekannten Melodey: Jez
wöll’n mier gien den heilign Geist singen u. s. w. Innsbruck, gedruckt mit Wagner’schen Schriften.
Hörmann betont, er zitiere aus „sein[em] gedruckte[n] Exemplar [des Liedes] aus dem
Jahre 1797“, womit er wahrscheinlich den Flugblattdruck aus der Sammlung Dipauliana meint. Die Jahreszahl im Titel des Liedes bezieht sich allerdings nur auf die Entstehung des Liedes und nicht zwangsläufig, wie Hörmann annimmt, auf das Jahr der
Drucklegung. Auch Hörmann nennt den Verfasser des Liedes nicht. Somit existierten
im Jahr 1879 also ein „alter“ Druck mit dem Titel Kriegslied eines Tyrolers im Landsturm
An. 1797 (mit Melodieangabe) und eine Neuausgabe des Spingeser Schlachtliedes mit
Noten. Der Name des Verfassers war immer noch unbekannt.
Erst elf Jahre später, im Jahr 1890, scheint erstmals der Name „Zoller“ auf, und zwar
in einer Rezension der vom Tiroler Schriftsteller Rudolf Heinrich Greinz (1866–1942)
herausgegebenen Lyriksammlung Liederfrühling in Tirol durch Adolf Pichler in der Zeitschrift Tiroler Stimmen. Pichler bemängelt in seiner Rezension u. a. Greinz’ Quellenangabe für das Spingeser Schlachtlied und dessen Unkenntnis des Verfassers Franz Karl
Zoller:
Ludwig von Hörmann: „Die tirolischen Kriegslieder aus den Jahren 1796, 1797 und 1809 (zum Jahrestage der Schlacht von Spinges am 2. April 1797) (Fortsetzung.)“, in: Amtsblatt zum Tiroler Boten,
Nr. 89, Innsbruck, 19. April 1879, S. 707.
14
Spingeser Schlachtlied
101
In meiner Jugend hörte ich alte Männer oft vom „Spingeser-Lied“ reden, konnte es jedoch nicht
erhalten. Unser verschütteter Quellenforscher war glücklicher. Er schreibt: „Ich fand dieses weit­
verbreitete Tiroler Volkslied als Flugblatt in der Dipauliana. Handschriftliche Notizen nennen einen
gewissen Zoller als Verfasser. Die vorliegende Fassung wurde aus dem Volksmunde aufgezeichnet.“ –
Richtig! Es wird jetzt wieder gesungen. Die Musikalien Handlung Groß ließ es nämlich vom
Kapellmeister Lutz für Gesang und Fortepiano einrichten und drucken. DA konnte es Greinz entlehnen und abschreiben, freilich klingt: „Aus dem Volksmund aufgezeichnet“ vornehmer! – „Ein
gewisser Zoller“ – Auf dem Exemplar der Dipauliana steht: „Zoller“; der Mann war damals zu
bekannt, als dass es eines Beisatzes bedurfte; der Bibliothekar Hörmann besitzt seine eigene Handschrift mit Bleistiftkorrekturen. Es wäre doch der Mühe Werth gewesen, zu erfahren, wer den [sic]
dieser Zoller war? Greinz brauchte sich nur umzukehren, auf dem Tische lag der Katalog tirolischer
Größen, der weitläufige Auskunft gibt. Doch genug.15
Adolf Pichler, der das Spingeser Schlachtlied in seiner Abhandlung von 1854 noch nicht
erwähnte, berichtet hier, er habe von diesem Lied schon in seiner Jugend gehört. Er
kritisiert Greinz für dessen Aussage, „die vorliegende Fassung wurde aus dem Volksmunde aufgezeichnet“, da er daraus schließt, Greinz würde behaupten, er habe das Lied
selbst „aus dem Volksmunde“ aufgezeichnet. Ferner übermittelt er die nicht uninteressante Information, dass Ludwig von Hörmann eine handschriftliche Aufzeichnung
des Liedes von Zoller mit dessen Bleistiftkorrekturen besitze und dass ferner auf dem
gedruckten Flugblatt der Name des Autors, nämlich „Zoller“, handschriftlich vermerkt
sei. Und in der Tat ist auf dem Dipauliana-Exemplar des Liedes handschriftlich und
mit brauner Tinte der Name „Zoller“ vermerkt, allerdings findet sich der Lieddruck in
einem Sammelband mit vielen weiteren Flugblättern, auf denen meistens die Verfassernamen ebenso handschriftlich und mit der gleichen braunen Tinte notiert sind. Dies
lässt auf nachträgliche Verfasserangaben schließen und nicht auf einen Autorenvermerk
von Franz Karl Zoller selbst. Beim Spingeser Schlachtlied könnte diese Verfasser­angabe
aufgrund des Druckbildes geschehen sein, denn die Sammlung Dipauliana enthält
ein Lied von „F. K. Z.“ (Franz Karl Zoller), das in seiner optischen Erscheinung dem
Druck des Spingeser Schlachtliedes sehr ähnelt: das Tiroler Schützenlied auf das große
Königliche Freyschießen zu Innsbruck, den 27. May im Jahre 1808 von F. K. Z.16 Im Jahr
1890 jedenfalls wurde die Autorenschaft Franz Karl Zollers als endgültig erwiesen angesehen.
Goedeke und Goetze fassen im Jahr 1898 das Wissen rund um das Spingeser Schlachtlied, oder auch Kriegslied eines Tyrolers im Landsturm An. 1797, zusammen und teilen
wertvolle Informationen über den Dialekt des Textes, die Melodie und den historischen
Entstehungskontext mit:
Nach der bekannten Melodey: Jez wöll’n mier gien den heiligen Geist singen u. s. w. Innsbruck
gedruckt mit Wagnerschen Schriften. 4 Bl. 8. (‚Jez wöll’n mar gien n’ Franzosen zü gög’n gien‘).
Anmerkung: ‚Die Mundart dieses Lieds ist meist aus dem Wippthalischen und aus der Gegend um
Störzing […] entnommen; und zugleich die eigentlich Tyrolische, indem selbe am wenigsten mit
den angränzenden ausländischen Sprachen vermengt ist‘. Kein eigentliches Schlachtlied, sondern
ein Siegeslied, das die angenommene Aufreibung und Verjagung der Feinde feiert, während der
Tag von Spinges selbst keinen Sieg bedeutete. Siegreich war erst am Tag darauf Laudon, der die
Adolf Pichler: „Verschollene Dichter. Ein Beitrag zur deutschen Literatur-Geschichte“, in: Tiroler Stimmen 30 (1890), Nr. 43, 21. Februar 1890, S. 1f.
16
TLMF, Dip. 535/24. Siehe auch Liedindex, Nr. 90.
15
102
Kapitel 5
Franzosen aus Bozen warf und gegen Brixen jagte. Das Vorbild ist ein schon am Ende des 18. Jahrh.
beliebtes und verbreitetes Volkslied, das aus dem Pusterthal zu stammen scheint, die Melodie wird
irrthümlich Johann Gänsbacher zugeschrieben, der neunzehnjährig bei Spinges mitkämpfte. Entstanden ist es, nach den zwei letzten Zeilen (‚Und du Lehrbach leb’ fein g’sund Steif und rund‘), zur
Zeit als der Hofcommissär v. Lehrbach von Innsbruck zum Reichfriedens-Congreß nach Rastatt
abberufen wurde oder als dessen baldige Abberufung wenigstens in Aussicht stand, als vielleicht
bei Gelegenheit des großen Freischießens, das die Landschaft ihm zu Ehren am 4. Juli 1797 in
Innsbruck gab, oder Anfangs November vor seiner Abreise (4. Nov.). Die Handschrift, wahrscheinlich die Druckvorlage, in v. Hörmanns Sammlung. Hörmann Nr. 88. 89. 90. 92. Als ‚Spingeser
Schlachtlied‘ herausgegeben von Cichna 1878, arrangiert von Komzak-Leiter; darnach auch in
Tiroler Kalender 1881, S. 51.17
Auch Goedeke und Goetze verweisen auf eine handschriftliche Aufzeichnung des Liedes im Besitz von Ludwig von Hörmann, doch diese gilt heute als verschollen, denn in
Hörmanns Nachlass ist sie nicht auffindbar.18 Ihre Informationen beziehen sich aber im
Wesentlichen auf den Flugblattdruck von 1797, wofür die Beschreibung des Dialekts,
in dem der Liedtext abgefasst ist, die Bezeichnung des Liedes als „Siegeslied“ und auch
die Melodieangabe „Nach der bekannten Melodey: Jez wöll’n mier gien den heiligen
Geist singen“ sprechen.
Die Nennung eines Liedincipits als Melodieangabe im Titel zeigt, dass es sich beim
Spingeser Schlachtlied um eine Kontrafaktur handelt. Den ursprünglichen Text zur
„bekannten Melodey“ gibt der Tiroler Mundartdichter, Dialektforscher und Volkskundler Karl von Lutterotti (1783–1873) in seiner Sammlung Gedichte im Tiroler Dialecte
(1854) wieder. Hier ist „Jatz wöll ma ge n heilig’n Geist singa wean ku“ unter dem Titel
Die Predigt abgedruckt, wobei Lutterotti von der Qualität des Liedes nicht überzeugt zu
sein schien, da er fast entschuldigend anmerkt, dass er es „nur des Dialectes wegen“ in
seine Sammlung aufgenommen habe:
Die Predigt. Im Dialecte der Umgegend von Schwatz.
Ein schon älteres bekanntes Gedicht, welches nur des Dialectes wegen hier ist.
Iatz wöll ma ge n heilig’n Geist singa wean ku
Aß ged jo di Prödig boil un
Müaß’n üns einchi gschlein
Kand üns ausgrein
Müaß’n noochi frog’n
Wooß ma z’thoan hob’n.
Und prödig’n wead a toill, toill
Gfoillt ma woill.
Schaugs, iatz sted a schoan ob’n bockstaar
Iisch eam die Kich no vitz z’ laar
Höbt gahling u za grein
Aß neamd mog daschein
S’üsch jo oills so laar
Wönns ausgstorb’n waar
Und prödig’n muaß a dechd, dechd
Gschicht eam rechd.
Goedeke/Goetze: Grundriß zur Geschichte der Deutschen Dichtung (wie Anm. 6), S. 680.
Siehe dazu z. B. das Nachlassverzeichnis im Forschungsinstitut Brenner-Archiv, Innsbruck: http://www.
uibk.ac.at/brenner-archiv/archiv/hoermannludwig.htm (30. 10. 2012).
17
18
Spingeser Schlachtlied
Dö Buab’n a da Puar Kirch do ob’n
Deaß’n bäurisch’n Limmil dö grobn
Treib’n nichs as Gschpaß
Drönga gor no Kaaß
Poats ös Lump’n duard
Loosts aff Goddas Wuard
Ai da Kirch gschpaß’n iisch a Graus, Graus
Scheats önk draus.
Und iatz moocht a in Vuartrog und Sootz
Aß iisch ai da Kirch no gnua Plootz
Ea poat a bißi still
O neamd mea kömar will
Sichts leicht oill rech schö
Vua da Kirch Thür stö
Und drauß d’ bleibn thoans dechd dechd
Iisch röcht schlechd.
Und iatz höbt a, un z’ larmar und z’ schrein,
Und pöldad, affs Kanzil doill drein
Buab’n loost ma recht
S’ged übas Waibar Gschlecht
Wail kod sö alloan
Go koa Guad wölln thoan
Und sog’n thuad as eana toill, toil
Gfoillt ma woill.
Obar a Thoal hob’n gnapfatzd und goand
Und a Thoal sö aff d’Stüal einchi gloand
Boills üba sö gead hea
Hob’n s’ go koa Ghea
Uebar onda Leüd
Hob’ns greaßdi Freüd
Und gnapfaz’n thoans dechd dechd
Döß iß gschlechd.
Und vuar ra in zwoat’n Thoal iatz bagind
Do nahm as liabar oillsomd bad Grind
Höbd iatz un za schrein
Ueba Tugendschein
Ueba Ukeischheid
Und Batrug und Neid
Und iatz looßts kod,
wia a haußt, haußt
As oan graußt.
Und boill hoild di Prödig wa für
Do kamar earst d’ Leud durch Kirch Thür
Hod schorf ochi gschaud
Sö decht nix z’frogn traud
Had liaba ochi gschria
Des kömmts woillta fria
Oba blibn iischa mäüsil still, still
Dößn iisch vill.19
Karl von Lutterotti: Gedichte im Tiroler Dialecte, Innsbruck 1854, S. 26–29.
19
103
104
Kapitel 5
Die Predigt beschreibt karikierend einen
Kirchgang auf dem Land. Der Beobachter
schildert den steif auf der Kanzel stehenden Pfarrer, der seinem Ärger Luft macht,
dass so wenige zu seiner Messe kommen.
Schadenfreude macht sich unter den
Mess­besuchern breit, weil der Gottesmann trotz der wenigen Zuhörer predigen
muss. Junge Burschen auf der Empore
treiben Späßchen und achten nicht auf
„Gottes Wort“, der Pfarrer versucht noch,
einige vor der Kirche stehende Gemeinde­
mitglieder in das Gotteshaus zu locken,
doch sie beachten ihn nicht. Er fängt
an, über die Verfehlungen der Frauen zu
schimpfen und zu schreien, was den Beobachter amüsiert. Er nimmt einige Frauen
im Kirchenraum wahr, die zu den Worten
des Pfarrers geistesabwesend zustimmend
nicken, obwohl gerade sie in der Predigt
Abb. 2: Das Spingeser Schlachtlied am 2. April 1797
gescholten werden. Andere lehnen gedan/ Dem tiroler Landsturm gewidmet, Innsbruck,
kenverloren in den Bänken. Der BeobCzichna: o. J. [1878] (Österreichische National­
bibliothek, Wien, Musiksammlung, MS27985-4°. 1 achter meint, dass Frauen wohl nur dann
interessiert zuhören, wenn es um andere
Mus).
und nicht um sie selbst geht. Inzwischen
kommt der Pfarrer in Fahrt und poltert über mangelnde Tugend, Unkeuschheit, Betrug
und Neid. Als sich nach der Predigt einige Leute erdreisten, doch noch die Kirche zu
betreten, erstarrt er endgültig vor Ärger. Der wie aus dem Leben gegriffene humorvolle
Text macht die Popularität des „Heiliggeistliedes“ nachvollziehbar, umso mehr, als auch
seine leicht­füßige und lebhafte Melodie, die später für das Spingeser Schlachtlied verwendet wurde, äußerst eingängig ist. Josef Feder merkt 1882 zur Melodie des Spingeser
Schlachtliedes an:
Man wird sich alsbald fragen: Was hat es für eine Weise? Von wem und wann ist es gedichtet? Den
ersten Punkt beantwortet das Lied selbst. Auf dem Titel des Flugblattes steht nämlich: „Nach der
bekannten Melodey: „Jetz wöll’n mar giehn ’n heilig’n Geist singen.“ Dieses sogenannte „heilig
Geistlied“ war nach Hörmann Ende des vorigen Jahrhunderts ein weit verbreitetes Volkslied. Der
bekannte Dialektdichter Lutterotti stellt es wenig verändert in seine Sammlung als „ein schon älteres Lied.“ […] Einzelne Strophen erhielten sich lebend bis auf unsre Zeit, allein im ganzen konnte
man das Lied fürs Volk verloren geben, bis die Ausgabe Cichnas 1878 es wieder erweckte und die
Innsbrucker Liedertafel ihm glänzend zum Sieg verhalf.20
Josef Feder: „Über die tirolischen Kriegslieder der Jahre 1796 und 1797“, in: Karl Prochaska (Hg.):
Programm des k k Staats-Gymnasiums in Teschen für das Schuljahr 1881/82, Teschen 1882, S. 1–48, hier
S. 30f.
20
Spingeser Schlachtlied
105
Abb. 3: „Jatz müassn mir geahn ’n heilign Geist singen“, in: Alfred Quellmalz (Hg.): Südtiroler Volkslieder,
2. Band (wie Anm. 21), Nr. 149, S. 213. Transkription.
Auch Feder berichtet, dass sich das Lied ausschließlich in mündlicher Überlieferung in
der Bevölkerung erhielt und erst 1878 mit allen Strophen und seiner Melodie gedruckt
wurde (siehe Abb. 2). Wie populär das Lied war, zeigt sich nicht zuletzt daran, dass
man es auch noch in Alfred Quellmalz’ Südtiroler Sammlung von Tonaufnahmen aus
den Jahren 1940–1942 findet. Unter dem Incipit „Jatz müassn mir geahn ’n heilign
Geist singen“ ist es aus St. Walburg in Ulten erhalten, allerdings nur mit drei Strophen.
Quellmalz veröffentlichte eine Transkription seiner Tonaufnahme im zweiten Band seiner Sammlung Südtiroler Volkslieder von 1972 (siehe Abb. 3).21
Zurück zu Goedeke und Goetze und ihrer kurzen, aber prägnanten Darstellung des
Spingeser Schlachtliedes von 1898. Die Informationen zum Lied und besonders seine
Alfred Quellmalz (Hg.): Südtiroler Volkslieder. 2. Band: Jager und Wildschützen, Almleben, Heimatlieder,
Allgemeine Scherzlieder, Ketten- und ähnliche Lieder, Trachtenlieder, Kartenspiellied, Trink- und Reise­
lieder, Geistliche Parodien, Volkläufige Lieder aus Latsch, Besinnliche Lieder, Liebeslieder, Der Fenstergang
(Kiltlieder), Kassel u. a. 1972, Nr. 149, S. 213; Tonaufnahme Südtirolsammlung Quellmalz Nr. 1069,
2. Mai 1941. Zur Südtirolsammlung Quellmalz siehe Thomas Nußbaumer: Alfred Quellmalz und seine
Südtiroler Feldforschungen (1940–42). Eine Studie zur musikalischen Volkskunde unter dem National­
sozialismus, Innsbruck – Wien – München; Lucca 2001 (Bibliotheca Musicologica VI).
21
106
Kapitel 5
historische Einordnung scheinen plausibel. Interessant ist auch die Bemerkung, dass
man dem Tiroler Komponisten Johann Baptist Gänsbacher fälschlicherweise die Melodie zuschrieb. Unter der erwähnten Ausgabe „von Cichna“ ist jene der Innsbrucker
Lithographieanstalt von Carl Alfred Czichna (1842–1899)22 gemeint.
Die Innsbrucker Liedertafel – Das Spingeser Schlachtlied
und andere patriotische Tiroler Lieder
Als Arrangeure des Spingeser Schlachtliedes geben Goedeke und Goetze „Komzak-Leiter“
an. Josef Leiter und Karl Komzak waren wichtige Persönlichkeiten im Tiroler Musik­
leben. Josef Leiter (1830–1887) studierte an der Universität Innsbruck Recht sowie
Violine und Musiktheorie an der Schule des Musikvereins. Er wurde Beamter bei der
k. k. Kreisbehörde Innsbruck und war Mitbegründer des Cäcilienvereins und der Innsbrucker Liedertafel. Im Jahr 1880 wurde er in den Vorstand der Liedertafel gewählt und
leitete diese von 1881–1887 auch als Chormeister. Er schrieb zahlreiche Werke, neben
Märschen und Tanzmusik auch eine Messe und ein Requiem.23 Passend zur generell
nationalen Gesinnung der Liedertafel komponierte Leiter auch gerne patriotische Lieder, wie Mein Vaterland, mein Oesterreich, Der rothe Tiroleradler oder Du liebes, theures
Vaterland, und auch „Nationallieder“, zu denen seine Potpourris nach Tiroler Liedern
zählen.24
Karl Komzak jun. (1850–1905) wurde in Prag geboren. Er studierte am Prager Konservatorium und schlug, ebenso wie sein Vater, die Dirigenten- und Komponistenlaufbahn ein. Nachdem er ein paar Jahre als Primgeiger und Dirigent in Linz beschäftigt
war, wurde er in Innsbruck Militärkapellmeister und Chormeister der Liedertafel. Er
gilt als ein sehr produktiver Komponist und schrieb neben vielen Märschen und Tanzmusik eine Operette mit dem Titel Edelweiss. Komzak war der erste Militärkapellmeister
der Monarchie, der die Normalstimmung einführte. Er erfuhr posthume Würdigung
durch ein Ehrengrab am Wiener Zentralfriedhof. Unter seiner Führung erlebte die Innsbrucker Liedertafel eine richtiggehende Blütezeit.25
Der Männergesang diente zur Zeit des Nationalismus u. a. der moralischen Bildung, man sprach ihm einen positiven Einfluss auf die „Sittlichkeit“ und die Förderung der Kameradschaft zu. Die Lieder handeln oft von politisch-vaterländischen
Themen und angeblich typisch männlichen Tugenden, wie Kampfgeist, Treue, Ehre,
Siehe dazu Hildegard Herrmann-Schneider / Manfred Schneider: „Notendruck und Musikverlage“,
in: Projekt Musikland Tirol, Tiroler Musikatlas: www.musikland-tirol.at, http://www.musikland-tirol.
at/musikgeschichten/musikintirol/notendruckundmusikverlage/index.php#04a5bf9aa314b920e
(11. 01. 2012).
23
Walter Senn: „Leiter, Josef (1830–1887), Musiker“, in: Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–
1950, 5. Band, Lfg. 22, 1970, S. 114 (Onlinefassung); http://www.biographien.ac.at/oebl/oebl_L/
Leiter_Josef_1830_1887.xml (07. 05. 2012).
24
Wenzel-Josef Meindl (Hg.): Dr. Josef Alois Leiter, k. k. Bezirkshauptmann und Compositeur, Gründer der
Liedertafel, Innsbruck 1989, o. Sz., Abschnitt „Bisher aufgefundene Kompositionen“.
25
Andreas Bramböck: „Blasmusik in Tirol im 18. und 19. Jahrhundert“, in: Kurt Drexel / Monika Fink
(Hg.): Musikgeschichte Tirols. 2. Band: Von der frühen Neuzeit bis zum Ende des 19. Jahrhunderts, Innsbruck 2004 (Schlern-Schriften 322), S. 739–766, hier S. 745.
22
Spingeser Schlachtlied
107
Todesmut und Opferbereitschaft. Ein Gesangsverein war nicht nur eine Gemeinschaft
von Musikliebhabern, er war gleichzeitig eine Form der männlichen Freizeitgestaltung
und beruflichen Beziehungspflege und nicht zuletzt verstand man sich als aktiver Teil
der deutschenNatio­nalbewegung. Die Sängervereine waren ein stadtbürgerliches Phänomen, unter ihren Mitgliedern fanden sich mehrheitlich Bürger, Handwerksgesellen
und Studenten. Die Ursprünge des Repertoires der Männergesangsvereine liegen in
den „Vaterlandsliedern“ des frühen 19. Jahrhunderts, die vielfach von Teilnehmern der
Befreiungskriege, wie etwa Theodor Körner, geschrieben wurden. Ihr auffallend jugendlicher und euphorischer Ton übte besonders auf junge Sänger eine große Anziehungskraft aus und ohne Zweifel war Carl Maria von Webers Liederzyklus Leyer und Schwerdt
von 1814 richtungsweisend für den vierstimmigen Männergesang der Gesangsvereine.26
Betrachtet man das Repertoire der 1852 gegründeten Innsbrucker Liedertafel27 bis
1885, fällt auf, dass sehr viele Werke von Felix Mendelssohn-Bartholdy gesungen wurden.
Mendelssohn-Bartholdy war im Männerchorwesen ungemein beliebt.28 Aber auch Lieder
von Franz Abt und Franz Schubert sind im Repertoire zu finden, außerdem viele von
Julius Otto (1804–1877), der laut Dietmar Klenke in seiner grundlegenden Arbeit über
das deutsche Männergesangsvereinswesen „wie kein zweiter die attraktive Synthese von
kämpferischer Tatkraft, religiöser Bindung und populärem Nationalismus“ verband.29
Beliebt waren ansonsten Lieder von Franz Lachner und natürlich dem populären Carl
Maria von Weber.30 In den Programmen der Innsbrucker Liedertafel scheinen aber auch
Lieder tirolischer Herkunft auf: von Josef Pembaur (1848–1923), Ernst von Tschiderer
(1830–1916), Matthäus Nagiller (1815–1874) und Josef Leiter (1830–1887). In vielen
ihrer Lieder wird die „Andreas-Hofer-Zeit“ verherrlicht, z. B. in Tirol mein Vaterland
(Pembaur), Die Tiroler Schützenfahne oder Der rote Tiroleradler (Tschiderer). Von Anfang
an nahmen auch „Nationalgesänge“, traditionelle Lieder aus mündlicher Überlieferung
und „Tiroler Lieder“ einen wichtigen Platz im Repertoire ein.
Die Innsbrucker Liedertafel engagierte sich generell sehr für die Verbreitung und
Veröffentlichung patriotischer „Tiroler Lieder“. Neben Leiter und Komzak tat sich dabei
Johann Fuchs besonders hervor. Von ihm erschien schon 1862 in München eine Sammlung ächter Tiroler National-Lieder für vierstimmigen Männerchor.31 Johann Fuchs war
Mitglied des Musikvereins und der Liedertafel und laut Josef Pembaur „Violins­pieler,
Jodler, Gourmand und Hauptkassakassierer“.32 Er stellte seine Sammlung so zusammen,
dass jedes der sechs Hefte thematisch eine abwechslungsreiche Auswahl an Liedern bie-
Dietmar Klenke: Der singende „Deutsche Mann“– Gesangsvereine und deutsches Nationalbewusstsein von
Napoleon bis Hitler, Münster 1998, S. 1–46.
27
Siehe dazu Gretl Köfler: „Musik und politische Identität. Zur Organisationsgeschichte der Männer­
gesangsvereine in Tirol“, in: Kurt Drexel / Monika Fink (Hg.): Musikgeschichte Tirols. 3. Band: 20. Jahrhundert, Innsbruck 2008 (Schlern-Schriften 344), S. 53–71.
28
Mehr dazu bei Klenke: Der singende „Deutsche Mann“ (wie Anm. 26), S. 64.
29
Ebd., S. 110.
30
Laut der Vereinschronik 1855–1885, in: Wenzel-Josef Meindl: 130 Jahre Innsbrucker Liedertafel, älteste
Chorvereinigung der Landeshauptstadt. Festschrift, Innsbruck 1985 (TLMF, FB 60808).
31
Johann Fuchs (Hg.): Sammlung ächter Tiroler National-Lieder für vierstimmigen Männerchor, 6 Hefte,
München 1862 (Bayerische Staatsbibliothek, München, Mus.pr. 96-1, 6#1_00010. 9).
32
Josef Pembaur: Aus dem Leben eines Musikers, o. O. o. J. (Typografie im Archiv des Tiroler Landes­
konservatoriums, Innsbruck).
26
108
Kapitel 5
tet.33 Bezeichnenderweise wird das Spingeser Schlachtlied bei Fuchs nicht angeführt, was
wieder für die Tatsache spricht, dass das Lied zu dieser Zeit in der breiten Tiroler Öffentlichkeit noch so gut wie unbekannt war. Fuchs’ Sammlung beinhaltet neben typischen
„Tiroler Liedern“ mit den Themen Heimat, Liebe, Natur und das „einfache Leben“
auch „Freiheitslieder“ wie Anno Neun 34 und Der Tiroler Landsturm.35 Von Interesse sind
auch die Loblieder auf den Kaiser im ersten Heft mit den Titeln Liebe der Tiroler zu
ihrem Kaiser und Huldigungsjodler v. J. 1838. Vor allem der Huldigungs­jodler mit seiner
merkwürdigen Mischung aus christlicher Symbolik und patriotischer Kriegslied-Rhetorik ist als prototypisch für Huldigungslieder in Tirol anzusehen. Im Liedtext wird Tirol
gar als „Braut“ des Kaisers bezeichnet, die es zu beschützen gilt und für die man sich aus
Liebe zum Kaiser opfern würde (siehe Abb. 4):
Huldigungsjodler v. J. 1838
1. Wie ich den Erwählten liebe, bis zum Tode warm und treu,
denk ich mir, das uns’re Liebe zu dem Kaiser sei,
Ja so ist’s, ja so ist’s, wie eine Braut ist Tirol dem Kaiser
ist Tirol dem Kaiser angetraut, ist dem Kaiser angetraut.
Doi da di dia da-dia doi …
2. Wie ich die Geliebte schütze, mit der Liebe Heldenmuth,
geb ich trau’n für meinen Kaiser gern mein letztes Blut
Ja so ist’s, Ja so ist’s, wie ein Mann, stellt Tirol im Kampfe sich,
stellt Tirol im Kampfe sich voran, stellt im Kampfe sich voran.
Doi da di dia da-dia doi …36
Vergleichbare Loblieder auf den Kaiser finden wir auch bei Nationalsängergruppen,37 die
Sammlung von Fuchs ist aber eine der spätesten, die noch derartige Huldigungs­lieder an
den Kaiser enthält. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts sind in ähnlichen Samm-
Adolph Hofmeister gibt in seinem Musikalisch-literarischen Monatsbericht neuer Musikalien, musikalischer Schriften und Abbildungen für das Jahr 1862 (34. Jahrgang, Leipzig 1862) zwischen Februar und
Dezember 1862 die jeweils neu erschienenen Hefte der Fuchs-Sammlung samt Inhalt bekannt. In der
Ausgabe vom Februar 1862 (S. 31) nennt er das 1. Heft: Die Liebe der Tyroler zu ihrem Kaiser, Schnader­
hüpfel, Die Nachtigall, Huldigungsjodler v. J. 1838, Die Sennerin auf der Alm. In der Ausgabe vom März
1862 (S. 50) wird das 2. Heft genannt: Der lustige Jagabua, S’ Wiesal, Auf der Alm is koan Bleib’n, Oes
Bueben stellt’s enk her, Der verliebte Tiroler, in der Ausgabe vom April 1862 (S. 71) das 3. Heft: Sehnsucht
nach der Heimath, Der Jodler in der Glorie, Schützenlied v. Jahre 1838, Der Gemsenjaga, Die schönen Kitzbichler Madel’n, in der Ausgabe vom Juni 1862 (S. 113) das 4. Heft: Z’Lautabach hon i mein’ Strumpf
verlor’n, Die Erinnerung an das Jahr 1809, Die Mondscheinigkeit, Wöllt’s eppar an Hosenlupf wag’n, Auf
die drei schönsten Thäler im Unterland, in der Ausgabe vom August 1862 (S. 154) das 5. Heft: Die loadige Sennerin, Vater, wann gibst ma denn’s Hoamat’l, A Bussal, Du flachshorats Dianal, Die Hochzeit auf
der Alm, und in der Ausgabe vom Dezember 1862 (S. 246) das 6. und letzte Heft: Fein sein bei’nander
bleib’n, Das Häuserl am Roan, Die Freud auf der Alm, Der Kleeplatz, Der Tiroler Landsturm.
34
Siehe dazu Kapitel 15 in diesem Band.
35
Siehe dazu Sandra Hupfauf: „Der Tyroler Landsturm: Ein Nationalsängerlied und seine Reise durch die
amerikanische Popularmusik des 19. Jahrhunderts“, in: Thomas Nußbaumer (Hg.): Volksmusik in den
Alpen – Standortbestimmungen. Festschrift für Josef Sulz zum 80. Geburtstag, Innsbruck 2011 (Schriften
zur musikalischen Ethnologie 1), S. 255–279.
36
Fuchs (Hg.): Sammlung ächter Tiroler National-Lieder (wie Anm. 31), 1. Heft, S. 9–12.
37
Siehe dazu Kapitel 15 in diesem Band.
33
Spingeser Schlachtlied
109
Abb. 4: Huldigungsjodler v. J. 1838, in: Johann Fuchs (Hg.): Sammlung ächter Tiroler National-Lieder für
vierstimmigen Männerchor, München 1862, 1. Heft, S. 9 (Bayerische Staatsbibliothek, München, Mus.pr.
96-1, 6#1_00010. 9).
110
Kapitel 5
lungen und auch bei den Nationalsängern
keine Kaiserloblieder mehr zu finden.
Ein weiterer Notendruck, der sich in
die Reihe der patriotischen Tiroler Lieder­
sammlungen einfügt, stammt von Alexander Leitermayer: Tiroler Liederkranz
Potpourri nach Tiroler Alpenliedern zusammen gesetzt für Pianoforte (ca. 1890).38
Dieses Potpourri umfasst eine Auswahl
von beliebten Tiroler Liedern und wurde
bei Johann Gross in Innsbruck verlegt.39
Leitermayer (1826–1898) stammte aus
Wien und galt als „einer der vorzüglichsten Militär­kapell­meister seiner Zeit“.40 In
seiner Sammlung ist übrigens auch eine
Variation über das Spingeser Schlachtlied
zu finden, das wenige Jahre nach seiner „Wiederent­deckung“ zunehmend in
populären Tiroler Liedersammlungen aufscheint (siehe Abb. 5).
Abb. 5: Alexander Leitermayer (Hg.): Tiroler
Liederkranz Potpourri nach Tiroler Alpenliedern
Demgemäß enthält auch die Sammzusammen gesetzt für Pianoforte von Alexander Leilung der beliebtesten Tiroler Alpenlieder für
termayer Capellmeister des k. k. Infanterie Regiments
eine Singstimme mit Begleitung des PianoErzherzog Rainer, Innsbruck [ca. 1890], Titelblatt
forte oder der Guitarre,41 die etwa zur glei(Bayerische Staatsbibliothek, München, 4 Mus.pr.
chen Zeit in Innsbruck publiziert wurde,
31900#Beibd.31).
das Spingeser Schlachtlied. Von Interesse
ist, dass in beiden Sammlungen auch ein Lied über Josef Speckbacher (1776–1820),
neben Andreas Hofer ein maßgeblicher Anführer des Tiroler Aufstandes von 1809, aufscheint (siehe Abb. 6).42 Auch dieses Lied war bei Nationalsängergruppen gegen Ende
des 19. Jahrhunderts beliebt:
Alexander Leitermayer (Hg.): Tiroler Liederkranz Potpourri nach Tiroler Alpenliedern zusammen gesetzt
für Pianoforte von Alexander Leitermayer Capellmeister des k. k. Infanterie Regiments Erzherzog Rainer,
Innsbruck [ca. 1890] (Bayerische Staatsbibliothek, München, 4 Mus.pr. 31900#Beibd.31).
39
In Leitermayers Sammlung werden folgende Lieder zitiert: 1. Diandl wie ist mir so wohl, Auf den Bergen
in Tirol, 2. Andreas Hofer’s Tod, 3. Auf der Alm da gibt’s koa Sünd, 4. Ein Büchsal auf ’m Ruck’n, 5. Nur
einmal noch in meinem Leben Meine Heimath möchte ich sehen, 6. Zillertal du bist mei Freud, 7. Da Jagar
und die Sennerinn, 8. Bin a frischer Tiroler Bua, 9. Höttinger Vogelfangerlied, 10. Der Tiroler und sein
Kind, 11. Juhe Tiroler Land, 12. Das Speckbacherlied, 13. Tiroler Sennerlied, 14. Sehnsucht nach Tirol,
15. Tiroler Schützenlied von Anno 1838, 16. Spingeser Schlachtlied.
40
Emil Rameis: „Leitermayer, Alexander (1826–1898), Musiker“, in: Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950, 5. Band, Lfg. 22, 1970, S. 114 (Onlinefassung); http://www.biographien.ac.at/oebl/
oebl_L/Leiter_Josef_1830_1887.xml (07. 05. 2012).
41
Anon. (Hg.): Sammlung der beliebtesten Tiroler Alpenlieder für eine Singstimme mit Begleitung des Piano­
forte oder der Guitarre, 7 Bände, Innsbruck [ca. 1890], S. 14f. (Bayerische Staatsbibliothek, München,
4 Mus.pr. 47033-1/3), Andreas Hofer: 1. Band, Nr. 2; Speckbacher Lied: 4. Band, Nr. 38; Das Spingeser Schlachtlied: 5. Band, Nr. 44; Anno Neun bin i g’standen: 5. Band, Nr. 45; Der Wirt vom Sand:
5. Band, Nr. 54.
42
Siehe dazu Kapitel 15 in diesem Band.
38
Spingeser Schlachtlied
111
Abb. 6: Der Speckbacher (Singstimme und Gitarre), in: Anon. (Hg.): Sammlung der beliebtesten Tiroler
Alpenlieder für eine Singstimme mit Begleitung des Pianoforte oder der Guitarre, 4. Band, Innsbruck [ca.
1890], Nr. 38, S. 14f. (Bayerische Staatsbibliothek, München, 4 Mus.pr. 47033-1/3). Transkription.
112
Kapitel 5
1. Den Adler traf mein sich’res Rohr,
Den Gemsbock fehlt ich nie,
In Sturm und Wind stieg ich empor
Zur steilen Berges Höh’:
Und ohne Beute ging der Schütz’
Nie seiner Heimat zu.
Da bracht’ ein treues Mädchenaug’
Das wilde Herz zur Ruh’.
2. Der Feind rückt an!
So heisst’s im Land Tirol
Von Öst’reich los hinweg sein Nam’,
Sein gutes Recht gebt ihm den Todesstoss.
Das that mir in der Seele weh,
Mit mir mach wack’rem Mann;
Mit Hofer und dem Rothbart43 kühn
Frisch auf zum Kampf voran.
3. Zu Hall und Innsbruck floss das Blut,
Zu Sterzing und Melleck,
S galt ja unser höchstes Gut,
Drum stritten wir so keck,
Blutig schreiben wir es ein,
Der Feind verstand es gleich,
Tiroler Adler lebe hoch
Bleib treu bei Österreich.44
Im großen Gegensatz zu diesem sentimentalen „Salonschlager“ steht ein authentisches
Speckbacherlied aus der Zeit des Aufstandes, das Adolf Pichler in eben jenem Aufsatz
von 1854 überliefert, in dem er sich darüber beklagt, dass kein Lied über die Spingeser
Schlacht existiere. Dieses Lied, zu dem keine Melodie erhalten ist, heißt „Frisch auf,
frisch auf, Tyrolerbua“ und wurde später oft in lyrischen Sammlungen nachgedruckt,45
meist mit dem Hinweis auf Pichlers Schilderung, wie er auf das Lied gestoßen war:
Ein Lied von 1809 kann ich mittheilen. Die Erzählung, wie ich es erhalten, dürfte für die Ächtheit desselben Bürgschaft leisten. Zu Absam hörte ich von einem alten Soldaten, welcher 1809
mitgefochten habe und jetzt noch im Wirthshause, wenn er erst ein paar Gläser getrunken, mit
anderen Veteranen ein Lied vom Speckbacher singe. Ich ließ ihn, weil ich es zu erhalten wünschte,
zu mir einladen, allein er meinte, man wolle ihn nur ve[x]ieren, und erst der freundlichen Wirths­
tochter gelang es, ihn endlich vom Gegentheil zu überzeugen. Ich ersuchte ihn nun, das Lied
vorzutragen, damit ich es auffschreiben könne, er jedoch erwiederte auf meine Bitte: „Mit dem
Sagen ist es nichts, man muß es singen, denn die Arie gehört auch dazu.“ Nun trug er es mit einer
etwas rostigen Stimme vor. Als ich ihn um den Ursprung desselben fragte, gab er an, er habe es im
Neunerjahr zu Hall von Pfannhäusern – so heißen die Salinenarbeiter – gehört, die es oft gesungen
hätten.
Mit „Rothbart“ ist der Kapuzinerpater und Freiheitskämpfer Joachim Haspinger (1776–1858) gemeint.
Anon. (Hg.): Sammlung der beliebtesten Tiroler Alpenlieder (wie Anm. 41), 4. Band, Nr. 38, S. 14f.
45
Z. B. in Heinrich Rudolf Hildebrand (Hg.): F. L. von Soltau’s Deutsche Historische Volkslieder, Zweites
Hundert. Aus Soltau’s und Leyser’s Nachlaß und anderen Quellen, Leipzig 1856, S. 447–449.
43
44
Spingeser Schlachtlied
113
Frisch auf, frisch auf, Tirolerbue!
Geh, richt dier jetz dein Stutz’n zue,
Hast du ihn nit im Hause mehr,
So hol ihn nur vom Wald daher.46
Die Szene, die Pichler beschreibt, ist amüsant und aufschlussreich. Er bittet den ehemaligen Freiheitskämpfer, ihm das Lied „vorzusagen“. Dieser besteht jedoch darauf, das
Lied vorzusingen, da die „Arie“ (die Melodie) ja auch zum Lied gehöre. Pichler schildert
zwar launig die „rostige Stimme“ des alten Kämpfers, geht aber mit keinem Wort darauf
ein, wie das Lied geklungen hat, auch nicht auf die Melodie des Liedes. Möglicherweise
hörte er eine traditionelle, bekannte oder zumindest eingängige Melodie, die ihm nicht
weiter erwähnenswert schien.
Vergleicht man das Tiroler Lied Der Speckbacher mit dem von Pichler aufgezeichneten „authentischen“ Lied „Frisch auf“, so fallen die pathetischen Formulierungen des
Tiroler Liedes umso mehr ins Auge. Ein „treues Mädchenaug“ bringt ein „wildes Herz
zur Ruh“, Adler und Gemsböcke tummeln sich im Lied, Sturm und Wind und steile
Berge bieten dazu die Kulisse, wie auch heute noch in manchem volkstümlichen Schlager. In der letzten Strophe versucht der Verfasser noch ein typisches Merkmal wirklicher
historisch-politischer Lieder zu imitieren, indem er Kriegsschauplätze aufzählt: „Zu Hall
und Innsbruck floss das Blut, / Zu Sterzing und Melleck“.
Sämtliche „Alpenlieder“- oder „Nationallieder“-Sammlungen enthalten patriotische
Lieder über den Tiroler Aufstand von 1809, zudem wurden immer wieder neue Lieder
zu diesem Thema komponiert. Zu nennen sind in diesem Zusammenhang beispielsweise
die Sammlungen 45 Tiroler National-Lieder: für Sopran, Alt, Tenor und Bass, arrangiert
von J. F. Lutz,47 oder Dreißig Tiroler National-Lieder für vierstimmigen Männergesang.48
In der bereits erwähnten anonym herausgegebenen Sammlung der beliebtesten Tiroler
Alpen­lieder für eine Singstimme mit Begleitung des Pianoforte oder der Guitarre, erschienen um 1890 bei Johann Gross in Innsbruck, finden wir die beliebtesten und gängigsten
Lieder über die Aufstände in Tirol, authentische und neu komponierte, nebeneinander:
Andreas Hofer, Speckbacher Lied, Das Spingeser Schlachtlied, „Anno Neun bin i g’standen“,
Der Wirth vom Sand.49 Von letzterem seien hier ein Notenbeispiel (siehe Abb. 7) und der
Text angeführt. Es stammt von Josef Blumlacher (1827–1907), einem Gitarristen, Zitherspieler und Instrumentallehrer, der angeblich zeitweise auch in Innsbruck lebte:50
Der Wirth vom Sand
1. Tief in Tirol drein wia von Gott bewacht,
weit weg vom Stadtgewühl von Glanz und Pracht,
a kloanes Dörfel nur auf Stoan und Kies
dös ischt mei Heimath ischt mei Paradies!
Pichler: „Tirolische Kriegslieder“ (wie Anm. 10), S. 529f. Mehr dazu in Kapitel 9 in diesem Band.
J. F. Lutz (Hg.): 45 Tiroler National-Lieder: für Sopran, Alt, Tenor und Bass arrangiert von J. F. Lutz,
Innsbruck o. J.
48
Johann Gross (Hg.): Dreißig Tiroler National-Lieder für vierstimmigen Männergesang […], Innsbruck
o. J.
49
Siehe Anon. (Hg.): Sammlung der beliebtesten Tiroler Alpenlieder (wie Anm. 41).
50
Josef Focht (Hg.): Bayerisches Musiker-Lexikon Online, http://www.bmlo.lmu.de/b1869, Suchbegriff:
„Blumlacher, Josef “ (17. 01. 2012).
46
47
114
Kapitel 5
denn was das Vaterherz sich nur begehren kann
hab i dort alles g’habt i war a reicher Mann!
Von Weib und Kinder g’liebt in Freundschaft wohl bekannt,
kurzum a Glückskind war der Wirth vom Sand!
2. Und von des Hofers Glück beschenkten Tag’n,
kann a dös woas i gwiss koa Armer sag’n,
dass er mir larer Hand ean furtg’schickt hätt’
wofür er eam a Vater unser bett.
Wie viele Seitel Wein seins, bei eam schuldig blieb’n,
wann sie um Rath und That zu eam dö Noth hat trieb’n.
Er hat koa Kreiden braucht, dös war für eam a Schand
mit Freuden g’holfen hat der Wirth vom Sand.
3. Un weil der Hofer Freundschaft Liab hat baut,
ischt’s Liab und Freundschaft a dö eam vertraut,
das ganze Land hat sich mit eam vereint,
und truzt dem Schicksal, truzt dem ärgschten Feind!
Ja wie zum Kirchtagfescht oder zur Hochzeit sein
dö braven Landsleut mit in Kampf und Tod hinein!
Es gilt ja’s Kaiserhaus und’s liabe Vaterland!
Drum folgen alle gern dem Wirth vom Sand!
4. Ob’s aber ausgeht wia der Hofer denkt,
ob zum Tiroler Glück sich Alles lenkt,
dös steht bei Jenen nur auf dö i bau.
Bei Gott den Herrn und unsrer liaben Frau.
Für uns hat Gottessohn ertragen jeden Schmerz.
Und trifft des Feindes Blei mei treu’s Tiroler Herz,
Mein Leben ischt von Gott, i legs in seine Hand,
auf seinen Ausspruch wart der Wirth vom Sand.
5. Und wenn der Hofer Morgen nit mehr lebt,
wenn schon sein Geischt sich zum Himmel hebt,
hat er das Land befreit von Feindes Joch.
So denkt an eam wohl a dö Nachwelt noch.
Er war a Landwirth nur a Bauer schlicht und fescht,
doch seine G’sinnung war ganz g’wils dö allerbescht!
Nit nur Tirol alloan, das ganze deutsche Land,
es trauert herzlich um den Wirth vom Sand.51
Die Lieder Der Speckbacher und Der Wirth vom Sand stehen in keinem direkten Bezug
zu den Aufständen. Sie wurden erst Ende des 19. Jahrhunderts komponiert in der
Absicht, den Andreas-Hofer-Mythos kommerziell zu nutzen. Stilistisch zeichnen sie sich
durch eingängige, aber eher sentimentale Melodien und kitschige Texte aus. Im Wirth
vom Sand lebt Hofer gottesfürchtig und die Armen verköstigend mit seiner glücklichen
Familie in einem kleinen dörflichen Paradies und wird schließlich ein Märtyrer seiner
Heimat.
Die Sammlung der beliebtesten Tiroler Alpenlieder war wohl wirklich sehr beliebt. So
finden sich im Vollständigen Verzeichnis des Musikalien-Verlages Johann Gross (S. A. Reiss)
Anon. (Hg.): Sammlung der beliebtesten Tiroler Alpenlieder (wie Anm. 41), 5. Band, Nr. 54, S. 23f.
51
Spingeser Schlachtlied
115
Abb. 7: Der Wirth vom Sand (Singstimme), in: Anon. (Hg.): Sammlung der beliebtesten Tiroler Alpenlieder
(wie Anm. 41), 5. Band, Nr. 54, S. 23–25. Transkription.
116
Kapitel 5
Innsbruck 52 unter „Gesang“ die Unterteilungen „Männerchöre. – Gemischte Chöre“,
„Gesänge für 1 und 2 Singstimmen“ und „Sammlung der beliebtesten Alpenlieder“.
Die Alpenlieder umfassen zwar nur sechs Bände, wurden aber als eine eigene Kategorie
behandelt, was auf ihren großen Stellenwert schließen lässt.
Resümee
Das Spingeser Schlachtlied ist das bekannteste Lied der Tiroler Landesverteidigung von
1796/1797. Da es eines der wenigen mündlich tradierten Lieder ist, zu denen auch eine
Melodie erhalten ist, gehört es zu den bedeutendsten Liedern aus der Zeit der kriegerischen Auseinandersetzungen mit den Franzosen und Bayern. Adolf Pichler kannte im
Jahr 1854 das Spingeser Schlachtlied noch nicht, weshalb es in seiner ersten Abhandlung
über „Tirolische Kriegslieder“ fehlt. Erst 24 Jahre später, im Jahr 1878, erfahren wir von
der Existenz des Spingeser Schlachtliedes, als Karl Komzak und Josef Leiter eine vollständige Ausgabe des Liedes veröffentlichten. Der Autor des Liedtextes war zu dieser Zeit
noch nicht bekannt.
Bis 1878 wurden einzelne Strophen des Liedes anscheinend vor allem in Schützen­
kreisen gesungen, der breiten Bevölkerung war es aber nicht mehr geläufig. Dafür
spricht auch der Umstand, dass das Lied in keiner Nationalsängerliedersammlung aufscheint. Insbesondere die reisenden Sängergruppen hätten das Spingeser Schlachtlied
in ihr Repertoire aufgenommen, wäre es allgemein bekannt gewesen. Als das Spingeser
Schlachtlied im Jahr 1878 veröffentlicht wurde, tauchte gleichzeitig ein älterer Druck des
Liedes mit einer Melodieangabe unter dem Titel Kriegslied eines Tyrolers im Landsturm
An. 1797 auf, allerdings ohne Hinweis auf den Autor. Ein Jahr später gab Ludwig von
Hörmann an, bei diesem Druck handle es sich um „sein gedrucktes Exemplar aus dem
Jahre 1797“. Allerdings muss sich die Jahreszahl im Titel nicht zwangsläufig auf die
Drucklegung des Liedes beziehen, sondern kann auch das Entstehungsjahr bezeichnen.
Auch Hörmann nennt den Verfasser des Liedes nicht.
Erst elf Jahre später, im Jahr 1890, wird Franz Karl Zoller als der Urheber des Liedes
genannt, und zwar in einer Kritik von Adolf Pichler in der Zeitschrift Tiroler Stimmen.
Pichler berichtet, Hörmann habe einen Druck des Liedes mit einem handschriftlichen
Verfasservermerk („Zoller“) sowie eine handschriftliche Version des Liedes besessen. Die
Handschrift ist heute verschollen, doch der Druck befindet sich zusammen mit vier
weiteren identischen Drucken im Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum. Der Verfasservermerk dürfte allerdings erst später hinzugefügt worden sein. Für die Verfasserschaft
Zollers spricht somit vor allem die von Pichler überlieferte Aussage Ludwig von Hörmanns von ca. 1890.
Infolge der Drucklegung der von der Innsbrucker Liedertafel initiierten Ausgabe
des Spingeser Schlachtliedes von 1878 wurde das Lied nun häufiger publiziert. Es wurde
zu einem „Tiroler Lied“ und fand Eingang in diverse Sammlungen. Wie bei Männer­
gesangsvereinen damals üblich, pflegte auch die Innsbrucker Liedertafel nach dem Vorbild der deutschen Liedertafeln deutsches patriotisches Liedrepertoire. Die ebenfalls
Vollständiges Verzeichnis des Musikalien-Verlages Johann Gross (S. A. Reiss) Innsbruck, Leipzig [ca. 1905]
(TLMF, FB 31742).
52
Spingeser Schlachtlied
117
von Mitgliedern der Innsbrucker Liedertafel herausgegebenen alpenländischen Lieder
und patriotischen „Tiroler Lieder“ sind als regionale Varianten des patriotischen Lied­
repertoires zu sehen. Zusätzlich zu den älteren Liedern mit Bezügen zur Landesverteidigung 1796/97 und den Aufständen von 1809 entstanden nach und nach neue Lieder zu dieser Thematik. So finden sich im Repertoire der Männergesangsvereine auch
zahlreiche „falsche“ Andreas-Hofer-Lieder oder so genannte „Freiheitslieder“, wie Der
Speckbacher und Der Wirth vom Sand, zwischen durchaus „authentischen“ Liedern, wie
etwa Anno neun.
Die Kaiserloblieder, wie der Huldigungsjodler oder die Liebe der Tiroler zu ihrem
Kaiser, die wir bereits bei den Geschwistern Leo in den 1820er- und 1830er-Jahren
finden,53 verloren in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts an Popularität, die patriotischen Tiroler Lieder aber hielten sich u. a. wegen der großen Bedeutung der Männergesangsvereine bis in unsere Zeit.
Siehe dazu Kapitel 15 in diesem Band.
53
Kapitel 6
„Kron’ und Scepter glänzen wenig neben Dir, Maxmilian!“.
Empfindungen der Tyroler beym ersten Anblick ihres Königs
und Seiner durchlauchtigsten Familie
Silvia Maria Erber
Der dritte Koalitionskrieg gegen das napoleonische Frankreich war zwar nur von kurzer Dauer, doch von nachhaltiger Wirkung für das seit 1804 zum Kaisertum erhobene
Österreich unter Franz I. Nach der für Österreich verheerenden Schlacht von Austerlitz am 2. Dezember 1805 wurde am 26. Dezember der Pressburger Frieden zwischen
Österreich und Frankreich geschlossen. Österreich musste große territoriale Verluste
hinnehmen. Venetien, Istrien und Dalmatien fielen an das Königreich Italien, Tirol ging
an das neu gegründete Königreich Bayern. Damit begannen für die ehemalige gefürstete
Grafschaft Tirol und ihre Bevölkerung neun Jahre der „Fremdregierung“, die vom Aufstand 1809 kurzzeitig unterbrochen wurde.1
Ein bayerisches Nationallied für Tirol
Während am 22. Jänner 1806 in Tirol das königliche Besitzergreifungspatent verlautbart wurde, fand am 11. Februar die eigentliche Übernahme Tirols durch das französische Heer statt. Schon einige Tage davor, am 3. Februar, veröffentlichte das Innsbrucker
Wochenblatt ein Schreiben des bayerischen Königs Maximilian Joseph I. (1756–1825)
und des Freiherrn Maximilian von Montgelas (1759–1838), datiert mit 14. Jänner und
gerichtet an die Gesandten der tirolischen Stände, in dem der König seiner Erwartung Ausdruck verleiht, dass die Tiroler dem bayerischen Königshaus die „gleiche Treue und Anhänglichkeit“ wie vorher dem habsburgischen Landesfürsten erweisen. König Maximilian versicherte den Tiroler Ständen und der Bevölkerung, dass er sie „bey ihrer Landesverfassung, ihren wohlerworbenen Rechten und Freyheiten kräftigst handhaben“ und
„ihren Wohlstand im höchsten Grade […] befördern“ werde.
Gleich im Anschluss an diesen Brief – und das interessiert an dieser Stelle besonders – sind die Strophen eines erst kurz zuvor entstandenen „Nationalliedes“, so die
Bezeichnung, wiedergegeben. Was der Abdruck eines bayerischen Nationalliedes in
einer Zeitung eines eben annektierten Territoriums bezweckt, wird im Artikel selbst
dargelegt:
In Bayern ist ein N a t i o n a l l i e d hergestellt worden, in welchem nicht nur der schöne Wunsch:
G o t t e r h a l t e u n s e r n F ü r s t e n u n d S e g e n ü b e r i h n ! laut athmet, sondern
auch Herzen zu Ergießung dankbarer Empfindungen einladet. Das stille Flehen und Bitten für
1
Helmut Rumpler: Eine Chance für Mitteleuropa. Bürgerliche Emanzipation und Staatsverfall in der Habsburgermonarchie 1804–1914, Wien 2005 (Österreichische Geschichte), S. 63f.
120
Kapitel 6
den besten Fürsten und König zum Allvater um Segen und Wohlfahrt wallt laut darin auf, und
erfüllt die Herzen in Erkenntnis der wohlthätigen Handlungen, welche Seine Regierung so würdig
bezeichnen, immer mit neuer Liebe gegen Ihn.2
Zu einer Zeit, als man Lieder mit patriotischen Inhalten u. a. zur Kriegsmobilisierung
und Verbreitung der nationalen Idee einsetzte,3 wollte auch das neu gegründete Königtum Bayern dieser Entwicklung offensichtlich nicht nachstehen und bemühte sich um
die Verbreitung seiner „Königshymne“. In Großbritannien wurden patriotische Gefühle
bereits seit der Mitte des 18. Jahrhunderts beispielsweise durch Rule Britannia, oder ab
etwa 1800 durch God save the King (bzw. God save the Queen), ausgedrückt, in Frankreich sangen die Revolutionäre die Marseillaise und selbst in den habsburgischen Ländern war 1797 eine patriotische Volkshymne, die Kaiserhymne „Gott erhalte Franz, den
Kaiser“, in Auftrag gegeben worden.4 Franz Graf von Saurau, der Regierungspräsident
Niederösterreichs, der die Schaffung eines „Nationalliedes“ in den Tumulten des ersten
Koalitionskrieges gegen Frankreich 1797 angeregt hatte, begründete 1820 im Rückblick
den Zweck eines „Nationalliedes“ wie folgt:
Oft habe ich bedauert, daß wir nicht gleich den Engländern ein Nazionallied hatten, das geeignet
wäre die treue Anhänglichkeit des Volkes an seinen guten und gerechten Landesvater vor aller Welt
kund zu thun, und in den Herzen aller guten Österreicher jenen edlen Nazionalstolz zu wecken,
der zur energischen Ausführung jeder von dem Landesfürsten als nützlich erkannten Maßregel
unentbehrlich ist. Dieß schien mir besonders in dem Zeitpunkte notwendig wo die Revoluzion in
Frankreich am heftigsten wüthete und die Jakobiner sich mit der vergeblichen Hoffnung schmeichelten, unter den guten Wienern Anhänger und Theilnehmer ihrer verbrecherischen Anschläge
zu finden.5
Dass sich Nationallieder bzw. Hymnen als Identifikationssymbole für die Untertanen
eigneten, erkannte man auch im Königreich Bayern. Das im Innsbrucker Wochenblatt
abgedruckte bayerische Nationallied wurde auf die Melodie von God save the King
gesungen und umfasst elf Huldigungsstrophen auf König Maximilian und seine Gattin:
Heil unserm König! Ewiger!
Umstrahle ihn mit Macht!
Den Menschlichen, den Edlen, der
Für seine Völker wacht.
Heil unserm König! Vatersinn
Glänzt mild aus seinem Blick.
Mehr als sein eignes freuet ihn
Der treuen Bayer [sic] Glück.
Heil unserm König! Hell zu seh’n,
Dazu rief er das Licht.
Innsbrucker Wochenblatt 8 (1806), 3. Februar 1806, o. Sz. [7].
Timothy Blanning: The Triumph of Music. Composers, Musicians and their audiences, 1700 to the present,
London 2008, S. 231–272.
4
Rumpler: Mitteleuropa (wie Anm. 1), S. 82f.
5
Zit. nach Thomas Leibnitz: „‚Gott! erhalte …‘. Joseph Haydns Kaiserlied und die Hymnen Österreichs“, in: Thomas Leibnitz (Hg.): Joseph Haydn. Gott Erhalte. Schicksal einer Hymne, Wien 2008,
S. 8–69, hier S. 8. Zur österreichischen Kaiserhymne siehe Kapitel 14 in diesem Band.
2
3
Empfindungen der Tyroler beym ersten Anblick ihres Königs
121
Wir dürfen frey und aufrecht steh’n,
Und es verdrießt ihn nicht.
Heil unserm König! Sicherheit,
Und Recht, dem Recht gebührt,
Das ist es, was sein Wink gebeut,
Wenn er den Degen führt.
Heil unserm König! Zuversicht
Gibt seinem Heer den Sieg;
Denn Max will ja das Unrecht nicht,
Führt nur gerechten Krieg.
Heil unserm König! Eine Welt
Voll froher Menschen nur
Ist es, worin er sich gefällt,
Wie Gott in der Natur.
Heil unserm König! Das Verdienst
Darbt nicht in seinem Land.
Dem Feiß [sic] winkt überall Gewinnst:
Drum regt sich jede Hand.
Heil unserm König! Bald erblüht
Ein jugendlich Geschlecht,
Das inniger für Wahrheit glüht,
Für Edelsinn und Recht.
Heil unserm König! Treu und hold
Schmiegt an den edlen Mann
Ihm, lohnend mit der Liebe Sold;
Sich K a r o l i n e an.
Heil unserm König! Heil dem Land,
Wo Bürgerglück gedeiht,
Wo jedes Herz und jede Hand
Der Liebe Samen streut.
Heil unserm König! Jeder gibt
Sein Leben für Ihn hin.
Wir fühlen es, daß Er uns liebt,
Und wir, wir lieben Ihn.6
Gerade im 1806 noch jungen Königreich Bayern wurde tatkräftig versucht, Musik in
den Dienst der Vaterlands- und Fürstenliebe zu stellen. Noch vor der Erhebung des
kurpfälzischen Bayern zum Königreich am 1. Jänner 1806 rief die Regierung „sich dazu
fähig fühlende Baier[n] zur Verfertigung eines bairischen Nationalgesanges“ auf, das auf
die bekannte englische Melodie God save the King zu dichten sei. Ein Professor Waldhauser bekam letztlich den Zuschlag für seine Dichtung „Heil unserm König! Ewiger!“,
die, vom bekannten Komponisten Abbé Vogler7 in Musik gesetzt, bereits am 2. Jänner
Innsbrucker Wochenblatt 8 (1806), 3. Februar 1806, o. Sz. [7]. Siehe auch Liedindex, Nr. 30.
Abbé Georg Joseph Vogler (1749–1814) war ein bekannter Komponist und Hofkapellmeister an mehreren Orten; vgl. Bernhold Schmid: „Die Musik“, in: Alois Schmid (Hg.): Handbuch der bayerischen
6
7
122
Kapitel 6
1806 ihre Premiere bei einem öffentlichen Aufzug in den Straßen Münchens hatte.8
Auch der Neustifter Stiftschorregent Wilhelm Lechleitner, von dem noch die Rede
sein wird, vertonte im Jahr 1809 fünf Strophen des Liedes für vier Vokalstimmen und
Orchester.9
Interessanter als der Inhalt, der sich von jenem anderer hymnenartiger Loblieder
nicht maßgeblich unterscheidet, ist die Tatsache, dass dieses Lied ganz offensichtlich
aus propagandistischen Gründen in einem Wochenblatt veröffentlicht wurde. Das
„National­lied“ stellte somit eine Art „Identifikationsangebot“ an die Bevölkerung des
annektierten Tirol dar und zeigt auf, wie sehr gerade um 1800 auch das Medium Lied
als Transmitter von nationalen Gefühlen verwendet wurde, wohlwissend dass eine politische Botschaft leichter rezipiert wird, wenn sie mit einer eingängigen, bereits bekannten Melodie verknüpft und gut gereimt ist.10
Musik als Teil politischer Zeremonielle
Zwei Jahre später, im Jänner 1808, bot der Besuch der bayerischen Königsfamilie den
Bewohnern Tirols die Möglichkeit, ihre Loyalität zum neuen Herrscher aktiv zur Schau
zu stellen. Aus einem Zeitungsartikel der Allgemeinen Zeitung München erfahren wir
Details zum Ablauf dieses politischen Festes. Obwohl, so der Autor, die „Regierungsänderung in Tyrol“ nicht „Wunsch der Tyroler“ gewesen sei (denn allein die „Gewalt der
Waffen konnte sie von einem Hause trennen, dem sie durch fünfthalbhundert Jahre mit
einer, ihrer Unerschütterlichkeit wegen zum Sprichworte gewordenen, Treue angehangen hatten“) und die ungünstigen wirtschaftlichen Umstände „keine heitere Volksstimmung“ in dem „unbedeutenden Gebirgslande“ aufkommen ließen, konnte man an der
„hochherzigen Biederkeit der Nation“ und „an der Wahrheit der Empfindung“, die sie
bei dem königlichen Besuch äußerte, „nicht zweifeln.“11 Mit hell erleuchteten Gebäuden, Menschenmengen, die die Straßen säumten, Transparenten und Inschriften wurde
die königliche Familie willkommen geheißen, als sie auf der Heimreise von Italien nach
München in Innsbruck Station machte. Nach zwei Tagen mit Empfängen, Tanzdarbietungen und Ballveranstaltungen wurden an einem Abend bei Anwesenheit des Königs
und seiner Familie zwei Lieder gesungen: zum einen „unter lautem Jubel“ das „neue
Volkslied“ „Nicht Gold, nicht stolzer Städte Pracht“,12 das auch schon anlässlich des
Geschichte. 4. Band: Das neue Bayern. Von 1800 bis zur Gegenwart. 2. Teilband: Die innere und kulturelle
Entwicklung, München 2007, S. 687–712, hier S. 689. Siehe weiterführend Kapitel 4 in diesem Band.
8
Robert Münster: „Das Musikleben in der Max-Joseph-Zeit“, in: Hubert Glaser (Hg.): Krone und Verfassung: König Max I. Joseph und der neue Staat. Beiträge zur Bayerischen Geschichte und Kunst 1799–1825,
München 1980 (Wittelsbach und Bayern 3/1), S. 456–471, hier S. 464f.
9
Siehe Hildegard Herrmann-Schneider: „Andreas Hofer und die Tiroler Freiheitskämpfe als musikalisches Sujet. Ereignisse – Heldentum – Erinnerung“, in: Der Schlern 83 (2009), Heft 7: Juli, S. 4–53,
hier S. 51.
10
Über die Entstehung von Nationalhymnen im Zeitalter des Nationalismus siehe Wolfgang Dietrich:
„Hymne und Nation – eine politikwissenschaftliche Sicht“, in: Ursula Hemetek (Hg.): Die andere
Hymne. Minderheitenstimmen aus Österreich, Wien 2006 (IDI-Ton 31), S. 27–41.
11
Allgemeine Zeitung München, Nr. 16, 16. Jänner 1808, S. 63.
12
„Nicht Gold, nicht stolzer Städte Pracht“ wird in den Quellen oft als „Volkslied für Bayern“ bezeichnet:
„Nicht Gold, nicht stolzer Städte Pracht. / In weiter Länder Schooß, / Nicht theurer Sieges-Lorbeer
Empfindungen der Tyroler beym ersten Anblick ihres Königs
123
Namensfestes des bayerischen Königs am 13. Oktober 1807 in Innsbruck aufgeführt
worden war,13 und zum anderen das Lied Empfindungen der Tyroler beym ersten Anblick
ihres Königs und Seiner durchlauchtigsten Familie. Letzteres dürfte wohl der performative
Höhepunkt des Abends gewesen sein, denn schwarz gekleidete Akademiker der Universität Innsbruck gestalteten singend einen Fackelzug durch die Stadt. Die Innsbrucker
Zeitung berichtete einige Tage später, am 18. Jänner 1808, detailliert über das „Bestreben der Akademiker, ihre Freuden-Gefühle an den Tag zu legen“:
Gegen 300 Akademiker unter der Anführung von drey aus ihrer Mitte, und aus den drey HauptNationen den Deutsch-Tyrolern, den Italienern, und den Schwaben gewählter Marschälle, alle
festlich gekleidet, und mit entblößten Degen, von 100 Fackelträgern begleitet, mit doppelter
abwechselnder Musik, zogen in schönen langen Reihen von der Universität durch die Stadt, auf
dem Rennplatz vor die königliche Burg. Hier traten sechs aus den drey Haupt-Nationen gewählte
Deputierte aus ihrer Mitte, die die höchste Gnade hatte, zur Audienz zu gelangen, Sr. Majestät dem
König drey für dieses Freudenfest verfasste und in Druck gelegte Gedichte14 […] zu überreichen,
und in einer kurzen Anrede die Freudengefühle der Akademiker über die Anwesenheit Ihrer Majestäten auszudrücken, sich und die ganze Universität der allerhöchsten Gnade zu empfehlen, und das
Gelübde des Bestrebens sich derselben würdig zu machen, vorzutragen. Sie wurden von Sr. Majestät
auf das huldvollste empfangen, und hatten das Vergnügen ihren Comittenten die tröstendsten Zusicherungen der allerhöchsten Gnade zu hinterbringen. Diese hatten sich indessen auf dem schönen
Platz zwischen der königl. Burg und dem Theater, in einem vom Fackelschein beleuchteten Kreis
gestellt. Die Zurückkunft der Deputirten, und ihr Bericht über die erhaltene gnädigste Aufnahme,
vorzüglich aber das Erscheinen Seiner Majestät des Königs, und Seiner Königlichen Hoheit des
Kronprinzen auf dem Balkon war das Signal zu einem allgemeinen Freuden-Geschrey; Hoch lebe
unser König! Unsere Königin! Unser Kronprinz! Die Prinzessin Charlotte! Riefen alle Stimmen,
und alles Volk, das in außerordentlicher Anzahl herbey geströmmt war, stimmte ein: dazu der frohe
Jubel der Menge, das Schwüngen der Hüte, das Degengeklirr der Akademiker, und das begleitende
Rauschen der Musik, alles das gab eine Scene, die in jedem Anwesenden den tiefsten rührendsten
Eindruck machte.
Nach dieser Darbietung unter Einbindung des schaulustigen Volkes waren die Akademiker an der Reihe, dem neuen König zu huldigen:
Nach gebothener Stille ward von den Akademikern das für diese Feyerlichkeit verfasste, und vom
Abbé Falk in Musik gesetzte Volkslied mit glücklicher Precision und auffallender Empfindung
gesungen. Nach dem Schlusse desselben begann von neuen ein anhaltendes Vivat Rufen, und der
Zug kehrte, unter fortwährendem Jubelgeschrey auf die Universität zurück, wo sie sich zerstreuten,
dann Gruppenweise die Strassen der Stadt singend und frohlockend durchzogen, und die allgemeine laute Freude bis tief in die Nacht noch rege erhielten.15
macht / Ein Volk beglückt und groß. / Das kann ein guter König nur, / Der für sein Heil stets wacht. /
Das Land, das Ihm die Treue schwur, / Ist wohl von Gott bedacht / Drum schütze Ihn, den deine Wahl. /
O Vorsicht! Uns bescheert, / Und schenk’ Ihm treuer Diener Zahl. / Des deutschen Namens werth. /
Beschütze auch des Thrones Glanz, / Die Fürstin schön und mild: / Des ganzen Hauses Blüthenkranz /
Nimm unter deinen Schild! / Und dann laßt ächten Biedersinn / uns üben wohlgemuth. / Von Lieb’
und Eintracht immerhin / Nicht achten Gut und Blut. / Für König, Gott und Vaterland / Fest stehn in
Freud’ und Noth. / Ein so durchschlung’nes heil’ges Band / Zertrennt auch nur der Tod“; siehe Baierische Nationalzeitung, Nr. 249, München, 2. Oktober 1807, S. 1023.
13
Münchener politische Zeitung, Nr. 266, 22. Oktober 1807, S. 1073.
14
Eines davon, die Weissagung der Musen, ist in der Innsbrucker Zeitung, 1. Februar 1808, abgedruckt.
15
Innsbrucker Zeitung, 18. Jänner 1808, S. 1.
124
Kapitel 6
Abb. 1: Das zweiseitige Flugblatt des Liedes Empfindungen der Tyroler beym ersten Anblick ihres Königs und
Seiner durchlauchtigsten Familie (Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck, Historische Sammlungen, Flugschriften).
An dieser Stelle folgt im Zeitungsbericht der Abdruck des erwähnten, von den Akademikern mit „glücklicher Precision und auffallender Empfindung“ vorgetragenen „Volksliedes“:
Empfindungen der Tyroler beym ersten Anblick ihres Königs
und Seiner durchlauchtigsten Familie
1. König! Seit wir Dich gesehen
So erhaben und so mild,
Fangen wir an zu verstehen.
Was es heisse: Gottes-Bild!
Nicht des Krieges Schlachtgeschicke,
Nicht ein siegelschwer Papier,
Nein, der erste Deiner Blicke,
Der dich uns gab, gab uns Dir.
CHOR
Sehen muss man unsern König:
Man sieht Ihm den Vater an;
Kron’ und Scepter glänzen wenig
Neben Dir, MAXMILIAN!
Empfindungen der Tyroler beym ersten Anblick ihres Königs
125
2. Zwar Dein Ruhm, der von den Lippen
Aller Deutschen Stämme klang,
Hallte lang an unsern Klippen
Mit der Baiern Dankgesang;
Doch wir sah’n Dich, und mit Freuden
Sehen wir nun lebhaft ein,
Warum Völker uns beneiden
Um das Loos, Dein Volk zu seyn.
CHOR wie oben.
3. Unbewacht mit all den Deinen
Kamst Du hold und zutrau’nsvoll.
Wie ein Vater, der zu seinen
Kindern kömmt, in Dein Tirol;
Von der hohen Stirne blinkte
Ein Gedanke: unser Glück!
Und zu jeder Hoffnung winkte
Uns empor Dein Vaterblick.
CHOR […]
4. Nicht im Diadem’, im Kreise
Der Familie kamst Du.
Dieser Anblick flüstert leise
Deinen stillen Wunsch uns zu:
So wie Deiner Caroline
Möchtest Du Tirols Dich freu’n;
Dir wie Carl und Caroline
Möchten die Tiroler seyn!
CHOR […]
5. O wie gleichst Du Deinen Ahnen,
Die so lang dies Land beglückt,
Die, wie du, in Unterthanen
Ihre Kinder nur erblickt!
Deine grosse Deutsche Seele
Braucht, und kennt Verstellung nicht;
Deine Liebe gibt Befehle;
Dafür bürgt dein Angesicht.
CHOR […]
6. Und des Hauptes freundlich Neigen,
Zu dem Volke rings um Dich,
Deine Hand, dein Aug’, dein Schweigen
Sprach so laut, so väterlich:
Ehmals wart ihr auch bey Baiern
Glücklich, Kinder! Denket nach!
Was euch Andex that, und Scheyern,
Diess und mehr thut WITTELSPACH.
CHOR […]
Sieh auch Du uns, Vater! König!
Sieh des Landes Kinder an!
Kindlich liebend, unterthänig
Sind sie; sey MAXMILIAN!16
Als Flugblatt im Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck (im Folgenden: TLMF), Sammlung von Drucken und Graphiken, ohne Signatur. Siehe auch Liedindex, Nr. 45. Eine Einspielung
16
126
Kapitel 6
Das Lied ist ein Beispiel für herrschaftliche Panegyrik, in deren Zentrum die Verherrlichung des Herrschers als Vaterfigur aus der Perspektive der Kinder, d. h. der Unter­
tanen, steht. Das Verhältnis zwischen dem König von Bayern und der Tiroler Bevölkerung gleiche einem Vater-Kind-Verhältnis, geprägt von Sorge um den „Nachwuchs“ auf
der einen, von Ehrfurcht und Respekt für das Familienoberhaupt auf der anderen Seite.
Bezweckt wird damit ein familiäres Bindungsgefühl bei den Tiroler Untertanen ihrem
in Wirklichkeit ungeliebten neuen Herrscherhaus gegenüber.
Abgesehen von dieser emotionalen Komponente trägt das Lied auch eine weniger
subtile Botschaft in sich, denn an zwei Stellen wird dem Zuhörer in Erinnerung gerufen, dass Tirol längere Zeit („O wie gleichst Du Deinen Ahnen, / Die so lang dies Land
beglückt“) ein Teil Bayerns war („Ehemals wart ihr auch bey Baiern“). Dies suggeriert
für Tirol und Bayern eine Art natürliches, von jeher so bestimmtes, auf Tradition beruhendes Gefüge, was prinzipiell ja auch auf Tatsachen beruhte. Während des gesamten
Frühmittelalters bis ins 12. Jahrhundert waren viele Gebiete des heutigen Tirol Teil
des Herzogtums Bayern. Erst die Schwächung des bayerischen Herzogtums ermöglichte
den Grafen von Tirol die allmähliche Schaffung eines eigenen Territoriums und letztlich
die Unabhängigkeit.17
Der Zeitungsbericht gewährt uns einen Einblick in das Zeremoniell eines propagandistisch inszenierten königlichen Empfangs, bei dem musikalische Darbietungen eine
wichtige Rolle spielten. Der Souverän wird nicht nur mittels eines eigens für den Anlass
gedichteten und komponierten Liedes gepriesen, sondern auch durch einen Fackelzug
festlich gekleideter Akademiker.
Die Frage nach den Verfassern des zweiten Liedes ist ungeklärt, wenn auch mehrmals
als Textdichter der Kapuzinerpater Benitius Mayr und als Komponist ein Pfarrorganist
namens Abbé Falk erwähnt wird.18 Während über letzteren keine weiteren Informationen gefunden werden konnten, wissen wir von Pater Benitius Mayr (1760–1826), dass
er als Theologe während der bayerischen Regierung die Lehrstühle für Ästhetik und
Philosophie an der Universität Innsbruck innehatte und Vorstand des Lyzeums war, als
die Universität geschlossen wurde.19
dieses Liedes befindet sich auf folgendem Tonträger: Institut für Volkskultur und Kulturentwicklung
(Innsbruck) / Institut für Musikerziehung in deutscher und ladinischer Sprache (Bozen) / Institut für
Geschichte und Europäische Ethnologie der Universität Innsbruck (Hg.); Zusammenstellung: Sandra
Hupfauf / Bernhard Sieberer: Lieder der „Freiheit“ (1796–1848). „Treue Tyroler reckn’s Prazl nit“, CD,
mit einem Booklet von Sandra Hupfauf und Silvia Maria Erber, Innsbruck 2008, Pro Cultura und
RCR, CD Nr. 0875, Track 17.
17
Reinhard Heydenreuter: Tirol unter dem bayerischen Löwen. Geschichte einer wechselhaften Beziehung,
Regensburg 2008, S. 9–37.
18
Beispielsweise bei Franz Hölbing / Wulf Stratowa (Hg.): 300 Jahre Universitas Oenipontana. Die Leopold-Franzens-Universität zu Innsbruck und ihre Studenten, Innsbruck 1970, S. 47f.
19
Weiß (Vorname nicht überliefert): „P. Philipp Benitius (Joseph) Mayr“, in: Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950, 5. Band, Wien 1972, S. 441 (Onlinefassung); http://www.biographien.ac.at/
oebl/oebl_M/Maier_Philipp-Benitius_1760_1826.xml (25. 08. 2013). Zur Rolle von Benitius Mayr
in der ersten Phase der Revolutionskriege siehe Roman Siebenrock: „Bis zum letzten Blutstropfen.
Tiroler Wehrhaftigkeit und die Verehrung des Herzens Jesu. Eine Spurensuche mit Blick auf 1809“, in:
Brigitte Mazohl / Bernhard Mertelseder (Hg.): Abschied vom Freiheitskampf? Tirol und ‚1809‘ zwischen
politischer Realität und Verklärung, Innsbruck 2009 (Schlern-Schriften 346), S. 347–369.
Empfindungen der Tyroler beym ersten Anblick ihres Königs
127
Preislieder außerhalb des Zeremoniells
Aus Anlass des Besuches der königlichen Familie in Tirol 1808 dichtete der Beamte
Franz Karl Zoller,20 der sich bis dahin schon mehrmals als begabter Gelegenheitsdichter
hervorgetan hatte, ein Dialektlied, das hier auszugsweise wiedergegeben sei:
Der Tiroler Bauer an seinen König.
Ein Lied in der Volkssprache auf die höchst erfreuliche Zurückkunft
Ihrer königlichen Majestäten und Sr. königl. Hoheit
des Kronprinzen aus Italien.21
1. Der Künig kümt aus Wälischland,
Gehts, lasst üns Vivat rüefen:
Laßt üns in s’ Karmesin-Gewand
Und g’schmizte Hosen schliefen.
Her mit n grünen Feyertag-Huet,
N Büschel und n Bendern,
Daß man Ihm decht an Ehr unthuet,
Wie’s Brauch ist in den Lendern.
2. Der Künig ist ä gueter Mun,
Wie alle grosse Herren,
Er hilft ja, wo er helfen kun,
Und mehr kunnst nit begehren:
Die Kreuzer, waiß Du wohl, braucht er a,
Hat gor ein graiß Hauswösen,
I wollt nit, daß i ini sach
Und müßt die Quittung lösen.22
3. Betrüegts mi, oder hör i recht,
Thüen nit die Pöller knallen?
Iz kümt er, wie, so rüehrts enk recht,
I hör schon s’ Posthorn schallen.
Dös ist der König und sein Frau,
Sein Mädel ä darneben,
Wiez, Bueben, thüets die Mäuler au,
Und rüefts, sie sollen löben.
4. Willkum mein Künig, ä willkum
In ünsern rauchen Thöldern,
Host Lähnen g’söchen um und um
Und Stainer öcher pöldern:
Zur Person von Franz Karl Zoller siehe Kapitel 5 in diesem Band.
Handschriftlich überliefert von Franz Karl Zoller selbst im TLMF, FB 1037/29. Publiziert in: Robert
Franz Arnold / Karl Wagner (Hg.): Achtzehnhundertneun. Die politische Lyrik des Kriegsjahres, Wien
1909 (Schriften des Literarischen Vereins in Wien 11), S. 221–225. Siehe auch Josef Feichtinger (Hg.):
Tirol 1809 in der Literatur, Bozen 1984 (Literarische Zeugnisse aus Tirol 4), S. 11–14. Siehe auch Liedindex, Nr. 89.
22
Dieses Lied, hier wiedergegeben in seiner Erstfassung, wurde später von Seiten der bayerischen Regierung zensuriert, wobei für mehrere Verse und Strophen Abänderungen verlangt wurden. Siehe dazu
Arnold/Wagner (Hg.): Achtzehnhundertneun (wie Anm. 21), S. 222. Die letzten vier Verse der zweiten
Strophe lauteten nach der Zensur folgendermaßen: „Höbt d’ Zöll au (ist kain Kinderey), / Ins Schwoben und ins Baiern, / Af alle Märkt bist Handel frey, / Mit Ochsen, Schaf und Korn“.
20
21
128
Kapitel 6
Bist g’fohren viel in Wasser, Schnee,
Und Koth, und tiefen Laisen,
Dös hätt i dier wohl g’sagt am eh,
Jez ist kain Zeit zun raisen.
[…]
12. Drum lieber Künig sey so guet,
Du kennst jez unsre Händel,
Die Herz ist ä von Fleisch und Bluet:
Erbarm dich übers Ländel.
Laß uns das Bißl Freyheit no,
Der z liab wir so viel leiden,
Ist dös hin, so geht alls bergo,
Bist du mit uns nit z neiden.23
[…]
15. Da freuet mi a Danzerl no,
Ein Spiel, ein Schaibenschießen,
Do muß i no auf Sprugg hin o
Und soll i kriechen müßen.
Dort wöll’n mier alle ins gesammt
Ach ünser Stimm erhöben:
Juhe Glück zue dem Vaterland,
Und Voter Max soll löben.24
Der Dichter der insgesamt fünfzehn Strophen schildert Tirol als ein unwirtliches
Gebirgsland und appelliert schließlich an König Maximilian, sich seinen tirolischen
Untertanen gegenüber menschlich zu verhalten. Der königliche Besuch wird als Freudenfest dargestellt, an dem alle begeistert teilnehmen sollen.
Zum Anlass des mehrtägigen Besuchs der bayerischen Königsfamilie erschienen weitere Loblieder. So ordnete kürzlich die Musikwissenschaftlerin Hildegard HerrmannSchneider zwei unsignierte Autographen in der Bayerischen Staatsbibliothek, die sich
inhaltlich auf den Königsbesuch im Jänner 1808 beziehen, dem Stiftschorregenten
Wilhelm Lechleitner (1779–1827) zu. Lechleitner war für die bayerische Regierung in
Tirol kein unbeschriebenes Blatt, wurde er doch infolge der Säkularisierung seines Stiftes, des Augustiner-Chorherren-Stiftes Neustift, zwangsversetzt und 1808 nach Brixen
an das Cassianeum (Kassian-Haus) geschickt.25 Die beiden Lieder, die jeweils an den
König Maximilian und an die Königin Karoline gerichtet sind, weisen, abgesehen von
ihrer offensichtlichen Intention, nur marginalen politischen Inhalt auf. Es finden sich
Die letzten vier Verse dieser Strophe lauteten nach der Zensur: „Ey ja, du werst uns gnädig seyn, / I sich
dir’s schon an die Augen, / Schaust ja so trui, so rödla drein, / Truz dem, der miers will laugnen“; siehe
Arnold/Wagner (Hg.): Achtzehnhundertneun (wie Anm. 21), S. 224.
24
Nach der Zensur: „Dein Prinz ist äch ä toller Bue, / Der Ruß hots schon derfohren, / Ist tapfer, wäx
und g’scheut darzue, / Als wie ä Mun von Johren. / Und wos mi no un meisten freut, / Er hot üns gar so
geren, / Drum krieg’n mir ainmal mit der Zeit / Den allerbösten Herren“; siehe Arnold/Wagner (Hg.):
Achtzehnhundertneun (wie Anm. 21), S. 225.
25
Eine kurze Biografie über Wilhelm Lechleitner findet sich bei Benno Rutz: Die Chorknaben zu Neustift.
Ein Beitrag zur Geschichte der Schule und der Musik in Tirol (Separatabdruck aus den Neuen Tiroler
Stimmen), Innsbruck 1911, S. 81–85.
23
Empfindungen der Tyroler beym ersten Anblick ihres Königs
129
darin die charakteristischen Topoi der herrschaftlichen Panegyrik jener Zeit, d. h. etwa
die Aufopferungs­bereitschaft der Untertanen und das Kind-Mutter-Vater-Schema. Wo
diese Lieder gesungen wurden, ob etwa im Beisein des Königs, oder ob sie möglicherweise an den König und seine Gattin gesandt wurden, lässt sich heute leider nicht mehr
eruieren.26
Und selbst Johann Friedrich Primisser,27 der uns bereits als Dialektdichter des weithin bekannten „Den Stutzen hear, beym Soggara“ begegnete, übte sich als Preiser des
bayerischen Königs in einem Lied, dessen Text nur handschriftlich überliefert ist (siehe
Abb. 2):
Ho! Vater Max! Viel tausendmal willkumm
Auf deutschem Boden, Bist wollta lang
Untern Wälschen gwesn; war uns fast bang
da drin, woast wohl geats bald krod und bald krum.
Es warn an etla Lötar drausen
Woas selber nit, wo sie alle hear seyn gschlossen
Und die ganze Vost [?] so zusammentroffen,
Die ließn di bitten, es mochta nit grausen,
Und möchst ihre Weisater28 nit verschmächen
Wenn sie die halt aa grad gar so gearn sächen.
Die Menscher habe sie a beysamm;
Aft ausser gsuecht haben sie nämla die Scheanz.29
Anders als andere Dichtungen Primissers wirkt dieser Text seltsam holprig, nicht gänzlich verständlich und auch unvollständig. Möglicherweise gingen die restlichen Strophen verloren. Inhaltlich entspricht der Text zwar einem Loblied, das offensichtlich
auf die Ankunft des bayerischen Königs in Innsbruck nach seiner Italienreise gedichtet
wurde. Der Stil jedoch wirkt wesentlich weniger pathetisch als jener in anderen Dichtungen, was vielleicht auch am Gebrauch des Dialekts liegen mag. „Ho! Vater Max!“
scheint weder öffentlich aufgeführt noch gedruckt worden zu sein, denn es ließen sich
weder Flugblätter noch sonst irgendwelche Hinweise auf eine weitere Verbreitung bzw.
Rezeption dieses Liedes finden. Angesichts seiner Form – als Handschrift auf einem
Lied an den König (Musik: Wilhelm Lechleitner, 1808): „Heil dem Tag, der aus den Wonneauen Welschlands uns den Vater wiederbringt! / Zwar bestürmt dich hier des Winters Grauen und ein Felsengurt,
der uns umschlingt, / doch du fühlst nur unsre warme Liebe, die für dich in jedem Busen schlägt, /
lohnst mit Huld die kindlich reinen Triebe, die zu dir ein spät’rer Sprößling trägt. / Nicht Pomonens
noch der Zeres Gaben, nicht Lyrens Nektar spendet dir diese Stadt, / das Beste, was wir haben, bied’re
treue Herzen, opfern wir. / Bald schenkt Segen unsern älter’n Brüdern deine Rückkunft, Wehmut
drückt Tirol, / doch ertönt aus Herzen, Mund und Liedern dir ein traulich deutsches Lebewohl“. Lied
an die Königin (Musik: Wilhelm Lechleitner, 1808): „‚Vielgeliebte‘ nennen mit Entzücken ­Bayerns
Söhne, unsre Brüder, dich, / an Tirols beeister Berge Rücken höret tausendfach dies Echo sich. /
Karoline, unsre Mutter, lebe lange glücklich für das Vaterland, / deiner treuen Völker Schutzgeist webe
um das Leben dir ein Freudenband. / Mutter, ach, in deiner Kinder Mitte weilt so kurz dein holder
Engelblick, / hör’ mit Himmelsmilde unsre Bitte: ‚Lass uns doch dein Mutterherz zurück‘!“; beides zit.
nach Herrmann-Schneider: „Andreas Hofer“ (wie Anm. 9), S. 52f. An dieser Stelle sind auch Fotografien der Autographen (mit Melodie) zu finden. Siehe auch Liedindex, Nr. 29 und 63.
27
Weitere biografische Angaben finden sich im Kapitel 1 in diesem Band.
28
Tirolischer Dialektbegriff für „Geschenke“.
29
TLMF, Dip. 1037/28. Siehe auch Liedindex, Nr. 156.
26
130
Kapitel 6
Abb. 2: Die handschriftliche und einzige Version von
„Ho! Vater Max!“ (Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck, Dip. 1037/28).
Abb. 3: Flugblatt: Tiroler Schützenlied auf das große
Königliche Freyschießen zu Innsbruck den 27. May im
Jahre 1808 (Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum,
Innsbruck, FB 2523/V).
Zettel, der rückseitig beschrieben ist – liegt die Vermutung nahe, dass Primissers Lied
bloß eine Notiz geblieben ist.
Abschließend sei noch ein weiteres, durchaus charakteristisches Loblied erwähnt,
das anlässlich des königlichen Besuchs in Tirol verfasst wurde und von den Schülern des
Kassian-Hauses in Brixen, dem damals übrigens Wilhelm Lechleitner vorstand, vorgetragen wurde:
Lied d. K. Zöglinge im Kassians-Haus zu Brixen
bey Gelegenheit der Rückkehr der Allerhöchsten Königl. Bayerischen Majestäten
aus Italien, 1808
O Freudentag voll Seligkeiten,
Voll Wonne, voll Vergnügenheiten,
Welch’ Andacht-Glut empfinden wir!
Sing’t Hain und Thal harmonisch’ Lieder,
Und Felsen sagt es Felsen wieder:
Wir seh’n den holden König hier, –
Den Vater, der uns Kinder liebt,
Uns Armen Brod und Bildung giebt.
O sing’t das zweyte Mahl ihr frohen Haine:
Und hall’t es wieder Felsen-Steine!
Die Mutter ist an Vaters-Hand.
Empfindungen der Tyroler beym ersten Anblick ihres Königs
131
Der Vater hier von weiten Reisen,
(Wie selig muessen wir uns preisen,
Wie selig unser ganzes Land!)
Die Mutter ist Begleiterinn,
Die liebste, theu’reste Koeniginn.
Erhabne, seh’t uns hier zu Fuessen!
O dürften wir die Haend’ Euch kuessen!
Nur Dank muß unser Opfer seyn:
Wir leben sonder Plag von Sorgen
Fuer Nahrung auf den naechsten Morgen
Von Eu’rer milden Huld allein.
Nehm’t unsern Dank als Opfer hin
Fuer Mutter-Herz, für Vater-Sinn! –
O seyd gesegnet im Vergnuegen!
Nie soll Euch Gram die Stirne pfluegen!
Begluecket sey das Bay’risch Haus!
Der Himmel hoer’ der Kinder Flehen,
Und gieß’ auf Euch stets Wohlergehen,
Und Gnad’ in reichen Stroemen aus! –
O Ewiger! „das bitten wir!“ –
Heil Königinn, Heil König Dir!30
Aus dem Jahr 1808 existierten Liedtexte zu zwei weiteren politischen Ereignissen, die
sich unter dem Begriff des „opportunen Singens“ einordnen lassen. Das erste Lied (siehe
Abb. 3) veröffentlichte Franz Karl Zoller im Mai 1808 zum Anlass des in Innsbruck
stattfindenden „Königlichen Freischießens“ – eine Veranstaltung, die volksfesthaften
Charakter hatte und deren Höhepunkt der Schießwettbewerb der Schützen darstellte.
In zwölf Strophen über einen Mann, der sich fröhlich aufmacht, um am Schießen teilzunehmen und vom fröhlichen Treiben erzählt, finden sich auch zwei panegyrische Strophen auf König Maximilian:
Der Länges ist umer, der Summer ist do,
Weib hol mier mein Stutzen, i mueß gien durcho,
Ze Sprugg ist ae Schießen, does bildst dier nit ein,
Der Kuenig geits selber: wie praechtig mueß s’seyn!
[…]
Das Gmäl un die Scheiben ist ä nit gor aus
Soll loeben der Künig, und s’kueniglich Haus,
So haißt’s ae der ersten: so wuensch’n mier insgs’amt
Max Joseph sey Voter fuer uens, und fuers Land.31
TLMF, FB 5011/4. Siehe auch Liedindex, Nr. 122.
Franz Karl Zoller: Tiroler Schützenlied auf das große Königliche Freyschießen zu Innsbruck den 27. May im
Jahre 1808 (TLMF, FB 2523/V). Siehe auch Liedindex, Nr. 90.
30
31
132
Kapitel 6
Musik als identitätsstiftendes Mittel
Das zweite Lied, bezeichnet als „Volks-Lied“, stammt von einem anonymen Dichter
und entstand zum Anlass der Fahnenweihe des neu eingerichteten bayerischen Bürgermilitärs in Innsbruck. Es wurde auf die damals bekannte Melodie „Am Rhein, am Rhein
da wachsen unsre Reben“32 gesungen und als Flugblatt verbreitet (siehe Abb. 4):
Volks-Lied, am Tage der Fahnenweihe des Bürgermilitairs von Innsbruck
gesungen im königl. Nationaltheater, […] Innsbruck am 10ten November 1808
Versammelt euch im frohbelebten Kreise,
Und trinkt vom besten Wein!
Stimmt an ein Lied nach deutscher Zecher Weise,
Und mischet Jubel drein!
Laßt, Bürger, laßt die Fahne Maxens wehen –
Nun unser Eigenthum!
Wenn wir einst für ihn fallen oder stehen,
So steht auch unser Ruhm!
Zu sterben ihm, so wie für ihn zu leben,
Ist beides unsere Pflicht.
Mag Feind um Feind sich gegen uns erheben,
Wir steh’n und zagen nicht!
Durch uns sind ja Altar und Heerd geborgen,
Und kömmts zur höchsten Noth –
So lassen wir den lieben Herrn Gott sorgen.
Lebt ja der alte Gott!
Kein Bürger wär; wer solche That nicht übte,
Und auch kein Biedermann!
Darum besteh’ das höchste der Gelübde
Für Maximilian!
Fürs Vaterland und für den Thron zu sterben,
Dieß sey nun unser Bund!
Die Fahne – kommt sie einst auf unsre Erben,
So thut sie’s ihnen kund:
So stoßt nun an, und laßt die Gläser klingen!
Es leb’ der König hoch!
Den schönsten Ruhm bey Welt und Nachwelt bringen
Die Bürgerkronen doch!
Und reift uns einst die allerletzte Traube,
Wenn wir am Grabe steh’n;
So soll dann auch der unbefleckte Glaube
Mit uns hinüber geh’n!33
Siehe dazu Kapitel 4 in diesem Band.
TLMF, FB 2523/IV. Siehe auch Liedindex, Nr. 62.
32
33
Empfindungen der Tyroler beym ersten Anblick ihres Königs
Das Lied wurde im Rahmen eines feier­lichen
Aktes im königlichen Nationaltheater in
Innsbruck zur Vereidigung des Bürgermilitärs gesungen. Das Bürgermilitär war von der
bayerischen Regierung angeregt worden und
diente weniger der militärischen Verteidigung, als vielmehr dem Ziel, ein gemeinbayerisches Landesbewusstsein zu schaffen. Obwohl die Männer des Bürgermilitärs Waffen
und Uniformen trugen, war ihre Hauptaufgabe sicherheitspolizeilicher und, nicht zu vergessen, repräsentativer Natur. Die Zugehörigkeit zum Bürgermilitär zählte laut Martin P. Schennach zu den „Ausdrucksformen bürgerlichen Selbstverständnisses und reflektierte
das Selbstbewusstsein der städtischen Honoratioren“ während der bayerischen Regierung
in Tirol.34 Die Strophen des „Volks-Liedes“
vermitteln die Werte eines Bürgers in einem
aufgeklärten absolutistischen Staat, wie es das
Königreich Bayern zu dieser Zeit war: Opferbereitschaft für das Vaterland und den König
(„Wenn wir einst für ihn fallen oder stehen, /
So steht auch unser Ruhm“) und Wille zur
steten Verteidigung des Landes aus einem
bürgerlichen Pflichtgefühl heraus („Kein
Bürger wär; wer solche That nicht übte“).
133
Abb. 4: Flugblatt: Volks-Lied, am Tage der
Fahnenweihe des Bürgermilitairs von Innsbruck
gesungen im königl. Nationaltheater (Tiroler
Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck, FB
2523/IV).
Fazit
Aus den vorangegangenen Ausführungen werden zwei Möglichkeiten des „opportunen
Singens“, das im Gegensatz zum oppositionellen Singen steht, ersichtlich. Während das
bayerische Nationallied ein Beispiel für eine von „oben“ angeordnete politisch instrumentalisierte Musik darstellt, sind andere Lieder als Beispiele für ein politisches Liedschaffen von „unten“, d. h. aus der Bevölkerung heraus, zu bewerten. So zeugen die
Informationen rund um die Entstehung und einmalige Aufführung des Liedes Empfindungen der Tyroler beym ersten Anblick ihres Königs und Seiner durchlauchtigsten Familie
nicht von einer von der Regierung angeordneten Förderung von patriotischen Gefühlen. Viel eher haben wir es hier mit einem musikalischen Herrscherlob zu tun, so wie es
an absolutistischen Höfen bis ins 19. Jahrhundert hinein gebräuchlich war.
Dem Herrscherlob dienten verschiedene Arten von literarischen, bildlichen, aber
auch musikalischen Elaboraten, die im Rahmen von Zeremonien und Ritualen des höfi Martin P. Schennach: Revolte in der Region. Zur Tiroler Erhebung von 1809, Innsbruck 2009 (Veröffentlichungen des Tiroler Landesarchivs 16), S. 233.
34
134
Kapitel 6
schen Lebens (bei Geburt, Krankheit, Tod, Krönung, Hochzeit etc.), ab dem späten
18. Jahrhundert auch verstärkt in und unter Mitwirkung der Öffentlichkeit, aufgeführt
wurden. Das in absolutistischen Kontexten praktizierte poetische Herrscherlob verlor
zwar aufgrund des Niedergangs der höfischen Repräsentation und des gleichzeitigen
Aufstiegs der bürgerlichen Öffentlichkeit an Bedeutung, jedoch entspricht der literarische Typus in vielerlei Hinsicht dem propagandistischen Personenkult, wie autoritäre
Regime ihn im 20. Jahrhundert hervorgebracht haben. Das Königreich Bayern gestaltete sich als aufgeklärt-absolutistisches Herrschaftssystem, in dem Oden und Hymnen
an den Herrscher, oftmals versehen mit starken religiösen Einflüssen, eine große Rolle
spielten.35 Beim Festakt zur Annahme der bayerischen Königswürde im Jahr 1806 sollte
laut dem bayerischen Historiker Ferdinand Kramer die Bevölkerung „breit involviert
und mobilisiert“ werden. Es galt, alle Sinne anzusprechen und das Ereignis „mittels
freudiger Emotionen nachhaltig in der Erinnerung“ zu verankern.36
Wie in vielen anderen monarchisch regierten Ländern Europas diente die zur Schau
gestellte Loyalität dem Souverän gegenüber unabdingbar zur Legitimierung des Herrschers.37 Monarchische Festivitäten unterschiedlicher Art, dazu zählten ebenso Reisen,
bildeten auch im Königreich Bayern passende Gelegenheiten, um in „kognitiver wie
emotionaler Art […] die Einstellungs- und Verhaltensmuster der […] Bevölkerung [zu]
prägen und [zu] vereinheitlichen“.38 In diesem Zusammenhang wurde in der kultur­
wissenschaftlichen Forschung vermehrt von einem sinnlichen Wahrnehmen von politischer Macht gesprochen. Zwecks Legitimation der Herrschaft muss diese für die Unter­
tanen greif-, wahrnehm- und sinnlich erfahrbar sein. Eine Herrschaft, die ihre politischen
Prozesse nicht ihren Untertanen kommuniziert, wird nicht als legitim anerkannt – eine
Grundkonstante, die eine herrschaftliche Repräsentation geradezu zu einer Bedingung
macht.39 Literarische Repräsentationen, so wie auch die oben angeführten Lieder, wurden in diesem Kontext meist von Einzelpersonen oder aber auch im Chor vorgetragen
und damit als „symbolische Gabe“ dem Herrscher überreicht. Sowohl die tatsächlich
aufgeführten Lieder wie etwa jenes, welches die Akademiker der Universität Innsbruck
im Rahmen eines Fackelzuges dem bayerischen König „überreichten“, oder das Lied
zur Fahnenweihe des Bürgermilitärs in Innsbruck, als auch jene Lieder, die zwar teils in
Druck gingen, aber nicht aufgeführt wurden, sind allesamt als literarisch-musikalische
Produktionen von opportunen, pro-bayerischen Kreisen in Tirol zu verstehen. An ihrem
Björn Hambsch: „Herrscherlob“, in: Gert Ueding (Hg.): Historisches Wörterbuch der Rhetorik, Tübingen 1996, Sp. 1377–1392.
36
Ferdinand Kramer: „Fest, Symbol, politisches Programm. Die Feierlichkeiten zur Annahme der Königswürde in Bayern 1806“, in: Alois Schmid (Hg.): 1806 – Bayern wird Königreich. Vorgeschichte, Inszenierung, europäischer Rahmen, Regensburg 2006, S. 127–145, hier S. 131.
37
Zu den Vermittlungsformen von Staatspatriotismus in der Habsburgermonarchie in der zweiten Hälfte
des 19. Jahrhunderts siehe Daniel L. Unowsky: The Pomp and Politics of Patriotism. Imperial Celebrations
in Habsburg Austria 1848–1916, West Lafayette, Indiana 2005 (Central European Studies 2005), S. 2.
38
Werner K. Blessing: „Herrschaftswechsel im Umbruch – zur inneren Staatsbildung Bayerns im 19. Jahrhundert“, in: Helga Schnabel-Schüle / Andreas Gestrich (Hg.): Fremde Herrscher – fremdes Volk. Inklu­
sions- und Exklusionsfiguren bei Herrschaftswechseln in Europa, Frankfurt a. M. 2006 (Studien zu Fremdheit und Armut von der Antike bis zur Gegenwart 1), S. 169–190, hier S. 175.
39
Jan Andres / Alexa Geisthövel / Matthias Schwengelbeck: „Einleitung“, in: dies. (Hg.): Die Sinnlichkeit
der Macht. Herrschaft und Repräsentation seit der Frühen Neuzeit, Frankfurt a. M. – New York 2005
(Historische Politikforschung 5), S. 7–18, hier S. 8–11.
35
Empfindungen der Tyroler beym ersten Anblick ihres Königs
135
Beispiel ist auch die Wandlung von einer Kultur der Repräsentation hin zu einer Kultur
der Öffentlichkeit am Ende des 18. und Beginn des 19. Jahrhunderts gut erkennbar.
Der Pomp absolutistischer Festivitäten jeglicher Art, wenn auch mit aufgeklärter Note
wie im bayerischen Königreich, war zwar nach wie vor der Repräsentation der Monarchie und dem Herrscherkult verhaftet, offenbarte aber ebenso die Tendenz, die Bevölkerung miteinzubeziehen. Bei den Bürgern stieß die Hinführung zu Patriotismus und
Nationalgefühl offensichtlich keineswegs auf taube Ohren. Auch wenn wir nicht wissen,
ob und wie sehr die Schaffung solcher für das „gemeine Volk“ gemachter Lieder von
oben bestimmt wurde – ordnete der Rektor der Universität Innsbruck den Fackelzug
an? Verdiente Primisser an seinen Gedichten? –, können wir doch grundsätzlich von den
Liedern als Zeugnisse für eine in Tirol ebenso vorhandene bayern­freundliche Gesinnung
sprechen.
Kapitel 7
„Vor Mittewald mach’n mier a Wand
und halten alle zsammen“.
Volkslied in Tyrol über die Regierung Bayerns
Silvia Maria Erber
Schenkt man der Tiroler Historiografie des späten 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts Glauben, so litt die Bevölkerung Tirols massiv unter der bayerischen Regierung
zwischen 1806 und 1809. Man liest von zahlreichen schweren Eingriffen in den religiös
geprägten Alltag der Menschen, den Zwangsrekrutierungen für Napoleons Truppen und
der allgemein schwierigen wirtschaftlichen Situation in Tirol zu jener Zeit.1 Vor allem
der religiöse Konflikt zwischen der tiefkatholischen Bevölkerung und der aufgeklärten
bayerischen Regierung und die daraus entstandene Reibung zwischen den Gläubigen
und den Geistlichen auf der einen und den die Reformen vollziehenden Beamten bzw.
Vertretern der Regierung auf der anderen Seite wurde als Hauptmotiv für die Auflehnung der Tiroler gegen die bayerische Herrschaft angeführt.2
Laut Ansicht des Rechtshistorikers Martin P. Schennach verursachten jedoch auch
„die Beseitigung der landständischen Verfassung, die Ersetzung des Namens ‚Tirol‘ […],
die Einführung der Konskription im Jahr 1809, die Abschaffung der Bancozettel und
andere finanzpolitische Maßnahmen, das unangemessene Verhalten der mit lokalen
Zuständen nicht vertrauten altbayerischen Staatsbeamten“ den Aufstand.3 Dank einem
immer seltener von patriotisch-nationalen Gedanken verbrämten wissenschaftlichen
Zugang zu 1809 und seiner Vorgeschichte wurde die Wirkung der bayerischen Reformen, die eine große Verunsicherung auslösten, relativiert.4 Eine Vielzahl an Quellen
wurde untersucht, um Einblicke in die Mentalität der Tiroler Bevölkerung angesichts
ihrer Lage zwischen 1806 und 1809 zu erhalten, wobei die Quellen von BeschwerdeAls wohl umfassendstes Werk sei hier genannt: Josef Hirn: Die Erhebung Tirols im Jahre 1809, Innsbruck 1909, oder auch Joseph Rapp: Tirol im Jahre 1809, Innsbruck 1852.
2
Martin. P. Schennach: Revolte in der Region. Zur Tiroler Erhebung von 1809, Innsbruck 2009 (Veröffentlichungen des Tiroler Landesarchivs 16), S. 177.
3
Ebd., S. 187.
4
Siehe dazu ebd. Schennach verweist an dieser Stelle u. a. auf folgende Publikationen: Martin P. Schennach: „Fuit igitur rusticorum bellum illegitimum et illicitum. Zur Legitimation von Aufständen um
1800“, in: Geschichte und Region / Storia e Regione 16 (2007), Heft 2, S. 33–62; Martin P. Schennach: „Beschwerden als Legitimationen. Zur kommunikativen Funktion von Gravamina während des
Tiroler Aufstandes von 1809“, in: Cecilia Nubola / Andreas Würgler (Hg.): Ballare col nemico? Reazioni all’espansione francese in Europa tra entusiasmo e resistenza (1792–1815). Mit dem Feind tanzen?
Reaktionen auf die französische Expansion in Europa zwischen Begeisterung und Protest (1792–1815),
Bologna 2010 (Jahrbuch des Italienisch-Deutschen Historischen Instituts in Trient, Beiträge), S. 215–240;
Margot Hamm: Die bayerische Integrationspolitik in Tirol 1806–1814, München 1996 (Schriftenreihe zur bayerischen Landesgeschichte 105); Reinhard Stauber: Der Zentralstaat an seinen Grenzen. Administrative Integration, Herrschaftswechsel und politische Kultur im südlichen Alpenraum 1750–1820,
Göttingen 2001 (Schriftenreihe der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften 64).
1
138
Kapitel 7
und Bittbriefen bis hin zu privaten Korrespondenzen und Tagebucheintragungen reichen.5 Kritische Lieder oder Gedichte wurden aber bis dato als aussagekräftige Zeit­
dokumente ziemlich außer Acht gelassen.
Singen als „Zügellosigkeit“ der Untertanen
Im Bayerischen Staatsarchiv in München findet sich eine Akte aus den späten März­tagen
des Jahres 1806, entstanden nur einige Wochen nach der offiziellen Eingliederung Tirols
in das eben erst geschaffene Königreich Bayern, in der diverse Schriftstücke über die
„vorgebliche Stimmung der Unterthanen der neu erworbenen Provinz Tyrol gegen die
Königliche Regierung“ gesammelt sind. In einem Bericht vom Dezember 1806 wird
eine Reihe von Ursachen über die „Unzufriedenheit in Tirol“ aufgelistet und festgestellt,
dass auch das öffentliche Singen von Kriegs- und Protestliedern die Stimmung aufheize.
So habe ein „Reisender“ mitgeteilt:
Zügellosigkeit und Ausschweifungen, Ungestraftheit der jungen Bursche [sic], welche jetzt so weit
gehet, daß sie nicht nur einige derselben österreichische Schützenmonturen anmachen und tragen,
öffentlich Kriegslieder zu Ehren der Erzherzoge Karl und Johann singen, sondern auch die bairisch
Gesinnten mit einem allgemein Massaker bedrohen. Sämtliche ruhige rechtschaffene Unterthanen,
wünschen, daß solche Bursche unvermuthet zum Militär ausgehoben werden möchten.6
Der bayerische Hofkommissär in Innsbruck, Karl Graf von Arco, erhielt von König
Maximilian, dem die Darstellung übergeben worden war, den Auftrag, diese „angeblichen Beschwerden zu überprüfen“ und „über jeden Punkt […] der Untersuchung
schleunigst einzuberichten“.7 In einem 35-seitigen Antwortschreiben erklärt Arco u. a.
seinen Standpunkt über das öffentliche Singen von unerwünschten politischen Liedern
und schlägt eine liberale Haltung vor:
Wäre die Zügellosigkeit so bedeutend in solchen Umfange, als sie der reisende Beobachter darstellt,
so müßten wohl mehrere Fälle, als die zwey oder drey, woran die Landesstellen Kenntniß erhielten, ihren durch den Weg der Militairbehorde bekannt geworden seyn. […] Daß Kriegslieder zu
Ehren der Erzherzoge Karl und Johann öffentlich gesungen wurden, ist dießorts nicht bekannt.
Auch ist sehr zu zweifeln, daß es zu Ehren des Erzherzogs Karl geschah, indem dieser in Tyrol
nichts weniger als beliebt ist, denn er soll immer verächtlich von Tyrol gesprochen haben und man
wirft ihm hier durchgängig vor, daß er dasselben [im] Jahr 1805 durch den Rückzug, wozu er den
Erzherzog Johann durch wiederholte Befehle zwang, gänzlich Preis gegeben habe. Wohl mag jenes
zu Ehren des Erzherzogs Johann geschehen seyn, denn dieser ist in seiner Popularität und des vorzüglichen Interessens wegen, das er an dieser Provinz mache, allgemein geschätzt und geliebt. Aber
selbst zugegeben, daß ihm zu Ehren Kriegslieder gesungen worden seyn sollten, so kann ich, in der
Voraus­setzung, daß hierin nichts nachtheiliges für die gegenwärtige Regierung enthalten ist, daran
kein so großes Verbrechen finden; Verbothe dagegen würden die Anhänglichkeit nur noch vermehren. Hiebey scheint mir, muß eine neue Regierung, wenn sie sich anders nicht verhasst machen
5
6
7
Zu Tagebüchern vor 1809 siehe: Schennach: Revolte (wie Anm. 2), S. 74–76, ansonsten allgemein
S. 187–232.
Acta Die vorgebliche Stimmung der Unterthanen der neu erworbenen Provinz Tyrol gegen die König­liche
Regierung, Beilage: Bericht über die jetzigen politischen Verhältnisse der Tiroler in Hinsicht auf die einer
Regierung von Baiern, vom 5. Dezember 1806 (Bayerisches Hauptstaatsarchiv, München, Ministerium
des Inneren 15215).
Ebd.
Volkslied in Tyrol über die Regierung Bayerns
139
will, wohl manches übersehen. Diese erwirbt sich, wie ich dafürhalte, nicht durch Inquisitionen,
sondern durch gute Einrichtungen und Consequenz und Festigkeit Achtung und Liebe des Volkes.8
Ob Graf Arco die Bedeutung des öffentlichen Singens von provozierenden Liedern
bewusst herabspielt, ganz entgegen den Äußerungen des „Reisenden“, um die Verwaltung Tirols unter seiner Aufsicht in einem besseren Licht erscheinen zu lassen, sei dahingestellt. Seine Argumente aber, warum man das Singen von oppositionellen Liedern
nicht streng ahnden solle, offenbart, dass es in Bayern durchaus Überlegungen gab, das
neue Gebiet möglichst gewaltfrei zu integrieren. Arcos Hinweis, dass ein Verbot des
Singens politischer Lieder mehr Unheil anrichten würde als eine tolerante Haltung und
man von obrigkeitlicher Seite lediglich darauf zu achten habe, dass keine Protestlieder
gegen die bayerische Regierung aufkommen, zeigt Facetten des oppositionellen Singens auf. So sang man Loblieder auf Feinde der neuen Regierung – in diesem Beispiel
Kriegslieder auf die Habsburger Erzherzöge Karl und Johann –, um die Bayern zu provozieren.9 Eine andere Möglichkeit des oppositionellen Singens als Ausdruck der Unzufriedenheit war das Singen von Liedern, die konkret Stimmung gegen die Regierung
machten. Auf derartige Lieder möchte ich nachfolgend näher eingehen.
Drei oppositionelle Lieder bzw. Gedichte
Vorweg sei ein Lied zitiert, das den Titel Volkslied in Tyrol über die Regierung Bayerns
trägt und dessen Text vermutlich von Franz Karl Zoller (1748–1829?) – über ihn später
noch mehr – stammt. Das Lied, überliefert als Flugblattdruck (siehe Abb. 1), entstand
höchstwahrscheinlich zu Beginn des Jahres 1809:
Volkslied in Tyrol über die Regierung Bayerns
He Nochba Lenz beym Soggara,
Wos treibn denn die Bayren?
I moan, sö wollen s’Landl gra
Af ainmal iz omayren.
Das Geld, dos uns hot Franzal gschickt,
Stott ehe die Bankozedal,
Das nimmt man ain, ehe mans dablickt,
Und bringt ain an den Bedal.
Der Kinig hot im Februar
Das Landal übernummen:
Empfieng die Stände gor so rar,
Wie sie nach Müncha kummen:
Von eurer Constitution
Will i kai jota weichen,
Und von eurer Religion
Will i euch nichts ausstreichen.
8
9
Ebd., fol. 15.
Über die zahlreichen Erzherzog-Johann-Lieder siehe Helmut Brenner: „Prinz Johann! Das ist dir ein
Schand! – Die frühesten Erzherzog-Johann-Lieder im historischen Kontext“, in: Jahrbuch für Volksliedforschung 44 (1999), S. 68–94; über die Lieder ab etwa 1830: Helmut Brenner: Gehundsteh Herzsoweh.
Erzherzog-Johann-Liedtraditionen vor, in, neben und nach „Wo i geh und steh“, Mürzzuschlag 1996.
140
Kapitel 7
Wos kannt man uns wohl schienars sogn?
Ma röds auf allen Gassen;
Und wear wurd no an Zweifel trogn,
Weil ears hat drucken lassen!
Iz seyn no nit drey Jahr vorbey,
Do geaht schon alles zwercha,
Er halt sein Wort gar ohne Schei
As wie ein alte Mercha.
Betracht nur itz die kurze Zeit,
wos s’Landal hat gelitten,
As ist kein Mensch bey aller Weit,
Den er nit hat beschnitten:
Die Bischöf hat er aussi gjagt,
Die Priester arretiret,
Die Kleastar hat er ogetaggt,
Die Güter lizitiret.
Wer hätts geglabt, daß er das Recht,
Die Landes Gföll zu treiben,
Iz ganz durch seine Helfersknecht
In seinen Sack kannt reiben:
Die Stände hat er oy geschnipft,
Die Kasse ist im Sturze,
Dos Umgeld hat er a daschnupft,
Iz bleibt ain alter Furze.
Wos hast dann du für Gelder gsehn,
Die er hat schlagen lassen?
Sihst übral Franzlans Kopfe stehn,
Af sein magst du wohl passen;
Sechser-Blattlan seyn so schleißig,
Seyn reathar als sein Gsichta,
Silberkreutzer neun und dreißig
Gien auf ain Thalers Gwichta.
Du issest, trinkst und schreibst nit vil,
Wo du ihm nichts darfst geben,
Und doch ist immer leer die Mühl,
Dos ist a Teufels Leben:
Brandtwein, Hasen, Roß, Bier und Wein,
Ochs, Kälber, Säu und Schaafe,
Kalender, Kart, Tauf-Todtenschein,
Brauchst alls bey Stempelstrafe.
Kimmt aft nur unser Kayser Franz,
Mier wollen ihm schon rathen,
Daß er ja mehr kain Bayrenschwanz
Im Landal soll gestatten.
Vor Mittewald mach’n mier a Wand
Und halten alle zsammen,
Daß uns kein Bayr mehr ainer zahnt,
Tyroler! Schreyt nur: Amen.10
Als Flugblatt am Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck (im Folgenden: TLMF), FB 535/
25, später abgedruckt in: Josef Feichtinger: Tirol 1809 in der Literatur, Bozen 1984 (Literarische Zeugnisse 4), S. 16. Siehe auch Liedindex, Nr. 102.
10
Volkslied in Tyrol über die Regierung Bayerns
141
Mehrere Elemente bestimmen den Tonfall
dieses Liedes. Zum einen übt der Dichter
Kritik an den sozialen, ökonomischen und
religionspolitischen Verhältnissen während
der bayerischen Regierung. Zum zweiten ist
Spott ein Bestandteil des Liedes, etwa wenn
einzelne Verse ins Komische abgleiten („Dos
Umgeld hat er a daschnupft, / Iz bleibt ein
alter Furze“, bzw. „Mier wollen ihm schon rathen, / Daß er ja mehr kain Bayrenschwanz /
Im Landal soll gestatten“). Und drittens enthält die letzte Strophe die klare Aufforderung
zum Handeln gegen die bayerische Regierung
und weist somit auch ein Element der Mobilisierung auf („Vor Mittewald mach’n mier a
Wand / Und halten alle zsammen, / Daß uns
kein Bayr mehr ainer zahnt / Tyroler! Schreyt
nur: Amen“).
Der Dichter lässt ferner kein gutes Haar an
der bayerischen Verwaltung in Tirol. Rückblickend wird vom Jahr 1806 erzählt, dass König
Maximilian die Tiroler Stände in München im
Februar empfing und ihnen versprach, möglichst wenig in das bestehende Gefüge Tirols
eingreifen zu wollen.11 Doch „Iz seyn no nit
drey Jahr vorbey, / Do geaht schon alles zwercha“, lautet das ernüchternde Resümee des
Dichters. Ohne seine Versprechen einzuhalAbb. 1: Titelseite des Flugblattdrucks Volksten, habe König Maximilian innerhalb weniger lied in Tyrol über die Regierung Bayerns (Tiroler
Jahre Tirol an allen Ecken und Enden maß- Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck, FB
geblich beschnitten. Die vierte Strophe bezieht 535/25).
sich auf die strengen „religionspolicey­lichen“
Maßnahmen, die die bayerische Regierung im Rahmen des Verstaatlichungs­prozesses
der Kirche schnell vorantrieb.12 Neben Anweisungen, die die Geistlichen, weniger aber
die einfachen Untertanen betrafen,13 wurde beispielsweise eine Kirchenpolizei eingerichtet, die religiöses Brauchtum nach Kriterien der „Vernunft“ und Sparsamkeit beurteilen
Mercedes Blaas: Die „Priesterverfolgung“ der bayerischen Behörden in Tirol 1806–1809: der Churer
Bischof Karl Rudolf von Buol-Schauenstein und sein Klerus im Vinschgau, Passeier und Burggrafenamt im
Kampf mit den staatlichen Organen. Ein Beitrag zur Geschichte des Jahres 1809, Innsbruck 1986 (SchlernSchriften 277), S. 99.
12
Georg Mühlberger: „Absolutismus und Freiheitskämpfe (1665–1814)“, in: Josef Fontana / Peter W.
Haider / Walter Leitner / Georg Mühlberger / Rudolf Palme / Othmar Parteli / Josef Riedmann (Hg.):
Geschichte des Landes Tirol. 2. Band: Die Zeit von 1490 bis 1848, Bozen – Innsbruck – Wien 1986,
S. 289–562, hier S. 500–513.
13
Josef Gelmi: Geschichte der Kirche in Tirol. Nord-, Ost- und Südtirol, Innsbruck – Wien – Bozen 2001,
S. 268–274.
11
142
Kapitel 7
sollte.14 In ihrem Bestreben, eine möglichst aufgeklärte Politik zu betreiben, verbot die
bayerische Regierung unter dem Minister Maximilian von Montgelas einige der traditio­
nellen kirchlichen Feiertage, das Sterbeglockenläuten, Bittgänge und Prozessionen, den
Wettersegen und das Feierabendläuten und regulierte die beliebten Wallfahrten.15
„Die Bischöf hat er aussi gjagt, / Die Priester arretiret, / Die Kleastar hat er ogetaggt, /
Die Güter lizitiret.“ Die Behandlung der Geistlichen seitens der bayerischen Beamten
dürfte offensichtlich nicht nur bei den direkt Betroffenen Unmut ausgelöst haben, sondern dieser Liedstrophe nach zu urteilen auch in der Bevölkerung ein Thema gewesen
sein. Erzürnt weist der Dichter auf die Ereignisse rund um die beiden Bischöfe Emanuel
Graf Thun und Karl Rudolf von Buol-Schauenstein hin, die sich gegen die Eingriffe von
bayerischer Seite in ihre Territorien, die Bistümer Trient und Chur, so sehr wehrten, dass
sie im Oktober 1807 kurzerhand ihrer Positionen enthoben wurden.16 Die Entfernung
der Bischöfe schlug Wellen der Empörung in der Bevölkerung. Tatsächlich griff die
bayerische Regierung nicht nur vielfach in den religiösen und damit gesellschaftlichen
Alltag Tirols ein, sondern löste 1807 – ähnlich wie dies der Habsburger Kaiser Joseph II.
etwa zwanzig Jahre zuvor schon für die gefürstete Grafschaft Tirol teilweise durchsetzen
wollte17 – zahlreiche Klöster auf. Der nächtliche Abtransport der Patres eines Franziskaner- und Kapuzinerordens im Vinschgau unter Zuhilfenahme des Militärs und die
zwangsweise Entfernung von Priestern zwecks Neueinsetzung von bayerischen Geistlichen in Gemeinden etwa im Passeiertal bedeuteten für die ansässige Bevölkerung weitere relevante Einschnitte in ihr bis dahin geordnetes religiöses Leben.18 Während die
Tiroler Geschichtsforschung diese Einschnitte besonders hoch einschätzt,19 spricht der
bayerische Historiker Reinhard Heydenreuter von einer überschätzten Wirkung der religionspolitischen Maßnahmen der bayerischen Regierung in den Jahren 1806–1809:
Der überwiegende Teil der Großbauern, aber auch der Geistlichen war etwa mit der Abschaffung
vieler der zahlreichen Feiertage in Tirol einverstanden, da es hier nicht um einen Kampf der verkappten freimaurerischen oder protestantischen bayerischen Regierung gegen die Religion selbst
ging, wie die österreichische Propaganda behauptete, sondern vor allem um die Erhöhung der
Arbeitszeit.20
Mühlberger: „Absolutismus und Freiheitskämpfe“ (wie Anm. 12), S. 510.
Ebd., S. 511.
16
Siehe zur Verhaftung der Bischöfe in knapper Darstellung Fridolin Dörrer: „Die bayerische Kirchen­
politik in Tirol“, in: Verband Österreichischer Geschichtsvereine (Hg.): Bericht über den 5. Österreichischen Historikertag in Innsbruck, veranstaltet vom Verband Österreichischer Geschichtsvereine in der Zeit
vom 9. bis 12. September 1959, Wien 1960 (Veröffentlichungen des Verbandes Österreichischer Geschichtsvereine 13), S. 78–84, bzw. wesentlich ausführlicher Blaas: Die „Priesterverfolgung“ (wie Anm. 11).
17
Laurence Cole: „Religion und patriotische Aktion in Deutsch-Tirol (1790–1814)“, in: Otto Dann /
Miroslav Hroch / Johannes Koll (Hg.): Patriotismus und Nationsbildung am Ende des Heiligen Römischen
Reiches, Köln 2003 (Kölner Beiträge zur Nationsforschung 9), S. 345–378, hier S. 347; siehe außerdem
Brigitte Mazohl: „Die Umbruchzeit um 1800 und das Land Tirol“, in: Brigitte Mazohl / Bernhard
Mertelseder / Johannes Weber (Hg.): 1809 – und danach? Über die Allgegenwart der Vergangenheit in
Tirol, Bozen – Innsbruck – Wien 2009, S. 9–35, hier S. 32f.
18
Dörrer: „Die bayerische Kirchenpolitik“ (wie Anm. 16), S. 83.
19
Blaas: Die „Priesterverfolgung“ (wie Anm. 11); Schennach: Revolte (wie Anm. 2). Eine weitere bayerische, aber auffallend neutrale Darstellung ist Hamm: Die bayerische Integrationspolitik (wie Anm. 4).
20
Reinhard Heydenreuter: „Das Königreich Bayern und der Tiroler Aufstand von 1809“, in: Ronald
Bacher / Richard Schober (Hg.): 1809. Neue Forschungen und Perspektiven. Tagungsbeiträge Tiroler
Landes­archiv und Universität Innsbruck, Innsbruck, 17. und 18. April 2009, Innsbruck 2010, S. 23–36.
14
15
Volkslied in Tyrol über die Regierung Bayerns
143
Heydenreuter übersieht hier die teils schwierige Lage der bäuerlichen Unterschichten,
für die die zahllosen Eingriffe in ihr religiös geprägtes Gesellschaftsleben ohne Zweifel
eine beträchtliche Veränderung darstellten.
Neben dem wenig sensiblen Umgang mit der Volksfrömmigkeit waren vor allem die
finanzpolitischen Neuerungen der bayerischen Regierung Anstoß zur Opposition. Die
aufgrund des Krieges stark inflationäre österreichische Papierwährung („Bancozettel“)
wurde in bayerisches Silbergeld umgetauscht („Das Geld, dos uns hot Franzal gschickt, /
Stott ehe die Bankozedal, / Das nimmt man ain, ehe mans dablickt, / Und bringt ain an
den Bedal“). Die mit dieser Währungsumstellung einhergehende Geldentwertung halbierte zwar die Preise von Grundnahrungsmitteln, trieb aber viele Bauern in den Ruin.
Für die bayerische Regierung war dieser Schritt notwendig geworden, musste doch die
Finanzpolitik in allen Territorien des Königreichs gleichgeschaltet und Tirol darin integriert werden.21 Die Strophen 5–7 beziehen sich ebenfalls auf die drückenden finanziellen Verhältnisse, berichten von einer Vielzahl an Abgaben, zu denen die Einwohner
Tirols von der bayerischen Regierung verpflichtet wurden. Der Fleischaufschlag, das
Weingeld, das Wegegeldsurrogat und die Stempeltaxe („Brandtwein, Hasen, Roß, Bier
und Wein, / Ochs, Kälber, Säu und Schaafe, / Kalender, Kart, Tauf- und Todtenschein, /
Brauchst alls bey Stempelstrafe“) – all diese Abgaben wurden angesichts der ohnehin
mehr als prekären wirtschaftlichen Lage Tirols als schikanös empfunden und förderten
mit Sicherheit nicht nur die Unzufriedenheit, sondern letztlich auch die Bereitschaft
dagegen anzukämpfen.22
An dieser Stelle soll ein Gedicht eines anonymen Verfassers Erwähnung finden, das
ebenfalls auf eine derbe Weise einen oppositionellen Standpunkt zur bayerischen Regierung einnimmt und ähnliche Kritikpunkte wie das Volkslied in Tyrol anspricht:
Die zwölf scheißenden Teufel in Baiern.
Zwölf Teufel sprachen unter sich:
Wer kann am besten scheißen?
Da sprach der erste: der bin ich,
Ich könnt mich selbst zerreißen.
Gleich schieß er Steuern, Maut und Zoll.
Darüber war der zweite toll,
Der macht mit scheißen lauter Faxen
Und scheißt Kaffee- und Zuckertaxen.
Der dritte konnte nicht mehr warten,
Scheißt Stempel auf Papier und Karten,
Der vierte riß sich aus dem Feuer
Und schieß Latern- und Pflastersteuer,
Den fünften fieng nun an gelüsten,
Schieß Patroleurs und Cordonisten,
Der sechste fiel nun auf die Knie
Und schieße die Gensdarmerie,
Der siebente schieß wie ein Held
Die Cassa Tratta statt baar Geld,
Der achte schieß mit vieler Plag
Den itzigen Tabackaufschlag,
Hamm: Die bayerische Integrationspolitik (wie Anm. 4), S. 261.
Ebd., S. 266.
21
22
144
Kapitel 7
Den neunten sollst du scheißen sehen,
Der scheißt gezwungen Lotterie Anlehen,
Der zehnte schieß nun ihm zum Trutz
Die Steuer zum Familienschutz,
Der elfte schieße wie besessen
Die neue Steuer für Holzabmessen,
Die Concurrenz auf 20 Jahr
Schieß nun der letzte aus der Schaar,
Und dieser Dreck, den der geschießen,
Hätt ihm beynah das Loch zerrissen.
Gemacht habens unser vier:
Ich, Tinte, Feder und Papier,
Ihr seyd ja Kameraden
Und werdt mich nicht verrathen,
Sonst käm ich auf die Polizey
Und da wär aller Spaß vorbey.23
Als Dichter des Volksliedes in Tyrol über die Regierung Bayerns wird gemeinhin Franz Karl
Zoller24 angenommen. Neben seinem Zivilberuf als Oberbauinspektor erlangte er mit
geschichtlichen Darstellungen,25 einem Theaterstück26 und politischen Dichtungen zu
unterschiedlichen Anlässen Bekanntheit. Auch das wohl populärste Mundartlied der Zeit
um 1800, das Spingeser Schlachtlied, wird ihm zugeschrieben.27 Aus heutiger Sicht etwas
ungewöhnlich ist sein politischer Opportunismus, der sich in seinen wenigen Liedern
eindrücklich manifestiert. So dichtete er rund zehn Jahre nach dem Spingeser Schlachtlied
das Loblied Der Tiroler Bauer an seinen König (1808) auf die Ankunft des bayerischen
Königs Maximilian,28 und nur kurze Zeit später, knapp vor Ausbruch des Tiroler Aufstandes, vernimmt man von Zoller wiederum regierungskritische Töne, prangert er doch
die Missstände der bayerischen Regierung an.29 Karl Hauer räumt in seiner Dissertation
in Anbetracht der unterschiedlichen dichterischen Qualitäten der Lieder die Möglichkeit
ein, dass das Volkslied in Tyrol über die Regierung Bayerns gar nicht von Zoller stamme.30
Robert Franz Arnold / Karl Wagner (Hg.): Achtzehnhundertneun. Die politische Lyrik des Kriegsjahres,
Wien 1909, S. 226f. Arnold/Wagner (ebd., S. 425) fanden das Gedicht in einer Sammlung verschiedener
Gelegenheitsgedichte am Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck; heute verschollen. Eine Einspielung des Textes findet sich auf folgendem Tonträger: Institut für Volkskultur und Kulturentwicklung /
Institut für Musikerziehung in deutscher und ladinischer Sprache / Institut für Geschichte und Euro­
päische Ethnologie der Universität Innsbruck (Hg.); Sandra Hupfauf / Bernhard Sieberer (Zusammenstellung): Lieder der „Freiheit“. „Treue Tyroler reckn’s Pratzl nit“, mit einem Booklet von Sandra Hupfauf
und Silvia Maria Erber, Innsbruck 2008, Pro Cultura und RCR, CD Nr. 0875, Track 13.
24
Siehe Kapitel 5 in diesem Band.
25
Franz Karl Zoller: Geschichte und Denkwürdigkeiten der Stadt Innsbruck, 2 Bände, Innsbruck 1816 u. 1825.
26
Franz Karl Zoller: Der Tiroler Kirchtag. Ein National-Lustspiel mit Gesang in zwey Aufzügen, Innsbruck
1819.
27
Siehe Kapitel 5 in diesem Band.
28
Siehe Kapitel 6 in diesem Band.
29
Arnold/Wagner: Achtzehnhundertneun (wie Anm. 23), S. 228. Siehe auch Erich Egg: „Hof- und
Bauern­theater. Musik und Literatur“, in: Gert Ammann (Hg.): Die tirolische Nation 1790–1820. Katalog zur Landesausstellung Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum Innsbruck, 6. Juni – 14. Oktober 1984,
Innsbruck 1984, S. 149–181, hier S. 163.
30
Karl Hauer: Die Dichtung der Tiroler Freiheitskriege in den Jahren 1796, 1797 und 1809, Dissertation,
Universität Innsbruck 1941, S. 30.
23
Volkslied in Tyrol über die Regierung Bayerns
145
Ähnliche Beschwerden über die bayerische Herrschaft wie in dem vermutlich von
Zoller stammenden Volkslied finden sich in einem Text mit dem Titel Lamentation
eines Tyrolers unter der königlich bayerischen Regierung, Anno 1809 eines mit „D. Kerer“
bezeichneten Dichters. In 25 vierzeiligen, teils recht spöttischen Strophen werden nicht
nur die religionspolitischen Maßnahmen angeprangert, sondern auch die neuen Sitten,
die mit der bayerischen Regierung in Tirol angeblich Einzug hielten:
Lamentation eines Tyrolers unter der königlich bayerischen Regierung.
Anno 1809.
1. O weh, was ist mit uns geschehen,
Seitdem wir keinen Adler sehen.
Der Löw verschlingt uns wie ein Schlauch
Und hat doch einen leeren Bauch.
[…]
3. Ein Hurenbock, von jeder Metze
Beherrscht, gab schwankende Gesetze,
Er schändete das Heiligthum,
Und schwelgen war sein Studium.
4. Der schlechte Priester ward erhoben,
Der gute von dem Amt verschoben,
Und mancher von der Klerisey
Gesellte sich den Schwärmern bey.
5. Fort aus dem Kloster, heißts, ihr Pfaffen,
Man wird euch bessre Arbeit schaffen,
Ihr faulen Nonnen, fort von hier!
Ein schöner Mann sey eu’r Brevier.
[…]
8. Die Stiftungen und Kirchengüter
Bekommen jetzt den Löw zum Hütter,
Und was man nicht beweisen kann
Als Stiftung, spricht der Räuber an.
9. Er raubt sogar die Kirchenzierde,
So groß ist seine Raubbegierde,
Das Kirchensilber von dort aus,
Sogar die Lampe löscht man aus.
[…]
14. Was soll man von der Kleidung sagen,
Die nach der Mode wird getragen?
Des Schöpfers Bild ist ganz entstellt
Und wilden Thieren beygesellt.
[…]
18. Im Sommer steht die Fleischbank offen
Sowohl bei Damen als bei Zofen,
146
Kapitel 7
Bloß ist der Arm, bloß ist die Brust,
Dem unverschämten Aug zur Lust.
19. Viel besser wärs, wenn sie von hinten
Sich unbedeckter liesen finden,
Denn hinten sind wir alle gleich,
Zu Lappland und in Österreich.
[…]
24. Der Baier hat das Land verheeret,
Wie eine Sau die Flur zerstöhret,
Franz! leg dem Rüssel Ringe an,
Damit er nicht mehr wühlen kann.31
Laut Karl Hauer handelt es sich beim Dichter D. Kerer um einen Benefiziaten aus
Brixen.32 Er beurteilt Kerers Dichtung, die er der Anfangszeit des Aufstandes im April
1809 zurechnet, als „nüchtern und sachlich, allerdings auch schmähsüchtig“ und ironisch. „Fall für Fall“ lege Kerer „das Unbekömmliche der Bayernherrschaft dar. Sein
Witz ist kalt und derb, nur aggressiv, nicht sich selbst gefallend. Ohne lyrische Wärme
bringt er die Anklagen in die Form eines Gedichtes.“33
Unter dem für sich sprechenden Titel König Max du graußigs Mandl ist ein weiteres
Lied bzw. Gedicht aus der ersten Phase der bayerischen Regierung überliefert, dessen
anonymer Dichter sich den bayerischen König zur Zielscheibe von Hohn und Spott
auserwählt hat:
König Max du graußigs Mandl
[urspr. Titel: Huldigung]
König Max Du graußigs Mandl
Was treibst Du für üble Handl,
Mei! Wirst Du denn nimmer g’scheid,
Schau Du bist ja nur a Heiter!
Geh’ sonst kriegst von uns an Deiter,
Denn mier sein ja grobe Leut.
Du willst da an König machen.
Möchten Küh’ und Kälber lachen,
O der Bonapart ist fein,
Zieht Di bei der Nasn ummer
Und Du Teufels-Narr Du dummer
Mußt sein Kammerdiener sein.
Arnold/Wagner: Achtzehnhundertneun (wie Anm. 23), S. 230–233. Siehe auch Liedindex, Nr. 162.
­Alfred Gruber beschäftigte sich mit der Lamentation und bringt weitere Interpretationsvorschläge ein.
Er gibt an, dass er die Lamentation aus einem Manuskript aus dem Pfarrarchiv von Kaltern abgeschrieben habe; siehe Alfred Gruber: „Lamentation eines Tyrolers – Grabinschrift der bayrischen Armee in
Tirol. Polemische Zeitdokumente aus der Sammlung von Dr. Alfred Gruber“, in: Distel 3 (1983),
Heft 4: Andreas Hofer. Obercommandant in Tirol, S. 29–31.
32
Hauer: Dichtung der Tiroler Freiheitskriege (wie Anm. 30), S. 30.
33
Ebd.
31
Volkslied in Tyrol über die Regierung Bayerns
147
Geh’, und laß Di nimmer schaffen,
Sonst möchte unser Hear uns strafen,
Geh’ hear au bald König sein,
Geh’, mit Deine zwei drei Mandlen
Und fang an mit Facken handlen,
Schau, es tragt Dir mehrer ein.
Endlich schwören mier aufs Neu
Dir den Eid der schönsten Treu:
Bayrisch wöllen mier nit sein,
Denn mier lassen uns nit necken;
Uebrigens kannst Du uns lecken
Und Di packen obendrein.34
König Maximilian von Bayern wird der Lächerlichkeit preisgegeben, sein Abhängigkeitsverhältnis zu Napoleon Bonaparte wird thematisiert und die Einschwörung, nicht
bayerisch sein zu wollen, wird mit derben Ausdrücken gespickt.
Mit Beschimpfungen halten sich die Verfasser der beiden ersten Spottlieder bzw.
Spottgedichte im Gegensatz zum Dichter des Textes König Max du graußigs Mandl
zurück. Aufgrund der zu geringen Quellendichte kann man von auffälligen, sich häufenden Ausdrücken in oppositionellen Liedern bzw. Gedichten nicht sprechen. Oppositionelle Lieder wollen ein möglichst breites Publikum ansprechen, bezwecken sie doch,
dass die Kritik gehört wird und möglicherweise zu Widerstand gegen den herrschenden
Zustand führt. Auch in unseren drei Beispielen werden durch die Kritik an der Währungsreform, den Reformen im religiösen Bereich und der schlechten wirtschaftlichen
Lage größere Bevölkerungsschichten angesprochen. Es fällt auf, dass der Dichter der
Lamentation weder den ansonsten üblichen Dialekt verwendet, noch bemüht ist, ein
Kollektiv anzusprechen. Die Klage über die schlechten Sitten („Im Sommer steht die
Fleischbank offen / Sowohl bei Damen als bei Zofen“) könnte man sogar als Kritik
an der eigenen Bevölkerung interpretieren. Der Text König Max du graußigs Mandl,
ohnehin sehr griffig, weil kurz, spricht das Kollektiv in einem viel größeren Ausmaß
an, das „Wir“ nimmt einen breiteren Raum ein als in den beiden anderen Texten. Ob
die zitierten Texte auch gesungen wurden, ist nicht bekannt, zumal keine Melodien
überliefert sind.
Literarische Opposition und Zensur
Das Volkslied in Tyrol über die Regierung Bayerns, die Lamentation eines Tyrolers unter
der königlich bayerischen Regierung und König Max du graußigs Mandl vereinen mehrere
Elemente der Kritik in jeweils unterschiedlichem Ausmaß. So erkennen wir in ersterem
neben der starken Kritik an den Reformen der bayerischen Regierung auch spöttische,
lustig-derbe Strophen, ebenso wie im Text König Max du graußigs Mandl, der von Hohn
Meinrad Pizzinini: Andreas Hofer. Seine Zeit – sein Leben – sein Mythos, Innsbruck – Wien 2008, S. 120.
Siehe auch Liedindex, Nr. 113. Pizzinini verweist wiederum auf die Beilage der Innsbrucker Nachrichten 22 (1875), Nr. 180, 21. August 1875, S. 131. Laut Arnold/Wagner, Achtzehnhundertneun (wie
Anm. 23), S. 470, besaß Ludwig von Hörmann eine Aufzeichnung des Liedes.
34
148
Kapitel 7
und Beleidigungen für den bayerischen König nur so trieft. Der Text der Lamentation
hingegen ist weniger polemisch, da er weitgehend eine sozialkritische Auseinandersetzung mit der Gesellschaft während der bayerischen Regierungszeit darstellt. Aufgrund
ihrer unterschiedlichen Nuancen in Stil, Ton und Inhalt lassen sich die drei präsentierten Lieder bzw. Gedichte nur schwer unter einem Begriff zusammenführen. Die
Kategorisierungen „Spottlieder mit herrschafts- bzw. sozialkritischem Inhalt“, „sozialoder herrschaftskritische Lieder mit spöttischem Ton“ oder stark verallgemeinernd
„politische Spottlieder“ könnten hierfür nützlich sein. Spottlieder gehören laut älteren
Definitionen zur Kategorie des Scherzliedes und dienen dazu, sich über jemanden oder
etwas lustig zu machen.35 Spottlieder haben eine lange Tradition und können sich gegen
Berufsgruppen, soziale Schichten, Individuen, Ortschaften oder auch, wie in unserem
Fall, gegen eine als ungerecht empfundene Herrschaft richten.36
Das sozialkritische Lied aber diente dazu, „auf dem Wege der emotionalen Identifikation ein gemeinsames Bewußtsein von der Unvollkommenheit der sozialen Situation
und eine Stimulierung zu gemeinsamer Aktion herbeizuführen“.37 Diese Charakterisierung des sozialkritischen Liedes durch Ernst Klusen trifft besonders gut auf das Volkslied
in Tyrol über die Regierung Bayerns zu. Denn nach der Aufzählung der Missstände folgt
in der letzten Strophe die Aufforderung zum gemeinsamen, auch gewaltsamen Vorgehen
gegen die bayerische Regierung. Auch die in moderneren Abhandlungen über politische
Lieder zu findende Bezeichnung des „Protestliedes“38 ließe sich auf das eine oder andere
Lied bzw. Gedicht anwenden, weil es laut gängigen Definitionen einen kritischen Kommentar zu politischen und gesellschaftlichen Missständen abgibt.39
Es ist eine der Grundannahmen der vorliegenden Publikation über politische Lieder
in Tirol, dass in ihnen nicht nur gesellschaftliche und politische Prozesse zum Ausdruck
gebracht werden, sondern dass sie auch ihrerseits auf Gesellschaft und Politik rückwirken. Über unsere Fallstudie hinaus zeigt sich dies beispielsweise auch in der Instrumentalisierung von Musik in den totalitären Systemen Europas im 20. Jahrhundert.40
Bei Laurits BØdker etwa: „Spottlied: a volkslied of jocular nature in the group of scherzlieder mocking
at a particular class or a national group“. Siehe Laurits BØdker: Folk Literature (Germanic), Copenhagen
1965 (International Dictionary of Regional European Ethnology and Folklore), S. 265 und S. 284.
36
Donald J. Ward: „Scherz- und Spottlieder“, in: Rolf Wilhelm Brednich / Lutz Röhrich / Wolfgang
Suppan (Hg.): Handbuch des Volksliedes. 1. Band: Die Gattungen des Volksliedes, München 1973 (Motive.
Freiburger folkloristische Forschungen 1/I), S. 691–735, siehe außerdem noch ältere Literatur: Otto
Böckel: Psychologie der Volksdichtung, Leipzig 1906, hier das Kapitel „Humor und Spottdichtung in der
Volksdichtung“, S. 305–345.
37
Ernst Klusen: „Das sozialkritische Lied“, in: Brednich/Röhrich/Suppan (Hg.): Handbuch des Volksliedes
(wie Anm. 36), S. 737–760, hier S. 739; weiterführend: Eckhard John (Hg.): Die Entdeckung des sozialkritischen Liedes. Zum 100. Geburtstag von Wolfgang Steinitz, Münster – New York – München – Berlin
2006 (Volksliedstudien 7).
38
Martin Butler: „Das Protestlied: kulturhistorische Ursprünge, formalästhetische Spezifika und ideologische Implikationen einer performativen Gattung der Sozialkritik“, in: Marion Gymnich / Birgit Neumann / Ansgar Nünning (Hg.): Gattungstheorie und Gattungsgeschichte, Trier 2007 (Studies in English
Literature and Cultural History 28), S. 219–235.
39
Martin Butler / Frank Erik Pointner: „Protest, Musik und Performanz. Vorüberlegungen zur kultur­
wissenschaftlichen Untersuchung des politischen Liedes“, in: dies. (Hg.): „Da habt ihr es, das Argument
der Straße“: Kulturwissenschaftliche Studien zum politischen Lied, Trier 2007, S. 1–16, hier S. 4.
40
Tillmann Bendikowski / Sabine Gillmann / Christian Jansen / Markus Leniger / Dirk Pöppmann
(Hg.): Die Macht der Töne. Musik als Mittel politischer Identitätsstiftung im 20. Jahrhundert, Münster
35
Volkslied in Tyrol über die Regierung Bayerns
149
Ein wichtiger Faktor im Zusammenspiel von Musik, Text und Politik41 ist die Identitätsstiftung, die laut Vladimir Karbusickys Studie zum Thema „Ideologie im Lied“ auf
vierfache Weise geschehen kann. Neben der Form des Bekenntnisses, der Huldigung
heldenreicher Taten großer Persönlichkeiten und übermäßiger Akzentuierung der eigenen Vorzüge ist die Verherrlichung der eigenen Leiden ein weiteres identitätsstiftendes Mittel im Lied.42 Einige Strophen der oben beschriebenen Lieder können in diese
Richtung gedeutet werden, weil sie über die Leiden der Tiroler unter der bayerischen
Regierung, über Ungerechtigkeiten und ablehnenswerte Reformen Auskunft geben. Die
Vorwürfe sind so breit gefächert, dass sie praktisch das Gehör eines jeden Tirolers, egal
welcher Schicht er angehörte, finden mussten. Augenfällig versuchten die Dichter dieser
Liedtexte, bei ihrem Publikum eine kollektive Verbundenheit und eine gemeinsame
Identität gegen die als feindlich empfundene Regierung herzustellen. Ob die identitätsstiftenden Botschaften vom Publikum auch im intendierten Sinn rezipiert wurden, ist
eine Frage, die bei der heutigen Quellenlage nur mehr in wenigen Fällen beantwortet
werden kann.
Im Zusammenhang mit oppositionellen Liedern stellt sich zwangsläufig die Frage
nach ihrer Verbreitung und den Zensurbestimmungen, durch welche die Streuung
solcher Texte natürlich verhindert werden sollte. Wie schon eingangs dargelegt, stellte
oppositionelles Singen in Tirol im Jahr 1806 tatsächlich ein Problem dar, über das sich
hohe Beamte austauschten – und sich offensichtlich darin einig waren, das Singen von
oppositionellen Liedern zumindest teilweise zuzulassen. Zensur ist ein Teilbereich der
Informations- und Medienpolitik einer Regierung.43 Eine informelle Art der Informationspolitik kann aber auch von „unten“ betrieben werden, wenn, wie etwa in unserem
Fall, Angehörige der Bevölkerung, egal welcher sozialen Schicht zugehörig, durch politische Lieder die öffentliche Meinung zu lenken versuchen. Während 1803 im Kurfürstentum Bayern das Zensurkollegium abgeschafft worden war und Publikationen
nur mehr einer Nachzensur, anstatt einer Vorzensur, unterzogen wurden, änderte sich
dies im Jahr 1806, als das mittlerweile zum Königreich erhobene Bayern angesichts der
außenpolitischen Lage und seiner Verbindung mit dem napoleonischen Frankreich die
staatliche Pressekontrolle wesentlich verschärfte. In den Jahren bis zum abermaligen
Bündniswechsel von 1813 versuchte die bayerische Regierung auch, die öffentliche Meinung zu steuern und zu überwachen.44 Wolfgang Piereth betont in seinen Forschungen
zur bayerischen Pressepolitik am Anfang des 19. Jahrhunderts, dass sich die Regierung
gerade zu Beginn mit staatlichen Eingriffen in das Pressewesen zurückhielt, „solange
2003; Bernhard Frevel (Hg.): Musik und Politik. Dimensionen einer undefinierten Beziehung, Regensburg 1997; Stefan Michael Newerkla / Fedor B. Poljakov / Oskar Jens-Schmitt (Hg.): Das politische Lied
in Ost- und Südosteuropa, Wien – Berlin 2011.
41
Frevel (Hg.): Musik und Politik (wie Anm. 40).
42
Zit. nach Johanna Karner: „… durch die Kraft unserer Lieder“. Musik als Medium zwischen Politik, Zensur, Opposition und Widerstand, Dissertation, Universität Wien 2008; Vladimir Karbusicky: Ideologie im
Lied. Lied in der Ideologie. Kulturanthropologische Strukturanalysen, Köln 1973 (Musikalische Volkskunde.
Materialien und Analysen 2).
43
Gute Einführungen zu diesem Thema bieten Wolfgang Piereth: Propaganda im 19. Jahrhundert. Die
Anfänge aktiver staatlicher Pressepolitik in Deutschland (1800–1871), Frankfurt a. M. 1994, sowie Ute
Daniel / Wolfram Siemann (Hg.): Propaganda, Meinungskampf, Verführung und politische Sinnstiftung
(1789–1989), Frankfurt a. M. 1994.
44
Piereth: Propaganda im 19. Jahrhundert (wie Anm. 43), Kapitel „Bayerns Pressepolitik“, S. 52–57.
150
Kapitel 7
das Reformwerk und die bayerische nationale Staatsbildung nicht direkt gefährdet
waren“. Ab 1805 engagierte die Regierung Volksschriftsteller und förderte den Vertrieb
von Flugschriften mit „positiven“ politischen Botschaften, auch besonders während der
Erhebung in Tirol 1809.45
Feststellen lässt sich also, dass es mangels einer stringenten Zensurpolitik in ­Bayern
zwischen 1806 und 1809 (in der ersten Phase der bayerischen Regierung in Tirol)
offensichtlich möglich war, regierungskritische politische Aussagen mittels Liedern der
Öffentlichkeit bekannt zu machen. Allerdings verfügen wir heute über keine Hinweise
darüber, ob und wie viele Dichtungen zensuriert wurden oder durch denunzierende
Stimmen den Weg in eine Druckerei erst gar nicht schafften, und über jene Lieder,
die zu jener Zeit nur mündlich kursierten und deren Urheber stets ungenannt bleiben
mussten, wissen wir gar nichts. Sie sind – wie so vieles, das nur auf mündlichem Wege
vermittelt wurde – unwiederbringlich verloren.
Zur Rezeption der Lieder
Über die tatsächliche Wirkung der besprochenen Lieder bzw. Gedichte lässt sich heute
aufgrund des Fehlens aussagekräftiger Quellen nichts mehr sagen. Es ließen sich weder
Hinweise darüber finden, ob eines dieser Lieder jemals gesungen wurde, noch ist es möglich, angesichts der wenigen gedruckten Flugblätter Aussagen über ihre Verbreitung zu
tätigen. Keines der drei Lieder scheint ein starkes Echo erlebt zu haben. Nur punktuell
findet man im 19. und 20. Jahrhundert in kleineren wissenschaftlichen Abhandlungen,
Zeitungsartikeln oder ähnlichen Publikationen Hinweise auf die Texte.46 Besondere Aufmerksamkeit verdient die Erwähnung der Texte Volkslied in Tyrol über die Regierung Bayerns und Lamentation eines Tyrolers unter der königlich bayerischen Regierung in einem
bereits 1810 erschienenen Werk von Joseph von Hörmann (1778–1852). Dieser durchlief
als Tiroler eine erstaunliche Karriere im bayerischen Staatsdienst, fungierte u. a. als Regierungspräsident für Oberbayern und erhielt den Titel eines Staatsrates.47 Im Jahr nach dem
Aufstand, als Hörmann bereits als bayerischer Beamter tätig war, veröffentlichte er seine
Interessanten Beyträge zu einer Geschichte der Ereignisse in Tyrol, u. a. auf der Grundlage von
„Nachrichten, Zeitungen und französischen Armee-Tags-Berichten“.48 Hörmann war es
ein Anliegen, neben anderen Gedichten und Liedern auch die beiden genannten kritischen Liedtexte bzw. Gedichte einem breiteren Publikum bekannt zu machen – natürlich
nicht ohne anzumerken, wie „pöbelhaft“, „einfältig“ und „empörend“ er sie fand.49 Die
Tatsache, dass diese beiden Lieder in einer Publikation aufscheinen, die durch und durch
Ebd., S. 52.
Die Lamentation wurde beispielsweise 1925 abgedruckt in: Tiroler Heimatblätter. Monatsschrift für
Geschichte, Natur- und Volkskunde in Nordtirol 3 (1925), Heft 5: November, S.15f., mit dem Kommentar, dass das Lied von Oberlehrer Hans Spiegl in Oberperfuss mitgeteilt worden sei.
47
Hamm: Die bayerische Integrationspolitik (wie Anm. 4), S. 414.
48
Joseph von Hörmann: Interessante Beyträge zu einer Geschichte der Ereignisse in Tyrol vom 10. April 1809
bis zum 20. Februar 1810. Gesammelt und herausgegeben zur unterhaltenden Vergleichung mit andern
Nachrichten, Zeitungen und französischen Armee-Tags-Berichten – nebst kurzen Anmerkungen, o. O.
1810.
49
Ebd., S. 52f.
45
46
Volkslied in Tyrol über die Regierung Bayerns
151
für die bayerische Sache argumentiert, mag verwundern und muss auch nicht unbedingt
ein Zeichen von intensiver oder unmittelbarer Rezeption sein.
Der Text König Max du graußigs Mandl wurde, soweit ersichtlich, erst 1875 in den
Innsbrucker Nachrichten 50 abgedruckt, mit dem Hinweis, dass seine Veröffentlichung
„wohl Niemand mehr verletzen kann“. Weder Flugblätter noch sonstige Drucke fanden
sich davon, weshalb eine eher geringere Rezeption anzunehmen ist, obwohl man dem
Text aufgrund seiner Kürze und der belustigenden Strophen aus heutiger Perspektive
zutrauen würde, in der damaligen Zeit ein (gesungener) Gassenhauer gewesen zu sein.
Im Jahr 2007, also etwa 200 Jahre nach seiner Entstehung, erlebte der spöttische Text
ein bemerkenswertes Revival in einem zur 200-Jahrfeier von 1809 produzierten Volksschauspiel des Theaterwissenschaftlers und Autors zahlreicher Stücke Ekkehard Schönwiese. In der 34. Szene lässt er den Chor abwechselnd mit einem Solisten die Strophen
über König Max singen bzw. sprechen:
CHOR: König Max du grausigs Mandl / was treibst du für üble Handel / ei
wirst du denn nimmer gscheit / Schau, du bist ja nur a Häuter / Geh,
sonst kriegst von uns ein’n Deuter / denn wir sind ja grobe Leut. / Du
willst da einen König machen. / Mächten Kuh und Kälber lachen, o der
Bonapart ist fein. / Zieht dich bei der Nasen ummer / Und du Teuflsnarr,
du Dummer / Musst sein Kammerdiener sein.
(sie summen die Melodie nach bis zum Anfang des Liedes „Heißa,
heißa, ho“ und gehen dann ab.)
PURTSCHER: (gesprochen, wahlweise im Chor bzw. abwechselnd von der
in Schlachtformation aufgestellten Kämpfertruppe) Endlich schwören
wir auf ’s Neu / dir den Eid der schönsten Treu: Bayerisch wöllen wir
net sein, denn wir lassen uns nicht necken / übrigens kannst du uns
lecken / und dich packen obendrein.51
Fazit
Anhand der genannten Lieder lässt sich die Vielzahl an Gründen eruieren, weshalb
Teile der Tiroler Bevölkerung die bayerische Regierung während ihrer ersten Phase als
schlecht und ungerecht empfanden. In den Liedern werden die teils überstürzten, teils
rigoros durchgezogenen Reformen – von religions- und finanzpolitischen Maßnahmen
bis hin zur Abschaffung des Namens Tirols – angeprangert, sarkastisch dargestellt und
stark kritisiert. Die geringe Anzahl an kritischen Liedern in den Jahren zwischen 1806
und 1809 lässt leider nur sehr vage Vermutungen über die Existenz einer Art „oppositio­
nellen Kultur“ in Tirol in jenen Jahren zu. Eine große, auch publizierende Opposition
gab es offenbar nicht. Die wenigen Hinweise auf ungehorsame Handlungen bzw. Äußerungen, wie etwa das Besingen der militärischen Erfolge der Brüder des österreichischen
Kaisers oder auch die Verweigerung mancher Tiroler Ortschaften, beim Regierungs-
Unterhaltungsblatt, Beilage zur Ausgabe der Innsbrucker Nachrichten 1875, Nr. 190, S. 131.
Ekkehard Schönwiese: Tiroler Freiheit. Ein Volksschauspiel. Sendersbühne Grinzens 2007 (Onlinefassung);
http://www.sendersbuehne.at/tirolerfreiheit/downloads/tirolerfreiheitmiterlaeuterung.pdf (22. 03. 2012).
Purtscher ist im Stück ein „Bauernführer“ neben Josef Speckbacher und Andreas Hofer.
50
51
152
Kapitel 7
wechsel 1806 die österreichischen Wappen durch die bayerischen auszutauschen,52 oder
auch das Nichtbefolgen der Abschaffung der mitternächtlichen Christmette im Jahr
1806,53 lassen bloß auf punktuelle Äußerungen des Widerstandes schließen, aber noch
nicht auf eine organisierte, umfassende oppositionelle Bewegung.
Ellinor Forster: „Inbesitznahme eines Landes durch Zeremonien und Herrschaftssymbole. Politische
Kommunikation zwischen der ‚neuen‘ bayerischen Regierung und den ‚neuen‘ Tiroler Untertanen
1806–1814“, in: Reinelde Motz-Linhart (Red.): Tagungsbericht des 25. Österreichischen Historikertages
St. Pölten, 16.–19. September 2008, St. Pölten 2010 (Veröffentlichungen des Verbandes Österreichischer
Historiker und Geschichtsvereine 34), S. 87–93, hier S. 89.
53
Schennach: Revolte (wie Anm. 2), S. 229–232.
52
Kapitel 8
„Zum Vivat soll leben der Kommandant von Sand“.
Das Passeirer Landsturmlied
Silvia Maria Erber
Das Jahr 1809 galt in der Tiroler Geschichtsschreibung noch lange bis ins 20. Jahrhundert hinein als das „Heldenjahr Anno Neun“. Selbst 2001 noch bezeichnete ein Tiroler
Historiker die Zeit zwischen 1792 und 1815 als das „Heldenzeitalter“.1 Heute ist man
unter regionalen Historikerinnen und Historikern bemüht, das „Heldenhafte“ der Tiroler „Freiheitskämpfe“ weitgehend zu relativieren, den Terminus „Held“, der ja in erster
Linie auf Andreas Hofer angewandt wurde, zu hinterfragen und die sich bis heute hartnäckig haltenden, populären Idealisierungen zu revidieren.2
An dieser Stelle soll die Ereignisgeschichte des Jahres 1809 nicht bis ins Detail nochmals dargelegt werden, zumal sie in vielfacher Weise, in älteren und neuen Abhandlungen, nachzulesen ist.3 Vielmehr sei das Augenmerk auf die zahlreichen Liedquellen jener
Zeit gerichtet, deren Überlieferungslage relativ gut ist. Da viele Liedtexte durchaus narrativ sind, kann die Tiroler Erhebung gegen die bayerische Regierung ab dem Frühjahr
1809 teilweise mithilfe von Liedern nacherzählt werden.
Die Beweggründe der Tiroler Bevölkerung, sich unter der Führung einiger Männer
und mit Unterstützung des österreichischen Heeres im April 1809 gegen die bayerische Regierung zu erheben, wurden vielerorts abgehandelt.4 Aus den Liedern dieser Zeit
gewinnt man, wie auch im vorigen Kapitel festgestellt wurde, den Eindruck, dass sich
der Unmut und die Unzufriedenheit der Bevölkerung vor allem gegen die „religionspoliceylichen“ und finanz- und verwaltungstechnischen Maßnahmen der bayerischen
Regierung richteten.
Dass es in einer solchen Situation nur mehr der Führungspersönlichkeiten bedurfte,
die es verstanden, der aufgestauten Wut und dem Groll Taten folgen zu lassen, stellte
schon Georg Mühlberger fest:
Josef Riedmann: Geschichte Tirols, Wien 2001 (Geschichte der österreichischen Bundesländer).
Siehe vor allem die Publikationen rund um das „Jubiläumsjahr“ 2009: Hans Heiss (Hg.): Mythos:
­Andreas Hofer, Wien 2008; Brigitte Mazohl / Bernhard Mertelseder (Hg.): Abschied vom Freiheitskampf?
Tirol und ‚1809‘ zwischen politischer Realität und Verklärung, Innsbruck 2009 (Schlern-Schriften 346);
Bernhard Mertelseder / Brigitte Mazohl / Johannes Weber (Hg.): 1809 – und danach? Über die Allgegenwart der Vergangenheit in Tirol, Bozen – Innsbruck – Wien 2009; Martin P. Schennach: Revolte in
der Region. Zur Tiroler Erhebung von 1809, Innsbruck 2009 (Veröffentlichungen des Tiroler Landesarchivs
16); Ronald Bacher / Richard Schober (Hg.): 1809 – Neue Forschungen und Perspektiven. Tagungsbeiträge Tiroler Landesarchiv und Universität Innsbruck, Innsbruck 17. und 18. April 2009, Innsbruck 2010
(Veröffentlichungen des Tiroler Landesarchivs 19).
3
Beispielsweise Josef Hirn: Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 21909. Neuer und hauptsächlich auf
Hofer bezogen ist Meinrad Pizzinini: Andreas Hofer. Seine Zeit – sein Leben – sein Mythos, Innsbruck –
Wien – Bozen 2008.
4
Schennach: Revolte (wie Anm. 2), S. 187.
1
2
154
Kapitel 8
Daß aus dem Unmut und dem Hass des Volkes ein tatkräftiger Wille zur Abschüttelung wurde,
ergab sich aus der Tatsache, dass diese Gefühlskräfte ihre Anführer fanden, und zwar zu einem
Zeitpunkt, in dem Österreich wieder kriegsbereit war.5
Die kaiserliche Regierung in Wien bereitete im Frühjahr 1809 den nächsten militärischen Schlag gegen das napoleonische Frankreich vor und Tirol war vor allem über
Erzherzog Johann und Joseph Freiherrn von Hormayr zu Hortenburg nicht nur darüber
informiert, sondern in die strategische Planung des neuerlichen Krieges miteinbezogen
worden.6 Stichtag war der 9. April 1809, an dem die Kriegsweisung an Tirol zu geben
war und die beiden österreichischen Feldherren Johann Gabriel von Chasteler und Josef
Ignaz Freiherr von Buol-Bernberg mit ihren Truppen nach Brixen vorstoßen sollten, um
von dort aus weitere Teile Tirols zu besetzen.7 Obwohl der bayerischen Regierung die
Vorbereitungen eines Aufstandes in Tirol nicht verborgen geblieben waren, war es ihr
aufgrund ihres Abhängigkeitsverhältnisses zu Napoleon, der die Bayern in dieser Phase
nicht militärisch unterstützen wollte, nicht möglich gewesen, rechtzeitig Gegenschritte
einzuleiten. Auf diese Weise konnten in der Nacht vom 10. auf den 11. April der Landsturm in Tirol losschlagen und die österreichischen Truppen zügig voranschreiten, ohne
dass sich ihnen große Hindernisse entgegenstellten. Nach schweren Kämpfen in Innsbruck mussten schließlich die zwei verbleibenden bayerischen Marschälle Oberst Karl
von Ditfurth und General Georg August Heinrich Freiherr von Kinkel kapitulieren.
Schon am 16. April zog das österreichische Heer in Innsbruck ein. Mit Ausnahme der
Festung Kufstein war Mitte April ganz Tirol von bayerischem Militär befreit.
Jubellieder über die ersten Erfolge
In dieser Zeit hörte man – sofern man einigen Quellen Glauben schenken darf – vielerorts ein vierstrophiges Lied eines anonymen Verfassers mit dem Titel Grabinschrift auf
die Bayern:
Grabinschrift auf die Bayern
Vom Tiroler Volke Ende April 1809 gesungen.
O weh! O weh!
Die bayrische Armee
Ist von Bauern tot geschlagen
Und mit Jubel ins Grab getragen.
Der General der feige Kinkel
Sitzt arretiert im finstern Winkel.
Ditfurth voller Grausamkeit
Hat seinen Sturz sich selbst bereit’t.
Georg Mühlberger: „Absolutismus und Freiheitskämpfe (1665–1814)“, in: Josef Fontana / Peter W.
Haider / Walter Leitner / Georg Mühlberger / Rudolf Palme / Othmar Parteli / Josef Riedmann (Hg.):
Geschichte des Landes Tirol, 2. Band: Die Zeit von 1490 bis 1848, Bozen – Innsbruck – Wien 1986,
S. 290–579, hier S. 513.
6
Ebd., S. 514.
7
Ebd., S. 515.
5
Passeirer Landsturmlied
155
Wredes Mut ist untergegangen.
Was nicht tot ist, ist gefangen.
Wer nicht so bedient will sein,
Der geh nicht ins Tirol hinein!
O Fürsten! Lernt aus diesem Grabe,
Was Sklavendruck für Folgen habe!
Ihr habt ja schon vor hundert Jahren
Ein gleiches Schicksal hier erfahren.8
In eingängigen Strophen präsentieren sich die Tiroler in diesem Lied als die Sieger über
die bayerische Armee, gepaart mit dem stolzen Ausruf, dass die Bayern nach 1703 erneut
eine Niederlage erfahren haben. Die drei genannten bayerischen militärischen Führer,
General Georg Kinkel, Oberst Karl von Ditfurth und Carl Philipp von Wrede, waren zu
dieser Zeit mit Truppen in Tirol stationiert und erlitten aufgrund ihrer geringen Stärke
und der nicht genehmigten Truppenverstärkung von Seiten Bonapartes ihre Niederlage. Das Siegeslied dürfte vor allem mündlich verbreitet gewesen sein, denn es finden
sich keine Flugblattdrucke, was angesichts der unsicheren politischen Situation nicht
verwundert. Bloß eine Abschrift unbekannter Herkunft liegt im Pfarrarchiv Kaltern.9
Dennoch scheint das Lied eine gewisse Nachwirkung gehabt zu haben, denn bereits
1814 findet es seinen (wahrscheinlich) ersten Druck in Jakob Levi Salomo Bartholdys Geschichte des Krieges von 1809, die erst kürzlich als das erste wissenschaftliche
Werk über 1809 bezeichnet wurde.10 Die frühe Drucklegung eines der­artigen Textes ist
übrigens überraschend. Der Autor Jakob Levi Salomo Bartholdy, ein in Berlin geborener und zum Protestantismus übergetretener Jude, der 1809 in der Wiener Landwehr
kämpfte, gründete seine Geschichte des Tiroler Aufstandes von 1809 auf Dokumenten
von Joseph Freiherr von Hormayr zu Hortenburg und Aussagen einer Reihe von Augenzeugen, die die Ereignisse zwar miterlebt, aber erst Jahre später zu Papier gebracht bzw.
Bartholdy geschildert hatten.11
Im Jahr 1836 finden wir das Lied wieder in einer Sammlung von deutschen historischen Volksliedern, herausgegeben von Friedrich Leonard von Soltau.12 Josef Hirn, der
zum hundertjährigen Jubiläum von „Anno Neun“ ein quellengesättigtes, z. T. bereits
kritisches Werk zu Tirols Erhebung vorlegte, wies 1909 auf eine Handschrift des Liedes
hin13 und führte weiters an, dass sogar Johann Baptist Gänsbacher angegeben habe, die
Grabinschrift auf die Bayern sei im Sellrain, einem Tal westlich von Innsbruck, gesungen
Jakob Levi Salomo Bartholdy: Der Krieg der Tiroler Landleute im Jahre 1809, Berlin 1814, S. 87; Friedrich Leonard von Soltau (Hg.): Ein Hundert Deutsche Historische Volkslieder, Leipzig 1836, S. 577f.;
August Hartmann / Hyacinth Abele (Hg.): Historische Volkslieder und Zeitgedichte vom sechzehnten bis
neunzehnten Jahrhundert, mit Melodien. 3. Band: Von 1756 bis 1879, München 1913, S. 108f. Siehe
auch Liedindex, Nr. 124.
9
So die Information von Josef Feichtinger (Hg.): Tirol 1809 in der Literatur. Eine Textsammlung, Bozen
1984 (Literarische Zeugnisse aus Tirol 4), S. 20.
10
Meinrad Pizzinini: „Das Jahr 1809 und Andreas Hofer im Spiegel der Historiografie des 19. und
20. Jahrhunderts“, in: Mazohl/Mertelseder (Hg.): Abschied vom Freiheitskampf? (wie Anm. 2), S. 241–
270, hier S. 243f.
11
Ebd., S. 244.
12
Soltau (Hg.): Volkslieder (wie Anm. 8), S. 577f.
13
Hirn: Tirols Erhebung im Jahre 1809 (wie Anm. 3), S. 366.
8
156
Kapitel 8
worden. Und noch 1913 wurde das Lied in einer weiteren Sammlung von historischen
Volksliedern abgedruckt.14 Obwohl keine Einzelheiten zur Aufführung, Herkunft und
zum Verfasser des Liedes bekannt sind, lassen sein früher Abdruck in einer historischen
Abhandlung über 1809 und seine weitere Verbreitung zumindest den Schluss zu, dass
sich das Lied offensichtlich einer gewissen Beliebtheit bzw. eines Bekanntheits­grades,
möglicherweise einer „Volksläufigkeit“, erfreute.
Ein weiteres Lied, das uns über die Vorgänge im April 1809 erzählt, handelt von der
Ersten Befreiung Innsbrucks:
Erste Befreiung Innsbrucks, anonym
Der sakrische Oberst und der ist tot!
Tyroler, die ham ’nen derschoss’n;
Sein Bluet das ist ganz rosenroth
Frei auf die Straß hin g’floss’n.
Ach Oberst, ach Oberst, du tapfrer Mann,
Schad um dein jungfrisch Leb’n!
Wärst du g’blieb’n gar weit davon!
Itzt mußt du’s so fruh hergeb’n.
Franzos’n und Bayern, was fangt ihr itzt an?
All’ eur’ Offizier seynd erschoss’n;
Nach Minchen kommt kein einziger Mann,
Seyd’s fest hier eing’schloss’n.
An’s Insbruck sollt’s denken, an den blut’gen Danz!
Tyroler stehn frisch zusammen.
Vivat, es leb’ unser Kaiser Franz!
Lobsingt der Mutter Gott’s! Amen!15
Auch in diesem Text spürt man die ausgelassene Stimmung nach dem ersten Befreiungsschlag der Tiroler. Der Oberst, dessen Verletzung und darauffolgender Tod hier so
sarkastisch besungen wird, war Baron Christian Karl von Ditfurth. Am 12. April war er
bei den Straßenkämpfen in Innsbruck schwer verletzt und gefangen genommen worden.16
Einen anderen Aspekt der Tiroler Erhebung betont das nachfolgende Lied, dessen
Dichter ebenfalls anonym blieb. Obwohl es mit 13. April 1809 datiert ist, ist zu bezweifeln, dass es tatsächlich so früh während des Aufstandes entstanden ist:
Hartmann/Abele (Hg.): Historische Volkslieder (wie Anm. 8), S. 108.
Robert Franz Arnold / Karl Wagner (Hg.): Achtzehnhundertneun. Die politische Lyrik des Kriegsjahres,
Wien 1909 (Schriften des Literarischen Vereins in Wien XI), S. 250. Erster Druck in: Franz Wilhelm von
Ditfurth (Hg.): Historische Volkslieder des österreichischen Heeres von 1638–1849, o. O. 1849, S. 82f.,
später auch in Franz Wilhelm von Ditfurth (Hg.): Historische Volkslieder der Zeit von 1756 bis 1871.
1. Band, 2. Heft: Die historischen Volkslieder vom Ende des siebenjährigen Krieges, 1763, bis zum Brande
von Moskau, 1812, Berlin 1872, S. 322f. Siehe auch Liedindex, Nr. 91.
16
Meinrad Pizzinini: Andreas Hofer (wie Anm. 3), S. 137. Eine besonders blumige Beschreibung von
Ditfurths Verletzung bei der Einnahme Innsbrucks findet sich bei Hirn: Tirols Erhebung (wie Anm. 3),
S. 311.
14
15
Passeirer Landsturmlied
157
Lied der Tyroler Insurgenten,
1809, den 13. April d. d. [sic] Zell in Zillerthal
Kaiser Franz wie steht es dir,
Wie steht es um dein Land
Vertilgen will man dich von hier
Durch fremde Räubershand.
Auch Herrscher bist du überall
Im ganzen Vaterland,
Nur Falschheit und Verrätherey
Die nahm jetzt überhand.
Auch Generalen und Officier
/: Beyläufig :/ das sie die gem. Leute Coniren
In Vaterland verkaufen.
Napoleon der Höllenhund
Der soll zu grunde gehen
Das werdet ihr in kurzer Zeit
Erfahren und auch sehen.
Prinz Carl du getreuer Held
Nimm dich des Kaisers an
Durch deinen tapfern Heldenmuth
Jag nur den Feind hinthan.
Der Sandwirth steht dir auch noch bei
Und hilt dir in den Streit
Von Feinden machen loß und frey
Weil es noch Weil und Zeit.
O Sandwirth du getreuer Held
Ein Sieh[g]er auf dem Feld
Dein Ruhm ist weit und breit bekannt
Faßt in der ganzen Welt.
Tiroler eure Wehrsamkeit
Soll stets gesegnet sein etc. etc.17
Der einzige Beleg für dieses erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts handschriftlich notierte
Lied ohne Melodie befindet sich im Österreichischen Kriegsarchiv in Wien; weder Drucke noch sonstige Abschriften sind bekannt. Das Lied stellt Kaiser Franz als den recht­
mäßigen Herrscher über das Land Tirol in den Mittelpunkt. Im Kampf um Tirol stehen
ihm „Prinz Carl“, i. e. Erzherzog Karl von Österreich-Teschen, der als österreichischer
Feldherr Napoleon am 21./22. Mai 1809 eine empfindliche Niederlage in der Schlacht
von Aspern beifügte, und Andreas Hofer bei. Eine inhaltliche Auffälligkeit deutet darauf
hin, dass das Lied höchstwahrscheinlich wesentlich später gedichtet wurde als der Titel
Verzeichnis der Archivalien aus dem Insurrectionskampf in Tyrol im Jahre 1809, entnommen 1879 aus den
Criminal-Akten der Commandatur München (Österreichisches Staatsarchiv, Kriegsarchiv, Wien, Feld­
akten AFA HR Akten 1394, I-50Ad). Siehe auch Liedindex, Nr. 111.
17
158
Kapitel 8
angibt. Die sechste Strophe gilt dem „Sandwirth“ Andreas Hofer, der hier als „Sieger“
und „getreuer Held“ bezeichnet wird, der „weit und breit“ bekannt sei, „faßt in der ganzen Welt“. Nun spielte Andreas Hofer zwar schon in der Anfangsphase des Aufstandes
eine Rolle und sein Name war nicht unbekannt, doch standen zu diesem Zeitpunkt
andere Anführer, wie Martin Teimer, noch viel mehr im Vordergrund und als Held
bezeichnete ihn damals wohl noch niemand. Schließlich wurde Andreas Hofer überhaupt erst mit dem 4. Juni 1809 als Oberkommandant für die südliche Landeshälfte
von Hormayr bestätigt,18 auch wenn er sich bereits am 9. April selbst als „ernannter
Kommandant“ titulierte.19
Auch der uns bereits mehrfach begegnete Franz Karl Zoller, der von der ­bayerischen
Regierung als Beamter beschäftigt war, stand 1809 wieder in den Reihen der Tiroler
Aufständischen. Ihm wird ein Lied zugeschrieben (eindeutige Beweise für die Urheberschaft fehlen jedoch), das angesichts seines Inhaltes mit großer Sicherheit in der anfänglichen, erfolgreichen Phase der tirolischen Insurrektion entstand. In fünfzehn Strophen
versucht Zoller, seinem Unmut über die bayerische Regierung Ausdruck zu verleihen,
die ausgelassene Stimmung dieser Wochen einzufangen und gleichzeitig aber sein Publikum für weitere bevorstehende Gefechte anzustacheln. Es handelt sich um ein mobilisierendes Siegeslied mit starkem kritischen Einschlag und spöttischen Elementen.
Lied im Tiroler Dialekt,
nach dem Ausbruche der Insurrektion im Jahre 1809
1. Bueben, schreyts enk müed und haiser:
Vivat, Vivat allweil drau!
Vivat ünser lieber Kaiser
Und sei junge, schiene Frau!
Vivat Karl der tapfre Sieger,
Und sei Brueder Hannes ä!
Und dersell’ Iglauer Krieger,
S’Vätterle vu Modena!
2. Endla ist ämal unkemmen
Die so lang erwünschte Zeit,
Wo d’kai Blatt fürs Maul derfst nemmen,
Röden, singen, was di g’freut:
Vor hättst sollen öpes sagen
Z’Ehren des Haus Oesterreich,
Hättens dier äf d’Goschen g’schlagen,
Oder g’wiesen in die Keuch.
3. Hab’n nicht anders hören wöllen,
Äs vu den Napoliun,
Und vu seinen saubern G’söllen,
Vu der großen Naziun:
Dö soll Oesterreich aufspeisen,
Und den Künig äch ä Bain
Vu den Braten umerschmeissen,
Äs än wohlverdienten Lohn.
Mühlberger: „Absolutismus und Freiheitskämpfe“ (wie Anm. 5), S. 527.
Hirn: Tirols Erhebung (wie Anm. 3), S. 294.
18
19
Passeirer Landsturmlied
4. Prödigt habens wohl dö Herren
Nicht äs vu Humanitet,
G’wissens-Freyheit und aufklären,
Land beglücken, fein und nett!
Aber wie mier jetz verspüren,
Schauts unklar im Beutel aus,
Stuiren treiben, exequieren,
Bringt die Leut vu Hof und Haus.
5. Alle Klöster thains auhöben,
Kirchen spörren und darvun
S’gweychte Zuig den Juden göben,
Dös ist ihr Religiun:
Frumme Päter Landsverweisen,
Gottesdienst schmölen ä darbey,
Bauen nicht – krod niederreissen,
Und umwüehlen wie die Säu.
6. Alte Recht’ und Freyheit stutzen
Und verdrengen die vier Stendt,
Ja den Numen gar wöckputzen,
Däß man’s Ländel nimmer kennt,
Dös ist, meine gueten Baiern,
Enker Glücklichmachen g’wößt,
Drum seyts ä toll gringelt woren,
Wies verdient habts, äf die lößt.
7. Aber ains mueß i do lachen,
Was ist enk denn g’fallen ein?
Wöllts aus üns Säldoten machen,
Wem soll öper dös g’maynt seyn?
Soll’n mier gögen d’Spanier fechten,
Oder gögen Östreich? pfui!
Da habts ös wohl gar ein schlechten
Einfall g’habt, bey meiner Trui.
8. Däß mier können Pulver schmöcken,
Habts derfahren woltän wohl,
Weils das G’wöhr habt müassen ströcken
Vor den Bauern in Tyrol:
Nu krod dös laßts enk no losen,
Der Tyroler kennt kain Feind,
Äs die Bairen und Franzosen
Von Jahr druy un bis äf heunt.
9. Mier seyn halt dö Küeh, dö blindten,
Können in das grosse Glück,
Bairisch z’seyn, üns gar nit findten,
Z’gleich französisch – wär kai Schick:
Wer kun dienen zwayen Herren,
N’Großmogol, und Nabob ä,
Wenns di alle beyde scheren
Bis äfs Bluat? beym Sappärä.
10. Kaiser Franz, der ist in allen
Seinen Landern Herr allain,
159
160
Kapitel 8
Er werd üns nit b’schwärlä fallen,
Fodern mehr, äs mier darthain,
Er werd üns die Freyheit göben,
Wie miers haben g’habt anneh!
Bue, dös werd ä anders Löben
Beym Haus Oesterreich, juche!
11. Oestreich hat die Kirch in Ehren
Und die g’sammte Geistlichkeit,
Es vertraut äf unsern Herren,
Der ihm Glück und Sögen geit.
Öfter schon, wo man ums Löben
Vun ain Fürsten aus den Haus
Käm ain Kreuzer mehr hätt göben,
Ist die Hilf nit blieben aus!!!
12. Trauts ös nu, ös armen Bairen,
Enkern Gott Napoliun,
Ös werds decht no bey die Ohren
G’nommen, und dös mit Reschun;
Denkts fein z’rugg, wie enk die blawen
Kumeraden enter n Rhein
Zwaymal schon äfs Eis g’füehrt haben,20
Dösmal künnts das dritte seyn.
13. Hätts üns gern derschröcken mögen
Mit Verwüstung, Mord und Brand,
Füehrts die Banganeter gögen
Schwache Weiber, pfui der Schand!
Leut verbrennen, Kinder spissen,
Wo ist enker Menschlichkeit?
Bairen, habts denn gar kai G’wissen?
Aber warts, es kümmt ä Zeit!
14. Könnts so orla spissen, braten,
Mier seyn ä nit schlechte Köch,
Wenn mier in das Bairland g’rathen,
So bezahlts ös üns die Zöch.
Frisch au Mänder, zu den Waffen!
Aussi mit den Räberg’sindt!
Könnts nit mehr mit Kugeln g’schaffen,
Schlagts mit Kolben äf die Grindt.
Diese Strophe bezieht sich auf zwei Bündnisvereinbarungen, die Bayern mit Frankreich eingegangen
war und die beide Mal für das Haus Wittelsbach negativ ausgingen. Im Zuge des Spanischen Erbfolgekrieges (1701–1714) war Kurfürst Maximilian II. Emanuel an der Seite Frankreichs gegen den Kaiser
und seine Verbündeten in den Krieg eingetreten. Nach der entscheidenden Niederlage in der Zweiten
Schlacht von Höchstädt (1704) wurde über den bayerischen Kurfürsten die Reichsacht verhängt und
Bayern von österreichischen Truppen besetzt. Beim zweiten Bündnis zwischen Bayern und Frankreich
handelte es sich um die Bemühungen des späteren wittelsbachischen Kaisers Karl VII. im Jahr 1740,
unter Berufung auf die Pragmatische Sanktion die Erbansprüche der Tochter Karls VI., Maria Theresia,
anzufechten, wobei er von Frankreich und Preußen unterstützt wurde. Auch hier brachte das Bündnis
wenig Erfolg, Karl konnte zwar für drei Jahre die Kaiserwürde erlangen, nach seinem frühen Tod im
Jahr 1745 musste sein Nachfolger alle ehrgeizigen Pläne zurückstellen und Maria Theresias Ehemann
Franz Stephan I. wurde zum Kaiser gewählt und gekrönt.
20
Passeirer Landsturmlied
161
15. Laßt üns für die Freyheit streiten
Und fürs deutsche Vaterland,
Ist nit Franz äf ünsrer Seiten?
Ober ihm ist Gottes Hand.
Drum so schreyts enk müed und haiser:
Vivat, Vivat alle z’gleich!
Vivat ünser lieber Kaiser
Und das ganz Haus Oesterreich!21
Gesungen auf die damals sehr bekannte Melodie der Kaiserhymne „Gott erhalte unsern
Kaiser“22 bieten die abwechslungsreichen Strophen Einblick in wohl alle Beschwerdepunkte, die die Tiroler der bayerischen Regierung gegenüber vorzubringen hatten und
die uns schon aus den oppositionellen Liedern während der bayerischen Herrschaft
bekannt sind.23 Die Schadenfreude und die Angriffslust des Verfassers könnten mög­
licherweise auf ein frühes Entstehen dieses Liedes hinweisen. Auch Arnold und Wagner
datieren es mit April 1809.24
Auch das Lied Passeier Landsturm, dem dieses Kapitel ja in erster Linie gewidmet ist,
könnte aus den ersten Wochen der Tiroler Erhebung von 1809 stammen, wenn man
von seinem Inhalt ausgeht:
Passeirer Landsturm.25
1. Auf, auf, ihr Tiroler!
Jetzt kommt jene Stund!
So macht euch frisch auf,
Sonst gehn wir zu Grund!
Es laßt uns jetzt rufen
Ein bartiger Mann,
Weil er von dem Kaiser
Die Nachricht bekam.
2. Der neunte April,
Der ist jener Tag,
An dem uns der Kaiser
Sein Hilf bietet an.
Er laßt uns ansagen
Durchn Wirt an dem Sand,
Daß er uns woll helfen,
Erretten das Land.
3. So gehen wir jetzt alle
Mit christlichem Mut
Und wollen zerstören
Die höllische Brut.
Arnold/Wagner (Hg.): Achtzehnhundertneun (wie Anm. 15), S. 245–249; siehe auch Österreichische
Nationalbibliothek, Wien, 303.488-A, nach der Melodie „Gott erhalte unsern Kaiser“. Siehe auch
Liedindex, Nr. 11.
22
Siehe Kapitel 6 in diesem Band.
23
Siehe Kapitel 7 in diesem Band.
24
Arnold/Wagner (Hg.): Achtzehnhundertneun (wie Anm. 15), S. 444.
25
Arnold/Wagner (Hg.): Achtzehnhundertneun (wie Anm. 15), S. 235–240. Siehe auch Beda Weber: Das
Thal Passeier und seine Bewohner. Mit besonderer Rücksicht auf Andreas Hofer und das Jahr 1809, Innsbruck 1852, S. 305–310 (Liedtitel: Sandwirthslied). Siehe auch Liedindex, Nr. 73.
21
162
Kapitel 8
[So fliehen wir hin
Zu dem liebvollen Gott.
Er wird uns g’wiß helfen
Aus der g’fahrvollen Noth.]26
4. So gehn wir jetzt eilends,
Stelln uns vor den Feind,
Gott helfe uns siegen,
Beschütz’ unsre Leut.
Viel nehmen wir gfangen,
Viel schießn wir zu tot,
Das habn wir zu danken
Dem liebvollen Gott.
5. Addio, meine Baiern
Und Freimaurerei,
Jetzt wolln wir euch zeigen,
Wie getreu man euch sei.
Was ihr uns habt ausgmessen,
Das messn wir euch ein.
So schlagn wir jetzt hurtig
Und tapfer darein.
6. Ihr habt uns viel gschadet
Zu Seel und zu Leib,
So sind wir gezwungen,
Zu brechen die Treu.
Ihr hättet uns das Land
Ganz arm gemacht
Und auch viele Seelen
Zur Hölle gebracht.
7. Maria voll der Gnaden,
Du reine Jungfrau,
Breit aus dein Schutzmantel,
Auf uns herab schau!
Breit aus dein Schutzmantel,
Und steh’ uns jetzt bei,
Und hilf ’, daß wir werden
Vom Franzosen bald frei.
8. Ihr tapfern Tiroler!
Ihr wart sehr berühmt,
Weil ihr dort zu Sterzing
Und auch hin nach Trient
So tapfer gestritten
Für Leben und Tod.
So wart ihr vom Kaiser
Auch sehr hochgelobt.
9. So denken wir auch hin
Auf der blutigen Schlacht,
Die dort bei Berg Isel
Zu Innsbruck geschah.
Nur in der Version von Arnold/Wagner (Hg.): Achtzehnhundertneun (wie Anm. 15), S. 236.
26
Passeirer Landsturmlied
163
Der Feind rückt dort an
Mit viel Gstuck und Geschütz,
Wir zeign uns doch tapfer,
Und schearn uns nix.
10. Wer hat uns dort geben
So frisch Heldenmut,
Wo viele haben geben
Ihr Leben und Blut?
Maria dort von Absam,27
Durch ihr starke Hand
Wird der Feind dort besieget,
Vertriebn ausn Land.
11. Zum Vivat soll leben
Der Erzherzog Karl,
Er hat schon die Baiern
Aus München gschlagn.
Gott segn ihm die Waffen
Und schwäch seinen Feind,
Daß wir auch hie werden
Ganz los und befreit.
12. Zum Vivat soll leben
Der Reichsprinz Johann,
Er schlagt die Franzosen
Und Baiern zusamm.
[Das wolln wir Gott danken
Nun alle zugleich –
Das wir wieder gfunden
Das Haus Österreich.]28
13. Zum Vivat soll leben
Herr Hofkommissär
Hormairer, der schon
Nach Tirol kommet her.
Mit christlichem Eifer
Zeigt er Heldenmut,
Es dürstet ihn gar sehr
Nach feindlichem Blut.
14. Zum Vivat soll leben
Der Kommandant von Sand,
Er ließ sich viel kosten,
Zu retten das Land.
Jetzt wolln wir Gott danken,
Das gebn wir zum Lohn,
Gott wird uns schon geben
Die himmlische Kron.
Hier bezieht sich der Verfasser auf jene Marienerscheinung, die ein Mädchen 1796 in Absam, nahe
Innsbruck, in einem Fensterglas gesehen haben will.
28
Diese Strophe findet sich nur in der Version von Arnold/Wagner (Hg.): Achtzehnhundertneun (wie
Anm. 15), S. 238.
27
164
Kapitel 8
15. Ihr tapfern Tiroler,
Ich hab’ noch ein Bitt:
Thuet euch nicht viel prahlen,
Vergesset Gott nit.
Gott kann uns noch strafen,
Wie er gstraft hat vorher,
So bleiben wir fein ruhig
Und gebn Gott die Ehr.
16. Durchlauchtigster Kaiser
Von Haus Österreich,
Wir wünschen dir Glück!
Von uns nicht mehr weich!
Thu’ uns christlich regieren,
Vom Feind uns bewahr,
So werden wir kommen
Zur himmlischen Schar.
17. Eins müssen wir noch bitten
Und Gott rufen an,
Daß er uns wol retten
Den Pabst dort zu Rom.
Er ist unser Vater,
Für uns hier bestellt,
Die Kirch zu regieren
Von Gott auserwählt
[18. Karl Rudolf der Bischof 29,
Unser treuester Hirt,
Dich hat man vertrieben,
Ins Elend geführt.
Gott hat uns erwöckt
Von den bayrischen Schlaf,
So kom den, o Bischof,
Und weide die Schaff.
19. Viel werdet ihr finden,
Die sehr sein verwundt,
Weil sie schon gebissen
Die wölfischen Hund.
Gottlob, daß sie gfangen,
Die bissigen Hund,
Gemeint ist Karl Rudolf Graf von Buol Schauenstein (1760–1833), Fürstbischof von Chur. Über seine
Rolle zur Zeit der Aufstände von 1809 schreibt Lorenz Joos: „Infolge der Besetzung Churs durch die
Franzosen flüchtete Buol-Schauenstein nach Meran, das damals zur Diözese Chur gehörte. Nach der
Abtretung Tirols an Bayern führte er einen harten Kampf mit der Regierung, die unter König Maximilian I. eine ausgesprochen kirchenfeindliche Haltung einnahm. Auf ihre Veranlassung hin mußte der
Bischof schließlich nach Chur zurückkehren. Sein Pontifikat ist bedeutsam durch die völlige Neuordnung der Diözese. Auf bayerischen Druck hin verlor er durch päpstliches Breve den Tiroler Teil seines
Bistums (1805, von Buol-Schauenstein erst 1816 anerkannt), und 1814 erhielt er die aus der Konstan­
zer Diözese herausgelösten Schweizer Gebiete. Trotz der Schaffung des Doppelbistums Chur-Sankt
Gallen gelang es ihm nicht, die Gegensätze zwischen den beiden Teilen der Diözese auszugleichen“
[Lorenz Joos: „Buol-Schauenstein Karl Rudolf Graf “, in: Neue Deutsche Biographie 3 (1957), S. 24
(Onlinefassung); http://www.deutsche-biographie.de/pnd118816195.htm (25. 03. 2013)].
29
Passeirer Landsturmlied
165
Sonst wären wir gangen
Fast alle zu Grund.
20. Komt, all ihr Hirten,
Thut euch nicht verweiln,
Und thut die Gebissenen
Wiederum heiln.
Wir müssen nur weinen
Vor Freuden so sehr,
Wenn wir euch sehn kommen
Von Elend daher.
21. Nun wolln wir Gott danken
Mit Herz und mit Mund,
Er macht uns gewiß
Noch alle gesund.
So singt Laudeamus
Und alle zugleich,
Und Gott wird euch geben
Das himmlische Reich.]30
Das Lied ist unter verschiedenen Titeln in unterschiedlichen Versionen überliefert und
vermittelt zahlreiche Aspekte des Aufstandes und seiner Motive. Vier Komponenten fallen zunächst ins Auge: Erstens bezieht sich das Lied auf Details der Kampfhandlungen,
zweitens versucht der Dichter, sein Publikum zum Kampf zu motivieren, drittens ist
neben der Kritik an der bayerischen Herrschaft die religiöse Note des Liedes unüberhörbar, viertens rückt der Verfasser die Helden des Aufstandes in den Mittelpunkt – Erzherzog Karl, Erzherzog Johann (hier als „Reichsprinz Johann“ bezeichnet), Joseph Freiherrn
von Hormayr und den „Kommandanten von Sand“, Andreas Hofer. Die 36 Strophen
bieten einen umfassenden Einblick in die verschiedenen Stimmungen, welche die Erhebung Tirols 1809 hervorgerufen haben. Der starke religiöse Einschlag des Liedes in
Form von Bittversen an Maria und Gott und die Mahnung, mit diesem Sieg „nicht viel
[zu] prahlen“, denn „Gott kann uns noch strafen“, mag wohl darauf hindeuten, dass die
Lage noch als relativ unsicher galt.
Die vielen Strophen erschweren eine eindeutige Datierung des Passeirer Landsturmliedes. Die Möglichkeit, dass das Lied relativ bekannt war, gesungen und entsprechend
den aktuellen Ereignissen um zusätzliche Strophen erweitert wurde, lässt sich nicht
ausschließen.31 Dass Andreas Hofer in diesem Text bereits als „Kommandant“ bezeichnet wird, wo er doch erst Anfang Juni als solcher offiziell bestätigt wurde, muss nicht
zwingend ein Hinweis auf eine spätere Entstehung des Liedes sein. Denn, wie bereits
erwähnt, unterzeichnete Hofer schon am 9. April 1809 Briefe mit „ernannter Kommandant“.32 Oswald Menghin datiert das Lied auf die ersten Maitage 1809 und vermutet
einen geistlichen Verfasser wegen seines „Zuges ins Predigthafte“. Und er betont: „Es ist
ja genugsam bekannt, welch großen Anteil die Priesterschaft an dem Volkskriege und
Die Strophen 18–21 finden sich nur in der Version bei Arnold/Wagner (Hg.): Achtzehnhundertneun
(wie Anm. 15), S. 239f., jedoch nicht bei Weber: Das Thal Passeier (wie Anm. 25).
31
Das vermuten auch Arnold/Wagner (Hg.): Achtzehnhundertneun (wie Anm. 15), S. 433.
32
Hirn: Tirols Erhebung (wie Anm. 3), S. 294.
30
166
Kapitel 8
an seiner Belebung durch Rede und Lied, ja oft genug selbst durch eigene kriegerische
Betätigung genommen hat“.33
Eine Melodie zu diesem Lied ist nicht erhalten, jedoch vermuten Arnold und Wagner, dass der Text auf die Weise eines bekannten Liedes aus den Jahren der Landesverteidigung 1796 und 1797 gesungen wurde.34 Vom Bekanntheitsgrad des Liedes zeugen
eine handschriftliche Notiz einer Meraner Gefängnisinsassin von 1811, der man sogar
den Namen der möglichen Autorin entnehmen kann,35 sowie der Abdruck des Textes in
der 1852 publizierten Geschichte über das Passeiertal und die Geschehnisse von 1809
durch Beda Weber.36 Diesem Werk des Benediktinerpaters aus dem Vinschgau ist ein
wissenschaftlicher Wert auch heute nicht abzusprechen, da sich Weber meist auf Zeitzeugen des Jahres 1809 beruft. Aus diesem Grund erscheint der Abdruck des Liedes
bei Weber in einem interessanten Licht, obwohl wir nicht wissen, wer ihm das Passeirer
Landsturmlied mitteilte oder ob er es bereits kannte.
Die vier eben behandelten Lieder sind alle unter Vorbehalt mit April oder Mai 1809
zu datieren. Sie nehmen vorrangig Bezug auf die Kämpfe in Innsbruck selbst und vermitteln ein Bild von der ausgelassenen Stimmung direkt nach den ersten militärischen
Erfolgen der Tiroler Aufständischen und österreichischen Soldaten gegen die bayerischen Truppen.
Kriegsmobilisierung zur zweiten Schlacht
Aber schon im Mai 1809 änderte sich die Lage. Die Kämpfe zwischen den bayerischen
Soldaten und den Tiroler Schützen sind auch Inhalt eines von bayerischer Seite gedichteten, mündlich überlieferten Liedes, das General Carl Philipp von Wrede ins Licht der Geschehnisse rückt und den Zug seiner Truppen durch Tirol als Erfolgsgeschichte darstellt:
Als frühmorgen der Tag anbrach
Und General Wrede vom Schlaf erwacht’,
Ließ er aufbrechen.
Er rückt mit fünfzigtausend Mann
Wohl auf die Tiroler an
Auf ihren Bergen.
Und als der General Wrede kam,
Bitten Tiroler gleich um Pardon:
Schenk uns das Leben!
„Ach nein! Ach nein, Tirolerkopf !
Du mußt geschossen werden tot
Auf deinen Bergen.“
Bei Strub und Lofer war der erste Paß;
Da haut man drein, daß es blitzt und kracht,
Sie zu verjagen.
Oswald Menghin: „Andreas Hofer im volkstümlichen Liede“, in: Anon. (Hg.): Anno Neun. Volkslieder
und Flugschriften, Brixen 1912 (Bücherei des Österreichischen Volksschriftenvereins 5), S. 5–62, hier S. 19f.
34
Arnold/Wagner (Hg.): Achtzehnhundertneun (wie Anm. 15), S. 433.
35
Siehe Kapitel 12 in diesem Band.
36
Weber: Das Thal Passeier (wie Anm. 25), S. 305–310.
33
Passeirer Landsturmlied
167
Auf einmal wurd der Berg so rot
Mit lauter so tirolischem Blut.
Sie sind verloren.
Und wie sie geritten auf Innsbruck hinein,
Wo soviel tausend Tiroler drin sein,
Sie müssen weichen.
O Gott! da kann man Wunder sehn,
Was da die Chevaulégers rumflankieren,
Ob sie kein’n Tiroler g’spüren.
Die sind verloren.
Wer hat doch dieses Lied erdacht?
Zwei bayrische Chevaulégers auf der Wacht,
Auf grüner Heiden.
Sie laden ihre Pistolen geschwind
Und schießen s’ auf die Tiroler hin;
Die sind verloren.37
Der Text bezieht sich auf Napoleons Befehl vom Mai 1809, Tirol von Salzburg her
einzunehmen. Die französischen und bayerischen Divisionen unter Marschall FrançoisJoseph Lefebvre, dem Herzog von Danzig (1755–1820), General Wrede und Feldmarschall Deroy versuchten also, während Napoleon gegen Wien zog, über den Pass Strub
bzw. bei Kufstein nach Tirol einzufallen. Auch der Einsatz des österreichischen Heeres
änderte nichts an der Übermacht der angreifenden Truppen, die fast ungehindert durch
das Unterinntal nach Innsbruck ziehen konnten. Nachdem sich die österreichischen
Truppen unter Feldmarschall Chasteler immer weiter zurückgezogen hatten, marschierte
Lefebvre in die Hauptstadt ein und gab die erneute Unterwerfung Tirols bekannt.38
Am 25. und 29. Mai, nach Hofers erneuter Mobilisierung der Schützenkompanien,
gerieten die feindlichen Truppen wiederum am Berg Isel aneinander. Etwa zeitgleich
„Als frühmorgen der Tag anbrach“, in: Hartmann/Abele (Hg.): Historische Volkslieder (wie Anm. 8),
S. 107f. Siehe auch Liedindex, Nr. 3. Ein weiteres bayerisches Lied über das Vorrücken nach Tirol ist
im Oberpfälzer Volksmusikarchiv, Regensburg, überliefert: „Ins Tirol samma groast / Ham uns net lang
bsunna / Ham oft mal gschossn / Hamma nicht viel gwunna / Von Hail bis aaf Innsbruck / Dem Königsberg zua / Bauern, da gibt’s a Schiaßats / Buam, da gangs da zua / Ja Buam, da gangs da zua“; siehe Uli
Otto / Eginhard König: Ich hatt’ einen Kameraden … Militär und Kriege in historisch-politischen Liedern in
den Jahren von 1740 bis 1914, Regensburg 1999, S. 253. Siehe auch Liedindex, Nr. 160. Auf die Melodie von „Schön ist’s unter’m freyen Himmel“ dichtete höchstwahrscheinlich ein Bayer mahnende Verse
an die Tiroler: Die Stimme der warnenden Freundschaft an die irregeführten Tiroler und Vorarlberger, Von
einem Freunde des Vaterlandes, München 1809 [Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck (im
Folgenden: TLMF), FB 1383/91]: „Brüder, Krieg bringt stillen Hütten / Und der Väter frommen Sitten /
Jammer, Elend und Ruin. / Wenn in der Empörung Zeiten / Brüder gegen Brüder streiten, / Sinkt des
Staates Beste hin! / […] Hört der Warnung Stimme! Höret: / Zweitracht tödtet – Fried’ ernähret; / Kehrt
zur Ordnung schnell zurück! / Soll – gleich schwarzen Ungewittern – / Unruh’ euer Land erschüttern, /
Und zertreten frohes Glück? / Soll noch lang’ auf Berg und Höhen / Der Empörung Fahne wehen? /
Mord dich schänden, Vaterland? / Soll noch lang’ des Donners Brüllen / Deine Städt’ und Dörfer füllen, /
Mit Verheerung – Schrecken – Brand? / Soll noch lang’ in euern Hütten / Zwietracht und Verwirrung
wüthen? / Greuel decken eure Flur? / Bürgerblut die Ströme färben; / Und in flammendem Verderben /
Untergehen die Natur? […] Hört der Freundschaft Stimme, Brüder! / Legt die Mordgewehre nieder, /
Fluch der Insurrektion! / Wollt ihr Eid’ und Schwüre brechen? / Wild im Flammen-Aufruhr sprechen /
Heiligen Gesetzen Hohn?“ Siehe auch Liedindex, Nr. 12.
38
Mühlberger: „Absolutismus und Freiheitskämpfe“ (wie Anm. 5), S. 519.
37
168
Kapitel 8
mit der für Österreich erfolgreichen Schlacht von Aspern am 21. und 22. Mai 1809
gegen Napoleon konnten die Tiroler ein zweites Mal das bayerische und französische
Heer zurückschlagen. Eines der Opfer der zweiten Bergiselschlacht war Graf Johann von
Stachelburg (1778–1809), der einer bekannten Südtiroler Adelsfamilie entstammte.39
Möglicherweise kurz vor seinem Tod betätigte er sich noch als patriotischer Dichter und
schrieb folgendes Kriegslied zur Ermunterung seiner Mitkämpfer:
Kriegslied
1. Auf im Berge! auf im Thale!
Auf in’s Feld und in die Schlacht!
Gott will an geringer Zahle
Zeigen seine Übermacht.
Fort in’s dickeste Gedränge!
Fragt nicht nach der Feindesmenge;
Fragt allein, wo ruft die Noth? –
Sieg sei unser oder Tod!
2. Fällt zur Rechten, fällt zur Linken
Hier ein Bruder, dort ein Freund,
Laßt darum den Muth nicht sinken,
Rückt nur fester an den Feind!
Gott in’s Herz, an’s Werk die Hände!
Nur wer harret bis an’s Ende,
Der verdient den Sieg zum Lohn;
Sieg und Ehre winkt uns schon!
3. Wehrt euch für der Väter Glauben,
Der allein uns Wahrheit lehrt;
Laßt euch selben niemals rauben,
Er ist Blut und Leben wert.
Wer für Gott und Glauben streitet,
Hat sich Sieg und Ehr’ bereitet.
Streitet, streitet immerfort,
Sieger sind wir hier und dort.
4. Helden waren unsre Väter –
Denn auch Christen waren sie –
Wurden Freiheits-, Glaubens-Retter,
Stritten, fochten, wichen nie.
Und wir Söhne sind nicht minder
Als die Väter Gotteskinder,
Sind voll Trost und Zuversicht,
Gott verläßt die Seinen nicht.
5. Rettet auch Mariens Ehre;
Sie hat Gott uns anvertraut;
Bei uns hat der Herr der Heere
Ihr den Himmelsthron gebaut.
Um ihr Heiligthum zu schützen,
Will auch ich mein Blut verspritzen.
Unter ihrem Schild und Schutz
Bieten wir den Feinden Trutz.
Heinrich Gratscher: Johann Graf Stachelburg, gefallen am Bergisel 1809, Brixen 1960.
39
Passeirer Landsturmlied
169
6. Uns’re Väter, fromm und bieder,
Eh’ ein heißer Kampf begann,
Warfen auf die Kniee sich nieder,
Ruften Gott um Beistand an.
Sieh, o Herr, wir deine Knechte
Sind zwar Sünder, nicht Gerechte,
Seufzen kniend auf zu dir:
Hilf, o Gott! sonst sinken wir!
7. Hör’ o Himmel! Hör’ o Erde
Der Tiroler reinsten Schwur:
Die Altär’ und unsre Herde
Wollen wir beschützen nur.
Hört es Feinde! Hört es Freunde!
Wir sind keine Menschenfeinde;
Wenn zum Streit uns zwingt die Noth,
Soll auch theu’r sein unser Tod.
8. Wenn die Wuth von Legionen
Auf uns kleine Schaaren bricht;
Bebt vom Donner der Kanonen
Berg und Thal – wir zittern nicht.
Wenn ich auch voll Wunden blute,
Sei mein letztes Wort voll Muthe:
„Gott und Vaterland, für dich
Fließt mein Blut – froh sterbe ich.“40
Dieses Kriegslied, zu dem keine Melodie bekannt ist und das möglicherweise auch nie
gesungen wurde, ist ein besonders aussagekräftiges Beispiel für jene kriegerische Religiosität, die sich nicht nur in zahlreichen Liedern der Jahre 1796 und 1797, sondern auch
des Jahres 1809 finden lässt. Die Liedtexte verdeutlichen, dass sich 1809 das religiöse
Moment intensivierte und vor allem auch eine neue Wendung bekam.41 Während in den
Liedtexten zu den Kämpfen von 1796/1797 und über die bayerische Herrschaft die Verunglimpfung des angeblich ungläubigen, unchristlichen Feindes im Vordergrund steht,
dominiert in den Liedern zur Erhebung von 1809 der Glaube, das man nach göttlichem
Willen handle und unter Gottes Schutz stehe. Der Kampf gegen die bayerische Regierung, so der Tenor dieser Lieder, sei rechtmäßig und von Gott legitimiert, die Tiroler werden als ein auserwähltes Volk dargestellt. Für Gott und Vaterland lohne es sich zu sterben,
meint etwa Graf Stachelburg: „Wenn ich auch voll Wunden blute, / Sei mein letztes Wort
voll Muthe: / ‚Gott und Vaterland, für dich / fließt mein Blut – froh sterbe ich‘“.42
Insgesamt betrachtet weisen viele Lieder des Jahres 1809 ganz ähnliche Facetten auf
wie die Dichtungen anlässlich der Landesverteidigung 1796/1797: mobilisierende, agitative Phrasen, Aufrufe, sofort zu den Waffen zu greifen, Rückgriffe auf die Vergangenheit,
Arnold/Wagner (Hg.): Achtzehnhundertneun (wie Anm. 15), S. 254–256, außerdem publiziert in:
Feichtinger (Hg.): Tirol 1809 (wie Anm. 9), S. 26–28. Siehe auch Liedindex, Nr. 80.
41
Siehe dazu Silvia Maria Erber / Sandra Hupfauf: „‚S’Zibori ausserg’rissn, die Hostien umher g’schmissn‘. –
Die Religion als bestimmendes Moment in der politisch verwendeten Musik Tirols zwischen 1796 und
1809“, in: Norbert Haag / Gabriele Haug-Moritz (Hg.): Musik in Neuzeitlichen Konfessionskulturen,
Stuttgart (in Druck).
42
Kriegslied von Graf Johann Stachelburg, in: Arnold/Wagner (Hg.): Achtzehnhundertneun (wie Anm. 15),
S. 254f.
40
170
Kapitel 8
insbesondere das Jahr 1703, die Betonung der eigenen Wehrhaftigkeit, Lob auf den Kaiser
Franz und Österreich und sogar übermütigen Spott für die Bayern und Franzosen, sofern
man sich in Sicherheit wähnte. Ein anonym überliefertes Schützen-Lied, das durchaus
auch im Frühjahr 1809 entstanden sein könnte, beinhaltet einige dieser Merkmale:
Schützen-Lied.
1. Auf, du schläfriges Tirol,
Auf zum Krieg sollst du dich richten,
Sieh’st du nit die Feind’ anrücken,
Auf und streite für dein Wohl!
Auf, erinn’re dich der Siegen,
Die dein Vorvolk in den Kriegen
Für des Kaisers Wohl gemacht
Und die Unfäll ausgelacht.
2. Auch der stolzen Römer Macht
Hat Tirol nit überwunden,
Allzeit Widerstand gefunden,
Wurd’ so zu sagen ausgelacht.
Allzeit haben sich die Alten
Tapfer und getreu verhalten,
Ewig spricht man ihren Ruhm
In dem deutschen Kaiserthum.
3. Der Churfürst Max Emanuel,
Der sonst Helden konnt’ besiegen,
Hat durch Geld Tirol bestiegen,
Aber da schlug’s ihm ganz fehl;
Man schoß nicht mit sanften Rosen
Auf sein Landvolk und d’Franzosen,
Denn man nahm das grobe Blei
Und blieb, wie das Gold, getreu.
4. Aber jetzt sinkt aller Muth
Vor so großen Feindes-Schwarmen,
Die uns, mit geübten Armen,
Aengstigen mit Höllenwuth;
Die da fast kein Land gefunden,
So sie nicht schon überwunden,
Das sie nicht mit Übermacht
Oder List an sich gebracht.
5. Aber nein – ich hab’ gefehlt;
Hast du gleich auch falsche Bürger,
Scheust du nicht die Menschenwürger,
Stellst dich muthig in das Feld;
Dir fehlt es nit an Tapferkeiten,
Du willst, wie die Alten, streiten,
Ob du schon zu deiner Last
Manche zu Verräthern hast.
6. Groß an Muth, doch klein’s Tirol,
Deine Ehr’ wird ewig bleiben,
Man wird sie in Büchern schreiben,
Halte dich nur ferners wohl.
Passeirer Landsturmlied
171
Geld und Gut und Ehr’ und Glauben,
Würde dir der Feind schnell rauben,
Doch so bleibt dein Ehrenkranz
Dir und deinem Kaiser Franz.
7. Du hast schon die Prob’ gemacht,
Du hast noch vor wenig Tagen
Tapfer auf die Feind’ geschlagen,
Und du stehst noch auf der Wacht;
Ja, wenn deine Büchsen knallen,
Deine Feind zu Boden fallen,
Dann steh’st du noch unerschreckt
Im Gebürg, das dich noch deckt.
8. Schäm’t euch, Bair’n und Niederland,
Und ihr falschen Deutschlands Bürger,
Man heißt euch nun Menschenwürger,
Euch bleibt ewig eure Schand.
Ihr, die ihr den Kaiser hasset,
Christi Glaub’n und Lehr’ verlasset
Und lebt nach des Freigeist’s Lehr’,
Sterbt verzweifelt wie Voltair’.43
Der anonyme Dichter erzählt vom sagenhaften Widerstand der Tiroler in der Vergangenheit – man habe sich weder den Römern noch im Jahr 1703 den Bayern unter
Kurfürst Maximilian II. Emanuel gebeugt – und gesteht auch ein, dass die nun drohende Gefahr, das kaum noch besiegte französische Heer, um ein Vielfaches größer
und unüberwindlicher scheint. Ein Hauch von Kritik an den eigenen Leuten wird in
der fünften Strophe laut, wenn der Dichter formuliert: „Hast du gleich auch falsche
Bürger, / Scheust du nicht die Menschenwürger / […] / „Ob du schon zu deiner Last /
Manche zu Verräthern hast“. Damit waren wohl jene Tiroler gemeint, die die bayerische
Regierung seit 1806 als durchaus annehmbar empfanden und mit den aufklärerischen
Idealen sympathisierten. Bayern und die Niederlande als Satellitenstaaten des napoleonischen Frankreich werden ebenso diskreditiert wie die „falschen Deutschlands Bürger“.
Der Dichter verurteilt die Abwendung der Rheinbundstaaten vom Kaiser des Heiligen
Römischen Reiches („Ihr, die ihr den Kaiser hasset“) und unterstellt ihnen auch die
Abwendung vom christlichen Glauben. Überhaupt war die enge Bindung der Bayern an
Napoleon Stein des Anstoßes, was sich in einigen Liedtexten spiegelt. In einem undatierten Lied mit dem Beginn „Und ös, meine Boarn, derfts nöt triumphieren“, das aus
dem Jahr 1809 stammen könnte, wird die den Tiroler Aufständischen verhasste Allianz
zwischen Bayern und Frankreich aufs Korn genommen:
Und ös, meine Boarn, derfts nöt triumphieren,
Ös werds enka Landl noch sauba verlieren.
Der Bonapart schmiert enk nur überall an,
Wenn’s allsamt werds umbracht, was habt’s aft davon?
[…]
Arnold/Wagner (Hg.): Achtzehnhundertneun (wie Anm. 15), S. 240–242; früherer Abdruck bei Anton
Peternader: Tirols Landes-Vertheidigung nebst interessanten Biografien und Skizzen merkwürdiger Tiroler
Landesverteidiger, 3 Teile in einem Band, Innsbruck 1853, S. 173f. Siehe auch Liedindex, Nr. 78.
43
172
Kapitel 8
Und den Vater Unser habts a wollen verkehren
Und, wo Glaub, Hoffnung und Lieb, wie ma hören,
Der Bonapart Gott Vater, der Boarfürst Gott Sohn,
Die sitzen beisama auf ’m höllischen Thron.
Und ös, meine Boarn, oans muß i enk no sagen,
Daß ohne Franzosen enk gar nix traut’s zu wagen,
Und war koa Franzos nöt, so wars für uns rar,
Wir wollten enks zoagn, wo’s Loch aussi war.44
Das Schützen-Lied hat einen zu komplexen Inhalt, als das es tatsächlich von Schützen
etwa während des Marsches gesungen worden wäre. Interessant ist jedoch eine Information, die uns der Zeitzeuge Anton Peternader im Jahr 1849 überlieferte: Ihm zufolge war
dieses Lied das erklärte Lieblingslied von Rupert Wintersteller,45 einem sehr viel weniger
bekannten Landesverteidiger des Jahres 1809, und es sei 1832 auch bei dessen Begräbnis
gesungen worden.46
Einen seltsam anmutenden lustigen, ja fröhlichen Ton weisen gleich mehrere Lieder
auf, die im Jahr 1809 zur Agitation der kämpfenden Männer verfasst und in Umlauf
gebracht wurden. So schrieb wahrscheinlich ein gewisser Simon Dagn47 das folgende
Schützenlied der Kufsteiner Sturmmannschaft, zu dem keine weiteren Informationen vorliegen:
Brüder, alle lustig auf,
Wir geh’n itzt zum Franzosen,
A grüner Hut, a Gamsbart d’rauf,
Da werd’n sie recht losen.
Freili sein wir nur Musketier
Mit langen, schwaren Bixen,
Allein dös macht uns gar nix hier,
wir werd’n sie decht schon wixen.
Die Kragen haben wir ja roth,
Und dös bedeutet bracken:
In unsern Säbeln ist der Tod,
Wolln wir sie z’sammenhacken.
Umsunst geh’n wir halt do nit aus,
Wir wagen unser Leben,
Wie lustig wird es sein zu Haus,
Wenn wir hab’n Fauzen geben!
[…]
TLMF, FB 1649/132. Eine weitere Variante dieses Liedes findet sich in: Hartmann/Abele (Hg.): Historische Volkslieder (wie Anm. 8), S. 113f. („Und ös meine Boarn, tuats nit jubiliern!“). Siehe auch
Liedindex, Nr. 135.
45
Herta Haisjackl: „Major Rupert Wintersteller – Tiroler Schützenkommandant 1809. Der glücklose
‚Abgott der Unterinntaler‘“, in: Mazohl/Mertelseder (Hg.): Abschied vom Freiheitskampf? (wie Anm. 2),
S. 199–222.
46
Peternader: Tirols Landes-Vertheidigung (wie Anm. 43), S. 170.
47
Über Simon Dagn konnte nichts in Erfahrung gebracht werden.
44
Passeirer Landsturmlied
173
Die werd’n d’Haxen ziehen ein
Und schreiben: O Pardoni!
Wir aber sabeln saggrisch drein
Und sag’n: Oes Cujoni! –
O Vater Franz schau her no daß
Auf die Milizioten;
Die Compagnie ist zwar nit groß,
Do lassen sie nit spotten.48
Auch das nächste Lied anonymer Herkunft besitzt humoristische Züge:
1. Tiroler, laßt uns streiten
anjetzt für’s Vaterland,
den Säbel an der Seiten,
den Stutzen in der Hand!
Bedenkt, was wir erlitten
seit jenem Friedensschluß!
Für’s Vaterland gestritten!
sei der Tiroler Gruß.
Hallo, hallo, hallo, hallo!
bei uns geht’s immer so.
2. Frau Wirtin, guten Morgen!
schenk’ uns ein Gläschen ein!
wir leben ohne Sorgen
und wollen lustig sein.
Laßt die Trompeten schallen!
ihr Brüder, habet Muth!
und sollt’ ja Einer fallen –
wir wagen Leib und Blut.
Hallo, hallo […]
3. Kartätschen und Haubitzen
scheun wir Tiroler nicht,
wir schießen von den Spitzen
der Berge, daß es blitzt.
Wir schießen Alles nieder
was uns kommt vor die Hand,
und rufen: tapfre Brüder,
es gilt für’s Vaterland!
Hallo, hallo […]
4. Auf, Brüder, schwingt die Hüte,
schenkt euch die Gläser voll!
trinkt euch ein froh Gemüthe,
das Jeden stärken soll!
Denkt nicht an künft’gen Morgen!
denkt an die Gegenwart!
zielt! schießt! seid ohne Sorgen!
singt nach Tiroler Art:
Hallo, hallo […]49
Arnold/Wagner (Hg.): Achtzehnhundertneun (wie Anm. 15), S. 242f. Siehe auch Liedindex, Nr. 85.
Ebd., S. 253f. Siehe auch Liedindex, Nr. 59.
48
49
174
Kapitel 8
Abb. 1: Sandwirth Hofers Leiblied, in: August Heinrich Hoffmann von Fallersleben (Hg.): Deutsches Volksgesangbuch, Leipzig 1848, S. 140f. Transkription.
Dieses Lied taucht in einigen Liederbüchern des 19. und 20. Jahrhunderts unter dem
Titel Sandwirth Hofers Leiblied auf. Im Jahr 1848 veröffentlichte es August Heinrich
Hoffmann von Fallersleben (1798–1874) in seinem Deutschen Volksgesangbuch mit
Melodie (siehe Abb. 1).50 Er gab an, das Lied (möglicherweise mit Melodie) auf einem
fliegenden Blatt von 1809 aus Tirol gefunden zu haben. Eine Datierung dieses Liedes
August Heinrich Hoffmann von Fallersleben (Hg.): Deutsches Volksgesangbuch, Leipzig 1848, S. 140f.
Des Weiteren findet sich das Lied wieder im nationalsozialistischen Liederbuch von Josef Eduard Ploner (Hg.): Hellau! Liederbuch für Front und Heimat des Gaues Tirol-Vorarlberg. Im Auftrage des Gauleiters
und Reichsstatthalters Franz Hofer, Potsdam 1942, S. 48f. Siehe auch Liedindex, Nr. 59.
50
Passeirer Landsturmlied
175
fällt jedoch schwer. Der Liedtitel Sandwirth Hofers Leiblied kam wahrscheinlich erst
Jahrzehnte später zum Lied, als die Etikette „Hofer“ auf alles aus dem Jahr 1809 angebracht wurde. Der Tiroler Komponist Sepp Tanzer, der uns schon an anderer Stelle
begegnete,51 wob neben dem Lied „Den Stutzen hear, beym Soggara“ auch Sandwirth
Hofers Leiblied in seine Suite Tirol 1809 ein.52 Amüsante Lieder mit spöttischen Versen üben, sofern sie gut gereimt sind, eine günstige Wirkung auf das Publikum aus,
schließlich heitern sie auf, ziehen den Feind ins Lächerliche und erleichtern somit den
Kampf.
Fazit
Die besprochenen Beispiele zeigen, dass ab April 1809, als der Aufstand losbrach, in
Tirol eine weniger „rege“ Lyrikproduktion zur Agitation einsetzte, als dies in den Jahren
1796/1797 der Fall gewesen war. Aufgrund der anders gearteten politischen Situation
hatte die Landesverteidigung von 1796/1797 eine große Zahl von patriotischen, mobilmachenden Liedern hervorgebracht, während aus dem Jahr 1809 wesentlich weniger
Lieder bekannt sind. Ferner wurden die überlieferten Lieder meist nicht zu ihrem Entstehungszeitpunkt gedruckt, sondern fanden in erster Linie mündlich Verbreitung.
Obwohl das bayerische Militär mehrmals aus Tirol verdrängt wurde, bot die innen­
politische Lage nie jene günstigen Voraussetzungen für politisches Liedschaffen, wie
man sie aus den Jahren 1796 und 1797 kennt. Zu berücksichtigen ist auch das wechselnde Kriegsglück der Tiroler Kompanien, die mehrmaligen Veränderungen infolge der
Bergiselschlachten oder der für die Tiroler unglücklich verlaufenen Kämpfe etwa am
Pass Strub, die eine Kontinuität der agitativen Lyrik vermutlich eher behinderten. Überhaupt ist anzunehmen, dass uns heute nur mehr ein Bruchteil jener Lieder bekannt ist,
die anlässlich des Aufstandes 1809 gedichtet und komponiert wurden, weil sie entweder
rasch an Aktualität verloren und deshalb nicht mehr gesungen wurden, oder einfach
verloren gingen, da man sie nie aufgezeichnet hatte.
Anhand von Tagebuchaufzeichnungen aus jenem ereignisreichen Jahr lässt sich heute
der damalige Stellenwert der Musik nachvollziehen. So berichtete Anton Knoflach,
der als Rechtspraktikant und Hauslehrer in der Familie Di Pauli in Innsbruck lebte
und somit die Geschehnisse von 1809 als Zeitzeuge miterlebte, dass in jenen Tagen
Trommeln, Pfeifen und Trompeten eine stete Begleitung des städtischen Treibens in
den Gassen Innsbrucks waren.53 Militärische Musik, in zeitgenössischen Dokumenten
aufgrund ihrer Besetzung meist als „Türkische Musik“ bezeichnet, war auch 1809 ein
wichtiges Medium in vielerlei Hinsicht. Zum einen gaben die Trommler und Schwegler
den Kompanien den Marschrhythmus vor, zum anderen erfüllten sie Signalfunktionen. Auch kennt man einzelne militärische Stücke, wie etwa jenen Schwegelmarsch, der
laut dem Volksmusikforscher Karl Horak „1809 beim Ausrücken der Harter Schützen
Siehe Kapitel 1 in diesem Band.
Sepp Tanzer: „Tirol 1809“ – Suite in 3 Sätzen für Harmoniemusik, Edition Helbling, Innsbruck – Wien
1954.
53
Franz Schumacher (Hg.): Anton Knoflach’s Tagebuch über die Ereignisse in Innsbruck im Jahre Neun,
Innsbruck 1909 (Anno Neun XIII), o. Sz. Vgl. auch Kapitel 10 in diesem Band.
51
52
176
Kapitel 8
gegen die Truppen Napoleons gespielt [wurde]“,54 oder einen Marsch, der während der
Schlacht bei der Pontlatzer Brücke im August 1809 Einsatz fand.55
Aus bayerischer Sicht stellt das Tagebuch des Infanteristen Josef Deifl (1790–1864)
ein wertvolles Egodokument dar. Im Jahr 1809 führte ihn der Krieg auch nach Tirol, wo
seine Eintragungen ansatzweise offenbaren, wie sehr das spöttische Singen zur Demoralisierung der bayerischen Soldaten instrumentalisiert wurde – und letztlich aber zur
erhöhten Aggression beitrug:
Ich war damalls auch noch ein junger Braußekopf – wenn ganz Tyroll einen Hals gehabt hätte, ich
würde ihn mit meinem Sebel abgehauen haben, denn das Spotten und verfluchte Jodeln brachte
manchen in die Hitze. Als sie einmall bey Innsbruk auf dem Berg Isel, das war im Monat August
den zweyten Einfall, immer geschrien haben: „Boar Vak (= Schwein), Boar Vak, zu zu zu tru lulu
etc.“ und dann Liedlen: „Der boarische Kini, der Hungerleider, der Kirchenausrauber, der Vakentreiber“ –, da kann ich mich nicht anders rächen, als ich zog den Sebel und haue alle Kohlköpf,
türkischen Weizen, blühenden Stämme etc. weit umher nieder auf dem Feld […].56
Und sogar die oben erwähnte Grabinschrift auf die Bayern bekam Deifl zu Gehör:
Deroy findet sich zu schwach und zieht sich in der allerschönsten Ortung zurück, über Altdorf,
Pfetterach, Pfeffenhausen, Siegenburg; Lager – die Österreicher Tirolers schrien immer nach, spottweiß: „auhweh, auhweh, die Bairische Armee“.57
Die meisten Lieder zu den Ereignissen von 1809 sind anonym überliefert, offenbaren
aber in der Mehrzahl gebildete Verfasser. Auffallend ist das Fehlen von stark dialektal
gefärbten Texten. Als anvisiertes Publikum sind zum einen die zum Aufstand ausziehenden Schützen auszumachen, zum anderen aber auch die Allgemeinheit. Das Ziel der
meisten Lieder bestand darin, Widerstand gegen die bayerische Regierung auszulösen.
Dass der Mangel an Flugblättern in erster Linie ein Indiz für die mündliche Überlieferung der Lieder sein könnte, wurde schon mehrfach betont. Diese Feststellung wirft
die Frage auf, wer die Lieder vermittelte – etwa fahrende Sänger?58 Oder war ihre Verbreitung eine Art Beiläufigkeit, die mit dem Marsch der Schützen durch die Täler Tirols
einherging? Fanden die Lieder ihre primäre Rezeption in den Wirtshäusern? Tatsache
ist, dass aus dem Jahr 1809 wesentlich mehr mündlich überlieferte Lieder bekannt sind
als aus den Jahren 1796 und 1797.
Karl Horak (Hg.): Instrumentale Volksmusik aus Tirol, Innsbruck 1985 (Volksmusik in Tirol. Quellen,
Dokumente und Studien 2), S. 319.
55
Hildegard Herrmann-Schneider: „Andreas Hofer und die Tiroler Freiheitskämpfe als musikalisches
Sujet. Ereignisse – Heldentum – Erinnerung“, in: Der Schlern 83 (2009), Heft 7: Juli, S. 4–52.
56
Eugen von Frauenholz (Hg.): Infanterist Deifl. Ein Tagebuch aus napoleonischer Zeit, München 1940,
S. 24.
57
Ebd., S. 19.
58
Robert Franz Arnold und Karl Wagner, die zum hundertjährigen Jubiläum des Kriegsjahres 1809
ein Buch über die politische Lyrik dieses Jahres publizierten, sind der Meinung, dass „bald nach der
Erhebung“ fahrende Sänger in Tirol unterwegs waren, geben jedoch keine weiteren Quellen an; siehe
Arnold/Wagner (Hg.): Achtzehnhundertneun (wie Anm. 15), S. 452.
54
Kapitel 9
„Und die Baurn haben sich gwehrt,
dem Bayr-König zum Trutz“.
Lied über die Vorfälle im August im Ober-Innthale
Silvia Maria Erber
Lied über die Vorfälle im August im Ober-Innthale […]
1. Jetzt hört meine Bayern was ich euch will sing!
Von denen Tyrolern, ein wunderschön Ding.
Vier König sind gewesen, der M a n n p a r t zugleich
Ihr sollt euch ja schämen, über Tyrol zu seyn!
2. Jetzt sind halt die Bayern auf I n n s b r u c k ankem,
Mit vierzig tausend Mann wollens Landl einnehm,
Ziehen die Truppen ins O b e r - I n n t h a l ,
Und die Leut seynd filz falsch, unds Landl filz schmal.
3. Und ziehen die Truppen bis aufi den P r u z
Und die Baurn haben sich gwehrt, dem Bayr-König zum Trutz,
Sie sind schon umrungen, die Brücken sind weg,
Hat’n Tag und a Nacht daurt, habens G’wehr niederlegt.
4. Und jetzt habn die Bayrn das Fahnl geschwunga
Und die V i n t s c h g a u e r sind komma ins Lager gesprunga,
Sie habn alls ausg’raubt jetzt habts schon g’hört,
Und zum Schiessn ist keiner, kein Blutzer nicht werth.
5. Und selgesmal zu L a n d e c k hots a sakkrisch geschnellt,
Unsre Frau von K a l t e n b r u n n hat’s so habn gewellt,
Von L a n d e c k bis auf I n n s b r u c k ist eine lange Strassen,
Und da habn viel Bayrn das Leben gelassen.
6. Und man fahrt mit der Jagd bis auf I n n s p r u c k herab
Bevor der S a n d w i r t h bericht sey, sind die Bayrn schon da;
Den Pfinstag um zwey habn wirs dem S a n d w i r t h g’sagt,
Und da habn wir die Bayrn in den Löchern schon gehabt.
7. Und auf dem Berg I s e l haben wir uns sakkrisch gstellt
Und hots halt den Freytag, den ganzen Tag geschnellt,
Der S a n d w i r t h zieht Truppen über die E l l b ö g e n heraus,
Und den Sonntag um zwey sind die Faken heraus.1
1
Zit. nach Jakob Levi Salomo Bartholdy: Der Krieg der Tyroler Landleute im Jahre 1809, Berlin 1814,
S. 234–237 (Erstdruck des Liedes). Ein weiterer Beleg: siehe Lied von anno neun, gesammelt von Klara
Pölt-Nordheim, mitgeteilt 1916 [Tiroler Volksliedarchiv, Innsbruck (im Folgenden: TVA), A 8324].
Siehe auch Liedindex, Nr. 42.
178
Kapitel 9
Das siebenstrophige Lied handelt von der dritten Schlacht am Berigsel, die am
13. August 1809 zwischen bayerischen und französischen Truppen auf der einen und
tirolischen und österreichischen Kompanien auf der anderen Seite stattfand. Konkret
bezieht sich das Lied, auf dessen Beliebtheit man aufgrund vieler Belege schließen kann,
auf die „Vorfälle im August im Ober-Innthale“, als bayerische Soldaten teils plündernd
von Scharnitz durchs Oberinntal Richtung Vorarlberg zogen.2 Erstmals wurde der Text
im Jahr 1814 von Jakob Bartholdy in dessen Werk Der Krieg der Tyroler Landleute im
Jahre 1809 veröffentlicht.3 Zu Beginn des Liedes erfolgt die Ansage, dass nun „ein wunderschön Ding“ über die Tiroler erzählt werde, d. h. es ist anzunehmen, dass zum Zeitpunkt der Entstehung des Liedes für die Tiroler die Zeichen noch auf Sieg standen.
Der anonyme Dichter spricht über vier Könige und meint damit die Könige von Sachsen, Württemberg, Bayern und den Vizekönig von Italien, die Napoleon Bonaparte, im
Lied „Mannpart“ genannt (ein Ausdruck, der in vielen lyrischen Texten aufscheint),
bei seinem Feldzug gegen die Tiroler unterstützen. Er beschreibt den Zug der Soldaten
durch das Oberinntal und wie es bei Prutz zu mehreren Gefechten kam, ehe die Bayern
„das Fahnl gschwunga“, also aufgegeben haben.4 In der vierten Strophe kritisiert der
Dichter indirekt die Vinschgauer Kompanien, indem er ihnen vorwirft, die feindlichen
Gefangenen ausgeplündert zu haben. Die sechste Strophe handelt vom Auftakt zur dritten Bergiselschlacht, die damit endete, dass „am Sonntag um zwey“ die als „Faken“
(Schweine) bezeichneten Bayern abziehen mussten.
Die Vorgeschichte ist rasch erzählt. Nach der zweiten Bergiselschlacht Ende Mai war
im Juni und Juli wieder Ruhe eingekehrt. Nachdem aber Österreich dem napoleonischen Heer in der Schlacht von Wagram unterlegen war und Napoleon sich daraufhin
wieder gestärkt fühlte, erteilte er am 27. Juli den Befehl zur Wiederbesetzung Tirols.
Nun rückte Marschall Lefebvre wieder mit mehr als 20.000 Soldaten gegen Innsbruck
vor. Die Landesverteidigung war ein drittes Mal schnell organisiert, da die Männer
bereits mobilisiert waren. Andreas Hofer, der mittlerweile von Joseph Freiherr von Hormayr zum Oberkommandanten für das südliche Tirol ernannt worden war, ordnete für
den 13. August den Angriff auf Innsbruck an, der schließlich für die Tiroler Kompanien glücklich verlief. Die französischen, bayerischen und sächsischen Divisonen unter
Lefebvre mussten abziehen. Die dritte Bergiselschlacht hatte eine wesentliche Änderung
in der Landesverwaltung zur Folge: Mitte August übernahm Andreas Hofer die Leitung
der Zivilverwaltung Tirols – angesichts der unklaren Lage ohne kaiserliches oder landständisches Mandat und lediglich auf „Zuruf“ einiger Vertrauter.5
Das Lied ist relativ untypisch für die lyrischen Produktionen im Jahr 1809, da es narrativen Charakter hat und damit Nachrichtenwert besitzt. Die Verse schildern bemerkenswert detailgetreu die Ereignisse im Oberinntal und rund um die dritte Bergiselschlacht. Ob das Lied eine Art „Zeitungslied“ war mit dem Zweck, neue Nachrichten
Josef Hirn: Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 1909, S. 552.
Bartholdy: Der Krieg der Tyroler Landleute (wie Anm. 1), S. 237.
4
Meinrad Pizzinini: Andreas Hofer. Seine Zeit – sein Leben – sein Mythos, Innsbruck – Wien – Bozen
2008, S. 188.
5
Georg Mühlberger: „Absolutismus und Freiheitskämpfe“, in: Josef Fontana / Peter W. Haider / Walter
Leitner / Georg Mühlberger / Rudolf Palme / Othmar Parteli / Josef Riedmann (Hg.): Geschichte des
Landes Tirol. 2. Band: Die Zeit von 1490 bis 1848, Bozen – Innsbruck – Wien 1986, S. 289–579, hier
S. 528–531.
2
3
Lied über die Vorfälle im August im Ober-Innthale
179
vom Krieg zu verbreiten, ist nicht bekannt, weil diesbezügliche Quellen fehlen. Der
Abdruck des Liedtextes in Bartholdys Publikation von 1814 und dann 1836 in der
Sammlung Ein Hundert Deutsche Historische Volkslieder von Friedrich Leonard von Soltau (1800–1846)6 zeugt von seinem hohen Bekanntheitsgrad. Und selbst 1916, also
mehr als hundert Jahre nach seinem mutmaßlichen Entstehungszeitpunkt, wurde das
Lied dem Tiroler Arbeitsausschuss des Unternehmens Das Volkslied in Österreich als ein
„im Volk“ nach wie vor bekanntes Lied mitgeteilt und fand unter dem Titel Lied von
anno neun Eingang in die Volksliedsammlung.7 Aufgrund seiner Reimform vermutet
Oswald Menghin, dass der Text auf die Weise des in Tirol bekannten Sterzingermoosliedes gesungen wurde.8 Doch wie bereits festgestellt, gibt es keine Hinweise auf die
Melodie des Liedes.
Eine Schimpfrede auf die Bayern
Ein weiteres Lied aus der Phase des Tiroler Aufstandes ist der Tirolergesang vom Jahr
1809, bei dem es sich um eine „verbale Abrechnung“9 der Tiroler Bevölkerung mit der
bayerischen Regierung handelt. Zu diesem in mehreren Varianten überlieferten Lied
existiert auch ein Melodiebeleg von 1913 (siehe Abb. 1).
Tirolergesang vom Jahr 1809
1. Jetzt hat si des Blattl auf oamal gewendt,
Jatzt haben die Boarn selba eah Untreu erkennt,
Sie bittn den Kaiser um Gnad und Pardon,
Er sollt nur grad desmal eah Landl vaschon!
Ja sie wolln eahm scho all eini geh in sein Stall.
2. Und es, meini Boarn, des sag i enk scho,
Vo enk war ma glafa koan Schritt ned davo,
Es hätts des Tirol enka Lebtag net kriagt,
Mia hättn enk bundn, eigfatscht und eigwiagt
Und in Schlaf gsunga a, wenn da Franzos net war.
3. Es habts des treue Tirol kloa vowüast,
Es hamt de Leut lang a de Berg dani gmüaßt,
Es Boarfackn, des is enk a no net gnua,
Habts Weib und Kind dahoam geschundn aufs Bluat,
Steht gar net lang o, kriagts selba den Loh.
Friedrich Leonard von Soltau (Hg.): Ein Hundert Deutsche Historische Volkslieder, Leipzig 1836, S. 577–
579. Über Soltau siehe Edward Schröder: „Leonard von Soltau“, in: Allgemeine deutsche Biographie
34 (1892), S. 587f. (Onlinefassung); www.deutsche-biographie.de/pnd117475653.html?anchor=adb
(31. 07. 2013).
7
TVA, A 8324.
8
Oswald Menghin: „Andreas Hofer im volkstümlichen Liede“, in: Anon. (Hg.): Anno Neun. Volkslieder
und Flugschriften, Brixen 1912 (Bücherei des Österreichischen Volksschriftenvereins 5), S. 5–62, hier S. 25.
9
Uli Otto / Eginhard König: „Ich hatt’ einen Kameraden …“. Militär und Kriege in deutschen historischpolitischen Liedern in den Jahren von 1740 bis 1914, Regensburg 1999, S. 250. Das Sterzingermooslied
findet sich u. a. bei Ludwig von Hörmann: Tiroler Volksleben. Ein Beitrag zur deutschen Volks- und Sitten­
kunde, Stuttgart 1909, S. 21.
6
180
Kapitel 9
4. Was da boarisch Soldat nit mitn Stain hat a gmegt,
Ham de boarischn Bauern auf d’ Wagn aufiglegt,
Kessel und Pfanna und Hack und Sapi,
Was bein Häusern ist gwesn, habts allssamt dahi,
Net grad Strümpf und Schuach, a vui Leda und Tuach.
5. Wa i no da Kaisa, i tats enk scho sagn,
I machat a Pechlaugn und tat enk scho zwagn (waschn),
I tat enk an Kopf abiwaschn so schö,
Daß enk da Bart samt Haar abi müaßt geh,
Bua, des war enk gsund, es boarische Hund’.
6. Jatzt müaßt i oas singa, wenn i gar nimma mecht,
Jatzt wer ma ge Kaisalich, is enk aft recht?
Und wenns enk net recht is, müaßts sies halt sagn,
Denn wer boarisch wui bleibn, den toa ma daschlagn,
Drum sagt sies nur bal, iatzt habts no die Wahl.
7. Und d’ Amtleut und Richta und d’ Schreiba allsamt
San an Teufi auskemma, iatzt sans auf Land,
Sie schindn de Bauern, i kunnts enk net sagn,
Es war ja koa Wunda, mia tatn’s daschlagn.
Wenns anders net werscht, gschichts heuer für verscht.
8. Zerst hams vo hundert zwei Guldn Zins gebn,
Ham d’ Leut vaschont und hams no lassn leben.
Jatzt müassens halt fünf und sechsahalb sei,
Und wenn des net hast, na magst di schon gfreu,
Braucht weita nix mehr, deine Küah müassn her.
9. D’ Iber und ’s Viech, des habts uns alls graubt,
’s Geld ausn Sack, wer hats enk dalabt?
Die Küah habts ins gschlacht und die Ros habts gstohln,
Und iatz soll enk da Teufi lebendiger holn!
Er holat enk wohl, aber die Höll wird eahm z’ voll.
10. Es habts ins die Kirchn und d’ Häusa zammbrennt,
Habts gmoant, es is –? wenns schö zammbrunna send,
Aba Gottlob, iatzt sans wieda aufbaut,
Weil ihr auf das Kirchgeld so viel guat schaut,
Empfinds die ganze Gmoa, müassn all Leut dertoa.
11. Was ham enk die Kirchn und Gotteshäuser to?
Habts koa Tafi ganz lassn, koan Heilignfoh,
Es habts enk ja gar übers Heiligtum traut,
Habt’s Ciborium gstohln und an Kastn eighaut;
Is des a recht so? Koa Türk häts net to.
12. Wer des Liadl hat dicht, des ko i net sagn,
Mi tuats allwei wundern und mags nia dafragn
I tua ma grad denka, koa Lapp hats net to,
Er hats selba probiert und er kennt die Boarn scho,
Und wer sagt, des is grob, dem mach ma die Prob!10
Zit. nach Otto/König: „Ich hatt’ einen Kameraden …“ (wie Anm. 9), S. 249f. – In einer leicht unterschiedlichen Form auch unter dem Titel Der baierische Einbruch überliefert (TVA, A 5408, inkl. Melodie: TVA, A 5415). Siehe auch Liedindex, Nr. 41.
10
Lied über die Vorfälle im August im Ober-Innthale
181
Abb. 1: Der boarische Einbruch, vorgesungen von Ulrich Aschaber, Bauer zu Hennleiten in Reith bei Kitzbühel, aufgezeichnet von Ludwig Weinold, Lehrer, im Frühjahr 1913 (Tiroler Volksliedarchiv, A 5415, mit
Hinweis auf weitere Strophen). Transkription.
In den Strophen dieses Liedes stecken nicht nur nachträgliche Anklagen gegen die baye­
rische Regierung, Kritik an der damals herrschenden „Beamtenwillkür“ und Entsetzen
über die Kriegsgräuel während des Aufstandes 1809, sondern sie umfassen auch einen
Rückblick auf die Aufbauarbeit im teilweise zerstörten Land. In wütendem Ton erzählt
der anonyme Dichter von der angeblichen Kirchenfeindlichkeit der Bayern, die zur
Zerstörung von Kirchen geführt habe, und offenbart in einigen Strophen deutlich seine
Rachegelüste (z. B.: „I tat enk an Kopf abiwaschn so schö, / Daß enk da Bart samt Haar
abi müaßt geh“). Auch wenn dieses Lied meistens mit 1809 datiert wird, weisen nicht
nur sein Abrechnungscharakter, sondern im Text selbst auch der Hinweis, „Jatzt haben
die Boarn selba eah Untreu erkennt“, auf eine spätere Entstehung hin. Während das
bayerische Königreich unter König Maximilian Joseph I. bis 1813 an der Seite Napo­
leons im Rheinbund kämpfte, wechselte es mit dem Vertrag von Ried im Jahr 1813 die
Seiten und trat der antinapoleonischen Koalition bei.11 Es ist gut möglich, dass das Lied
erst 1813 oder später entstanden ist, zumal sich zu diesem Zeitpunkt bereits die Rückführung Tirols zur österreichischen Monarchie („Jatzt wer ma ge Kaisalich“) und damit
das Ende der seit 1810 wieder bestehenden bayerischen Herrschaft abzeichnete. Die
Möglichkeit, seinen Unmut über das Geschehene zu artikulieren, ihn auch grob und
aggressiv vorzutragen – natürlich immer unter dem Schutzmantel der Anonymität –,
war also durchaus gegeben.
Karl Vocelka: Glanz und Untergang der höfischen Welt. Repräsentation, Reform und Reaktion im habsburgischen Vielvölkerstaat 1699–1815, Wien 2004 (Österreichische Geschichte), S. 182.
11
182
Kapitel 9
Abb. 2: Lied aus der Zeit der Tiroler Freiheitskämpfe (Beginn), in: Franz Friedrich Kohl: Echte Tiroler-Lieder,
Wien 1899, S. 251. Siehe auch Tiroler Volksmusikverein / Südtiroler Volksmusikkreis (Hg.): Echte Tiroler Lieder. Ergänzte und kommentierte Neuausgabe der Tiroler Liedersammlungen von Franz Friedrich Kohl,
1. Band, Innsbruck – Wien 1999, S. 152f.
Die Rezeptionsgeschichte des Tirolergesangs vom Jahr 1809, der auch unter dem Titel
Unterinnthalisches Volkslied 1809 bzw. als Boarlied 12 bekannt ist, ist ausnahmsweise relativ gut belegt.13 Anton Peternader, der Biograf einiger Kämpfer des Jahres 1809, druckte
das Lied bereits 1853 als Tiroler-Lied über die Baiern und merkte an, dass es noch 1847
während der Feierlichkeiten zu einem Scheibenschießen, an dem auch Veteranen vom
Jahr 1809 teilnahmen, von Schützen gesungen wurde. Von Peternader stammt auch der
einzige Hinweis auf den Textdichter: angeblich ein Bauer aus dem Nordtiroler Unterland.14
Diese Bezeichnung für das Lied verwendet Rudolf Sinwel in seiner Abhandlung „Das ‚Boarlied‘ und
dessen mutmaßlicher Verfasser“, in: Tiroler Heimatblätter 2 (1924), Heft 3: September, S. 9–12.
13
Siehe ebd.
14
Anton Peternader: Tirols Landes-Vertheidigung nebst interessanten Biografien und Skizzen merkwürdiger
Tiroler Landesvertheidiger, 1. Teil, Innsbruck 1853, S. 54f.
12
Lied über die Vorfälle im August im Ober-Innthale
183
Im Jahr 1899 veröffentlichte der Tiroler Volksliedsammler Franz Friedrich Kohl das
Lied unter dem Titel Lied aus der Zeit der Tiroler Freiheitskämpfe in seiner Sammlung
Echte Tiroler-Lieder, und zwar mit einer Melodie und im vierstimmigen Satz des Wiener
Komponisten Josef Reiter (siehe Abb. 2). Kohl hatte das Lied 1898 von Elise Blattl aus
St. Johann in Tirol, der Enkeltochter des Bauern Christian Blattl d. Ä., der selbst 1809
an den Kämpfen teilgenommen hatte, gehört.15 Im Tiroler Volksliedarchiv ist neben dem
vollständigen Lied16 auch das Bruchstück eines 1896 aufgezeichneten, aber schon 1796
bekannten „Franzosenliedes“ überliefert, das aus einigen leicht abgeänderten Strophen
des Liedes besteht.17 Rudolf Sinwel widmete dem Boarlied 1924 einen Aufsatz und gab
an, dass das Lied bis in die 1920er-Jahre bekannt war. Als Auskunftsperson nannte er
eine Wirtstochter, „die es selbst singenden Holzknechten abgelauscht“ habe.18 Auch
die Sammlung oberbayerischer Volkslieder des bayerischen Volksliedpflegers Pauli Kiem
(1882–1960) beinhaltet den Tirolergesang vom Jahr 1809.19 Kiem zufolge habe sich eine
Frau aus Kössen (Tirol) noch 1928 an den Text des Liedes erinnern können, jedoch
nicht mehr an die Melodie. Mehrere handschriftliche Belege aus unterschiedlichen
Tälern Tirols zeigen die weite, teils mündliche Verbreitung des Liedes bis ins 20. Jahrhundert auf.20 Mit Sicherheit zählt der (falsch datierte) Tirolergsang vom Jahr 1809,
dessen Verfasser unbekannt ist, zu den bekanntesten und meistgesungenen Liedern mit
politischem, sich auf die Ereignisse von 1809 beziehenden Inhalt.
Ein Lied auf Speckbacher – oder doch Hofer?
Im Mittelpunkt eines weiteren Liedes, das kurz nach dem Aufstand 1809 entstanden
sein dürfte, steht Josef Speckbacher (1767–1820), einer der wichtigsten Mitstreiter
Andreas Hofers:
Lied auf Speckbacher.
1. Frisch auf, frisch auf Tirolerbue,
Geh, richt dir jetzt dein Stutz’n zu.
Hast du ihn nit im Hause mehr,
So hol ihn nur vom Wald daher.
2. Franzos’n und Bayern, kommt nur herein,
Mier wöll’n eure Begleiter seyn,
Solang mier hab’n Pulver und Bley,
Bleib’n mier dem Kaiser Franz getreu.
Franz Friedrich Kohl (Hg.): Echte Tiroler-Lieder, Wien 1899, S. 251f. Siehe auch Kapitel 14 in diesem
Band.
16
TVA, A 3381.
17
„Die Baiern und d’Antn / Habts uns a alls zamm gstohln / Jetz möchte enk der Teufel / Lebendig glei
holn. / Er holet enk wohl, / Aber d’Häll wur’n z’voll. / 2. Es habt senk sogar / über’s Heiligste traut, /
Die Türn eingschlagn, / Die Fenster einghaut’s / Ciborium gstohln. / Ist wohl des a Reschu [Raison]? /
Koa Türk hatt’s nit tu“ (TVA, A 6710, aus der Sammlung von Adolf Dörler, 1896).
18
Sinwel: „Das ‚Boarlied‘“ (wie Anm. 12).
19
Pauli Kiem (Hg.): Sammlung Oberbayrischer Volkslieder, München 1962 (11934), S. 172–174.
20
Sinwel: „Das ‚Boarlied‘“ (wie Anm. 12), S. 9.
15
184
Kapitel 9
3. Der Kaiser Franz, der liebt uns wohl,
Das wissen mier alle in Tyrol,
Drum hab’n mier uns aufs neu erwählt
Den Speckbacher zum Kriegsheld!
4. Den Speckbacher zum Kriegesheld,
Als Obrist ist er b’stellt in’s Feld,
Er lebet noch, er lebet noch
Im Volderthal auf einem Joch.
5. Von dorten kommt er glei hervor
Mit lustigem Tyrolerkor,
Er fangt a wieder z’schlagen an
Und schwingt aufs neu den Kriegesfahn.
6. Tyroler streiten fürs Östreicher Haus
Und zeichnen sich als Sieger aus,
Damit sie werden einst befreit
Von ihrer harten Dienstbarkeit.21
Das Lied auf Speckbacher wirkt durchwegs so, als wäre es noch während des Aufstandes
gedichtet worden. Nur der Hinweis auf Speckbachers Versteck im Voldertal (vierte Strophe) verrät, dass der Text erst nach der Niederschlagung der Erhebung im November
1809 entstanden sein dürfte. Auch wenn der Krieg bereits beendet war, so schwingen
doch agitierende Töne mit. Die Hoffnung, dass Speckbacher wiederkehren und zum
Weiterkämpfen aufrufen würde, ist deutlich erkennbar.
Die Hinweise auf eine Rezeptionsgeschichte dieses Liedes sind spärlich. Flugblattdrucke sind keine bekannt, doch einige Volksliedsammler des 19. Jahrhunderts fanden
das Lied des Druckes wert.22 Im Jahr 1884 veröffentlichte es Ludwig August Frankl in
seiner Sammlung Andreas Hofer im Liede, die in erster Linie Gedichte, die nach Hofers
Tod entstanden waren, enthält, doch in der von ihm festgehaltenen Version rückt
­Andreas Hofer in den Mittelpunkt der Geschehens. So lautet die vierte Strophe: „Den
Hofer zum Kriegesheld! / Als Anführer ist er bestellt in’s Feld! / Er lebt noch, er lebt noch
/ Im Passeier auf einem Joch.“23
Robert Franz Arnold / Karl Wagner (Hg.): Achtzehnhundertneun – die politische Lyrik des Kriegsjahres,
Wien 1909 (Schriften des politischen Vereines in Wien XI), S. 269f.; außerdem in: Ludwig August Frankl
(Hg.): Andreas Hofer im Liede, Innsbruck 1884, S. 114f. Siehe auch Liedindex, Nr. 95.
22
Heinrich Rudolf Hildebrand (Hg.): F. L. Soltau’s Deutsche Historische Volkslieder, Zweites Hundert.
Aus Soltau’s und Leyer’s Nachlaß und anderen Quellen, Leipzig 1856, S. 445–447; Franz Wilhelm von
Ditfurth (Hg.): Historische Volkslieder der Zeit von 1756 bis 1871. 1. Band, 2. Heft: Die historischen
Volks­lieder vom Ende des siebenjährigen Krieges, 1763, bis zum Brande von Moskau, 1812, Berlin 1872,
S. 352f.; Franz Wilhelm von Ditfurth (Hg.): Historische Volkslieder des österreichischen Heeres von 1638–
1849, o. O. 1849, S. 83; Arnold/Wagner (Hg.): Achtzehnhundertneun (wie Anm. 21), S. 269f.
23
Frankl (Hg.): Andreas Hofer im Liede (wie Anm. 21), S. 114f.
21
Lied über die Vorfälle im August im Ober-Innthale
185
Fröhliche Kampflieder
und ein melancholisches Soldatenlied
In Volksliedarchiven lassen sich noch einige Strophen finden, die inhaltlich zum Jahr
1809 passen, aber nicht eindeutig datierbar sind. So könnte folgendes Lied, dessen
Melodie ebenfalls im Deutschen Volksliedarchiv in Freiburg i. Br. vorliegt, ebenso aus den
Jahren 1859 oder 1866 stammen:
Auf auf ihr Tiroler, wir müssen in das Feld.
Für uns giebt der Kaiser das Brod u. das Geld,
Wir müssen marschieren zum Feinde hinaus,
und müssen uns streiten fürs Kaiserliche Haus.
/: Juheirasasa, Tiroler stehn da.
Sie tragen grüne Hütchen und sauber stehn sie da. :/24
Nur mündlich überliefert ist das Lied Net zum Spiel, nåh zum Kampf, das der deutsche
Volksmusikforscher Alfred Quellmalz im Rahmen seiner Südtiroler Feldforschungen
von 1940–1942 auf Band festhielt und 1968 im ersten Band seiner Südtiroler Volkslieder
veröffentlichte (siehe Abb. 3):
1. Net zum Spiel, nåh zum Kåmpf,
außer geaht’s im Pulverdåmpf !
Nur Kurasch, dö Bagasch
hauts glei auf die Tåsch!
2. Boarn, Sachsn und Franzosn,
blowe Röck und rote Hosn,
treibts die Bånde mitanånd
lustig aus ’n Lånd!
3. Unser Lebm in der Schånzn
schlågn mir für den Kaiser Frånzn,
wenn i fåhr, tüat ’s lai wåhr,
kriagst du ’s auf die Påår.
4. Mit dem Drischl, mit die Stutzn
wölln mir geahn dös Gsindl putzn:
Hauts glei drein, weard wohl sein,
seids lai net so fein.
5. Gschumpfn håbm s’ üns Weib und Kinder,
gstohln håbm s’üns Roß und Rinder;
auf ’n Altår der Herrgott går
selbst ist in Gfåhr.
6. Kastelruther, Pseirer, Sarner,
Vintschger, Pustrer, Lüsner, Vahrner,
jedes Tål von Tirol
gibt zum Kåmpf sein Soll.
Deutsches Volksliedarchiv, Freiburg i. Br. (im Folgenden: DVA), A 73972, mit Melodie; Anmerkung:
„Lieder der Brienzer Mädchen, Bern, Schweizerisches Archiv, keine Datierung“. Siehe auch Liedindex,
Nr. 8.
24
186
Kapitel 9
7. Kommåndieren tuat der Ander,
folgen müassn ihm åll die Mander;
Herr im Lånd, Kommandånt
sei der Wirt von Sånd.
8. Weiber, Kinder tüats net rearn,
weardn mir decht erst wiederkeahrn,
betet ös üns indes,
håltet euer Gfreß!
9. Wenn für’s Våterlånd mir fålln,
weard’s üns Gott im Himmel zåhln!
Haut dem Gsindl auf die Grind.
Auß mit die Hünd!25
Mit derben Phrasen versucht der anonyme Dichter, sein Publikum zum „Dreinschlagen“ zu bewegen. Es könnte sich rein inhaltlich – auch wenn jegliche weiteren Zeugnisse
fehlen – um ein authentisches Lied aus dem Jahr 1809 handeln und zu einer Zeit entstanden sein, als man Hofer schon offiziell „Oberkommandanten“ nannte (Juni 1809).26
Auch ein 1909 aufgezeichnetes, im Deutschen Volksliedarchiv aufbewahrtes und
ebenfalls von Quellmalz dokumentiertes Lied (siehe Abb. 4) lässt sich kaum datieren:
1. Lustig wir Tiroler, wir ziehen auf das Feld,
wir sein für den Glauben zum Streiten bestellt.
2. Vater und Mutter, seid doch nicht betrübt,
und macht mir kein schweres Herz, wenn i fort muß in Krieg.
3. Kohlschwarzbraune Äugelein fließen von Tränen,
wenn i von mein Vaters Haus Urlaub muß nehmen.
4. Urlaub muß i nehmen, muß auf und davon,
und die Boarn und Franzosn, die ziagn schon ån.
5. Denn der uan nimmt den Sabl, der ånder die Büchs,
und nur hear, ihr Franzosn, mir fürchten uns nix.
6. Jetzt bin i blessiert und mein Leben ist aus,
muß mein Schatz verlassen und meines Vaters Haus.
7. „Liebe Kameraden, ich bitte euch all,
ach, schreibt mir den Todesschein und meinen Nam.
8. Wenn meine Liebste tut fragen nach mir
und dann sagst: ‚In der Ewigkeit und nicht mehr hier.‘
9. Und wenn sie tut fragn und dann sagst, i bin gstorbm,
und wenn sie recht übel tut, sagst, i kimm morgn.“27
Alfred Quellmalz (Hg.): Südtiroler Volkslieder. 1. Band: Balladen, Schwankballaden, Moritaten, historische
Lieder, ältere Soldatenlieder, Ständelieder, Bauern und Knechte, Kassel u. a. 1968, S. 154; vgl. TVA, Süd­
tirol­sammlung Quellmalz, Tonaufnahme Nr. 1911 vom 15. Februar 1942. Siehe auch Liedindex, Nr. 49.
26
Mühlberger: „Absolutismus und Freiheitskämpfe“ (wie Anm. 5), S. 527.
27
Quellmalz (Hg.): Südtiroler Volkslieder (wie Anm. 25), S. 155, siehe auch DVA, A 188213. Siehe auch
Liedindex, Nr. 48.
25
Lied über die Vorfälle im August im Ober-Innthale
187
Abb. 3: „Net zum Spiel, nåh zum Kåmpf“, in: Quellmalz (Hg.): Südtiroler Volkslieder, 1. Band (wie Anm. 25),
S. 154. Transkription.
Abb. 4: „Lustig wir Tiroler“, in: Quellmalz (Hg.): Südtiroler Volkslieder, 1. Band (wie Anm. 25), S. 155.
Transkription.
188
Kapitel 9
Der Quellmalz-Mitarbeiter Fritz Bose hatte das Lied am 29. August 1940 in St. Jakob
in Pfitsch in Südtirol aufgenommen und Quellmalz datierte es mit 1809.28 Allerdings ist
seine Datierung aus zwei Gründen fragwürdig: Einerseits fällt ins Auge, dass leicht dialektal gefärbte und hochdeutsch formulierte Strophen einander abwechseln, was man als
Hinweis auf ein nachträgliches „Hineindichten“ in ein bereits bestehendes Lied werten
könnte, andererseits ist der Inhalt des Liedes – der Abschied eines zum Militär eingezogenen jungen Mannes von seiner Familie, seine im Krieg erlittene tödliche Verletzung
und seine Anweisung an die Kameraden, seiner Geliebten die Nachricht von seinem
Tod „schonend“ beizubringen – absolut untypisch für jene tirolischen Lieder, die sich
auf die Kämpfe von 1796/1797 oder 1809 beziehen. Während üblicherweise in diesen
Liedern der Tod, wenn überhaupt, heldenhaft verklärt und das Leben des Einzelnen
Gott, Kaiser und Vaterland untergeordnet wird, trägt dieses Lied eher den Charakter
eines melancholischen Soldatenliedes, das den Schmerz des Abschieds von der Heimat
und vom Leben thematisiert.29
Hofers frühe Verehrung im Lied …
Für die Spätphase des Aufstandes von 1809 finden sich nur mehr wenige Lieder. Es fällt
auf, dass Andreas Hofer, der nur wenige Jahrzehnte später als der Kopf der Erhebung,
als „Bauernführer“, „Tiroler Volksheld“ und „Rebell“ in die Historiografie einging, in
den Liedern aus der Anfangszeit des Aufstandes faktisch kaum eine Rolle spielt und in
jenen Liedern, die zwischen der dritten und vierten Bergiselschlacht entstanden, nicht
einmal erwähnt wird. Diese Feststellung deckt sich mit der Tatsache, dass Andreas Hofer
erst durch die deutschnationale Idealisierung ab der Mitte des 19. Jahrhunderts zum
Helden stilisiert wurde, nicht aber schon zu seinen Lebzeiten. In der Tat muss zwischen
jenen Liedern, die zur Zeit der Landesverteidigung 1796/1797 und des Aufstandes von
1809 entstanden und jenen, die ab den 1830er-Jahren im In- und Ausland verfasst wurden, unterschieden werden. In den späteren Liedern steht eindeutig Andreas Hofer als
„Held“ im Mittelpunkt. Die relativ früh erschienenen Abhandlungen und Sammlungen
von Ludwig August Frankl (1884), Emil Karl Blümml (1910) und Oswald Menghin
(1912) beinhalten fast keine „authentischen“, d. h. zeitgenössischen Texte, sondern in
erster Linie heroisierend-national verklärte Gedichte und Lieder über Hofer, wie sie im
19. Jahrhundert in großen Mengen geschrieben wurden.30 Hofers Heroisierung ent-
Quellmalz (Hg.): Südtiroler Volkslieder (wie Anm. 25), S. 155. Vgl. TVA, Südtirolsammlung Quellmalz, Tonaufnahme Fritz Bose Nr. 119. Zu den musikalischen Feldforschungen des SS-Ahnenerbes in
Südtirol siehe Thomas Nußbaumer: Alfred Quellmalz und seine Südtiroler Feldforschungen (1940–42).
Eine Studie zur musikalischen Volkskunde unter dem Nationalsozialismus, Innsbruck – Wien – München;
Lucca 2001 (Bibliotheca Musicologica VI).
29
Zu den üblichen Charakteristika von Kriegsliedern siehe Hannjost Lixfeld: „Soldatenlied“, in: Rolf
Wilhelm Brednich / Lutz Röhrich / Wolfgang Suppan (Hg.): Handbuch des Volksliedes. 1. Band: Die
Gattungen des Volksliedes, München 1973 (Motive. Freiburger folkloristische Forschungen 1/I), S. 833–
862.
30
Frankl (Hg.): Andreas Hofer im Liede (wie Anm. 21); Emil Karl Blümml: „Andreas Hofer-Lieder“,
in: Die Kultur Wien 10 (1909), S. 91–94; Menghin: „Andreas Hofer“ (wie Anm. 8). Siehe außerdem Oswald Menghin: „Die historischen Volkslieder über Andreas Hofer“, in: Wiener Zeitung, Nr. 44,
28
Lied über die Vorfälle im August im Ober-Innthale
189
stand genau genommen nach der dritten Bergiselschlacht, wie der Heimatkundler Ludwig von Hörmann 1910 feststellte:
Überhaupt finden die tirolischen Helden im Volksliede wenig Berücksichtigung […] Was nun aber
speziell Hofer betrifft, so darf man nicht vergessen, daß seine Person, obschon sie von Anfang an
als die Seele des ganzen Aufstandes galt, nicht so sehr in den Vordergrund trat, besonders nicht im
Kampfe, worauf es beim Volke am meisten ankommt. Erst als er nach der dritten Berg-Isel-Schlacht
als Sieger in Innsbruck eingezogen war, die provisorische Regierung des Landes übernommen hatte
und vom Kaiser durch Überreichung einer goldenen Gnadenkette ausgezeichnet worden war,
gelangte sein Ansehen auch zum äußeren Ausdruck.31
Dieser „äußere Ausdruck“, auf den Ludwig
von Hörmann anspielt, manifestierte sich
unter anderem auch in einem öffentlich, noch
zu Andreas Hofers Lebzeiten vorgetragenen
Loblied auf ihn selbst, das einen singulären
Stellenwert einnimmt. Die dritte Bergiselschlacht markierte bekanntlich den Beginn
einer übergangsmäßigen tirolischen Zivilverwaltung unter Hofers Führung. Am 4. Oktober 1809 erhielt er im Rahmen eines feierlichen Aktes in der Innsbrucker Hof­kirche
nicht nur eine große Summe Geld, das für
die weitere Landesverteidigung gedacht war,
sondern auch eine Kette mit einer goldenen
Medaille. Beides hatte der österreichische
Kaiser Franz I. von Wien nach Tirol schicken
lassen, um Hofer Dank für dessen Verdienste
auszusprechen.32
Dieser 4. Oktober 1809, der als Namenstag des Kaisers ein Feiertag war, bot auch
einem Schützen der zweiten Meraner Kompanie, Georg Hofer, die Gelegenheit, sein
selbst gedichtetes Ehrenlied 33 auf den neuen
Landesregenten Andreas Hofer einem größeren Publikum darzubieten (siehe Abb. 5).34
Dass das Lied auch tatsächlich vorgetragen
wurde, vermuten Hörmann35 und Josef Hirn:
Abb. 5: Flugblatt: „Die halbe Welt spricht von
dem Helden“ (Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck, FB 2518/VIII).
24. Februar 1910, S. 4; ders.: „Das erzählende Volkslied in Tirol“, in: Urania. Illustrierte populärwissenschaftliche Wochenschrift 11 (1909), Nr. 35, 28. August 1909, S. 549–553.
31
Ludwig von Hörmann: „Andreas Hofer im Volksliede“, in: Innsbrucker Nachrichten, Nr. 40, 19. Februar 1910, S. 1.
32
Pizzinini: Andreas Hofer (wie Anm. 4), S. 210–214.
33
Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck (im Folgenden: TLMF), FB 245/107.
34
Hirn: Tirols Erhebung (wie Anm. 2), S. 711.
35
Hörmann: „Andreas Hofer im Volksliede“ (wie Anm. 31), S. 1.
190
Kapitel 9
„Georg Hofer, ein bäuerlicher Tyrtäus [stimmte] an diesem Tage seine Harfe zu einem
‚Ehrenlied‘ auf Vater Hofer“.36 Nicht einmal einen Monat später, am 1. November
1809, wurden die Tiroler Aufständischen in der letzten Bergiselschlacht geschlagen und
Hofer ergriff die Flucht.37
Ehrenlied dem Tyroler Helden Andreas Hofer Oberkommandanten.
[Georg Hofer]
1. Die halbe Welt spricht von dem Helden;
Singt nun Brüder, um zu melden,
Was Altär und uns beschützt.
Man sah Blut für Glauben fließen,
Waffen sich an Waffen schließen,
Welche der Arm Gottes schützt.
2. Was wär’ Tyrol, von ihm verlassen?
Menschen zitterten, erblassen,
Und der Feind zog ohne Kampf
Nach von ihm erdichten Lügen
Durch das Land in schnellen Zügen
Ohne Rauch und Pulverdampf.
3. Um keine tiefe Wund’ zu reissen,
Sucht man uns zurück zu weisen,
Priester stimmten furchtsam ein:
Unser Glück lag auf den Fluten,
Niemand wollt’ für Gott mehr bluten,
Und die Waffen schliefen ein.
4. Lefebers Stolz bedroht uns brausend,
Glaubt sich stark bey zwainzig tausend,
Den ein Herzogthum belohnt;
Fodert gleich von uns Gewehre,
Schreibt den Sieg zu seiner Ehre,
Der im Siegen schon gewohnt.
5. In diesen kummervollen Stunden
War der Hoffnungsstrahl verschwunden.
Sterzing, das in Thränen floß,
In der Waffenflut ersäufet,
Die bis Pusterthale streifet,
Schreckt der Feinde Kriegsgeschoß.
6. Nein Christ! hier darfst noch nicht verzagen,
Denn die Stundt hat nicht geschlagen,
Daß es schon an Rettung fehlt:
Gott zieht nicht die Hand zurücke,
Und sie weckt zum schnellen Glücke,
Die der Held Tyrols beseelt.
Hirn: Tirols Erhebung (wie Anm. 2), S. 711.
Pizzinini: Andreas Hofer (wie Anm. 4), S. 220–241.
36
37
Lied über die Vorfälle im August im Ober-Innthale
7. Von dem gemeinen Bauern-Stande
Und ein Bergsohn in dem Lande,
Ordnet gleich den kleinen Rest;
Trotzet mit entschloßnen Waffen,
Die zuvor kaum eingeschlafen,
Stellt sich vor die Feinde fest.
8. Der nie den Musen war gewogen,
Übertriebnen Witz gesogen,
Niemals eine Schul studiert:
Spricht im lauten Kugelregen
Herzhaft einem Feind entgegen,
Den die Kunst zum Siegen führt.
9. Von jedem Baum und Felsenritzen
Sah’ man Feuer, Steine spritzen,
Die die Wuth der Feind’ erstickt;
Und er zog mit schnellen Schritten
Halb so stark, bevor sie stritten
Bis zum Isel hingedrückt.
10. Hier glaubt er sich ergrimmt zu rächen,
Läßt die großen Stück’ erbrechen,
Der sich noch mit Sturme deckt:
Doch er wird mit Gegenblitzen
Von dem Hügel, von den Spitzen
Blutig vor dem Berg gestreckt.
11. Hier zog mit umgekehrtem Glücke
Ganz beschämt der Feind zurücke
In der stillen Mitternacht;
Der mit eignem Blut gekühlet,
Mehr als halbe Volk verspielet,
Hat sich aus dem Staub gemacht.
12. So kann in unsern Vatersgränzen
Der getreue Held jetzt glänzen,
Welches bloß der Mißgunst quällt;
Weil sie mit sehr schlimmen Augen
Kein gerades Licht kann schauen,
welches ihr zur Schande fällt.
13. Er dient dem König zum Exempel,
Blankes Geld fliegt von dem Stempel,
Gießet neue Stück zum Streit,
Setzet Reuter auf den Pferden;
Unterthänig muß ihm werden
Selbst die kluge Obrigkeit.
14. O Gott! erhalte unsern Treuen,
Dessen Ruhm wir Lorber streuen,
Stäts bewaffnet mit Geduld;
Daß er kann der Kirche nützen,
Unser Vaterland beschützen
Durch Mariä Gnad und Huld.
191
192
Kapitel 9
15. Wo die Gottes Mutter thronet,
Wird ihr Pflegkind gleich belohnet;
Rufet ihren Namen an;
Fest und rein sey das Vertrauen,
Und ihr könn’t auf Hilfe bauen
Durch die Macht des Gottes Sohn.38
„Partien von großer Plattheit und einer fast unheimlichen Naivität“ fand Hörmann
in diesem Lied, selbst wenn es seiner Meinung nach auch einige „wirkungsvolle Stellen“ aufweise;39 ein „Text, der in seiner unbehilflichen Grandezza und naiven Mischung
volkstümlich-schlichter Art mit literarischer und gelehrter Prätension eine Leistung von
fast komischer Wirkung darstellt“, urteilte Oswald Menghin etwas amüsiert.40 In den
fünfzehn Strophen des Liedes wird Hofer als christlicher Retter und Held dargestellt,
der mit tirolischer Tapferkeit dem zahlenmäßig überlegenen Feind entgegentritt und
trotz seiner mangelhaften Bildung schlauer ist als die „kluge Obrigkeit“. Der reli­giöse
Charakter des Textes ist dabei kaum zu übersehen. Dieses Lied, auf einer unbekannten
Melodie wahrscheinlich sogar in Hofers Anwesenheit vorgetragen, ist das einzige bis
dato bekannte gesungene Zeugnis einer zeitgenössischen Hofer-Huldigung, die auch
zeitlebens auf Flugblättern verbreitet wurde.41
Eine einzige weitere Liedstrophe, in der Hofer als „Held“ tituliert wird, findet sich
im Lied der Tyroler Insurgenten, das zwar mit 13. April 1809 datiert ist, aber aus späterer
Zeit stammen dürfte:
O Sandwirth du getreuer Held
Ein Sieh[g]er auf dem Feld
Dein Ruhm ist weit und breit bekannt
Faßt in der ganzen Welt.42
Hofers Beliebtheit und Verehrung als Freiheitsheld zeigte sich auch fern von Tirol am
Verkauf von gedruckten Hofer-Bildern,43 an der Art und Weise, wie vor allem in den
deutschen Staaten und in Großbritannien über ihn berichtet wurde,44 und in der Tat­
sache, dass einer der führenden Dichter der englischen Romantik, William Wordsworth,
dem Tiroler Insurgenten vier Gedichte widmete.45
Arnold/Wagner (Hg.): Achtzehnhundertneun (wie Anm. 21), S. 261–263. Als Flugblatt im TLMF,
FB 245/107 bzw. FB 2518/VIII. Siehe auch Liedindex, Nr. 147.
39
Hörmann: „Andreas Hofer im Volksliede“ (wie Anm. 31), S. 2.
40
Menghin: „Andreas Hofer“ (wie Anm. 8), S. 28.
41
Von der Verbreitung zeugen mehrere Flugblattdrucke, siehe TLMF, FB 245/107, FB 2518/VIII,
FB 1383/107.
42
Verzeichnis der Archivalien aus dem Insurrectionskampf in Tyrol im Jahre 1809, entnommen 1879 aus den
Criminal-Akten der Commandatur München (Österreichisches Staatsarchiv, Kriegsarchiv, Wien, Feld­
akten AFA HR Akten 1394, I-50Ad). Siehe Kapitel 8 in diesem Band. Siehe auch Liedindex, Nr. 111.
43
Klaus Nutzenberger: Das Bild Andreas Hofers in der historischen, literarischen und künstlerischen Rezeption des 19. und 20. Jahrhunderts, Dissertation, Universität Münster 1998, S. 82.
44
Laurence Cole: „Echos von 1809: Der Tiroler Aufstand in der britischen Erinnerungskultur des
19. Jahrhunderts“, in: Brigitte Mazohl / Bernhard Mertelseder (Hg.): Abschied vom Freiheitskampf?
Tirol und ‚1809‘ zwischen politischer Realität und Verklärung, Innsbruck 2009 (Schlern-Schriften 346),
S. 295–324, hier S. 299–301.
45
Ebd., S. 304f.
38
Lied über die Vorfälle im August im Ober-Innthale
193
Abb. 6: „Nun hört uns, ihr Bayern!“, in: August Hartmann / Hyacinth Abele (Hg.): Historische Volkslieder
und Zeitgedichte vom sechzehnten bis neunzehnten Jahrhundert. 3. Band: Von 1756 bis 1879, München 1913,
S. 114.
… und seine Demontage als Held
Am 25. Oktober 1809 sahen sich die Einwohner Innsbrucks erneut der französischen
und bayerischen Besatzung gegenüber. Hofer hatte die Hofburg bereits vier Tage zuvor
verlassen, Napoleon hatte in den Tagen davor den Befehl erteilt, mit 56.000 Soldaten
das Land endgültig zu unterwerfen. Nach der für die tirolischen Kompanien desaströsen
vierten und letzten Bergiselschlacht am 1. November war die Einnahme Tirols nicht
mehr zu stoppen, Hofer unterzeichnete eine Unterwerfungserklärung und suchte sein
Versteck im Passeiertal auf.46
Um dieses Kapitel über die zeitgenössischen Lieder des Aufstandes und die Rolle
Hofers zu einem Abschluss zu bringen, darf ein Lied nicht vorenthalten werden, für das
es nur einen einzigen Beleg gibt, nämlich in August Hartmanns und Hyacinth Abeles
Historischen Volksliedern und Zeitgedichten. Es stammt vermutlich aus jenen Wochen des
Jahres 1809, in denen sich Hofer versteckt hielt (siehe Abb. 6):
1. Nun hört uns, ihr Bayern! wir wolln euch was sagn.
Nur tuts uns beim König nöt gar z’verklagn!
Wir sehen den Irrtum, bekennen den Fall
Und schämen uns selbsten. Verzeiht uns diesmal!
Georg Mühlberger: „Absolutismus und Freiheitskämpfe“ (wie Anm. 5), S. 533–536.
46
194
Kapitel 9
2. O wäre der Sandwirt, der Anderl nöt g’wen!
Kein Anderer tät sich zum Kriegführn verstehn.
Er aber ist tückisch und tamisch vor Wuat;
Drum – ging ’s ihm im Anfang und lang aussi guat.
3. Die G’sandten von Östreich die hamb uns betrogn;
Sie haben von Truppen- und Geldschicken g’logn.
Sie hamb uns brav aufg’hetzt zu streiten fürn Glaubn.
Die Worte seind schön g’west, doch lauter faul Traubn.
4. Die Oberländer Schützen seind lauter Wildleut;
Sie habn nur zum Spreizen und Beutmachen Schneid.
Die Höttinger Lumpen, das Schwazer Gesind,
Die Kothlackler Spitzbuam, nehmts diese bein Grind!
5. Es gibt auch wohl Manche im Unterland hier,
Die grad so rebellisch wie würflige Stier’.
Wer ihnen ein Wort sagt von Frieden und Ruh,
Den wollten sie packen und greifen g’schwind zu.
6. Und wollt ihr sie kennen, so muaß i enk sagn:
Es seind meistens Solche, die Razenbärt tragn.
Im Beutel kein Geld – hamb doch Schulden genug
Und lieber spaziern gehn, als hinter dem Pflug.
7. Die sackrischen Lumpen habn glaubt, sie sei’n Herrn,
Es wird sie der Kaiser zu Ratsherrn begehrn,
Er wird ihnen schicken ganz Truchen voll Geld;
Jetzt aber, weil keins kommt, jetzt hat er weit g’fehlt.
8. Nun also, ihr Nachbarn, das Kriegführn ist aus;
Wir bleiben bein Weibern und Kindern zu Haus.
Wir wollen in Frieden recht nachbarlich lebn;
Nur müßts uns Tirolern die Dummheit vergebn!
9. Und du, lieber König, sieh gnädig herab!
Wir wollen dir treu sein stets bis in das Grab.
Das sei nun beschlossen! Wer nochmals versucht
Mit Bayern zu streiten, der sei uns verflucht!47
Diese Strophen beweisen im Gegensatz zu Georg Hofers Versen, dass es offenbar auch
kritische Stimmen gegen Hofer gab. Der Dichter schuf ein beschwichtigendes Entschuldigungslied an die Bayern und zugleich ein „Schuldlied“ auf Andreas Hofer. Wäre Hofer
nicht gewesen, wäre es nie zu dieser Kriegskatastrophe gekommen. All jene, die sich am
Aufstand beteiligten, diffamiert er als Taugenichtse und Kriminelle.
Leider wissen wir nicht, wer der Urheber dieses Liedes war – ein Tiroler, oder möglicherweise ein Bayer? Ist es ein Beleg dafür, dass es in Tirol eine Opposition gegen
den Aufstand gab, oder ein Zeugnis für besonders großen Opportunismus gegenüber
August Hartmann / Hyacinth Abele (Hg.): Historische Volkslieder und Zeitgedichte vom sechzehnten bis
neunzehnten Jahrhundert. 3. Band: Von 1756 bis 1879, München 1913, S. 114–116, laut Hartmann
mündlich aus Sachrang (südlich von Hohenaschau, an der Tiroler Grenze) überliefert. Siehe auch Liedindex, Nr. 50.
47
Lied über die Vorfälle im August im Ober-Innthale
195
dem Sieger, oder gar ein bayerisches Propagandalied? Der Mangel an Informationen
erschwert jede weitere Interpretation. Das Lied würde jedenfalls gut in die negative
Rezeption Hofers und des Aufstands fallen, die spätestens mit 1810 einsetzte und
besonders von bayerischer Seite betrieben wurde.48
Fazit
Die politische Lyrik des ereignis-, verlust- und entbehrungsreichen Jahres 1809 ist nicht
so ausgeprägt wie jene anlässlich der Landesverteidigung von 1796/1797. Trotzdem verfügen viele der teils aufmunternden, teils spöttischen, teils gebetsartigen, aber ebenso
erzählenden Lieder aus der Phase des Aufstandes von 1809, von denen wir heute noch
Kenntnis besitzen, über eine merkbar längere Rezeptionsgeschichte als die meisten Lieder von 1796/1797. Manche Lieder wurden noch Jahrzehnte später gesungen, einige
fanden, aus welchen Gründen auch immer, bereits fünf Jahre nach ihrer Entstehung
Eingang in Jakob Levi Salomo Bartholdys geschichtliches Werk über „Anno Neun“ von
1814.
Angesichts unterschiedlicher Liedvarianten, die lange unpubliziert blieben und erst
um die Wende zum 20. Jahrhundert in Feldforschungen aufgezeichnet wurden, lässt
sich die Vermutung äußern, dass politisches Singen im Jahr 1809 in erster Linie auf der
Basis der mündlichen Überlieferung erfolgte – nicht verwunderlich bei der prekären,
instabilen politischen Situation, die erst in der Phase der Zivilverwaltung Hofers in
Innsbruck kurzzeitig Beruhigung fand. Bezeichnenderweise stammt aus dieser Zeit der
einzige Beleg für eine politisch intendierte Liedaufführung mit halb-offiziellem Charakter und dem dazugehörigen Flugblattdruck.
Andreas Hofer, der „Nationalheld“ Tirols, spielte aber in den zeitgenössischen politischen Liedern von 1809 eine auffallend geringe Rolle, was die Geschichtsforscher um
das Jahr 1909, als der Hofer-Mythos in Tirol einen neuen Bedeutungsschub erlebte,49
noch stutzig machte:
[Die Kriegslieder von 1809] sollten doch billigerweise den Mittelpunkt der ganzen historischen
Volksliederforschung in Tirol bilden und in demselben Maße in den Vordergrund gestellt werden,
als der Heldenkampf des Jahres Neun an Ruhm alle früheren Kriegstaten der Tiroler überflügelt
hat.50
Florian Kern: Der Mythos Anno Neun. Andreas Hofer und der Tiroler Volksaufstand von 1809 im Spiegel
der Geschichtsschreibung (1810–2005), Frankfurt a. M. 2010 (Konsulat und Kaiserreich. Studien und
Quellen zum Napoleonischen Zeitalter 1), S. 38.
49
Siehe dazu beispielsweise Irmgard Plattner: „‚Heil Sondwirt! Grüaß di’! … ’s geaht schun un, sie sein
schun oll’ beinond.‘ Inszenierungsstrategien und Inszenierungsreflexionen zum Jubiläumsjahr 1909“,
in: Mazohl/Mertelseder: Abschied vom Freiheitskampf? (wie Anm. 44), S. 393–409; David Schnaiter:
„‚Immobiles Sicut Patriae Montes‘. Die Rezeption des Tiroler Aufstandes von 1809 im Tirol des beginnenden 20. Jahrhunderts – dargestellt anhand des Volksdichters Bruder Willram“, in: Mazohl/Mertels­
eder (Hg.): Abschied vom Freiheitskampf ? (wie Anm. 44), S. 409–434, sowie Bernhard Mertelseder:
„Die Zentenarfeier von 1909 – der Höhepunkt der Hofer-Euphorie“, in: Brigitte Mazohl / Bernhard
Mertelseder / Johannes Weber (Hg.): 1809 – und danach? Über die Allgegenwart der Vergangenheit in
Tirol, Bozen – Innsbruck – Wien 2009, S. 189–204.
50
Menghin: „Andreas Hofer“ (wie Anm. 8), S. 6.
48
196
Kapitel 9
Diese Forderung ist für uns aus zeitlicher Distanz sehr verständlich. Die Annahme,
Hofer sei schon zu seinen Lebzeiten während des Aufstandes als großer Held verehrt
worden, ging auf die Verzerrung seines Stellenwerts und die Idealisierung des „Freiheitskampfes“ etwa ab den 1830er-Jahren zurück. Laurence Cole resümiert über die nicht
sehr ausgeprägte Rezeption des Sandwirts in zeitgenössischen Liedern und Gedichten
zutreffend: „[…] kaum hatte sich der Ruf des ‚Sandwirts‘ zu verbreiten begonnen, ging
er in der dem Aufstand unmittelbar folgenden Enttäuschung der breiten Bevölkerung
unter“.51
Laurence Cole: „Für Gott, Kaiser und Vaterland“. Nationale Identität der deutschsprachigen Bevölkerung
Tirols 1860–1914, Frankfurt a. M. – New York 2000 (Studien zur Historischen Sozialwissenschaft 28),
S. 237.
51
Kapitel 10
„Was doch der Arme leiden muss für Leute, die nichts tun“.
Die liebe Feyerstunde schlägt
Sandra Hupfauf
Den 19. September. Ich stehe als Ordonnanz beim Herrn Vater [Andreas Hofer]. Er speist mit 10
andern im kleinen Saale, wo die französ. Offiziers speisten. An der Wand ließ er ein Crucifix und
ein Marienbild hängen. Das Tischtuch war äußerst beschmutzt; der Tisch mit Weinflaschen ganz
bedeckt. Gester[n] sollen die Herren in der Burg besonders wohlgemuth gewesen seyn; sie sangen
sogar das Lied: die liebe Feyerstunde schlägt.1
Anton Knoflach (1783–1842), zur Zeit der Aufstände Rechtspraktikant bei Appella­
tions­rat Andreas Alois Di Pauli von Treuheim (1761–1839) in Innsbruck, beschreibt in
seinem Tagebuch die Ereignisse von 1809. Während der Abwesenheit seines Gastgebers
notierte er zwischen dem 23. April und dem 5. Dezember, was er großteils vom Fenster
und Dach des Hauses Di Paulis in der Maria-Theresien-Straße in Innsbruck beobachtete. Am 17. September besuchte er die Hofburg und hielt fest: „Die Bauern nennen
den Sandwirth durchaus Herr Vater!“,2 und als Vater bezeichnet auch er Andreas Hofer,
wie das Eingangszitat vom 19. September 1809 zeigt.
Knoflach identifiziert das von Hofer und seinen Getreuen gesungene Lied eindeutig als „Die liebe Feyerstunde schlägt“, woraus man auf eine größere Popularität dieses
Liedes schließen kann, das auch unter dem Titel Der Tag(e)löhner bekannt ist. Als Josef
Hirn in seiner Studie Tirols Erhebung im Jahre 1809 (1909)3 die eingangs zitierte Passage
aus Knoflachs Tagebuch übernimmt, gibt er die sieben Strophen des Liedes wieder. In
der Fußnote merkt er an: „Herrn Prof. Wackernell, dem unermüdlichen Liederforscher,
verdanke ich die Angabe, dass dieses von den Bauern Hofers gesungene Lied abgedruckt
ist in dem ‚Neuen Volksliederbuch‘, VI. Aufl. Reutlingen 1832, p. 53.“4
Der Ursprung des Liedes „Die liebe Feyerstunde schlägt“ ist unbekannt. Als Verfasser
kommen sowohl Johann Friedrich Schlez (1759–1839)5 als auch Anton Grolzham[m]er
(Geburtsjahr unbekannt, gest. 1786)6 in Frage.7 Grolzhammer war einer der ständigen Autoren des Wiener Musenalmanachs 8 und auch J. P. Kaltenbeck verweist auf den
Franz Schumacher (Hg.): Anton Knoflach’s Tagebuch über die Ereignisse in Innsbruck im Jahre Neun,
Innsbruck 1909 (Anno Neun XIII), o. Sz.
2
Ebd.
3
Josef Hirn: Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 1909, S. 636.
4
Diese Quellenangabe von Hirn ist mit Sicherheit fehlerhaft, denn die 5. Auflage des Buches erschien
1849, weshalb die 6. Auflage nicht 1832 veröffentlicht worden sein kann; siehe dazu J. J. Algier (Hg.):
Neues Volks-Liederbuch. Eine Sammlung der in den mittleren und niedern Ständen geliebtesten Lieder und
Gesänge, Reutlingen 51849, S. 35.
5
Rudolf Zacharias Becker (Hg.): Mildheimisches Liederbuch. Faksimiledruck nach der Ausgabe von 1815.
Mit einem Nachwort von Günter Häntzschel, Stuttgart 1971, S. 43.
6
Josef Bitsche: „Alte Liederhandschriften aus dem hinteren Bregenzerwald“, in: Jahrbuch des Österreichischen Volksliedwerkes 11 (1962), S. 122–139, hier S. 123.
7
Für diese Auskunft danke ich Frau Dr. Waltraud Linder-Beroud, Deutsches Volksliedarchiv, Freiburg i. Br.
8
Siehe Sidney Whitman: The Story of the Nations – Austria, New York – London 1901, S. 387.
1
198
Kapitel 10
Abb. 1: Der Feierabend, in: Fritz Gleichauf (Hg.): Mädchen-Liederbuch, Regensburg 81911, S. 307f.
Transkription.
Abb. 2: Lied eines alten Taglöhners am Feierabend (Anfang), in: Max Friedlaender: Das deutsche Lied im
18. Jahrhundert: Quellen und Studien, 1. Band, 1. Abteilung: Musik, Stuttgart – Berlin 1902, S. 384.
Die liebe Feyerstunde schlägt
199
Musenalmanach aus dem Jahr 17869 als älteste Quelle für den Druck des Liedes, gibt die
sieben Strophen des Liedes wieder und schreibt Grolzhammer die Autorenschaft zu.10
Der möglicherweise erste gedruckte Melodiebeleg stammt aus dem Jahr 1789, Leopold Schmidt11 fand ihn bei Max Friedlaender,12 der ihn wiederum aus J. M. Wieses
(Vornamen nicht überliefert) Musikalischen Abwechslungen oder Liedern, mit Mel. für
das Klavier (2. Heft, Hamburg 1789, S. 2.) übernommen hatte. Titel und Melodie
(drei Takte sind bei Friedlander abgebildet; siehe Abb. 2) weichen hier von der später
gängigen Variante des Liedes ab. Eine der wichtigsten älteren Quellen13 für das Lied
„Die liebe Feyerstunde schlägt“ (ohne Melodie) ist das Mildheimische Liederbuch. In der
Ausgabe von 1799 findet es sich unter der Rubrik „Für Gesinde und Taglöhner“ und
hat, abweichend von Kaltenbecks Wiedergabe des Liedes, nur sechs Strophen:
1. Die liebe Feyerstunde schlägt:
wie sehn’ ich mich nach ihr!
Ach nun im Schatten hingelegt,
Wie schmeckt die Ruhe mir!
2. Es war auch heute gar zu heiß,
und immer floss so hell
Von meiner Stirn ein Strohm von Schweiß,
Als wär im Kopf ein Quell.
3. Da sinn’ ich und gesteh’ es euch
Oft manchmal her und hin:
Warum ich doch nicht auch so reich
Wie andre Leute bin?
4. Da fällt mir ein: der liebe Gott
Fand dieses so für gut:
Und dem nur schmeckt ein Stückchen Brot;
Der nach der Arbeit ruht.
5. Auch währt nur alles kurze Zeit
In dieser Welt, und dann
geht zu der langen Ewigkeit
Der Feyerabend an.
6. Dann sind wir Menschen alle gleich,
Das Tagewerk ist aus:
Und jeder gehet, arm und reich,
Mit seinem Lohn nach Haus.14
Joseph Franz Ratschky: Wienerischer Musenalmanach auf das Jahr 1786, Wien 1786, S. 27.
J. P. Kaltenbeck: „Zur Kultur- und Sittengeschichte. Der erste Wiener Musenalmanach (1777–1796)“,
in: Ignaz Klang (Hg.): Austria oder Österreichischer Universal-Kalender für das gemeine Jahr 1845, Beilage: Vaterländische Denkwürdigkeiten, Wien 1845, S. 2f.
11
Leopold Schmidt: Volksgesang und Volkslied. Proben und Probleme, Berlin 1970, S. 246.
12
Max Friedlaender: Das deutsche Lied im 18. Jahrhundert: Quellen und Studien, 1. Band, 1. Abteilung:
Musik, Stuttgart – Berlin 1902, S. 384.
13
Eine weitere Quelle neben dem Wiener Musenalmanach (1786) und dem Liederheft von J. M. Wiese
(1789) ist das Neue Liederbuch für junge Leute zur Aufmunterung in Gesellschaften (um 1790).
14
Rudolph Zacharias Becker (Hg.): Mildheimisches Lieder-Buch von 518 lustigen und ernsthaften Gesängen
über alle Dinge in der Welt und alle Umstände des menschlichen Lebens, die man besingen kann, Gotha
1799, S. 304.
9
10
200
Kapitel 10
Auch in den Ausgaben von 1801 (S. 303) und 1815 (S. 462) finden sich sechs Strophen.
In einer Besprechung der 1971 veröffentlichten Faksimile-Ausgabe des Mildheimischen
Liederbuches verdeutlicht Heinz Rölleke dessen Breitenwirkung:15 Das Mildheimische
Liederbuch von Rudolph Zacharias Becker wurde erstmals 1799 gedruckt, umfasste
518 Lieder und wurde bis 1810 ganze sechs Mal nachgedruckt. In einer neu bearbeiteten und erweiterten Ausgabe von 1815, die 800 Lieder enthält, erreichte es bis 1837
noch vier Auflagen. Im Vergleich dazu wurde von der viel berühmteren WunderhornSammlung nur der erste Teil im Jahr 1819 neu aufgelegt.16 Das Mildheimische Liederbuch erfüllte vor allem „volksbildnerische“ Zwecke und diese erzieherische Intention
war wahrscheinlich auch der Grund dafür, warum Becker eine Strophe des Liedes, nämlich die dritte, die Kaltenbeck nach Grolzhammer folgendermaßen zitiert, wegließ:
3. Was doch der Arme leiden muss
Für Leute, die nichts tun,
Und die in ihrem Überfluss
Wohl gar sich müde ruhn!17
Durch diese Strophe verändert sich die Aussage des Liedes: Das besinnliche Abendlied,
das dem hart arbeitenden Volk rät, sich seinem Schicksal zu fügen und auf die Erlösung
im Jenseits zu hoffen, erhält plötzlich einen sozialkritischen Aspekt, indem das „Nichtstun“ der gehobenen Schichten angeprangert wird.
Das Lied ist mit Melodie auch in Tirol belegt, etwa im Musikarchiv des Stiftes Stams.
Hier sind zwei Notate mit den Titeln Die Feierstunde bzw. Feyer-Abend aus der Zeit um
1800 vorhanden. Für beide ist kein Verfasser zu bestimmen, in der ersten Quelle wer-
Abb. 3: Die liebe Feyerstunde schlägt, Zisterzienserstift Stams, Bibliothek und Musikarchiv, A-ST/ohne Signatur, nach: http://opac.rism.info/search?documentid=650006278 (15. 03. 2012).
Abb. 4: Die liebe Feyerstunde schlägt, Zisterzienserstift Stams, Bibliothek und Musikarchiv, A-ST/ohne Signatur, nach: http://opac.rism.info/search?documentid=650010369 (15. 03. 2012).
Heinz Rölleke: „Review: Rudolf Zacharias Becker, Mildheimisches Liederbuch. Faksimiledruck nach
der Ausgabe von 1815. Mit einem Nachwort von Günter Häntzschel, Stuttgart 1971. IV, VIII, 552,
52 S. (Deutsche Neudrucke)“, in: Jahrbuch für Volksliedforschung 1973 (18), S. 113f.
16
Mehr zum Mildheimischen Liederbuch: siehe Kapitel 4 in diesem Band.
17
Kaltenbeck: „Zur Kultur- und Sittengeschichte“ (wie Anm. 10).
15
Die liebe Feyerstunde schlägt
201
den alle sieben Strophen angegeben, die zweite enthält nur eine Strophe. Die Melodie­
führung ähnelt in beiden Notaten der späteren Version des Liedes, die sich anscheinend
durchgesetzt hat (siehe Abb. 3 und 4).
Diese Melodie des Liedes ist auch in anderen deutschsprachigen Quellen der Zeit
überliefert, wie in der Abtei Metten18 oder in der Bibliothek der Stadtpfarrkirche St. Martin in Kaufbeuren.19 Bekannter ist allerdings die Bearbeitung des Liedes durch Johann
Michael Haydn mit dem Titel Die Feierabendstunde von 1803.20 Leopold Schmidt fand
das Lied in den von unbekannten Verfassern stammenden Auserlesenen Gesellschafts­
liedern (1815),21 und schließlich ist das Lied auch in der Sonnleithner-Sammlung von
1819 zweimal vertreten.22
Für das Jahr 1809, als Andreas Hofer das Lied mit seinen Gefährten sang, gibt es
einen weiteren interessanten Nachweis für das Lied in Binabiburg in Niederbayern. Der
Priester Simon Zollbrucker erwähnt es in seiner Lebensgeschichte:
Im Jahr 1809 nach der Schlacht bey Neumarkt schlug ein französischer Trupp sein Lager nächst
Binabiburg auf des Pfarrers Aeckern auf. Alle Einwohner des Dorfes waren voll banger Erwartung
dessen, was da kommen würde. Da sprengte auf einmal ein vornehmer Offizier durch’s Thor, eilte
mit vorschneller Freude in’s Haus, und begann – beym ersten Tritt’ in des Pfarrers Zimmer leise zu
singen: „Was doch der Arme leiden muß! u. s. w.“ Der erstaunte Pfarrer erkannte sogleich seinen
Freund, den er vor neun Jahren lange Zeit im Quartiere gehabt, und mit dem er oft die herrliche
„Feyerstunde“ gesungen hatte. – Es war abermals ein rührender Auftritt. – „Herr Pfarrer“, sagte der
Offizier nach dem ersten Freudenergusse des Wiedersehens, oft war dieß Lied in machen Stunden
mir süsser Trost und ich konnte nie ohne Dank der seligen Abendstunde gedenken, an denen Sie
mir vor neun Jahren in Ihrem Garten dieß Lied vorgesungen haben. – Lassen Sie Ihnen danken
dafür! – Ich bin Kommandierender über diesen Trupp Soldaten: seyen Sie ruhig, es wird weder
Ihnen noch Ihrer Gemeinde etwas Leides geschehen.“ – Wem hatte Zollbrucker nächst Gott diesen
Schutz abermal zu verdanken, als eben seiner Gastfreundschaft und seiner unbefangenen Munterkeit sogar gegen Kriegsgäste?23
Der Offizier zitiert den ersten Satz der „sozialkritischen Strophe“ des Liedes, was darauf
hindeutet, dass er gemeinsam mit dem Pfarrer einst die vollständige Fassung des Liedes
sang.
Eine weitere Erwähnung des besonderen Effekts des Liedes stammt aus dem Jahr
1819. Ein unbekannter Autor erörtert die Frage, ob das Rosenkranzbeten oder doch der
gemeinsame Gesang die allgemeine Andacht der Kirchengemeinde besser unterstützen
würde. An einen nicht bekannten Adressaten gerichtet, ergreift er mit folgenden Worten
enthusiastisch Partei für den Gesang:
Abtei Metten, Bibliothek, D-MT/Mus.ms. 307; http://opac.rism.info/search?documentid=454010410
(15. 03. 2012).
19
Stadtpfarrkirche St. Martin, Kaufbeuren, D-KFm/ Mus. Ms. 157; http://opac.rism.info/search?document
id=453004938 (15. 03. 2012).
20
Bayerische Staatsbibliothek, München, Musikabteilung, D-Mbs/ Mus.ms. 3745; http://opac.rism.info/
search?documentid=455016838 (15. 03. 2012).
21
Anon. (Hg.): Auserlesene Gesellschaftslieder, Heidelberg 1815, S. 114.
22
Sonnleithner-Sammlung: Unterösterreich/VII/41, 23; Sonnleithner-Sammlung: Oberösterreich/XI/2,
3, siehe Walter Deutsch / Gerlinde Hofer: Die Volksmusiksammlung der Gesellschaft der Musikfreunde in
Wien (Sonnleithner-Sammlung), 1. Teil, Wien 1969 (Schriften zur Volksmusik 2), S. 84, S. 99.
23
Franz Seraph Häglsperger: Simon Zollbrucker, Pfarrer und Rural-Dekan zu Binabiburg in seinem Leben
und Wirken, München 1823, S. 62f.
18
202
Kapitel 10
Den Gesang finden Sie zerstreuend. Nein! Psychologie haben sie nicht studirt, Hr. Bruder! Beobachten Sie doch einen Gassengesang: hören und sehen Sie doch, mit welcher Aufmerksamkeit und
Genauigkeit die Sänger zusammen halten, wie deutlich sie nach ihrem Dialekt jedes Wort aussprechen! Lesen Sie, wie sich unsre christlichen Dichter bemühen, durch erbauliche, unterrichtende,
moralische Lieder die zottenhaften Gesänge der Vorzeit zu verdrängen; hören und sehen Sie, wie
gerührt sich der Sänger bey einigen angreifenden Strophen fühlt – was er fühlt, wenn er z. B. das
Lied: Die liebe Feyerstunde schlägt – auf der Gasse singt!24
Die schlichte Schönheit des „herrlichen“ Liedes, das dem Soldaten oft „süsser Trost“
war und dessen erbaulicher Inhalt Sänger rührt, ist auch einem fremdsprachigen Touristen aufgefallen. Der britische Reiseschriftsteller Joseph Moyle Sherer, der 1826 durch
Deutschland, die Schweiz, Oberitalien und schließlich Tirol reiste, berichtet in seinen
Notes and Reflections During a Ramble in Germany 25 über seine Begegnung mit einem
Priester und einem Studenten aus Tirol, die er auf einer Reise in der Kutsche in Richtung Salzburg kennenlernte:
My companions sung for me, again and again, The Evening Hymn of the Tyrolese peasants, ­beginning, „Der lieben feiierstunde schleckt“; „The loved hour of repose is striking“, or, as our English
bard has it, „The curfew tollst he knell of parting day“.
The burdon of this song, or hymn, as they brokenly and imperfectly rendered it for me, is beautiful,
the ideas poetical, and the lesson, content. Even thus prosaically given, the reader will admit its
beauty: –
„The loved hour of repose is striking; let us come to the sun-set tree; let us lie down in the pleasant
shade. Oh! How sweet is rest after labour! How I pity those who lie all day on the couch of down,
and are fatigued with doing nothing! They know not the sweetness of rest like ours: sweet is this
hour of repose, and sweet is the repose of the Sabbath day; but sweeter will be the repose of that
long Sabbath, when we all rest from our labours, in the presence of our Heavenly Father! There will
be no sun to burn us; there will be no toil, no pain, no poverty, no sorrow, no sin, but sweet and
ling will be our rest in heaven.“
Relying upon the assurance of these good friends that I should procure both the words and air at
Vienna, and upon my own memory to enquire for them, I neglected to take them down at the time,
and have since repeatedly searched for them in music shops, but in vain. The air is uncommonly
simple, and I doubt whether even in Vienna, where, amid new objects, I forgot it altogether, I could
have procured the same unadorned melody which the peasants sing, each evening, at the sunset
tree. I was more pleased with it every time I listened; it is devotional, and, sung from and with the
heart, by men who rise early to labour, and late take rest, is an evening sacrifice, accepted, surely,
at the gates of heaven.26
Sherers Reisefreunde sangen „Die liebe Feyerstunde schlägt“, um sich auf der Fahrt in
der Kutsche die Zeit zu vertreiben. Sherer behält manche Zeile des Liedes im Gedächtnis und schreibt sie später nieder. Er versteht das Lied offensichtlich als ein rein religiö­
ses Lied, das die Tugenden der harten Arbeit und des Fleißes hochhält, die im Himmel schließlich „vergolten“ werden. Er bedauert, das Lied nicht gleich aufgezeichnet zu
Anon.: Vertheidigung des Herrn Coadjutors Freyherrn v. Wessenberg und des kath. Klerus im Großherzogthum Baden, von einem Layen, gegen das Sendschreiben eines Layen aus dem Bisthum Konstanz an den
dortigen Klerus, Rottweil 1819, S. 74. Beim erwähnten „Coadjutor“ handelt es sich um Ignaz Heinrich
von Wessenberg (1774–1860), Generalvikar des Bistums Konstanz, der für seine aufgeklärte, reform­
katholische Haltung bekannt war und dessen Wahl zum Koadjutor von Papst Pius VII. nicht anerkannt
wurde.
25
Joseph Moyle Sherer: Notes and Reflections During a Ramble in Germany, London 1826.
26
Ebd., S. 217–219.
24
Die liebe Feyerstunde schlägt
203
haben und schwärmt von seiner schlichten und sanften Melodie, die ihm lange nicht
aus dem Kopf ging und die er in den Wiener Musikaliengeschäften vergeblich suchte.
Sherers Reisebericht dürfte in Großbritannien bekannt gewesen sein, denn auch
James Robinson Planché, der Librettist der Oper Hofer, the Tell of the Tyrol, hat ihn
für seine Hintergrundrecherchen konsultiert. Die Oper ist eine Adaptierung von Rossinis Guillaume Tell (1829) und bezieht sich auf den Tiroler Aufstand von 1809. In
der dritten Szene wird ein Kirchweihfest auf dem Innsbrucker Marktplatz dargestellt,
bei dem bayerische Soldaten von zwei Frauen verlangen, ein Lied zu singen. Bertha
und Josephine, zwei der Hauptpersonen, tragen daraufhin ein Abendlied vor, von dem
­Planché behauptet, es sei ein originales Tiroler Volkslied aus Sherers Reisebericht, nämlich die von ihm beschriebene Evening Hymn of the Tyrolese peasants.27 Und tatsächlich
hat ­Planché Sherers fragmentarische Übersetzung und Charakterisierung des Liedes
„Die liebe Feyerstunde schlägt“ in sein Opernlibretto integriert, denn die Gesangsnummer „At close of day“ (siehe Abb. 5) passt zur Beschreibung des Abendliedes. Allerdings
stimmt darin nur ein einziges Wort mit Sherers Evening Hymn of the Tyrolese peasants
überein, nämlich das Wort „sun-set tree“. Planché hat sich von Sherers Aufzeichnung
also nur dahingehend inspirieren lassen, dass er die Idee eines „Abendliedes“ übernahm,
insbesondere das Bild des Baumes bei Sonnenuntergang. Ansonsten findet sich im Lied
die typische Tirol-Verklärung jener Zeit:
At close of day, When the evening’s star
Its gentle ray Shall shine afar
Beneath the sun-set tree,
Bold hunter come dance with me,
Till high in Heav’n shall be,
The moon’s pearly car […]28
Einige Nummern dieser Oper wurden übrigens recht populär, laut Ilse Wolfram beispielsweise das Lied von Bertha „To her mother’s heart she hath press’d him“, das unter
dem Titel Beautiful war auch als Notendruck erhältlich war.29 Weitere Gesangsnummern, die Bekanntheit erlangten, sind Glory to our Father Land 30 und Green Hills of
Tyrol.31 Letzteres ist noch gegenwärtig ein sehr populäres Stück bei nordeuropäischen
Dudelsackspielern. Die Nationalsänger Rainer hatten für ihre Amerika-Tournee ebenso
ein Stück aus dieser Oper einstudiert.32
Ilse Wolfram: 200 Jahre Volksheld Andreas Hofer auf der Bühne und im Film, München 2009 (Münchener
Universitätsschriften Theaterwissenschaft 16), S. 92. Mehr zu Planché bei Hildegard Herrmann-Schneider: „Andreas Hofer und die Tiroler Freiheitskämpfe als musikalisches Sujet. Ereignisse – Heldentum –
Erinnerung“, in: Der Schlern 83 (2009), Heft 7: Juli, S. 4–52, hier S. 10f.
28
Gioachino Rossini: At Close of Day, Tyrolien duetto […] Arranged and adapted by Henry R. Bishop, London 1840 [British Library, Music Collections G.809.cc.(2.)].
29
Gioachino Rossini: Beautiful war, [song.] Sung in the historical Opera of Hofer, the Tell of the Tyrol. The
Poetry by J R Planche Arranged and adapted for the English stage by Henry Bishop, London 1830 [British
Library, London, Music Collections H. 1650.g.(32.)].
30
Gioachino Rossini: Glory to our father land, chorus of the Tyrolese [from] Hofer, The Tell of the Tyrol. The
Poety [sic] by J R Planche Composed by Rossini Arranged by Henry R. Bishop, London [1870?] [British
Library, London, Music Collections I.653.j.(16.)].
31
Gioachino Rossini: Green hills of Tyrol. Tyrolienne from Guillaume Tell. The words by George Linley. Music
by G. Rossini, London [1880?] [British Library, Music Collections I.653.k.(6.)].
32
Siehe dazu auch Kapitel 14 in diesem Band.
27
204
Kapitel 10
Abb. 5: Gioachino Rossini: At Close of Day, Tyrolien duetto, Arrangement: Henry R. Bishop, London 1840
[British Library, London, Music Collections G.809.cc.(2.)].
Die liebe Feyerstunde schlägt
205
Auch die im frühen 19. Jahrhundert sehr geschätzte britische Dichterin Felicia
Dorothea Browne Hemans (1793–1835), die ihre ersten Gedichte bereits im Alter von
14 Jahren schrieb, ließ sich von Sherers „Tiroler Abendlied“ inspirieren. So verfasste
sie einen lyrischen Text mit dem Titel Tyrolese Evening Hymn, der von ihrer Schwester
Augusta Browne vertont wurde. Die frühesten Drucke des Liedes, das anscheinend insbesondere in den Vereinigten Staaten beliebt war, erschienen um 1828 (siehe Abb. 6).33
Nachfolgend ein Textauszug:
2. Sweet is the hour of rest!
Pleasant the wind’s low sigh,
And the gleaming of the west,
And the turf whereon we lie.
When the burden and the heat
Of labour’s task are o’er,
And kindly voices greet
The tired one at his door,
Come to the sunset tree!
3. Yes; tuneful is the sound
That dwells in whispering boughs,
Welcome the freshness round!
And the gale that fans our brows.
But rest more sweet and still
Than ever nightfall gave,
Our yearning hearts shall fill
In the world beyond the grave.
Come to the sunset tree!
4. There shall no tempest blow,
No scorching noontide heat;
There shall be no more snow,
No weary wandering feet.
So we lift our trusting eyes,
From the hills our fathers trod,
To the quiet of the skies,
To the Sabbath of our God!
Come to the sunset tree!34
Auch Hemans spielt mit dem Bild des „sun-set tree“, das Sherer in seinen Erinnerungen an das Lied erfunden hat, denn in der deutschen Version des Liedes kommt weder
ein Baum noch ein Sonnenuntergang vor. Die Dichterin hält sich zwar eng an Sherers
Ausgangstext, aber gleichzeitig lässt sie ihrer Fantasie freien Lauf und beschreibt die
harte bäuerliche Arbeit mit Holzfällen, Mähen und müden Füßen am Ende des Tages,
sowie die Wetterkapriolen in den Bergen mit Gewittern, brennender Mittagshitze und
Schnee.
Vgl. dazu auch Julius Mattfeld: Variety music cavalcade, 1620–1969: a chronology of vocal and instrumental music popular in the United States, Englewood Cliffs, New Jersey 1971.
34
Felicia Dorothea Browne Hemans: The works of Mrs. Hemans; with a Memoir of her life, by her sister,
Vol. VI, London 1839, S. 170f.
33
206
Kapitel 10
Abb. 6: Felicia Dorothea Browne Hemans / Augusta Browne: Tyrolese Evening Hymn (Johns Hopkins University, Baltimore, Levy Sheet Music Collection, Box 043, Item 162).
Die liebe Feyerstunde schlägt
207
In Felicia Hemans gesammelten Werken findet man noch ein anderes Tirolerlied,
allerdings ein vermeintliches: Swiss Home-Sickness. Translated from the last of the Melodies
sung by the Tyrolese Family. Bei diesem Lied „Mein Herz mein Herz, warum so traurig“35
handelt es sich um das Lied Schweizer’s Heimweh, das Johann Rudolf Wyss 1812 in
seiner Sammlung von Schweizer-Kühreihen und alten Volksliedern 36 veröffentlichte. Laut
Armin W. Hadamer schrieb Wyss das Lied ursprünglich im Berner Dialekt, die Melodie
stammt jedoch von Friedrich Glück. Der Topos des vor Heimweh kranken Schweizers
war auch in den USA Mitte des 19. Jahrhunderts überaus beliebt.37
Hemans war aber nur eine von vielen, die sich durch Sherers Aufzeichnung zu einer
Nachdichtung inspirieren ließen. Immer wieder findet man unter dem Titel Evening
Hymn of the Tyrolese Peasants Gedichte von meist unbekannten Verfassern, in denen ein
Baum im Licht des Sonnenuntergangs im Mittelpunkt steht, der zum Ausruhen nach
einem harten Arbeitstag einlädt. Hin und wieder wird der Titel, wie bei Sherer, unfreiwillig verballhornt auf Deutsch wiedergegeben, wie folgende Nachdichtung zeigt:
Evening Hymn of the Tyrolese Peasants
„Der lieben feür stunde schleckt“
Hark! ’tis the hour of lov’d repose,
’Tis sunset – and our toils we close;
We’ll lie down in the pleasant shade,
How sweet is rest by labour made!38
Etwa zur gleichen Zeit, also in den 1830er-Jahren, finden wir auch im Tiroler Raum
wieder Belege für das Lied. So scheint „Die liebe Feyerstunde schlägt“ in einer der drei
Liederhandschriften des „Volkssängers“ Christian Blattl (1805–1865) aus Fieberbrunn
bzw. St. Johann in Tirol auf.39
Auch aus späterer Zeit existieren Hinweise auf die weite Verbreitung und Popularität des Liedes, wie der historische Roman Mein Eden des bayerischen Dramatikers
Hermann von Schmid zeigt. Schmid (1815–1880) interessierte sich besonders für das
„Volksleben“ und da er von Beruf Jurist war, inspirierten ihn vor allem Gerichtsakten
zu seinen Romanen und Erzählungen.40 Mein Eden handelt von einem jungen Adeligen,
der vorhat, unstandesgemäß eine Wirtstochter zu heiraten, was die korrupte Obrigkeit
aber verhindern möchte. Der Heirat wird nicht zugestimmt, da der in Finanznöten
steckende Servitinnenorden die wohlhabende Wirtstochter anwerben will, um durch
ihre Mitgift als „Braut Christi“ die Ordenskassa aufzubessern. Im Roman tauchen einige
historische Gestalten auf, wie der Jesuitenpater Ignaz Frank (1725–1795) und der GeFelicia Dorothea Browne Hemans: The poetical works of Mrs. Felicia Hemans: Complete in one Volume,
Philadelphia 1841, S. 432.
36
Johann Rudolf Wyss / Friedrich Meissner (Hg.): Sammlung von Schweizer-Kühreihen und alten Volks­
liedern, Bern 1812, Nr. 24. Siehe dazu auch Kapitel 14 in diesem Band.
37
Armin W. Hadamer: Mimetischer Zauber. Die englischsprachige Rezeption deutscher Lieder in den USA
1830–1880, Münster 2008 (Volksliedstudien 9), S. 175.
38
Anon.: The Christian Pioneer: Intended to uphold the Great Doctrines of the Reformation […], Vol. VI,
September 1831 – August 1832, Glasgow 1832, S. 330.
39
Schmidt: Volksgesang und Volkslied (wie Anm. 11).
40
Hyacinth Holland: „Schmid, Hermann von“, in: Allgemeine Deutsche Biographie 31 (1890), S. 664–
670 (Onlinefassung); http://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Schmid,_Hermann_von&oldid=
1222638 (18. 05. 2011).
35
208
Kapitel 10
heimrat Georg Kaspar Lippert (1729–1800). Frank war der Beichtvater des Kurfürsten
Karl Theodor in Bayern (1724–1799) und gelangte zu einigem politischen Einfluss.41
Der Jurist Georg Kaspar Lippert wurde im 19. Jahrhundert als „schurkischgrausamer
Großinquisitor der Illuminatenverfolgung“ angesehen und zusammen mit Frank in der
bayerischen Historiografie dahingehend „überschätzt“.42 In diesem Kontext ist auch
der besagte historische Roman Mein Eden zu sehen, in dem das Lied „Die liebe Feyerstunde schlägt“ eine wichtige Rolle spielt. Die diesbezügliche Passage beginnt mit dem
Morgenspaziergang des Geheimrats von Lippert zu seinem Freund, dem Jesuitenpater
Frank:
Er schritt durch das enge Gäßchen dem Anger zu, als kräftiger Gesang ihn vermochte, einen Augenblick anzuhalten. Der Gesang kam aus einer Schusterwerkstatt, in welcher einige Gesellen d’rauflos
hämmerten und sich die Arbeit mit dem Gedanken an den Feierabend versüßten. Lippert kannte
das Lied längst, denn „Die liebe Feyerstunde schlägt“ war damals auf allen sangeslustigen Lippen,
dennoch blieb er stehen, denn der sonst unbeachtete Inhalt des Liedes war ihm noch nie so sehr
aufgefallen. Die Gesellen sangen eben die letzten Strophen zu Ende: „Es währt nur alles kurze Zeit
auf dieser Welt, und dann fängt mit der langen Ewigkeit der Feierabend an! Dann sind wir alle
wieder gleich, das Tagewerk ist aus, und jeder gehet, Arm und Reich um seinen Lohn nach Haus!“
„Wie tief das aufrührerische Gift sich überall schon eingefressen hat!“, sagte der Lauscher für sich.
„In den harmlosen Genuß der Ruhe muss sich als würzender Zusatz der Gedanke der Gleichheit mischen, und des gehofften Lohnes freuen sie sich nur, weil ihnen dabei die Vorstellung der
Wiedervergeltung, die Rache vorschwebt! Die Censur ist noch viel zu nachsichtig – man wird die
Überwachung auch in dieser Richtung ausdehnen müssen!“ Lippert wollte weiter, aber der Wiederbeginn des Gesanges machte, daß er noch einmal seine Schritte anhielt. Diesmal waren es nur ein
paar Stimmen, welche nach der Melodie des vorausgegangenen Liedes in komisch-pathetischem
Tone eine weitere Strophe sangen. Sie lautete: „Und kriegt ein Jeder seinen Lohn, Vergiß dann nicht
den ‚Edlen von‘, Gieb doppelt ihm die Portion. Ach lieber Gott, du kennst ihn schon!“
Lautes Gelächter folgte dem Liede: Lippert, der nur zu gut wußte, wer unter dem ‚Edlen von‘
gemeint war, biß die Zähne übereinander und eilte mit zornglühendem Gesichte weiter, nachdem
er einen Blick nach dem Schilde geworfen hatte, auf welchem der Name des hier wohnenden
Schumachermeisters angemalt stand. „Übermüthiges Geschmeiß!“ knirschte er. „Du sollst an mich
denken. Der ‚Edle von‘ wird Euch schon noch dahin bringen, daß Euch die Luft zum Spotten und
Singen vergeht!“43
„Die liebe Feyerstunde“, oder besser: die Kontrafaktur des Liedes, erscheint hier als aufklärerischer, sozialkritischer Spottgesang. Da Schmid sich bevorzugt von Gerichtsakten
zu seinen Erzählungen inspirieren ließ, ist es durchaus möglich, dass auch diese Passage
des Romans auf einen konkreten Fall zurückzuführen ist.
Karl Theodor von Heigel: „Frank, Ignaz“, in: Allgemeine Deutsche Biographie 7 (1878), S. 252f. (Onlinefassung); http://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Frank,_Ignaz&oldid=1012573 (18. 05. 2011).
42
Peter Fuchs: „Lippert, Johann Kaspar Edler von“, in: Neue Deutsche Biographie 14 (1985), S. 657f.
(Onlinefassung); http://www.deutsche-biographie.de/pnd117044350.html (11. 09. 2012).
43
Hermann von Schmid: Gesammelte Schriften. Volks- und Familien-Ausgabe. 6. Band: Mein Eden. Eine
Münchener Geschichte aus den Zeiten Karl Theodor’s, 1. Teil, Leipzig 1868, S. 70f.
41
Die liebe Feyerstunde schlägt
209
Resümee
„Die liebe Feyerstunde schlägt“ (auch: Der Feierabend, Die Feierabendstunde oder Der
Tagelöhner) ist das schönste Lied im Umfeld der politischen Wirren in Tirol um 1809:
keine knallenden Stutzen, kein grölendes Kampfgeschrei. Ein tiefsinniges und ruhiges
Lied, immer noch aktuell und berührend. Die Zeitzeugen, die das Lied schildern, lässt
es nicht kalt, weder Anton Knoflach in Innsbruck, der sich wundert, dass Hofer und
seine Gefährten so besinnlich gestimmt waren, dass sie „sogar“ dieses Lied sangen, noch
den Offizier in Binabiburg, für den es oft „süsser Trost“ war. Dem britischen Reisenden Moyle Sherer ging das Lied, obwohl deutsch, tagelang nicht aus dem Kopf und
er gab seinen Inhalt und Charakter nach seinem Gedächtnis wieder, was schließlich
dazu führte, dass britische und amerikanische Dichter sich inspiriert fühlten, das Lied
nachzudichten, so z. B. James Robinson Planché, der Librettist der Oper Hofer the Tell
of the Tyrol (1829), oder Felicia Dorothea Browne Hemans mit ihrer Version Tyrolese
Evening Hymn (ca. 1828). Was die Rezeptionsgeschichte des Liedes angeht, so entstanden infolge von Sherers Aufzeichnung aus einem populären deutschsprachigen Lied des
frühen 19. Jahrhunderts, oder vielmehr: aus der Idee dieses Liedes, englischsprachige
Lieder, deren Titel immer auf Tirol verweisen und von denen eines, nämlich jenes der
britischen Dichterin Hemans, sehr populär wurde.
Die politische und religiöse Vereinnahmung des Liedes im deutschsprachigen Raum
ist von besonderem Interesse. Hofer und seine Kameraden sangen es als besinnliches und
religiöses Lied am Ende eines Tages. Für den „Volksaufklärer“ Rudolf Zacharias Becker
zählte es zu den moralisch wertvollen Liedern, weshalb er es in sein Mildheimisches
Lieder­buch aufnahm. Becker vermied allerdings den „sozialkritischen Beigeschmack“ des
Liedes, indem er jene dritte Strophe, die die „Faulheit“ der „Reichen“ anspricht, wegließ. Die bewusste Aussparung dieser Strophe zeigt, dass man das revolutionäre Potential
des Liedes durchaus verstand. Nicht zuletzt Hermann von Schmids historischer Roman
Mein Eden unterstreicht diese Annahme: Womöglich durch Gerichtsakten inspiriert,
dient hier das Lied als Grundlage für einen gegen die Aristokratie gerichteten Spott­
gesang.
Kapitel 11
„Often hab’n wir herzlich g’flent,
daß man uns von Oestreich trennt“.
Wann i in der Früh aufsteh
Sandra Hupfauf
Das um 1800 populäre Tiroler Lied „Wann i in der Früh aufsteh“ diente Verfassern von
Tiroler Kriegsliedern zwar auch als Melodiegrundlage, zu einem „Tiroler Freiheitslied“
wurde es allerdings vor allem durch den irischen Dichter Thomas Moore. Er dichtete
um 18121 das Lied um und schuf mit seinem Tyrolese Song of Liberty einen internatio­
nalen Schlager, dessen Titel auf die „Tiroler Freiheit“ anspielt. Anhand der Rezeptionsgeschichte des Liedes und seiner verschiedenen Varianten sind der Freiheitsbegriff und
der Patriotismus als bedeutende und durchaus politisch verstandene ideelle Aspekte der
Tyrolienne-Mode zu erkennen.
Über den Ursprung des Liedes „Wann i in der Früh aufsteh“, seine Bearbeitungen für
verschiedene Instrumente und seine Verbreitung wurde schon ausführlich geschrieben.
Thomas Nußbaumer vermutet, dass das Lied aus dem Singspiel Der Lügner stammt, das
1785 in Pressburg aufgeführt wurde, und dass höchstwahrscheinlich František Xaver
Tost (1754–1829) die Melodie komponierte.2 Schon zur Zeit der Tiroler Aufstände
dürfte es ein „Hit“ gewesen sein, was im Folgenden anhand einer Neutextierung mit
kriegerischem Inhalt gezeigt werden kann. Wenig später wurde das Lied wahrscheinlich
in das Repertoire der ersten fahrenden Tiroler Sängergruppen aufgenommen und noch
heute gilt es als eines der bekanntesten „Nationalsängerlieder“ und als das Aushängeschild der Tyrolienne-Mode3 schlechthin. Der leichtlebige und durchaus zweideutige
Inhalt des Textes rund um eine schöne Sennerin und das heitere Almleben ist für das
Liedrepertoire der Nationalsänger typisch.4 Um 1812 bearbeitete Ludwig van Beet­
hoven das Lied,5 und etwa zeitgleich erfolgte die erwähnte englische Umdichtung des
Liedes durch Thomas Moore, was dem Lied Bekanntheit und Verbreitung im englischen
und deutschen Sprachraum gleichermaßen einbrachte. Schließlich wurde es 1827 unter
Lord John Russell (Hg.): Memoirs, Journal, and Correspondence of Thomas Moore, Vol. 1, London 1853,
S. 282f. (No. 176).
2
Thomas Nußbaumer: „‚Wann i in der Früh aufsteh‘ – ein ‚air tirolien‘ in künstlerischen und populären Bearbeitungen und Überlieferungen“, in: Thomas Nußbaumer (Hg.): Volksmusik in den Alpen:
interkulturelle Horizonte und Crossovers, Anif/Salzburg 2006 (Innsbrucker Hochschulschriften, Serie B:
Musikalische Volkskunde 6), S. 177–206. Siehe auch Liedindex, Nr. 65.
3
Walter Salmen: „Die weltweite Verbreitung von ‚Airs tiroliens‘“, in: Kurt Drexel / Monika Fink (Hg.):
Musikgeschichte Tirols. 2. Band: Von der frühen Neuzeit bis zum Ende des 19. Jahrhunderts, Innsbruck
2004 (Schlern-Schriften 322), S. 799–818.
4
Tobias Widmaier: „Salontiroler – Alpiner Musikfolklorismus im 19. Jahrhundert“, in: Reto Furter /
Anne-Lise Head-König / Luigi Lorenzetti (Hg.): Cultures alpines / Alpine Kulturen, Zürich 2006 (His­
toire des Alpes / Storia delle Alpi / Geschichte der Alpen 11), S. 61–72.
5
Georg Kinsky / Hans Halm (Hg.): Das Werk Beethovens. Thematisch-bibliographisches Verzeichnis seiner
sämtlichen vollendeten Kompositionen, München – Duisburg 1955, S. 663.
1
212
Kapitel 11
dem Titel When The Matin Bell (Übersetzung: William Ball) nochmals in London veröffentlicht, und zwar in der Sammlung Tyrolese Melodies 6 von Ignaz Moscheles, die aus
Arrangements von Liedern für Singstimmen und Klavier der Nationalsängerfamilie Rainer aus dem Zillertal besteht. Durch regen Notenhandel zwischen Großbritannien und
den USA wurde das Lied bald danach auch in den USA beliebt, wie Armin W. Hadamer
in seiner Abhandlung über die Rezeption deutschsprachiger Lieder in den USA anhand
zahlreicher Belege für amerikanische Kontrafakturen nachweisen kann.7
Nationallieder
Ein wichtiger Hintergrund der „Tirolerlied-Mode“ war die politische Lage in Tirol um
1800. Bisher wurden die historisch-politischen Umstände als prägender Faktor für die
Entstehung von „Nationalliedern“ und der Tiroler Nationalsängergesellschaften kaum
beachtet, obgleich schon die Begriffe „Nationallied“ und „Nationalsänger“ politische
Dimensionen implizieren. Im Allgemeinen werden insbesondere die Alpenbegeisterung
des 18. Jahrhunderts und die Volksliedbewegung im deutschen Sprachraum seit Johann
Gottfried Herder als Ursachen für die musikalische Tirolermode angesehen, als deren
erster Höhepunkt das Wiener Singspiel Der Tyroler Wastel von Johann Jakob Haibel
(1762–1826) und Emanuel Schikaneder (1751–1812) gilt.8 Natürlich traf die Thematik
des Stücks, das von einem Tiroler handelt, der in der Wiener Großstadt mit rustikalen
Methoden für Ordnung sorgt, den Nerv der Zeit. Trotzdem sollte man nicht außer
Acht lassen, dass das Singspiel im Mai 17969 mitten in die Zeit des ersten Koalitionskrieges fällt und einen Monat, nachdem Tirol in Kriegsbereitschaft versetzt worden war,
uraufgeführt wurde. Die zahlreichen nachfolgenden Aufführungen des Tyroler Wastel
fanden in einer Periode der politischen Wirren und Stimmungsmache statt. Besonders
kennzeichnend für diese Phase ist die „Musikalische Spendenaktion für die Tiroler“
von 1799. Damals veröffentlichte die Wiener Zeitung eine „Nachricht an die edeln
Mitbürger aller Stände von den gesammten österreichischen Staaten“ mit dem Ziel,
„eine Sammlung für die während dieser unglücklichen Kriegsepoche auf vielfache Art
zu Schaden gekommenen Tyroler und Vorarlberger“10 durchzuführen. Der künstlerisch
bedeutungsvollste und auch finanziell erfolgreichste Beitrag dieser sehr modern anmutenden achtmonatigen Spendenaktion war die so genannte „Landsturmkantate“ (Tyroler
Landsturm)11 des Wiener Hofkapellmeisters Antonio Salieri (1750–1825).12
Ignaz Moscheles (Hg.): The Tyrolese Melodies Arranged for One or Four Voices with an Accompaniment for
the Piano Forte, London 1827.
7
Armin W. Hadamer: Mimetischer Zauber – die englischsprachige Rezeption deutscher Lieder in den USA
1830–1880, Münster 2008 (Volksliedstudien 9), S. 53, S. 176.
8
Z. B. ebd., S. 800; Nußbaumer: „Wann i in der Früh aufsteh“ (wie Anm. 2), S. 181, und Widmaier:
„Salontiroler“ (wie Anm. 4), S. 63.
9
Siehe dazu Nußbaumer: „Wann i in der Früh aufsteh“ (wie Anm. 2), S. 181.
10
Wiener Zeitung, Nr. 30, 13. April 1799, Anh., S. 1122f.
11
Antonio Salieri: Das [sic!] tyroler Landsturm. Cantata 1779 [recte 1799] (Österreichische National­
bibliothek, Wien, Mus. Hs. 16426.1 Mus.).
12
Mehr dazu in: Josef Gmeiner: „‚Zum Vortheil der durch feindliche Verheerungen verunglückten Tyroler und Vorarlberger Landeseinwohner‘ – Salieris ‚Landsturmkantate‘ als Beitrag zu einer Aktion Nachbar in Not des Jahres 1799“, in: Helmut Lang / Hermann Harrauer (Hg): Mirabilia Artium libro6
Wann i in der Früh aufsteh
213
Schikaneders Der Tyroler Wastel läutete nicht nur die Tirolermode ein, er schuf auch
das Bild des lustigen Tirolers („Die Tiroler sind lustig, die Tiroler sind froh“), der naturverbunden, urwüchsig, hart arbeitend und trotzdem immer sorglos sein Leben bewältigt. Das Singspiel war in vielerlei Hinsicht stilprägend, unter anderem auch sprachlich.
Dies erkennt man beispielsweise an einem Freudenlied, das 1809 auf die Weise von
„Wann i in der Früh aufsteh“ „bey der Ankunft seiner kaiserlichen Hoheit des Erz­
herzogs [Johann] in Tyrol“ gesungen wurde. Diese frühe Tiroler Kontrafaktur des einstigen Bühnenliedes ist auf einem gedruckten Flugblatt erhalten. Die im Lied verwendete Mundart wird von den Literaturforschern Robert Franz Arnold und Karl Wagner
zutreffend als „vermeintlicher Tiroler Dialekt, wie ihn die Wiener z. B. aus Schikaneders
Tiroler Wastl kannten“, bezeichnet:13
Freudenlied der tapfern Tyroler, gesungen bey der Ankunft
seiner kaiserlichen Hoheit des Erzherzog [sic] in Tyrol nach gehaltener Anrede.
Zu Singen nach der lustigen Alpen-Melodie: „Wann ich in der Fruh aufsteh etc.“
1. Brüder! ruft aus Herzensgrund
Und vereint mit einem Mund,
Lasset uns recht wacker freuen
Und mit lautem Jubel schreyen,
Unser Glück ist ja gemacht.
2. Often hab’n wir herzlich g’flent,
Daß man uns von Oestreich trennt,
Doch Tyroler thun nicht zagen,
Können oft gar viel vertragen,
Hoffen auf ein bessre Zeit.
3. Still blieb jeder in sein Haus,
Denn das Liedl war nicht aus –
Aber! wie die Bayrn seyn können,
Habn uns wolln Rekruten nehmen,
Ah da hab’n wir schel drein g’schaut.
4. Der Tyroler ist Soldat,
Kommt zum raufen niemal z’spat;
Nimmt er in die Hand sein Stutzen,
Kann er gleich ein weggaputzen,
Daß er’s Aufstehn a vergisst.
5. Alle, alle streiten gern,
Doch nur für ihr’n alten Herrn;
Aber merkts euch’s ihr Franzosen,
Da dürfts ös noch länger losen,
Für eng spannen wir kein Hahn.
6. Drum hab’n wir auch kaum gehört,
Daß der Kaiser Franz sich wehrt;
rum Recreat Te tuosque Ebriant, Dona natalicia Ioanni Marte oblata, Wien 2001 (Biblos-Schriften 177),
S. 73–90, hier S. 80.
13
Robert Franz Arnold / Karl Wagner (Hg.): Achtzehnhundertneun – die politische Lyrik des Kriegsjahres,
Wien 1909 (Schriften des Literarischen Vereins in Wien XI), S. 448.
214
Kapitel 11
Sackerlot! die Alt und Jungen
Sind die gleich für Freuden g’sprungen
Und habn’s Stutzerl füri g’sucht.
7. Künstlich sind wir nicht im Streit,
Doch ward unser Land befreyt,
Ja der Feind wird auf das Essen
Schwerlich wohl sobald vergessen,
Ang’schlagen hat’s ihm gar nicht gut.
8. Und itzt ruft Viktoria!
D’ Kaiserlichen sind schon da,
Kaiser Franz hoch sollst du leben,
Die Tyroler alle geben
Dir mit Freuden Gut und Blut!
9. Was der Gastwirth Straub gethan,
Wagt für Dich ein jeder Mann,
Laß Prinz Johann Dich begrüßen
Unter tausend Herzensküssen,
Hoch leb dieser wackre Held.
10. Hoch leb ’s ganze Kaiserhaus!
Ruhet freudenvoll nun aus,
Nichts soll uns von Euch mehr trennen,
Unser aller Herzen brennen
Nur von Lieb für Oestreichs Haus.
11. Treulich schütteln wir die Hand
Deutscher Krieger hier im Land,
Laßt nun Brüder euch umarmen,
Treue Herzen nur erwarmen
In der Lieb fürs Vaterland.
12. Gut und treu ist stets Tyrol,
Und so lebt es froh und wohl,
In der G’schicht von unsern Tagen
Wird die spätste Nachwelt sagen:
Nur der Feind fürcht das Tyrol.14
Das Freudenlied entstand allem Anschein nach nicht in Tirol, sondern höchstwahrscheinlich in Wien, worauf neben dem Textstil vor allem der Druckort Wien des
Flugblattes schließen lässt. Ergänzt man die für das Lied „Wann i in der Früh aufsteh“
eigentümlichen Jodlersilben nach den ersten beiden Versen und dem letzten Vers jeder
Strophe, so wird ersichtlich, dass der Text bestens zur Melodie unseres Liedes passt. Dass
das Lied wirklich gesungen wurde, liegt darum durchaus im Bereich des Möglichen.
Der für die damalige Zeit typische Nationalismus in der Kunst resultierte aus der
politischen Lage und dies gilt auch für die Tyrolienne-Mode. So ist Beethovens oft
zitierter Ausspruch, „Ich denke, eine Volkslieder-Jagd ist besser als eine Menschen-Jagd
Ebd., S. 251–253. – Siehe auch Freudenlied (Zum Singen nach der lustigen Alpen-Melodie: Wann ich in
der Früh aufsteh) [Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck (im Folgenden: TLMF), FB 2071].
Siehe auch Liedindex, Nr. 13.
14
Wann i in der Früh aufsteh
215
der so gepriesenen Helden“,15 auch ein politisches Statement, wie die Einteilung seiner
Volkslied-Arrangements nach „Nationen“ ebenso diesem Zeitgeist entsprach.16 Ohne
den Heldenmythos Andreas Hofer wäre die Tyrolienne-Mode sehr bald im Sande verlaufen und auch nie derart bedeutend geworden. Zur Verbreitung der Tyrolienne-Mode
im englischsprachigen Raum trug der bereits genannte irische Poet Thomas Moore entscheidend bei. Durch seine Neutextierung von „Wann i in der Früh aufsteh“ schuf er
den Prototyp des englischsprachigen „Tiroler Freiheitsliedes“, was nicht zufällig geschah,
wie Thomas Moores Arbeit und Umfeld erkennen lassen.
Thomas Moores „Freiheitslied“:
Tyrolese Song of Liberty
Thomas Moore war ein leidenschaftlicher Sänger von traditionellen irischen Liedern
und schrieb neue Texte für irische Melodien. Sie wurden, versehen mit instrumentaler Begleitung von Sir John Stevenson, ab ca. 1808 bei den Verlegern William und
James Power unter dem Titel Irish Melodies 17 veröffentlicht. Die Irish Melodies waren ein
Riesen­erfolg und erschienen bis 1834 in zehn Bänden. Politisch bewegte sich Moore als
Katholik und ehemaliger Unterstützer der Französischen Revolution mit seiner Sammlung auf einem schmalen Grad, denn sowohl in Irland als auch in Großbritannien war
man mit den Inhalten einzelner Lieder oft nicht einverstanden. Der Erfolg der Edition
ist natürlich auch ein Zeichen für die starke Besinnung auf das Nationalgefühl und
die wachsende Volksliedbegeisterung der Zeit. Moore achtete besonders darauf, dass
seine Lieder auch gesanglich ansprechend waren. Er war musikalisch gebildet, doch
interessierte er sich primär für populäre Musik und stand den aus seiner Sicht allzu
gelehrten Formen der Kunstmusik skeptisch gegenüber. Als Sänger konzentrierte er
sich mehr auf den persönlichen Ausdruck als die korrekte Ausführung des Notentextes,
ein „deklamatorischer“ Stil war sein Ideal. Als er 1821 schweren Herzens eine Ausgabe
der Irish Melodies 18 ohne Melodien autorisierte, da seine Verleger William und James
Power darauf bestanden hatten, betonte er, dass die Verse ohne Musik nur die halbe
Aussagekraft besäßen.19 Besonders mit James Power stand Moore in regem Briefkontakt
und diskutierte auch über passende Titel für seine Lieder, wie 1812 im Fall des Tyrolese
Song of Liberty:
The title of „Merrily oh!“ I would have as follows: „the Tyrolese Song of Liberty; a national air,
arranged with English words, and dedicated to Miss Rawdon“: but I should like to see it as arranged
for a single song before you print it, if that be not already done, or at least a proof of it.20
Alfred Christlieb Kalischer (Hg.): Beethovens Sämtliche Briefe: kritische Ausgabe, Band IV, Berlin – Leipzig 1908, S. 86.
16
Siehe dazu Salmen: „Die weltweite Verbreitung von ‚Airs tiroliens‘“ (wie Anm. 3), S. 802.
17
Thomas Moore (Hg.): Irish Melodies, London 1808–1834, z. B. Irish Melodies. With Symphonies and
Accompaniments by Sir John Stevenson, Mus. Doc, and Sir Henry Bishop, London 1859.
18
Thomas Moore (Hg.): Irish Melodies, London 1821.
19
Hoover H. Jordan: „Thomas Moore: Artistery in the Song Lyric“, in: Studies in English Literature,
1500–1900 2 (1962), Heft 4, Herbst: Nineteenth Century, S. 403–440.
20
Thomas Moore an James Power, 1812, in: John Russell (Hg.): Memoirs, Journal, and Correspondence of
Thomas Moore, London 1853, S. 282f. (No. 176).
15
216
Kapitel 11
Abb. 1: Thomas Moore (Hg.): The Tyrolese Song of Liberty (Johns Hopkins University, Baltimore, Levy Sheet
Music Collection, Box 113, Item 053).
Moore passte den Text seines Tyrolese Song of Liberty perfekt der Melodie von „Wann i
in der Früh aufsteh“ an. Das „Merrily oh“ ersetzt den Jodler, der Affekt steigert sich im
Laufe der Strophen (siehe Abb. 1).
1. Merrily ev’ry bosom boundeth, merrily oh! Merrily oh!
Where the song of freedom soundeth, merrily oh! Merrily oh!
There the warrior’s arms,
Shed more splendor,
There the maiden’s charms,
Shine more tender:
Ev’ry joy the land surroundeth, merrily oh! Merrily oh!
Merrily, merrily […]
2. (Slow and Melancholy.) Wearily ev’ry bosom pineth, wearily oh! Wearily oh!
Where the bond of slavery twineth, wearily oh! Wearily oh!
There the warrior’s dart,
Hat ho fleetness;
There the maiden’s heart,
Hath no sweetness:
Ev’ry flow’r of life declineth, wearily oh! Wearily oh!
Wearily, wearily […]
3. (Quick and Spirited). Cheerily then from hill and valley, cheerily, oh! Cheerily oh!
Like your native fountains sally, cheerily oh! Cheerily oh!
If a glorious death
Won by bravery,
Wann i in der Früh aufsteh
217
Sweeter be than breath
Sigh’d in slavery:
Round the flag of freedom rally, cheerily oh! Cheerily oh!
Cheerily, cheerily […].21
Eine Rechnung im Nachlass des Verlegers von Moore belegt, dass der Tyrolese Song of
Liberty spätestens 1813 fertiggestellt wurde, also bald nach den kriegerischen Aufständen in Tirol. Anhand der in dieser Rechnung aufgelisteten Lieder sind Moores Lied­
themen gut erkennbar: A Finland Song for three voices ist ein „Nationallied“, From life
without freedom und The Song of War thematisieren Krieg und Freiheitskampf, der Tyrolese Song of Liberty verbindet beides:
Stamped receipt for £ 500 in Mr. Moore’s autograph, folio, 6th March 1813. This receipt was given
to Mr. James Power for an annual payment according to deed of 1811, for the copyright of the
5th number of the Irish Melodies, and the following songs.
„Oh see those Cherries.“ A Ballad
„Oh fair! Oh purest.“ A sacred Song
„Joys that pass away.“ A Duett
„Oh forget that you ever were mine.“ A Ballad
„A Finland Song for three voices.“
„Oh remember the time.“ A song
„The Tyrolese Song of Liberty.“
„From life without freedom.“ A Song
And „The Song of War.“22
Dass Moores Lieddichtungen vor allem politisch gemeint sind und seiner nationalen
Überzeugung entsprechen, ist nicht zu übersehen. Sowohl er als auch sein Umfeld
waren politisch interessiert oder auch engagiert.23 Zu seinen engsten Freunden gehörten der Dichter Lord Byron (1788–1824) und das Ehepaar Mary und Percy Shelley.
Letzterer schrieb sozialkritische Gedichte und Lord Byron kam 1824 im so genannten
„Griechischen Freiheitskampf“ ums Leben, nachdem er geschworen hatte, die Griechen
in ihrem Kampf gegen das Osmanische Reich zu unterstützen. Das Ehepaar Shelley verbrachte mit Lord Byron 1816 einen Sommer in der Schweiz, wo die Shelleys zeitweise
lebten. Mary Shelley erzählte Thomas Moore später, als dieser seine Biografie über Lord
Thomas Moore (Hg.): The Tyrolese Song of Liberty, Philadelphia o. J. (Johns Hopkins University, Baltimore, Levy Sheet Music Collection, Box 113, Item 053).
22
Thomas Crofton Croker: Notes from the letters of Thomas Moore to his Music Publisher with an introductory letter from Thomas Crofton Croker ESQ., London 1854, S. 11.
23
In einem Brief vom 29. April 1808, in dem es um Moores bevorstehenden Umzug von Dublin nach
London geht, schickt er an seine langjährige Freundin Lady Donegal folgende amüsanten Zeilen, die
von seiner umfassenden politischen Bildung zeugen: „How happy when the two objects are reconciled!
Well, against these motives of pleasure and ambition, I had a sad array of most cooling considerations;
indeed, many of the reasons why Austria should not go to war, were the very reasons why I should not
go to London – an exhausted treasury, dilapidated resources, the necessity of seeking subsidies from
those who would fleece me well for it in turn, the unprepared state of my capital […].“ Moore bemerkt
hier, dass die gleichen Gründe gegen seinen Umzug nach London sprechen wie gegen einen Eintritt
Österreichs in den Krieg: eine leere Kasse und die Notwendigkeit, Unterstützung von denen zu erbitten, von denen man im Gegenzug „übers Ohr gehauen“ wird; zit. nach Russell (Hg.): Memoirs, Journal,
and Correspondence (wie Anm. 20), S. 236f.
21
218
Kapitel 11
Byron verfasste, wie sie den Tyrolese Song of Liberty, gesungen von Byron, auf dem Genfer See zum ersten Mal hörte. Moore darüber in seiner Byron-Biografie:
After passing a fortnight under the same roof with Lord Byron at Sécheron, Mr. and Mrs. Shelley
removed to a small house on the Mont-Blanc side of the Lake within about ten minutes walk of the
villa which their noble friend has taken, upon the high banks, called Belle Rive, that rose imme­
diately behind them. During the fortnight that Lord Byron outstaid them at Sécheron, though the
weather had changed and was become windy and cloudy, he every evening crossed the Lake with
Polidori, to visit them; and, „as he returned again (says my informant [Mary Schelley]) over the
darkened waters, the wind, from far across, bore us his voice singing your Tyrolese Song of Liberty,
which I then first heard, and which is to me inextricably linked with this remembrance“.24
Mary Shelley verarbeitete dieses Erlebnis später in ihrem Roman The last man (1833):
Suddenly, unannounced, Lord Raymond entered my apartment. He came in gaily, singing the
Tyrolese song of liberty; noticed me with a gracious nod, and threw himself on a sofa opposite the
copy of the Apollo Belvidere.25
Aber Mary Shelley lebte nicht nur gern in den Alpen, sie unternahm wenig später auch
eine Reise durch Deutschland, Österreich und Italien und schrieb darüber in ihrem
Reisebericht Rambles in Germany and Italy in 1840, 1842 and 1843.26 Ausgerüstet mit
Reiseliteratur und historischen Berichten war sie bestens über die politische Lage und
die Aufstände in Tirol informiert und schildert diese ausführlich auf mehr als zwanzig
Seiten. Über Andreas Hofer etwa notiert sie folgende sehr kritische Zeilen, die ihre
intensive Beschäftigung mit der Thematik verdeutlichen:
Hofer is no silken hero. Many portions of his character militate against the laws of romance; he had
the German defects joined to their nobler qualities. He was born in the station of an innkeeper, a
position rather of distinction in the Tyrol, since bringing the publican into contact with travelers,
he acquires knowledge and civilization. He is said to have been indolent, as well as convivial, even
to intemperance, in this habits. He was often to be found carousing in a way-side inn, while his
companions in arms were in the field. With all this, this countrymen idolized him.27
Auch wenn Moore und sein Umfeld vielleicht nicht für die gesamte europäische Aristokratie und die Intellektuellen typisch sind, so zeigen sie doch zumindest, wie tief verankert
der Nationalgeist im Lebensgefühl dieser Jahre war. Durch dieses Nationalgefühl und das
generelle politische Interesse wurde man auf die Vorkommnisse in Tirol aufmerksam und
wollte neben dem politischen Bild, das man sich durch Berichte und Artikel in Zeitungen
schaffen konnte, auch einen kulturellen Eindruck von der Alpenregion bekommen. Die
Tyrolienne-Mode kann also nie von den politischen Geschehnissen der Zeit getrennt werden, sie ist eine unmittelbare Reaktion auf sie. So sind auch alle patriotischen Lieder mit
Tirolbezug in erster Linie politische Lieder, egal ob wirklich authentisch, neu komponiert
oder umtextiert, wie Moores Tyrolese Song of Liberty. Dieser ist ein spezieller Fall: Nur der
Titel und die Melodie verweisen auf Tirol, der Text ist auf alle Arten von Kampf gegen
Unterdrückung anwendbar und enthält auch keinerlei alpine Klischees.
26
27
24
25
Thomas Moore: Letters and journals of Lord Byron: with Notices of his life, Vol. II., New York 1831, S. 20.
Mary W. Shelley: The last man, Vol. I, Philadelphia 1833, S. 58.
Mary W. Shelley: Rambles in Germany and Italy, in 1840, 1842, and 1843, Vol. II, London 1844.
Ebd., S. 51.
Wann i in der Früh aufsteh
219
„The Rainer Family“ und
„When the matin bell is ringing“
Als Ignaz Moscheles und William Ball 1827 die Tyrolese Melodies der Tiroler National­
sängergesellschaft Rainer bearbeiteten, durfte auch das populäre Lied „Wann i in der
Früh aufsteh“ bzw. „Wann i morgens früh aufsteh“ nicht fehlen und William Ball übersetzte den Text beginnend mit „When the matin bell is ringing“ (siehe Abb. 2). Die
deutschsprachige Version, die dort ebenfalls aufscheint, ist humorvoll, „bodenständig“
und höchst zweideutig:
1. Wann i Morgens früh aufsteh juhe! hudl di he! hudl di he!
und zu meine Schwagrin geh juhe! hudl di he! hudl di he!
und so nimm i halt mei Sichel,
und geh gras mit meinen Michel,
draussen in den grünen Kleh juhe! Hudl di he!
Hudl di hudl di hudl di […]
2. Auf der Alm da ist gut Leben, hudl di he! hudl di he!
da thuts schöne Sendrin geben, hudl di he! hudl di he!
Bald thun mir milcha, bald thun mir grasa
bald thut die Senderin in’s Horn nein blasen,
d’Sendrin schreit juhe juhe juhe! Hudl di he!
Hudl di hudl di hudl di […]
3. Senderin du bist meine Freud, hudl di he! hudl di he!
Wenn man’s Kuh’l auf die Alma treibt, hudl di he! hudl di he!
treibt man’s öfter auf die Alma
bekommt man öfter schöne Kalma (Kalba),
Treibt mans Kuhla zu dem Bach juhe! hudl die he! hudl di he!
treibt man’s öfter auf die Alma
bekommt man öfter schöne Kalma,
Hudl di hudl di hudl di […]28
Gleich nach Erscheinen von Moscheles’ und Balls Tyrolese Melodies wurde die Ausgabe
rezensiert, unter anderem in der britischen Zeitschrift The Kaleidoscope. Darin geht der
Rezensent insbesondere auf die Gemeinsamkeiten von „When the matin bell is ringing“
mit dem Tyrolese Song of Liberty ein:
With the exception of one, the melodies are all new to the English ear; at least they are so to ours.
That one is the Tyrolese Song of Liberty, rendered so familiar to our ears by the charming words and
adaptions of Mr. Moore. When we say that this air must give way to several in the Tyrolese Melodies, it is, we conceive, paying a very high compliment to the volume; but certainly not a greater
one than it deserves. Mr. Moore’s song is well known. It may be curious to compare his words with
a literal translation from the Tyrolese, as it appears in this volume.29
Der Rezensent weist auf die große Bekanntheit der Moore-Version hin, findet, dass
sich einige weitere Lieder der Sammlung hinsichtlich der Eingängigkeit ihrer Melodien
When the Matin Bell, in: Moscheles (Hg.): The Tyrolese Melodies (wie Anm. 6), S. 53–61.
Egerton Smith (Hg.): The Kaleidoscope; or, Literary and Scientific Mirror, Vol. VII, No. 387, Liverpool,
27. November 1827, S. 171.
28
29
220
Kapitel 11
Abb. 2: „When the matin bell is ringing“, in: Ignaz Moscheles (Hg.): The Tyrolese Melodies, Arranged for one
or Four Voices with an Accompaniment for the Piano Forte, London 1827, S. 53.
durchaus mit dem bekannten Tyrolese Song of Liberty messen können und stellt fest,
dass zwischen den Liedinhalten von „When the matin bell is ringing“ und Thomas
­Moores Version erhebliche Unterschiede bestehen. Im Vergleich zu Moores Umdichtung zu einem Freiheitslied ist William Balls Übersetzung in der Tat eine Überarbeitung des ursprünglichen Liedstoffes: „When the matin bell is ringing“ schildert zwar
das friedliche ländliche Arbeitsleben und die Schönheit der Natur, doch alle erotischen
Anspielungen wurden entfernt:
When The Matin Bell
1. When the matin bell is ringing, Ureli ureli ho! ureli ho!
From my rushy pallet springing, Ureli ureli ho! ureli ho!
Fresh as morning light, Forth I sally,
With my Sickle bright, Through the Valley.
To my dear one, gaily singing Ureli ho!
Ureli ureli ureli ureli […]
2. When the day is closing o’er us, Ureli ho! ureli ho!
And the landscape fades before us, Ureli ho! ureli ho!
Wann i in der Früh aufsteh
221
When our merry men leave their mowing,
And along the glen Horns are blowing,
Sweetly there we lead the Chorus, Ureli ho!
Ureli ureli ureli […]
3. Oh, my chosen Maiden treasure, Ureli ho! ureli ho!
How my bosom beats with pleasure Ureli ho! ureli ho!
When we thus, by Vale, Hill or mountain,
Rock or hollow dale, Rill or fountain,
Mingle in the tuneful measure! Ureli ho!
Ureli ureli ureli […]30
Es ist durchaus möglich, dass Ball das Lied gar nicht bewusst „entschärfte“, denn mundartliche Zweideutigkeiten sind für einen Briten schwer erkennbar, und auch im Falle,
dass einer der Rainer-Sänger den Übersetzer bei seiner Arbeit unterstützt hätte, wird er
ihm wohl kaum die subtilen Anspielungen zwischen den Zeilen erklärt haben.
Der Rezensent im Kaleidoscope bevorzugt Moores Adaption und vergleicht den
Tyrolese Song of Liberty mit Balls Fassung „When the matin bell is ringing“ folgendermaßen:
Mr. Moore’s music bears a very close resemblance to The Matin Bell, the chief difference is in the
conclusion of each verse. Mr. Moore’s repetition of the word „Cheerily,“ „Merrily,“ &c. is much
softer, and we think more harmonious than the „Ureli, Ureli,“ &c. of the above, which sounds
rather harshy to us.31
Ihm fallen die unterschiedlichen Schlussphrasen der Verse auf, die seiner Meinung nach
bei Moore besser gestaltet sind als bei Ball.
Von besonderem Interesse ist sein Hinweis, dass schon kurz nach Erscheinen der
Tyrolese Melodies in Großbritannien nicht autorisierte Notenausgaben der Rainer-Natio­
nalsänger auf dem Markt waren:
Several spurious editions of the airs sung by the Rainers have made their appearance; they are,
however, very incorrect. Mr. Willis is the only person authorized by the Tyrolese family to publish
their music, and The Tyrolese Melodies have the fac-simile signatures of the minstrels. We have
mentioned this as an act of justice to both singers and publisher as well as the public, who ought to
be cautioned against the piracies of needy and unprincipled publishers.32
Es dürften immerhin so viele gewesen sein, dass der Rezensent gebeten wurde, darauf
hinzuweisen, oder dass er sich selbst dazu verpflichtet fühlte, denn auch in einer Fußnote betont er noch einmal: „It is necessary here to state, that the copyright of The
Tyrolese Melodies, as arranged and sung by the Rainer family has been purchaised of
them by Mr. Willis.“33
32
33
30
31
Moscheles (Hg.): The Tyrolese Melodies (wie Anm. 6), S. 53–61.
Ebd., S. 171.
Ebd.
Ebd.
222
Kapitel 11
Eine „zweigleisige“ Rezeptionsschiene in den USA:
Das Freiheitslied The Tyrolese Song of Liberty, das Tiroler Lied
„When the matin bell is ringing“ und die „Trittbrettfahrer“
Dass der Tyrolese Song of Liberty auch in den USA, weitab von den politischen Wirren
in Europa, nicht nur ein populärer Schlager der Zeit war, sondern durchaus auch als
politisches Lied verstanden wurde, lässt ein Brief des amerikanischen Politikers, Rechtsanwalts und Sympathisanten der Französischen Revolution William Wirt erkennen, in
dem er sich über den neapolitanischen Aufstand des Jahres 1821 äußert. Auch in Neapel
waren, wie an anderen Orten Italiens, zu Beginn der 1820er-Jahre Unruhen ausgebrochen, die auf einen politischen Systemwechsel zielten. Die europäischen Mächte hatten
einander allerdings bereits im Rahmen der so genannten „Heiligen Allianz“ und darauf
folgend beim Kongress von Laibach 1821 gegenseitige Unterstützung im Falle von revolutionären Unruhen zugesagt. Österreichische Truppen rückten daher im Auftrag des
Kongresses in Neapel ein und stellten die Königsherrschaft wieder her. Wirt schreibt am
14. Mai 1821, also am Vorabend der Niederschlagung des neapolitanischen Aufstandes,
an seinen Freund, den Richter Carr:
By-the-bye, did you ever see such a miserable fist as the Neapolitans have made of it? Are these the
descendants of Brutus and Cato? O shame and disgrace unspeakable and indelible, in such a cause!
I had begun to feel the same sort of throbbing with which my heart beat, near thirty years ago, in
the cause of France – and was already panting to go to Naples, and take a hand with them – was
chaunting every morning, as soon as I awoke,
Merrily every bosom boundeth,
Merrily oh, merrily, oh!
Where the song of Freedom soundeth,
Merrily oh, merrily oh!34
Wirt beurteilt den Aufstand der Neapolitaner zwar als armselig, räumt aber ein, dass er
sich trotzdem vom Freiheitsdrang hatte anstecken lassen und jeden Morgen den Tyrolese
Song of Liberty anstimmte. Er verwendete das im Jahr 1821 auch in den USA schon
bekannte Lied also im Sinne eines politischen Liedes.
Während in Großbritannien die früher erschienene Moore-Version weitaus bekannter
blieb als die Ball-Version, ist dies für die USA nicht so klar. Dort wurde „When the matin
bell is ringing“ im Jahr 1841 von Oliver Ditson, einem der Gründerväter des Musik­
verlagswesens in Amerika, in Boston gedruckt.35 Die Lieder der Rainer-Familie rangierten
unter den frühesten seiner Notenausgaben. Durch Ditsons Geschäftstüchtigkeit erlebten sie eine derart große Verbreitung, dass sie noch heute in sämtlichen SheetmusicBeständen der USA zu finden sind. Die Titelblätter sind meist mit Lithographien der
Ur-Rainers gestaltet, also der älteren Generation der singenden Familie, die aber nie in
die USA reiste. Die von Ditson publizierte Notenausgabe von „When the matin bell is
John P. Kennedy: Memoires of the Life of William Wirt, Attorney-General of the United States, A New and
Revised Edition, Vol. II, Philadelphia 1856, S. 108.
35
Ditson schaffte es früh, die Grundsteine für ein Imperium zu legen, indem er kleine Verlage aufkaufte
und sich u. a. auf diese Weise nach und nach einen enormen Notenbestand sicherte. Siehe dazu William
Arms Fisher: One Hundred and Fifty Years of Music Publishing in the United States: a Historical Study with
Special Reference to the Pioneer Publisher, Oliver Ditson Co., 1783–1933, Boston 1933.
34
Wann i in der Früh aufsteh
223
ringing“ kostete nur 25 Cents und ist ein Teil eines Sammelbandes, der auch die Lieder
The Alpine horn, The Sweetheart, The Tyrolese in America, The Miller’s Maid und The Free
Country enthält. Der musikalische Satz unterscheidet sich von seinem britischen Vorbild,
indem anstelle eines vierstimmigen Satzes hier nur die Singstimme wiedergegeben ist,
Abb. 3: George Alexander Lee: Hark! Hark! through the wild Wood! The Celebrated Tyrolese War Song (Johns
Hopkins University, Baltimore, Levy Sheet Music Collection, Box 042, Item 042).
224
Kapitel 11
Abb. 4: John Barnett: The Tyrolese Woodman’s Song (Johns Hopkins University, Baltimore, Levy Sheet Music
Collection, Box 117, Item 091).
Wann i in der Früh aufsteh
225
die deutschen Texte fehlen und die Klaviereinleitung um zwei Takte länger ist als jene
der Moscheles-Ausgabe. Der Hauptgrund für die Publikation dieser Ausgabe war mit
Sicherheit die zwischen 1839 und 1843 stattfindende Amerikatournee der Rainer-Familie. „When the matin bell is ringing“ dürfte zu ihren beliebtesten Liedern gezählt haben.36
Die Popularität des Tyrolese Song of Liberty und von „When the matin bell is ringing“
brachte findige Köpfe dazu, ähnliche Lieder zu schreiben, um vielleicht selbst ein wenig
von Moores „Hit“ und der allgemeinen Rainer-Begeisterung zu profitieren. Besonders
deutlich erkennbar ist dies am Beispiel des Celebrated Tyrolese War Song des britischen
Musikers George Alexander Lee (1802–1851), der, ebenso wie Moore in seinem Tyrolese
Song of Liberty, das Kriegsgeschehen vor dem Hintergrund einer romantischen Natur
beschreibt, dabei allerdings Erinnerungen an die Kindheit, wilde Wälder, klare Quellen,
liebliche Täler und mächtige Berge heraufbeschwört:
They come through the wild wood,
I hear their warrior strain;
The haunts of their childhood,
Allure their steps again;
I see their glittering spears afar,
I hail the glorious voice of war,
Hark! hark! Through the wild wood,
I hear the martial strain. […]37
Das Lied gehörte zu den Paradenummern der beliebten britischen Sängerin Lucia
Vestris („Madame Vestris“) und wurde durch sie bekannt und verbreitet. Auf dem Deckblatt der Notenausgabe des Liedes posiert sie in Tanzbekleidung im Wald (siehe Abb. 3).
Der Titel The Celebrated Tyrolese War Song erinnert auch an den Tyrolese War Song der
Familie Rainer, ein völlig anderes Lied, dessen Titel im Original Der Tiroler Landsturm
lautet.38
Ein weiteres Lied, das mit Anklängen an Moores Tyrolese Song of Liberty kokettiert, ist
The Tyrolese Woodman’s Song des britischen Sängers und Komponisten John Barnett. Es
ist textlich eng an Moores Hit angelehnt: „Oh! How merrily, / Oh! How cheerily, / Ere
the sun awakes him, / The peasant goes o’er mountain snows […]“ (siehe Abb. 4). Die
Worte „merrily“ und „cheerily“ wurden eindeutig von Thomas Moore übernommen,
allerdings lässt Barnett den politischen Inhalt, den Kampf um Freiheit, vollkommen beiseite und thematisiert stattdessen das Leben eines Försters. Ein idealisiertes Tirolerbild
steht dabei im Vordergrund: „He labours on and all his wealth / are peace of mind and
ruddy health, / Nor cares the hardy tyrolese / for riches, whilst possess’d of these […]“.39
Dass der Tyrolese song of liberty nachhaltig im allgemeinen Bewusstsein verankert war, sehen wir auch an
Kontrafakturen in Liederbüchern, von denen z. B. Armin W. Hadamer einige erwähnt. Siehe Hadamer:
Mimetischer Zauber (wie Anm. 7), S. 378.
37
George Alexander Lee: Hark! Hark! through the wild Wood! The Celebrated Tyrolese War Song, o. O. o. J.
(Johns Hopkins University, Baltimore, Levy Sheet Music Collection, Box 042, Item 042).
38
Sandra Hupfauf: „Der Tyroler Landsturm: Ein Nationalsängerlied und seine Reise durch die amerikanische Popularmusik des 19. Jahrhunderts“, in: Thomas Nußbaumer (Hg.): Volksmusik in den Alpen –
Standortbestimmungen. Festschrift für Josef Sulz zum 80. Geburtstag, Innsbruck 2011 (Schriften zur musikalischen Ethnologie 1), S. 255–279.
39
John Barnett: The Tyrolese Woodman’s Song, o. O. o. J. (Johns Hopkins University, Baltimore, Levy Sheet
Music Collection, Box 117, Item 091).
36
226
Kapitel 11
Ein weiteres Lied, das mit dem tapferen und patriotischen Tiroler wirbt, ist Tyrol!
Tyrol! My Fatherland (1854) des Amerikaners George W. Hewitt, der wahrscheinlich
dem Ditson-Umfeld angehörte: „Tyrol! Tyrol! My Fatherland! / Again thy smiling
woods I see, / Where first I tasted happiness, / In that lov’d home, so dear to me […]“.40
„When the matin bell is ringing“ als Studentenlied in Yale
Während der Tyrolese Song of Liberty für einige modische Salonschlager vorbildgebend
war, fand im Gegensatz dazu das Lied „When the matin bell is ringing“ Eingang in
das amerikanische Studentenliedrepertoire und wurde weit über die 1840er-Jahre hinaus in der Studentenszene rezipiert, was eine literarische Quelle aus dem Bereich der
Jugendliteratur belegt. Im Tip Top Weekly, der populärsten Wochenzeitschrift für junge
Amerikaner, erschienen zwischen 1896 und 1912 die „Abenteuer des Frank Merriwell“,
verfasst von Gilbert Patten unter dem Pseudonym Burt L. Standish. Die Geschichten
begleiten den jungen Frank durch seine Schul- und Studienkarriere und wurden von
Jugendlichen gerne gelesen, da die Hauptperson – sportlich, ehrlich, treu und Lastern
wie dem Alkohol oder unmoralischen Beziehungen gänzlich abgeneigt – das männliche
Ideal der Zeit propagiert.41 In der Folge „Frank Merriwell at Yale or Freshmen against
Freshmen“ (1897) beschreibt der Autor Franks ersten Tag in Yale. Als dieser am Abend
am offenen Fenster seinen ersten Eindrücken nachhängt, hört er ein Studentenlied, das
ihm seinen Eintritt in das Studentenleben eindringlich nahebringt:
As Frank sat by his window listening to the singing, on the evening that this story opens, he was
wondering where Harry could be, for his roommate had been away since shortly after supper.
Frank knew the merry singers were sophomores, the malicious and unrelenting foes of all freshmen.
He would have given not a little had he been able to join them in their songs, but he knew that was
not to be thought of for a moment.
As he continued to listen, a clear tenor voice struck into that most beautiful of college songs when
heard from a distance:
„When the matin bell is ringing,
U-ra-li-o, U-ra-li-o,
From my rushy pallet springing,
U-ra-li-o, U-ra-li-o,
Fresh as the morning light forth I sally,
With my sickle bright thro’ the valley,
To my dear one gayly singing,
U-ra-li-o, U-ra-li-o.“
Then seven or eight strong musical young voices came in on the warbling chorus, and the boy at the
window listened enchanted and enraptured, feeling the subtle charm of it all and blessing fortune
that he was a youth and a student at Yale.
The charm of the new life he had entered upon was strong, and it was weaving its spell about him –
the spell which makes old Yale so dear to all who are fortunate enough to claim her as their alma
mater. He continued to listen, eagerly drinking in the rest of the song as it came through the clear
evening air:
George W. Hewitt: Tyrol! Tyrol! My Fatherland!, New York 1854 (Library of Congress, Washington
D. C., Music Division, Music for the Nation: American Sheet Music, Call Number: M1.A12Z vol. 48).
41
Mehr dazu bei Ryan K. Anderson: What would Frank Merrywell do? Middle-class readers and the Progressive Era Roots of All-American Boyhood, Dissertation, Purdue University, Lafayette, Indiana 2006.
40
Wann i in der Früh aufsteh
227
Abb 5: „When the matin bell is ringing“, in: Charles S. Elliot (Hg.): Songs of Yale: A New Collection of
College Songs, New Haven 1870, S. 92–94.
„When the day is closing o’er us,
U-ra-li-o, U-ra-li-o,
And the landscape fades before us,
U-ra-li-o, U-ra-li-o,
When our merry men quit their mowing,
And along the glen horns are blowing,
Sweetly then we’ll raise the chorus,
U-ra-li-o, U-ra-li-o.“42
Und wie zu erwarten, findet sich das Lied im Studentenliederbuch Songs of Yale (1870)43
der Universität unter dem Titel Warble No. 2, und der „Jodler“ wurde hier besonders
ausgedehnt (siehe Abb. 5).
Auch in anderen amerikanischen „College Songsters“44 findet man das Lied als Studentenlied. Interessant dabei ist, dass nicht der Tyrolese Song of Liberty von Thomas
Moore als Vorbild diente, sondern das „unpolitische“ Lied „When the matin bell is
­ringing“. In diesem Zusammenhang scheint von Bedeutung, dass auch an deutschen
Universitäten „gejodelt“ wurde. Zur Zeit der französischen Fremdherrschaft und während der Befreiungskriege brachten einige Studentengruppen auf diese Weise ihre Solidarität mit den aufständischen Tirolern zum Ausdruck.45
Burt L. Standish [Gilbert Patten]: „Frank Merriwell at Yale or Freshmen against Freshmen“, in: Dime
Novel Club (Hg.): Tip Top Library, Vol. 1, Nr. 40, New York 1897, S. 1–31, hier S. 3.
43
Charles S. Elliot (Hg.): Songs of Yale: A New Collection of College Songs, New Haven 1870, S. 92–94
(http://archive.org/details/songsyaleanewco00elligoog, 14. 07. 2013).
44
Siehe bspw. S. C. Andrews (Hg.): The American College Songster. A Collection of Songs, Glees, and Melodies,
sung by American Students; containing also popular American, English, Irish and German Songs, Negro Melodies, Etc. compiled for the Use of Students and Lovers of Student Music Generally, Ann Arbor 1876, S. 48.
45
Siehe dazu Kapitel 17 in diesem Band.
42
228
Kapitel 11
Resümee
Das Tiroler Lied „Wann i in der Früh aufsteh“ war zu Beginn des 19. Jahrhunderts ein
„Hit“ im deutschsprachigen Raum, was auch zu einer Neutextierung des Liedes in Tirol
mit kriegerischem Inhalt führte. Thomas Moore gestaltete „Wann i in der Früh aufsteh“
zu einem international erfolgreichen Tiroler Freiheitslied um, indem er seiner Umdichtung von ca. 1812 den Titel Tyrolese Song of Liberty gab. Durch Thomas Moore und sein
Umfeld ist ersichtlich, dass sein Lied auch ein politisches Statement war. Zu seiner Verbreitung trug nicht nur die offenbar eingängige „Tiroler Melodie“ bei, sondern vor allem
Moores aktueller Text, der den Wunsch nach Freiheit und somit einen zentralen Topos der
damaligen Zeit in den Mittelpunkt stellt.
Die englische Version des Liedes „Wann i in der Früh aufsteh“ (gesungen von den Rainer-Nationalsängern) von William Ball trägt den Titel „When the matin bell is ­ringing“.
Sie wurde in Großbritannien etwa 15 Jahre nach der Moore-Version veröffentlicht und
war bei weitem nicht so erfolgreich wie diese.
In Amerika entwickelte sich hingegen eine zweigleisige Rezeptionsschiene, die auch
im Zusammenhang mit dem Aufstieg des Musikverlagswesens steht. Die Drucke des
Tyrolese Song of Liberty, die man in amerikanischen Sheetmusic-Beständen findet,46
gehören zu den ältesten amerikanischen Musikdrucken überhaupt. Die Popularität des
Liedes ist auch durch zahlreiche Kontrafakturen und seine oftmalige Veröffentlichung in
(oft aus Großbritannien importierten) Liederbüchern belegt. Die Verbreitung der neuen,
amerikanischen Ball-Version des Liedes (wieder mit dem Incipit „When the matin bell is
ringing“) ist in den USA einerseits auf die Amerikatournee der zweiten Generation der
Nationalsänger Rainer von 1839–1843 und andererseits auf den damaligen Erfolg der
Musikdruckbranche zurückzuführen.47 Trotz Moores früher Ver­öffentlichung erreichte
die Ball-Version große Breitenwirkung, was nicht zuletzt ihr Eingang in das Studentenliedrepertoire zeigt. Bemerkenswert ist, dass zur gleichen Zeit viele Musiker versuchten,
vom Tyrolienne-Boom zu profitieren und „neue“ Tirolerlieder komponierten. Natürlich
handelten viele von jenen Themen, die die Rainer-Familie in den USA etabliert hatte.
Neben der Liebe und dem Heimweh waren dies vor allem die Natur, wie in The Cuckoo
(Tyrolese),48 oder Jägerfreuden, wie in Hunter of Tyrol.49 Viele Lied­schaffende versuchten aber tatsächlich, Moores Tyrolese Song of Liberty zu imitieren, um an dessen Erfolg
anzuknüpfen, wie die Lieder The Tyrolese Woodman’s Song, The Celebrated Tyrolese War
Song, Tyrol! Tyrol! My Fatherland! und andere zeigen. Die „Tiroler Freiheit“ wurde durch
die politischen Ereignisse und den Erfolg der Rainer-Familie und nicht zuletzt durch
Thomas Moores berühmten Text auch in den USA ein Topos.
Siehe z. B. Sheetmusic Consortium der University of California, Los Angeles, http://digital2.library.ucla.
edu/sheetmusic (11. 06. 2012).
47
Siehe dazu die Rainer-Lieder in den Beständen des Sheetmusic Consortium der University of California,
Los Angeles.
48
Cuckoo (Tyrolese) (Library of Congress, Washington D. C., Music Division, Music for the Nation:
American Sheet Music, Call Number: M2.3.U6A44).
49
Hunter of Tyrol (Johns Hopkins University, Baltimore, Levy Sheet Music Collection, Box 027, Item
056).
46
Kapitel 12
„Er hat als vagöß’n, er liebt das Tyrol,
und mier lieb’n von Herz’n unsern Voda“.
Tyrola-Liedl 1810
Silvia Maria Erber
Nach der Hinrichtung Andreas Hofers und der Besetzung Tirols durch französisches
Militär erfolgte eine Neuordnung der Herrschaftsverhältnisse in Tirol. Acht Tage nach
Hofers Tod, am 28. Februar 1810, entschied Kaiser Napoleon in Paris, Tirol nicht,
wie vor 1809, gänzlich dem Königreich Bayern wieder anzugliedern, sondern das Land
stattdessen in drei Teile zu teilen. Der nördliche Teil Tirols wurde mit dem Innviertel
und Salzburg vereint und wieder dem bayerischen König Maximilian I. zugeschlagen.
Bis 1814 firmierte dieser Teil unter dem Namen „Innkreis“. Die südlichen Teile Tirols
mit Bozen und Welschtirol wurden vom neu geschaffenen Königreich Italien, die öst­
lichen Teile von den Illyrischen Provinzen annektiert.1
Wie kann man sich die Stimmung wenige Monate nach Hofers Tod und der endgültigen Niederschlagung des Aufstandes in Tirol vorstellen? In den meisten geschichtswissenschaftlichen Untersuchungen liest man von „verbreiteter Lethargie“2 und „all­
gemeiner Erschöpfung und Resignation des Landes nach dem Befreiungskampf “.3 Der
Forschungsstand über die zweite Phase der bayerischen Regierung (1810–1814) ist
wesentlich schlechter als jener über die Jahre vor dem Aufstand. Nur schwer lässt sich
ein Bild von der Stimmung in der Bevölkerung, von den ökonomischen Verhältnissen
und den neuen politischen Gegebenheiten anhand der wissenschaftlichen Sekundärliteratur zeichnen.4 Die Tiroler Bevölkerung war vom Krieg wirtschaftlich schwer getroffen.
Deshalb verwundert es nicht, dass die Erinnerungen an das Jahr 1809 zunächst keineswegs positiv waren. Männer, die sich in den Kämpfen einen Namen gemacht hatten,
wurden oftmals gemieden, ja sogar angefeindet, sodass nicht wenige ins österreichische
Ausland auswanderten. Der österreichische Kaiserstaat subventionierte sogar ein Ansiedelungsprojekt für tirolische Flüchtlinge in Ungarn unter der Führung von Josef Speckbacher, das allerdings mit nur bescheidenem Erfolg gesegnet war.5
Georg Mühlberger: „Absolutismus und Freiheitskämpfe (1665–1814)“, in: Josef Fontana / Peter W.
Haider / Walter Leitner / Georg Mühlberger / Rudolf Palme / Othmar Parteli / Josef Riedmann (Hg.):
Geschichte des Landes Tirol. 2. Band: Die Zeit von 1490 bis 1848, Bozen – Innsbruck – Wien 1986,
S. 289–579, hier S. 537.
2
Reinhard Heydenreuter: Tirol unter dem bayerischen Löwen. Geschichte einer wechselhaften Beziehung,
Regensburg 2008, S. 210.
3
Mühlberger: „Absolutismus und Freiheitskämpfe“ (wie Anm. 1), S. 539.
4
Ein neuerer Beitrag dazu: Bernhard Mertelseder: „Kriegsfolgenbewältigung und der öffentliche Umgang
mit dem ‚Freiheitskampf ‘ bis 1848“, in: Brigitte Mazohl / Bernhard Mertelseder (Hg.): Abschied vom
Freiheitskamf ? Tirol und ‚1809‘ zwischen politischer Realität und Verklärung, Innsbruck 2009 (SchlernSchriften 346), S. 223–240.
5
Ebd., S. 228–231.
1
230
Kapitel 12
Schriftliche Dokumente aus den Jahren unmittelbar nach 1809 lassen erkennen, wie
man sich in Tirol mit dem Geschehenen und dessen Folgen auseinandersetzte. Hier ist
mitunter von Reue, den Aufstand angezettelt zu haben, und vom Glauben an eine verdiente göttliche Strafe zu lesen.6 Eine 1810 publizierte Flugschrift des Beamten Niklaus
Ferdinand Högwein gibt uns Einblicke in seine negative Erinnerung:
Heute vor einem Jahre, was war noch? – Mit Schmerz und tief ergriffenem Gefühle erinnert sich
noch der Vaterlandsfreund der schauerlichen Scenen, die sein Herz gewaltsam ergriffen, und ihn
zu Thränen zwangen. Von empörten Leidenschaften zerrissen blutete das Vaterland, und im wilden
Sturme wogten die Gräuel der Empörung mit ihrem verderblichen Gefolge über uns hin. […] Wildes Jauchzen tönte durch die Lüfte nach begangenen Verbrechen, und der Kanonendonner brüllte
fürchterlich über unsere Thäler hin um Verbrechen zu verhindern.7
Keinesfalls ist davon auszugehen, dass „Anno Neun“ unmittelbar danach in Tirol auch
nur auf eine annähernd so positive Weise erinnert wurde wie dies etwa ab der zweiten
Hälfte des 19. Jahrhunderts bis in die Gegenwart der Fall war. Bernhard Mertelseder
urteilt anhand von Berichten über die Volksstimmung, dass die ersten beiden Jahrzehnte
nach 1809 von einer Distanzierung zum „angestammten Herrscherhaus“, dem Haus
Habsburg, geprägt waren und die Wahrnehmung der Kriegsfolgen auch aufgrund der
massiv verschlechterten ökonomischen Lage in schroffem Gegensatz zur späteren Idealisierung des „Freiheitskampfes“ stand.8
Der volksnahe Kronprinz Ludwig
Im Oktober 1810 erhielten die Bewohner jenes Teiles Tirols, das zum Königreich Bayern gehörte, einen neuen unmittelbaren „Stellvertreter“ des Königs, nämlich dessen
Sohn Kronprinz Ludwig. Erst zwei Wochen zuvor hatte er Therese von Hildburg-Sachsenhausen geehelicht und sich sodann mit seiner Gemahlin auf den Weg gemacht, seine
neue Position als Generalgouverneur im Inn- und Salzachkreis mit Sitz in Innsbruck
anzutreten.9 In der populären Literatur wird Kronprinz Ludwig oft als ausgewiesener
Tirol-Freund bezeichnet. Ein Grund dafür dürfte seine offene Aversion gegen Napoleon Bonaparte gewesen sein.10 Dass er nun als „volksnaher“ Generalgouverneur die
Geschicke im Land leiten sollte, wurde in Tirol offenbar sehr gut aufgenommen. Die
Regierung in München versuchte durch die Einsetzung des Kronprinzen Ludwig eine
Politik der „Gewinnung der Herzen des Volkes“ in Gang zu setzen,11 um einer erneu-
Martin P. Schennach: Revolte in der Region. Zur Tiroler Erhebung von 1809, Innsbruck 2009 (Veröffentlichungen des Tiroler Landesarchivs 16), S. 614–620.
7
Niklaus Ferdinand Högwein: An die Bewohner des Innkreises bey der höchst erfreulichen Ankunft Seiner
königlichen Hoheit des durchlauchtigsten Kronprinzen von Baiern Ludwig Karl August und Seiner durchlauchtigsten Gemahlin Therese Karolina. Von Niklaus Ferdinand Högwein, k. b. Polizey-Aktuar, Innsbruck 1810.
8
Mertelseder: „Kriegsfolgenbewältigung“ (wie Anm. 4).
9
Heydenreuter: Tirol (wie Anm. 2), S. 211.
10
Ludwig Hüttl: Ludwig I. König und Bauherr, München 1986; Meinrad Pizzinini: Andreas Hofer. Seine
Zeit – sein Leben – sein Mythos, Innsbruck – Wien – Bozen 2008, S. 107, S. 258; Michael Forcher:
Bayern – Tirol. Die Geschichte einer freud-leidvollen Nachbarschaft, Innsbruck 1993, S. 168.
11
Heydenreuter: Tirol (wie Anm. 2), S. 210.
6
Tyrola-Liedl 1810
231
ten Entfremdung zwischen den Tiroler Untertanen und dem Herrscherhaus entgegen
zu wirken.12 Das militärische Oberkommando über die in Tirol stationierten Truppen
sowie das Informations- und Vorschlagsrecht betreffend alle Agenden Tirols zählten zu
den wenigen konkreten Funktionen des Generalgouverneurs im Inn- und Salzachkreis.
Ludwig selbst sprach von der „Nullität“ seines Amtes.13 Auch wenn die Vereinheit­
lichung der Verwaltung für die Regierung in München nach wie vor im Zentrum stand,
ließ man fürs erste die kirchenpolitischen Reformmaßnahmen, die vor dem Aufstand
breiten Raum eingenommen hatten, weitestgehend ruhen.
Die Herabstufung der Universität Innsbruck zu einem bloßen Lyzeum, erneute
Steuer­forderungen und Rekrutierungsmaßnahmen bewirkten allerdings, dass die Skepsis der Tiroler gegenüber der bayerischen Herrschaft auch in den Jahren nach 1810 aufrecht blieb.14 Der bayerischen Regierung in München war durch den Aufstand jedoch
klar geworden, dass es zur „mentalen Integration“ der Tiroler Bevölkerung weitreichenderer Bemühungen bedurfte. Minister Maximilian Graf von Montgelas hoffte, dass sich
der junge Kronprinz Ludwig, ganz anders als sein Vater, als „überregionale Identifikationsfigur“ schnell großer Beliebtheit erfreuen würde.15 Wissend um die Gefahr eines
neuen Aufstandes legte Ludwig im Umgang mit der Bevölkerung und ihren Traditionen
Sensibilität an den Tag, selbst wenn es darum ging, Tirol in finanz- und religionspolitischer Hinsicht an das bayerische System anzupassen.16
Eine Inszenierung von politischer Macht
Ende Oktober 1810 stattete, wie bereits erwähnt, Kronprinz Ludwig Tirol mit seiner
Gemahlin seinen ersten längeren Besuch ab. Man könnte nun vermuten, dass es eine
schwierige, möglicherweise sogar ernüchternde Angelegenheit war, als neuer Stellvertreter des bayerischen Königs in eine Region zu reisen, in der die Bevölkerung nur Monate
zuvor erbittert Widerstand geleistet hatte. Die von dieser Reise erhaltenen schriftlichen
Quellen vermitteln aber ein völlig anderes Bild. Von diesem Herrscherbesuch existiert
ein Lied in Form eines gedruckten Flugblattes, das die Tiroler Bevölkerung als reumütig
und ergeben präsentiert:
Tyrola-Liedl, welches, als Ihre Königl. Hoheiten der Kronprinz und die Kronprinzessin von
­Baiern einer Bauernhochzeit in Kematen königl. Landgerichts Innsbruck am 30sten October
1810 beywohnten, abgesungen wurde von F. v. Eisank. Gedruckt mit Wagner’schen Schriften.
1. Seyd’s uns recht willkomma Herr Kronprinz in Tyrol,
Und a Encka Thresal von Herz’n wißt’s wohl,
Bueb’n stöckts dö schö Födan auf, d’Gambsbart dazua;
Und göbt’s nu von Juhatz’n gar kainen Ruha.
Margot Hamm: Die bayerische Integrationspolitik in Tirol 1806–1814, München 1996 (Schriftenreihe
zur bayerischen Landesgeschichte 105), S. 157.
13
Ebd., S. 157f.
14
Mühlberger: „Absolutismus und Freiheitskämpfe“ (wie Anm. 1), S. 539.
15
Hamm: Integrationspolitik (wie Anm. 12), S. 157.
16
Ebd., S. 158–160.
12
232
Kapitel 12
2. Da Ludwig sein Thres’l dö köma heut her,
Und göb’n uns auf unsara Hochzeit dö Ehr
Des wißt’s ös ja selba das Heurath’n ist fein,
Und heut trift da Fall a bey uns a so ein.
3. Des liebt’s uns von Herz’n, dös söch ma jezt wohl,
Kain sollani Hochzeit war nie in Tyrol,
Wo so a groß’ Fürstenpaar selbst war dabey;
Jezt Buebma rieft’s Vivat! – Und das a mal gley.
4. Da Voda da Kinig, wie gua’t ist krat der,
Er schickt uns jezt selba’ den Kronprinz’n her,
Er hat als vagöß’n, Er liebt das Tyrol;
Und mier lieb’n von Herz’n unsern Voda wißt’s wohl.
5. Dös wöll ma jezt gley unsarn Kindarn schö sag’n,
Und soll’n auch unsare Kindskinda frag’n
Das uns unsa Kinig sein’ Kronprinz’n göb’n,
Und dö liebe Thres’l als Fürstin danöb’n.
6. Dö Hochzeitleut buß’n Enk alle jezt s’Klaid,
Für das große Glück und dö Gnad ja mei Naid,
Sie wünsch’n viel Sög’n viel Glück, und viel Hail;
Des ward’s ja beym Sagara gar kainen fail.
7. Bleib’s Oes nu recht lang bey uns, aft ist uns wohl,
Denn Oes kent’s uns helf ’n beym Kinig recht doll;
Seyd’s uns nu gewog’n, spröchts Öes für üns s’ Wort,
Mier laß’n Enk aus unsara Mitt nimma fort.
8. Jezt laßt’s uns krat lustig seyn, froh und wohlauf,
Und aft a klain’s Tanzl schadt a nit darauf,
Jezt Buebma riefts Vivat! Der König soll löb’n,
Weil Er uns den Ludwig und Theres hat göb’n.17
Das Lied ist ein typisches Loblied auf einen Herrscher bzw. in diesem Falle auf den Sohn
des Souveräns. In mehreren Strophen wird die Güte und Milde des Königs Maximilian
betont, die sich angeblich vor allem darin ausdrückt, dass er seinen Sohn und Nachfolger Ludwig nach Tirol entsandte. Darin, so impliziert der Text, sei ein persönliches
Interesse an Tirol und seiner Bevölkerung zu erkennen. So zeichnet der Liedtext durchgängig das Bild eines fröhlichen, dem Anlass entsprechend festlich gelaunten Volkes, das
in Zuneigung und Demut seinen beiden Herrscherpersönlichkeiten Maximilian und
Ludwig verbunden ist. Die Ereignisse, die nur ein knappes Jahr davor ganz Tirol in
Aufruhr versetzt hatten, werden bloß in einem einzigen kleinen Satz angemerkt: „Er hat
als vagœß’n, er liebt das Tyrol; / Und mier lieb’n von Herz’n unsern Voda wißt’s wohl.“
Aus literaturwissenschaftlicher Sicht gehören Loblieder, die zu einem bestimmten
Anlass verfasst werden und danach ihren Zweck verlieren, zur Gelegenheitsdichtung
Als Flugschrift am Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck (im Folgenden: TLMF), FB
535/29; abgedruckt bei August Hartmann / Hyacinth Abele (Hg.): Historische Volkslieder und Zeitgedichte vom sechzehnten bis zum neunzehnten Jahrhundert 3. Band: Von 1756–1879, München 1913,
S. 116–118. Siehe auch Liedindex, Nr. 132.
17
Tyrola-Liedl 1810
233
bzw. Kasuallyrik, da ein Loblied stets in einem politischen Kontext entsteht und eingesetzt wird und immer eine immanent politische Botschaft transportiert. Die Funktion
der herrschaftlichen Panegyrik beschreibt Jan Andres als „kommunikative Handlung
des Preisens“ und damit als Medium von symbolischer Kommunikation im politischherrschaftlichen Kontext.18 Während viele Lobgedichte oder -lieder einen performativen
Sprechakt beinhalten („wir schwören dir“), ist unser Liedbeispiel eine reine Aufforderung, den Kronprinzen freudig willkommen zu heißen. Die politische Botschaft, wie
glücklich sich die Tiroler schätzen, zu Bayern zu gehören, wird damit deutlich zum
Ausdruck gebracht. Betrachtet man dieses Kasuallied ohne seinen Kontext, stellt es bloß
ein mäßig interessantes, wenig aussagekräftiges Beispiel für politische Lyrik dar. Bringen
wir aber in Erfahrung, in welchem Kontext dieses Lied tatsächlich aufgeführt, ja geradezu inszeniert wurde, ergibt sich ein neues Bild der Quelle als Teil eines zeremoniell
gestalteten Staatsbesuchs.19
Mehrere Zeitungsartikel, die in der Münchener politischen Zeitung und in der Innsbrucker Zeitung erschienen, geben Einblicke in diesen königlichen Besuch aus Bayern
und seine „Propagandamaschinerie“. Eine etwas später publizierte Sammlung von
„Gesängen, Reden und Volksliedern“20 anlässlich des Besuchs des Kronprinzenpaares
in Innsbruck sowie eine „vollständige Beschreibung aller öffentlichen Feierlichkeiten“21
und der anschließenden Reise von München nach Innsbruck in Briefform beweisen, wie
wichtig bereits um 1800 die mediale Nachbearbeitung eines Staatsbesuchs war. Die Zeitungsartikel wurden fast wortgleich, nur wenige Tage nacheinander, veröffentlicht. Sie
sprechen in einem emotionalen Ton von einem „wahren Freudenfest“ und dass sich die
Einwohner Tirols „nach der Ankunft der Erhabenen“, des Kronprinzenpaares, gesehnt
hätten. Auffallend oft wird hervorgehoben, dass die zur Schau getragene Freude der
Tiroler Bevölkerung beim königlichen Besuch freiwillig und ungezwungen gewesen sei
und dass die Tiroler und Tirolerinnen „tanzend ihre Huldigungs- und VersühnungsOpfer“ dargebracht haben. Aufmärsche, militärische Paraden und Festumzüge, Empfänge, Bälle, Gottesdienste – all dies stand auf der Tagesordnung für Ludwig von Bayern
und seine Gattin. Vor allem die Beschreibung des Empfangs am Rennplatz, dem damals
großzügigen Platz vor dem Landestheater am heutigen Rennweg, zeigt, dass es sich um
eine sehr propagandistische Aktion handelte, überladen mit politischer Symbolik;
Jan Andres: „Auf Poesie ist die Sicherheit der Throne gegründet.“ Huldigungsrituale und Gelegenheitslyrik
im 19. Jahrhundert, Frankfurt a. M. 2005 (Historische Politikforschung 4).
19
Über das Musikleben zur Zeit des bayerischen Königs Maximilian I. und die Musik im patriotischen
Dienst siehe Robert Münster: „Das Musikleben in der Max-Joseph-Zeit“, in: Hubert Glaser (Hg.):
Krone und Verfassung: König Max I. Joseph und der neue Staat. Beiträge zur Bayerischen Geschichte und
Kunst 1799–1825, München 1980 (Wittelsbach und Bayern 3/1), S. 456–471.
20
Anon.: Der schöne Bund. Oder Gemälde des festlichen Einzugs Ihrer Königlichen Hoheiten des Kronprinzen
u. der Kronprinzessin von Baiern, in Tirol und Innsbruck. In einer vollständigen Sammlung aller Gesänge,
Reden und Volkslieder, welche jene Feierlichkeit schildern. Als Anhang zu der Schrift: Denkmäler der Liebe
und Ergebenheit von treuen Bürgern, München – Innsbruck 1810 [Bayerische Staatsbibliothek, München, Bavar. 629#Beibd.1; http://www.bsb-muenchen-digital.de (25. 03. 2013)].
21
Jakob Beiel: Denkmäler der Liebe und Ergebenheit von treuen Bürgern. Geweiht Ihren königlichen Hoheiten von Baiern, Ludwig und Therese. Oder: vollständige Beschreibung aller öffentlichen Feierlichkeiten,
welche von der Abreise Ihrer königlichen Hoheit der Kronprinzessin aus Sachsen-Hildburghausen bis zum
festlichen Einzuge des hohen Fürstenpaares in Innsbruck stattgefunden haben. In Briefen aus München an
einen Freund aus Innsbruck, 2. vermehrte Auflage, München 1810 [Bayerische Staatsbibliothek, München; http://www.bsb-muenchen-digital.de (25. 03. 2013)].
18
234
Kapitel 12
Von da begab sich der Zug [des Kronprinzenpaares etc.] nach dem Rennplatze, in dessen Mitte ein
reich beleuchteter Tempel stand. […] Zunächst den Coulissen spielten fruchttragende Orangen
das Kolorit der Hoffnung auf uns zu. Auf beiden Seiten dieses mit einem künstlichen Wäldchen
eingefaßten Tempels standen 12 Knaben und 12 Mädchen von allen Ständen, als lieblich gekleidete
Genien im Griechen-Kostume auf Piedestalen, Quirlanden haltend von weiß und blauer Farbe.
Im Hintergrunde desselben Tempels lächelte Gott Hymen und auf einem Opferaltar brannten die
Farben des Regenbogens, glänzend umgeben von den Namenszügen Ihrer Königl. Hoheiten im
Brillanz-Feuer. Zwei andere Genien, über deren Oberkleid sich ein langer himmelsblauer Mantel schwang, standen freudig gerührt am Fußgestelle jenes lichtumflossenen Opferaltars. […] da
schwebten zwei Genien im bescheidenen Anstande herbei. Der eine als Sprecher der Knaben hielt
ein vaterländischblaues Band von silbernen Enden, auf welchem ein Gedicht gedruckt war; der
zweite als Sprecherin der Mädchen trug ein schön geschmücktes Füllhorn, welchem der Flora mannichfaltige Spatblumen mit aromatischem Dufte entquollen. […] Mild ruhte Ihr Blick [des Kronprinzenpaares] auf allen Genien, die gestärkt durch diese schöne Bundesfeyer, die Liebe zum Könige
und Vaterland fortpflanzend in sich tragen werden […].22
Besonders ins Auge fielen die vielen dekorativen Spruchbänder, die entweder von Kindern hochgehalten wurden oder an den Fassaden der Häuser angebracht waren. Die
darauf zu lesenden Sprüche propagierten die Zugehörigkeit Tirols zu Bayern: „Sind wir
gleich noch jung und klein, können wir doch dankbar seyn, und das Glück für uns
erkennen, dass wir uns jetzt Baiern nennen“, war etwa auf einem Schulgebäude zu lesen.
Manche Sprüche spielten offenbar auch auf den Aufstand des Vorjahres an: „Auf Regen
folgt Sonnenschein. Heil dem edlen Fürstenpaar, Wonne dem beglückten Lande.“ Der
in den Berichten spürbare Blick von außen auf Tirol verrät, dass der Verfasser höchstwahrscheinlich kein Tiroler war, denn Begriffe wie „Bergvolk“ und „Gebirgsbewohner“
für die Einwohner Tirols oder Attribute wie „naiv“, „originell“ und „nationell“ sind
wohl eher Fremdbezeichnungen. Aufgrund der Tatsache, dass sich große Teile der in
Briefform gehaltenen Beschreibungen „aller öffentlichen Feierlichkeiten“23 mit jenen in
den Zeitungsartikeln der Münchener politischen Zeitung sowie der Innsbrucker Zeitung
decken, ist anzunehmen, dass alle Texte von ein und demselben Verfasser stammen.
Jakob Beiel, Mitarbeiter an der königlichen Hofbibliothek in München, gilt als der
Autor der Festpublikation und verfasste wohl auch die Zeitungsartikel.24
Das Tyrola-Liedl selbst wurde am 30. Oktober 1810, am dritten Tag des Besuches,
dargeboten, und zwar im Dorf Kematen, nur wenige Kilometer westlich von Innsbruck. Dort wurde zu Ehren des Kronprinzenpaares ein „ländliches Fest“ in Form
einer inszenierten Bauernhochzeit ausgerichtet. Kronprinz Ludwig und seine Gattin
wohnten nicht nur dem Gottesdienst bei, sondern auch dem anschließenden Essen und
Umtrunk in einem Gasthof. Nach dem Empfang der Gesandten mehrerer Landgerichte
und der Überreichung kleinerer Geschenke der Untertanen wurden die Gäste Zeugen
zweier musikalischer Darbietungen, die beide „das Gepräge der Originalität, und des
nationellen [sic]“ hatten. Zuerst sang ein junges Mädchen, die Tochter des Innsbrucker Landrichters, als Bauernmädchen verkleidet ein von diesem selbst komponiertes
(jedoch unpolitisches) Lied. Zum Abschluss des Festes aber gab der „Königlich Bayerische Polizei-Officiant“ Franz von Eisank das Tyrola-Liedl „Seyd’s uns recht willkomma
Innsbrucker Zeitung 12 (1810), Nr. 88, 31. Oktober 1810.
Beiel: Denkmäler der Liebe (wie Anm. 21).
24
Vgl. Fürstenhochzeit und bürgerliche Repräsentation: http://www.bayerische-landesbibliothek-online.de/
oktoberfest-1810 (13. 01. 2012).
22
23
Tyrola-Liedl 1810
235
Herr Kronprinz in Tyrol“ im Dialekt der Unterländer zum Besten. In der dazu passenden Unterländer Tracht gekleidet, erhielt Eisank „wegen seiner naiven und rührenden
Ausdrücke allgemeinen Beifall“.25
Der Besuch des Kronprinzenpaares in Tirol ist ein Beispiel für eine politische Inszenierung von Herrschaft, die von den Machthabern bis ins Detail geplant worden war.
Neuere Ansätze zur Erforschung von Öffentlichkeitswirksamkeit und der Konstruktion und Erinnerung von Ereignissen werden im Rahmen der Performanz- bzw. Performativitätsforschung geleistet, deren Schlüsselbegriffe „Performanz“ bzw. das englische
„performance“26, „Ritual“27 und „Inszenierung“ auch für den Kronprinzenbesuch in
Innsbruck Anwendung finden können. Eine Inszenierung bringe, so die Kulturwissenschaftlerin Erika Fischer-Lichte,
etwas Unsichtbares zur Erscheinung, es geht darum, etwas, das nicht mit den Sinnen wahrgenommen werden kann, überhaupt erst in Erscheinung treten zu lassen. Unsichtbares, Imaginäres soll
durch den Prozess der Inszenierung in der Aufführung wahrnehmbare Gegenwart annehmen.28
Innsbrucker Zeitung 12 (1810), Nr. 90, 7. November 1810: „Auszug der merkwürdigen Begebenheiten“.
Performanzen lassen sich üblicherweise als einmalig beschreiben und stehen damit im Kontrast zu den
Ritualen: „Performanzen erlangen ihre Wirkung im Zusammenspiel aller Sinne; was zur Aufführung
kommt, wird gesehen, gehört, gefühlt und gerochen und erhält in dieser Gleichzeitigkeit der Sinneseindrücke seine Bedeutung“. Für die Geschichtsforschung bedeutet die Performanzforschung ein Abrücken vom reinen textlichen Arbeiten hin zu einer vermehrten Beachtung des Körpers, seiner Sprache
und ihrer Konstruktion in Aufführungen; siehe Frank Bösch: „Ereignisse, Performanz und Medien in
historischer Perspektive“, in: Frank Bösch / Patrick Schmidt (Hg.): Medialisierte Ereignisse. Performanz,
Inszenierung und Medien seit dem 18. Jahrhundert, Frankfurt a. M. – New York 2010, S. 7–29, hier
S. 12f. Zur vertieften Erklärung und Distinktion der Begriffe siehe außerdem Erika Fischer-Lichte:
„Performance, Inszenierung, Ritual. Zur Klärung kulturwissenschaftlicher Schlüsselbegriffe“, in: Jürgen
Martschukat / Steffen Patzold (Hg.): Geschichtswissenschaft und „performative turn“. Ritual, Inszenierung
und Performanz vom Mittelalter bis zur Neuzeit, Köln – Weimar – Wien 2003 (Norm und Struktur.
Studien zum sozialen Wandel in Mittelalter und früher Neuzeit 19), S. 33–54.
27
Rituale sind laut Erika Fischer-Lichte eine „bestimmte Gattung von Aufführungen, die der Selbstdarstellung und Selbstverständigung, Stiftung bzw. Bestätigung oder auch Transformation von Gemeinschaften dienen und unter Anwendung je spezifischer Inszenierungsstrategien und -regeln geschaffen werden“ [Fischer-Lichte: „Performance“ (wie Anm. 26), S. 47]. Etwas konkreter und besser auf
Geschichtswissenschaft anwendbar ist die Definition von Gerd Althoff und Barbara Stollberg-Rilinger:
„Unter Ritualen verstehen wir feierliche demonstrative Handlungen, die aus einer Reihe relativ fester
Formen bestehen: Bestimmte Personen vollziehen bestimmte Gesten und Gebärden, und zwar meist in
besonderer Kleidung, mit besonderen Gegenständen und sprachlichen Formeln, an einem besonderen
Ort, zu einer besonderen Zeit und vor einem besonderen Publikum. Man kann Rituale nicht zufällig
und nebenbei vollziehen. Sie werden vielmehr demonstrativ aus dem Alltag herausgehoben und gleichsam wie auf einer Bühne vor Zuschauern inszeniert“; siehe Gerd Althoff / Barbara Stollberg-Rilinger:
„Spektakel der Macht? Einleitung“, in: Barbara Stollberg-Rilinger / Matthias Puhle / Jutta Götzmann
/ Gerd Althoff (Hg.): Spektakel der Macht. Rituale im alten Europa 800–1800. Katalog [Kooperationsausstellung des Sonderforschungsbereiches 496 der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster und
des Kulturhistorischen Museums Magdeburg, 21. September 2008 – 4. Januar 2009 im Kulturhistorischen Museum Magdeburg], Darmstadt 2008, S. 15–20, hier S. 15. Rituale sind letztlich „komplexe Formen symbolischen Handelns“ aufgrund ihrer Normierung, ihres Aufführungscharakters, so
Stollberg-Rilinger an anderer Stelle; siehe Barbara Stollberg-Rilinger: „Symbolische Kommunikation in
der Vormoderne. Begriffe, Thesen, Forschungsperspektiven“, in: Zeitschrift für historische Forschung 31
(2004), S. 489–527, hier S. 502.
28
Erika Fischer-Lichte lehnt sich in ihrer Definition an Edward Gordon Craig an: Über die Kunst des
Theaters, Berlin 1969, S. 101, S. 106; siehe Fischer-Lichte: „Performance“ (wie Anm. 26), S. 42.
25
26
236
Kapitel 12
Der Begriff der „Inszenierung“ beinhalte im Gegensatz zur „Performanz“ / „performance“ den „besonderen Modus der Herstellung von Aufführungen“.29 Jeder Besuch
eines politischen Souveräns ist auf eine Weise inszeniert, die mit medialen Komponenten angereichert sein kann. Die Zeitungsberichte über den Besuch von Kronprinz
Ludwig und seiner Gattin in Innsbruck und Kematen veranschaulichen das Maß der
Inszenierung. Das Unsichtbare, Imaginäre, das mithilfe von Spruchbändern, Darbietungen von Kindern in griechischen Kostümen, Feuerwerken, festlicher Beleuchtung,
Musikeinlagen, Aufmärschen, Wappen in den bayerischen Nationalfarben Weiß und
Blau vom Publikum wahrgenommen werden sollte, war Macht – die politische Macht
des bayerischen Königreichs über die „Provinz“ Tirol, die ein Jahr zuvor noch, in den
Frühlings- und Sommermonaten 1809, einen Krieg ausgelöst hatte, zu dem sogar Frankreichs Truppen zu Hilfe eilen mussten. Nun galt es, patriotische Gefühle zu beschwören,
ja sie überhaupt erst zu initiieren, und innerhalb der Bevölkerung ein Zugehörigkeits­
gefühl zur bayerischen Dynastie zu wecken.
Die Darbietung des Liedes erscheint in diesem Kontext als Teil eines Zeremoniells,
so wie es panegyrische Gedichte und Lieder vor allem im Rahmen höfischer Festivitäten
schon seit der Antike waren.30 Besondere Ereignisse wie Eheschließungen, Geburtstage,
Krönungen, Erbhuldigungen oder Todesfälle wurden zum Anlass genommen, um meist
am Hof angestellte Dichter mit dem Verfassen von Lobgedichten bzw. -liedern zu beauftragen.31 Inhaltlich bedienten sich die Dichter gerne antiker, mythologischer Themen,
die „die zeitlose, übermenschliche, ja gottähnliche Stellung des gerühmten Herrschers“
bezeugen sollten. Dabei wird in der Darstellung des Charakters und der Fähigkeiten
des zu besingenden Herrschers maßlos übertrieben.32 Seinen neuzeitlichen Höhepunkt
erlebte die Panegyrik an den absolutistischen Höfen des 18. Jahrhunderts.33 Der Musik
in unterschiedlichen Formen, wie sie auch beim Besuch des Kronprinzenpaares eingesetzt wurde, kann dabei ebenso ein zeremoniell-inszenierter Charakter zugewiesen werden. Einerseits gestalteten Tiroler Abordnungen militärische Paraden mit Musik („Jede
Gemeinde hatte ihre besondere Musik“,34 „Musikaufzüge vermehrten den erhabenen
Eindruck in allen Gemüthern“35), andererseits waren die Empfänge und offiziellen Feiern musikalisch untermalt („Töne der Musick in der Halle harmonirten lieblich mit
diesem wirklich reich illuminirten Gebäude“36), und im Innsbrucker Theater wurde
zu Ehren des hohen Besuches sogar eine von Einheimischen geschaffene „Cantate“37
Ebd., S. 36.
Peter Pütz: „Aufklärung“, in: Walter Hinderer (Hg.): Geschichte der politischen Lyrik in Deutschland,
Stuttgart 1978, S. 114–140, hier S. 120.
31
Ebd., S. 121.
32
Ebd.
33
Jan Andres / Matthias Schwengelbeck: „Das Zeremoniell als politischer Kommunikationsraum: Inthronisationsfeiern in Preußen im ‚langen‘ 19. Jahrhundert“, in: Ute Frevert / Heinz Gerhard Haupt (Hg.):
Neue Politikgeschichte. Perspektiven einer historischen Politikforschung, Frankfurt a. M. 2005 (Historische
Politikforschung 19), S. 27–81, hier S. 71.
34
Beiel: Denkmäler der Liebe (wie Anm. 21), S. 75.
35
Ebd., S. 80.
36
Ebd., S. 79.
37
Karl Horst / J. Scheibel (Vorname nicht überliefert): Cantate bey der höchsterfreulichen Ankunft Ihrer
königlichen Hoheiten, des Kronprinzen und der Kronprinzessinn von Baiern, ehrfurchtsvollest dargebracht
in dem königlichen Nationaltheater von Innsbruck, von dem Unternehmer Anton Ferrari. Verfasst von Karl
29
30
Tyrola-Liedl 1810
237
aufgeführt. Die musikalischen Darbietungen trugen ganz bewusst einen Tiroler Stempel.
In Kenntnis der unterschiedlichen sozialen Schichten, die es anzusprechen galt,
wurden ausgerechnet zwei Vertreter des Beamtenstandes – die Tochter des Innsbrucker
Landrichters und der Innsbrucker „Policey-Officant“ – auserwählt, um in bäuerlicher
Tracht Lieder zu singen. Bei Franz von Eisank, so die Angabe seines Namens in den
Primärquellen, dürfte es sich um Franz Salesius Eisank von Marienfels gehandelt haben,
der sich als höherer Beamter im österreichischen wie auch im bayerischen Dienst seinen
Unterhalt verdiente.38 Diese Tatsachen verdeutlichen den Grad der „Volkstümlichkeit“
der Inszenierung, auf die man bei diesem Besuch in Tirol offensichtlich von offizieller, königlicher Seite besonders viel Wert legte. Die Musikwissenschaftlerin Hildegard
Herrmann-Schneider verglich, anspielend auf die kurz zuvor stattgefundene Hochzeit
des Kronprinzenpaares, die die Tradition des Münchener Oktoberfestes begründete, die
Bauernhochzeit in Kematen gar mit dem Münchener Oktoberfest selbst:
War der Tod Andreas Hofers, nur wenige Monate zuvor, schon aus dem Gedächtnis? Oder war
inkognito von München aus auch ein Hochzeitstaumel in Tirol inszeniert worden, um bei der
Bevölkerung hier die Vergangenheit vergessen zu machen. […] Sollte unter Umständen im ‚Fest‘
von Kematen gar ein zweites freilich einmaliges Oktoberfest zu sehen sein?39
Die erste Frage ist schnell beantwortet: Der Tod Hofers war zwar nicht vergessen, aber
wurde eben ungern öffentlich erinnert.40 Die Frage nach den Verantwortlichen für die
Inszenierung hingegen lässt sich weniger klar beantworten. Briefliche Konversationen
zwischen der königlichen bayerischen Hof-Commission und den Innsbrucker Beamten zeigen, dass die Beleuchtung allgemeiner Gebäude, etwa der Triumphpforte und des Landhauses, von oberster Instanz, nämlich vom Minister Maximilian Graf von Mont­gelas,
angeordnet worden war. Wer aber über die musikalischen Aufführungen entschied, ist
anhand der spärlichen, im Tiroler Landesarchiv liegenden Quellen zu den Feierlich­
keiten zu Ehren des Kronprinzen nicht ersichtlich.41
Horst, Mitglied dieses Theaters, in Musik gesetzt von J. Scheibel, Musikdirector des königl. Nationaltheaters
in Salzburg, Innsbruck 1810 (Prolog und 10 Gesangsnummern) (TLMF, FB 627/11).
38
Siehe Instanzenschematismus für Tirol und Vorarlberg, 1805 (TLMF, FB 3547), S. 106: „K. K. Kreisamt
im Unterinn- und Wippthale zu Schwatz“. Dort bekleidete Franz Salesius Eisank von Marienfeld die
Funktion eines „Kreisamts-Accessisten“. In den Jahren 1816 und 1817 war er wieder österreichischer
Beamter; siehe Johann Georg Heinrich Hassel: Allgemeines Europäisches Staats- und Address-Handbuch
für das Jahr 1816, 1. Band, I. Abtheilung, welche die vollständige Genealogie und die Staatskunde der
sämmtlichen Teutschen Bundesstaaten mit Einschlusse von Oesterreich und Preussen enthält, Weimar
1816/17.
39
Hildegard Herrmann-Schneider: „Andreas Hofer und die Tiroler Freiheitskämpfe als musikalisches
Sujet. Ereignisse – Heldentum – Erinnerung“, in: Der Schlern 83 (2009), Heft 7: Juli, S. 4–53, hier S. 36.
40
In einem vor Kurzem erschienenen kommunikationsgeschichtlichen Beitrag von Brigitte Mazohl,
Manfred Schwarz und Eva Werner wird darauf hingewiesen, dass über den Tod Andreas Hofers am
20. Februar 1810 weder in der Innsbrucker Zeitung noch in der Wiener Zeitung berichtet wurde; vgl.
dies.: „Die Tiroler Erhebung von 1809 und die zeitgenössische Presse in Wien und Innsbruck“, in:
Johann Holzner / Brigitte Mazohl / Markus Neuwirth (Hg.): Triumph der Provinz. Geschichte und
Geschichten 1809–2009, Innsbruck 2012, S. 143–175.
41
Tiroler Landesarchiv, Innsbruck (im Folgenden: TLA), Bayerisches Archiv, Generalkommissariat des
Innkreises, 1/I/C-II/5.
238
Kapitel 12
Abb. 1: Das Tyrola-Liedl als Flugblatt (Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck, FB 535/29).
Abb. 2: Das Lied Passeirer Landsturm, erste Seite
der Abschrift des Liedes von Claudia Heslingerin
(Staatsarchiv München, MA 7022/1,51).
Die Rezeption von Kasuallyrik ist meist sehr bescheiden. Auch das Tyrola-Liedl von
1810 erlebte keinen weiteren nennenswerten Druck und dürfte höchstwahrscheinlich
auch nur einmal – nämlich in Kematen – gesungen worden sein. Dass das Lied aber
zumindest anlässlich der Aufführung eine gewisse Auflage erreichte, bezeugen mehrere
noch erhaltene Flugblattdrucke in Sammlungen (siehe Abb. 1).42
Abseits der geschickten Inszenierungen
Wenn uns diese Liedquelle auch ein harmonisches Bild der bayerischen Regierung im
Herbst 1810 vermittelt – ganz so unproblematisch und ruhig dürfte die Stimmung im
Lande nicht überall gewesen sein, zumal die prekäre wirtschaftliche Lage eine Verschlechterung der allgemeinen Lebensverhältnisse mit sich brachte.43 Vom April 1811, also nur
Siehe TLMF, FB 535/29; FB 657/13; FB 379/3.
Mertelseder: „Kriegsfolgenbewältigung“ (wie Anm. 4) S. 224–227.
42
43
Tyrola-Liedl 1810
239
wenige Monate nach dem festlichen Einzug des Kronprinzen Ludwig, existiert eine Akte
des königlichen Landgerichts Meran, die uns Auskunft über den Fall der Claudia Heslingerin gibt. Diese verbreitete offensichtlich unter ihrem Pseudonym Jana „aufrührerische
Lieder“, wurde festgenommen und „zwei Tage bei Wasser und Brod“ eingesperrt. Auch
drohte man ihr, „ihre Person für immer unschädlich zu machen“, sollte sie nochmals
bei der Verbreitung von Liedern oder Flugschriften ertappt werden. Die Strenge des
Gerichts zeigt auf, dass sich die Behörden der Wirkung von Liedern mit aufrührerischem
Inhalt durchaus bewusst waren. Der Akte ist eine Abschrift jenes Liedes beigelegt, das
Claudia Heslingerin ins Gefängnis brachte. Es handelt sich um ein zwanzigstrophiges
Lied, das später unter dem Titel Passeirer Landsturm mehrmals in auf 1809 bezogenen
Gedicht- und Liedsammlungen veröffentlicht wurde.44 Die Version der Gefängnisinsassin unterscheidet sich von den später gedruckten Versionen textlich an mehreren Stellen,
der Inhalt bleibt jedoch im Großen und Ganzen derselbe. Das Lied enthält Aufrufe zum
Kampf gegen die bayerischen und französischen Feinde, Lob für Erzherzog Karl, Erzherzog Johann, für den „Kommandant vom Sand“, also Andreas Hofer, und für Joseph
von Hormayr, ferner Eindrücke vom „Wüten“ der bayerischen Regierung in Tirol und
gebetsartige Verse. Das Lied dürfte inmitten der Bergiselgefechte von 1809 verfasst worden sein, nämlich zu einem Zeitpunkt, als die Lage für die Tiroler Aufständischen noch
nicht aussichtslos erschien. Besonders interessant ist die Notiz am Ende der zwanzig Strophen: „Dieses Lied gehört der Juliänä Menjegerin [?] allso singes nur Recht schön.“45
Wir haben hiermit einen der sehr seltenen Belege, dass zwischen 1796 und 1848 auch
Frauen politische Lieder dichteten. Die „Heslingerin“ war sicherlich eine einfache, wenig
gebildete Frau, was nicht nur an den teilweise ungehobelten Reimen, sondern vor allem
an der Orthographie des Textes erkennbar ist.
Frisch auf ihr Diroler iez kombt jene Stund,
so macht eich frisch auf Sonst gein wir zu
grunt Es laßt uns iez Rufen ein Parteter
mann Weill ehr schon die nachricht von Kaiser
Bekamb
1 Der neinte Apr=
il und das ist jener Tag Wo uns der
kaiser sein Hilf Bietet dar erlast uns an
Sagen durch den wirt von dem Sand
das ehr uns wolt Helfen er Röten das
Land
2 So gein mir iez alle mit
Christlicher muet und wollen zerstören
die höllische Bruet. So fleichen mir hin zu
unseren lieb follen Gott ehr wirt uns gebis
Helfen aus der gefahr follen Not
Zum Beispiel in: Robert Franz Arnold / Karl Wagner (Hg.): Achtzehnhundertneun. Die politische Lyrik
im Kriegsjahr, Wien 1909 (Schriften des politischen Vereins Wien XI), S. 235–240; Josef Feichtinger (Hg.):
Tirol 1809 in der Literatur. Eine Textsammlung, Bozen 1984 (Literarische Zeugnisse aus Tirol 4), S. 22f.
Über das Lied Passeirer Landsturm siehe Kapitel 8 in diesem Band.
45
Staatsarchiv München (im Folgenden: StAM), MA 7022/1, 51.
44
240
Kapitel 12
3 So gein mir iez eilentz stolen uns hin
for den Feind Gott Helfe uns Sigen und
Beschitz unsere leidt fil nemen mir
gefangen fihl schies schiesen mir zu dot.
das haben mir zu danken dem liebfollen
Gott.
4 In Audie [?] meine Bäuern und
Freimaurerey jetz wöllen mir schon
zeugen wie gedrey man euch Sey was
Ihr uns aus gemessen das mesen wir
Euch ein und So schlagen wir iezt hurtig und dapfer
darein
5 Ihr habt uns fihl geschadet zu Seel
und zu Leib So sind wir gezwungen zu
brechen die Drey ihr höt uns das ganze
Land arm gemacht und auch fihle
Sellen Zur Höllen gebracht
6 Maria foll der gnaden du Reine jungfrau wir
fliehen zu dir auf uns her ab schau
Preite aus dein schutz mantel und steh uns
jetz bey und hilf das mir werden von Franz
osen frey
7 Ihr dapfern Passeirer ihr
wart Sehr geriencht weil ihr dort auf Stör
zing und auch hin nachher Trient So dapfer
gestriten für leben und dodt So wart ihr
Von Kaiser auch Sehr hoch gelobt
8 So denken wir auch hin auf der blutigen schlacht
die dort auf den bergisel bei Insbrug geschah
der Feind Rückt dort an mit viel Stick und geschiz
So Zeigen mir uns tapfer und förchten uns nie
9 Wer hat uns dort geben So frisch helden Muth
wo auch Viel geben ihr leben und blut
Maria dort Von Absam durch ihr Starke Hand
Hilfet den Feind dort be Sigen und Ver dreiben aus dem Land
10 Zum Fifat Soll leben der Erzherzog Karll
er hat schon die Baiern aus Minchen gschlagen
Gott Segne ihm die Wafen schwöche ihn seine
Feind das mir auf all hier werden ganz los
und befreid
11 Zum Fifät Soll leben der
Reichsprinz Johan ehr schlagt die Franzosen
und baiern zusamb So wöllen wir Gott danken
ietz alle zugleich das mir wider gefunden
das Haus Österreich
12 Zum Fifät Soll leben derr Hofkomiser
Der Hormair der schon jns Tirol Kommt her.
durch christlichen Eufer zeugt er helden Muth
es durstet ihn Sehr nach dem bairischen bluet.
Tyrola-Liedl 1810
241
13 Zum Vifät Soll leben der Komedänt hier von
Sant ehr last Sich Vill kosten zuer Röten das
land mier winschen dir glik und das geben mir
zum lohn und Gott wird dir schon geben die himlische
Kron
14 Yhr dapeferen diroler ich hab noch ein Bitt
diet eich nicht Fill brallen Ver gesset Gott nit
Gott kan uns noch Strafen wie er gestraft
Hat vorher So bleibet fein Ruhig und gebt gott die
Ehr.
15 Durchleichtister Keiser Von Haus Österreich,
mier winschen dir glik und von uns nicht
mehr weich due uns Christlich Regieren
Von Feind uns bewahr und So werden mir
Kommen zur himlischen Schar
16 Eins miasen wir noch bitten und gott Rüefen an
Das ehr uns [unleserlich] er röten den dort auf Rom
er ist unser Vatter fir uns hier bestält
und die Kirch zu regieren von Gott auser
wälth
17 Karll Rudolf der Bischof unser gedreie
ster Hirt dich hat man ver driben ins öllent
Sie gestiert Gott hat uns auf gewöcket von
bairischen Schlaf und So kom dan, o
Bischof und Suche die schaf.
18 Viel werst du jetz finden So Sehr Sindt
Verbaudt Weil sie schon gepisen die
Wölfischen Hundt Gott lob das Sie gefangen
Die wölfischen Hundt und Sonst wehren
Mier gangen fast alle zu grundt.
19 Kombt alle ihr Hirrten dies nicht Ver weilen
und diet die gebisen jetz wider heilen
So mießen wir ietz weinen vor Freid
e So sehr das wier euch Sechn komen
Von Öllent daher
20 So wöllen mier gott danken mit Herz
Und mit mundt das mir noch erlebt die
Guldene Stund So Singen wir Laudam
us Ietz alle zugleich und Gott wird
euch auch geben das himmlische Reich.
Dass der Verbreitung von Liedern mit bayernkritischen Inhalten ein Ende bereitet wurde,
indem man die Dichter oder Dichterinnen möglichst mundtot machte, beweist ein
weiterer ganz ähnlicher Fall, ebenso vom April 1811. In Lana wurde die Polizeibehörde
auf Agathe Singert aufmerksam, die „schädliche und aufrührerische Volkslieder“ verbreitet haben soll. Ob sie die Lieder, die unter anderem die „baldige Wiederkehr des
Sandwirts“ zum Inhalt hatten, bloß abschrieb, weiterreichte, nachsang oder selbst dichtete, geht aus der Akte nicht hervor. Zur Fahndung ausgeschrieben, wurde die Verdäch-
242
Kapitel 12
tige schließlich in Meran festgenommen und „nach gehöriger Bestrafung entlassen“.46
Beide Fälle sind nicht nur bemerkenswert wegen der weiblichen Täterinnen, sondern
auch deshalb, weil sie eindrücklich darlegen, dass politische Lieder offensichtlich in
der Bevölkerung eine Wirkung ausübten, die es seitens der bayerischen Regierung zu
bekämpfen galt, und dass es in den Tälern Tirols offensichtlich auch nach Andreas
Hofers Tod noch rumorte.
Fazit
Auch wenn die propagandistische Inszenierung des Besuchs des Kronprinzenpaares
in Innsbruck ein Bild der Reue über den Aufstand von 1809 und Hoffnung auf Vergebung durch den bayerischen König vermittelte, so waren ab und zu, meist fernab
vom Zentrum, oppositionelle Stimmen zu vernehmen. Allgemein wurde in den Jahren
1810–1814, der zweiten Phase der bayerischen Regierung in Tirol, wenig politische
Lyrik gedichtet und vertont. Die Gelegenheiten für Loblieder blieben aus, weitere große
Festivitäten wie jene im Oktober 1810 fanden nicht statt.
Insgesamt ist die zweite Phase der bayerischen Regierung unter Max von Lerchenfeld, dem Generalkommissar im Innkreis, und dem Kronprinzen Ludwig als Generalgouverneur als eine Zeit der Veränderung zu sehen. Die vor 1809 teils rigoros durchgeführten Zentralisierungsmaßnahmen wurden ab 1810 etwas gemildert. Hinzu kam,
dass die Jahre zwischen 1810 und 1814, als das nördliche Tirol dem bayerischen Königreich angeschlossen war, wesentlich von außenpolitischen Vorgängen bestimmt wurden,
die eine allzu engagierte politische Umstrukturierung in Tirol verunmöglichten. Die
wechselnde europäische Bündnispolitik angesichts der französischen Expansionspolitik
und Napoleons missglückter Russlandfeldzug brachten die bayerische Regierung damals
mehr in Schwierigkeiten, als der Widerstand, der den bayerischen Beamten gegen die
Rekrutierungsmaßnahmen und Steuerforderungen in Tirol entgegenschlug.47 Die Historikerin Margot Hamm beurteilt die zweite Phase der bayerischen Regierung aus diesen Gründen treffend als eine Phase der „Vermeidungsverwaltung“. Fest steht, dass es
wiederum nicht gelang, innerhalb der Tiroler Bevölkerung ein Zugehörigkeitsgefühl
zum bayerischen Königreich zu entwickeln, was sicherlich auch an der relativ kurzen
Zeitspanne der bayerischen Herrschaft lag.
Am 26. Juni 1814 endete die bayerische Herrschaft in Tirol, die napoleonischen
Kriege fanden ein Ende und am Wiener Kongress versuchte man Stabilität im post­
napoleonischen Europa zu erreichen. Dem Kongress waren neuerliche militärische Auseinandersetzungen von einer bis dahin unbekannten Dimension vorangegangen (die
Leipziger Völkerschlacht im Oktober 1813, die Schlacht bei Paris im März 1814, der
Kampf in Waterloo im Juni 1815), die Napoleons Niederlage besiegelten. Das drei­
geteilte Tirol wurde wieder eine Einheit und unter österreichische Herrschaft gestellt.
Der Konflikt um die Verteidigung der regionalen Autonomie und den schon von bayerischer Seite forcierten gesamtstaatlichen Zentralismus, der sich vor allem in der Frage der
StAM, MA 7022/1, 49.
Hamm: Integrationspolitik (wie Anm. 12), S. 331–344.
46
47
Tyrola-Liedl 1810
243
landständischen Verfassung manifestierte, blieb auch nach der Rückkehr zu Österreich
bestehen.48
Erst im Mai 1816, nachdem Tirol wieder unter habsburgische Herrschaft und damit
zu Österreich gelangt war, erlebten die Bewohnerinnen und Bewohner ein ähnliches
politisch inszeniertes Spektakel beim Besuch des österreichischen Kaisers Franz I.49 Dieser nahm in der neu gestalteten Provinz Tirol und Vorarlberg die Huldigung der Stände
Tirols entgegen, nachdem er ihnen im März desselben Jahres eine landständische Verfassung zugestanden hatte. Aus diesem Anlass wurde dem Kaiser wiederum im Dorf
Kematen ein Gedicht bzw. ein Lied50 vorgetragen:
1. Willkumm, lieber Kaiser, willkumm in Tirol,
Dich wieder zu söchen, dös thuet ins so wohl.
Hat ins ja schon verten das Herz im Leib g’lacht,
Wie du ins aus Frankreich den Frieden hast bracht.
2. Jez kümst Du zum zwayten Mal weit über Meer,
Und stöllst unsre Stend und die Freiheiten her.
So gibst Du dem Landl sein vorigen Glanz,
Mier seyn mehr Tiroler, vergelt Dirs Gott, Franz.
3. Mier seyn freyla nöthig, dös waißt wohl ameh’,
Es geit nicht als Alben und Schröfen und Schnee.
Wenn aber Sein Maj’stet Verlieb damit nähm:
Da wär frischer Butter und köstlicher Rähm.
4. Sünst hab’n mir a’Hääslen und Gamsen und Rech,
Sie frössen das kräftigste Zeug af der Höch’.
Ebd., S. 343, bzw. S. 345–349; Bernhard Mertelseder: „Die Wege zur Rückkehr Tirols unter österreichische Herrschaft“, in: Bernhard Mertelseder / Brigitte Mazohl / Johannes Weber (Hg.): 1809 – und
danach? Über die Allgegenwart der Vergangenheit in Tirol, Bozen – Innsbruck – Wien 2009, S. 97–111.
Wesentlich detaillierter: Josef Fontana: „Von der Restauration bis zur Revolution (1814–1848)“, in:
Fontana/Haider/Leitner/Mühlberger/Palme/Parteli/Riedmann (Hg.): Geschichte des Landes Tirol (wie
Anm. 1), S. 583–732, hier besonders S. 583–627.
49
Aus diesem Anlass wurden mehrere Jubellieder gedichtet: Ferdinand Josef Gruber: Jubellied der Einwohner Tyrols und Vorarlbergs auf die allerglorreicheste Ankunft Seiner Majestät Franz I. Kaisers von Oesterreich,
Königs von Jerusalem, Ungarn, Böheim u. u. unsers allgeliebtesten Landesvaters. Den 27sten Mainmonats
1816. Den hochverehrlichen vier Ständen meines Vaterlandes von mir den unterzeichneten Verfasser unter­
thänigst geweiht. Ferd. Jos. Gruber, aus Meran, Innsbruck 1816 (TLMF, FB 968/43); Leopold Philipp Graf
von Künigl (1764–1851) / Johann Baptist Gänsbacher: Cantate. Zur Jubelfeyer der für das ganze Land
Tyrol so höchst erfreulichen Wiederkunft Seiner Majestät unsers allerdurchlauchtigsten Kaisers von Oesterreich,
und König von Hungarn und Böheim etc. Franz den Ersten! der [sic] deutschen Heros, dem Wiederhersteller
Teutoniens Freiheit, Austriens Stolz; und den von den treuen Ständen Tyrols dem erhab’nen Kaiser, dem Vater
des Vaterlandes ehrfurchtsvollst geleisteten Erbhuldigung. Von L. Gr. V. K. ***. In Musik gesetzt vom Herrn
Johann Baptist Gänsbacher, Oberlieutenant des K. K. Jäger-Regiments Kaiser, Innsbruck 1816 (13 Nummern) (TLMF, FB 307/5). Allgemein auf die „Wiedervereinigung Tirols mit Österreich“: Anon.: Lied,
Abgesungen in der musikalischen Akademie, welche von den Professoren des kaiserl. Königl. Lyceums zu Innsbruck zur Feyer der glücklichen Wiedervereinigung Tyrols mit dem Erlauchten Kaiserhause Oesterreich den
29. July gegeben wurde, Innsbruck 1814 (TLMF, FB 379/7). Siehe auch Liedindex, Nr. 125.
50
Zu Recht wird der Text dem Dichter Franz Karl Zoller zugeschrieben, ließ er doch sein Lustspiel Der
Tiroler Kirchtag aus dem Jahr 1819 mit der ersten Strophe genau dieses Gedichts bzw. Liedes ausklingen; Franz Karl Zoller: Der Tiroler Kirchtag. Ein National-Lustspiel mit Gesang in zwey Aufzügen, Innsbruck 1819, S. 103.
48
244
Kapitel 12
Ä Spiel- und a Schnechuhn darzue und darnach
Die bösten Forellen, frisch her aus dem Bach.
5. Dös all’s und no mehr, wenn man’s anbringen kunnt,
Dös wär Dir vom Grund ünsers Herzens vergunnt.
Und ist ünser ainziges Wünschen, daß decht
Dein Brueder, der Hannes, no herkemmen mecht. –51
Der Text trägt, ebenso wie das Hochzeitslied von Kematen aus dem Jahr 1810, die
Charakteristika eines Lobliedes auf den Herrscher. Der Dichter bringt die Freude über
die „Wiederherstellung“ der Stände und der alten Privilegien des Landes Tirol zum Ausdruck. In Wahrheit aber bedeutete die neue landständische Verfassung Tirols, laut dem
Urteil des Reichsratsabgeordneten Joseph Greuter, eine „Verböserung“: Die Verfassung
war eine „Schale ohne Kern, eine alte Form ohne den alten Inhalt“, denn de facto hatte
der Monarch in jeglicher Hinsicht das letzte Wort und den Ständen gestand man bloß
beratende Funktion zu.52
Die bedingungslose Verehrung von Kaiser Franz I., aber auch seines Bruders, des
Erzherzogs Johann, so wie sie in diesem Loblied zum Ausdruck gebracht wird, bezeichnet Margot Hamm als einen der Hauptgründe, warum der österreichischen Regierung
letztlich das gelang, was dem Königreich Bayern in den Jahren seiner Herrschaft über
Tirol nicht vergönnt war: „das wilde Fleisch von Tirol … in den großen Körper hinein­
zucuriren.“53 Symbolische Akte wie die Erbhuldigung ermöglichten es der Tiroler Bevölkerung, ihre Bindung an das habsburgische Kaiserhaus zu vertiefen und erzeugten das
Gefühl, „in der besonderen Huld des Kaisers zu stehen“.54
TLMF, FB 2037; publiziert in: Egon Koler: Die Wiedereinrichtung der österreichischen Herrschaft in Tirol
und Vorarlberg in den Jahren 1814–1821, Dissertation, Universität Innsbruck 1937, S. 23. Siehe auch
Liedindex, Nr. 140.
52
Mertelseder: „Die Wege zur Rückkehr“ (wie Anm. 48), S. 111.
53
Adam Müller an Friedrich von Gentz, zit. nach Hamm: Integrationspolitik (wie Anm. 12), S. 349.
54
Ebd., S. 350.
51
Kapitel 13
„Das Blut aus meiner Wunde fließt
strömenweis hindann“.
Politische Inhalte in Tiroler Kunstliedern und
volkstümlichen Biedermeierliedern
Sandra Hupfauf
Zwei Tiroler Komponisten bekundeten ihren Patriotismus sowohl in kriegerischen Einsätzen als auch musikalisch: Johann Baptist Gänsbacher und Josef Abenthung. Beide
beteiligten sich an den Tiroler Aufständen und verfassten politische Lieder, die sich
an deutsche Vorbilder des frühen deutschen Männergesangs, wie etwa an Werke von
Carl Maria von Weber, anlehnen. Etwas später, um 1840 und teilweise danach, entstanden in Tirol volkstümliche und zugleich politische Lieder einer völlig anderen Art: die
Kompositionen und Dichtungen des „Volkssängers“ Christian Blattl. Sie zählen stilistisch wohl eher zur Nationalsängertradition. Als Vorbild für Blattls Lieder im stilisierten Tiroler „Volkston“ dienten vor allem Theaterlieder, wie „Die Tiroler sand often so
lustig“ (aus dem Singspiel Der Tyroler Wastel von Johann Jakob Haibel und Emanuel
Schikaneder) oder auch „Wann i in der Früh aufsteh“ (aus Franz Xaver Tosts Der Lügner).1 Einfluss kam aber auch hier wieder aus dem deutschen Männergesang, wo sich
zur Mitte des 19. Jahrhunderts eine sehr manierierte, künstlerisch ambitionierte Form,
der so genannte „Liedertafelstil“, entwickelte. Er umfasste ebenso Lieder im „Volkston“, die mit viel Pathos und übersteigerter Empfindsamkeit vorgetragen wurden.2 Der
Volkskundler Leopold Schmidt versuchte die Stilpluralität der „Blattl-Lieder“ mit der
Gattungsbezeichnung „volkstümliche Biedermeierlieder“ zu erfassen.3
Zeitlich, stilistisch und auch inhaltlich haben die Lieder Gänsbachers und Abenthungs also wenig mit den Liedern von Christian Blattl gemeinsam. Die drei Persönlichkeiten verbindet allerdings, dass sie als einzige Tiroler künstlerische und zugleich politische Lieder komponierten, die nicht im Auftrag einer Obrigkeit verfasst wurden und
auch keine rein funktionalen Kampflieder waren, sondern dem eigenen künstlerischen
Ausdruck dienten.4 Nichtsdestotrotz wurden auch diese Lieder zur politischen Agitation
eingesetzt, waren auch von Zensur betroffen (Gänsbacher), widmeten sich der grau­
Siehe auch Tobias Widmaier: „‚Salontiroler‘ – Alpiner Musikfolklorismus im 19. Jahrhundert“, in: Reto
Furter / Anne L. Head-König / Luigi Lorenzetti (Hg.): Cultures alpines / Alpine Kulturen, Zürich 2006
(Histoire des Alpes / Storia delle Alpi / Geschichte der Alpen 11), S. 61–72. – Zum Lied „Wann i in der
Früh aufsteh“ siehe Kapitel 11 in diesem Band.
2
Dietmar Klenke: Der singende „Deutsche Mann“. Gesangsvereine und deutsches Nationalbewusstsein von
Napoleon bis Hitler, Münster 1998; Christian Fastl: „Waldigen Hang, grünendes Tal durchtön’ deutscher
Sang mit mächtigem Schall!“. Das Gesangvereinswesen im südlichen Wiener Raum, Dissertation, Universität Wien 2003.
3
Siehe Leopold Schmidt: Volksgesang und Volkslied. Proben und Probleme, Berlin 1970, S. 238–274
(Kapitel „Das volkstümliche Biedermeierlied“).
4
Zu Auftragswerken und Kontrafakturen siehe Kapitel 4 in diesem Band.
1
246
Kapitel 13
samen Wirklichkeit des Krieges (Abenthung) oder setzen sich mit speziellen politischen
und gesellschaftlichen Begebenheiten auseinander (Blattl) und sind deswegen auch als
politische Lieder zu bezeichnen.
Politische Lieder nach dem Vorbild der
deutschen Befreiungskriegslyrik: Gänsbacher und Abenthung
Die politischen Lieder der Komponisten Gänsbacher und Abenthung unterscheiden
sich schon sprachlich völlig von den populären Mundartkampfliedern der Zeit um
1809. Die bekanntesten Verfasser dieser Kampflieder waren Peter Paul Staudacher
(1757–1806), Johann Friedrich Primisser (1757–1812) und Franz Karl Zoller (1748–
1829?). Sie schufen einen „Tiroler Stil“ der Kriegs- und Kampflyrik, deren Lieder man
vielleicht am ehesten mit „umfunktionierten Wildschützenliedern“ vergleichen kann.
Die Figur des Wildschützen galt als furchtlos, frei und edel. Er lässt sich nicht von der
Obrigkeit, deren Stellvertreter der Jäger ist und mit dem er todesmutig in den Wäldern „Katz und Maus“ spielt, unterdrücken. Der Wilderer wird vom Volk geachtet,
Bauern und Sennerinnen gewähren ihm Unterschlupf, da sie mit seinem Widerstand
sympathisieren.5 Diese Widerstandshaltung entspricht in gewisser Weise dem Geist der
Tiroler Aufstände und ist laut Gerlinde Haid ein Grund dafür, dass sich große Teile
der Bevölkerung mit der „Robin Hood-Figur“ Andreas Hofer identifizieren konnten.6
Lieder wie „Den Stutzen hear, beym Soggara“ oder das Spingeser Schlachtlied, die sich
durch Mundart, Kaltschnäuzigkeit und schwarzen Humor auszeichnen, kann man auch
als „umfunktionierte Wildschützenlieder“ betrachten.
Die Vorbilder für die Lieder Gänsbachers und Abenthungs liegen in der Lyrik der
deutschen Befreiungskriege. Die Gedichte Christian Friedrich Daniel Schubarts waren
um 1800 enorm populär,7 weshalb viele von zeitgenössischen Komponisten vertont
wurden. Die berühmteste Schubart-Vertonung ist wohl Franz Schuberts Forelle. So ist
es nicht weiter verwunderlich, dass sich auch Johann Baptist Gänsbacher mit SchubartTexten beschäftigte. Er komponierte die Lieder Vom sterbenden Patriot 8 und An mein
Klavier,9 zudem „Di più bel lume adorna“; laut dem Komponisten Abbé Georg Joseph
Vogler stammt auch zu Letzterem die Musik „del Sig[no]re Gaensbacher“.10
Gänsbachers Lehrer Abbé Vogler war mit Schubart sehr gut bekannt und besuchte
ihn sogar während seiner Einkerkerung auf dem Asberg. Schubart wiederum hielt
Vogler für einen der besten Organisten und Pianisten Europas11 und bezeugte diese
Siehe dazu auch Krista Ruehs: „Auch ‚böse‘ Menschen haben ihre Lieder: Zur Rezeption von Wilderern
in österreichischen Volksliedern des 18. bis 20. Jahrhunderts“, in: Jahrbuch für Volksliedforschung 29
(1984), S. 32–57.
6
Gerlinde Haid: „‚O trauervolle Zeit‘. Oppositionelle Lieder von 1809“, in: Sturzflüge 1984, S. 73–76.
7
Zu Schubarts populären Liedern in Tirol siehe Kapitel 4 in diesem Band.
8
Tiroler Landeskonservatorium, Innsbruck, Bibliothek, A-lk ohne Signatur.
9
Ebd.
10
Georg Joseph Vogler: Aria con accopagnamento di Piano-Forte. Del Sig[no]re Gaensbacher, o. O. o. J.
(Tiroler Landeskonservatorium, Innsbruck, Bibliothek, A-lk ohne Signatur).
11
„[…] unstreitig einer der ersten Orgel- und Flügelspieler in Europa […]“; siehe Ludwig Schubart (Hg.):
C. F. D. Schubart’s Ideen zu einer Aesthetik der Tonkunst, Stuttgart 1839, S. 141.
5
Politische Inhalte in Tiroler Kunstliedern
247
Abb. 1: Johann Baptist Gänsbacher, Vom sterbenden Patriot von Schubart (Anfangstakte) (Tiroler Landes­
konservatorium, Innsbruck, Bibliothek, A-lk ohne Signatur).
Verehrung auch in Gedichtform.12 Mit Sicherheit kannte auch Gänsbacher Schubarts
politische Ansichten, doch besaß die Idee der Freiheit, um die sehr viele Gedichte Schubarts kreisen, für jeden der beiden offensichtlich eine ganz andere Bedeutung. Schubart
verband mit „Freiheit“ revolutionäres Gedankengut und Auflehnung gegen die absolutistische Obrigkeit, Gänsbacher hingegen die Befreiung von fremden „Besatzern“ und
die Rückkehr zur alten Ordnung. Das Gedicht Der sterbende Patriot von Schubart dreht
sich um den Untergang des „deutschen Vaterlandes“, war also nicht unmittelbar auf die
politische Lage Tirols bezogen, konnte aber im Sinne des Tiroler Aufstandes von 1809
durchaus so verstanden werden. Gänsbachers Vertonung von 1812 gehört zur Gattung
des durchkomponierten Klavierliedes und zeichnet sich durch Gefühlstiefe und kühne
Harmonik aus. Als frühromantisches, qualitativ anspruchsvolles Klavierlied hält es
durchaus dem Vergleich mit Franz Schuberts Liedern stand – doch leider wurde es nie
gedruckt (siehe Abb. 1 und 2).13
„[…] Halt inn’ in deinem Cherubsfluge, / Halt Inne, du gekosteter Sohn der Harmonie […]“; siehe
Ludwig Schubart (Hg.): C. F. D. Schubart’s, des Patrioten, gesammelte Schriften und Schicksale, 2. Band,
Stuttgart 1839, S. 262.
13
Eine Einspielung des Liedes befindet sich auf folgendem Tonträger: Institut für Volkskultur und Kulturentwicklung (Innsbruck) / Institut für Musikerziehung in deutscher und ladinischer Sprache (Bozen) /
12
248
Kapitel 13
Politische Inhalte in Tiroler Kunstliedern
249
Abb. 2: Johann Baptist Gänsbacher, Vom sterbenden Patriot von Schubart (Anfangstakte) (Tiroler Landeskonservatorium, Innsbruck, Bibliothek, A-lk ohne Signatur). Transkription.
250
Kapitel 13
Der sterbende Patriot
Todtengräber schaufle mir ein Grab.
Immer tiefer
Sinkt mein liebes Vaterland hinab.
Todtengräber, schaufle mir ein Grab.
In den alten Eichenwäldern stand
Einst die Größe,
Schüttelte ein Wetter in der Hand.
Schreckbar warst du, deutsches Vaterland.
Aber nun – wie schrümpft die Riesin ein!
Buben lichten
Unsrer alten Größe Schattenhain;
Und das graue Heldenvolk wird klein.
Auslandsliebe, Weiberweichlichkeit,
Freches Knien
Vor dem Modegötzen unsrer Zeit
Hat dich, armes Vaterland, entweiht.
Vaterland, das mir mein Leben gab,
Sieh mich weinen;
Ach wie tief, wie tief sinkst Du hinab!
Todtengräber, schaufle mir ein Grab.14
Alle drei Schubart-Vertonungen Gänsbachers wurden am 16. August 1812 von einer
Zensurbehörde (ohne Ortsangabe) begutachtet. Das Lied Vom sterbenden Patriot wurde
nicht zum Druck zugelassen (siehe Abb. 3), da die politische Aussage des Liedes wohl
zu offensichtlich war. Bemerkenswert ist allerdings, dass Gänsbacher sein Lied vom
Sterbenden Patriot trotz der negativen Zensur im Jahr 1814 in Anwesenheit des bayerischen Präsidenten des Appellationsgerichts Innsbruck, Konstantin Ludwig Freiherr von
Welden (1771–1842), vortrug. Er wollte auf diese Weise seiner „Erbitterung“, die sich
nach der Niederschlagung der Aufstände seiner bemächtigt hatte, Luft machen – und
wurde in diesem Moment von jenen, die seine Ansichten und Gefühle teilten, verstanden, wie Gänsbacher selbst berichtet:
Mein Aufenthalt in Innsbruck wurde unter andern durch manche musikalische Abende im gräf­lichen
Hause Tannenberg versüßt. […] An einem Abend sang ich bey ihm meinen sterbenden Patrio­ten mit
Klavierbegleitung, Poesie von Schubart, im Beiseyn des bayrischen Vicepräsidenten, Baron von Veln,
mit solchem Eifer, ich möchte sagen Erbitterung (das Gedicht ergoß sich eben gegen den damaligen
Zeitgeist), die durch dessen Gegenwart noch mehr gesteigert wurde, dass sich alle Zuhörer, wie sie
mich nachher sub rosa versicherten, wie von einem kalten Schauer durchbebt fühlten.15
Ein anderer Tiroler Komponist und Zeitgenosse Gänsbachers, Josef Abenthung (1779–
1860), schrieb ebenfalls mehrere Kampf- und Kriegslieder, die wieder an deutsche Vorbilder des politischen Liedes und nicht an die in Tirol beliebten Mundartkampflieder
Institut für Geschichte und Europäische Ethnologie der Universität Innsbruck (Hg.); Sandra Hupfauf /
Bernhard Sieberer (Zusammenstellung): Lieder der „Freiheit“ (1796–1848). „Treue Tyroler reckn’s Prazl
nit“, CD, mit einem Booklet von Sandra Hupfauf und Silvia Maria Erber, Innsbruck 2008, Pro Cultura
und RCR, CD Nr. 0875, Track 8.
14
Johann Christian Herrmann (Hg.): Sämmtliche Gedichte von Chr. Fr. Dan. Schubart, 3. Band, neue
verbesserte Auflage, Frankfurt a. M. 1829, S. 32f.
15
Walter Senn (Hg.): Johann Baptist Gänsbacher. Denkwürdigkeiten aus meinem Leben, Thaur 1986, S. 30.
Politische Inhalte in Tiroler Kunstliedern
251
Abb. 3: Johann Baptist Gänsbacher, Vom sterbenden Patriot von Schubart, letzte Seite mit der Anmerkung
des Zensors: „Non excudatur. 16 Aug [1]812“ (Tiroler Landeskonservatorium, Innsbruck, Bibliothek,
A-lk ohne Signatur).
anknüpften. Abenthung vertonte aber keine Texte deutscher Dichter, sondern schrieb
seine Lieder selbst. Als der Literat und Literaturforscher Adolf Pichler 1854 erstmals
generell die Qualität der Tiroler Kriegslieddichtung um 1809 beurteilte, äußerte er sich
über die in Tirol verfassten hochsprachlichen Lieder sehr abschätzig. Während er die
Mundartkampflieder als „noch erträglich“16 bezeichnete, waren die Gedichte und Lieder der „Gstudierten“ (Gebildeten) für ihn nicht viel mehr als Clownerien der vaterländischen Begeisterung: „Als wahre Don Quixotes nehmen sich aber die ‚Gstudierten‘
aus, wenn sie den Pegasus besteigen und als ächte Ritter der Hippokrene zu buhudieren
anfangen“.17 Stilistisch zählen auch die Texte Abenthungs zu dieser Kategorie, doch wie
immer man auch über ihren literarischen Wert denken mag, als Quelle sind sie sehr wertvoll, denn sie eröffnen uns bisher unbekannte Facetten der Kriegslieddichtung um 1800.
Adolf Pichler: „Tirolische Kriegslieder – ein Beitrag zur Geschichte der deutschen Volksdichtung“, in:
Karl Gödeke (Hg.): Deutsche Wochenschrift 17, Hannover 1854, S. 522–530, hier S. 527f.
17
Ebd. – Hippokrene ist die zum Dichten begeisternde, Apoll und den Musen heilige Quelle.
16
252
Kapitel 13
Josef Abenthung wurde 1779 in Götzens (nahe Innsbruck) geboren und früh
von seinem Vater, einem Mesner, musikalisch gefördert. Bereits 1793, also im Alter
von nur 14 Jahren, gründete er in seinem
Heimatdorf Götzens eine der ersten Blasmusikkapellen Tirols. Abenthung schlug
die berufliche Laufbahn seines Vaters ein
und betätigte sich auch als Lehrer, ehe er
im Jahr 1805 Kommandant der Götzener Schützenkompanie wurde, die er bei
den Kämpfen von 1809 anführte. Im Jahr
1823 wurde ihm die Ehre zuteil, als Sargträger für Andreas Hofer zu fungieren, als
dessen sterbliche Überreste in die Innsbrucker Hofkirche überführt wurden. Nach
den Aufständen widmete er sich wieder
der Musik. Er komponierte bis zu seinem
Abb. 4: Josef Abenthung: „Auf ! auf ! nur auf ! TyroTod im Jahr 1860 etwa 500 Werke.18
ler auf !“ (Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum,
In Abenthungs Nachlass finden sich
Innsbruck, Musiksammlung, M 9228/1).
sechs lose Blätter mit insgesamt sieben
Liedtexten bzw. Liednotizen, die zur Zeit der Aufstände entstanden und sich auch auf
diese beziehen.19 Leider sind zu den Liedern keine Melodien vorhanden, doch aus Abenthungs Notizen ist ersichtlich, dass er die Lieder selbst vertont hat. Eine der Liednotizen
umfasst nur wenige Zeilen, ist fragmentarisch und nicht weiter zuordenbar, ein weiteres
Lied Abenthungs dürfte eine Auftragsarbeit zur Begrüßung eines „Statthalters“ gewesen
sein (M 9232 und M 9231). Zwei von Abenthungs Liedern sind typische Kampflieder,
die sich von den anderen überlieferten hochsprachlichen Liedern jener Zeit kaum unterscheiden, eines davon beginnt mit „Auf! auf! nur auf ! Tyroler auf !“ (siehe Abb. 4) und
erinnert mit seinem Eingangsruf „Auf! auf!“ sehr an Schubarts Kaplied:
Auf ! auf ! nur auf ! Tyroler auf !
1. Dem Adler reicht die Hand,
der jetzt will wieder fliegen
In unser Vaterland.
Nur auf ! und helft ihm siegen!
Auf ! auf ! wie oben.
Nur auf ! nur auf ! zum Kampfe auf
Dazu und für weitere Literatur über Josef Abenthung siehe Franz Gratl: „Josef Abenthungs Pracktisches
Handbuch für Cantor und Organisten: Eine neu entdeckte Quelle zur kirchenmusikalischen Praxis in
Tiroler Dorfkirchen in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts“, in: Veröffentlichungen des Tiroler Landesmuseums Ferdinandeum 86 (2006), S. 223–244.
19
Mein großer Dank für die Hilfe bei der Recherche und Transkription der Texte gilt Herrn Dr. Franz
Gratl, Kustos der Musiksammlung im Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck. Die politischen
Lieder Abenthungs waren bis März 2012 unter der Sammelsignatur A-lmf M 3348 archiviert, nun
scheinen sie unter den Signaturen M 9228–9232 auf. M 9231 und M 9232 werden wegen ihres fragmentarischen Charakters im Folgenden nicht erörtert.
18
Politische Inhalte in Tiroler Kunstliedern
253
2. Wir wollen ganz vereint
Aus unseren Hochgebirgen
Den starken Östreichsfeind
Versagen oder wirgen
Nur auf ! wie oben
Nur auf ! nur auf ! Zum Kampfe auf
3. Ein Volk, das stehts bereit
Für altes Recht zum Kriegen
Das stärkt der Herr alzeit
Der Feind muß unterliegen
Nur auf ! wie oben20
Das zweite Kampflied mit dem Incipit „Für Gott Regent u. Vaterland“ begnügt sich
nicht mit allgemein gehaltenen Formulierungen, sondern nennt die Dinge beim Namen.
Die Bayern, bezeichnet als „verfluchte Klösterstürmer“, sollen „zertretten“ werden „wie
Würmer“, um die alte Ordnung und Herrschaft des Kaisers wiederherzustellen.
Für Gott Regent u. Vaterland
Wolln wir zum Kampfe eilen
Nehmt eure Stutzen in die Hand
Und euch nicht lang verweilen
Die Baiern sind schon lange Zeit
Verfluchte Klösterstürmer
Tyroler seyd zum Kampf bereit
Zertrettet sie wie Würmer
Schlagt auf die Bairen tapfer zu
Ohn längeres Verweilen
Daß sie gleich ohn Rast u. Ruh
Schnell aus dem Lande eilen.
Dann sind wir alle wieder treu
Bekommen unsern Kaiser
Mit Lieb gehorchen wir getreu
Denn er regiret uns weiser.21
Ein weiteres Lied mit dem Titel Auf die dreymalige Befreiung Tyrols ist ein Danklied an
Gott („Jehofa“). Es entstand wahrscheinlich nach der dritten Bergiselschlacht und weist
darauf hin, dass die siegreichen Tiroler Aufständischen das „erzwungen“ haben, was den
viel zahlreicheren Deutschen nicht gelungen sei:
Nun Dank! Und Lob! Jehofa dir
Was Teutschland’s Milion
Im Kampf nicht war gelungen
hat unsre Nation
das hat Tyrol erzwungen
Nun dank! […]
Handschriftlich in der Musiksammlung des Tiroler Landesmuseums Ferdinandeum, Innsbruck (im
Folgenden: TLMF), Musiksammlung, M 9228/1. Siehe auch Liedindex, Nr. 87.
21
TLMF, Musiksammlung, M 9229. Siehe auch Liedindex, Nr. 98.
20
254
Kapitel 13
Auch Abenthungs Notiz am Ende des Liedes ist aufschlussreich, weil sie zeigt, dass auch
die Dorfkirche, hier die Pfarrkirche von Scharnitz, ein Ort politischer Kundgebung sein
konnte:
Text u. Aria componiert u. [sic]
Dieses habe ich selbst gesungen, mit von mir mit prezision gespielte Orgelbegleitung, während des
Patailions Gottesdienst in der Scharnitz Im Jahr 1809.22
Aber nicht nur bei Gottesdiensten zu Ehren der Kämpfer wurden politische Lieder
gesungen, sondern auch bei Totenfeiern für Gefallene, wie der Titel des nachfolgenden Liedes von Abenthung, verfasst in seiner Funktion als Götzener „Landesschützen
Hauptmann“, verdeutlicht. Zugleich mit dem Totengedenken ergeht ein Appell an die
Jugend: „Ahme nach der Ahnen Tugend / Wann es für den Glauben gilt“:
Lied zur Todesfeyr für die im Jahr 1809 aus der Gemeinde Götzens
8 Gefallenen Landes-Vertheidiger verfaßt von Josef Abentung [sic], Landesschützen Hauptmann.
Laßt uns zum Altar hin tretten
Für gefallne Krieger bethen
Mit ein[em] frommen Herz zu Gott
Die so gar ihr Blut und Leben
Für das Vaterland gegeben
Und gekämpfet bis in Todt
Merk es dir o liebe Jugend
Ahme nach der Ahnen Tugend
Wann es für den Glauben gilt
Solltest du in künft’gen Jahren
Schwäre Kriegeskämpf erfahren
Eintracht sey dein Starker Schild
Unsers Kaisers Treu zu wahren
Wollen wir uns zusammen schaaren
Wie die Ahnen sich geübt
Uns’re Treue darzubringen
Wollen wir die Hymne singen
Da Franz Josef uns auch liebt.23
Die politische Vereinnahmung von liturgischen Feiern ist übrigens auch durch die
Anordnung von Te Deum-Gesängen durch die Obrigkeit belegt.24
Eines der Lieder Abenthungs hebt sich von allen anderen erhaltenen Liedern der
„Tiroler Aufstände“ ab: „Wie schnell bist du verschwunden / geträumtes Waffenglück“.
Es entstand offensichtlich nach der letzten Schlacht am Bergisel, die die Bayern und
Franzosen für sich entscheiden konnten. Josef Abenthung wurde dabei von einer Kugel
getroffen, floh nach Grinzens und kurierte dort seine Verwundung aus. Hier, angeblich
direkt auf seinem „Schmerzenslager“, schrieb er dieses Lied über das „verschwundene
Waffenglück“ und jene schmerzvollen Seiten kriegerischer Auseinandersetzungen, wie
Tod, Verlust, Angst und Verzweiflung, die üblicherweise in Kriegsliedern selten vorkomTLMF, Musiksammlung, M 9228/2. Siehe auch Liedindex, Nr. 121.
TLMF, Musiksammlung, M 9227. Siehe auch Liedindex, Nr. 115.
24
Siehe dazu auch Kapitel 4 in diesem Band.
22
23
Politische Inhalte in Tiroler Kunstliedern
255
men. Für Tirol ist dieses Lied Abenthungs das einzige Lied der Zeitspanne 1796–1848,
das eine Verwundung thematisiert.
Verfaßt als ich schwer verwundet im Schmerzenlager in Grinzes [sic]
auf der Flucht mich befand im Jahr 1809.
1. Wie schnell bist du verschwunden
geträumtes Waffenglück
in schwarzen trauer Stunden
endet sich dein Geschick
2. Von dem Berg Isls Fuße
Ach Gott wehr hätts geglaubt
Anstatt des Feindes Schluße
Wurd unser Land geraubt
3. Da nun auf Wiltens Feldern
Kanon donner kracht
Der Feind gleich dicken Wäldern
Aufstellet seine Macht
4. Die Baiern gleich in Mitte
In unsere Schanzen ziehn
So muß mit schnellen Schritte
Gleich unser Landmann fliehn
5. Ach Jammer und Erbarmen,
jetz geht es auf mich loß
Da wirklich auf mich armen
ergrimmt ein Kriger schoss
6. Das Blut aus meiner Wunde
fließt strömenweis hindann
Daß ich so gleich zur Stunde
nicht weiter gehen kann
7. Nun seht was wahrer Freund
für seinen Freund fermagd
Da er gar vor dem Feind
für ihm sein Leben wagd
8. Ich liege also schwer
in Schmerzen tief darnieder
Und fühle mehr und mehr
die schmwerzverwunden Glieder
9. Da dachte ich bey mir
daß mich mein Gott so liebt
Er meint es gut mit mir
da er mir Schmerzen gibt.
10. Entreißt mich dem Tod
ganz mutig aus den Klauen
Ich kann in schwerer Noth
ganz sicher auf ihn bauen.25
TLMF, Musiksammlung, M 9230. Siehe auch Liedindex, Nr. 139.
25
256
Kapitel 13
Bereits im Jahr 1813 wurde aus dem einstigen Widerstandskämpfer Josef Abenthung
ein loyaler Anhänger des bayerischen Königs. Ein Jahr, bevor Gänsbacher 1814 sein
Lied Vom Sterbenden Patriot vor einem führenden bayerischen Beamten sang, führte
Abenthung seine Feder für die ehemals gegnerische Seite und schrieb eine Missa pro
omnibus vocibus für das königlich-bayerische Militärbataillon Larosche in Innsbruck.26
Im Jahr 1854 hingegen war er längst wieder Österreicher geworden und schrieb ein
Huldigungsgedicht auf den Feldherrn Graf Joseph von Radetzky.27 Ungefähr zu dieser
Zeit begegnete der Wiener Dichter Ignaz Franz Castelli dem Götzener Komponisten
und charakterisierte ihn folgendermaßen:
Der alte Schullehrer, welcher schon 60 Jahre das Schul- und Organistenamt versieht, ist ein
merkwürdiger Kauz. Man nennt ihn seiner musikalischen Kenntnisse wegen in der Umgegend
den zweiten Mozart; und er muss sich wohl selbst dafür halten, weil er zu einer Messe des ersten
Mozart 2 Flöten hinzucomponiert hat und behauptet, dass die jetzt viel bessere Wirkung mache.
Er hat sich als Schützenhauptmann tapfer ausgezeichnet, er wurde verwundet und auf der Erde
liegend commandierte er noch immer fort, bis er die Sprache verlor. Er nennt sich Josef Abenthung.28
Christian Blattls „Volkstümliche Biedermeierlieder“:
Liedertafelstil und Tiroler Volkston als Vorbild
für politische Lieder um 1840
Der Tiroler „Volksdichter“ und Sänger Christian Blattl (1805–1865) aus Fieberbrunn
bzw. St. Johann in Tirol verfasste in den 1840er-Jahren einige zeitbezogene Lieder, die
er an seine Tochter Elisabeth weitergab. Die kriegerischen Auseinandersetzungen von
1796/1797 und 1809 liegen weit zurück und der „Kampf um Tirol“ steht auch nicht
im Mittelpunkt von Blattls politischen Liedern. Blattl verurteilt in seinen Liedern die
Revolution von 1848, huldigt dem Kaiser, spricht aktuelle gesellschaftspolitische Probleme an und verleiht nicht zuletzt seinem Stolz auf das „Tirolertum“ Ausdruck. Von
­Andreas Hofer ist in Blattls Liedern keine Rede, denn statt eines einzelnen Helden
werden hier „die Tiroler“ oder „die Tiroler Schützen“ allgemein, die angesichts der
revolutionären Tendenzen in den Nachbarländern ihren Kaiser nicht im Stich lassen
und sich der angeblichen Tiroler Tugenden wie Redlichkeit, Tapferkeit und „Biederkeit“ besinnen, heroisiert. Der Einfluss des deutschen Männergesangs der Liedertafeln
und Studentenchöre wird durch die teilweise in den Texten eingestreuten „Vivat!“-Rufe
TLMF, Musiksammlung, M 3359.
Franz Joseph Adolf Schneidawind (Hg.): Radetzky-Lieder. Ein Album zu Ehren des Feldherrn, seiner
Paladine und seiner Tapfern, Leipzig – Wien 1854, S. 54.
28
Ignaz Franz Castelli: Memoiren meines Lebens: Gefundenes und Empfundenes, Erlebtes und Erstrebtes.
1. Band: Vom Jahre 1781 bis zum Jahre 1813, Wien – Prag 1861, S. 60. – Der überaus angesehene
Wiener Biedermeierdichter Ignaz Franz Castelli (1780–1862) war u. a. mit Antonio Salieri (1750–
1825) befreundet. Er schrieb selbst mehrere Kriegslieder, über die er berichtete: „Sie waren populär
und meist auf bekannte Volksmelodien zu singen, daher fanden sie leicht Eingang“ (Ignaz Franz Castelli: Sämmtliche Werke, „Gefundenes und Empfundenes, Skizzen aus meinem Leben.“, 16. Band, Wien
1848, S. 221). Sein bekanntestes Kriegslied war das Kriegslied für die österreichische Armee aus dem Jahr
1809.
26
27
Politische Inhalte in Tiroler Kunstliedern
257
deutlich. Auch den Nationalsängerliedern und ihren Themen, wie beispielsweise dem
„In-die-Ferne-Wandern“, stehen Blattls Lieder nahe. Nicht nur der erzählende Charakter der Texte verweist auf das Wiener Theaterlied, sondern auch die Thematik. Humor
und Gemütlichkeit und das „gute Glaserl Wein“ fehlen in fast keinem der politischen
Blattl-Lieder.
Als der Volksliedforscher Josef Pommer im Jahr 1910 das Liedrepertoire der BlattlTochter Elisabeth festhielt, notierte er auch Blattls politische und auf die Revolution
von 1848 bezogene Lieder für seine Edition der Blattl-Lieder.29 Christian Blattl schrieb
laut seiner Tochter fünf Lieder, die sich um politische Themen rund um das Revolutionsjahr 1848 drehen: Das biedere Tirolerlandl, Tiroler und Österreicher, Die deutsche
Treu und Redlichkeit, Der åchtundvierz’ger Schütz und das Tiroler Schützenlied aus den
vierziger Jahren.30
Zu Blattls politischen Liedern dürfte auch das Lied O edler Greis, o Wundermann
mit dem Titel Vater Radetzky zählen (siehe Abb. 5), obwohl Elisabeth Blattl behauptete,
dass das Lied von Christian Blattl d. Ä., dem Vater des „Volksdichters“, stamme, der als
Scharfschützenhauptmann bei den Tiroler Aufständen mitgekämpft hatte:
Vater Radetzky.
1. O edler Greis, o Wundermann!
O großer Held Radetzky!
Dich staunt die ganze Erde an,
Denn deinesgleichen trägt sie nie.
Denn fünfundsechzig Jahre schon
Beschützest du den Kaiserthron.
Nicht Ruhmsucht war für dich der Trieb,
Wohl aber Pflicht und Ordnungslieb.
2. Wo fang ich an, wo ende ich,
Vom Süden bis zum Norden,
Wo groß ich deine Taten sich [sehe]
Unbeschreibbar mit Worten?
Italiener, Franzos, Türk,
Haben dich in jedem Schlachtbezirk
Noch als Besiegte hochgeschätzt,
Weil niemals du die Pflicht verletzt.
3. Mit Brudersinn und Vaters Trieb
Umschlingt dein Herz die Heldenschar,
Die du befehligst nur mit Lieb’,
Vergißt auf deinen Rang sogar.
Nie höret man von Kriegsgespanen
Schmähen deinen hohen Namen.
Voll Ehrfucht alle rufen sie:
Hoch lebe Vater Radetzky.
Josef Pommer (Hg.): Blattl-Lieder. Nach Wort und Weise verfaßt von dem Tiroler Bauerndichter Christian
Blattl, Saalfelden 1910. Zu Blattl siehe auch Kapitel 14 in diesem Band.
30
Ebd., S. 24–46.
29
258
Kapitel 13
4. Die Perle in des Kaisers Kron’
Bist du, verdienter Heldengreis,
Du milderprobter Kriegessohn
Für Österreich der höchste Preis.
Dies zeigen deine Orden an,
Die nur gebühren solchem Mann;
Doch nicht so sehr die Brust geschmückt,
Wie sie in Seel’ und Herz gedrückt.
5. O hochbeglücktes Böhmerland,
Wie muß man dich beneiden,
Wo einst des Helden Wiege stand,
Dein Ruhm für späte Zeiten.
Stolz darfst du sein auf diesen Mann,
Der einst aus deinem Schoße kam.
Und außer dir in keinem Land
Ist uns ein solcher Sproß bekannt.
6. Herr, höchster Gott vom Himmelsthron,
Erhöre unser Flehen,
Und laß ihn uns als schönen Lohn
Noch lange als Marschall sehen,
Gib noch zu vielen viele Jahr,
Der Staat und’s Land bedarf ’s sogar
Zum Volkes Wohl und in betreff
Des guten Kaisers Franz Josef.31
Vater Radetzky wurde auch schon vor Josef Pommers Sammlung der Blattl-Lieder (1910)
veröffentlicht, nämlich in Franz Joseph Adolf Schneidawinds bereits erwähnter Gedichtesammlung zu Radetzkys Ehren (1854), in der auch ein Lied Abenthungs zu finden
ist.32 Schneidawind und Pommer weisen darauf hin, dass das Lied im Nordtiroler
Unterland so häufig gesungen wurde, dass man es als „Volkslied“ bezeichnen könne.
Pommer ist allerdings der Meinung, dass „O edler Greis, o Wundermann“ wohl eher
von Christian Blattl d. J. stamme, auch erinnert ihn der Anfang des Liedes sehr an
das Weihnachtslied „O Tannenbaum“ (siehe Abb. 5). Er datiert es mit 1849, wobei er
fälschlicherweise dieses Jahr als das Jahr der Thronbesteigung Kaiser Franz Josephs I.
bezeichnet; diese war allerdings bereits am 2. Dezember 1848 erfolgt.33 Trotzdem dürfte
1849 als Entstehungsjahr stimmen, denn in der ersten Strophe wird Radetzky, der 1784
in den Soldatenstand eingetreten war, dafür gerühmt, dem Kaiserthron schon 65 Jahre
gedient zu haben.
Ein weiteres historisch-politisches Lied von Christian Blattl trägt den Titel Das biedere Tirolerlandl (siehe Abb. 6). Blattls Tochter „Lisei“ (Elisabeth) erzählt dazu, dass
Kaiser Ferdinand auf dem Weg nach Innsbruck, auf seiner Flucht am 17. Mai 1848,
in St. Johann in Tirol im Dechanthof eine Zwischenstation eingelegt habe. Die Dorfbewohner haben daraufhin ihren Vater gebeten, zum Anlass dieses nicht alltäglichen
Ebd., S. 24–26, S. 186. Siehe auch Liedindex, Nr. 51. – Zu Christian Blattl d. Ä. siehe P. Adjut Troger:
Anno Neun. Geschichtliche Bilder aus der Ruhmeszeit Tirols. Bände 8 und 9: Christian Blattl, Scharfschützenhauptmann von Pillersee, Innsbruck 1909.
32
Schneidawind (Hg.): Radetzky-Lieder (wie Anm. 27), S. 38.
33
Pommer (Hg.): Blattl-Lieder (wie Anm. 29), S. 186.
31
Politische Inhalte in Tiroler Kunstliedern
259
Abb. 5: „O edler Greis, o Wundermann“ (Anfang), in: Josef Pommer (Hg.): Blattl-Lieder. Nach Wort und
Weise verfaßt von dem Tiroler Bauerndichter Christian Blattl, Saalfelden 1910, S. 24.
Besuchs ein Lied zu dichten, um es dem Kaiser als Ständchen darbringen zu können.
Blattl selbst trug mit seinen Sängern das Lied vor und erhielt dafür als Belohnung fünfzig Gulden.34
Das biedere Tirolerlandl.
1. Tirol, du edles, biedres Landel
Zwischen hohen eisbedeckten Bergen,
Du weißt dir durch so edle Handel
Alle Zeit viel Ruhm und Ehr zu erwerben.
Ja, schon seit deinen alten Ahnen her
Bist du gekrönt mit vieler Ruhm und Ehr,
Soviel die Geschichte weisen kann
Viele beispiellose Wunder dann.
2. Schon eh man’s Pulverkraft erhoben,
Und da zu Rudolf von Habsburgs Zeit,
Schoß’s Landvolk schon auf Feind mit Bogen,
Bewiesen ihre Treu und Tapferkeit.
Ebd., S. 38–41.
34
260
Kapitel 13
Graf Meinhart widmet sich dem Kärntner Land
Durch wackere Tirolers Volkeshand.
Drum blüht dem biedren Alpensohn
Durch Jahrhunderte die Ehr zum Lohn.
3. Als Friedrich mit der leeren Tasche
Ward so schmählich seines Reichs verbannt,
Sein’ Unterhalt sich kaum erhaschte,
Stritt für ihn das treue Volk im Land.
Genoß für ihn das Recht der Landesständ’,
Damals noch nicht das ganze Deutschland kennt,
Was noch zum Zeugnis der Geschicht,
’s goldne Dachel in der Hauptstadt spricht.
4. Als Kaiser Max sich hat verstiegen,
Dort bei Innsbruck an der Martinswand,
Kam ein Bauernsohn mit kühnen Schritten,
Führte ihn als wie eine Engelshand.
Für diesen Kaiser blitzte öfter schon
Der Stutzen des Tiroler Biedermann.
Drum hat er auch ’s Tirol genannt
Das Herz und Schilde seines Land.
5. Der dreißigjähr’ge Krieg bleibt Zeuge
Von Tiroler Treu und Tapferkeit,
Als Claudian mit größter Freude
Ward stets seines Sieg bereit.
Ja, wo sie stritten, ward stets Sieg erkämpft,
Wenn Pulverrauch in ihren Tälern dämpft.
Da blieben sie von den Feinden frei,
Und das Volk stets ihrem Fürsten treu.
6. Die drei Ferdinand hab’n viel gesprochen
Von Tiroler Treu und Redlichkeit.
Nie wird sie auch von uns gebrochen,
Für den Kaiser sind wir stets bereit.
Ja, unser Stolz liegt in der Fürstentreu,
Solang es unser wahrer Herrscher sei.
Nur fremde Herrschaft woll’n wir nicht,
Weil unser Herz für Habsburg spricht.
7. Oft haben’s die Bayern schon erfahren,
Siebzehnhundertdrei zum erstenmal,
Daß Tiroler keine Hasen waren,
Schlagefertig allzeit, überall.
Der Maria-Theres soll es noch ruhmvoll sein,
Sie nahmen auch die Hauptstadt München ein.
Nur Tiroler san geübt,
Daß es nirgends ihresgleichen gibt.
8. Was alte Zeiten groß gesehen
Nahmen die Jungen auch nicht minder groß.
Tiroler Mut steigt bis zum höchsten,
Unter Kaiser Franz gings wieder los.
Tiroler Schützen, lauter Herkules,
Politische Inhalte in Tiroler Kunstliedern
261
Besiegen den Feind stets ihrem Recht gemäß,
Wenn der Tiroler Stutzen ruft,
Nimmt der Franzos, wo er kann, die Flucht.
9. Von Anno neune die Geschichteschronik
Bleibet Zeugnis noch für alle Zeit,
Jung und alt schwor zur Kriegesfahne,
Knaben und Weiber sind sogar bereit.
Stolze Helden und gewohnte Krieger
Fliehen oder leg’n die Waffen nieder,
Das tat Leféber, Worte und Bisson,
Und wer nicht, hat kein Pardon.
10. Durch solche Beispiel’ angesporen
Bleibet noch der alte Mut im Land.
Ja, es ist uns schon angeboren,
Wollt’ es unser Kaiser Ferdinand;
Wir sind von ihm also hochgeacht,
Zur freie Schützen hat er uns gemacht.
Drum üb’n wir uns in Friedenszeit,
Daß wir in Krieg fest schußbereit.
11. Von Tirolertreu wird viel gesprochen,
Was ’s Achtundvierzger Jahr bewiesen hat,
Wo viele Völker ihre Treu gebrochen,
Selbst auch in des Reiches Kaiserstadt.
Der Tiroler, der lauft gleich an Berg und Tal,
Gerufen von dem ersten Waffenschall,
Voll Kaisertreu, den Stutzen in der Hand,
Bis an die Grenze seines Land.
12. Drum Vivat! Alle Schützen sollen leben,
Noch mehr unser Kaiser Ferdinand.
Groß Gnaden hat er uns gegeben,
Glücklich schätzt sich jeder Schütz’ im Land.
Wie genießen stets die Gnad mit Lust,
Und wir rufen all’ mit heller Brust,
Beim Glasel Wein recht jubelvoll:
Hoch leb’ Franz Josef und Tirol.35
Josef Pommer datiert das Lied mit 1848 und vermutet, dass es nach der Wiener Revolution im März und vor der Abdankung Kaiser Ferdinands im Dezember entstanden
sei. Blattls ideologische Intention ist klar erkennbar: Ihm geht es um den historischen
„Nachweis“ der Habsburgertreue und Wehrhaftigkeit der Tiroler. Zahlreiche Herrscher
des Landes werden aufgezählt: Rudolf von Habsburg, Graf Meinhard von Görz-Tirol,
Friedrich IV. „mit der leeren Tasche“, Kaiser Maximilian I., die „drei Ferdinande“, Maria
Theresia, die Kaiser Franz, Ferdinand I. und Franz Joseph I. Auch wichtige historische
Ereignisse finden in dieser Lobeshymne auf den Patriotismus des „Tiroler Biedermanns“
Erwähnung: der Dreißigjährige Krieg, der so genannte „Bayerische Rummel“ im Zuge
Ebd. Siehe auch Liedindex, Nr. 58.
35
262
Kapitel 13
Abb. 6: Das biedere Tirolerlandl, in: Josef Pommer (Hg.): Blattl-Lieder. Nach Wort und Weise verfaßt von dem
Tiroler Bauerndichter Christian Blattl, Saalfelden 1910, S. 38–41. Transkription.
Politische Inhalte in Tiroler Kunstliedern
263
des Spanischen Erbfolgekrieges 1703, die Einnahme von München, das Jahr 1809 und
schließlich auch das Jahr 1848.36
Ein weiteres Lied mit dem Titel Tiroler und Österreicher behandelt ein bewährtes
Nationalsängerthema, nämlich das Motiv des weit gereisten Tirolers, hier im Fall eines
Wanderhändlers, der über die Kaiserstadt Wien und die Unterschiede zu seiner Tiroler
Heimat reflektiert (siehe Abb. 7):
Tiroler und Österreicher.
1. Liebe Leute neigt mir ein geneigtes Ohr;
Es ist nur ein ålmerisch Tiroler-Chor:
Schon voñ långer Zeit, dås wißt’s jå, meini Herrn,
håmt Tiroler d’Österreicher gern.
2. O ös Weana Leut’ ös seid’s dem Kaiser guat,
die Tirola opfern fürn Franz Josef ’s Bluat.
Wån’s hoaßt d’Österreicher sind in Kampf und Streit,
sind Tiroler a schoñ bei da Schneid.
3. Enka Kaiser Franzel dort in Österreich,
er stellt Ruh und Fried’, es ist ihm alles gleich.
Er stellt Ruh und Friede, åll’s zu seiner Ehr,
sågst’s, ös Weana Leut’, wås wollt’s no mehr?
4. Über oans hån i mi åba recht beschaut:
enka Kaiserstadt is går so prächti(g) baut;
es steht alles da in schönster Pracht und Glånz,
dånkt no åll’s dem ålten Kaiser Franz.
5. Über oans muaß i mi åba recht beschwern:
daß die Weana Madeln hå(b)m die Buam so gern;
kaum daß oanö erst amål den zweiten håd,
is der erst’ schoñ wieda aus da Gnåd.
6. Då send mir an (in) unsern Landel besser drån,
wenn oane liabt an Buam, so schaut’s koan åndern ån.
Unsre Madel bleib’n uns ålle fest getreu,
es geht uns koañ åndra nid ins Gäu.
7. Adjes, meine Herrn, lebt’s wohl åll beianånd,
i muaß wieda ins Tirol mit meiner Kråm,
dort will i auf euer G’sundheit ’s Glasel leer’n,
lebet wohl, ihr Frauen und ihr Herrn!37
Pommer bezeichnet das Lied als ein „besseres Tiroler Volkssängerlied“, da der Jodler
qualitativ höher einzuschätzen sei als die allgemein üblichen „Salonjodler“ der National­
sängerlieder. Der Tiroler Händler ermahnt die „Weana Leut’“, also die Wiener Bevölkerung, den Kaiser zu ehren und ihm „guad zu sein“, denn immerhin sorge dieser für
„Ruh und Fried“ in der prächtigen Kaiserstadt. Ein kleiner Seitenhieb auf die „Weana
Madeln“, also den weiblichen Teil der Wiener Bevölkerung, folgt, indem der Protago Ebd., S. 188f.
Ebd., S. 45f. Siehe auch Liedindex, Nr. 47.
36
37
264
Kapitel 13
Abb. 7: Tiroler und Österreicher, in: Josef Pommer (Hg.): Blattl-Lieder. Nach Wort und Weise verfaßt von dem
Tiroler Bauerndichter Christian Blattl, Saalfelden 1910, S. 45–47. Transkription.
Politische Inhalte in Tiroler Kunstliedern
265
nist ihnen unterstellt, sie würden im Gegensatz zu den treuen Tiroler Mädchen ihr Herz
öfter als nur einmal verschenken. Diese kleine Zweideutigkeit erinnert wieder an den
Humor der Wiener Theaterlieder. Auch die letzte Strophe, in der Abschied genommen
wird, animiert beinahe zur szenischen Darstellung: Der Tiroler erhebt das „Glasel“ auf
das Wohl der Allgemeinheit. Pommer gibt an, dass das Lied auch in der Ausseer Gegend
gesungen wurde, wo es Konrad Mautner im Jahr 1897 aufzeichnete.38
Die Vorbilder für das nächste Lied, Die Deutsche Treu und Redlichkeit (siehe Abb. 8),
liegen offensichtlich im deutschen Männergesang, denn in den Tiroler Mundartliedern
findet man die Worte „deutsch“ oder „Deutschtum“ nur äußerst selten. Wieder erfolgen kritische Äußerungen über Nachbarländer, in denen angeblich „nichts als Krieg
und Streit und Revolution“ herrsche. Ihnen wird die eigene Heimat lobend gegenüber
gestellt. Die Tiroler Bevölkerung wird idealisiert, „der Tiroler håltet åll’s wås er verspricht“, bei ihm „lebt noch das alte Christentum“ und er tue, was der „Papst verlangt
und was der Kaiser spricht“:
Die deutsche Treu und Redlichkeit.
1. Wer die alte deutsche Treu und Redlichkeit
in dem Landel finden will, der geht nicht weit,
denn das kleine Landel kennt a jeda wohl,
es ist das liabe Vaterland Tirol.
2. Der Tiroler håltet åll’s wås er verspricht.
Glaub es sicherlich, daß er sein Wort nicht bricht,
denn der Handschlag gilt, ja, Bruder, glaub es nur,
es ist bei ihm so viel als wie ein Schwur.
3. Geh ich nach Welschland, Frankreich oder in die Schweiz,
ja, was seh’ ich da, es ist a wahres Kreuz:
nichts als Krieg und Streit und Revolution,
Haß und Neid und Zweitracht trifft man ån.
4. Besser is bei uns ja noch als ummadum,
denn bei uns lebt noch das alte Christentum;
was der Papst verlangt und was der Kaiser spricht,
dås tuat a jeder gern, ist seine Pflicht.
5. Also lustig, Brüder schenkt die Gläser ein;
trinkt dem Kaiser Vivat mit Tirolerwein!
Wenn die ganze Welt in Unfried kema soll,
so bleibt doch das Felsenland Tirol.39
Der Melodie des Liedes liegt laut Pommer jene des Volksliedes „Wann der Schnee von
der Alma weggageht“ zugrunde. Für Niederösterreich und die Steiermark sind weitere
Varian­ten mit einer anderen Melodie belegt. Das Lied enthält Anklänge an den deutschen
Männergesang, wie das „Zuprosten“ in der Schlussstrophe mit dem bei Blattl schon fast
obligatorischen „Vivat“ und dem Trinken von „Tirolerwein“. Pommer kritisiert, auf derartige Formulierungen Bezug nehmend, dass „die Sprache der ‚höher Gebildeten‘, das
Ebd., S. 189.
Ebd., S. 36–38. Siehe auch Liedindex, Nr. 66.
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Kapitel 13
Abb. 8: Die deutsche Treu und Redlichkeit, in: Josef Pommer (Hg.): Blattl-Lieder. Nach Wort und Weise verfaßt
von dem Tiroler Bauerndichter Christian Blattl, Saalfelden 1910, S. 36–38. Transkription.
Politische Inhalte in Tiroler Kunstliedern
267
Volkssängertum und selbst das Gesangsvereinswesen“ auf das aus seiner Sicht natürliche
„volksmäßige bäuerliche Denken und Dichten“ zu großen Einfluss ausgeübt habe.40
Unter den Blattl-Liedern finden sich auch zwei „Schützenlieder“, die der Gattung
des Soldatenliedes zugerechnet werden können und sich auf das Revolutionsjahr 1848
beziehen: Der åchtundvierz’ger Schütz und das Schützenlied aus den vierziger Jahren (siehe
Abb. 9 und 10). Das erste Lied entspricht dem auch in manchen Soldatenliedern ver­
arbeiteten Abschiedsmotiv: Der in den Krieg ziehende junge Mann verabschiedet sich
von seiner traurigen, sorgenvollen Geliebten. Im Lied vom Åchtundvierz’ger Schütz, dessen propagandistische Aussage unübersehbar ist, spricht sie ihm Mut zu. Den Interessen
Kaiser Ferdinands I. werden die eigenen Bedürfnisse untergeordnet, wird das ungestörte
Liebesglück geopfert. Für den Kaiser würde der junge Schütze „Haus und Hof, Guat
und Bluat“ hingeben, das Wohl des geliebten „Diandel“ ist schicksalshaft an die Absichten des Kaisers und des Vaterlandes allgemein gebunden. Die junge Frau bekämpft ihre
Sorgen und meint ergeben: „ruck nar aus, liaba Bua, b’schütz an Kaisa sein’ Thron, /
denn wås ma für’n Kaiser tuan, is uns an Ehr“ (3. Strophe).
Das Schützenlied aus den vierziger Jahren trägt hingegen Merkmale eines Trink­liedes.
Die Schützen sind in diesem identitätsbestärkenden Gruppenlied wahrhaft mutige,
trinkfeste, aber unerschütterlich kaisertreue Kampfgenossen. Man kann sich durchaus Pommers Meinung, dass das Lied „noch unter Kaiser Ferdinand I., also vor 1849“
gedichtet [wurde]“, anschließen.
Der åchtundvierz’ger Schütz
1. ’s Diandel håt gwoañt und sågt: Bua, wo gehst hin?
Håst dö Bix auf dar Åxel, wås håst denn im Sinn?
Gehst gwis a mit dö Schützen, denkt hun i ma’s an eh
und mi låßt alloañ dahåm, ’s Herz tuat ma weh.
Denn wån s’ di daschiaßen, i gram mi um di
und wån da Feind dåher kimt, wer b’schützt åft mi?
Tra-ra la la […]
2. Diandel hö(r) nur auf z’woun und vagiß ’n dein Schmerz,
gram di du nöt um mi, bei dir bleibt schoñ meiñ Herz.
Gram di um den guaten Kaiser Ferdinand!
Er steht in der Gfåhr um dös gånz Våterlånd.
Der liegt mir im Herzen, der liegt mir im Sinn,
für den gib i Haus und Hof, Guat und Bluat hin.
Tra-ra la la […]
3. ’s Herza(r)l is schwar, åber sei’s in Gott’s Nåm,
ruck nar aus, liaba Bua, b’schütz an Kaisa sein’ Thron,
denn wås ma für’n Kaiser tuan, is uns an Ehr.
Mir send ihms jå schuldig, er gibt uns no mehr!
I wer(d)’ beten für di, für en Kaiser Ferdinand,
für di [sic] Kaiserin und fürs gånz Våterlånd.
Tra-ra la la […]
4. Du Diandel, a treu’s, da Gedånken wa(r)’ recht.
Tuat a jed’s Diandel dås, geht’s uns Schützna nöt schlecht.
I denk ma für’n Kaisar an Stutzen zun wåg’n,
Ebd., S. 187.
40
268
Kapitel 13
fürs Diandel, fürs Våterland, für’n Kaiser sein Thron.
Hun an Feind auf en Rohr, und er måg ma nid aus,
denn pums! is er tot, nåcha lebt’s Kaiserhaus.
Tra-ra la la […]
5. Geh hin und sei tåpfer, Gott b’schütz’ di, meiñ Bua,
und wånnst hinkimst zån Feind, nåchher schlåg na brav zua.
Låßt’s Büchsei frisch schnållen, die Kugeln pfeifen, woaß wia.
Sei getrost, liaba Bua, meiñ Herz kämpft schon mit dir!
Wånnst z’ruck kumst als Sieger, dås hoff i ma(r) gånz,
nåcha herz’ mar uns wieder, i bind dar an Krånz.
Tra-ra la la […]41
Tiroler Schützenlied aus den vierziger Jahren
1. Ei, das Leben ist so schön,
holarädiå holarädiå,
laßt das Fläschchen weiter gehn,
holarädiå håliå!
Schenket ein bis oben voll
und trinket auf des Kaisers Wohl!
holarädiå holarädiå […]
2. Unser Kaiser Ferdinand,
holarädiå holarädiå,
wählt sich Schützen aus dem Land,
holarädiå håliå!
Nehmen ihm das Land in Schutz
Und bieten stets dem Feinde Trutz,
holarädiå holarädiå […]
3. Hat der Feind was Schlecht’s im Sinn,
holarädiå holarädiå,
stellt man ihm gleich Schützen hin,
holarädiå håliå!
Macht er einen Überfall,
wir Schützen sind gleich überall.
holarädiå holarädiå […]
4. Grünbelaubt ist unser Hut,
holarädiå holarädiå,
zeigt Tiroler Schützenmut,
holarädiå håliå!
Rufte all’ aus heller Brust:
Wir sind ja voller Kriegeslust!
holarädiå holarädiå […]
5. Schaffet euch Gurasch und Kraft,
holarädiå holarädiå,
durch Tiroler Rebensaft,
holarädiå håliå!
Sparet nicht das Pulver und Blei, vivat!
und bleibt dem Kaiser treu!
holarädiå håliå!42
Ebd., S. 26–29. Siehe auch Liedindex, Nr. 53.
Ebd., S. 29–31. Siehe auch Liedindex, Nr. 21.
41
42
Politische Inhalte in Tiroler Kunstliedern
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270
Kapitel 13
Abb. 9: Der åchtundvierz’ger Schütz, in: Josef Pommer (Hg.): Blattl-Lieder. Nach Wort und Weise verfaßt von
dem Tiroler Bauerndichter Christian Blattl, Saalfelden 1910, S. 26–29. Transkription.­
Politische Inhalte in Tiroler Kunstliedern
271
Abb. 10: Tiroler Schützenlied aus den vierziger Jahren, in: Josef Pommer (Hg.): Blattl-Lieder. Nach Wort
und Weise verfaßt von dem Tiroler Bauerndichter Christian Blattl, Saalfelden 1910, S. 29–31. Transkription.
272
Kapitel 13
Resümee
Die zwei Tiroler Komponisten Johann Baptist Gänsbacher und Josef Abenthung beteiligten sich an den Tiroler Aufständen und verliehen ihrem Patriotismus auch musikalisch Ausdruck. In ihren politischen Liedern orientierten sie sich an den Vorbildern des
frühen deutschen Männergesangs, etwa an Werken von Carl Maria von Weber. Ihre
Lieder unterscheiden sich deutlich von den populären Mundartkampfliedern der Zeit
um 1809. Unter Gänsbachers Vertonungen von Texten von Christian Friedrich Daniel
Schubart ragt das Lied Vom sterbenden Patriot hervor. Obwohl es wegen seiner deut­
lichen politischen Bezüge nicht gedruckt werden durfte, trug Gänsbacher selbst dieses
durchkomponierte Klavierlied im Jahr 1814 in Anwesenheit eines hohen bayerischen
Beamten in einer Innsbrucker Privatgesellschaft vor.
Von Josef Abenthung sind sieben politische Lieder bzw. Liedtexte, teilweise fragmentarisch, überliefert, die im Jahr 1809 u. a. im Rahmen von Gottesdiensten, etwa bei
Totengedenken für gefallene Aufständische, gesungen wurden. Besonders bemerkenswert ist das Lied „Wie schnell bist du verschwunden“, das den verlorenen Krieg und
Abenthungs eigene Kriegsverletzung zum Inhalt hat.
In den 1840er-Jahren und später entstanden fünf (bzw. möglicherweise sechs)
„volkstümliche Biedermeierlieder“ (Leopold Schmidt) des „Volkssängers“ Christian
Blattl aus Fieberbrunn bzw. St. Johann in Tirol. Sie kommen dem Nationalsänger- und
Wiener Theaterliedstil nahe und sind auch vom deutschen Männergesang beeinflusst.
Ihre Kenntnis verdanken wir der Edition Blattl-Lieder des Volksliedforschers Josef Pommer von 1910. Blattl zeigt sich in diesen Liedern als Gegner der Revolution von 1848
und Anhänger des Kaiserhauses und eines stolzen „Tirolertums“.
Zeitlich, stilistisch und auch inhaltlich haben die Lieder Gänsbachers und Abenthungs mit den Liedern von Christian Blattl wenig gemeinsam. Was sie verbindet ist
der Umstand, dass die Genannten als einzige Tiroler politische Lieder schrieben, die in
erster Linie dem eigenen künstlerischen Ausdruck dienten. Nichtsdestotrotz wurden
auch diese Lieder zur politischen Agitation (Gänsbacher, Abenthung) oder Stärkung der
herrschaftlichen Ideologie (Blattl) eingesetzt.
Kapitel 14
„Und es reicht die threie Hand gern
die Jungfrau einen Siger“.
Das Freyheits-Lied
Sandra Hupfauf
1. Jauchzet singet frohe Lieder
Fest geschlossen ist das Band
Alle sind wir Freind und Brider
Frey ist unser Land.
2. Leibzigs Felder blien wider
Wo der wilde Haufen stand
Stat Kanonen schalen Lider
Frey ist unser Land.
3. Er hat unser Kraft empfunden
An der Elbe wilden Strand
Seine Herrschaft ist verschwunden,
Frey ist unser Land.
4. Stat dem Fluch der wilden Feinde
Den so ser das Herz entpfand
Schalt das Lob der treyen Freinde,
Frey ist unser Land.
5. Lengst zurick sind schon die Kriger
Und es reicht die threie Hand
Gern die Jungfrau einen Siger
Frey ist unser Land.1
1. „Jauchzet singet frohe Lieder“ und
andere Kriegs- und Kampflieder in den Handschriften des
„Volkssängers“ Christian Blattl
Das Siegeslied „Jauchzet singet frohe Lieder“ spielt auf die so genannte Völkerschlacht
bei Leipzig vom 16.–19. Oktober 1813 an. Im Jahr 1812 hatten mit Napoleons Russland-Feldzug die Befreiungskriege begonnen. Die Schlacht bei Leipzig endete ein Jahr
später mit der entscheidenden Niederlage Napoleons. Seine Heere standen den zahlenmäßig weit überlegenen verbündeten Truppen Österreichs, Preußens, Russlands und
Schwedens gegenüber.
Leopold Schmidt: Volksgesang und Volkslied. Proben und Probleme, Berlin 1970, S. 254f. Siehe auch
Liedindex, Nr. 40.
1
274
Kapitel 14
Zum Anlass des Sieges über Napoleon entstanden im ganzen deutschen Sprachraum
Napoleon-Lieder, einige auch in Tirol.2 „Jauchzet singet frohe Lieder“ ist ein typisches
historisch-politisches Lied dieser Zeit und unterscheidet sich stilistisch und inhaltlich
von den sonst gängigen regionalspezifischen Tiroler „Freiheitsliedern“. Der Text handelt
von Einheit und Freundschaft („Alle sind wir Freind und Brider“), man erfreut sich des
wieder erblühenden Landes („Leibzigs Felder blien wider / Wo der wilde Haufen stand“),
der einkehrende Friede macht sich bemerkbar („Stat Kanonen schalen Lider“) und nicht
zuletzt wird die gewonnene Freiheit bejubelt: „Frey ist unser Land“. In der letzten Strophe erfahren die tapferen Krieger schließlich Anerkennung in der Heimat: „Und es reicht
die threie Hand / Gern die Jungfrau einen Siger“. Der Text ist hochsprachlich und schlägt
nach den Kriegswirren versöhnliche und vor allem pathetische Töne an, wogegen die
mundartlichen Siegeslieder aus Tirol aggressiv wirken.
Hochsprachliche Lieder dieser Art finden sich in den Sammlungen von Leonard von
Soltau, Franz Wilhelm von Ditfurth und August Hartmann3 größtenteils ohne Melodien. Doch genau dieses Lied ist in keiner dieser Sammlungen zu finden, sondern im
Nachlass des Tiroler Bauern und „Volkssängers“ Christian Blattl (1805–1865).4
Für die Lieder Blattls existieren zwei Quellen. Zu nennen sind zunächst drei
handschriftliche Liedersammlungen der Familie Blattl, die der Volkskundler Leopold
Schmidt im Nachlass des Volksliedforschers Emil Karl Blümml (1881–1925) fand und
1970 eingehend neu sichtete. Er datierte sie mit ca. 1830 und erstellte ein kommentiertes Verzeichnis dieser Lieder.5 „Jauchzet, singet frohe Lieder“6 findet sich in zwei
dieser Handschriften. Insgesamt enthalten die drei handschriftlichen Quellen noch zwei
weitere hochsprachliche Lieder mit kriegerischen Inhalten: „Bei Weiters der Aufgang
der Sonnen“ und „Weit entfernt von dir in den Regionen“. Für beide konnte Schmidt
keine anderen Quellen als diese Liedersammlungen der Familie Blattl ausfindig machen.
Außerdem wurden ein Loblied auf Kaiser Ferdinand („Schützen auf es ruft der Kaiser“)
und ein Lied, das schon zur Zeit Andreas Hofers gesungen wurde („Die liebe Feyerstunde schlägt“) dort festgehalten.7
Bei der zweiten Quelle für politische Lieder aus dem Repertoire von Christian Blattl
handelt es sich um Aufzeichnungen des Volksliedsammlers und -pflegers Josef Pommer,
der sich um 1910 die Lieder des „einfachen Tiroler Bauern“ (Pommer) von dessen Tochter
Elisabeth („s blinde Lisei“) vorsingen ließ. Als Pommer Elisabeths Lieder niederschrieb,
Für Tirol sind insgesamt elf Napoleon-Lieder belegt (siehe Liedindex, Nr. 4, 5, 26, 34, 36, 37, 38, 61,
84, 104, 108), darunter z. B. der Text des Liedes „Holt gelt, Bonapartl / S’Blatt’l håt si g’wend’t, / Du
håst dier bei Moskau / Die Nås’n verbrennt. / Die Nås’n verbrennt / Und die Zech’n derfreart / Holt,
gelt, Bonapartl, / S’Blatt’l håt sie g’wend’t, / Gfoahrn bist du a’f der extra Post / A’fn Jolischen Schlitten /
Der håt nöt viel kost’“ (Tiroler Volksliedarchiv, Innsbruck, A 7079, mitgeteilt von Maria Ganner aus
Wildermieming, aufgezeichnet von Josephus Weber, ca. 1910; siehe auch Liedindex, Nr. 104).
3
Friedrich Leonard von Soltau (Hg.): Einhundert Deutsche Historische Volkslieder, Leipzig 1836; Franz
Wilhelm von Ditfurth (Hg.): Historische Volkslieder der Zeit von 1756 bis 1871, 2 Bände in 6 Heften,
Berlin 1871–1872; August Hartmann / Hyacinth Abele (Hg.): Historische Volkslieder und Zeitgedichte
vom sechzehnten bis zum neunzehnten Jahrhundert. 3. Band: Von 1756 bis 1879, München 1913.
4
Zu Christian Blattl siehe auch Kapitel 13 in diesem Band.
5
Schmidt: Volksgesang und Volkslied (wie Anm. 1), S. 238–274.
6
Ebd., S. 254.
7
Siehe ebd., S. 245f., S. 264, S. 268f. Zu „Die liebe Feyerstunde schlägt“ siehe auch Kapitel 10 in diesem
Band.
2
Freyheits-Lied
275
notierte er auch fünf politische Lieder Christian Blattls, die Mitte des 19. Jahrhunderts
entstanden waren: Das biedere Tirolerlandl, Tiroler und Österreicher, Die deutsche Treu
und Redlichkeit, Der åchtundvierz’ger Schütz und das Tiroler Schützenlied aus den vierziger
Jahren. Auch das Lied Vater Radetzky stammt wahrscheinlich von ihm.8 Pommer veröffentlichte die Lieder und kommentierte sie. Aus seinen Ausführungen geht hervor, dass
Blattl vor allem durch seinen Vater Christian Blattl d. Ä., laut Pommer ein flammender
Patriot und Kriegs­veteran, mit politischem Gedankengut in Berührung gekommen war:
Der Scharfschützenhauptmann vom Pillersee gleichen Namens, der Zeitgenosse Andreas Hofers
und dessen Mitkämpfer aus dem Jahre 1809, war sein Vater. Schon im ersten und zweiten Feldzug
gegen die Franzosen, 1796–1797 und 1799–1801, hatte sich Blattl d. Ä. hervorgetan; er wurde
beide Male durch die Silberne Tapferkeitsmedaille ausgezeichnet. 1805 kämpfte er als Korporal
in der Gegend von Kössen und im Passe Strub bei Lofer. Im Jahre 1809 wählten ihn die Pillerseer
zu ihrem Hauptmann. Sie hatten eine gute Wahl getroffen. Ihr Führer bewährte sich aufs beste
und war besonders an der Vertreibung der feindlichen Eindringlinge aus den Loferer Pässen 1809
hervorragend beteiligt.9
Christian Blattl d. Ä. starb 1856, neun Jahre vor seinem Sohn. Von einem tatsächlichen
„Freiheitslied“ der unmittelbaren „Andreas-Hofer-Zeit“ im Blattl-Umfeld wissen wir
durch Franz Friedrich Kohl, dessen Gewährsfrau ebenfalls Elisabeth Blattl war.10
2. Das Freyheits-Lied und andere politische Lieder
im Repertoire der Rainer-Familie
Das Freyheits-Lied „Jauchzet singet frohe Lieder“ wurde im Besonderen durch die Nationalsänger Rainer aus dem Zillertal verbreitet und gelangte durch sie in englischen Übersetzungen nach Großbritannien und in die USA. Anhand weiterer politischer Lieder
im Programm der Rainer-Nationalsänger kann man die Bedeutung der Tiroler „Freiheitskriegthematik“ für die internationalen Auftritte der Nationalsänger Rainer nachvollziehen. Die Lieder und Auftritte zweier Generationen dieser Familie, der so genannten „Ur-Rainers“ (ca. 1827–1838) und der ihnen nachfolgenden Sängergesellschaft
unter Ludwig Rainer (1839–1893), sind prototypisch für die Repräsentationsfunktion
Josef Pommer (Hg.): Blattl-Lieder. Nach Wort und Weise verfaßt von dem Tiroler Bauerndichter Christian
Blattl, Saalfelden 1910, S. V, S. 24–46. Mehr zu Blattls selbst komponierten Liedern siehe Kapitel 13
in diesem Band.
9
Ebd., S. V.
10
Kohl veröffentlichte in seinen Echten Tiroler-Liedern unter dem Titel Lied aus der Zeit der Tiroler Freiheitskämpfe das als Boarlied („Bayernlied“) bekannte Lied mit dem Incipit „Jatz soll i oans singa, jå wenn
i na mecht’“ [siehe Franz Friedrich Kohl: Echte Tiroler-Lieder, Wien 1899, S. 251f. Siehe auch Tiroler
Volksmusikverein / Südtiroler Volksmusikkreis (Hg.): Echte Tiroler Lieder. Ergänzte und kommentierte
Neuausgabe der Tiroler Liedersammlungen von Franz Friedrich Kohl, 1. Band, Innsbruck – Wien 1999,
S. 152f.]. Das Boarlied gehört zu den wenigen Liedern aus der Zeit der Tiroler Aufstände, denen man
eine Melodie zuordnen kann. Der Historiker und Heimatforscher Rudolf Sinwel (1865–1947) gibt es
mit eingehender Beschreibung einer dreizehnstrophigen Version wieder, vergleicht Varianten und führt
auch einige Indizien für die mögliche Verfasserschaft von Christian Blattl d. Ä. an [Rudolf Sinwel: „Das
‚Boarlied‘ und dessen mutmaßlicher Verfasser“, in: Tiroler Heimatblätter 2 (1924), Heft 3: September,
S. 9–12; der vollständige Text und die Noten sind in Kapitel 9 in diesem Band wiedergegeben]. Die
Urheberschaft ist jedoch nicht geklärt. Siehe auch Liedindex, Nr. 39.
8
276
Kapitel 14
von Tiroler Sängergruppen im Ausland, die infolgedessen auch als „Nationalsänger“
bezeichnet wurden. Dabei trugen die dargebotenen politischen Lieder wesentlich zur
Klischeebildung des „wehrhaften“ Tirolers bei.
Das Freyheits-Lied
Das Lied „Jauchzet singet frohe Lieder“ scheint auf den ersten Blick thematisch nicht
mit den Tiroler Aufständen verbunden, doch muss es in Tirol einigermaßen verbreitet
gewesen sein, denn es wurde nicht nur im Blattl-Nachlass gefunden, sondern auch im
dritten, 1829 erschienenen Heft der Tyrolese Melodies 11 von Ignaz Moscheles als FreyheitsLied abgedruckt. Die erste Generation der Nationalsängergesellschaft Rainer feierte im
Jahr 1827 große Erfolge in London und ließ daraufhin ihre Lieder vom Klaviervirtuosen
Ignaz Moscheles herausgeben. Seine Ausgaben mit dem Titel Tyrolese Melodies erreichten
große Bekanntheit, da sie der damaligen „Alpenmode“ entsprachen, die auch durch den
Andreas-Hofer-Mythos bedeutende Impulse erhalten hatte. Besonders das Jodeln, das als
etwas Tirolspezifisches angesehen wurde, entwickelte sich zur Publikumsattraktion und
so wurde auch dem Freyheits-Lied, wie vielen anderen Liedern, ein Jodelrefrain angehängt.
Natürlich musste man die Liedtexte der besseren Verständlichkeit für das britische
Publikum wegen auch in englischer Sprache wiedergeben. Das Freyheits-Lied wurde unter
dem Titel Free is this dear land von T. H. Baily (Vornamen nicht überliefert) übersetzt:
Free is this dear land
Battle steeds no more are bounding,
Chiefs in arms no longer stand;
Songs in Leipzigs plain are sounding,
Free is this dear land.
Sing the song of joy no other suits our gay united band.
Hail the smile of friend and Brother Free is this dear land.
Shout! For Freedom breathes upon us,
By our mountain breeze we’re fann’d.
Brothers hail us Tyrants shun us Free is this dear Land.
Vaunting foes no more assemble
On the Elbs romantic stand;
There we made the Tyrant tramble,
Free is this dear land.
Sing the song of joy no other suits our gay united band.
Hail the smile of friend and Brother Free is this dear land.
Shout! For Freedom breathes upon us,
By our mountain breeze we’re fann’d.
Brothers hail us Tyrants shun us Free is this dear Land.12
Im Gegensatz zu William Ball, dem Übersetzer der ersten beiden Hefte der Tyrolese
Melodies, entfernte sich Baily in seinen Bearbeitungen der Liedtexte im dritten Heft
deutlich weiter von den Originalvorlagen. Er versuchte, die Lieder durch eine gehobene
Ignaz Moscheles (Hg.): Tyrolese Melodies Sung by the Tyrolese Family Rainer with the original German
Words and an English Translation By T. H. Bayly Esq.re Arranged for two or four Voices, with Symphonies
and Accompaniments for the Piano Forte, Vol. 3, London 1829, S. 17–23.
12
Ebd.
11
Freyheits-Lied
277
Sprache aufzuwerten. Das Freyheits-Lied bereitete ihm wohl noch am wenigsten Arbeit,
er stellte aber im Vorwort zur Ausgabe klar, warum eine Übersetzung der Lieder nicht
in seiner Intention lag: „indeed, the extreme simplicity of the German words almost
devies poetical translation“.13 Der Jurist, Schriftsteller und Tirolkenner Ludwig Steub
charakterisiert Bailys Leistungen als Übersetzer folgendermaßen:
Im dritten Hefte, das dem Earl of Stanhope gewidmet ist, tritt übrigens ein neuer Übersetzer ein,
Herr T. H. Baily, der sich aber, wenn möglich, noch mehr Freiheiten herausnimmt als sein Vorgänger, doch ist er auch noch aufrichtiger als dieser, denn er erklärt im Vorwort ganz offen: „Es
mag nothwendig sein, zu bemerken, daß der Verfasser des Textes dieser Sammlung keineswegs eine
Übersetzung der Originale geben will, denn die außerordentliche Einfachheit der deutschen Worte
trotzt fast jeder poetischen Übersetzung. Der Autor hat jedoch versucht, dem Geist der Originale
treu zu bleiben. Er hat den Gedanken der Worte wiedergegeben, soweit es möglich war, und er
glaubt in keinem Falle von dem Sinne der Worte abgewichen zu sein.“14
Im Jahr 1839 brach die zweite Generation der Nationalsänger Rainer zu einer Amerikatournee auf, die bis 1843 dauerte. Ihre wichtigste Station war Boston. Die Stadt
hatte 1840 etwa 90.000 Einwohner (New York zur gleichen Zeit etwa 300.000) und
wurde gerade an das Eisenbahnnetz angeschlossen.15 Damals lebte eine Reihe von
musikkundigen und engagierten Persönlichkeiten in Boston, wie etwa der berühmte
Musikpädagoge Lowell Mason (1792–1872). Mit der Handel and Haydn Society bestand
ein Musik­verein, der sich der Pflege anspruchsvoller Musik widmete. Aber vor allem
im Musika­liendruck war die Stadt zu dieser Zeit amerikaweit tonangebend, wozu der
Musikverleger Oliver Ditson (1811–1888) maßgeblich beitrug. Nachdem er einige
Jahre Erfahrungen in anderen Musikverlagshäusern gesammelt hatte, begann er im
Jahr 1835, selbständig Musik zu verlegen und war spätestens ab der zweiten Hälfte des
19. Jahrhunderts durch die Expansion seines Verlages der führende Musikverleger der
USA. Er verlegte nicht nur Werke europäischer Meister, sondern druckte auch viele
populäre Liedersammlungen der Zeit.
Da man sich in Boston geschmacklich vor allem am „Mutterland“ Großbritannien
orientierte, war dort das Interesse an der in England beliebten Rainer Family besonders
groß. Das Freyheits-Lied „Jauchzet singet frohe Lieder“ gelangte spätestens 1839 mit den
Rainers in die USA. Ditson übernahm die Moscheles-Ausgaben der Nationalsänger­
lieder und bearbeitete sie für den amerikanischen Markt nochmals neu. Er veröffentlichte das Lied 1841 im Rahmen seiner Tyrolese Melodies-Reihe (siehe Abb. 1–3) unter
dem Titel The Free Country. Seine Version unterscheidet sich maßgeblich von jener bei
Moscheles in London:
The Free Country
Shout and sing glad songs together,
Firmly woven is our band,
All are friends and all are brothers,
Free now is our land.
La la la […]
Ebd., o. Sz.
Ludwig Steub: Kleinere Schriften. 3. Band: Tirolische Miscellen, Stuttgart 1872, S. 262f.
15
W. A. Fisher: One Hundred and Fifty Years of Music Publishing in the United States: A Historical Study
with Special Reference to the Pioneer Publisher, Oliver Ditson Co., 1783–1933, Boston 1933, S. 54.
13
14
278
Kapitel 14
Abb. 1: Anon. (Hg.): The celebrated Melodies of the
Rainer Family, adapted for the Piano Forte, Boston:
Oliver Ditson, 1841 (Johns Hopkins University,
Baltimore, Lester Levi Sheet Music Collection,
Box 020, Item 020.149).
Abb. 2: Anon. (Hg.): Tyrolese Melodies. As sung by
the Rainer Family. Arranged with symphonies and
accompaniments by Friedrich F. Müller, Boston:
Geo. P. Reed, 1841 (Johns Hopkins University,
Baltimore, Lester Levi Sheet Music Collection, Box
018, Item 005). Diese Lithographie zählt zu den
wenigen, die die anfängliche Besetzung der Rainers
während ihrer Amerikatournee zeigt.
Abb. 3: Anon. (Hg.): The Celebrated Melodies of the
Rainer Family, Adapted for the piano forte, Boston:
Oliver Ditson, 1841 (Johns Hopkins University,
Baltimore, Lester Levi Sheet Music Collection Box
020, Item 020.150).
Freyheits-Lied
279
Leipsic’s fields again are blooming,
Where we saw rude armies stand;
Where we heard the cannons booming,
Free now is our land.
La la la […]
He has tried our power and felt it,
On the Elbe’s fresh blooming strand;
And his proud dominion’s melted:
Free now is our land.
La la la […]
They’ve come back with glory laden,
Our brave youths to Elbe’s bright strand;
There s a victor for each maiden;
Free is all our land!
La la la […]
Ditsons Version The Free Country orientiert sich sehr am deutschen Original, wie es in
der Moscheles-Sammlung aufscheint. Warum man es für nötig befand, den Text erneut
zu übersetzen, ist nicht bekannt – vielleicht fand Bailys geschliffene Sprache nicht genügend Anklang in den USA. Die amerikanische Ausgabe von Ditson enthält ferner eine
Strophe mehr und der Jodler wurde nicht, wie bei Baily, textiert, sondern mit der Silbe
„la“ unterlegt.
Der Lieddruck ist in mehreren Ausgaben in verschiedenen Archiven vorhanden.
Auf dem Titelblatt des Notendrucks befindet sich meist eine ältere Lithographie der
ersten Generation der Geschwister Rainer, die aus fünf Mitgliedern bestand, aber nie
in die USA reiste. Es war natürlich weitaus billiger, eine alte Lithographie zu übernehmen, als eine aktuelle anfertigen zu lassen. Die zweite Generation der Familie Rainer,
die, wie erwähnt, ab 1839 in den USA auftrat, setzte sich aber nur aus vier Mitgliedern zusammen und wurde von Ludwig Rainer (1821–1893) geleitet. Anfangs bestand
die Gesellschaft aus zwei Männern und zwei Frauen, doch bald schon wurde Helene
Rainer, die die Gruppe nach ihrer von den übrigen Gruppenmitgliedern nicht goutierten Hochzeit mit dem Tourmanager der Rainer-Familie verlassen hatte, durch den
jungen Iren John Hagter ersetzt. Auf einigen Notendrucken der Rainer Family ist er
abgebildet. Der Junge war den Tiroler Sängern von seinen mittellosen Eltern zur Verfügung gestellt worden, nachdem Ludwig Rainer angeblich bei ihm eine „Anlage zum
Jodeln“ entdeckt hatte.16 Im Jänner 1841 trat Hagter zum ersten Mal mit den Rainers
auf, doch bereits im Juli musste man die Zusammenarbeit beenden,17 da sich beim jungen „Aushilfs-Rainer“ der Stimmbruch bemerkbar machte. Während dieser Zeit trat die
Gesellschaft dem Anschein nach nicht mehr als Rainer Family, sondern als Lewis Rainer
and Company auf,18 was in den Medien aber nicht differenziert vermittelt wurde. John
Hagter schlug übrigens später, als er seine eigene Sängerkarriere startete, Kapital aus
Steub: Kleinere Schriften (wie Anm. 14), S. 235f.
Martin Reiter: Die Zillertaler Nationalsänger im 19. Jahrhundert (Egger-Rieser, Fiechtl, Gänsluckner,
Hauser, Holaus, Leo, Rainer, Stiegler, Strasser und andere …), St. Gertraudi 1989, S. 132.
18
Scott Gac: Singing for Freedom: The Hutchinson Family Singers and the Nineteenth Century Culture of
Antebellum Reform, New Haven – London 2007, S. 137.
16
17
280
Kapitel 14
Abb. 4: The Free Country, in: Edward L. White / John E. Gould (Hg.): Tyrolian Lyre, Boston 1847, S. 94
(in Privatbesitz).
seinem kurzen Engagement, indem er sich auf seinen Erfolg mit der Rainer-Gesellschaft
berief.19
Hinweise auf den Übersetzer des Freyheits-Liedes fehlen, doch das Lied wurde auch in
andere amerikanische Liedersammlungen übernommen, wie in das Gesangsbuch Tyrolian Lyre aus dem Jahr 1847 (siehe Abb. 4).
Politische Lieder im Repertoire der „Ur-Rainers“
in den 1830er-Jahren
The Free Country ist nicht das einzige politische Lied im Repertoire der Nationalsänger
Rainer, das in der englischsprachigen Welt rezipiert wurde. Ein weiteres Lied, dessen
„Reise“ noch überraschender anmutet, trägt den deutschen Titel Der Tyroler Landsturm,
oder englisch: The Tyrolese War Song. Es wurde von den „Ur-Rainers“ (der ersten Generation der Sängergruppe) um 1827 nach Großbritannien gebracht und in Moscheles’
Hans Nathan: „The Tyrolese Family Rainer and the Vogue of Singing Mountain-Troupes in Europe and
America“, in: The Music Quarterly 32 (1946), Nr. 1, S. 63–79, hier S. 75: „Hagter is doubtless identical
with J. R. Hector, ‚formerly of the Rainer Family‘, who gave concerts in 1844 and later“.
19
Freyheits-Lied
281
Tyrolese Melodies publiziert. Das Lied erlebte daraufhin im Windschatten des Tyrolese
Song of Liberty,20 der überaus populären Adaption des Liedes „Wann i morgens früh
aufsteh“ in der Übersetzung bzw. Nachdichtung des irischen Dichters Thomas Moore
(1779–1852), weite Verbreitung in Großbritannien. Wenig später wurde The Tyrolese
War Song auch in den USA populär, als die zweite Generation der Rainers durch Amerika tourte und das Lied, ebenso wie The Free Country, von Oliver Ditson in Boston
verlegt wurde. Damals traten zahlreiche „Trittbrettfahrer“ in Erscheinung, die ihre Lieder ähnlich dem Tyrolese Song of Liberty betitelten, um von dessen Erfolg zu profitieren.
Der Tyrolese War Song der Rainer-Familie war in diesem Kontext eines der bekanntesten
und am häufigsten bearbeiteten Lieder. Es wurde nach seiner Veröffentlichung in den
USA in Minstrel Shows – Unterhaltungsspielen, bei denen Weiße auf eine stereotype
Weise Schwarze als ständig fröhliche, singende und naive Sklaven darstellen – karikiert, zu einem „Mäßigungslied“ der amerikanischen Temperance-Bewegung umgestaltet, als Kriegslied sowohl für die Nordstaaten als auch für die Südstaaten verwendet
und von der die Nationalsänger Rainer imitierenden Hutchinson Family gesungen.21
Das dem Tyrolese War Song zu Grunde liegende Tyroler Landsturm-Lied war nicht, wie
das Freyheits-Lied, ein authentisches politisches Lied, sondern wurde im Stil eines Tiroler Kampfliedes vom Tiroler Sänger, Schauspieler und Regisseur Max Johann Seidel
(ca. 1795–1855) geschrieben.22 Seidel, engagiert am Weimarer Hoftheater, gehörte zu
Siehe dazu Kapitel 11 in diesem Band.
Vgl. Sandra Hupfauf: „Der Tyroler Landsturm: Ein Nationalsängerlied und seine Reise durch die amerikanische Popularmusik des 19. Jahrhunderts“, in: Thomas Nußbaumer (Hg.): Volksmusik in den Alpen –
Standortbestimmungen. Festschrift für Josef Sulz zum 80. Geburtstag, Innsbruck 2011 (Schriften zur musikalischen Ethnologie 1), S. 255–279.
22
Max Johann Seidel (betreffend die Lebensdaten siehe Ernst Pasque: Goethe’s Theaterleitung in Weimar.
An Episoden und Urkunden dargestellt, 1. Band, Leipzig 1863, S. 311) entschloss sich früh für eine
Schauspielerkarriere und spielte ab 1814 in mehreren großen und kleineren Theatern „mimisch-plastische Tableaux nach Gemälden der berühmtesten Meister, deren Skizzen er in den ersten Gallerien
Teutschlands gesammelt hatte, und in lebende Bilder umwandelte“ (Gräbner). 1822 gab er auf Einladung des Großherzogs Carl August in Weimar einige Gastvorstellungen, worauf er ein Engagement
erhielt. 1829 wurde ihm das Pensions-Dekret verliehen. Karl Gräbner berichtet über Seidel: „Er ist
blos für das komische Fach engagiert und ergötzt das Publikum besonders durch seinen Staberl und
andere ähnliche Rollen“ (Karl Gräbner: Die Großherzogliche Haupt- und Residenz-Stadt Weimar nach
ihrer Geschichte und ihren gegenwärtigen gesammten Verhältnissen dargestellt. Ein Handbuch für Einheimische und Fremde, Erfurt 1830, S. 271). Der „Staberl“ war eine typische komische Figur des Wiener
Volkstheaters zur Zeit Ferdinand Raimunds. Die Rolle des bankrotten Kaufmannes Chrysostomos Staberl wurde 1813 von Adolf Bäuerle erfunden und zum Vorbild für viele ähnliche Kaufmannsrollen
[Dorothy James Prohaska: „Raimund’s Contribution to Viennese Popular Comedy“, in: The German
Quarterly 42 (1969), Nr. 3, S. 352–367, hier S. 352f.]. Von Ernst Pasque (S. 311) erfahren wir auch,
dass Seidel in Weimar am 2. November 1822 als Paul im Singspiel Die Schweizerfamilie von Joseph
Weigl (1766–1846) debütierte, und auch er lobt sein komisches Talent: „Hr. Seidel macht sich am
liebsten in der niedern Komik geltend, wozu ihn seine bewegliche Figur und sein launig karrikirtes
Spiel besonders berufen zu haben scheint. Seine Hauptrollen sind die Staberliaden, wo freilich von
Kunst und Kunstjüngerschaft nicht die Rede seyn darf, und wir können nur berichten, daß Hr. Seidel
stets sein Ziel erreicht, indem er das Zwerchfell erschüttert“ (Zeitung der Ereignisse und Ansichten, Beilage zum 132sten Blatte des Gesellschafters 1826, S. 665). Das Singspiel Die Schweizerfamilie wurde im
19. Jahrhundert an vielen Orten des deutschsprachigen Raumes aufgeführt und war äußerst populär.
Das Stück handelt von einer Liebes- und Familiengeschichte im alpinen Raum, das Libretto schrieb
Ignaz Franz Castelli. Die Uraufführung fand am 14. März 1809 im Wiener Kärntnertortheater statt
[siehe Elizabeth Norman McKay: „Schweizerfamilie, Die“, in: Stanley Sadie (Hg.): The New Grove Dic20
21
282
Kapitel 14
jenem erlesenen Kreis, der im Salon der Goethe-Schwiegertochter Ottilie verkehrte. Er
war sowohl für die Nationalsänger Leo als auch für die Nationalsänger Rainer die erste
Kontaktperson in Weimar. Beide erzählen, Seidel habe ihnen Lieder beigebracht23 oder
„Lieder für sie komponiert“24 und sie auch sonst unterstützt. Seidels Lied Der Tyroler
Landsturm (auch: „Hui auf“) wirkt derart realistisch, dass man es für ein Tiroler Kriegslied halten könnte. Allerdings fehlen im Liedtext die generell für historisch-politische
Lieder typischen Erwähnungen von kriegswichtigen Personen oder Orten, auch besitzt
das Lied einen Jodelrefrain, was für ein authentisches politisches Lied sehr untypisch ist.
Die Lieder der Sängergesellschaften wurden im Allgemeinen als „Nationallieder“
oder „Nationalgesänge“ bezeichnet. Diese Begriffe sind nicht verwunderlich, hatten die
Konzerte der Nationalsänger doch durchaus auch einen repräsentativen Charakter. Als
Kulturträger Tirols und später Österreichs besuchten die Sängergesellschaften Fürstenhöfe und sogar das englische Königshaus. In einem Tagebucheintrag der jungen Victoria
von England scheint mit „Gott erhalte unsern Kaiser“ ein weiteres „Nationallied“ bzw.
politisches Lied aus dem Repertoire der „Ur-Rainers“ auf. Kurz bevor sich diese erste
Rainer-Nationalsängergruppe zur Ruhe setzte, reiste sie im Februar 1838 ein zweites
Mal nach London. Victorias Krönung zur Königin am 28. Juni 1838 stand bevor und
offenbar erhofften sich die Rainers zu diesem Anlass Engagements bei den diversen Festivitäten. Am 10. Februar 1838 notiert Victoria Folgendes in ihr Tagebuch:
After dinner I sat on the sofa with the Duchess of Gloucester and Lady Tankerville; the Duchess of
Sutherland sitting near me, and several of the other Ladies and gentlemen being round the table.
After my band had played one piece, the Tyrolese Family called Rainer, 4 brothers and a sister, who
were here 9 years ago, sang one of their National Airs; they always sing without any accompaniment, and I did not think their voices much changed. They sung alternately, as my band played.
The two last pieces they sang: „Herz mein Herz warum so traurig“, and „Gott erhalte unserer Kaiser“ were very beautiful; some of the other songs were very pretty. They used formerly to sing very
often at Kensington and I used to know them very well. They were dressed in the dresses George IV
gave them; they (the Rainers) [Ergänzung von Lord Esher], are much changed in appearance –
grown old, and the woman very fat and out of shape. I spoke to her, when she came into the room;
she kissed my hand; she said to Ma. „Ich würde die Victoria gewiss nit wider erkennt [haben], sie
ist so gross geworden“. They told Lehzen that they had taken home £ 1200 before, and that they
had only come „Die Victoria wieder zu sehen“, meaning me.25
Die erwähnte Baronesse Luise Lehzen (1784–1870) war Hofdame und Erzieherin der
Königin und eine gebürtige Deutsche (wie übrigens auch die Königin Mutter, hier als
„Ma.“ bezeichnet), weshalb sich die Rainers mit ihr verständigen konnten. Victoria
tionary of Opera, Grove Music; (Online); http://www.oxfordmusiconline.com/subscriber/article/grove/
music/O010008 (18. 06. 2012)]. Die Zeitgenossen reduzierten Seidel auf sein komisches Talent, er
schrieb allerdings auch Libretti zu mehreren Opern und Singspielen, z. B. Die Kirmes (1832, komische
Oper in einem Akt, Musik: August Ferdinand Häser), Die Ball-Nacht (1836, Musik: Daniel François
Esprit Auber) und Der Verräther in den Alpen (1833, Musik: Eduard Franz Genast).
23
Siehe Tagebuch der Nationalsänger Leo: Sebastian Leo [?]: Tagebuch über die Reisen, welche ich von Zeit
in Jahre 1826 an, durch Deutzland, England, Belgien, Holand, Dänemark, Norwegen und Schweden durch
Reißt habe, und was ich Merkwürdiges sah und was wir für Bekanntschafeten gemacht haben (handschriftl.)
(Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck, FB 48518), o. Sz [20].
24
Steub: Kleinere Schriften (wie Anm. 14), S. 256.
25
Queen Victorias Journals, Saturday 10th February 1838 (Principal Royal Residence) Buckingham Palace,
Lord Esher’s typescripts, Vol. 4, S. 96–99 [Bodleian Libraries (University of Oxford / Royal Archives)].
Freyheits-Lied
283
selbst lernte erst in späteren Jahren Deutsch, scheint aber die Grundkenntnisse der Sprache gut beherrscht zu haben. Interessant ist, dass die „Ur-Rainers“ bei diesem Besuch
wieder dieselben „dresses“ (wohl: Trachten) trugen, die George IV. ihnen bei ihrem
ersten Besuch zum Geschenk gemacht hatte, und dass sie nach wie vor „without any
accompaniment“, also a cappella, sangen. Die wenig schmeichelhaften Worte der Königin Victoria für Maria Rainer weisen darauf hin, dass diese mit der Größe ihres Kostüms
nach zehn Jahren so ihre Probleme hatte.
Eine der zwei Gesangsnummern, die Victoria besonders gut gefielen, war die österreichische Kaiserhymne.26 Interessant ist, dass sie durch die Niederschrift des Titels
(„Gott erhalte unserer [sic] Kaiser“) genau vermerkt, welche Fassung der Hymne die
Rainers sangen: die wenig beliebte „Holtei-Hymne“ auf Kaiser Ferdinand aus dem Jahr
1835, die umgehend durch eine Neutextierung durch Joseph Christian Freiherr von
Zedlitz abgelöst wurde.27 Die Kaiserhymne wurde lange auch als „Nationallied“ bezeichnet, wie sämtliche Nationalsänger-Lieder verschiedenen Inhalts, was für die gemeinsame
Intention dieser Lieder steht.
Beim zweiten von Victoria erwähnten Lied „Herz mein Herz, warum so traurig“ handelt es sich um das
Lied Schweizer’s Heimweh, das Johann Rudolf Wyss 1812 in seiner Sammlung von Schweizer-Kühreihen
und Volksliedern veröffentlichte. Siehe dazu auch Kapitel 10 in diesem Band.
27
Als Joseph Haydn Ende des 18. Jahrhunderts zweimal London besuchte, war er von der durchschlagenden Wirkung der britischen Hymne God save the King/Queen! begeistert. Zurück in Österreich wollte er
für seine Heimat einen ähnlichen „Nationalgesang“ schreiben. Zusammen mit einflussreichen Befürwortern am österreichischen Hof wurde die Idee 1797 in die Tat umgesetzt. Damals standen Napoleons
Truppen schon in der Steiermark und man sah in der Schaffung einer Kaiserhymne so etwas wie eine
„vertrauensbildende Maßnahme“. Als Texter wurde Lorenz Leopold Haschka (1749–1827) verpflichtet,
ein Ex-Jesuit und Freimaurer, der antirevolutionäre Oden verfasste. Am 12. Februar 1797 wurde das Lied
zum ersten Mal öffentlich gesungen. Einer der ersten, der Haydns Melodie zitierte, war Antonio Salieri,
und zwar in seiner Ouvertüre zur Kantate Der Tyroler Landsturm (1799) [siehe Josef Gmeiner: „‚Zum
Vortheil der durch feindliche Verheerungen verunglückten Tyroler und Vorarlberger Landeseinwohner‘ –
Salieris ‚Landsturmkantate‘ als Beitrag zu einer Aktion Nachbar in Not des Jahres 1799“, in: Helmut
Lang / Hermann Harrauer (Hg): Mirabilia Artium librorum Recreat Te tuosque Ebriant, Dona natalicia Ioanni Marte oblata, Wien 2001 (Biblos-Schriften 177), S. 73–90]. Der Text wurde auch schnell in
Großbritannien bekannt, nämlich durch Charles Burneys Übersetzung God perserve our Emp’rer Francis.
Haschkas Text erfuhr zahlreiche Umdichtungen und so waren schon zu Lebzeiten von Kaiser Franz
mehrere verschiedene Textversionen in Gebrauch. Als dieser 1835 starb, erforderte der dreisilbige Name
seines Nachfolgers Ferdinand eine Änderung des Liedes. Bald lagen ca. zwanzig verschiedene Versionen
vor, doch keine konnte überzeugen. Da man die neue Hymne zum Geburtstag des Kaisers (im April
1835) präsentieren wollte, wurde schließlich der Schauspieler Karl von Holtei (1798–1880), ein Publikumsliebling des Theaters in der Josefstadt, der einige Lieder verfasst hatte, mit der Aufgabe betraut,
einen passenden Text zu schreiben. Holtei war allerdings ein gebürtiger Preuße, was man bei der Auftragsvergabe nicht bedacht hatte und was ihm später einige Schwierigkeiten bescherte. Denn als sein Text
angenommen wurde, beging Holtei den Fehler, noch vor der ersten öffentlichen Präsentation „seiner“
Hymne mit seiner Leistung zu prahlen, was bei den Wiener Literaten schlecht ankam und Neid und
Vorurteile schürte. Holtei wurde in der Öffentlichkeit gemieden, weshalb er später versuchte, seinen Text
zurückzuziehen. Im Original lag der musikalische Schwerpunkt bei „Unsern g u t e n Kaiser Franz“, was
nun bei „Unsern Kaiser Ferdinand“ etwas holprig anmutete. So bat man umgehend Joseph Christian
Freiherr von Zedlitz (1790–1862), eine neue Fassung zu schreiben, die dann von 1835 bis 1854 in Verwendung war. Als Kaiser Franz Joseph I. im Jahr 1848 den Thron bestieg, begannen viele Dichter, die
Hymne erneut umzutexten. Schließlich wurde 1854 der Text von Johann Gabriel Seidl (1804–1875),
beginnend mit „Gott erhalte, Gott beschütze“ als Hymnentext autorisiert [siehe Andrew Barker: „Setting
the Tone: Austria’s National Anthems from Haydn to Haider“, in: The Modern Humanities Research
Association (Hg.): Words and Music, Leeds 2009 (Austrian Studies 17), S. 12–28].
26
284
Kapitel 14
Politische Sujets in Liedern der „Rainer Family“ (2. Generation)
und der „Tyrolese Minstrels“
Die zweite Generation der Rainer-Familie, die mit ihrem Leiter Ludwig Rainer eine
ausgedehnte Amerikatournee unternahm (1839–1843), sang bei der Mehrzahl ihrer
Auftritte ebenso politische Lieder. Wie erwähnt, fanden durch sie die Lieder The Free
Country und The Tyrolese War Song in Amerika weite Verbreitung. Während ihrer Amerikatournee war Boston mit seinem aufstrebenden Musikleben einer der Stützpunkte
der Rainer Family. Ein Konzertprogramm aus Worcester bei Boston vermittelt einen
Eindruck von der Programmgestaltung von 1841: Die Rainers sangen Tiroler Lieder
wie Die Nachtigall (in Übersetzung: The Nightingale) oder Das Alpenhorn (The Alpine
Horn), gaben aber auch einen Walzer von Johann Strauß zum Besten und das bekannte
Lied „Oh du lieber Augustin“. Außerdem finden sich im Programm zwei politische Lieder: Bertand’s farewell to Napoleon – Tenor Solo und March of Hofer & Tell. Um welches
Lied es sich bei ersterem handelte, ist nicht zu ermitteln, da zu dieser Zeit mehrere Lieder mit ähnlichen Titeln kursierten: Funeral of Napoleon,28 Napoleon’s Grave 29 (in einer
Übersetzung von William Ball) oder auch The Grave of Bonaparte der amerikanischen
Sängerfamilie The Hutchinsons.30 Der March of Hofer & Tell entstammt der Oper Hofer,
the Tell of the Tyrol von Gioachino Rossini.31
Die Rainer Family kehrte 1844 nach Tirol zurück. Die weite Reise der Tiroler Sängerfamilie erregte Aufsehen und man versuchte in Tirol, von ihren Erfahrungen in der
weiten Welt auch musikalisch zu profitieren. So wurde 1847 das nachfolgende „Schützenfrühlingslied“ angeblich auf der Grundlage eines „Matrosenliedes“ gedichtet, das
Ludwig Rainer aus Amerika mitgebracht hatte:
Schützenfrühlingslied.
(Gedichtet von St – auf die Arie des vom Sänger Ludwig Rainer
aus Amerika mitgebrachten Matrosenliedes.) –
Es werfen die Berge all’
Die Mäntel von Hermelin
Herab ins bunte Thal
Und kleiden sich wieder grün;
Mit Veilchen verziert den Hut
Der Schütze und nimmt’s Gewehr,
Es kam ja das junge Blut
Der Frühling wieder her.
Schon künden von Bergesrand
Ihn rings auf seiner Bahn
Druch’s ganze Alpenland
Viel Telegraphen an;
John M. White: Funeral of Napoleon, Boston 1845 (Library of Congress, Washington D. C., Music
Division, Music for the Nation: American sheet music, 1820–1860, M1.A12V vol. 12).
29
William Ball: Napoleon’s Grave, o. O. o. J. (Johns Hopkins University, Baltimore, Levy Sheet Music
Collection, Box 120, Item 028).
30
L. Heath: The Grave of Bonaparte, Boston 1850 (Library of Congress, Washington D. C., Music Division, Music for the Nation: American sheet music, 1820–1860, M1.A12V vol. 37).
31
Programme of the Rainers’ Concert, Tuesday eve, Mar. 2, at Brinley Hall, o. O. o. J. (Earl Gregg Swem
Library, Williamsburg, Virginia, American broadsides and ephemera, Nr. 5909).
28
Freyheits-Lied
285
Gewiegt in der linden Luft
Sind dies die Tannenäst,
Ihr Rauschen aber ruft
Die Schützen auf zum Fest.
Die sonnigen Thäler entlang
Sind grüne Matten gelegt,
Drauf knospet manch Blättergang
Der gothische Wölbung trägt;
Auf blumigen Teppich steht
Der Schießstand mit Scheiben geschmückt,
Vom Giebel die Fahne weht,
Da wird jetzt eingerückt.
Und mit dem Frühlichtschein,
Der an die Berge streift,
Erwacht der Sängerverein,
Der durch die Wälder schweift:
Ein Brautlied singet der Fink,
Die Nachtigall Liebesweh,
Drein schwegelt die Amsel flink,
Die Lerche durchwirbelt die Höh.
Dann wirbelt der Schützentambour,
Es pfeift wie der Vogel im Busch
Der Pfeifer am Stand, hört nur!
Die Schützen sie geben den Tusch;
Doch singen ganz sicherlich
Die Kugeln den reinsten Ton,
Den trägt das Echo mit sich
Wohl über’s Gebirg davon.
Wie Alles in Luft so singt
Und jauchzt, musizirt und schallt,
Der Zieler fünf Kreise springt
Und macht vor der Scheibe Halt.
Ein Freischuß! geschossen zur Ehr
Dir Frühling! Du lieblicher Gast,
Weil Wonne und Glanz der Wehr
Du wieder entfaltet hast.
Drauf ziehen die Schützen im Schritt
Durch’s blühende Revier,
Es schimmert in ihrer Mitt’
Die Bestfahn mit goldner Zier.
Jetzt werden die Pöller gelöst,
Hört Ihr die Lawine wohl?
Das sind die Bässe zum Fest
Zur Lenzfei’r in Tirol.32
Tiroler Schützen-Zeitung, Nr. 15, 15. April 1847. Siehe auch Liedindex, Nr. 24. S. 113–115. Im Jahr
1848, also ein Jahr nach der Veröffentlichung des Schützenfrühlingsliedes, kämpfte Ludwig Rainer in
den „heißen Kämpfen von Mezzolago“. Als die Truppen Garibaldis im Süden Tirols einfielen, war er
Leutnant der Rattenberger Schützenkompanie unter dem Hauptmann Dr. Johann Sterzinger. Rainers
Zeitgenosse Emil Auer folgerte daraus im Alpenfreund: „Ist ihm ja heute noch der Knall der Büchse ein
32
286
Kapitel 14
Über den Textdichter „St“ ist nichts in Erfahrung zu bringen, auch ist unbekannt, welche amerikanische Matrosenweise dem Schützenfrühlingslied unterlegt wurde.
Das Matrosenthema war in der Popularmusikszene Amerikas dieser Zeit übrigens
sehr modern, weshalb Ludwig Rainer, um dem Zeitgeschmack zu entsprechen, bereits
während seiner Amerikatournee ein „Alpen-Matrosen-Lied“ sang. Dieses Lied wurde
übersetzt und unter folgenden zwei Titeln in Boston veröffentlicht: The sailor boy’s carol
(The Alpine Horn) und The alpine Horn (Sailor Boys Carol). Alle damals erfolgreichen
Sänger in Übersee, wie The Hutchinsons (The sailorboy’s last dream)33 oder der britische
Balladensänger Henry Russell (Sailor Boy),34 führten Lieder über das Matrosenleben und
die Seefahrt im Repertoire. Das Schützenfrühlingslied wurde in die Nationalsängertradition übernommen, wie eine Liedersammlung der Pustertaler Sängerfamilie Schöpfer35
aus dem späten 19. Jahrhundert zeigt. Dort findet man eine dreistrophige Version, deren
Text sich allerdings erheblich von der Version aus dem Jahr 1847 unterscheidet: Nicht
mehr das Scheibenschießen der Schützen im Frühling steht im Mittelpunkt, sondern
deren patriotische Gesinnung und das historische Vorbild Andreas Hofer. Ein Schützenlied wurde so nachträglich zu einem bekenntnishaften „Freiheitslied“ umgestaltet. Ob die
Pustertaler Sängerfamilie Schöpfer auch die Melodie des amerikanischen Matrosenliedes
verwendete, ist unbekannt. Die Melodiestimme wird in der Sammlung der beliebtesten
Tiroler Alpenlieder (ca. 1890)36 überliefert (siehe Abb. 5), ebenso der neue Text:
1. Es werf ’n die Berge ab die Mänt’l von Hermelin
hinab ins bunte Tal und kleid’n sich wieder grün,
mit Veilchen ziert den Hut, ergreift der Schütz das G’wehr,
es schreit das junge Blut den Frühling wieder her.
Es werf ’n die Berge ab die Mänt’l von Hermelin
hinab ins bunte Tal und kleid’n sich wieder grün.
La la la la […]
2. So lang von unsern Ahnen noch ein Gedächtnis lebt,
So lang auf unsern Fahnen der rothe Adler schwebt,
So lang auf unseren Bergen ein Vogellied erklingt,
So lang aus unsern Röhren die heiße Kugel singt,
Es werfen die Berge ab […]
3. So lang Tiroler Schützen auf treuem Schirme stehn,
So lang die Stutzen blitzen und grüne Fahnen weh’n.
So lang Andreas Hofer in unseren Herzen lebt,
So lang auf seinem Grabe die Tiroler Fahne schwebt.
Es werfen die Berge ab […]37
ebenso lieber Thon als der Jodler und Triller!“ [siehe Emil Auer: „Ludwig Rainer. Ein Tiroler Sänger­
leben“, in: Eduard Amthor (Hg.): Der Alpenfreund 3, Gera 1871, S. 39–108, hier S. 45].
33
Hutchinson Family: The Sailor Boy’s last dream, Boston 1846 (University of North Carolina at Chapel
Hill. Music Library, 19th Century American Sheet Music).
34
William Cumming Peters / Henry Russell: Sailor Boy, Luisville 1842 (University of North Carolina at
Chapel Hill. Music Library, 19th Century American Sheet Music).
35
Anon. (Hg.): 40 National-Gesänge der Pusterthaler Sänger-Gesellschaft Schöpfer, Bruneck [ca. 1878], S. 15.
36
Anon. (Hg.): Sammlung der beliebtesten Tiroler Alpenlieder für eine Singstimme mit Begleitung des Piano­
forte oder der Guitarre, 6. Band, Innsbruck [ca. 1890], S. 22 (Bayerische Staatsbibliothek, München,
4 Mus.pr. 47033-1/6).
37
Anon. (Hg.): 40 National-Gesänge (wie Anm. 35), S. 15.
Freyheits-Lied
287
Abb. 5: Schützenfrühlingslied („Es werf ’n die Berge ab“, Singstimme), in: Anon. (Hg.): Sammlung der
beliebtesten Tiroler Alpenlieder für eine Singstimme mit Begleitung des Pianoforte oder der Guitarre, 6. Band,
Innsbruck [ca. 1890], S. 22 (Bayerische Staatsbibliothek, München, 4 Mus.pr. 47033-1/6).
Noch heute wird eine regionale Version des Schützenfrühlingsliedes mit variiertem Text
und variierter Melodie als „Wirtshauslied“ von Sängern im Tiroler Bezirk Landeck und
im Obervinschgau (Südtirol) gesungen.38
Das Repertoire der Sängergesellschaften änderte sich über die Jahre. Lieder wie das
Freyheits-Lied „Jauchzet singet frohe Lieder“ wurden durch aktuellere und modernere
„vaterländische“ Lieder ersetzt. Im Jahr 1851 brach eine Tiroler Sängergesellschaft mit
Siehe Aufzeichnungen des Liedes am Abteilungsbereich Musikalische Volkskunde (Innsbruck) der Universität Mozarteum Salzburg.
38
288
Kapitel 14
Ludwig Rainer nach London auf, um bei der Weltausstellung aufzutreten. In einem
Zeitungsbericht der Illustrated London News vom 6. Dezember 1851 wurden Ludwig
Rainer, Simon Holaus, Veit Rahm, Maria Margreiter und Simon Klier folgender­maßen
beschrieben: „Nothing can be more pictoresque than the costume of the Tyrolese
­Minstrels, and nothing can be more curious and original than the harmonised melodies
which they interpret.“ Simon Holaus hatte nach der Amerikatournee mit Ludwig Rainer im Jahr 1844 eine eigene Truppe zusammengestellt und zog sehr erfolgreich durch
ganz Europa. Die Tournee durch England absolvierten Rainer und Holaus als „Tyrolese
Minstrels“ bzw. „Royal Tyrolese Singers“ aber wieder gemeinsam. Am 21. Oktober 1851
schreibt Königin Victoria in ihr Tagebuch:
We only got out late for an hour. – Dinner just as yesterday. The 3 elder Children came afterwards to hear some Tyrolese singers, 5 in number, 4 men + a woman, just like those who where
here 20 years ago + whom we used to hear so often. They sang 11 pieces together, beautifully +
­touchingly. One man had a splendid bass voice + the woman a very fine high one. They also played
the zither. The men wore their fine national dress + the woman her’s.39
Das Kompliment für die Bassstimme galt Simon Holaus. Am Geburtstag von Victoria,
am 24. Mai 1852, sangen die „Tyrolese Minstrels“ wieder vor der Königin. Sie hielt
das Konzert in ihrem Tagebuch fest, denn offensichtlich hatte ihre Mutter sie mit dem
Geburtstagsständchen der Tiroler überrascht:
After remaining a little while in the room, we went to breakfast + just as we sat down the Tyrolese
began to sing, a kind surprise of Mama’s. We went for them into the Hall, where they sang 5 of their
songs very well including the instrumental one, and a laughing chorus, which was very pretty and
gay. After this, the Children – all played very nicely – also duets. […] George arrived, who stays till
tomorrow. At 3 we all went to the Council Room, where the Ladies + Gentlemen meet us, + we
again heard the Tyrolese sing + they danced.40
Victorias ziemlich differenzierter Darstellung ist zu entnehmen, dass die Tiroler nicht
nur sangen, sondern sich auch auf Instrumenten selbst begleiteten (z. B. auf der Zither),
einen lustigen „laughing chorus“ vortrugen und sogar tanzten.
Rund eine Woche später, am 2. Juni 1852, gaben die „Tyrolese Minstrels“ ein Konzert auf der Milton Terrace. Dem noch vorhandenen Programmzettel (siehe Abb. 6)
ist zu entnehmen, dass sie viele Tiroler Lieder („national songs“) sangen, die auf nicht
näher bezeichneten „national instruments“ begleitet wurden.
Aus dem selben Jahr stammt ein handgeschriebenes Notenbuch von Ludwig Rainer,
das er auf seiner Tournee durch Großbritannien und Irland verfasste. Das Buch enthält
49 Lieder, darunter einige Tiroler Lieder, aber auch damals populäre Salonschlager und
„klassische Stücke“, wie etwa eine „Arie aus der Zauberflöte“ (die Arie des Sarastro „In
diesen heil’gen Hallen“). Viele Lieder sind zweisprachig, deutsch und englisch, textiert.
Ludwig Rainer hat offensichtlich, in fein säuberlicher Schrift und so gut wie fehlerlos,
Lieder aus Notendrucken kopiert. Unter den 49 Liedern findet sich nur ein politisches
Queen Victorias Journals, Tuesday 21st October 1851 (Principal Royal Residence) Windsor Castle, Princess
Beatrice’s copies, Vol. 32, S. 161f. [Bodleian Libraries (University of Oxford / Royal Archives)].
40
Queen Victorias Journals, Monday 24th May 1852 (Principal Royal Residence) Osbourne House, Princess
Beatrice’s copies, Vol. 33, S. 240–243 [Bodleian Libraries (University of Oxford / Royal Archives)].
39
Freyheits-Lied
Abb. 6: Programmzettel: Milton Terrace, Wednesday,
the 2nd of June 1852 (Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck, FB 13360-9).
289
Abb. 7: Die Fahnenwacht, in: Ludwig Rainer: Liederalbum, handschriftl., während seines Aufenthaltes in England 1852. 75 Blatt und 7 lose Halbbogen, 23,5 x 29 cm (Tiroler Volkskunstmuseum,
Innsbruck, 26570).
Lied, nämlich Die Fahnenwacht von Peter Josef von Lindpaintner (1791–1856), ein
Lied mit einem Text im Stil der Lyrik der deutschen Befreiungskriege, das auch in vielen Studentenliederbüchern aufscheint. Rainer trug es am 28. Februar 1852 in Cambridge, zusammen mit Liedern von Felix Mendelssohn-Bartholdy und Franz Abt, in
sein Lieder­buch ein (siehe Abb. 7).
In den 1860er-Jahren kehrte Simon Holaus mit seiner Gesellschaft wieder nach
London zurück und sang erneut vor der Königin, diesmal unter anderem ein Lied, das
später die Tiroler Landeshymne werden sollte: „Zu Mantua in Banden“.41 Noch 1870
sang die Gesellschaft von Ludwig Rainer politische Lieder, wie eine Rezension von Emil
Auer zeigt. Er nennt die Lieder Des Kriegers Abschied und Lied von der Tann von Franz
Trautmann (1813–1887).42
Siehe dazu Kapitel 17 in diesem Band.
Auer: „Ludwig Rainer. Ein Tiroler Sängerleben“ (wie Anm. 32), S. 51.
41
42
290
Kapitel 14
Resümee
Das Freyheits-Lied „Jauchzet singet frohe Lieder“, ein hochsprachliches Siegeslied auf die
Schlacht bei Leipzig 1813, war in Tirol verbreitet und wurde von Tiroler Berufssängern
in ihre Repertoires aufgenommen. Es vermittelt die Dramatik der Befreiungskriege ohne
schaurige Details, stellt den Gedanken der Freiheit in den Mittelpunkt und kommt in
den Handschriften der Familie des „Volkssängers“ Christian Blattl genauso vor wie in
den Tyrolese Melodies der Nationalsängergesellschaft Rainer von 1829.
Die Rainer-Sänger sangen das Freyheits-Lied in englischer Übersetzung mit dem Titel
The Free Country. In den 1840er- und 1850er-Jahren wurde es durch seine Rezeption
in den USA zu einem der international verbreitetsten Tiroler „Freiheitslieder“ (neben
dem Tyrolese War Song). Die in Boston verlegten Lieddrucke der Rainer-Familie geben
nebenbei auch Aufschluss über die Veränderung der Gruppe während ihrer Amerikatournee.
Verfolgt man die Entwicklung des Repertoires der Rainers, kann man beobachten,
dass historisch-politische Lieder wie The Free Country zwar zugunsten modernerer Lieder immer mehr in den Hintergrund rückten, doch bestritt auch die wohl berühmteste
Nationalsängergesellschaft ihre Programme nie gänzlich ohne politische Lieder. Andere
politische Lieder im Repertoire der Rainers zeigen, inwieweit Lieder „nachträglich“ zu
Tiroler „Freiheitsliedern“ umgestaltet wurden, wie etwa das Schützenfrühlingslied, oder
Soldatenlieder wie Die Fahnenwacht, Kriegers Abschied usw.
Obwohl (historisch-) politische Lieder bei den Auftritten der Familie Rainer nicht
im Mittelpunkt standen, waren sie doch von Bedeutung und aus dem Programm nicht
wegzudenken, da sie das Bild des „wehrhaften Tirolertums“ im Ausland vermittelten.
Besonders anschaulich belegen dies die Beschreibungen von Darbietungen der Rainers
in Großbritannien (z. B. vor Königin Victoria), bei denen sie in ihren Trachten („national costumes“) mit „national songs“ (zu denen auch die Kaiserhymne zählte), begleitet
auf „national instruments“, glänzten.
Kapitel 15
„Doch der Kaiser war b’zwungen
und mir durften halt nichts sag’n“.
Anno neun bin i g’standen
Sandra Hupfauf
Die Erinnerung an das Jahr 1809
Anno neun bin i g’standen
Zu allererst bei Inspruck glei,
War’n glei Buben gnug vorhanden,
Schaut’s halt i war a dabei.
Nachher bin i abi gangen
Dort nach Kufstein in die Stadt,
Doch bald hätten’s mi dort g’fangen,
Hätt’ i nit mei Stutzrl g’habt.
Bin in’s Zyllerthal a kimma,
Stand ja bei der Zyllerbruck,
Doch lang konnt’n wir uns nicht stemma,
Denn mir hatten gar kein Stuck.
Bin in Achenthal a g’wesen,
Hab’ den Arko oans ausgwischt,
Hab’ bei ihm a Brief ’l g’lesen,
Hab sein Schimmel a wegg’fischt.
Hab’n bei Störzing gnug wir g’schossen
Und bei Oberau wohl a,
Hab’n den Feind dort ganz eing’schlossen,
Baiern, Sachsen waren da.
Nie wär’s wohl den Feind g’lungen
Unsern Sandwirth zu erschlag’n,
Doch der Kaiser war b’zwungen
Und mir durften halt nichts sag’n.
Doch der Hofer is gefallen,
Wie a Held für seinen Herrn,
Und so stirbt ja von uns Allen
Ein Jeder für sein’ guten Kaiser gern.
Doch forbei sind all die Stunden,
Wo der Tod mir war so nah,
Längst sind g’heilt die tiefen Wunden,
Und die Erinnerung, die freut mi ja.
292
Kapitel 15
Ueberall lebt sich’s treu und bieder,
Wo der Adler abi schaut,
Und jetzt g’hören wir unserm Franzl wieder,
Weil wir halt auf Gott und ihn vertraun.1
Das Lied „Anno neun bin i g’standen“ oder auch Die Erinnerung an das Jahr 1809 findet sich in keiner der einschlägigen Liedersammlungen aus der Zeit der kriegerischen
Aufstände in Tirol um 1800 und auch nicht in anderen Ausgaben historischer Lieder.2
Es ruft wie im Zeitraffer Episoden des Jahres 1809 in „Erinnerung“, wie schon der
Titel verrät. Orte von Scharmützeln werden aufgezählt: Innsbruck, Kufstein, Achental,
Sterzing und Oberau, und auch der Name einer historischen Persönlichkeit fällt, der
des „Grafen Arco“. Carl Graf Arco war einer der bedeutendsten bayerischen Beamten in
Tirol. Seine Familie stammte aus Arco nördlich des Gardasees und er war eine äußerst
einnehmende, anscheinend geradezu schillernde Persönlichkeit. So erlag die 21-jährige
bayerische Kurfürstin Maria Leopoldine (geborene von Österreich-Este, 1776–1848)
seinem Charme, was ihrem Mann, dem 72-jährigen Kurfürsten Carl Theodor (1724–
1799), verständlicherweise gar nicht behagte, und er versetzte Carl Graf Arco 1797 für
einige Zeit nach London. In Innsbruck engagierte sich Arco später im Großen und
Ganzen durchaus für die Belange Tirols und trat auch als Vermittler zwischen Tirol und
der Münchener Regierung auf.3 Die Arco betreffende Strophe des Liedes Anno neun
könnte auf ein bestimmtes Ereignis im Jahr 1809 anspielen, das der Priester Josef Daney
(1782–1826), Andreas Hofers Feldkaplan und Vertrauter, überliefert:
Nun wurde jener berüchtigte Ausfall nach Baiern gewagt. Der ganze Obervinschgauer und
Oberinntaler Landsturm hatte sich schon bei Ehrwald und Mittenwald gesammelt. Die weizene
Kompanie von Schlanders war bereits auch schon eingetroffen und wurde bestimmt, die Avant- und
unmittelbare Leib-Garde des Majors Teimer zu machen. Die Baiern hatten sich in stürmischer Eile
bis Kochel zurückgezogen. Das Pferd des Kommandeurs Grafen Arco wurde verwundet, erbeutet
und von den Schlandersern, wenn mir mein Bruder, der auch dabei war, recht erzählt hat, nachdem
es krepiert, gegessen.4
Das Lied Anno neun taucht ab den 1850er-Jahren vermehrt im Nationalsängerrepertoire auf und wurde in verschiedenen Sammlungen von „Tiroler Liedern“ publiziert.
Daher liegt die Vermutung nahe, dass es ausschließlich für die kommerziellen Zwecke
Anon. (Hg.): Tiroler Nationalgesänge. Gesungen von den Gebrüdern Franzl, Balthasar und Anton Leo, genannt das Kleeblatt aus dem Zyllerthale, Zell am Ziller 1829, S. 4f. (Stadtbibliothek Lübeck, Bl. 10602).
Siehe auch Liedindex, Nr. 6.
2
Z. B. Ludwig August Frankl (Hg.): Andreas Hofer im Liede, Innsbruck 1884; Robert Franz Arnold /
Karl Wagner (Hg.): Achtzehnhundertneun. Die politische Lyrik des Kriegsjahres, Wien 1909; August
Hartmann (Hg.): Historische Volkslieder und Zeitgedichte vom sechzehnten bis neunzehnten Jahrhundert,
München 1907; Ludwig von Hörmann: „Die tirolischen Kriegslieder aus den Jahren 1796, 1797 und
1809“, in: Bote für Tirol und Vorarlberg, 2.–5. April, 17., 18., 21., 23. April 1879, o. S.; Joseph Emanuel
Bauer (Hg.): Tiroler Kriegslieder aus den Jahren 1796 und 1797. Gesammelt und zur Jahrhundertfeier
heraus­gegeben, Innsbruck 1896; Tiroler Volksmusikverein / Südtiroler Volksmusikkreis (Hg.): Echte
Tiroler Lieder. Ergänzte und kommentierte Neuausgabe der Tiroler Liedersammlungen von Franz Friedrich
Kohl, 3 Bände, Innsbruck – Wien 1999.
3
Eberhard Weis: Montgelas. Der Architekt des modernen bayerischen Staates 1799–1838, München 2005,
S. 434f.
4
Josef Steiner: Der Tiroler Volksaufstand des Jahres 1809. Erinnerungen des Priesters Josef Daney, Hamburg
1909, S. 112.
1
Anno neun bin i g’standen
293
Abb. 1: Die Erinnerung an das Jahr 1089 [recte: 1809], in: Johann Fuchs (Hg.): Sammlung ächter Tiroler
National-Lieder für vierstimmigen Männerchor, 4. Heft, München 1862, S. 4f. (Bayerische Staatsbibliothek,
München, Mus.pr. 96-1, 6#1_00010.9).
der Natio­nalsänger komponiert wurde, und auch der Text scheint darauf hinzuweisen,
da der Ich-Erzähler in der Vergangenheitsform von den Kriegsgeschehnissen spricht.
Das Lied stammt aber tatsächlich aus der unmittelbaren Zeit nach den Aufständen in
Tirol. Der älteste Textbeleg findet sich in einem kleinen Liederbuch aus dem Jahr 1829,
das Lieder der Nationalsänger Leo beinhaltet: Tiroler Nationalgesänge. Gesungen von den
Gebrüdern Franzl, Balthasar und Anton Leo, genannt das Kleeblatt aus dem Zyllerthale.
Leider sind darin ausschließlich Texte abgedruckt, doch immerhin geben diese uns seltene Einblicke in das Repertoire einer Nationalsängergruppe des frühen 19. Jahrhunderts. Auch das Lied Anno Neun gehörte dazu.
Aus dem Jahr 1837 ist ein weiteres Liederbuch der Nationalsänger Leo erhalten,
das aus zwei Heften besteht, wobei das erste in Kopenhagen und das zweite in Aarhuus
gedruckt wurde: Tyroler National-Gesänge. Gesungen von der Gesellschaft Leo: Balthasar,
Sebastian, Anton, Matthies und Crescentia, aus dem Zillerthale in Tyrol.5 Auch hier, näm-
Anon. (Hg.): Tyroler National-Gesänge. Gesungen von der Gesellschaft Leo: Balthasar, Sebastian, Anton,
Matthies und Crescentia, aus dem Zillerthale in Tirol, 1. Heft, Kopenhagen 1837, 2. Heft, Aarhuus 1837
(Bergen Offentlige Bibliotek, Lokalsamlingen, Kassett 1).
5
294
Kapitel 15
lich als Nummer 5 in Heft 2, findet sich das Lied Anno neun. Zwischen dem ersten
Liederbüchlein aus Zell und dem zweiteiligen aus Kopenhagen/Aarhuus liegen acht
Jahre.
Die Geschwister Leo unternahmen ihre ersten kurzen Reisen im Jahr 1826, und zwar
zunächst in Süd- und Mitteldeutschland. Zwei Jahre später legten sie bereits weitere
Strecken zurück und kamen dabei auch nach Weimar, wo sie ein Ständchen für Goethe
sangen. Im Jahr 1829 folgte ein kurzer Abstecher nach Dänemark. Dort traten sie vor
Prinz Christian von Dänemark auf. In den Jahren 1830 und 1831 gaben sie Vorstellungen in Deutschland und Holland, im Jahr 1833 reisten sie nach Großbritannien und
Belgien, ein Jahr später tourten sie wieder nach Norddeutschland und Holland und von
1836–1838 schließlich durch Skandinavien. Wieder war ihr erstes Ziel Kopenhagen,
wo sie erneut vor Prinz Christian von Dänemark sangen, der sie anscheinend ins Herz
geschlossen hatte. Er veranstaltete sogar ein Konzert für sie, erwirkte für die Gruppe
eine landesweite „Singgenehmigung“ durch den dänischen Justizminister von Stemann
und vermittelte sie an andere Höfe weiter. Im Jahr 1837 weilten die Geschwister Leo
zuerst in Kopenhagen (Druckort des ersten Liederheftes von 1837), und dann auf
Einladung von Prinz Ferdinand von Dänemark in seiner Sommerresidenz in Aarhuus
(Druckort des zweiten Liederheftes von 1837).6 Die Zeitspanne zwischen dem ersten
Heft aus Zell und den zwei Heften aus Kopenhagen/Aarhuus umfasst daher genau die
„Entwicklungsjahre“ der Leos, in denen aus den Laiensängern professionelle „Berufssänger“ wurden.
Anhand der zwei Liedersammlungen und ausgehend vom Lied Anno neun kann
man die Bedeutung von politischen Liedern im Repertoire der Nationalsänger Leo gut
erkennen. Die Erscheinungsjahre 1829 und 1837 liegen zudem zeitlich noch relativ
nahe bei den Aufständen in Tirol. Im Gegensatz zu den bekannten Tyrolese Melodies,
jener Sammlung, die Ignaz Moscheles zusammen mit den Nationalsängern Rainer 1827
herausgab,7 ist für die Liedersammlungen der Leos hinsichtlich der Liedauswahl oder
Edition kein Einfluss von außen belegt. Man kann mit gutem Recht vermuten, dass das
veröffentlichte Repertoire allein von der Sängerfamilie Leo zusammengestellt wurde.
Ihr tatsächlich gesungenes Repertoire war allerdings vielseitiger als das gedruckte. Ein
Bericht, der darüber Aufschluss gibt, stammt aus Goethes Eckermann-Gesprächen und
handelt vom Besuch der Nationalsänger Leo in Weimar 1828:
Wir hatten nicht lange am Tisch gesessen, als Herr Seidel mit den Tirolern sich melden ließ. Die
Sänger wurden ins Gartenzimmer geführt, so daß sie durch die offenen Türen gut zu sehen und ihr
Gesang aus dieser Ferne gut zu hören war.
Herr Seidel setzte sich zu uns an den Tisch. Die Lieder und das Gejodel der heiteren Tiroler behagte
uns jungen Leuten; Fräulein Ulrike und mir gefiel besonders der „Strauß“ und „Du, Du liegst mir
im Herzen“, wovon wir uns den Text ausbaten. Goethe selbst erschien keineswegs so entzückt als
wir anderen. „Wie Kirschen und Beeren behagen“, sagte er, „Muss man Kinder und Sperlinge fragen“. Zwischen den Liedern spielten die Tiroler allerlei nationale Tänze auf einer Art von Liegenden
Zithern, von einer Querflöte begleitet.8
Martin Reiter: Die Zillertaler Nationalsänger im 19. Jahrhundert (Egger-Rieser, Fiechtl, Gänsluckner,
Hauser, Holaus, Leo, Rainer, Scheiring, Stiegler, Strasser und andere …), St. Gertraudi 1989, S. 53–66.
7
Ignaz Moscheles (Hg.): The Tyrolese Melodies Arranged for One or Four Voices with an Accompaniment for
the Piano Forte, London 1827.
8
Franz Deibel (Hg.): Goethes Gespräche mit J. P. Eckermann, 2. Band, Leipzig 1908, S. 26 (15. Juni 1828).
6
Anno neun bin i g’standen
295
Das Lied „Du, du liegst mir im Herzen“, in Berlin belegt seit 1821, war zu Beginn
des 19. Jahrhunderts ein sehr populäres Liebeslied, das später auch internationale
Verbreitung fand.9 Die Leo-Gesellschaft gab also auch Salonschlager zum Besten, die
gerade modern waren und gerne gehört wurden. Sie reagierte, ebenso wie volkstümliche
Musikgruppen noch heute, auf musikalische „Trends“. Aufschlussreich ist in diesem
Zusammenhang auch eine Stelle aus den Leo-Tagebüchern, in der Balthasar Leo erzählt,
man habe sich in Weimar vom dort am Hoftheater angestellten Schauspieler und Sänger
Max Johann Seidel neue Lieder beibringen lassen:
Wir reißten weiter nach Waimar die Residenz des Großherzog von Waimareschen Lande eine hibsche Stadt mit 1000 Einw. Hat ein schönes Großherzogliches Schloß, ein schönes Theater ein
schönen Barck und Gärten, wir hilten uns hir einige Tage auf und lernten den Landsmann Seidl
[sic] kennen, der uns vil im Singen Unterricht gab und einige Lieder gelerent hat, welches für uns
ein Glück war.10
Seidel verkehrte im Umfeld von Goethe und sein Name taucht auch in Verbindung mit
der Nationalsängergesellschaft Rainer auf, für die er anscheinend zwei Lieder schrieb.11
Insgesamt kann man davon ausgehen, dass das Repertoire in den Leo-Liederbüchern
im Großen und Ganzen jenen Grundstock an Liedern enthält, mit denen die Sängergruppe zumindest identifiziert werden wollte: Tiroler Nationalgesänge. Schon dieser Titel
vermittelt einen offiziöseren Eindruck als etwa „Tiroler Lieder“ oder „Alpen­lieder“. Die
Idee der „musikalischen Nation“ schwingt mit, zu der neben Heimat, Liebe, Natur und
dem einfachen Leben auch der Patriotismus gehört. Das Repertoire wurde immer wieder durch neue, modernere Lieder ergänzt, doch zählten bestimmte Lieder zum „Standardrepertoire“, so auch patriotische und politische Lieder, wie man aus den Sammlungen der Sängergesellschaft Leo von 1829 und 1837 ersehen kann.
Das Liederheft von 1829
Die Sammlung der Nationalsängergesellschaft Leo aus dem Jahr 1829 beinhaltet überwiegend allerlei für Tiroler Sängergesellschaften typische Lieder,12 doch die ersten drei
Siehe dazu Armin Hadamers Beitrag im Liederlexikon des Deutschen Volksliedarchivs, Freiburg i. Br.:
http://www.liederlexikon.de/lieder/du_du_liegst_mir_am_herzen (05. 04. 2012).
10
Siehe Tagebuch der Nationalsänger Leo: Sebastian Leo [?]: Tagebuch über die Reisen, welche ich von
Zeit in Jahre 1826 an, durch Deutzland, England, Belgien, Holand, Dänemark, Norwegen und Schweden
durch Reißt habe, und was ich Merkwürdiges sah und was wir für Bekanntschafeten gemacht haben (handschriftl.), o. Sz. [S. 20] (Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck, FB 48518).
11
Siehe dazu Kapitel 14 in diesem Band.
12
1. Die Liebe der Tyroler zu ihrem Kaiser, 2. Die Erinnerung an das Jahr 1809, 3. Jubelruf eines Tirolers bei
der Siegesnachricht von Varna’s Eroberung, 4. Der Tiroler Teppichhändler, 5. Der Duxer, 6. Der Alpenjäger
(„Heisa’, geh’ außi in Wald, / Ist’s glei heut rauh und recht kalt“), 7. Des Tirolers Heimweh („Herz, moan
Herz, warum’ so traurig“), 8. Senner-Lied („I bin a Senner-Bue“), 9. Alpen-Lied („Es is a Freud’, wann
man sieht die Sonn’ aufgehn“), 10. Gemsenjäger-Lied („Auf den Bergen lebt ma frei“), 11. Tirolerlied
(Von Göthe) („Af ’m Bergli bin i g’sässe“), 12. Der Hans mit den blauen Augen („Auf der Alp’n, da finden die Küh’ das beste Gras“), 13. Der Tiroler und sein Schatzerl („Herzig’s Schatzerl, laß die herzen“),
14. Das Häusl am Roan [Ignaz Franz Castelli] („I hab’ enk a Häus’rl am Roan“), 15. Der verlorene
Strumpf („Zu Lauterbach hab’ i mein Strumpf verloren“), 16. Das schöne Schatz’rl („Ei, mein Schatz
9
296
Kapitel 15
Lieder stechen hervor, da es sich um historisch-politische Lieder handelt: Die Liebe der
Tyroler zu ihrem Kaiser, Die Erinnerung an das Jahr 1809 (Anno Neun) und Jubelruf
eines Tirolers bei der Siegesnachricht von Varna’s Eroberung. Auch fällt am Liederheft
auf, dass das Jodeln keinerlei Erwähnung findet. Diese Gesangstechnik besaß aber bei
den Geschwistern Leo mit Sicherheit einen zentralen Stellenwert, wie auch beispielsweise bei den Nationalsängern Rainer – man denke nur an die erste Ausgabe von Ignaz
Moscheles’ Tyrolese Melodies 13 von 1827, die eine Einführung ins Jodeln und zahlreiche
ausgedehnte Jodelpassagen enthält. Im Gegensatz dazu finden sich im Liederheft der
Geschwister Leo relativ viele Schnaderhüpfeln, auch sang die Gruppe gerne mit verteilten Rollen, so etwa beim Lied Der Tiroler und sei Schatzerl, wo im ersten Teil der
männliche Protagonist spricht:
Mit koaner Feder kann ich’s beschreiben,
Was i deinetwegen mußte leiden,
Denn du woaßt es gar zu wohl,
Daß i di ewig lieben soll.
Worauf in einem anderen Metrum seine Angebetete antwortet, was im Text auch durch
Anführungszeichen kenntlich gemacht wird:
„Den i so gerne hätt’,
Der is so weit hinweg,
Und den i gar nit mag
Seh i fast alli Tag.“14
Da die Sängergesellschaft Leo um 1829 noch ohne weibliche Verstärkung sang, wird
hier (und auch in einigen anderen Liedern) wohl ein Mann den Frauenpart des Liedes
übernommen haben.
In der Sammlung von 1829 dominieren noch nicht das Alpenleben verklärende und
romantisch-affektierte Liebeslieder, sondern Stoffe, die durchaus dem Alltagsleben entstammen könnten. Wenn etwa im Lied Hans mit den blauen Augen die weibliche Prota­
gonistin von den blauen Augen ihres Nachbarn Hans schwärmt und hofft, „dass bald
die Zeit kommt, wo wir z’sammen dürfen bleiben, wo statt unser die Kindern das Vieh
aufi treiben“,15 oder der Gemsenjäger seine Geliebte und seine Ehefrau im selben Lied
besingt, so wirkt dies durchaus lebensnah. Natürlich haben bereits Salonlieder Eingang
in das Repertoire der Leos gefunden, z. B. das angebliche „Göthe“-Lied „Af ’m Bergli
Bin i g’sässe“, Das Häuserl am Roan von Ignaz Franz Castelli16 und ein selbst komponiertes Abschiedslied. Für jedes dieser Lieder werden aber die jeweiligen Autoren und Komponisten angeführt, sodass man davon ausgehen kann, dass die Geschwister Leo alle
selbst verfassten Lieder auch als solche ausgewiesen haben. Welche Lieder wirklich der
mündlichen Überlieferung entstammten und welche Lieder zurecht gesungen, adaptiert
oder neu erfunden wurden, ist nicht mehr nachzuvollziehen.
is gar schön“), 17. Das fröhliche Brautpaar („Geh nur hoam Bue“), 18. Abschiedslied der Gebrüder Leo
(„Lebt wohl, lebt wohl, bald geh’n wir fort“).
13
Moscheles (Hg.): The Tyrolese Melodies (wie Anm. 7).
14
Anon. (Hg.): Tiroler Nationalgesänge (wie Anm. 1).
15
Ebd., S. 15.
Anno neun bin i g’standen
297
Die Liederhefte von 1837
Die zweite Liedersammlung der Nationalsänger Leo aus dem Jahr 1837 besteht,
wie bereits ausgeführt, aus zwei Heften,
wobei das erste in Kopenhagen und das
zweite in Aarhuus gedruckt wurde.17 Aus
den ursprünglich drei Mitgliedern Franzl,
Balthasar und Anton war mittlerweile
eine „Gesellschaft“ von vier Männern und
einer Frau geworden. Von den in Heft 1
enthaltenen Liedern sind die meisten neu
im Repertoire, außer das Lied Nummer 7,
das schon 1829 gedruckt wurde: Die Liebe
der Tyroler zu ihrem Kaiser. In der zweiten
Ausgabe wurde der Text auf den neuen
Kaiser zugeschnitten, denn anstelle von:
„Oes setzt ihm auf ’en Kranz, / Und wir,
wir schrein aus voller Brust Hoch! Vivat
Kaiser Franz!“ heißt es nun holprig: „Oes
setzt ihm auf ’en Kranz, / Und wir, wir
schrein aus voller Brust: ’s leb Kaiser Ferdinand!“. Am Anfang des Heftes steht das
weit verbreitete Lied „Wann i’s Morgens
früh aufsteh“,18 wobei in der zweiten Strophe umständlich und von der üblichen,
etwas zweideutigen Textversion abwei-
Abb. 2: Titelseite der Sammlung Tyroler NationalGesänge. Gesungen von der Gesellschaft Leo: Balthasar, Sebastian, Anton, Matthies und Crescentia, aus
dem Zillerthale in Tirol, 2. Heft, Aarhuus 1837.
Laut August Heinrich Hoffmann von Fallersleben [„V. Unsere Volksthümlichen Lieder“, in: August
Heinrich Hoffmann von Fallersleben / Oskar Schade (Hg.): Weimarisches Jahrbuch für Deutsche Sprache
Litteratur und Kunst, 6. Band, 1. Heft, Hannover 1857, S. 85–216, hier S. 150] wurde das Gedicht Das
Häuserl am Roan des populären Wiener Biedermeierdichters Ignaz Franz Castelli erstmals 1822 in der
Wiener Zeitschrift gedruckt. Zu Castellis wichtigsten Werken gehört auch das Kriegslied für die öster­
reichische Armee, das vervielfacht und unter den Truppen verteilt wurde und ihn schließlich zu einem
der ersten Dichter der Befreiungskriege machte (siehe dazu Kapitel 13 in diesem Band).
17
Inhalt von Heft 1: „Wann i’s Morgens früh aufsteh“, 2. Die Alpenrose („Wie a Rösal so schön“), 3. Das
Liebespaar („Senn’rin schau! Wann’s wird grau, Kim i zu dir“), 4. Der Alpenschnee („Wann der Schnee von
der Alma wega geht“), 5. Der Saubere Jägersmann („I kenn’ ein’ saubern Jägersmann, juchhe!“), 6. „Du
herzig schön’s Dirnd’l“, 7. Die Liebe der Tyroler zu ihrem Kaiser („Oes Buben stellt’s enk her, wißt’s wohl“),
8. Der Gemsenjäger („Auf den Bergen lebt ma frei“), 9. Das Echo im Gebirge („In unserm Tyrol und im
Land’l“), 10. „Gute Nacht! Sey Euch Allen nun gesagt“. Inhalt von Heft 2: 1. Der Tyrolerbue („Und i bin
a frischer Tyrolerbue“), 2. Die Freyer („I möchte’ halt zum Weib di hab’n“), 3. Schön Hannchen („Die
Mädchen in Deutschland sind blühend und schön“), 4. „Du herzig schön’s Dirnd’l“, 5. Die Erinnerung an
das Jahr 1809 („Anno neun bin i g’standen“), 6. Das Instrumentenlied („Schönstes Mädchen! Schermantes
Gredchen!“), 7. Das freye Land („Jauchzt und singet frohe Lieder!“), 8. Die Tiroler in Dänemark („Wir sind
glei aus Tyrol roasen gar weit“), 9. Das Gebet für den Kaiser („Mir ist halt so lustig im Tyroler Land d’rinn“),
10. Der Postknecht („Ein Postknecht ist ein armer Wicht“), 11. Das Echo im Gebirge („In unserm Tyrol und
im Land’l“), 12. Das Abschiedslied der Gebrüder Leo („Lebt wohl, lebt wohl, bald gehen wir fort“).
18
Siehe dazu Kapitel 11 in diesem Band.
16
298
Kapitel 15
chend die Verbindung zwischen Alm, Kuh, Milch und Kalb erklärt wird, was sich auch
keineswegs reimt:
Wann i’s Kuhla af d’Alma treib, juhe!
Thun m’r Kuhla nimma melka,
Aft’n krieg’n m’r gute Kalma
s’ Kuhla gibt uns Mili mehr, juhhe!19
Gründe der „Sittlichkeit“ können dabei nicht ausschlaggebend gewesen sein, denn in
einem anderen Lied mit dem Titel Das Echo im Gebirge wird (ebenfalls in der zweiten
Strophe) sehr ungeniert über die Tirolerinnen angemerkt:
Die Weiber sind a nit so g’naschig,
Sie bleib’n getreu ihrem Mann¸
Sie mach’n kua Witscharl, kua Watscharl,
und schau’n kuan’ Andern mehr an.20
Im zweiten Heft, erschienen in Aarhuus, ist eine Lobeshymne auf die Dänen und ihr
Königshaus mit dem Titel Die Tyroler in Dänemark veröffentlicht:
Wir sind glei aus Tyrol roasen gar weit,
Wir seyn ja in Dännemark, weil’s uns da freut.
Copenhagen das ist ein Ort stadtlich und groß,
Da sieht man schön’ Wag’n, prächtigen Roß,
Und die Leut seyn so fein, löbn recht fidell;
Sie roasen auf große Schiff um die ganz’ Welt […]
Hört! Und der König das ist ja ein Herr:
So freundlich wie Franzl, der Kaiser auf Ehr’!
Und auch die Prinzen sind’ recht gute Herrn;
Drum hat sie ein Jeder so sagerisch gern.
Wir sind Tyrolerleut, rufen laut aus:
Es leb’ König Friedrich! Es lebe sein Haus!!21
Im zweiten Heft finden sich zwei Lieder, die auch im ersten Heft aufscheinen: „Du
herzig schön’s Dirnd’l“ und Das Echo im Gebirge. Das zweite Heft enthält bei gleicher
Seitenanzahl zwei Lieder mehr als das erste, dementsprechend eng gedrängt erscheint
das Druckbild. Über den Grund für die erneute Veröffentlichung dieser beiden Lieder
kann nur gemutmaßt werden. Vielleicht handelt es sich hierbei um Lieblingslieder des
dänischen Publikums oder einer wichtigen Person am Königshof, so dass man die Entscheidung traf, dass diese Lieder auch im zweiten Heft nicht fehlen dürfen. Zudem sind
im zweiten Heft noch zwei weitere Lieder zu finden, die nicht zum ersten Mal veröffentlicht wurden, weil sie schon in der Sammlung von 1829 aufscheinen: Die Erinnerung
an das Jahr 1809 und Das Abschiedslied der Gebrüder Leo. Das Abschiedslied war mit
Sicherheit ein Fixpunkt im Programm der Gruppe.
Anon. (Hg.): Tyroler National-Gesänge (wie Anm. 5), 1. Heft, S. 2. Zum Lied siehe Kapitel 11 in diesem
Band.
20
„Gnaschig“: lüstern, „kua Witscharl, kua Watscherl“: setzen ihren Männern keine Hörner auf; Anon.
(Hg.): Tyroler National-Gesänge (wie Anm. 5), 1. Heft, S. 8.
21
Ebd., 2. Heft, S. 6f.
19
Anno neun bin i g’standen
299
Die Tatsache, dass auch Anno neun nach acht Jahren ein weiteres Mal Eingang in die
neue Liedersammlung der Geschwister Leo fand, zeigt den großen Stellenwert des Liedes im Repertoire auf.
Zusammenfassend sei festgehalten: Im Jahr 1829 wurden 18 Lieder veröffentlicht,
von denen drei politische Themen behandeln. Sie stehen am Anfang des Liederheftes.
Zwei dieser drei politischen Lieder wurden 1837 erneut abgedruckt: Anno neun und Die
Liebe der Tyroler zu ihrem Kaiser (in einer aktualisierten Version). Insgesamt wurden in
den zwei Heften von 1837 22 Lieder veröffentlicht, von denen sich vier – neben den
zwei genannten Das freye Land und Das Gebet für den Kaiser – auf politische Themen
beziehen. Unter den Liedthemen überwiegen bei weitem Heimat, Natur, Liebe usw.,
jedoch waren patriotische und politische Lieder offenbar ein nicht wegzudenkender Teil
der Auftrittsprogramme.
„Freiheitslieder“, Kampflieder und Huldigungslieder
im Repertoire der Geschwister Leo
Die insgesamt fünf politischen Lieder in den Liedersammlungen der Geschwister Leo
aus den Jahren 1829 und 1837 sind neben dem Lied Anno neun die Lieder Die Liebe der
Tyroler zu ihrem Kaiser, Jubelruf eines Tirolers bei der Siegesnachricht von Varna’s Eroberung, Das Gebet für den Kaiser und Das freye Land. Letzteres wird an anderer Stelle
genauer erörtert, da es schon früher bei den Nationalsängern Rainer zu finden ist.22 Für
„Anno neun bin i g’standen“ und Die Liebe der Tyroler zu ihrem Kaiser sind in Johann
Fuchs’ Sammlung ächter Tiroler National-Lieder (1862) erstmals Melodien überliefert.23
Das zuletzt genannte Lied, Die Liebe der Tyroler zu ihrem Kaiser, in der Sammlung von
1829 ist ein Loblied auf Kaiser Franz I. (siehe Abb. 3):
Oes Buben stellt’s enk her, wißt’s wohl,
I mus enk eppas sag’n,
Der Kaiser kimmt bald nach Tyrol,
Kimmt in a’n großen Wag’n,
Oes aus der Stadt, ös laßt’s enk sag’n,
Oes spannt’s ihm aus die Roß,
Und wir vom Land, wir zieh’n den Wag’n
Durch d’Stadt bis ’neun in’s Schloß.
In Wildau und in Inspruck is
Schon All’s mit Blumen g’schmückt;
Denn jeder Tyroler, das is g’wiß,
Der fühlt si hoch beglückt.
Die Wach am Schloß, die halten wir
Bei Tag und a bei Nacht,
Die Aeltesten an seiner Thür,
Das is schon abgemacht.
Siehe dazu Kapitel 14 in diesem Band.
Johann Fuchs (Hg.): Sammlung ächter Tiroler National-Lieder für vierstimmigen Männerchor, 4. Heft
bzw. 1. Heft, München 1862 (Bayerische Staatsbibliothek, München, Mus.pr. 96-1, 6#1_00010.9).
22
23
300
Kapitel 15
Abb. 3: Liebe der Tiroler zu ihrem Kaiser, in: Johann
Fuchs (Hg.): Sammlung ächter Tiroler NationalLieder für vierstimmigen Männerchor, 1. Heft, München 1862, S. 1–3 (Bayerische Staatsbibliothek,
München, Mus.pr. 96-1, 6#1_00010. 9).
Anno neun bin i g’standen
301
Der Kaiser kimmt in unser Land,
Dös is für uns an Ehr’,
Ja wär’ ihm unsre Treu bekannt,
Er käm’ schon öfters her.
Der Kaiser moant’s mit uns so gut,
Und a die Kaiserin,
Drum für die Franzl Gut und Blut
Gibt gern a Jeder hin.
Oes Buben, wenn der Kaiser kimmt,
So habt’s fein auf ihn Acht,
I woas, daß er’s nit übel nimmt,
Wenn unser Herzl lacht.
Oes Madl’n, heut hab’s auch a Lust,
Oes setzt ihm auf ’en Kranz,
Und wir, wir schrein aus voller Brust
Hoch! Vivat Kaiser Franz!24
Das Lied wurde offensichtlich für einen bestimmten Anlass verfasst, der aber nicht mehr
zu eruieren ist. Es war ein „offizielles“, wahrscheinlich in Auftrag gegebenes Lied. Außer
dem heutigen Innsbrucker Stadtteil Wilten, hier noch „Wildau“ genannt, finden wir
weder Ortsbezeichnungen noch die Namen von Persönlichkeiten. Wir erfahren lediglich, dass die Stadt Innsbruck für die Ankunft des Kaisers mit Blumen geschmückt
wird und man ihn freudig erwartet. Das Lied ist in keiner der einschlägigen Sammlungen von politischen Liedern in Tirol seit 1796 wiedergegeben,25 scheint aber trotzdem
älter zu sein. „Kaiser-Loblieder“ dieser Art nahmen wahrscheinlich einen fixen Platz im
Repertoire vieler Nationalsänger dieser Zeit ein,26 wie noch an einem weiteren Beispiel
zu zeigen ist. Die Liebe der Tiroler zu ihrem Kaiser wurde auch von anderen Sängergruppen gesungen, wie das folgende Zitat aus einem Konzertbericht aus dem Jahr 1829
beweist:
Tiroler Nationalgesänge hörten wir am 5ten November von den gebornen Tirolern Willmoser, Ebster und Gander aus dem Zillerthale, z. B. die Lieder: der Tiroler Teppichhändler, Liebe der Tiroler
zu ihrem Kaiser, Schweizerlied und Tirolerlied.27
Ein weiteres historisch-politisches Lied im Leo-Repertoire trägt den Titel Jubelruf eines
Tirolers bei der Siegesnachricht von Varna’s Eroberung:
Juchhe! Juchhe!
Jetzt geht’s schon g’recht!
Springt’s in die Höh
Herr oder Knecht!
Anon. (Hg.): Tiroler Nationalgesänge (wie Anm. 1), S. 3f. Siehe auch Liedindex, Nr. 52.
Siehe dazu Anm. 2.
26
Siehe dazu Silvia Maria Erber / Sandra Hupfauf: „‚S’Zibori ausserg’rissn, die Hostien umher g’schmissn‘.
– Die Religion als bestimmendes Moment in der politisch verwendeten Musik Tirols zwischen 1796
und 1809“, in: Norbert Haag / Gabriele Haug-Moritz (Hg.): Musik in Neuzeitlichen Konfessionskulturen, Stuttgart (in Druck).
27
Johann Nepomuk Hummel: „Nachrichten. Bremen, den 26sten November 1829“, in: Allgemeine musikalische Zeitung 31 (1829), Nr. 51, Leipzig, 23. Dezember 1829, S. 843.
24
25
302
Kapitel 15
Denn i g’loab bald ist’s vorbei
Mit dem Krieg in der Türkei,
Denn die Russen sind schon Leut’
Aften haben’s sackrisch Schneid’.
Juchhe! Juchhe!
Kimmt’s nur herbei!
I will enk sag’n
Gar Mancherlei!
Schaut’s, die Türken alliweg
Kriegen von den Russen Schläg,
In Ahalzick und Askutz seyn
Die Russen schon gezogen ein.
Horcht’s auf ! Horcht’s auf !
Und glaubt es mir,
Denn ei die Post
Bracht an Courir,
Warna is ja über jetzt
Und dös hat mi hoch ergötzt,
Drum bring’ i a Vivat aus
Dem tapfern Kaiser Nikolaus.
Juchhe! Juchhe!
Jetzt geht’s schon gut;
Schwingt’s Hüt’ in d’ Höh
Und faßt’s nur Muth!
Macht der Türk nit Frieden gleich,
Jag’n ’en d’ Russen aus sein’ Reich!
Gott verleih’ in diesem Krieg
Nur den Wackern Christen Sieg.28
Varna’s Eroberung bezieht sich nicht auf die Schlacht bei Varna während der Türkenkriege im 15. Jahrhundert, sondern auf die Eroberung von Varna am 29. September
1828 während des Russisch-Türkischen Krieges (1828/29). In diesem Zusammenhang
stehen der im Text erwähnte „Kaiser Nikolaus“, also Zar Nikolaus I. (1796–1855),
und der Ort „Ahalzick“, eigentlich Achalziche. Der Jubelruf ist somit ein authentisches historisch-politisches Lied unbekannter Urheberschaft. Es ist erstaunlich, dass die
Geschwister Leo das Lied in ihre Liedersammlung aufnahmen, hat es doch vordergründig mit Tirol nichts zu tun. Es enthält allerdings Aspekte, die für Tiroler der damaligen Zeit ein gewisses Identifikationspotenzial bargen: Der Russisch-Türkische Krieg
stand in engem Zusammenhang mit den nationalen Unabhängigkeitsbestrebungen der
Griechen gegenüber dem Osmanischen Reich. Russland als „christliche Schutzmacht“
unterstützte diese Bestrebungen, um seinen Einflussbereich auf dem Balkan auszudehnen. Propagandistisch wurde der „griechische Freiheitskampf “ – vergleichbar den Aufständen in Tirol – zum „christlichen“ Kampf gegen die Ungläubigen hochstilisiert. –
Somit war das Lied im Jahr 1829, als die Sammlung der Geschwister Leo in Druck ging,
äußerst aktuell.
Anon. (Hg.): Tiroler Nationalgesänge (wie Anm. 1), S. 5f. Siehe auch Liedindex, Nr. 109.
28
Anno neun bin i g’standen
303
Die zwei patriotischen und dezidiert auf politische Ereignisse anspielenden Lieder
Anno neun und Jubelruf weisen typische Merkmale des historisch-politischen Liedes auf.
Sie vermitteln Informationen über historisch bzw. politisch relevante Orte, Personen
oder Geschehnisse, der Textinhalt steht im Vordergrund und nicht die Musik oder der
Vortrag. Es gibt gute Gründe anzunehmen, dass auch „Anno neun bin i g’standen“ ein
zwar populäres, aber historisch-politisches Lied und kein kommerzielles, neu komponiertes Nationalsängerlied ist.
Als Nummer 9 der Sammlung finden wir ein zweites Loblied auf Kaiser Ferdinand I.,
eigentlich ein Gebet an Gott für den Kaiser:
Das Gebet für den Kaiser.
Mir ist halt so lustig im Tyroler Land d’rin
Schön off’n und freundlich Ua Herz und Ua Sinn.
Mir hab’n nur Uan Gott, und wir leb’n für’ Uan Herrn.
Wir hab’n halt, wir hab’n halt den Kaiser so gern.
O, Vater im Himmel, erhör unse’re Bitt!
Erhalt unsern Kaiser in Ruh und in Fried!
Allmächtiger Schöpfer! Thu du uns erhör’n
Wir hab’n halt, wir hab’n halt den Kaiser so gern.
Unser Haus, unser Hof, unser Vih auf der Woad,
Das geb’n m’r mit Freud’n es ist ins nit load.
Wir leg’n ihm’s zu Füßn, und vertraun unserm Herrn.
Mir hab’n halt, wir hab’n halt den Kaiser so gern.
Beschütz a die Kaiserinn, die Beste der Frau’n
Sie bet’t ja wie wir a mit größt’n Vertraun.
Sie be’t ja und sagt ja (mi ziemt, i thu’s hör’n):
„I hab halt, i hab halt mei Ferdnl [sic] so gern.“29
In fast kindlicher Manier, in einer für ein Huldigungslied an einen Kaiser unpassend
erscheinenden naiven Sprache, wird Gott angerufen, den Kaiser für die Tiroler zu erhalten. Doch wie auch andere, vielfach „von oben“ befohlene Huldigungsgesänge an den
Kaiser, etwa zu Auftritten des Kaisers in der Öffentlichkeit oder zu seinem Geburtstag,30
verdeutlichen, war das religiös anmutende Besingen von „Gott, Kaiser und Vaterland“
sehr üblich. Dass Gelegenheitsdichtungen dieser Art Eingang in das Nationalsängerrepertoire fanden, ist durchaus nachvollziehbar. Sie sind ein Beleg dafür, dass die religiös überhöhte Untertanenliebe und Verehrung des Kaisers auch im Ausland durch die
National­sänger zelebriert wurden. Neben der Naturverbundenheit, der Tapferkeit und
dem Patriotismus gehörte auch die Kaisertreue zum Tirol-Klischee und wurde folkloristisch-kommerziell eingesetzt. Das Gebet für den Kaiser wurde möglicherweise für
ein ausländisches Publikum geschaffen und als Huldigungsgesang „inszeniert“. Vieles
deutet darauf hin, dass historisch-politische Lieder vom Publikum gewünscht wurden.
So veranschaulicht etwa eine Prager Konzertkritik aus dem Jahr 1835, welche Nationalsängerlieder im Konzertsaal besonders gut ankamen:
Anon. (Hg.): Tyroler National-Gesänge (wie Anm. 5), 2. Heft, S. 7. Siehe auch Liedindex, Nr. 118.
Siehe Erber/Hupfauf: „S’Zibori ausser g’rissn“ (wie Anm. 26).
29
30
304
Kapitel 15
Die […] Alpensänger trugen ihre Lieder ohne alle Begleitung vor, und fanden doch nach den meisten Nummern lebhaften Beifall; vorzüglich sprachen die beiden Lieder „Andreas Hofer“ und „Der
Kaiser“ auch wegen des Textes an.31
Die Aufnahme politischer Lieder ins Standardrepertoire von Nationalsängergesellschaften und die damit einhergehenden Veränderungen der Funktionen der Lieder hatten
mit Sicherheit auch den Nebeneffekt, dass die Lieder erhalten blieben und im Inland
weiterhin rezipiert wurden. Die beiden Lieder Gebet für den Kaiser und Anno neun finden sich beispielsweise im Jahr 1851 in der literarischen Tiroler Zeitschrift Der Phönix,
die im deutschen Sprachraum einen sehr guten Ruf genoss. Hier erschien im Jahr 1851
eine vierteilige Erzählung mit dem Titel „Aus dem Tirolerleben 1848“ von Tobias Wildauer von Wildhausen (1825–1898), eines Professors für Philosophie an der Universität
Innsbruck und Historikers, der im Jahr 1848 auch bei der Verteidigung im Süden Tirols
gegen die Garibaldischen Truppen mitwirkte.32 Der gebürtige Zillertaler bedient sich in
seiner Erzählung, in der es um eine unglückliche Liebe, das traditionelle Scheibenschießen und die Mobilmachung der Schützen geht, gängiger Tirol-Klischees. Seine Schützen marschieren „kühn und todesmuthig […] unter Singen und Jodeln“:
Ein Schurzfell als Fahne auf einer Stange marschirten sie kühn und todesmuthig einen „Zaun­
stecken“ oder auch einen Stutzen im Arme durch die Waldlichte auf und ab, machten allerlei
Bewegungen, wie sie die Schützen am Antlastage brauchten und dergleichen Dinge mehr. Zum
Schlusse ging der Uebungsmarsch der kleinen Schaar unter Singen und Jodeln immer in das Dorf
hinab und wohl alle Abende klang es durch die Gassen:
Unser Haus, unser Hof,
Unser Vieh auf der Woad,
Das geb’n mir dem Kaiser,
Das macht uns nit load.
Wir leg’n ihm’s zu Füaßn
Und vertraun auf ’n Herrn,
Mir ham halt, mir ham halt
Den Kaiser so gearn.
Gerne sang der Hannes, dessen Kehle vorzüglich schöne Jodler trug, das zwar alte, aber beliebte
Lied:
Anno Neun da bin i g’standa
Zallererst bei Innsbruck glei,
Da war’n viele Bub’m bananda,
Schauts und i war a dabei.33
Der erste zitierte Liedtext ist ein Auszug aus dem Gebet für den Kaiser, beim zweiten Lied
handelt es sich um Anno neun. Der Zusatz „das zwar alte, aber beliebte Lied“ spricht
dafür, dass das Lied noch um 1850 durchaus gängig gewesen sein dürfte.
Siehe Rubrik „Theater und geselliges Leben“, in: Bohemia, ein Unterhaltungsblatt, Nr. 10, Prag, 23. Jänner 1835. Da Julius Mosens Text „Zu Mantua in Banden“ von Leopold Knebelsberger erst um 1844
vertont wurde, könnte es sich beim Lied Andreas Hofer um „Ach Himmel, es ist verspielt“ handeln.
32
Ludwig Fränkel: „Wildauer von Wildhausen, Tobias“, in: Allgemeine Deutsche Biographie 44 (1898),
S. 521–524 (Onlinefassung); http://www.deutsche-biographie.de/pnd117379735.html?anchor=adb
(04. 10. 2012).
33
Tobias Wildauer von Wildhausen: „Aus dem Tirolerleben 1848“, in: Ignaz V. Zingerle / Tobias Wildauer
von Wildhausen (Hg.): Der Phönix. Zeitschrift für Literatur, Kunst, Geschichte, Vaterlandskunde, Wissenschaft und Theater 2 (1851), Nr. 27, S. 201–212, S. 218–220, S. 225–228, S. 242–245, hier S. 227.
31
Anno neun bin i g’standen
305
Ab der Mitte des 19. Jahrhunderts entstanden weitere Nationalsängerlieder, die
ebenfalls den „Helden von 1809“ – Andreas Hofer und seine Gefährten – gewidmet
waren. Die politischen Ereignisse lagen schon weiter zurück, aber es bestand offensichtlich immer noch Nachfrage nach dieser Art von Liedern.34 Noch 1905 belegt ein Aufsatz
über „Lieder im Tiroler Dialekt unter den hamburgischen Straßenliedern“, dass man
Tiroler Nationalsänger im Ausland mit den Tiroler Aufständen und insbesondere mit
Andreas Hofer in Verbindung brachte. Der Autor des Aufsatzes, H. R. Felber (Vorname
nicht überliefert), veranschaulicht darin die geschichtlichen Hintergründe von Tiroler
Sängergesellschaften und Wanderhändlern in Hamburg:
Dann kam die Franzosenzeit, während welcher wohl nicht viel gesungen ward. Aber nach den
Kriegsjahren tauchten durch ganz Deutschland die herumziehenden Tiroler Sängergesellschaften
auf. Zuerst erschien in Hamburg 1824 die Gesellschaft Hauser, dann trat am 24. August 1827 im
Stadttheater die Familie Rainer unter Beifall auf und 1829 die ursprünglich aus drei Mitgliedern
(daher das Kleeblatt genannt) bestehende Gesellschaft Leo aus dem Zillerthal. Alle drei Gesellschaften, die damals etwas ganz Neues waren, hat uns Otto Speckter in Steinzeichnung erhalten,
freilich in etwas langweiliger Weise. Die Mitglieder dieser Gesellschaften zeigten sich nicht nur
auf der Bühne, sondern auch überall auf der Straße in ihrem Tiroler Kostüm. Schon das erregte
die allgemeine Aufmerksamkeit im Volke, dem damals sicherlich auch der Sandwirt Hofer eine
bekannte Persönlichkeit war, manche der vorgetragenen Lieder verherrlichten denselben. So wurden
die Tiroler bei uns volkstümlich.35
Resümee
Das 1829 veröffentlichte Liederheft der Sängergesellschaft Leo ist die älteste bekannte
Quelle für das Lied „Anno neun bin i g’standen“. Obwohl es in keiner einschlägigen
Sammlung historisch-politischer Lieder Tirols aus der Zeit um 1810 angeführt ist,
dürfte es zeitlich kurz nach den Tiroler Aufständen entstanden sein. Auch stilistisch
könnte es sich um ein authentisches politisches Lied der Zeit handeln. Es werden kaum
Tiroler Klischees bedient, dafür kriegsbedeutende Persönlichkeiten und Orte in Erinnerung gerufen. Nachdem es im 19. Jahrhundert fast nur im Repertoire von Nationalsängergruppen aufscheint, findet man das Lied zur Zeit des Ersten Weltkrieges auch unter
den „Soldatenliedern“.36
Anno neun und ähnlich geartete politische Lieder im Repertoire der Geschwister
Leo (Die Liebe der Tyroler zu ihrem Kaiser, Jubelruf eines Tirolers bei der Siegesnachricht
von Varna’s Eroberung, Das Gebet für den Kaiser) zeigen, dass patriotische Tiroler Lieder,
Lieder zum Jahr 1809 und Kaiserloblieder bereits sehr früh, nämlich im ersten Drittel
des 19. Jahrhunderts, zum fixen Repertoire von Tiroler Nationalsängergruppen zählten,
da sie das vom Publikum gewünschte Tirol-Klischee bestens transportierten.
Siehe dazu z. B. Tiroler Schützenlied, Der Soldat auf der Wacht (evt. von Leopold Knebelsberger), Gruß an
Deutschland, in: Anon. (Hg.): 40 National-Gesänge der Pusterthaler Sänger-Gesellschaft Schöpfer, Bruneck
[ca. 1878]; Spingeser Schlachtlied, Speckbacher, Wirth vom Sand, Anno Neun, Tyroler Landsturm, in: Anon.
(Hg.): 120 Original-Tiroler Lieder gesungen von der beliebtesten Tiroler National-Sänger und SchuhplattlTänzer-Gesellschaft Toni Eder aus Andrian, Meran o. J. (Tiroler Volksliedarchiv, Innsbruck, IAc59).
35
H. R. Felber: „Lieder im Tiroler Dialekt unter den hamburgischen Straßenliedern“, in: Mitteilungen des
Vereins für Hamburgische Geschichte 25 (1905/06), Band 9/1, S. 21f.
36
Z. B. in: Anon. (Hg.): Das deutsche Soldatenlied und wie es heute gesungen wird. Auswahl von Klabund.
Mit vielen Bildern von Emil Preetorius, München 1915, S. 10.
34
Kapitel 16
„Sie führen mich aus dem Land
mit größtem Spott und Schand’“.
Ach Himmel, es ist verspielt
Silvia Maria Erber
Da in den vorangegangenen Ausführungen bereits festgestellt wurde, dass der „Natio­
nalheld“ Andreas Hofer in den zeitgenössischen Liedern eine nur mäßige Rolle spielte
und es in den Liedern nur geringe Anzeichen für eine Hofer-Verehrung zu seinen Lebzeiten gibt, sei nun der Blick auf die weitere Entwicklung des Mythos Hofer in Liedquellen
ab 1810, dem Jahr seines Todes, gerichtet. Die Bemühungen der bayerischen Regierung,
Hofer in Vergessenheit geraten zu lassen und in Tirol ein Zugehörigkeitsgefühl zu Bayern
aufzubauen, wurden hier bereits ebenso erörtert wie die schwierige wirtschaftliche Lage
und die daraus resultierende schlechte Stimmung in der Bevölkerung unmittelbar nach
der Niederschlagung des Aufstandes. Abgesehen von den Liedtexten der beiden Frauen
Claudia Heslingerin und Agathe Singert, die 1811 bzw. 1812 aufgrund der Verbreitung
aufrührerischer, mit Hofer assoziierter Lieder strafrechtlich verfolgt wurden,1 besitzen wir
heute kaum weitere aussagekräftige Liedquellen, die uns Aufschluss über Hofers Bild in
der Gesellschaft in den ersten Jahren nach dem Aufstand geben können.
Hofer – ein singender Märtyrer?
Die große Ausnahme bildet hierzu ein Lied, das zwar heute fast denselben Stellenwert
wie die Tiroler Landeshymne „Zu Mantua in Banden“2 besitzt, bei näherer Betrachtung
aber eine auffällig lückenhafte Rezeptionsgeschichte aufweist:
Hofer vor dem Tode.
1. Ach Himmel es ist verspielt,
Ich kann nicht länger leben,
Der Tod steht vor der Thür,
Will mir den Abschied geben;
/: Meine Lebenszeit ist aus,
Und hab doch nichts verschuld’t. :/
2. Hier liegt mein Säbel und G’wehr
Und alle meine Kleider,
Ich bin kein Kriegsmann mehr,
Ach Himmel ich bin leider [sic],
/: Weil ich verlassen ganz
Von meinem Kaiser Franz! :/
1
2
Siehe Kapitel 12 in diesem Band.
Siehe Kapitel 17 in diesem Band.
308
Kapitel 16
3. Die großen Herr’n im Land,
Die sind mit mir verfahren;
Sie bringen’s noch so weit,
Bis man mich thut begraben.
/: Tilgt Haß und Ketzerei,
Und macht den Sandwirt frei! :/
4. Die Hauptstadt in Tirol
Die haben sie mir genommen,
Es ist kein Mittel mehr,
Sie wieder zu bekommen.
/: Es ist kein Mittel mehr,
Kommts nicht von oben her. :/
5. Mich, General vom Sand,
Den führen sie itz gefangen,
Meinen harten, blutigen Schweiß
Hat man nicht angenommen,
/: Sie führen mich aus dem Land
Mit größtem Spott und Schand. :/
6. O trauervolle Zeit,
Was soll daraus noch werden?
Der Waffen ist schon hier,
Erschossen muß ich werden,
/: Es ist schon lang bekannt
Im ganzen römischen Kaiserland. :/
7. O große Himmelsfrau,
Zu der ich hab’ vertrauet,
Weil du in unserm Land
Dein’ Wohnung hast gebauet,
/: O Himmelsfrau, ich bitt’,
Verlaß den Sandwirt nit. :/3
Der Ich-Erzähler dieses Liedes ist Andreas Hofer selbst: Sein Leben ist zu Ende, er
nimmt Abschied von der Welt und ergreift ein letztes Mal die Möglichkeit, nicht nur
seine Schuldlosigkeit zu beteuern („Und hab doch nichts verschuld’t“), sondern auch
die österreichische Regierung wegen der offensichtlich zu geringen Hilfestellung bei der
Auseinandersetzung mit dem bayerischen und französischen Heer anzuklagen – ohne
jedoch auf die besonders innige Verbindung zwischen dem Tiroler Hofer und dem Kaiser
zu vergessen („Weil ich verlassen ganz / Von meinem Kaiser Franz!“). „Ach Himmel, es ist
verspielt“ ist ein berührend-melancholischer poetischer „Sterbegesang“ eines zum Tode
Verurteilten, der sein Schicksal letztlich in die Hände der Maria Muttergottes (Strophe 7)
legt. Der Heimatkundler Ludwig von Hörmann (1837–1924) bezeichnete „Ach Himmel, es ist verspielt“ als „ein Volkslied, so echt, wahr und tief, wie es wohl wenige gibt“4
Robert Franz Arnold / Karl Wagner (Hg.): Achtzehnhundertneun. Die politische Lyrik des Kriegsjahres,
Wien 1909 (Schriften des politischen Vereines in Wien XI), S. 270f.; Josef Feichtinger (Hg.): Tirol 1809
in der Literatur. Eine Textsammlung, Bozen 1984 (Literarische Zeugnisse aus Tirol 4), S. 31. Siehe auch
Liedindex, Nr. 1.
4
Ludwig von Hörmann: „Andreas Hofer im Volksliede“, in: Innsbrucker Nachrichten 57 (1910), Nr. 40,
19. Februar 1910, S. 1.
3
Ach Himmel, es ist verspielt
309
Abb. 1: „Ach, Himm’l, es ist verspielt“, in: Franz Friedrich Kohl (Hg.): Echte Tiroler-Lieder, Wien 1899, S. 253f.
310
Kapitel 16
und nährte in entscheidender Weise die Legende, dass das Lied (angesichts seiner IchForm wenig überraschend) vielleicht von Hofer selbst oder jedenfalls in seinem näheren
Umfeld verfasst wurde:
Ich hörte es zuerst in den sechziger Jahren [1860er-Jahren] vom alten Sweth singen, der es mir auch
als von Hofer herrührend hinstellte, was wohl schwerlich richtig ist. Später fand ich es fast überall
im Lande, stets nach der gleichen Weise gesungen […]. Daß das Lied dem Hofer zugeschrieben
wird, erklärt sich wohl daraus, daß erstlich darin der Sandwirt selbstredend eingeführt ist und dann,
weil es die Stimmung desselben so unmittelbar wiedergibt, daß es fast schwer wird, zu begreifen,
wie sich ein Fremder so in sie hineinzufinden vermochte. Jedenfalls setzt das Gedicht einen mit den
Verhältnissen vollständig Vertrauten voraus und ist unter dem unmittelbaren Eindruck der damals
sich abspinnenden Ereignisse entstanden, und zwar, wenn nicht gleichzeitig, so doch kurze Zeit
nach Hofers Tod.5
Hörmann glaubte, dass der Verfasser des Liedes ein Andreas Hofer Nahestehender oder
sogar ein Augenzeuge seiner letzten Stunden im Gefängnis von Mantua gewesen war:
Ein ferner Stehender hätte sich wohl schwerlich so tief in die Stimmung des dem Tode Geweihten
hineinversetzen können. Am wahrscheinlichsten war es einer der mit Hofer in den Kasematten von
Mantua gefangen gehaltenen Soldaten, die Zeugen von dessen Todesgang waren.6
Als Gewährsmann für die Authentizität des Liedes diente Hörmann Cajetan von Sweth
(1785–1864), der eine besondere Rolle in den letzten Lebensmonaten Hofers eingenommen hatte.7 Sweth war nicht nur Hofers Sekretär während seiner „Amtszeit“ in
Innsbruck, sondern begleitete ihn auch als einziger in sein Versteck auf der Pfandleralm
(Passeiertal), auf der sich beide zwischen Ende November 1809 und Ende Jänner 1810
verborgen hielten. Sweth wurde ebenso von italienischen Soldaten, die Napoleons Befehl
zur Ergreifung Hofers ausführten, gefangen genommen und nach Mantua gebracht.
Dort erlebte er die letzten Stunden des Oberkommandanten des Aufstandes und seine
Erschießung mit.8 Wortgewaltig und in blumiger Sprache brachte er später seine Erlebnisse zu Papier.9 Sweth war zwar genauso wie Hofer zum Tode verurteilt worden, wurde
aber begnadigt und starb erst 1864.10
Wenn wir Ludwig von Hörmann Glauben schenken wollen, so haben wir mit seiner
Aussage vor allem ein Zeugnis davon, dass das Lied um 1860 gesungen wurde. Schenken
wir auch der (allerdings nur von Hörmann tradierten) Aussage von Cajetan von Sweth
Glauben, so wäre Andreas Hofer der Verfasser von „Ach Himmel, es ist verspielt“. Schon
zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde aber von namhaften Volksliedforschern nachgewiesen, dass die Melodie des Liedes Parallelen zu einer französischen Tanzweise aus
Ebd.
Ebd.
7
Anton Peter: Kajetan Sweth, der Leidensgefährte Andreas Hofers, Innsbruck 1908 (Anno Neun 5).
8
Meinrad Pizzinini: Andreas Hofer. Seine Zeit – sein Leben – sein Mythos, Innsbruck – Wien – Bozen
2008, S. 242–257.
9
Anon. [Cajetan v. Sweth]: „Gefangennehmung des Andreas Edlen von Hofer und seine letzten Tage.
Von seinem Leidensgefährten erzählt“, in: Oesterreichisches Archiv für Geschichte, Erdbeschreibung,
Staaten­kunde, Kunst und Literatur II (1832), S. 10–16, S. 18f., S. 23f.
10
Georg Kierdorf-Traut: „Erinnerung an Cajetan Sweth“, in: Der Schlern 56 (1982), Heft 7/8: Juli/
August, S. 407.
5
6
Ach Himmel, es ist verspielt
311
dem 16. Jahrhundert aufweist und sein Text auf einem ursprünglich niederländischen
Lied aus dem späten 18. Jahrhundert basiert. Die älteste deutsche Variante des niederländischen Liedes trägt den Titel Gespräch zwischen einem Korporal und dem Tode und
beginnt mit „O Himmel! Ich verspühr, / dass ich nicht mehr kann leben; / der Tod steht
vor der Thür, / will mir kein Pardon geben. / Mein’ Lebenszeit ist aus, / womit hab ich’s
verschuldt“ und weist somit eine eklatante Ähnlichkeit mit Hofers Abschiedslied auf.
Im Jahr 1793 erstmals in einem Amsterdamer Liederbuch veröffentlicht, handelt es vom
Tod eines 22-jährigen deutschen Korporals, der in Suriname, im Norden Südamerikas,
starb.11 „O Himmel! Ich verspühr“ erlebte eine vielfältige, variantenreiche Rezeption
insbesondere in Deutschland, mit veränderten Ortsangaben (statt Amerika Frankenland, Sachsenland, Bayern oder Österreich) und in manchen Varianten mit einem veränderten lyrischen Ich.12 Seit der Mitte des 19. Jahrhunderts ist das Lied im deutschen
Sprachraum auch unter dem Incipit „Hier liegt ein junger Soldat“ bzw. „Ich bin ein
junger Soldat“ bekannt.13 Und 1860 findet sich bei August Heinrich Hoffmann von Fallersleben erstmals eine schlesische Fassung des Liedes, in der der Beginn „Ach Himmel,
ich verspühr“ durch „Ach Himmel, es ist verspielt“ ersetzt ist und die somit den selben
Anfang aufweist wie Hofers Abschiedslied.14 Aus mehreren Gründen ist ersichtlich, dass
das ursprünglich niederländische Lied in seinen deutschsprachigen Versionen schon um
1800 erstaunlich beliebt war. Der Volksliedforscher John Meier wies darauf hin, dass
Friedrich Leonard von Soltau eine Variante des Liedes gesammelt hatte, in der Ferdinand von Schill (1776–1809), ein preußischer Offizier, der 1809 im Kampf gegen die
Franzosen 1809 gefallen war,15 die Hauptrolle spielt.16 Auch der Volksliedsammler Franz
Wilhelm von Ditfurth (1801–1880) publizierte dieses Lied.17 Diese Informationen sind
konkrete Hinweise auf die Popularität des ursprünglich niederländischen Liedes.
Wie beurteilen wir aber die noch immer nicht gänzlich verschwundene Legende,
dass Andreas Hofer selbst während seiner Gefangenschaft im Kerker von Mantua „Ach
Himmel, es ist verspielt“ gedichtet haben soll? John Meier war skeptisch und beharrte
darauf, dass es nicht ein Lied von Hofer, sondern ein Lied auf Hofer sei.18 Aber selbst im
Jahr 2009 konnte sich auch die Musikwissenschaftlerin Hildegard Herrmann-Schneider
nicht gänzlich vom Mythos des leidenden, dichtenden und singenden Hofer in seinen
letzten Stunden befreien und schrieb in ihrem Aufsatz über Andreas Hofer als musikalisches Sujet:
Johannes Bolte: „Zum deutschen Volksliede“, in: Zeitschrift des Vereins für Volkskunde 26 (1916),
S. 178–193.
12
Die starke Umformung des Liedes im deutschsprachigen Raum lässt sich anhand seiner vielfältigen
Varianten im Deutschen Volksliedarchiv, Freiburg i. Br., darstellen.
13
Bolte: „Zum deutschen Volksliede“ (wie Anm. 11), S. 184.
14
August Heinrich Hoffmann von Fallersleben: Findlinge. Zur Geschichte deutscher Sprache und Dichtung,
1. Band, Leipzig 1860.
15
Veit Veltzke (Hg.): Für die Freiheit – gegen Napoleon. Ferdinand von Schill, Preußen und die deutsche
Nation, Köln – Weimar – Wien 2009.
16
„Zu Wesel auf der Schanz“ (Das Kriegsgericht zu Wesel), in: Heinrich Rudolf Hildebrand (Hg.): F. L.
Soltau’s Deutsche Historische Volkslieder, Zweites Hundert. Aus Soltau’s und Leyer’s Nachlaß und anderen
Quellen, Leipzig 1856, S. 445–447.
17
Franz Wilhelm von Ditfurth (Hg.): Historische Volkslieder der Zeit von 1756 bis 1871. 1. Band, 2. Heft:
Die historischen Volkslieder vom Ende des siebenjährigen Krieges, 1763, bis zum Brande von Moskau, 1812,
Berlin 1872., S. 353–355.
18
John Meier: „Zum Lied von Andreas Hofer“, in: Das Deutsche Volkslied 38 (1936), S. 153–156.
11
312
Kapitel 16
Warum sollte ein enger Vertrauter Hofers, der ihn schließlich bis in die Todesstunde begleitete, kein
glaubwürdiger Gewährsmann sein? Selbst wenn Motive aus Hofers fraglichem Schwanengesang
schon in älterer Dichtung vorkommen und die Melodie von „Ach Himmel ich bin […]“ bzw.
„[…] es ist verspielt“ auf eine französische Tanzweise von 1540 bzw. ein niederländisches Lied des
18. Jahrhunderts zurückgeht, in dem ein Korporal mit dem Tod einen Dialog hält, könnte nicht
ein Adaptieren, ein Zurecht-Singen von etwas Bekanntem auf eine bestimmte Situation hin durch
Andreas Hofer vorliegen? Immerhin war dies im usuellen Singen und Musizieren durchaus üblich.
Warum sollte Andreas Hofer als Passeirer, aus einer musizierfreudigen Gegend und als ehemaliger
Wirt nicht des Singens kundig gewesen sein? Warum sollte er in Wien im Januar 1809 in der
schwierigen Situation seiner Mission ausgerechnet die Oper besucht haben, zum Leidwesen des
Josef Freiherrn von Hormayr, des Beraters von Erzherzog Johann, wenn er nicht musikalisch interessiert oder gar verständig war?19
Sweth als Gewährsmann unbedingten Glauben zu schenken, halte ich für unvorsichtig.
Wie Herrmann-Schneider könnte man demgegenüber fragen, warum ein enger Vertrauter Hofers ein glaubwürdiger Informant sein sollte? Und, wie Meinrad Pizzinini
schon feststellte, mag Cajetan von Sweth Hörmann tatsächlich das Lied vorgesungen
und ihm gegenüber behauptet haben, dass es von Hofer herrühre, aber aus welchem
Grund fand Sweth es in seiner ausführlichen Darstellung der letzten Lebenstage Hofers
nicht erwähnenswert?20 Ist es gar denkbar, dass er das Lied erst im Nachhinein, als es
schon populär war, dem von ihm so verehrten Andreas Hofer zuschrieb?
Die zwei anderen Argumente Hildegard Herrmann-Schneiders, dass Hofer aus einer
musizierfreudigen Gegend stammte und in Wien eine Oper besuchte (eine Tatsache,
die sein musikalisches Interesse unterstreichen soll), mögen zutreffen, können jedoch
meines Erachtens nur wenig zur Klärung der Urheberschaft des Liedes beitragen. Vorausgesetzt, die Melodie und der Text des Liedes „O Himmel! ich verspühr“, dessen
Beliebtheit um 1800 ja nachweisbar ist, wäre Andreas Hofer bekannt gewesen – wäre es
ihm zuzutrauen, dass er in den Tagen seiner Gefangenschaft, die er in erster Linie betend
zugebracht haben soll, die Muße hatte, einige Liedverse auf sein eigenes Schicksal umzudichten? Handelt es sich bei Hofers Bildungsstand nicht eher um eine Frage der poetisch-kreativen Möglichkeiten? Denn die schriftliche Hinterlassenschaft des Sandwirts
offenbart den Bildungsstand eines Menschen, der nur wenige Jahre Schulbildung genossen hat und dessen Schriftstücke sich stets im Bereich des alltäglich Gebräuch­lichen
und Umgangssprachlichen bewegten. Hofers Briefe sind in einem knappen Tonfall
gehalten und im Dialekt verfasst. Andreas Oberhofer, der sich mit Hofers schriftlicher
Hinter­lassenschaft beschäftigte, spricht dem „Sandwirt“ jegliche poetische Begabung
ab.21 Hofer, von dem übrigens kein einziger Reim bekannt ist, ist als poetischer (Um-)
Dichter eines (ihm bereits bekannten) Liedes nur äußerst schwer vorstellbar.
Hildegard Herrmann-Schneider: „Andreas Hofer und die Tiroler Freiheitskämpfe als musikalisches
Sujet. Ereignisse – Heldentum – Erinnerung“, in: Der Schlern 83 (2009), Heft 7: Juli, S. 4–52, hier
S. 26.
20
Pizzinini: Andreas Hofer (wie Anm. 8), S. 297.
21
Andreas Oberhofer: Weltbild eines „Helden“. Andreas Hofers schriftliche Hinterlassenschaft, Innsbruck
2008 (Schlern-Schriften 342).
19
Ach Himmel, es ist verspielt
313
Lückenhafte Überlieferung
Wann das Lied „Ach Himmel, es ist verspielt“ nun tatsächlich entstanden ist und ob es
wirklich bloß eine Umdichtung des genannten niederländischen Liedes ist, ist unbekannt. Ludwig von Hörmann gibt in seiner Abhandlung zum Thema „Andreas Hofer
im Volksliede“, die er in den Innsbrucker Nachrichten 1910 veröffentlichte, an, den ältesten Beleg des Textes in einem Brief aus dem Jahr 1818 gefunden zu haben.22 Da das Original verschollen ist, müssen wir uns auch in dieser Sache auf Hörmanns Schilderung
verlassen. Er fand auf einem Blatt Papier, das zu einem Kuvert zusammengefaltet war,
den Text des Liedes, wie er auch heute noch bekannt ist. Der Absender war ein unbekannter Mann, die Adressatin möglicherweise dessen Geliebte, eine „Jungfrau Anna
Waldner, Dienstmagd bei Herrn Michel Bescheider, in Graun [im Vinschgau, Anm. d.
Verf.]“. Der Brief wurde mit dem Vermerk „sehr dringet“ in Bozen aufgegeben. Dass
es sich um einen Liebesbrief handelte, bezeugt der kurze beigefügte Spruch: „Und ich
liewe dich so vest, wie der Bäum (seine Äst).“
Der in einer anderen Handschrift als die Adresse geschriebene Text weist nur unerhebliche Abweichungen vom eingangs zitierten Liedtext auf. Das Lied beginnt mit „Ach
Himmel! Ich bin verspielt“. Hörmann gibt an, dass er erst mit Hilfe eines k. k. Postamtsvizedirektors das auf dem Brief angegebene Datum, den 18. November 1818, entziffern konnte. Nun könnte man an dieser Stelle schon Zweifel daran hegen, ob denn
die Datumsangabe richtig gelesen wurde. Und angesichts der weiteren Überlieferungsgeschichte von „Ach Himmel, es ist verspielt“ mag dieser Zweifel auch gar nicht unangebracht erscheinen, denn die nächsten Belege für das Lied stammen erst aus dem letzten Drittel des 19. Jahrhunderts. Im Jahr 1870 veröffentlichte Ludwig von Hörmann
erstmals das Lied im Alpen-Freund, einer Zeitschrift für Alpenkunde, und merkte an:
Es ist dies das einzige bekannte volksthümliche Andreas-Hofer-Lied, angeblich von ihm selbst in
der Gefangenschaft verfaßt. Man hört es jetzt nur noch von alten Leuten, da das Mosen’sche Lied
[„Zu Mantua in Banden“, die Verf.] größtentheils Eingang gefunden.23
Im Jahr 1884 fand „Ach Himmel, es ist verspielt“ als „Volkslied“ Eingang in Ludwig
August Frankls Sammlung Andreas Hofer im Liede, aber ohne jegliche weitere Information.24 Im Jahr 1899 nahm der Tiroler Volksliedsammler Franz Friedrich Kohl (1851–
1924) das Lied in seine Sammlung Echte Tiroler-Lieder auf, und zwar mit dem Kommen­
tar: „Dieses schöne Lied wird heute noch da und dort gesungen, der Herausgeber fand
es in so manchen handschriftlichen Textaufzeichnungen im Volke vor.“25 Im Jahr 1909
war das Lied auch Robert Franz Arnold und Karl Wagner bekannt. Sie veröffentlichten
Hörmann: „Andreas Hofer im Volksliede“ (wie Anm. 4), S. 1.
Eduard Amthor (Hg.): Der Alpen-Freund. Monatshefte für Verbreitung von Alpenkunde unter Jung und
Alt in populären und unterhaltenden Schilderungen aus dem Gesammtgebiet der Alpenwelt und mit praktischen Winken zur genussvollen Bereisung derselben. In Verbindung mit hervorragenden Alpenkennern,
1. Band, 2. Heft, Gera 1870, S. 73.
24
Ludwig August Frankl (Hg.): Andreas Hofer im Liede, Innsbruck 1884, S. 110f.
25
Franz Friedrich Kohl (Hg.): Echte Tiroler-Lieder, Wien 1899, S. 253f. Siehe auch Tiroler Volksmusikverein / Südtiroler Volksmusikkreis (Hg.): Echte Tiroler Lieder. Ergänzte und kommentierte Neuausgabe
der Tiroler Liedersammlungen von Franz Friedrich Kohl, 1. Band, Innsbruck – Wien 1999, S. 154f.
22
23
314
Kapitel 16
es in ihrer Sammlung von Kriegsliedern aus dem Jahre 1809 unter dem Titel Hofer vor
dem Tode.26 Oswald Menghin hält 1912 fest, dass das Lied in vielen Varianten überliefert ist und sieht dies, wohl richtig, als Beweis für dessen Popularität an: „Es ist selbstverständlich, das bei einem Liede, das noch im Munde des Volkes allgemein lebt, eine
Unzahl kleinere und größere textliche Abweichungen vorkommen müssen […]“.27 Seine
unterschiedlichen Strophenmengen und die leichten Abwandlungen könnten tatsächlich auf ein oftmaliges variierendes Umsingen des Liedes und damit auf einen hohen
Bekanntheitsgrad und eine längere Lebensdauer hinweisen. Fast alle oben genannten
Autoren geben zudem an, dass „Ach Himmel, es ist verspielt“ in vielen Tälern Tirols
„nach wie vor“ gesungen werde bzw. in Konkurrenz mit dem als neu empfundenen Lied
„Zu Mantua in Banden“ stehe.28
Warum aber fehlt uns zwischen 1818 und 1870 jeglicher Hinweis auf Hofers
Abschiedslied, wenn es doch angeblich so beliebt war und von der Bevölkerung gerne
gesungen wurde? Warum findet sich keine einzige Aufzeichnung davon im Tiroler Volksliedarchiv, das ab 1905 infolge des Sammelunternehmens Das Volkslied in Österreich
aufgebaut wurde und zahlreiche Liedaufzeichnungen aus der mündlichen Überlieferung
des 19. Jahrhunderts enthält? Inhaltlich hätte sich das Lied zudem auch für die Darbietungen der Nationalsängergesellschaften geeignet, und trotzdem wurde „Ach Himmel,
es ist verspielt“ nie in das Repertoire der fahrenden Tiroler Sängergruppen aufgenommen. Und warum kannte keiner der Volksliedsammler ab den 1830er-Jahren, wie Soltau, Ditfurth oder Hoffmann von Fallersleben, das Lied, obwohl sie von anderen Tiroler
Liedern aus der Zeit um 1809 sehr wohl Kenntnis besaßen?
Letztlich können wir diese Fragen nicht klären, bloß Mutmaßungen anstellen. Wenn
wir davon ausgehen, dass Hörmanns Datierung des frühest bekannten Beleges von 1818
stimmt, d. h. Hofers Abschiedslied tatsächlich schon wenige Jahre nach seinem Tod
als Volkslied kursierte, dann liegt es nahe, dieses Lied zu den Beispielen für die frühe
Verehrung Hofers in Tirol zu zählen. Auch wenn es nur wenige Anhaltspunkte für eine
Verehrung des Sandwirts als (National-)Helden so bald nach seinem Tod oder gar noch
zu seinen Lebzeiten gibt, so können diese doch nicht gänzlich verschwiegen werden.
Eine gezeichnete Apotheose auf Hofer als göttliche Figur vom Pater Benitius Mayr aus
dem Jahr 1809 könnte zwar, wie der Historiker Bernhard Mertelseder anmerkt, auch
als Karikatur interpretiert werden, aber ebenso als ein Beispiel für die frühe Verherrlichung Hofers.29 Die Rezeptionsgeschichte von Andreas Hofer und die Schritte der
Wandlung seines Bildes vom aufständischen Rebellen zum „wehrlosen Opfer für höhere
Arnold/Wagner (Hg.): Achtzehnhundertneun (wie Anm. 3), S. 270f.
Oswald Menghin: „Andreas Hofer im volkstümlichen Liede“, in: Anon. (Hg.): Anno Neun. Volkslieder
und Flugschriften, Brixen 1912 (Bücherei des Österreichischen Volksschriftenvereins 5), S. 5–62, hier S. 50.
28
„Tirol hatte sich seine eigenen Lieder über den tragischen Untergang des Volkshelden geschöpft. Eines
vor allem besteht heute noch rühmlich den Kampf mit Mosens Ballade. Es wird in allen Tälern Tirols,
im letzten Winkel, wo vielleicht auch noch nicht einmal ‚Zu Mantua in Banden‘ hingedrungen ist oder
nur zwischen den dumpfen Wänden der Notschulstube erklingt, gesungen“, schreibt Oswald Menghin
in: „Andreas Hofer“ (wie Anm. 27), S. 47. Schon 1870 schrieb Ludwig von Hörmann: „Man hört es
jetzt nur noch von alten Leuten, da das Mosen’sche Lied größtentheils Eingang gefunden hat“; siehe
Amthor (Hg.): Der Alpen-Freund (wie Anm. 23), S. 73.
29
Bernhard Mertelseder: „Frühe Erinnerung an den ‚Freiheitskampf ‘“, in: Bernhard Mertelseder / Brigitte Mazohl / Johannes Weber (Hg.): 1809 – und danach? Über die Allgegenwart der Vergangenheit in
Tirol, Bozen – Innsbruck – Wien 2009, S. 127–137, hier S. 128.
26
27
Ach Himmel, es ist verspielt
315
Ziele“, seine breitgefächerte politische Instrumentalisierung, seine Verehrung als großer
„Nationalheld“ Tirols, die ohne Zweifel im hundertsten Jubiläum des Jahres 1809 ihren
Höhepunkt erlebte, setzten rudimentär schon nach seinem Tod im Februar 1810 ein.
Ein Beispiel dafür ist etwa die Schilderung des Priesters Giovanni Battista Manifesti, der
bei der Erschießung Hofers zugegen war. Er bezeichnete Hofer als „unerschrockenen
Märtyrer“, der als „wahrer christlicher Held“ in den Tod gegangen sei und förderte
damit schon frühzeitig Hofers Märtyrer-Image, das ihm bis heute anhaftet.30
Später, als das Elend und die Schrecken des Kriegsjahres 1809 in Tirol nicht mehr so
unmittelbar zu spüren waren, entwickelte sich – zumal ja Zeitzeugen immer noch lebten – eine auf Hofer bezogene Erzähl- und damit auch Erinnerungskultur, die sich anfangs
auf den privaten Bereich beschränkte. Denn die Erinnerung an 1809, an den Aufstand
und an Hofer war in der Öffentlichkeit unbeliebt. Der österreichischen Regierung galt
Hofer als unliebsamer Unruhestifter, dessen Erinnerung in einer Zeit des politischen
und gesellschaftlichen Umbruchs, neuer politischer Ideen und sich neu formierender
politischer Kräfte zu revolutionären Handlungen anstiften könnte. Dementsprechend
zensurierte die österreichische Regierung z. B. frühe idealisierende Theaterstücke über
Hofer und favorisierte sehr viel mehr die ebenso gerne in Umlauf gebrachten negativen
Gerüchte um Hofer: Er sei militärisch unfähig gewesen und habe einen Hang zum Alkoholismus gehabt. Klaus Nutzenberger und Bernhard Mertelseder konstatierten beide,
dass die Erinnerung an 1809 von staatlicher Seite „verdunkelt“ wurde.31 Ersterer spricht
gar von einer „damnatio memoriae“, der Verdammung der Erinnerung.32
Demgegenüber verbreitete sich schon 1809 ein positives Bild von Andreas Hofer im
Ausland, das vor allem in den Jahren der deutschen Befreiungskriege von 1813–1815
an Popularität zulegen konnte.33 Dies verdeutlichen unter anderem die zahlreichen
Gedichte und Lieder von deutschen Dichtern wie Theodor Körner, Friedrich Rückert, Max von Schenkendorf etc. Auch der Tourismus in Tirol, der spätestens in den
1820er-Jahren einsetzte, erhielt durch Hofers Popularität einen bedeutenden Schub.
In dem seit 1835 geführten Gästebuch des Sandhofs, des Hauses von Andreas Hofer
in St. Leonhard in Passeier, ist die eindrucksvolle Liste der in- und ausländischen Besucher dokumentiert.34 Zahlreiche überlieferte (teils auch übertriebene?) Episoden aus der
ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts zeigen, wie das Bild Andreas Hofers den meist englischen35 und deutschen Touristen vermittelt wurde und dass die Art der Vermittlung auf
den touristischen Markt ausgerichtet war.36 In diesem Zusammenhang stellt Bernhard
Mertelseder fest, dass das Bild von „Anno Neun“, das man in Tirol für den Tourismus
entwarf, letztlich auch für das Selbstbild der Tiroler nicht unerheblich war:
Ebd.
Ebd., S. 129.
32
Klaus Nutzenberger: Das Bild Andreas Hofers in der historischen literarischen und künstlerischen Rezeption
des 19. und 20. Jahrhunderts, Dissertation, Universität Münster 1998, S. 140.
33
Siehe besonders Kapitel 17 in diesem Band.
34
Mertelseder: „Frühe Erinnerung“ (wie Anm. 29), S. 129.
35
Siehe dazu vertiefend Laurence Cole: „Echos von 1809: Der Tiroler Aufstand in der britischen Erinnerungskultur des 19. Jahrhunderts“, in: Brigitte Mazohl / Bernhard Mertelseder (Hg.): Abschied vom
Freiheitskampf ? Tirol und ‚1809‘ zwischen politischer Realität und Verklärung, Innsbruck 2009 (SchlernSchriften 346), S. 295–324.
36
Mertelseder: „Frühe Erinnerung“ (wie Anm. 29), S. 132.
30
31
316
Kapitel 16
Die Wertschätzung und die Beachtung, die den Tirolern entgegengebracht wurden, erweckten
sicherlich auch das Interesse an den Ereignissen von 1809 bei den Einheimischen selbst und gleichzeitig das Bedürfnis, sich den Erwartungen des „Publikums“ entsprechend zu produzieren und zu
präsentieren. Doch andererseits wurde dieses Bild wiederum in einer Situation sozialer Interaktion
von außen reflektiert, in einer Vis-a-vis-Situation quasi als Spiegelbild wieder auf die Tiroler zurückgeworfen.37
Mithilfe der Tiroler Nationalsänger, die ab den späten 1820er-Jahren Europa und Amerika bereisten, konnte sich das künstliche Bild des freiheits- und naturliebenden, jodelnden und gutgelaunten Tirolers noch weiter verbreiten.38
Zwei Ereignisse des Jahres 1823 zeigen, dass die Erinnerung an Hofer etwa ab diesem Zeitpunkt eine offiziösere Note erhielt als in den Jahren zuvor, als eine ungelenkte
mündliche Erzählkultur von „Anno Neun“ dominierte. Zum einen ist dies die 1823
erfolgte Gründung des Tiroler Nationalmuseums in Innsbruck, das heute als Tiroler
Landesmuseum Ferdinandeum bekannt ist. Dort fanden sich von Beginn an unter den
Ausstellungsstücken auch Gegenstände aus Hofers persönlichem Besitz („Hoferiana“).
Mertelseder betont, dass die Präsentation dieser „Reliquien“ weniger einen mythischen
als vielmehr eine „kuriosen“ Charakter hatte.39 Zum anderen wurden im selben Jahr
Hofers Gebeine in Mantua durch Tiroler Kaiserjäger exhumiert, was zu einer offiziellen
Stellungnahme seitens der österreichischen Regierung führte. Eine nur kurze zensurierte
Zeitungsmitteilung, in der Hofer zwar als „Vaterlandsverteidiger“ bezeichnet wird, steht
im Widerspruch zu der regen Anteilnahme an der Beisetzung seiner Überreste in der
Hofkirche.40 Etwa zeitgleich kam die Idee auf, Andreas Hofer in der Hofkirche ein
Denkmal zu setzen – 1834 fand seine Einweihung statt.41 Die weiteren Stationen der
zur Mythifizierung werdenden Erinnerung an Hofer würden uns an dieser Stelle zu weit
von der eigentlichen Thematik wegführen. Zusammenfassend sei aber festgehalten, dass
die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts von einer weitreichenden, auch politisch instrumentalisierten Intensivierung des „Anno Neun-Mythos“ geprägt ist.42
In der Tiroler Literatur zwischen 1815 und 1848 spiegelt sich das zunehmende
Interesse am Mythos 1809 ab den 1820er-Jahren wider. Josef Feichtinger spricht von
einer auffallenden etwa zehnjährigen Lücke zwischen 1810 und 1820, in der Hofer
und 1809 als literarischer Stoff verdrängt und von den österreichischen Behörden zensuriert wurde.43 Etwa zeitgleich mit der erzwungenen „Öffentlichkeitsarbeit“, die die
Wiener Zentrale wegen des Begräbnisses von Hofers Überresten betreiben musste, trieb
die tirolische patriotische Dichtung ihre ersten Blüten und scheute dabei den Topos des
Sandwirts nicht. Viele Gedichte und Theaterstücke von Zeitgenossen wie Beda Weber,
Ebd., S. 133.
Siehe Kapitel 14 in diesem Band.
39
Mertelseder: „Frühe Erinnerung“ (wie Anm. 29), 136f.
40
Bernhard Mertelseder: „Beginn einer öffentlichen Gedenkkultur“, in: Mertelseder/Mazohl/Weber
(Hg.): 1809 – und danach? (wie Anm. 29), S. 147–162, hier S. 151.
41
Ebd., S. 152–155.
42
Bernhard Mertelseder: „Vom Freiheits- zum Glaubenskampf“, in: Mertelseder/Mazohl/Weber (Hg.):
1809 – und danach? (wie Anm. 29), S. 163–173.
43
Feichtinger (Hg.): Tirol 1809 (wie Anm. 3), S. 46–63. Zu den Tätigkeiten der geheimen Staatspolizei
im Tiroler Vormärz siehe Michael Forcher: Die geheime Staatspolizei im vormärzlichen Tirol und Vorarlberg, Dissertation, Universität Innsbruck 1966.
37
38
Ach Himmel, es ist verspielt
317
Kaspar von Wörndle, Alois Weißenbach, Johann Senn und vielen anderen geben eindrückliche Beweise dafür. Wohlgemerkt handelte es sich bei dieser Lyrik überwiegend
um Gedichte mit vaterländischem Pathos, die für die österreichischen Behörden einen
zu starken nationalistischen Beigeschmack trugen.44
Spätere Spuren des Tiroler Nationalhelden
Die beiden Lieder „Ach Himmel, es ist verspielt“ und „Zu Mantua in Banden“ zählen zu
den wenigen Liedern des österreichischen Vormärz, in denen das Bild des Heroen Hofer
in seinen unterschiedlichen Dimensionen sichtbar wird. Im Tiroler Volkslied­archiv in
Innsbruck liegen weitere Lieder auf, die um 1900 aufgezeichnet wurden, wohl aber
schon älter sind. Aus dem Jahr 1894 stammt die Aufzeichnung eines Liedes, das inhaltlich sehr an „Ach Himmel, es ist verspielt“ erinnert:
1. So ist’s mit mir halt aus,
Um 11 Uhr muaß i sterbn
I muaß den Wall da drauß’
Mit meinem Herzblut färb’n.
/: I muaß sterbn als wie in Schand
So weit vom Heimatland. :/
2. O liebes Jesuherz
Steh bei mir armen Sünder,
Und lindre du den Schmerz
Von Weib und von die Kinder.
/: Beim Sterbn thu beistehn mir
Und nimm mein Seel zu dir. :/
3. O liebes Land Tirol,
Für den i oft gestritten,
So leb ja tausend wohl!
I werd schon den Herrgott bitten,
/: Daß er stets eingedenkt,
Daß du d’ ihm hast geschenkt. :/
4. O lieber Koaser Franz,
Wie thuet’s mir dein verschmochen!
O lieber Herzog Hans,
Bist a schon ganz gebrochen!
/: Gott schütz’ Enk beide treu
Und Frieden bald verleih’. :/
5. Ös meine treuen Freund’
Und tapfre Kampfgenossen,
Wenns derfragt, daß heunt
Der Sandwirt ward derschossen:
/: Vergeßt beim Rosenkranz
In Anderle nit ganz. :/
Feichtinger (Hg.): Tirol 1809 (wie Anm. 3), S. 72.
44
318
Kapitel 16
6. O treastet’s Weib und Kind
Und treastet die arme Nandl,
Und treastet s’ Hausgesind,
Sorgt’s für den Kajetanl
/: Und sagt’s dem Raffel an
Daß i ihm verziehen han. :/
7. Dreiviertel ist es schon,
Die Trummel wird schon g’rühret,
Jetzt kommt das Batallion,
Das mich zum Sterben führet
/: Ade, o schnöde Welt,
Jetzt fürschli und frisch ung’stellt. :/
8. Grüß Gott, ihr Grenadier’,
Müaßt ös mi gern derschießen,
Geahts, sagt’s mir nur geschwind,
Wo werd’ i hinstehn müaßen.
/: Geaht’s reart nit, schamt’s Enk decht,
Mir ist das Sterben recht. :/
9. O liebe Himmelsfrau,
O Königin Maria,
Du gnädig niederschau
Auf mich, den armen Sünder.
/: Führ mich in Himmel ein,
Dort werd’ ich glücklich sein. :/45
Inhaltlich schildert das Lied, das laut Arnold und Wagner 1894 von einem unbekannten
Innsbrucker Professor aufgezeichnet wurde,46 dieselbe Situation wie das bekannte „Ach
Himmel, es ist verspielt“: Hofers Gedanken vor seiner Erschießung in seiner Zelle, seine
letzten Worte, die er an seine Frau, seine Kinder, seine Mitstreiter und sogar an seinen
Verräter, Franz Raffl, richtet. Die Detailtreue der Strophen – tatsächlich wurde Andreas
Hofer um 11 Uhr aus seiner Zelle geholt – fällt ebenso auf wie der fünfte Vers der siebten Strophe: „Ade, o schnöde Welt!“. Diesen Ausruf formulierte Andreas Hofer selbst
in seinem letzten Brief an seinen Freund Vinzenz Pühler: „Ade mein schnede Welt, so
leicht khombt mir das sterben vor, das mir nit die augen nasß werden.“47
In einem 1881 zusammengestellten Liederheft aus Sarnthein findet sich ein weiteres
Andreas-Hofer-Lied, das den Titel Der Wirt vom Sand 48 trägt. Hierbei handelt es sich
um ein stilisiertes Trauerlied über den Verlust des charismatischen Hofer und über sein
unbescholtenes, bescheidenes Leben. Der anonyme Dichter zeichnete dabei ein idylArnold/Wagner (Hg.): Achtzehnhundertneun (wie Anm. 3), S. 463f.; handschriftlich im Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck (im Folgenden: TLMF), FB 2103/52 (hier die Notiz, dass das
Lied am 10. September 1894 in Walten im Passeiertal aufgezeichnet wurde); erster Druck bei Emil
Karl Blümml: „Andreas Hofer-Lieder“, in: Die Kultur Wien 10 (1909), S. 91–94, hier S. 93. Siehe auch
Liedindex, Nr. 56.
46
Arnold/Wagner (Hg.): Achtzehnhundertneun (wie Anm. 3), S. 462.
47
Andreas Oberhofer: Weltbild eines „Helden“. Andreas Hofers schriftliche Hinterlassenschaft, Innsbruck
2008 (Schlern-Schriften 342), S. 613.
48
Tiroler Volksliedarchiv, Innsbruck (im Folgenden TVA), A 8172, Ort der Aufzeichnung: Sarnthein,
Liederheft des Josef Kienzl, 1881, gesammelt von Klara Pölt-Nordheim. Siehe auch Liedindex, Nr. 133.
45
Ach Himmel, es ist verspielt
319
lisches Bild vom Passeiertal, der Lebensumgebung Hofers. Es verwundert nicht, dass
dieses Lied Eingang in das Repertoire der Tiroler Nationalsängergesellschaften fand.49
Mit den oben angeführten Liedern, ebenso wie mit den weiteren Liedern Andreas-HoferMarsch,50 Tiroler Adler, flieg auf vom Nest 51 und Grüaß Gott Euch Herrn und Frauen all 52
lehnen wir uns schon ein Stück zu weit über den für diese Untersuchung gesteckten
Zeitrahmen von 1796–1848 hinaus. Sie alle wurden mit größter Wahrscheinlichkeit
erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts gedichtet und gesungen.
Der nachfolgende Liedtext, der erst im Laufe der Forschungen zur vorliegenden Publikation ans Tageslicht kam, stammt jedoch aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts.
Sein einziger bislang bekannter Beleg findet sich im Tiroler Volksliedarchiv in einem handschriftlichen anonymen Gesangbuch aus St. Johann in Tirol, das die Datierung 1852 trägt:
Der Hofer, der Sandwirth.
1. Hört Freunde last uns singen,
Von den Landsturm in Tirol
Last dem Mann Ehr uns bringen,
Wem es gilt weiß jeder wohl.
2. Unsern Hofer soll es gelten,
Der, der Thaten Lohn genießt,
Und nun Wohnt in bessern Welten,
Wo kein Leidens Thräne flüßt.
3. Hoch in dem Passeier Thale,
Lebt der Mann mit deutschem Sinn,
Einfach wie die Alten alle,
Nur den Sandwirth nent man ihn.
4. Er ein Mann mit Geist und D[?]egn
Ohne Falsch und ohne List,
Siehe Kapitel 5 in diesem Band.
Handschriftliches Liederbuch des H. Hinterwalder, o. J. (TVA, A 8941). Siehe auch Liedindex, Nr. 94.
51
„Tiroler Adler, flieg auf vom Nest! / Flieg auf vom Sandwirtshaus. / Es zieht ein Tannwald / Stolz und
fest / Passeirer Männer aus. / Die Trommel dumpf, die Schwegel laut; / Der Kaiser hat auf sie gebaut. /
Die Fahne weiß auf Maiengrün, / Der Adler drauf ist rot, / Im Süden dunkle Bilder ziehn / Gilt’s Leben
oder tot? / Klag nicht du stolzes Schützenweib, / Mir ist als gings zum Zeitvertreib“ (TVA, A 8323,
aufgezeichnet von Josephus Weber, Schwaz, 9. November 1916, mitgeteilt durch Therese Lechner).
Siehe auch Liedindex, Nr. 134.
52
„1. Grüaß Gott, euch Herrn und Frauen all, wir reichen euch die Hand. / Wir kommen aus dem Passeiertal, das ist euch wohlbekannt. / Da lebte Andreas Hofer einst, der treue Wirt von Sand, / er starb
als Held für Gott und auch fürs liebe Vaterland. / 2. Was dieser Held einst hat getan, das wissen wir alle
gut, / er gab für das Haus Österreich sein Leben und sein Blut. / Steht nicht im Tempel Gottes da sein
Heldenehrenmal? / Zu diesem Bild, da ziehn wir hin; – treu bleibt das ganze Tal. / 3. Wir sind nicht
wenig stolz darauf, daß wir Passeirer sind, / denn unsres Hofers Heldenlauf weiß fast ein jedes Kind. /
Und ist er auch schon tot, sein Geist für uns noch immer lebt, / was uns, Passeirer, kräftig macht, zum
Kampfe stets erhebt. / 4. Kommt einmal noch zum Krieg und Streit unser Volke mit dem Feind, / dann
sind wir wiederum all bereit wie achtzehnhundertneun, / zu kämpfen und zu streiten dann ein jeder
Hand in Hand, / der Tod für Kaiser und wohl auch fürs liebe Vaterland“; siehe Alfred Quellmalz: Südtiroler Volkslieder. Band 1: Balladen, Schwankballaden, Moritaten, historische Lieder, ältere Soldatenlieder,
Ständelieder, Bauern und Knechte, Kassel u. a. 1968, S. 159 (mit Melodie); handschriftlich überliefert
im TLMF, FB 2103/52 (Aufzeichnung aus Walten bei St. Leonhard in Passeier, 10. September 1894).
Siehe auch Liedindex, Nr. 28.
49
50
320
Kapitel 16
Ging er stets auf graden Wegn,
Wie es deutsche Sitte ist.
5. Und die wilden fränk’schen Krieger,
Schlug er dreimal aus dem Land,
Blieb bei Hall und Innsbruck Sieger,
Stelte Manchen in den Sand.
6. Er schoß gut und zielte sicher,
Wie einst Tell in seiner Schweitz,
Und wie Friederich seinen Blücher
Gab ihm Franz das Golden Kreuz.53
7. Und mit seinen treuen Bauern,
Aller Weg und Steg bekant,
Stürmt er über Schanz und Mauern,
Unaufhaltsam durch das Land.
8. Und als nach dem Blut’gen Streite
Franz mit Frankreich Friede schloß,
Da gabs wieder frische Beute,
nach Tirol gings wieder Los.
9. Zahlos über Feld und Auen
Kamen sie nun nach Tirol,
Siegestrunken Stolz wie Pfauen
Dennoch war ihr Maas nicht voll.
10. Hofer sprach zum Volke: Brüder,
Geht nach Haus, es thut mir Leid,
Und legt eure Waffen [?] nieder,
Bis zu einer bessern Zeit.
11. Auf der höchsten Berges Spitzen
In ein Hütt mit Stein bedeckt,
floh er hin der brafe Schütze,
Und hielt dorten sich versteckt.
12. Doch ein Schurk hat ihn verrathen
Für den Blutigen Gewinn,
26. Dzb. 80954
Und für Hundert Gold DukatenFrz Rfl55
Führt er die Franzosen hin.
13. Und nun schlebten sie den Brafen,
Ueber Feld und Berge hin,
Ketten tragent wie die Schlafen56
Muste er nach Mantua ziehen.
Damit dürften zum einen der preußische König Friedrich Wilhelm III. (1770–1840) und Gebhard
Leberecht von Blücher (1742–1819) gemeint sein. Letzterer spielte in den Befreiungskriegen in militärischen Führungspositionen eine bedeutende Rolle; siehe Hans Haussherr: „Blücher von Wahlstatt,
Gebhard Leberecht Fürst“, in: Neue Deutsche Biographie 2 (1955), S. 317–319 (Onlinefassung); http://
www.deutsche-biographie.de/sfz35354.html (17. 07. 2013). Blücher wurde 1814 mit einem extra für
ihn angefertigten Eisernen Kreuz mit goldenen Strahlen geehrt.
54
26. Dezember 1809.
55
Kürzel für Franz Raffl, der Soldaten zum Versteck von Andreas Hofer führte und ihn somit auslieferte.
56
Hier dürften wohl „Sklaven“ gemeint sein.
53
Ach Himmel, es ist verspielt
321
14. Voll vertrauen Gott ergeben,
Und mit heiterem Gesicht,
Wie in seinem ganzen Leben
Stelt er sich vors Kriegsgericht.
15. Gern will ich von hinnen Scheiden
Gern sprach er dem Tod mich weihe
Lieber will ich zehnfach Leiden
Als ein Sklave Frankreichs sein.
16. Jenseits find ich deutsche wieder,
Frei vom fremden Joch und Schmerz
Ohne Wanken kniet er nieder
Und die Kugel traf das Herz.
den 20. Jnner 81057
17. Nach der Zeit dem Schmerz zu lindern,
Wohl gewogen unserm Land,
Nahm ihn Franz nebst seinen Kindern
Auf in Östreichs Adelsstand.
18. Franz ließ seine über Reste
Bringen her von Mantua,
Und in Innsbruck hielt man Feste
die man nun gar selten sah.58
Mehrere Formulierungen ermöglichen Vermutungen über die Herkunft und den Entstehungszeitpunkt des Liedes. Die hochdeutschen Verse und die Begriffe „Schurke“ für
den „Verräter Hofers“ Franz Raffl deuten meines Erachtens eher auf einen deutschen
Verfasser hin, wobei eine Tiroler Verfasserschaft nicht auszuschließen ist. Die Vergleiche Hofers mit dem preußischen Feldmarschall Blücher und mit Wilhelm Tell, dem
sagenhaften „Freiheitskämpfer“ der Schweiz im 14. Jahrhundert, sind weitere Indizien
dafür, dass das Lied außerhalb Tirols entstanden ist. Hofer mit Tell gleichzusetzen ist
keine Erfindung des anonymen Dichters, sondern war spätestens seit 1830 vor allem in
Großbritannien ein gängiges Sujet. In diesem Jahr brachte beispielsweise James Robinson Planché ein Stück mit dem Titel Hofer, the Tell of the Tyrol auf die Bühne des ­Theatre
Royal in London. Als Grundlage für seine Umarbeitung diente ihm die Oper Wilhelm
Tell von Gioachino Rossini (1792–1868). Dass die Sagengestalt Wilhelm Tell und
­Andreas Hofer trotz ihrer zeitlichen Distanz aufgrund ihrer vergleichbaren politischen
Ziele (nämlich der Kampf für Freiheit) gerne zueinander in Beziehung gesetzt werden,
liegt mit Sicherheit auch an der alpenländischen Umgebung dieser beiden Heldenfiguren. Tirol und die Schweiz wurden nicht selten gleichgesetzt. Eine Verbindung zwischen
Tell, Blücher und Hofer herzustellen lag einem Tiroler Dichter des 19. Jahrhunderts mit
Sicherheit nicht sehr nahe.
Tatsächlich war es aber der 20. Februar 1810.
TLMF, FB 35387/3, S. 1–3. Siehe auch Liedindex, Nr. 105.
57
58
322
Kapitel 16
Abb. 2: Die handschriftliche Aufzeichnung des Liedes Der Hofer, der Sandwirth (Beginn) in einem Gesangbuch aus der späten ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts (Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck,
FB 35387/3, S. 1).
Ach Himmel, es ist verspielt
323
Fazit
Kehren wir zum Ausgang unserer Überlegungen zurück. Wenn wir uns Ludwig von Hörmanns früher Datierung des Liedes „Ach Himmel, es ist verspielt“ mit 1818 anschließen, dann zählt es zu den frühesten „Erinnerungen“ an Hofer in Liedform. Möglicherweise ist der „Sterbegesang“ Hofers ein Beweis für eine mündliche Erzählkultur, in der
sich bereits das Märtyrer- und Heldenhafte von Hofer in Ansätzen manifestierte, auf
jeden Fall aber die Erinnerung an ihn weitergetragen wurde. Zieht man jedoch Hörmanns Datierung in Zweifel, dann entstand das Lied wahrscheinlich erst etwa zur Mitte
des 19. Jahrhunderts, sicherlich vor 1870, als es zum ersten Mal gedruckt wurde. Für ein
endgültiges Urteil über die Entstehungszeit reicht die Quellenlage nicht aus.
Die in diesem Kapitel behandelten Lieder gehören nicht zur Kategorie der politischen Lieder von zeitgenössischer Relevanz, sondern stammen aus der Phase der Hochstilisierung Hofers und des im Laufe des 19. Jahrhunderts zum „Freiheitskampf “ idealisierten Aufstandes von 1809. Vor allem anhand literarischer Produktionen des Vormärz
lässt sich Hofers Glorifizierung und die Mythifizierung seiner Taten und seines Charakters gut nachzeichnen. Auffallend ist dabei die große Menge an Gedichten, Dramen,
Theaterstücken und Opern und im Gegensatz dazu die verschwindend geringe Anzahl
von Liedern, wobei davon auszugehen ist, dass viele nur mündlich überlieferte Lieder
der Vergessenheit anheimfielen.
Die eigentliche Hochphase von Liedern über Hofer und den Aufstand von 1809
beginnt erst mit dem in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts einhergehenden Kult
um Andreas Hofer, der mit der Jahrhundertfeier 1909 seinen Höhepunkt erreichte.
Dutzende Schützenlieder wurden auf Hofers sagenhafte Tapferkeit, auf die Schlachten
am Bergisel und den „Adler von Tirol“ gedichtet und gesungen. Nun liegen all diese
Lieder aber nicht nur außerhalb des Untersuchungszeitrahmens dieses Forschungsprojektes, sondern es stellt sich auch die Frage, ob es sich bei ihnen um Lieder von
politischem Charakter handelt. „Ach Himmel, es ist verspielt“ kann insofern zu dieser
Kategorie gezählt werden, als es uns von einer politischen Figur, deren Bedeutung selbst
1809 nicht nur auf Tirol und Österreich beschränkt war, berichtet. Seine Rezeptionsgeschichte gewährt uns Einblick in die Erinnerungskultur eines für die Tiroler Gesellschaft
bedeutenden politischen Ereignisses. Die bis heute am Leben erhaltene Legende, „Ach
Himmel, es ist verspielt“ sei von Andreas Hofer in den letzten Tagen seines Lebens in
Mantua im Gefängnis gedichtet worden, ist allerdings das Ergebnis einer Erinnerungskultur, die ein idealisiertes Bild von Hofer vermitteln wollte.
Kapitel 17
„Mit dem verrathnen deutschen Reich!“.
Das Andreas Hofer-Lied („Zu Mantua in Banden“)
Sandra Hupfauf
Andreas Hofer.
Zu Mantua in Banden
Der treue Hofer war,
In Mantua zum Tode
Führt in der Feinde Schaar;
Es blutete der Brüder Herz,
Ganz Deutschland, ach, in Schmach und Schmerz!
Mit ihm das Land Tyrol!
Die Hände auf dem Rücken
Andreas Hofer ging
Mit ruhig vesten Schritten,
Ihm schien der Tod gering;
Der Tod, den er so manchesmal
Vom Iselberg geschickt in’s Thal
Im heiligen Land Tyrol!
Doch als aus Kerkergittern
Im vesten Mantua
Die treuern Waffenbrüder
Die Händ’ er strecken sah,
Da rief er laut: Gott sei mit euch,
Mit dem verrathnen deutschen Reich
Und mit dem Land Tyrol!
Dem Tambour will der Wirbel
Nicht unterm Schlägel vor,
Als nun Andreas Hofer
Schritt durch das finstre Thor.
Andreas noch in Banden frei,
Dort stand er vest auf der Bastei,
Der Mann vom Land Tyrol.
Dort soll er niederknien;
Er sprach: das Thu’ ich nitt!
Will sterben, wie ich stehe,
Will sterben, wie ich stritt,
So wie ich steh’ auf dieser Schanz
Es leb’ mein guter Kaiser Franz,
Mit ihm sein Land Tyrol!
Und von der Hand die Binde
Nimmt ihm der Korporal
Andreas Hofer betet
Allhier zum letztenmal;
326
Kapitel 17
Abb. 1: „Zu Mantua in Banden“, in: Friedrich Silcher / Friedrich Erk (Hg.): Allgemeines Deutsches Kommersbuch, Lahr 1858, S. 124f. (Onlinefassung); http://commons.wikimedia.org/wiki/File:De_Schauenburg_Allgemeines_Deutsches_Kommersbuch_063.jpg (16. 11. 2012).
Andreas Hofer („Zu Mantua in Banden“)
327
Dann ruft er: nun so trefft mich recht!
Gebt Feuer! Ach, wie schießt ihr schlecht!
Ade, mein Land Tyrol!1
Die unterschiedlichen Facetten der Tiroler Landeshymne „Zu Mantua in Banden“
wurden schon von vielen Seiten beleuchtet.2 Es gibt mehr oder weniger ausführliche
Biografien über den Textdichter Julius Mosen (1803–1867), der sein Gedicht Sandwirth Hofer (oder auch Andreas Hofer) laut eigenen Angaben im Jahr 1831 schrieb.3
Zudem erschienen mehrere Aufsätze über Leopold Knebelsberger (1814–1869), die
viele Details aus dem Leben des Komponisten, der das Gedicht um 1844 vertonte,
ans Licht brachten.4 Dazu kommen noch etliche Publikationen, die das Thema „Zu
Mantua in Banden“ streifen, sich im Wesentlichen aber immer auf die gleichen Quellen
stützen.5 Einzig Roland Girtler erregte Aufsehen, als er das Umfeld des ursprünglich
jüdischen Julius Mosen in der Burschenschaft von Jena durchleuchtete und die deutschnationale Gesinnung unter den Studenten der Zeit beschrieb.6 Aktuelle politische und
gesellschaftliche Ereignisse griff erst Gerlinde Haid auf, als sie in einem Aufsatz von
2002 den Umstand thematisierte, dass die Tiroler Landeshymne im Bundesland Tirol
zwar gesetzlich geschützt ist, seit jeher jedoch sozialistische Kontrafakturen des Liedes
im Umlauf sind.7 Zwei Jahre später kommentierte sie in einem Artikel die Anbringung
einer missverständlichen Gedenktafel für den Komponisten Leopold Knebelsberger in
Innsbruck.8 In diesem Zusammenhang war kurz vorher ein Büchlein des Heimatkundlers Martin Reiter erschienen, in dem er behauptete, Knebelsberger habe „zum Kreis
um die Nationalsänger Rainer“ aus dem Zillertal gehört, was nur äußerst bedingt den
Julius Mosen: Gedichte, Leipzig 1836, S. 71f. Siehe auch Liedindex, Nr. 68.
Kurt Drexel: „Von ‚Zu Mantua in Banden‘ bis ‚Zu Bantua in Manden‘“, in: Johann Holzner / Brigitte
Mazohl / Markus Neuwirth (Hg.): Triumph der Provinz. Geschichte und Geschichten 1809–2009, Innsbruck 2012, S. 213–230; Sigurd Paul Scheichl: „Das Andreas-Hofer-Lied. Zum 200. Geburtstag des
Dichters Julius Mosen“, in: Der Schlern 77 (2003), Heft 8/9: August/September, S. 115–122.
3
Brief von Julius Mosen an Ludwig Christian Erk, 8. Juni 1862 (Staatsbibliothek zu Berlin, Mus.MS.Erk
A. 224,34). Erstveröffentlichung des Gedichts: Julius Mosen: Sandwirth Hofer, in: Adalbert von Chamisso / Gustav Schwab (Hg.): Deutscher Musenalmanach für das Jahr 1833, Leipzig 1833, S. 130f.
4
Dieter Seidel: Julius Mosen: Leben und Werk – eine Biographie, Lappersdorf 2003; Hans-Wolf Jäger:
„Mosen, Julius“, in: Neue Deutsche Biographie 18 (1997), S. 171f. (Onlinefassung); http://www.deutsche-biographie.de/pnd118584375.html (13. 07. 2012); F. F. Stapf: Julius Mosen. Der Vogtländer Dichter des Andreas-Hofer-Liedes, Lappersdorf bei Regensburg 1995; Magda Strebl: „Der Komponist des
Andreas-Hofer-Liedes Leopold Knebelsberger aus Klosterneuburg“, in: Heinz Hauffe (Hg.): Kulturerbe
und Bibliotheksmanagement. Festschrift für Walter Neuhauser zum 65. Geburtstag am 22. September 1998,
Innsbruck 1998 (Biblos Schriften 170), S. 393–405.
5
Z. B. Max Zschommler: „Julius Mosen, ein hervorragender Sohn des Vogtlandes“, in: Bunte Bilder aus
dem Sachsenlande, 1. Band, Leipzig 1898, S. 275–282.
6
Roland Girtler: „Julius Mosen (1803–1867). Jüdischer Burschenschaftler in Jena und Dichter des
­Andreas Hofer-Liedes“, in: Alemannia Studens 10 (2000), S. 31–33.
7
Gerlinde Haid: „‚Zu Mantua in Banden …‘ – Eine Aufregung um die Tiroler Landeshymne aus dem
Jahr 1993“, in: Gisela Probst-Effah / Wilhelm Schepping / Reinhard Schneider (Hg.): Musikalische
Volkskunde und Musikpädagogik. Annäherungen und Schnittmengen. Festschrift für Günther Noll zum
75. Geburtstag, Essen 2002 (Musikalische Volkskunde – Materialien und Analysen 15), S. 91–107.
8
Gerlinde Haid: „‚Zu Mantua in Banden der treue Hofer war‘ – Bemerkungen zum Andreas Hofer-Lied“,
in: Der Vinschger 4/04, 26. Februar 2004 (Onlinefassung); www.dervinschger.it/artikel.phtml?id_artikel
=2796 (25. 08. 2013).
1
2
328
Kapitel 17
Tatsachen entspricht.9 Die Abhandlungen von Gerlinde Haid sind mit Sicherheit die
aussagekräftigsten zum Thema „Tiroler Landeshymne“.
Im „Gedenkjahr“ 2009 kam es zu einer Reihe von Publikationen, Projekten und
Ausstellungen, die sich mit der Person Andreas Hofer und auch mit dem Andreas HoferLied befassten.10 Ein Jahr später wurde die Tiroler Landeshymne von Ulrike Aichhorn
und Stefan Jeglitsch im Rahmen einer rechtswissenschaftlichen Abhandlung über Hymnen erörtert.11 Allerdings wird in keiner der erwähnten Veröffentlichungen das kul­
turelle oder politische Umfeld des Komponisten und des Autors gebührend berücksichtigt und in die Überlegungen zur Landeshymne mit einbezogen. Eher unterbelichtet ist
die Tatsache, dass Leopold Knebelsberger zeitlebens als Berufssänger arbeitete und mit
diversen Gesellschaften durch Europa zog, während Julius Mosen von der Ideologie der
nationalen Bewegung in Deutschland geprägt war. Beide Hintergründe, das Phänomen
der Nationalsängergesellschaften und die politische Vereinnahmung von Andreas Hofer
durch die deutschnationale, vor allem studentische Bewegung prägen die Rezeptionsschienen des Liedes bis heute.
Die studentische Bewegung in Jena – Julius Mosen und
andere Dicher von Andreas-Hofer-Liedern
Der heldenmüthige Kampf der Tyroler bewies, was selbst ein kleiner Haufen vermag, der sein Vaterland liebt. Die Thaten eines Dörnberg, Braunschweig, Schill, aus muthigem aufopferungsfähigem
Patriotismus hervorgegangen, erweckten in allen vaterländisch fühlenden Herzen und insbesondere
bei der deutschen Jugend die lebhafteste Sympathie und Begeisterung.12
Die Beteiligung der Studenten an den antinapoleonischen Befreiungskriegen 1813–
1815 war besonders im Norden Deutschlands enorm. Auch wenn die neuere historiografische Forschung den „Mythos vom Befreiungskrieg“ in Frage gestellt hat, so waren es
doch vor allem die Studenten, die sich oft freiwillig zum militärischen Einsatz meldeten.
Nach dem Sieg über Napoleon waren es auch wiederum Studenten, die ein freies „deutsches Vaterland“ und politische Mitsprache einforderten. „Freiheit und Einheit“ war das
erklärte Ziel der Anhänger des liberal-revolutionären Lagers, das zur Vorbereitung der
Revolution von 1848 maßgeblich beitrug. Der erfolgreiche Kampf der Tiroler wurde
dahingehend gedeutet, dass auch eine kleine Gruppe Menschen etwas Großes bewirken könne, wenn nur die „Liebe zum Vaterland“ stark genug sei. Die „Vaterlandsliebe“
war ein grundlegender ideologischer Wert der deutschen Burschenschaft in Jena, in
deren Kontext das oben angeführte Zitat der Jenaer Burschenschaftsforscher Robert und
Richard Keil von 1883 entstand. Es zeigt sich hier in hohem Maße auch die Hinwendung zum Begriff des „deutschen Volkes“, der in Gegensatz zum französischen, nämlich
Martin Reiter: Zu Mantua in Banden. Die Tiroler Landeshymne, Reith im Alpbachtal 2003.
Einen Überblick dazu bietet Wolfgang Meighörner (Hg.): Hofer Wanted. Ausstellung Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum Innsbruck, 24. April 2009 – 15. November 2009, Innsbruck 2009.
11
Ulrike Aichhorn: „Landeshymne Tirol“, in: Ulrike Aichhorn / Stefan Jeglitsch (Hg.): Österreichische
Hymnen im Spiegel der Zeit. Geschichte und Geschichten von Bundes-, Landes-, Europa- und inoffiziellen
Hymnen, Wien 2010, S. 219–238.
12
Robert Keil / Richard Keil: Die Gründung der deutschen Burschenschaft in Jena, Jena 1883, S. 40.
9
10
Andreas Hofer („Zu Mantua in Banden“)
329
politischen „Volk“-Begriff („la nation“), letztlich ein romantisch geprägter völkischer
Begriff war.13 Die studentische Bewegung in Jena wurde sehr von Intellektuellen und
Literaten mitgetragen und gipfelte in der Gründung der „Urburschenschaft“ 1815,
nach deren Vorbild viele weitere Burschenschaften entstanden. Bereits ein Jahr nach
ihrer Gründung wurde ein studentischer Sängerchor eingerichtet. Ernst Moritz Arndt
(1769–1860), Friedrich Rückert (1788–1866), Theodor Körner (1791–1813), Max
von Schenkendorf (1783–1817) und viele andere fassten die aufgeladene Stimmung in
Worte, die in gesungener Form zur politischen Mobilisierung beitrugen. Bald folgten
Studenten vieler anderer Universitäten dem Vorbild des Jenaer Studentenchors und die
Verbreitung der politischen Studentenlieder wurde durch das Allgemeine Commers- und
Liederbuch,14 das Albert Methfessel (1785–1869) in enger Zusammenarbeit mit den
Jenaer Studenten ausarbeitete und 1818 veröffentlichte, vorangetrieben. Das darin enthaltene Bundeslied von Ernst Moritz Arndt beschreibt in der Anfangsstrophe, wofür der
„deutsche Männerchor“ stehen sollte:15
Sind wir vereint zur guten Stunde
wir starker deutscher Männerchor,
so dringt aus jedem frohen Munde
die Seele zum Gebeth hervor:
denn wir sind hier in ernsten Dingen
mit hehrem heiligen Gefühl;
drum muss die volle Brust erklingen
ein volles, helles Saitenspiel.16
Arndts Lieder verherrlichen das „Vaterland“ und trafen ins Herz der aufkeimenden
Nationalbewegung, er selbst wurde zum „Abgott der rebellischen Studenten“.17 In seinem Lied „Was ist des Deutschen Vaterland“, das die Studenten zum Abschluss des
Gründungsaktes der Jenaer Urburschenschaft sangen, wurden im Sinne des damaligen
deutschen Nationalbewusstseins auch die Schweiz und Tirol dem „deutschen Vaterland“
zugerechnet, wie die 4., 7. und 9. Strophe zeigen:
4. Was ist des Deutschen Vaterland?
So nenne mir das große Land!
Ist’s Land der Schweizer? Ist’s Tyrol?
Das Land und Volk gefiel mir wohl,
Doch nein, nein, nein!
Sein Vaterland muss größer sein.
Dietrich Heither / Michael Gehler / Alexandra Kurth / Gerhard Schäfer: Blut und Paukboden. Eine
Geschichte der Burschenschaften, Frankfurt a. M. 1997, S. 16.
14
Vgl. Albert Methfessel (Hg.): Allgemeines Commers- und Liederbuch mit Melodien, enthaltend ältere und
neue Burschenlieder, Trinklieder, Vaterlandsgesänge, Kriegs- und Turnlieder, Rudolstadt 1818.
15
Dietmar Klenke: Der singende „deutsche Mann“: Gesangsvereine und deutsches Nationalbewusstsein von
Napoleon bis Hitler, Münster 1998, S. 28f.
16
Ernst Moritz Arndt: Gedichte, Leipzig 1840, S. 301.
17
Jost Hermand: „Eine Jugend in Deutschland. Heinrich Heine und die Burschenschaft“, in: Jost Hermand / Michael Niedermeier (Hg.): Revolutio germanica. Die Sehnsucht nach der „alten Freiheit“ der
Germanen. 1750–1820, Frankfurt a. M. u. a. 2002 (Berliner Beiträge zur Wissenschaftsgeschichte 5),
S. 267–283 (Onlinefassung); http://www.burschenschaftsgeschichte.de/pdf/hermand_heine_und_die_
burschenschaft.pdf, S. 4 (19. 07. 2013).
13
330
Kapitel 17
7. Was ist des Deutschen Vaterland?
So nenne endlich mir das Land!
So weit die deutsche Zunge klingt
Und Gott im Himmel Lieder singt,
Das soll es sein!
Das, wack’rer Deutscher, nenne Dein!
9. Das ist des Deutschen Vaterland
Wo Zorn vertilgt den wälschen Tand,
Wo jeder Franzmann heißet Feind,
Wo jeder Deutsche heißet Freund.
Das soll es sein!
Das ganze Deutschland soll es sein!18
Arndts Abneigung gegen die Franzosen besaß eine rassistisch-völkische Komponente,
die auch in seinem Pamphlet Über Volkshaß und über den Gebrauch einer fremden Sprache
(1813) Ausdruck fand:19
Grade die Vermischung mit dem Ungleichen – das ist der Tod der großen Tugend und die Geburt
der Eitelkeit. […] Ebenso ist es mit den Völkern. Jedes Volk behalte das Seine und bilde es tüchtig
aus, hüte sich aber vor aller Buhlerei mit dem Fremden, weil es die Tugenden der Fremden dadurch
nicht gewinnen kann, die eigenen Tugenden aber schwächt und verdunkelt: nur das Oberflächliche,
Alberne, und Eitle gewinnt man von den Fremden […] Ich will den Haß, festen und bleibenden
Haß der Teutschen gegen die Wälschen und gegen ihr Wesen, weil mir die jämmerliche Aefferei und
Zwitterei mißfällt, wodurch unsere Herrlichkeit entartet und verstümpert und unsere Macht und
Ehre den Fremden als Raub hingeworfen ward; ich will den Haß, brennenden und blutigen Haß,
weil die Fremden laut ausrufen, sie seyen unsere Sieger und Herren von Rechtswegen, und weil wir
das nicht leiden dürfen […] Die Gottheit, die Menschheit, und die Religion der Liebe und Barmherzigkeit werden durch meine Lehre nicht gefährdet, noch werden Wissenschaften und Kunst
dadurch verdorben. Wo die Völker geschieden stehen, jedes in seiner vollen Eigenthümlichkeit, wo
ein stolzer und edler Haß das Verschiedene und Ungleiche trennt oder getrennt hält, da wird jedes
sich auf das volleste, würdigste, und eigenthümlichste ausbilden und also wird die große Aufgabe
der Menschheit und der klare Wille der Gottheit am besten erfüllt werden.20
Arndt hatte ein Jahr zuvor in seiner Schrift Geist der Zeit Andreas Hofer als „den berühmtesten Namen Deutschlands“ bezeichnet.21 Er ließ sich hier gedanklich aber nicht von
der üblichen romantischen Verklärung des „Tirolertums“ – gottergeben, kaisertreu und
wehrhaft – leiten, sondern durchleuchtete vielmehr die militärische Strategie des Tiroler
„Freiheitskampfes“ und führte ihn immer wieder als Beispiel dafür an, dass eine „Landsmannschaft“ bzw. „Wehrmannschaft“ viel effektiver, weil billiger und mehr „mit dem
Herzen dabei“ sei als ein stehendes Heer.22
Andreas Hofer als „Held“ genoss überhaupt einen hohen Stellenwert unter den deutschen Studenten. So erzählt der Tiroler Komponist Johann Baptist Gänsbacher (1778–
1844) ohne genaue Datums- und Ortsangabe in seinen Memoiren von einer studentischen Kneipe, die er mit seinem Freund Carl Maria von Weber (1786–1826) besuchte:
Carl Oltrogge (Hg.): Deutsches Lesebuch. Dritter Cursus, Hannover 1849, 564f.
Mehr dazu z. B. in: Christian Staas: „Einheit durch Reinheit“, in: ZEIT Geschichte, Nr. 3, 24. August
2012, http://www.zeit.de/zeit-geschichte/2010/03/Nationalismus-Deutschland-Arndt (16. 07. 2012).
20
Ernst Moritz Arndt: Über den Volkshass und den Gebrauch einer fremden Sprache, o. O. 1813, S. 17–20.
21
Sieh dazu Josef Feichtinger (Hg.): Tirol 1809 in der Literatur. Eine Textsammlung, Bozen 1985, S. 32.
22
Ernst Moritz Arndt: Geist der Zeit, Berlin 1818, S. 223–295.
18
19
Andreas Hofer („Zu Mantua in Banden“)
331
Abends waren wir zu einer sehr fidelen Burschengesellschaft geladen. […] Wir verstanden uns bald,
sangen kräftige Lieder und lebten äußerst jovial. Tyrol erschallten viele Vivats. […] Zum Andenken
schickte ich von Mannheim aus der Burschengesellschaft ein Tyroler Zwanzgerstück vom Jahr 1809
und Sandwirths Portrait, in Kupfer gestochen. Die Burschen interessirten sich so sehr dafür, daß
sie sich mit Säbl um den Besitz dieser Andenken schlagen wollten; aber Weber verhinderte es.23
In Jena wurde im Jahr 1813 laut Robert und Richard Keil aus Solidarität mit den Tirolern und zum Unmut der französischen Besatzer und des Universitätssenats gejodelt
bzw. „tyrolisirt“:
Wo, wie damals in Jena, 7–800 lebensfrohe Jünglinge auf engen Raum zusammengedrängt, sich
tummelten, da konnte es an mancherlei Ausbrüchen jugendlichen Uebermuthes und burschikoser
Fröhlichkeit nicht fehlen, die sich oft in lautem Singen, Jubeln und Jodeln auf den Straßen, in
allerlei Tollheiten und genialen Schelmstücken […], in lautem Rufen zu den Fenstern Befreundeter
hinauf oder quer über den Markt […] kund gab.
Voran standen unter diesen Feinden der Schwermuth und Muckerei die Jodler, welche vorzüglich
der Thüringer Wald erzeugt. Wie oft haben sie, wenn ihr Weg sie Abends durch die Straßen und
über den Markt führte, mein Herz durch ihre wundervollen Stimmen und ihre Fertigkeit im Jodeln
entzückt! – Emil Schwarzens, des einst eingesperrten Demagogen, Stimmritze war vor zwei Jahren
noch nicht zugewachsen! Vor 1813 aber mußte der Senat dieses unschuldige Vergnügen fröhlicher
Burschen bei dreitägiger, d. h. vom Sonnabend Abend 8 Uhr bis Montag Morgen 6 uhr dauernder
Carcerstrave – expertae miserae mihi credite vulpeculae! – verbieten, denn die Franzosen sahen in
dem Tyrolisiren von wegen 1809 einen Freiheitsruf und bewachten Jena durch ihre geheime Polizei
von Erfurt aus mit Argusaugen. Der desfallsige von Eichstädt verfaßte Erlaß des Senates nennt diese
Singweise: in modum Tirolinensum ululare.24
Zwar bildeten der Liberalismus und der nationale Einheitsgedanke zentrale Werte innerhalb der deutschnationalen Gesinnung der Burschenschafter, aber die im Code Napoleon
festgelegte „Gleichheit aller Bürger“ war in ihren Kreisen unerwünscht. Ihrer Ansicht
nach war die deutsche Nation die Gemeinschaft aller deutschen Christen, was vor allem
die Juden ausschloss. Die neue französische Verfassung und der Toleranzgedanke auch
in anderen europäischen Ländern hatte die Emanzipation der Juden eingeleitet; dadurch
war eine jüdische Assimilierungsbewegung entstanden, durch die besonders intellek­
tuelle Juden versuchten, sich als gleichberechtigte Bürger zu etablieren.25 Die Deutsch­
nationalen traten dieser Entwicklung entschieden entgegen und stellten durch Zugangs­
beschränkungen bei Verbindungen, Turnerbewegungen, Universitäten usw. neue Grenzen
für Juden auf. Beim Wartburgfest 1817 wurden neben dem genannten Code Napoleon
auch „undeutsche“ Bücher verbrannt, wie beispielsweise ein Buch des deutsch-jüdischen
Schriftstellers Saul Ascher mit dem Titel Germanomanie. Skizze zu einem Zeitgemälde,
worin er vor übersteigertem Deutschnationalismus warnt. Es wurde mit der Drohung:
„Wehe über die Juden, so da festhalten an ihrem Judenthum und wollen über unser
Walter Senn (Hg.): Johann Baptist Gänsbacher. Denkwürdigkeiten aus meinem Leben, Thaur 1986,
S. 35f.
24
Robert Keil / Richard Keil: Die burschenschaftlichen Wartburgfeste von 1817 und 1867. Erinnerungs­
blätter, Jena 1868, S. 64.
25
Z. B. auch Felix Mendelssohn-Bartholdy; vgl. Rainer Hauptmann: „‚Diese Musik wurde ermordet‘ –
Felix Mendelssohn-Bartholdy oder eine Geschichte kulturellen Antisemitismus im Deutschland des
19. und 20. Jahrhunderts“ (Onlinefassung); http://www.cavallerotti.de/html/projekt_set/projekte/
mendelssohn/mendelssohn_essay.html#no01 (15. 07. 2012).
23
332
Kapitel 17
Volksthum und Deutschthum schmähen und spotten!“ ins Feuer geworfen.26 Später
schrieb Heinrich Heine (1797–1856) darauf anspielend in seinem Trauerspiel Almansor:
„Dort wo man Bücher verbrennt, verbrennt man am Ende auch Menschen“. Heine hatte
als Jude ein zutiefst gespaltenes Verhältnis zur Studentenschaft jener Tage. Obwohl ihm
teilweise offener Antisemitismus entgegenschlug, suchte er die Nähe der Burschenschaft,
da sie sich in seinen Augen als einzige politische Kraft für politische Freiheitsrechte einsetzte. Darüber hinaus besaß die Bewegung, die viele Sparten der Kunst und Kultur
durchdrang, eine ungeheure Anziehungskraft. Jost Hermand vermittelt Einblicke in
die Gedanken- und Erfahrungswelt des literarisch ambitionierten jüdischen Studenten
Heine in jener Zeit27 und vieles davon trifft wohl auch auf den Werdegang von Julius
Mosen zu, der zur gleichen Zeit und unter sehr ähnlichen Umständen lebte.
Roland Girtler betont in seinem Aufsatz „Julius Mosen (1803–1867). Jüdischer Burschenschaftler in Jena und Dichter des Andreas Hofer-Liedes“, dass Mosen sowohl Jude
als auch Burschenschafter war.28 Dieser Umstand muss aber differenziert betrachtet werden. Tatsache ist, dass die Familie Mosen (eigentlich „Moses“) ursprünglich jüdisch war
und Julius Mosen selbst sich anscheinend auch als Jude wahrnahm oder sich zumindest
mit seiner jüdischen Herkunft auseinandersetzte. Darauf deutet die Art und Weise hin,
wie er jüdische Figuren in seinen literarischen Werken behandelt.29 So verarbeitet er
etwa in der Ballade Ahasver 30 das Thema des „ewigen Juden“. In der christlichen Mythologie ist Ahasver jener Jude, dem Jesus als Strafe für eine bestimmte Untat, von der es
mehrere Versionen gibt (z. B. dass er ihm auf seinem Gang nach Golgatha spöttisch
auf die Schulter geklopft habe), aufbürdete, bis zum Jüngsten Gericht ruhelos auf der
Welt umher zu wandeln. Dieser Mythos war in ganz Europa bekannt und galt lange
als Ausdruck für den Sieg des „rechten Glaubens“, auch wurde er immer wieder literarisch bearbeitet. Im frühen 19. Jahrhundert erfuhr der Stoff eine Umdeutung. Junge
Dichter erzählten die ursprünglich christliche Legende neu und interpretierten ­Ahasver
als einen „edlen Unglücklichen“, „ungerecht Verfolgten“ und als „Personifikation der
unterdrückten Revolution“ oder besonders häufig als Träger des damals beliebten „Weltschmerzes“. In kirchlichen Kreisen wurde diese „antichristliche Tendenz“ skeptisch gesehen. So äußerte sich etwa der Schriftsteller Wolfgang Menzel in seinem Buch Christ­
liche Symbolik über aktuelle literarische Verarbeitungen von Ahasver und insbesondere
Mosens Ballade kritisch:
Mehrere deutsche Dichter, wie Schubart, A. Schreiber, liessen den ewigen Juden selig sterben. Julius
Mosen bringt ihn auch noch einmal mit Christus zusammen und lässt den Letztern nur sagen:
„Zwischen uns beiden wird einst das allerletzte Weltgericht entscheiden,“ als ob der Jude Recht
haben könnte, und Christus nicht selbst der ewige Richter wäre.“31
Hans Ferdinand Massmann: Kurze und wahrhaftige Beschreibung des großen Burschenfestes auf der Wartburg bei Eisenach am 18. und 19. des Siegesmondes 1817, o. O. 1817, S. 26.
27
Hermand: „Jugend in Deutschland“ (wie Anm. 17). Ein weiterer bedeutender Künstler, der auf eine
ähnliche Weise mit dem Antisemitismus der Burschenschaften zu kämpfen hatte, war Felix Mendelssohn-Bartholdy (1809–1847); vgl. dazu Hauptmann: „Diese Musik wurde ermordet“ (wie Anm. 25).
28
Roland Girtler: „Julius Mosen“ (wie Anm. 6).
29
Vgl. Scheichl: „Das Andreas-Hofer-Lied“ (wie Anm. 2), S. 115.
30
Julius Mosen: Ahasver. Episches Gedicht, Dresden 1838.
31
Wolfgang Menzel: „Ahasver“, in: Wolfgang Menzel: Christliche Symbolik, 1. Teil, Regensburg 1854,
S. 41–45, hier S. 45. Zu den Zitaten zuvor siehe ebd., S. 41–45.
26
Andreas Hofer („Zu Mantua in Banden“)
333
Hier wird Mosens Interpretation als letztlich „semitisch“ kritisiert: Nicht nur stehe
Ahasvers „Weltschmerz“ im Mittelpunkt und nicht die Vorherrschaft des christlichen
Glaubens, auch sei die letzte Entscheidung über den „rechten Glauben“ dem „Welt­
gericht“ überlassen.
Immer wieder findet man in der Literatur den Hinweis, dass Mosen seinen Namen
im Jahr 1844 durch einen Dresdener Ministerialerlass von „Moses“ in „Mosen“ ändern
ließ.32 Die Gründe dafür sind nicht bekannt. Namen und eventuelle Namensänderungen waren ein allgegenwärtiges Thema innerhalb der jüdischen Bevölkerung im Spannungsfeld von Identität, Integration und Assimilation, wie auch Felix MendelssohnBartholdys Familiengeschichte zeigt.33 Mosens unmittelbares familiäres Umfeld war
aber anscheinend protestantisch. Er selbst war trotz allem ein deutscher, nationalistischer Dichter und Burschenschafter, doch für Antisemitismus oder antijüdische Tendenzen gibt es keine Belege.
Viele der heute noch bekannten Dichter der Zeit der Befreiungskriege wie Theodor
Körner,34 Friedrich Rückert,35 Joseph Freiherr von Eichendorff oder auch die Dichterin
Elisabeth Kulmann setzten dem „Tiroler Freiheitshelden“ Andreas Hofer ein literarisches Denkmal. Körner und Schenkendorf nahmen selbst an den Befreiungskriegen teil.
Die Unterstützung des liberal-revolutionären, deutschnationalen Lagers durch junge
Intellektuelle und Literaten führte zu einer großen Anzahl von Liedern und Gedichten,
die im Gegensatz zu anderen, rein martialischen Kriegsgedichten draufgängerisch, frisch
und jugendlich anmuten und deren Wirkung man sich nur schwer entziehen konnte.
Carl Maria von Webers Lieder, wie seine Körner-Vertonungen Gebeth vor der Schlacht
(1814), Lützow’s wilde, verwegene Jagd (1814)36 und Schwertlied (1814), bezeugen dies
Z. B. Roland Girtler: „Julius Mosen“ (wie Anm. 6), S. 31.
Moses Mendelssohn, Großvater von Felix Mendelssohn-Bartholdy, war Philosoph und ein Vordenker
eines modernen deutschsprachigen Judentums. Seine sechs Kinder mussten sich allerdings entscheiden, ob sie jüdisch bleiben oder sich assimilieren wollten. Zwei Kinder blieben daraufhin Juden, zwei
wurden Katholiken und zwei Protestanten. Für den Übertritt zum Protestantismus entschied sich auch
Abraham, der Vater von Felix Mendelssohn-Bartholdy, der den Namen des Familiengutes „Bartholdy“
annahm. Felix verehrte seinen Großvater und nannte sich deshalb im Laufe seines Lebens immer öfter
nur „Mendelssohn“, blieb aber Protestant. Der Berliner Komponist Karl Friedrich Zelter schreibt am
26. Oktober 1821 an Goethe in Weimar über das Wunderkind Felix Mendelssohn: „Er ist zwar ein
Judensohn, aber kein Jude. Der Vater hat mit bedeutender Aufopferung seine Söhne nicht beschneiden
lassen und erzieht sie, wie sich’s gehört; es wäre wirklich einmal eppes Rores [etwas Rares], wenn aus
einem Judensohne ein Künstler würde“ [zit. nach Max Hecker (Hg.): Der Briefwechsel zwischen Goethe
und Zelter, 2. Band: 1819–1827, Leipzig 1905, S. 139].
34
„Treu hingst du deinem alten Fürsten an / Treu wolltest du dein altes Gut erfechten / Der Freiheit ihren
ew’gen Bund zu flechten / Betrat’st du kühn die große Heldenbahn.“ [Theodor Körner: „Sein Tod“, in:
Ludwig August Frankl (Hg.): Andreas Hofer im Liede, Innsbruck 1884, S. 90].
35
„Aus Mantua von dem Walle / Komm’ ich geschritten her / Wohl noch von meinem Falle / Ein Fleck
ist blutig sehr / Die Augen unverschlossen / Von der Franzosen Hand / Ward ich allda erschossen / Als
Tirols Kommandant“ [Friedrich Rückert: „Tirols Kommandant“ in: Frankl (Hg.): Andreas Hofer im
Liede (wie Anm. 34), S. 88].
36
Eine tirolbezogene Umtextierung von Lützow’s wilde verwegene Jagd schrieb 1875 der Lyriker Wenzel
Wenhart (1834–1912). In seinem Liedtext mit dem Titel Öst’reichs Falke 1810 verewigte er Andreas
Hofer. Wenzel lebte in Steyr, war aber ursprünglich aus Böhmen und dort der deutschsprachigen,
kaisertreuen Minderheit zugehörig. Als Mitglied der Liedertafel der Stadt Steyr war er mit dem Männerchorrepertoire gut vertraut. Wahrscheinlich schrieb er den Text als Reaktion auf die tschechischnationale Bewegung. Siehe dazu Adalbert Proschko / Franz Pammer (Hg.): Liederquelle. Ausgewählte
32
33
334
Kapitel 17
Abb. 2: Max von Schenkendorf / Ludwig Berger (1819), „Als der Sandwirth von Passeier“, in: August
Heinrich Hoffmann von Fallersleben (Hg.): Deutsches Volksgesangsbuch, Leipzig 1848, S. 7f. Transkription.
eindrucksvoll. Sie wurden zu wahren Hymnen der sich gerade formierenden Männer­
gesangsvereine und Studentenchöre.
Etwa zur Zeit von Webers und Körners Liedersammlung Leyer und Schwerdt (1814)
und lange vor Mosens und Knebelsbergers Lied „Zu Mantua in Banden“ fand ein anderes Andreas-Hofer-Lied Eingang in das Studentenliedrepertoire und auch große Verbreitung in Männergesangsvereinen: die Vertonung des Gedichtes Als der Sandwirth von
Passeier (1814) von Max von Schenkendorf durch Ludwig Berger (1777–1839) aus dem
Jahr 1819 (siehe Abb. 2).37
Lieder für österreichische allgemeine Volksschulen. 4. Heft: Lieder für das 7. und 8. Schuljahr, Linz 1885,
S. 73.
37
Max von Schenkendorf: „Die Studenten“, in: Frankl (Hg.): Andreas Hofer im Liede (wie Anm. 34),
S. 90.
Andreas Hofer („Zu Mantua in Banden“)
335
Der Dichter Ludwig Rellstab (1799–1860) weiß über das Lied Folgendes zu berichten:
Zu meinem Geburtstage (im Jahr 1819) nämlich, beschenkte mich Berger mit einem Liede, das
durch ganz Deutschland gedrungen ist, dem wundervollen Sandwirth von Passeyer! […] Berger’s
„Hofer“ ging sogleich in Abschriften von Hand zu Hand. Jeder wollte das Kleinod besitzen. Berger
war nicht der Mann, der mit seinen Geisteserzeugnissen wie mit einer Waare marktete; so wurde
denn das Lied bald in vielen Kreisen für Männergesang durch halb Deutschland gesungen, ohne
gedruckt zu sein.38
Die enge Verquickung von Politik und Männergesang bei deutschen Studenten und in
den Liedertafeln führte schließlich dazu, dass das Lied „Zu Mantua in Banden“ auch zur
vaterländischen Bildung an Schulen eingesetzt wurde. Ob als Anhang zu geschichtlichen
Erörterungen über Kaiser Franz,39 als Charakterisierung Tirols und der Tiroler40 oder als
Beispiel für das Werk Julius Mosens,41 war es Bestandteil vieler deutscher Schullesebücher. „Vaterländische Bildung“, Religion, „Menschenkunde“ und „Naturgeschichte“
zählten in Deutschland zu den Basis-Schulfächern und fanden Eingang in die Schulbücher des 19. Jahrhunderts. Nachfolgend plädiert ein unbekannter Autor für das Singen „vaterländischer Lieder“ in der Schule, um patriotische Gefühle bei den Schülern
wachzurufen. Ihm erscheint der Gesang wesentlich zielführender als eine theoretische
Behandlung des Themas „Patriotismus“:
Bei der Vaterlandsgeschichte benutze der Lehrer geradezu passende singbare vaterländische Lieder,
um patriotische Gefühle in den jugendlichen Herzen zu wecken und zu nähren. Lieder wie „der
alte Barbarossa, der Kaiser Friederich“ oder „Prinz Eugen, der edle Ritter“ oder „Zu Mantua in
Banden“, oder „was blasen die Trompeten“ „preisend mit viel schönen Reden“ u. s. w. gelernt und
frisch gesungen, müßten, dächte ich, mehr wirken als lange Expectorationen und umständliche
Lobpreisungen.42
In Österreich, d. h. auch in Tirol, waren die Lehrerbildung und die Lehrpläne aufgrund
der politischen und gesellschaftlichen Wirren seit der mariatheresianischen Reformen
nicht mehr weiterentwickelt worden, während in manchen deutschen Staaten und vor
allem in der Schweiz die „ganzheitliche“ Pestalozzi-Pädagogik auf fruchtbaren Boden fiel.
In Zürich beispielsweise, dem Ausgangspunkt einer modernen Schulpädagogik, diente
der Schulgesang bald nach 1800 der moralischen und sittlichen Bildung.43 Ab 1850
wurden auch in Tirol die Lehrpläne langsam reformiert und der Gesang schrittweise Teil
Ludwig Rellstab: Ludwig Berger: ein Denkmal, Berlin 1846, S. 103.
Josef Schätz (Hg.): Lese-, Lehr- und Uebungsbuch für sämmtliche Klassen der Volksschule, Oberklasse.
Fünftes Schuljahr, Regensburg 1862, S. 274.
40
W. J. G. Curtmann (Hg.): Das Vaterland, ein Lesebuch für die oberen Klassen der Volksschule, Darmstadt
1848, S. 303.
41
Ferdinand Seinecke (Hg.): Deutsches Lesebuch für die oberen Klassen der höheren Töchterschulen, Dresden 1861, S. 183; Thomas Scherr (Hg.): Freundlicher Wegweiser durch den deutschen Dichterwald für
Gebildete außer dem Gelehrtenstande; zugleich ein Schulbuch für Lehrerseminarien, höhere Töchterschulen
und für die obern Klassen deutscher Realschulen und schweizerischer Sekundarschulen, Winterthur 1842,
S. 428; Alois Egger (Hg.): Deutsches Lehr- und Lesebuch für höhere Lehranstalten, 2. Teil: Literaturkunde,
Wien 51882, S. 192.
42
Sächsisches Kirchen- und Schulblatt, Nr. 6, Leipzig, 6. Februar 1862, S. 49.
43
Pius Dietschy: Schulkind und Musik im 19. Jahrhundert. Darstellung der sozialen und bildungspolitischen
Aspekte am Beispiel der Region Zürich, Basel 1983, S. 91.
38
39
336
Kapitel 17
des Schulunterrichts.44 Mit dem Reichsvolksschulgesetz von 1869 scheint schließlich
auch in Österreich die „vaterländische Bildung“ als Pflichtfach an den Schulen auf und
somit wurden dort nun auch vermehrt patriotische Lieder gesungen.45 Ludwig Hunrath
(1853–1925) beispielsweise gibt in seinem Aufsatz „Der Komponist des Andreas-HoferLiedes und seine Bedeutung für Tirol“ aus dem Jahr 1913 an, dass er das Lied schon als
Schuljunge (also in den sechziger und siebziger Jahren des 19. Jahrhunderts) gekannt
und gesungen habe.46 Karl Domanig hingegen klagt im Jahr 1879, also ungefähr zur
selben Zeit, von der Hunrath spricht, darüber, dass man das Andreas Hofer-Lied „in aller
Herren Länder“ singen höre, „nur nicht bei uns“:
Dieß Lied vom Andrä Hofer (gedichtet von Jul. Mosen) – man kann es singen hören in aller Herren
Länder, nur nicht bei uns! An vielen Orten in Deutschland und der Schweiz wird kaum ein Fest
abgehalten, ohne daß dabei der Andreas Hofer gesungen wird: bei uns im Volke kennt man kaum
das Lied. – Das sollte doch wohl anders werden!47
Das Lied war offensichtlich in der „vaterländischen Bildung“ präsenter als außerhalb
der Schule. Neben Kommersbüchern und Liederbüchern für Männergesangsvereine
war also auch das Schulbuch ein Medium zur Verbreitung des Andreas Hofer-Liedes.
Nationalsänger und „Zu Mantua in Banden“
Während der Dichter des Andreas Hofer-Liedes bekannt war, wurde über die Identität des
Komponisten lange gerätselt. Erst Ludwig Hunrath brachte mit seinem bereits erwähnten Aufsatz von 1913 Licht ins Dunkel.48 Trotzdem hielt sich lange die Meinung, die
Melodie des Liedes sei eine „Kompilation“ aus Motiven verschiedener Volksmelodien
und Werken klassischer Komponisten. So listete beispielsweise A. J. Friedrich Zieglschmid noch 1929 akribisch Melodien verschiedenen Ursprungs (traditionelle, mündlich überlieferte Lieder, Melodien von Mozart, Beethoven) auf, die für „Zu Mantua in
Banden“ Pate gestanden haben könnten.49 Hunrath wurde bei seinen Nachforschungen zur Melodie in Tirol zunächst auf die Nationalsänger Ludwig Rainer und Simon
Holaus aufmerksam, Rainers Namen fand er zudem im Lahrer Kommersbuch (siehe
Abb. 1).50 Er glaubte aber nicht an die Autorenschaft von einem der beiden. Ludwig
Rainer schloss er als Komponisten des Andreas Hofer-Liedes aus, weil er vermutete, dieser „hätte sicher sein Licht nicht unter den Scheffel gestellt“ und sich als Urheber zu
Siehe dazu Monika Oebelsberger: Die Musik in der Lehrerbildung Tirols von der Maria-Theresianischen
Schulreform bis zum Reichsvolksschulgesetz (1774–1869), Anif/Salzburg 1999 (Innsbrucker Hochschulschriften, Serie A: Musikpädagogik 2).
45
Ebd., S. 151–158.
46
Ludwig Hunrath: Der Komponist des Andreas-Hofer-Liedes und seine Bedeutung für Tirol. Sonderdruck
aus den „Neuen Tiroler Stimmen“ Nr. 89 und 90 vom 19. und 21. April 1913, Innsbruck 1913.
47
Karl Domanig: Tyroler Kalender auf das gemeine Jahr nach der gnadenreichen Geburt unseres Herrn Jesu
Christi 1879, S. 52.
48
Hunrath: Der Komponist des Andreas-Hofer-Liedes (wie Anm. 46).
49
A. J. Friedrich Zieglschmid: „Das Andreas-Hofer-Lied: Zur Geschichte seiner Melodie“, in: Modern
Philology 26 (1929), Heft 3: Februar, S. 327–336.
50
Hunrath: Der Komponist des Andreas-Hofer-Liedes (wie Anm. 46), S. 4.
44
Andreas Hofer („Zu Mantua in Banden“)
337
erkennen gegeben.51 Simon Holaus kam für ihn als Komponist auch nicht in Frage,
weil selbst dessen Söhne ihn nicht für den Komponisten des Andreas Hofer-Liedes
hielten. Hunraths Recherche endete schließlich damit, dass er im Bremer Courier vom
11. November 1865 eine Konzertkritik fand, in der es heißt:
[…] u. a. [hat] namentlich das Tiroler Schützenlied von Andreas Hofers Tod sehr gefallen […] Es
dürfte vielleicht nicht allgemein bekannt sein, daß Herr Knebelsberger der Compositeur dieses, in
ganz Deutschland populären Volksliedes ist, der, wie nicht bald ein zweiter, den rechten Volkston
getroffen hat.
Hunrath sammelte daraufhin erstmals Informationen zur Biografie Leopold Knebelsbergers, über dessen Sängergesellschaft und Reisen und wurde dabei vom Tiroler
Schriftsteller Karl Domanig (1851–1913) unterstützt, der in Klosterneuburg lebte und
vor Ort pfarramtliche Urkunden und andere Dokumente durchsah. Leopold Knebelsberger (1814–1869) stammte aus Klosterneuburg in Niederösterreich und genoss in
Wien eine klassische Musikausbildung bei den Komponisten bzw. Musikern Conradin
Kreutzer (1780–1849) und Josef Mayseder (1789–1863). Später gründete er eine große
Sängergesellschaft, die sich vorwiegend aus jungen Männern und Frauen aus Kärnten
zusammensetzte. Um an den Erfolg bekannter Tiroler Sänger anzuknüpfen, traten derartige Gesellschaften, ungeachtet ihrer Herkunft, üblicherweise in vorgeblichen Tiroler
Trachten auf. Konzertreisen führten die Gruppe nach Norddeutschland und sogar Russland. Knebelsberger beherrschte mehrere Instrumente, komponierte und war anscheinend ein attraktiver und einnehmender Mann. Er schrieb vor allem „Alpenlieder“, also
kommerzielle Tiroler Lieder mit pathetischen Titeln wie Trost in der Ferne, „Wie lieb ich
dich, mein Heimatland“, „Von der Alpe ragte ein Haus“ oder „Schaut der Jäger in das
Tal“,52 wie das folgende Programm zeigt:
Mit obrichkeitlicher Bewilligung werden heute Sonntag den 30. Juni 1844 die Wiener Sänger
und Musiker Knebelsberger, Pöck, Virtuos auf dem chromatischen Posthorn und Weyer in Vereinigung mit dem beliebten Baritonisten und Jodler Fritzel, unter Leitung des Herrn Musik­
direktors Knebelsberger im Pferdegäßchen eine große musikalische National-Produktion zu geben
die Ehre haben. Programm. Erste Abtheilung. 1. Ouverture von Knebelsberger, 2. Alpenquartett.
3. Die Rückehr in die Heimath (Arie für Bariton). 4. Pot-Pourri, der musikalische Blumenstrauß.
Zweite Abtheilung. 1. Des Sennen Frohsinn (Alpenquartett von Fritzel.) 2. Steyrische Tänze fürs
Posthorn. 3. Der Morgengruß auf der Alm (Jodler von Fritzel.) 4. Potpourri von Knebelsberger.
Dritte Abtheilung. 1. Komische Wienerlieder (abwechselnd vorgetragen von Weyer und Fritzel.)
2. Erinnerung an den Rheinfall. (Walzer von Knebelsberger). 3. Natschi Watschi, großes GesangsPotpourri. 4. Variationen auf dem Holz- und Strohinstrumente. Vorgetragen vom Musikdirektor
Knebelsberger.53
Das Nationalsänger-Phänomen wäre ohne die „Heldengestalt“ Andreas Hofer gerade in
dieser Form nicht denkbar gewesen. Hofer war ein Anknüpfungspunkt für das ausländische Publikum, die Mythen rund um seine Person und die Aufstände in Tirol weckten
erst das Interesse an Tirol und verstärkten die romantische Idealisierung des angeblich
„tapferen und biederen Tiroler Volkes.“ Immer wieder betonten die Nationalsänger den
Ebd., S. 6.
Siehe ebd., S. 8, S. 13–15.
53
Augsburger Tagblatt, Nr. 178, Sonntag, 30. Juni 1844.
51
52
338
Kapitel 17
„wehrhaften Charakter“ der Tiroler, indem sie dementsprechende Lieder anstimmten.
Die meisten davon waren simple Kampflieder oder neu verfasste „Freiheitslieder“, aber
auch vor der Entstehung von „Zu Mantua in Banden“ hatten kommerzielle Alpensänger
Heldenlieder auf Andreas Hofer gesungen, wie der nachfolgende Bericht eines britischen Touristen über eine singende Mädchengruppe in Innsbruck aus dem Jahr 1834
belegt. Bevor sich der Berichterstatter ihrer Darbietung zuwendet, beschreibt er ihren
Jodelgesang und weiß interessanterweise auch über die bereits erwähnten Studenten
in Jena Bescheid, die aus Solidarität mit den Tiroler Aufständischen jodelten. Er führt
den Hang zum Jodeln allerdings rein auf den liederlichen Lebenswandel der Studenten zurück. Die Tatsache, dass dieser Sachverhalt aber über die Universität Jena hinaus
bekannt war, ist bemerkenswert:
In the evening we suddenly heard sweet female voices, and a melody that penetrated through bone
and marrow. We followed the sound, and behold! Two young girls were singing popular Tyrolese
songs at the table d’hote. […] The peculiar mode of singing them, that variation and fraction of
sounds, celebrated all over Germany under the name jodeln or johlen […] requires such mar­
velous action of the voice, such springs and falls of tones, as cannot possibly be produced by other
throats than such as have had the Alps for their singing school. They are imitated, hovever, as may
be, especially at German Universities, where, as is well known, a sort of forester’s or hunter’s live
is always led. Nay, at Jena, the Senatus Academicus was compelled to publish a prohibition „more
Tyrolensium inconditos clamores edere“, (to utter rude clamours after the Tyrolese fashion,) because
it happened that all the windows of a many-storied house, situate in a large market-place and
­entirely inhabited by students, were, for a considerable length of time, seen open from morning till
night, and crammed full of shirt-sleeved sons of Minerwa, who jodled away all day long, on so full
a chorus, that business was at a stand, and the whole town remained as if deaf and dumb.
Der Berichterstatter fährt fort, von seinem Aufenthalt in Innsbruck zu erzählen, der
ihm durch eine kleine Gruppe jodelnder und singender Tirolerinnen versüßt wurde.
Die Mädchen sangen in Lokalen („table d’hote“ = Stammtisch) oder wurden von Hotels
„gebucht“, um die Gäste zu unterhalten:
But it was not by their lays only that the young songstresses afforded us poetic enjoyment; the story
of their own live, which we had from the people of the inn, is highly poetical. They are properly
three in number, orphan, in age from fifteen to twenty, live in a little cottage out of Insbruck, and
support themselves by their singing. They visit the town daily, or are sent for, to sing their simple
ditties to lovers of music and travellers. […] This last, who is the prettiest, we did not see till the
following morning, when we had appointed them to come again and repeat their songs. They now
sang in addition a ballad upon the Sandwirth Hofer and his feats; they stood before his portrait,
and his blithe countenance seemed to listen with pleasure to his name, as it sounded so gratefully
on the lips of the daughters of his country.54
Ein Detail des Berichts sticht hervor: Die Mädchen sangen eine „Ballade“ über Andreas
Hofer und seine Kämpfe, während sie vor seinem Porträt standen – eine Szene, die sehr
an inszenierte Folkloredarbietungen erinnert, aber darüber hinaus belegt, dass man im
Jahr 1834 nicht nur politische Lieder und „Freiheitslieder“, sondern auch schon Heldenlieder über Andreas Hofer für Reisende darbot. Man könnte meinen, dass hier das
Lied „Ach Himmel, es ist verspielt“ gesungen wurde, allerdings geht es darin nicht um
Reuben Percy [Pseudonym f. Thomas Byerley] (Hg.): The Mirror of Literature, Amusement, and Instruction XXIII (1834), Nr. 666, London, Samstag, 14. Juni 1834, S. 399.
54
Andreas Hofer („Zu Mantua in Banden“)
339
Andreas Hofers Kämpfe, sondern um die Stunden vor seinem Tod. Jedenfalls stellt der
Bericht von 1834 die früheste Quelle für das Singen eines Heldenliedes auf Andreas
Hofer für kommerzielle, touristische Zwecke dar.
Eine weitere frühe Quelle ist eine 1835 erschienene Konzertkritik aus Prag über den
Auftritt eines Tiroler Nationalsängerensembles im „Unterhaltungsblatt“ Bohemia:
Am 19. Jänner erschienen auf der hiesigen Bühne unter dem langen Titel „Tiroler Natur-NationalAlpensänger“ die Herren Johann Krell, Andreas Wildauer, Joseph Schwarz und Daniel Hauser aus
Fügen in Tirol, und unterhielten das Publikum durch sechs Alpenlieder, deren nationale Aechtheit
Referent verbürgen kann, indem er sie an Ort und Stelle gehört hat. Auch scheinen die vier genannten Sänger wirklich schlichte Landleute zu seyn, bei welchen das eigene Gehör mehr vermocht hat,
als ein förmlicher Unterricht […] die oben genannten Alpen-Sänger trugen ihre Lieder ohne alle
Begleitung vor, und fanden doch nach den meisten Nummern lebhaften Beifall, vorzüglich sprachen die beiden Lieder „Andreas Hofer“ und „der Kaiser“ auch wegen des Textes an.55
Auch die zweite Generation der Nationalsängergesellschaft Rainer unter Ludwig Rainer
kannte ein Lied mit dem Titel Andreas Hofer.56 Sie trug es 1840 während ihrer großen
Nordamerikatournee (1839–1843) in Albany, Kanada, vor. Beim Lied „Andreas Hofer“
handelte es sich mit Sicherheit nicht um Mosens und Knebelsbergers „Zu Mantua in
Banden“, da dieses erst später entstand. Viel wahrscheinlicher ist es, dass die Rainers
Max von Schenkendorfs Lied „Als der Sandwirth von Passeier“ oder vielleicht „Ach
Himmel, es ist verspielt“ sangen. Letzteres kommt einer Heldenballade nahe, ist aber
kein typisches heroisches Lied. „Ach Himmel, es ist verspielt“ wurde eigentlich nie in
die Nationalsängertradition aufgenommen und ist auch in keinem der frühen Nationalsänger-Liederbücher zu finden.
Die Prager Kritik belegt nicht nur die Darbietung eines kommerziellen „Freiheitsliedes“ durch Nationalsänger, sondern einmal mehr das Interesse des Publikums an
politischen Liedthemen. Den Komponisten des Andreas Hofer-Liedes „Zu Mantua in
Banden“ im Nationalsänger-Umfeld zu suchen, war also sehr naheliegend, was auch die
falschen Verfasserangaben in den von Hunrath konsultierten Kommersbüchern zeigen.
Tatsache ist, dass das Andreas Hofer-Lied schon früh im Repertoire mehrerer Tiroler
Nationalsängergesellschaften aufscheint. Derjenige, der das Lied wirklich von Leopold
Knebelsberger selbst übernommen haben könnte, war der Nationalsänger Peter Meister aus Stams (Geburtsjahr unbekannt, verstorben 1870), der immer wieder auch mit
Simon Holaus auftrat; Simon Holaus wiederum sang mit Ludwig Rainer in der zweiten
Generation der Nationalsänger Rainer.57 Im Jahr 1849 besuchten die Nationalsänger
Meister zum ersten Mal in Klagenfurt,58 im Mai 1856 zum zweiten Mal, wobei sie diesmal am letzten Auftrittsabend von einer „lokalen“ Sängergesellschaft unterstützt wurden, aus der möglicherweise die spätere Kärntner Nationalsängergesellschaft Mischitz
Gottlieb Haase Söhne (Hg.): Bohemia, ein Unterhaltungsblatt, Nr. 10, 23. Jänner 1835, Rubrik: „Theater und geselliges Leben“, Theaterbericht vom 19. und 20. Jänner 1835.
56
Vgl. Martin Reiter: Die Zillertaler Nationalsänger im 19. Jahrhundert (Egger-Rieser, Fiechtl, Gänsluckner,
Hauser, Holaus, Leo, Rainer, Stiegler, Strasser …), St. Gertraudi 1989, S. 138.
57
Vgl. Münchner Fremden-Blatt. Organ für Kunst und Gewerbe, Nr. 22, Samstag, 5. August 1854.
58
Laut der Klagenfurter Zeitung, Nr. 68, 7. Juni 1849, zit. nach Günter Antesberger: „Historische Dokumente zu Volksmusik und Volkslied in Kärnten“, in: Gerlinde Haid (Hg.): Kärnten und seine Nachbarn:
Brauchlied, Wien 2000 (Schriften zur Volksmusik 18), S. 23–34, hier S. 30.
55
340
Kapitel 17
hervorging.59 Auch in Kärnten schloss man sich ab ca. 1828 zu reisenden Sängergesellschaften zusammen (wie bereits erwähnt, bestand Knebelsbergers Sängergesellschaft aus
Kärntnern) und bei den Besuchen von Meisters Sängergruppe dürfte es zu Kontakten
zwischen Gästen und Einheimischen gekommen sein, denn Johann Mischitz schloss
sich später für einige Zeit den Meister-Nationalsängern an, unter denen er auch seine
spätere Frau Maria Haidegger kennenlernte. Höchstwahrscheinlich wurde das Andreas
Hofer-Lied in Kärnten gesungen, denn vier Monate nach Peter Meisters Kärnten-Besuch
sang er es selbst mit seiner Gesellschaft, wie die folgende Zeitungskritik belegt:
Regensburg, 19. September [1856]. Nachdem uns erst vor wenigen Tagen von der Sängergesellschaft Meister und Consorten durch Vorführung herrlicher Männergesänge, z. B. Hofers Tod ec.
ein überaus seltener Genuß geschafft worden, hatten wir gestern die Freude […].60
Ein Jahr später (1857) wurde das Lied Hofers Tod bzw. Andreas Hofer in München
euphorisch angekündigt:
Heute Dienstag in der Tonhalle mit brillanter Gasbeleuchtung u. Dekoration große musikalische
Produktion der Tyroler Sängergesellschaft Gebrüder Meister […] Hochgeehrtes Publikum! […] Hr.
Meister sen. wird auch den vielbeliebten und gerne gehörten „Andreas Hofer“ auf vielfaches Verlangen vortragen. Es ist kein Zweifel, daß die heutige Produktion durch ihre Seltenheit anziehen wird.61
Ein Bericht des Augsburger Tagblattes von 1857 verdeutlicht, dass „Zu Mantua in Banden“ zu Peter Meisters Glanznummern zählte. Gesungen wurde schon damals hauptsächlich vor ausländischen Touristen:
Am verwichenen Samstag gaben sechs Tyroler National-Sänger, an ihrer Spitze die Gebrüder
Meister, im Saale des Gasthofes zum „Mohrenkopf “ ein Concert. Das Programm enthielt eine
Menge der anziehendsten Quartetten und Jodler-Lieder, welche auch reizend vorgetragen wurden
und immer den lebhaftesten Beifall hervorriefen. Das Lied „Sandwirthhofer“ von J. Mosen, von
Peter Meister meisterlich vorgetragen, wurde stürmisch wiederholt verlangt, und Meister, selbst
ein dekorirter Kriegsmann und eine Figur, die lebhaft an Hofer erinnert, sang noch ein Mal mit
ergreifendem Vortrag: „Und von der Hand die Binde nimmt ihm der Korporal, Andreas Hofer
betet allhier zum letzten Mal, dann ruft er: nun, so trefft mich recht! Gebt Feuer! Ach, wie schießt
ihr schlecht! Ade, mein Land Tyrol!“ – Die Cyther-Vorträge und schönen Tänze auf der Gigelira
erfreuten ungemein. Trotz der nieder gestellten Preise war der Besuch schwach. Durchreisende
Engländer und Franzosen bildeten den Kern auf den Plätzen wo dereinst unsere Haute-volee saß,
und zeigten das größte Interesse an allen Liedern nach deren Inhalte sie sich fleißig erkundigen.62
Hildegard Herrmann-Schneider bildet in ihrem Aufsatz „Andreas Hofer und die Tiroler
Freiheitskämpfe als musikalisches Sujet“ die „Meister-Variante“ des Liedes ab, die nach
einer handschriftlichen Vorlage in den 1850er-Jahren im Druck erschien.63
Gerda Anderluh (Hg.): Anton Kollitsch: Forschungen und Beiträge zu Lied und Musik in Kärnten. Im
Einvernehmen mit dem Kärntner Volksliedwerk, Klagenfurt 2005 (Archiv für vaterländische Geschichte
und Topographie 92), S. 56.
60
Augsburger Postzeitung, Nr. 260, Montag, 22. September 1856.
61
Neueste Nachrichten aus dem Gebiete der Politik 10 (1857), Nr. 279, Beilage zum Münchner Anzeiger,
Dienstag, 6. Oktober 1857.
62
Augsburger Tagblatt, Nr. 252, Montag, 14. September 1857.
63
Hildegard Herrmann-Schneider: „Andreas Hofer und die Tiroler Freiheitskämpfe als musikalisches Sujet.
Ereignisse – Heldentum – Erinnerung“, in: Der Schlern 83 (2009), Heft 7: Juli, S. 4–52, hier S. 22.
59
Andreas Hofer („Zu Mantua in Banden“)
341
In einer Programmaufstellung des Mischitz-Quintetts von 1857 findet sich ebenfalls
ein Lied mit dem Titel Hofer’s Tod, Baß Solo mit Chor. Das Mischitz-Quintett änderte
später seinen Namen und trat als „Tiroler Sängergesellschaft“ unter der Bezeichnung
Radetzky-Verein Sänger auf, deren Mitglied nun zeitweise auch Leopold Knebelsberger
war. Als sich Knebelsberger der Gruppe anschloss, hielt man dieses Ereignis für so wichtig, dass man sofort die Presse davon informierte und mit Stolz hervorhob, den Komponisten des Liedes „Zu Mantua in Banden“ in den eigenen Reihen zu haben:
Unsere Sänger, die sich auf der zweiten Auslandsreise befanden, meldeten am 2. Jänner 1862 in
die Heimat, daß seit Anfang November der Musikdirektor Leopold Knebelsberger aus Wien ihrer
Gesellschaft beigetreten war. Wo und unter welchen Umständen diese Begegnung und Vereinigung
stattfand, darüber spricht sich der Schreiber des Briefes nicht aus; er sagt u. a. nur, daß Knebelsberger der vorteilhafte Komponist von „Hofers Tod“ sei.64
Auch im Boten für Kärnten vom 31. August 1862 scheint Andreas Hofers Tod als Teil des
Programmes auf.65
Knebelsbergers Autorenschaft stand also bereits 1862 fest, drei Jahre vor dem von
Hunrath zitierten Bericht im Bremer Courier, in dem Knebelsberger ebenfalls als Komponist von „Zu Mantua in Banden“ bezeichnet wird. Anton Kollitsch zitiert überdies
noch eine Konzertkritik aus der Memeler Bürger Zeitung von 1862, die den hohen Stellenwert des Liedes im Programm der Radetzky-Verein Sänger bezeugt:
Von den anderen Gesangsstücken ist es schwer zu unterscheiden, welches das gelungenste war: „Der
Wildschütz“ – „Der Kleeplatz“ – „Wein-Galopp“ – „Der Soldat auf der Wacht“66 (mit Chor). Alles
war gut; am meisten aber packte „Andreas Hofer’s Tod“. Sei es daß die von Knebelsberger dazu
komponierten Chöre so mächtig wirkten, oder daß das Sujet in jeder Brust mächtigen Widerhall
fand, von Hofer bis zum wunden Helfen Aspromomontes [sic]. Wir können die Konzerte der Nationalsänger dem Publikum auf das angelegentlichste empfehlen und sind überzeugt, daß es niemand
gereuen wird, dasselbe besucht zu haben.67
All die personellen Verstrickungen unter den verschiedenen Nationalsängergesellschaften sind nicht verwunderlich. Die Sängergesellschaften reisten viel, änderten häufig ihre
Formationen, neue Mitglieder wurden aufgenommen, andere verließen eine Gruppe
und gründeten eigene Gesellschaften, halfen aber durchaus bei der „alten“ Sängergesellschaft aus, wenn Not am Mann war. Deshalb gestalten sich die Nachforschungen über
den Werdegang einzelner Sängergruppen heute oft als schwierig. Die Repertoireunterschiede zwischen den Gruppen waren oft unerheblich, denn neue Mitglieder brachten
„neue“ Lieder in die Gesellschaft oder man übernahm besonders ansprechende Lieder
anderer Sängerfamilien, die man auf den vielen Reisen kennenlernte. Man hatte nicht
den künstlerischen Anspruch „einzigartig“ zu sein, das Singen war in erster Linie Einkommensquelle und Beruf. Die Unterhaltungsmusik der Nationalsängergruppen lässt
sich vielleicht am ehesten mit der heutigen volkstümlichen Musik und Schlager­musik
vergleichen, die für Bälle, Hochzeiten und andere Festivitäten „gebucht“ wird. Das
Repertoire orientierte sich an aktuellen Trends. So wurde Knebelsbergers Vertonung
Anderluh (Hg.): Kollitsch: Lied und Musik in Kärnten (wie Anm. 59), S. 60–64 und S. 72.
Ebd., S. 64–68.
66
Siehe dazu Kapitel 15 in diesem Band.
67
Anderluh (Hg.): Kollitsch: Lied und Musik in Kärnten (wie Anm. 59), S. 69f.
64
65
342
Kapitel 17
von Mosens Sandwirth Hofer um 1856 wahrscheinlich vom Mischitz-Quintett und von
den Nationalsängern Meister ins Programm aufgenommen und weiter verbreitet.
In den frühen 1860er-Jahren finden wir das Andreas Hofer-Lied auch im Repertoire
von Simon Holaus (1814–1895). Holaus hatte, wie erwähnt, mit Ludwig Rainer 1839
die zweite Generation der Nationalsänger Rainer gegründet und ihn nach Amerika
begleitet. Er trennte sich wahrscheinlich Ende der 1840er-Jahre von Rainer und sang
danach mit wechselnden Besetzungen, auch immer wieder mit den Nationalsängern
Meister. Das Lied „Zu Mantua in Banden“ wurde für ihn so bedeutend, dass er mit seiner Gruppe sogar dem mittlerweile ins Alter gekommenen Textdichter Julius Mosen ein
Ständchen darbot. In der Oldenburger Zeitung vom12. November 1862 heißt es dazu:
Die Tyroler Sängergesellschaft Holaus aus dem Zillertale stattete gestern, den 11. November, unserem
Julius Mosen einen Besuch ab. Sie hatte sich die Erlaubnis erbeten, dem gewaltigen deutschen Sänger
in seinem schweren Leiden eines seiner unsterblichen Lieder, den „Andreas Hofer“, vorzutragen. Innig
bewegt lauschte der Dichter dem Gesange, leise sprach er der Gesellschaft seinen Dank aus und schloß
mit den Worten: Gruß und Handschlag den wackeren Tyroler Landsleuten in der Heimat!68
Konzerte der Sängergesellschaft Holaus am Krankenbett des verehrten Dichters werden
auch in der Allgemeinen Deutschen Biographie erwähnt:
Die namhaftesten und besten Vertreter des Deutschthums in Nordamerika sandten ihm ein Photographie-Album mit ihren Porträts als ein Zeichen ihrer Verehrung; in der Oldenburgischen Hafenstadt Brake an der Weser lief ein stolzes Seeschiff von Stapel, welches zu Ehren des Dichters den
Namen „Julius Mosen“ erhielt, und die bekannte Tiroler Sängergesellschaft Holaus pflegte stets,
wenn sie in Oldenburg concertirte, an das Krankenlager des Dichters zu treten, um ihn durch den
Vortrag seines „Andreas Hofer“ zu erfreuen.69
Nicht jeder „lauschte innig bewegt“ der Sängergesellschaft Holaus und erfreute sich an
ihrem Vortrag des Andreas Hofer-Liedes. Friedrich Nietzsche zählte zu jenen, die den
Attitüden der Nationalsänger nichts abzugewinnen vermochten. Wie aus einem Brief
an seine Mutter Franziska vom Juni 1865 aus Bonn ersichtlich, war für ihn der Vortrag
des Andreas Hofer-Liedes durch die Sängergesellschaft Holaus Ausdruck reinster katholischer Bigotterie und gekünstelten Verhaltens:
Sehr stößt mich hier ab die bigotte katholische Bevölkerung. Ich wundre mich oftmals daß ich wirklich im 19t. Jahrhundert lebe. Neulich war Frohnleichnamfest. Prozessionen nach der Art der Kirchfestaufzüge, alles sehr geputzt und daher eitel, und trotzdem krampfhaft fromm thuend, quäkende
und krächzende alte Weiber, sehr große Verschwendung mit Weihrauch, Wachskerzen und Blumenguirlanden. Am Nachmittag desselben Tages gab eine echte Tyrolergesellschaft ein Conzert, mit der
gewöhnlichen gemachten Natürlichkeit, mit der Stereotypen Rührung beim Andreas-Hoferlied.70
Die „stereotype Rührung“, die das Lied verursachte, war für Nietzsche zwar unerträglich, doch bot gerade sie die besten Voraussetzungen für eine spätere Landeshymne.
Zit. nach Reiter: Zillertaler Nationalsänger (wie Anm. 56), S. 47.
Vgl. A. Schwartz: „Mosen, Julius“, in: Allgemeine Deutsche Biographie 22 (1885), S. 359–368 (Onlinefassung); http://www.deutsche-biographie.de/pnd118584375.html?anchor=adb (11. 07. 2012).
70
Giorgio Colli / Mazzino Montinari (Hg.): Nietzsche Briefwechsel. Kritische Gesamtausgabe 1. 2. Band:
Nietzsches Briefe 1864–1869, Berlin 1975, S. 65f.; Giorgio Colli / Mazzino Montinari / Norbert Miller /
Annemarie Pieper (Hg.): Nietzsche Briefwechsel. Kritische Gesamtausgabe 1. 4. Band: Nachbericht zur
ersten Abteilung, Briefe von und an Friedrich Nietzsche 1849–1869, Berlin – New York 1993, S. 367.
Dass es sich bei dieser „Tyrolergesellschaft“ um die Sängergesellschaft Holaus handelte, ist unbestritten.
68
69
Andreas Hofer („Zu Mantua in Banden“)
343
„Zu Mantua in Banden“ zählte zeitweise offenbar zu Simon Holaus’ erfolgreichsten
Nummern. Am 16. Mai 1868 gab er das Lied unter dem Titel Erinnerung an Hofers
Tod in Beisein von Königin Victoria auch in Windsor Castle in London zum Besten.
Sie hatte die Sänger zuletzt 1852 zusammen mit ihrer Mutter, Marie Luise Victoire von
Sachsen-Coburg-Saalfeld (1786–1861), gehört,71 die mittlerweile verstorben war, und
hielt die Erinnerung auch an dieses Konzert in ihrem Tagebuch fest:
The Tyrolese singers sang in the Corridor, 5 in number + 2 of the same we had heard in 51 + 52, in
happy times. Dearest Mama used to be so fond of these singers. They have still wonderfully good
voices. The singing was charming, but it made me sad, with all so different to formerly, yet [unleser­
lich] liked it too. Listened for a while, the Ladies + Gentlemen joining us in The Corridor. Drove
with Louise + Baby down to [unleserlich], where Lenchen + Christian72 gave us tea outside the house,
the Tyrolese again sang. Two of the young ones danced their original, characteristic national dances.73
Königin Victoria dachte bei der Darbietung der Tiroler Sänger an „glückliche
Tage“, als ihre Mutter noch lebte, denn
diese hatte die Nationalsänger so „gern
gehabt“. Sie fand die Stimmen der Sänger, die zuerst im Korridor und später
zur „Teatime“ im Freien sangen, immer
noch „wonderfully good“. Zwei der jüngeren Sänger tanzten traditionelle Tänze.
Victoria erwähnt nicht, welches Lied des
Konzertes ihr besonders gut gefallen hat,
aber sie hörte an diesem Abend nachweislich die Erinnerung an Hofers Tod, wie ein
Programmzettel vom 16. Mai 1868 verrät
(siehe Abb. 3).
Obwohl die Darbietungen des ­Andreas
Hofer-Liedes durch Simon Holaus in der
Presse hochgelobt wurden, konnte sich
das Lied aus unerfindlichen Gründen
nicht länger im Repertoire der Sänger­
gesellschaft Holaus halten. In den zwanzig
Programmen aus dem Zeitraum zwischen
1852 und 1876,74 die im Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum vorhandenen sind,
scheint es nur dreimal auf. Abgesehen
vom Auftritt vor Königin Victoria sang
Simon Holaus das Lied 1867 in Baden-
Abb. 3: Programmzettel des Konzerts der „Tyrolese Singers“ vom 16. Mai 1868 in Windsor Castle
(Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck,
FB 13360-13).
Siehe dazu Kapitel 14 in diesem Band.
„Lenchen“ war Königin Victorias fünftes Kind Helene (1846–1923), später verheiratet mit Prinz Christian von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Augustenburg (1831–1917).
73
Queen Victoria’s Journals, Saturday 16th May 1868. (Principal Royal Residence) Windsor Castle, Princess
Beatrice’s copies, Vol. 57, S. 141f. [Bodleian Libraries (University of Oxford) / Royal Archives].
74
Programmzettel am Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck, FB 13360 – 09 bis 29.
71
72
344
Kapitel 17
Baden (Souvenir à la mort d’André Hofer) und 1871 in Titness Park (The Death of Hofer).
Wesentlich häufiger finden wir ein anderes patriotisches Lied, das entweder mit Mein
Österreich, Mein Vaterland oder Das ist mein Vaterland u. ä. betitelt wurde. Es könnte sich
dabei um die Komposition Mein Vaterland, mein Oesterreich 75 von Josef Leiter, einem
Mitbegründer der Innsbrucker Liedertafel, handeln, oder um Mein Österreich von Franz
von Suppé, ein sehr populäres Lied, das in den 1840er-Jahren komponiert worden war
und mit seinen hüpfenden Gämsen, schallenden Echos, sprudelnden Bergquellen und
schönen „Dirndln“ im Text sehr gut ins Repertoire der Gruppe Holaus passen würde.
Da „Zu Mantua in Banden“ ab 1856 im Repertoire von Peter Meister und ab 1862
bei Auftritten von Simon Holaus aufscheint, haben Tiroler Sänger also durchaus eine
große Rolle bei der Verbreitung des Andreas Hofer-Liedes gespielt. Allerdings ist es doch
um einiges zu weit gegriffen, Knebelsberger als einen „Komponisten aus dem Zillertaler
Rainer Kreis“ zu bezeichnen, wie auf einer Gedenktafel an der Fassade eines Innsbrucker Traditionsgasthauses zu lesen ist.76 Knebelsberger reiste, wie viele Berufssänger, oft
und war in wechselnden Ensembles tätig, die meist als „Tiroler Sängergesellschaften“
bezeichnet wurden, obwohl sie mitunter aus anderen Teilen Österreichs stammten.
Unter den „Tiroler Nationalsängern“ war Peter Meister derjenige, der das Lied als erster
sang. Höchstwahrscheinlich lernte er es im Umfeld von Knebelsberger kennen, was
auch durch Quellen zum Kärntner Mischitz-Quintett belegt ist. Aufgrund der personellen Verbindungen ist ferner anzunehmen, dass Simon Holaus das Lied von Peter Meister
übernahm. Im gut dokumentierten Repertoire der Rainer-Familie ist das Andreas HoferLied aber nur durch eine Quelle belegt.77
Infolge der Verbreitung des Liedes durch Nationalsängergruppen wurde „Zu Mantua
in Banden“ schließlich zu einem populären Lied, was sich auch darin zeigt, dass es in bunt
gemischte Liedersammlungen mit „beliebtesten Liedern“ unterschiedlicher Stilrichtungen aufgenommen wurde. So kommt es etwa in der Volksharfe (1868) neben „Kommt a
Vogerl geflogen“, „Was ist des Deutschen Vaterland“ und „O Tannenbaum“ vor,78 oder
in den Lieblings-Melodien (1862) neben Der Tiroler und sein Kind und einem Chinesischen
Marsch.79 Auch im Octavenhasser (1875) ist „Zu Mantua in Banden“ zu finden, und zwar
neben dem Menuett aus Don Juan (Don Giovanni) von Wolfgang Amadeus Mozart, dem
Trauermarsch aus Georg Friedrich Händels Oratorium Samson und einem Berühmten
Andante von Joseph Haydn.80 Ein weiteres Beispiel ist die Sammlung Die Geschwister.
Rondinos und kleine Fantasieen über beliebte Opern-Melodien, Volksweisen und Lieder zu
vier Händen, wo das Lied neben Felix Mendelssohn-Bartholdys „Es ist bestimmt in Gottes Rath“ und einer Nummer aus Giuseppe Verdis Oper Rigoletto aufscheint.81
Wenzel-Josef Meindl: Dr. Josef Alois Leiter, k. k Bezirkshauptmann und Compositeur, Gründer der Liedertafel, Innsbruck 1989, Anhang: „Bisher aufgefundene Kompositionen“, o. Sz.; siehe dazu auch Kapitel
5 in diesem Band.
76
Vgl. Reiter: Zu Mantua in Banden (wie Anm. 9), S. 27f.
77
Ebd., S. 184.
78
Rudolf Thoma (Hg.): Die Volksharfe. Sammlung der beliebtesten Lieder, 8. Heft, o. O. 1868, S. 98.
79
M. L. Blumenthal (Hg.): Lieblings-Melodien in Fantasien, Rondos u. Variationen, o. O. 1862, Nr. 10.
80
Anon. (Hg.): Der Octavenhasser. Auswahl beliebter u. schöner Melodien f. Pft. Leicht bearb., Heft 1, Nr. 4,
o. O. 1875.
81
Anon. (Hg.): Die Geschwister. Rondinos und kleine Fantasieen über beliebte Opern-Melodien, Volksweisen
[…], Band 4, Breslau o. J. (Bayerische Staatsbibliothek, München, 4 Mus.pr. 31900).
75
Andreas Hofer („Zu Mantua in Banden“)
345
Resümee
Schon Gerlinde Haid brachte es mit ihrem Begriff der „deutschnational begeisterten
Geschichtsfälschung“ auf den Punkt: Der Text der heutigen Tiroler Landeshymne kann
nur vor dem Hintergrund der deutschnationalen und burschenschaftlichen Ideologie
des Textdichters Julius Mosen und seines Umfeldes richtig eingeschätzt werden. Da
Mosen aus einer jüdischen Familie stammte, scheint sein Interesse am deutschnationalen Umfeld der ersten Burschenschaft in Jena auf den ersten Blick hin unverständlich und rückt seine Person vielleicht in ein unvorteilhaftes Licht, da durch die neuere
Forschung einige Persönlichkeiten der damaligen Studentenbewegung in Hinblick auf
antisemitische Tendenzen neu bewertet werden.82 Mosen hat sich aber durchaus mit
seinen jüdischen Wurzeln beschäftigt und nichts in seinen Schriften deutet auf einen
„radikalen Konvertiten“ hin, im Gegenteil. Mosen war nicht der einzige, der sich für
den „Tiroler Freiheitskampf“ begeisterte. Viele deutschnationale Dichter der Zeit verarbeiteten den Andreas-Hofer-Stoff, der zu Propagandazwecken als Kampf von David
gegen Goliath stilisiert wurde.
Die Wege der Verbreitung des Liedes sind offensichtlich. Gesangsfreudige und politisch engagierte Männerbünde wie Gesangsvereine, Turnervereine und Studentenverbin­
dungen begünstigen diese durch ihre Kommersbücher und Liedersammlungen einerseits, andererseits eignete sich „Zu Mantua in Banden“ als „vaterländisches Lied“ auch
für den Schulgesang.
Der zweite bedeutende Rezeptionsweg des Liedes erfolgte über Nationalsänger­
gesellschaften, aus deren Reihen der Komponist der Melodie, Leopold Knebelsberger,
stammte. Warum er sich Mosens Text zur Vertonung aussuchte, ist leicht erklärbar: Er
rechnete mit der Publikumswirksamkeit eines Heldenliedes auf Andreas Hofer. Schon
in den frühesten Programmen und Liedersammlungen von Tiroler Sängergesellschaften
finden wir patriotische und kriegerische Lieder völlig anderer Art.83 Ob übernommene
„echte“ politische Lieder oder für kommerzielle Zwecke neu geschaffene „Freiheits­
lieder“, vermitteln sie Informationen, erzählen Anekdoten, manipulieren und motivieren. Ihre Melodien sind leicht und beschwingt und sie thematisieren nie die Tragik
kriegerischer Auseinandersetzungen. Der vielleicht wichtigste Unterschied zwischen
authentischen Kampf- und Kriegsliedern in Tirol und nachträglich geschaffenen, wie
dem späteren Andreas Hofer-Lied, besteht darin, dass in der Tiroler und auch der österreichischen Kriegslyrik aus der Zeit der Tiroler Aufstände sehr selten deutschnationale
Tendenzen zu erkennen sind und selbst das Wort „deutsch“ so gut wie nie in Liedtexten
vorkommt. Im Vielvölkerstaat Österreich waren rassistische oder nationalistische Parolen eigentlich unangebracht.84
Siehe dazu Staas: „Einheit durch Reinheit“ (wie Anm. 19).
Z. B. Ignaz Moscheles (Hg.): The Tyrolese Melodies Arranged for One or Four Voices with Accompaniment
for the Piano Forte, London 1827; Anon. (Hg.): Tiroler Nationalgesänge. Gesungen von den Gebrüdern
Franzl, Balthasar und Anton Leo, genannt das Kleeblatt aus dem Zyllerthale, Zell am Ziller 1829, S. 4f.
(Stadtbibliothek Lübeck, Bl. 10602).
84
Robert Franz Arnold / Karl Wagner (Hg.): Achtzehnhundertneun. Die politische Lyrik des Kriegsjahres, Wien 1909 (Schriften des Literarischen Vereins in Wien XI); August Hartmann (Hg.): Historische
Volkslieder und Zeitgedichte vom sechzehnten bis neunzehnten Jahrhundert, München 1913, Vorwort,
S. XIXf.: „Und so zeigen sich denn in unserer Sammlung (immer von Friedrich Schlegel abgesehen)
82
83
346
Kapitel 17
Das im Jahr 1831 getextete und um 1844 vertonte Andreas Hofer-Lied ist ein Heldenlied, ein „säkularisiertes Märtyrerlied“,85 das voraussetzt, dass man Andreas Hofer als
Helden sieht, ihn also mystifiziert. Diese Sichtweise ist in Tirol etwa ab der Mitte des
19. Jahrhunderts gang und gäbe, während Hofer für die Jenaer Studenten schon vorher
der „kämpfende David“ war. Abgesehen davon, dass „Zu Mantua in Banden“ also kein
politisches Lied im engeren Sinn ist, sondern „nur“ ein Heldenlied, hat die heutige
Tiroler Landeshymne zusätzlich auch nur sehr wenig mit Tirol, den Tirolern, Andreas
Hofer und der historischen Realität der Tiroler Aufstände zu tun. Ein sächsischer Dichter schrieb lange nach den „Tiroler Freiheitskämpfen“ den Text, ein Niederösterreicher
vertonte ihn, wobei die Tirol-Thematik für den ersten eine symbolische Rolle spielte
und für den zweiten kommerzielle Bedeutung besaß. Erst durch Tiroler Sängergesellschaften erlangte das Andreas Hofer-Lied vor allem im Ausland Repräsentationscharakter
und wurde so für die Tiroler Bevölkerung rückwirkend „traditionell“ und im Nach­
hinein identitätsstiftend.
nirgendwo Spuren des so charakteristischen Stils, fast nirgend ein gedanklicher Zusammenhang mit
Arndt’s ‚Geist der Zeit‘ oder Fichtes Reden an die deutsche Nation; es ist bezeichnend genug, dass
in Collins Wehrmanns­liedern das Wort ‚deutsch‘ nicht vorkommt. Allerdings entbehrte die damalige
österreichische Politik, von Graf Philipp Stadion, einem wie Stein weiland Reichsunmittelbaren geleitet, keineswegs einer gewissermaßen deutschnationalen Tendenz; die Proklamationen Erzherzog Karls
führen eine nicht mißzuverstehende Sprache, und eine Denkschrift des jüngeren Stadion bezeichnet das
Hauptquartier des oberen Heerführers der k. k. Armee als die Hauptstadt Deutschlands und der deutschen Nation.“ Mehr dazu auch bei Hugo Schmidt: „Austrian National Anthem“, in: Kinley J. Brauer
(Hg.): Austria in the Age of the French Revolution: 1789–1815, University of Minnesota, Minneapolis
1990, S. 175–177.
85
Hermann Kurzke: Kirchenlied und Kultur, Tübingen 2010, S. 69.
Liedindex
Der vorliegende Index ist eine nach Liedincipits alphabetisch geordnete Auflistung aller
im Rahmen des Projekts recherchierten politischen Lieder aus Tirol oder mit starken
Bezügen zu Tirol, die zwischen 1796 und 1848 entstanden sind. Nicht berücksichtigt
wurden rein lyrische Texte (mit Ausnahme von gesanglich realisierten Liedtexten, deren
Melodien jedoch nicht überliefert sind), Bühnenwerke, Kantaten u. ä. Eine Gewähr auf
Vollständigkeit ist nicht gegeben.
Die Einträge beginnen mit dem jeweiligen Liedincipit, gefolgt vom (kursiv gesetzten) Titel des Liedes (falls vorhanden), von einer Kategorisierung bzw. Gattungszuordnung, vom Jahr der Entstehung (falls eine Datierung möglich ist) und von Angaben zu
Text, Melodie und den frühesten Drucken (z. B. in Liedersammlungen, auf Flugblättern
u. ä.). – Hinweise auf Kapitel im vorliegenden Band erfolgen dann, wenn das jeweilige
Lied dort vollständig oder auszugsweise zitiert wird.
Abkürzungen
anon.: anonym (ohne Verfasserangabe)
BStB: Bayerische Staatsbibliothek, München
Dip.: Dipauliana
dt.: deutsch
DVA: Deutsches Volksliedarchiv, Freiburg i. Br.
engl.: englisch
hs.: handschriftlich/-e/-es
ident.: identisch
Jh.: Jahrhundert
m.: mit
Mel.: Melodie
ÖNB: Österreichische Nationalbibliothek, Wien
ÖStA: Österreichisches Staatsarchiv, Wien
StAM: Staatsarchiv München
TLMF: Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck
TVA: Tiroler Volksliedarchiv, Innsbruck
undat.: undatiert
urspr.: ursprünglich/-e/-er
a) Lieder, deren Melodien überliefert sind (Nr. 1–69)
1. „Ach Himmel, es ist verspielt“, Andreas-Hofer-Lied, vermutlich Mitte 19. Jh., Text: anon. (oft Hofer
selbst zugeschrieben), basiert textlich großteils auf „O Himmel! Ich verspühr“, Mel.: weist Parallelen zu
einer französischen Tanzweise von 1540 auf; siehe Johannes Bolte: „Zum deutschen Volksliede“, in: Zeitschrift des Vereins für Volkskunde 26 (1916), S. 178–193; John Meier: „Zum Lied von Andreas Hofer“, in:
Das Deutsche Volkslied 38 (1936), S. 153–156, Druck: Eduard Amthor (Hg.): Der Alpen-Freund. Monatshefte für Verbreitung von Alpenkunde unter Jung und Alt in populären und unterhaltenden Schilderungen
aus dem Gesammtgebiet der Alpenwelt und mit praktischen Winken zur genussvollen Bereisung derselben. In
Verbindung mit hervorragenden Alpenkennern 1 (1870), S. 73; Druck mit Mel.: Franz Friedrich Kohl /
Josef Reiter (Hg.): Echte Tiroler-Lieder, Wien 1899, S. 253f. – Siehe Kapitel 16 in diesem Band.
2. „Als der Sandwirth vom Passeier“, Andreas Hofer, Andreas-Hofer-Lied, Studentenlied, 1819, Text:
Max von Schenkendorf (1783–1817), Mel.: Ludwig Berger (1777–1839), Druck m. Mel.: August
Heinrich Hoffmann von Fallersleben: Deutsches Volksgesangbuch, Leipzig 1848, S. 7. – Siehe Kapitel 17
in diesem Band.
348
Liedindex
3. „Als frühmorgen der Tag anbrach“, bayerische Kriegsballade, 1809, Text u. Mel.: anon., Druck: August
Hartmann / Hyacinth Abele (Hg.): Historische Volkslieder und Zeitgedichte vom sechzehnten bis neunzehnten
Jahrhundert. 3. Band: Von 1756 bis 1879, München 1913, S. 107f., laut Hartmann/Abele (S. 108) mehrfach aus dem Land Salzburg und Oberbayern mündlich überliefert. – Siehe Kapitel 8 in diesem Band.
4. „Als man das Jahr achthundert und dreizehn zählt“, Napoleon-Lied, um 1813, Text: anon., zwei
Strophen übernommen von Peter Paul Staudacher: An die frischen Tyroler bey Gelegenheit des Franzosen
Krieges (siehe Liedindex, Nr. 79), Mel.: anon., Beleg: DVA, A 186995.
5. „Als schwacher Souvenier“, Napoleon-Lied, um 1840, Text u. Mel.: anon., Beleg: DVA, A 187627.
6. „Anno neun bin i g’standen“, Die Erinnerung an das Jahr 1809, Nationalsängerlied, undat., Text u.
Mel.: anon., Druck: Anon. (Hg.): Tiroler Nationalgesänge. Gesungen von den Gebrüdern Franzl, Balthasar
und Anton Leo, genannt das Kleeblatt aus dem Zyllerthale, Zell am Ziller 1829, S. 4f. (Stadtbibliothek
Lübeck, Bl. 10602); Druck m. Mel.: Johann Fuchs (Hg.): Sammlung ächter Tiroler National-Lieder für
vierstimmigen Männerchor, 4. Heft, München 1862, S. 4f. (BStB, Mus.pr. 96-1, 6#1_00010.9). – Siehe
Kapitel 15 in diesem Band.
7. „Auf, auf ihr Tiröla!“, Kriegslied, um 1809 (?), Text u. Mel.: anon., Druck m. Mel.: Franz Friedrich
Kohl / Josef Reiter (Hg.): Echte Tiroler-Lieder, Große Neuausgabe, 1. Band, Leipzig – Zürich 1913,
S. 173f. (große Ähnlichkeit mit: „Auf! Frische Tiroler! Auf spannt Eure Bichs!“, siehe Liedindex, Nr. 79).
8. „Auf auf ihr Tiroler, wir müssen in das Feld“, Kriegslied, um 1809 oder wesentlich später (?), Text u.
Mel.: anon., Beleg: DVA, A 73972 (Anmerkung: „Lieder der Brienzer Mädchen, Bern, Schweizerisches
Archiv, keine Datierung“). – Siehe Kapitel 9 in diesem Band.
9. „Auf die wonnevollen Tage folgen düstre schwarze Stunden“, Lied bei Gelegenheit des Sommer-Aufenthalts Seiner Exzellenz des Herrn General-Major Freyherrn von Loudon. Gesungen zu Oberbotzen in der
Sommerfrist den 19 August 1797. In Musik gesetzt von H. n. Abbate F. Bihler, Loblied auf Laudon, 1797,
Text (?) u. Mel.: Franz Bühler, Beleg: Südtiroler Landesarchiv, Bestand des Palais Toggenburg, A/I.48.
10.„Auf Tyrol! Nicht lang verweile“, Schützen-Lied von einem Bauern von Hötting gemacht, Kriegslied,
1796, Text u. Mel.: anon., Druck: Flugblatt, TLMF, FB 1197/83; Anton Emmert (Hg.): Almanach für
Geschichte, Kunst und Literatur von Tirol und Vorarlberg, 1. Jahrgang, Innsbruck 1836, S. 130–132.
11.„Bueben, schreyts enk müed und haiser“, Lied im Tiroler Dialekt, nach dem Ausbruche der Insurrektion
im Jahre 1809, Kriegslied, 1809 (?), Text: Franz Karl Zoller (1748–1829?), Mel.: „Gott erhalte unsern
Kaiser“ (Joseph Haydn), Druck: Flugblatt, ÖNB, 303.488-A; Robert Franz Arnold / Karl Wagner
(Hg.): Achtzehnhundertneun. Die politische Lyrik des Kriegsjahres, Wien 1909 (Schriften des Literarischen
Vereins in Wien XI), S. 245–249. – Siehe Kapitel 8 in diesem Band.
12.„Brüder, Krieg bringt stillen Hütten“, Die Stimme der warnenden Freundschaft an die irregeführten
Tiroler und Vorarlberger, von einem Freunde des Vaterlandes, München 1809, kritisches Lied über den
Tiroler Aufstand, 1809, Text: anon., Mel.: „Schön ist’s, unter’m freyhen Himmel“, Druck: Flugblatt,
TLMF, FB 1383/91. – Siehe Kapitel 8 in diesem Band.
13.„Brüder! ruft aus Herzensgrund“, Freudenlied der tapfern Tyroler, gesungen bey der Ankunft seiner kaiserlichen Hoheit des Erzherzog in Tyrol nach gehaltener Anrede, Loblied auf das Kaiserhaus, um 1809,
Text: anon., Mel.: „Wann i in der Früh aufsteh“ (siehe Liedindex, Nr. 65), Druck: TLMF, FB 2071
(Wien 1809); Robert Franz Arnold / Karl Wagner (Hg.): Achtzehnhundertneun. Die politische Lyrik des
Kriegsjahres, Wien 1909 (Schriften des Literarischen Vereins in Wien XI), S. 251–253. – Siehe Kapitel 11
in diesem Band.
14.„Dem Franzmann ist nie wohl zu Muth“, Lied zweyer Französischer Gensdarme bey dem Einrücken der
K. K. Öster. Truppen in Tyrol 1814 nach der sogenannten, und bekannten Melodie des Alpenlurlers in 2 Stimmen, satirisches Lied, 1814, Text: anon., Mel.: angeblich nach dem Alpenlurler (Sonnleithner-Sammlung,
Archiv der Gesellschaft für Musikfreunde, Wien, Kreis Pustertal, XI/5); weiterer Beleg: TVA, 6123.
15.„Den Adler traf mein sich’res Rohr“, Der Speckbacher, Josef-Speckbacher-Lied, Ende 19. Jh., Text u.
Mel.: anon., Druck m. Mel.: Anon. (Hg.): Sammlung der beliebtesten Tiroler Alpenlieder für eine Singstimme mit Begleitung des Pianoforte oder der Guitarre, 4. Band, Innsbruck [ca. 1890], Nr. 38, S. 14f. –
Siehe Kapitel 5 in diesem Band.
Liedindex
349
16.„Den Stutzen hear, bam Saggara“, A Liad zum Garibaldi-Rummel im Jahre 1866, Kriegslied, 1866,
Text: anon., Mel.: „Den Stutzen hear bam Saggara“ (siehe Liedindex, Nr. 17), Druck: Die Dorflinde.
Wochenblatt für tirolische Belletristik 32 (1866), S. 249f. – Siehe Kapitel 1 in diesem Band.
17.„Den Stutzen hear, beym Soggara“, A Lied im Franzosen-Rummel 1796, Kriegslied, 1796, Text:
Johann Friedrich Primisser (1757–1812), hs. Fassung im TLMF, Dip. 1037/8, Mel.: anon.; weitere hs.
Aufzeichnung mit Mel. in: Johann Baptist Gänsbacher (1778–1844): Denkwürdigkeiten aus meinem
Leben (hs.) (TLMF, FB 15546), Druck: Anton Emmert (Hg.): Almanach für Geschichte, Kunst und Literatur von Tirol und Vorarlberg, 1. Jahrgang, Innsbruck 1836, S. 145–147; Umdichtung auf die Tiroler
Landesverteidigung 1866: A Liad zum Garibaldi-Rummel im Jahre 1866 (siehe Liedindex, Nr. 16). –
Siehe Kapitel 1 in diesem Band.
18.„Der Tharerwirt von Olang“, Heldenlied, nach 1850, Text u. Mel.: anon., Druck m. Mel.: Alfred
Quellmalz (Hg.): Südtiroler Volkslieder. 1. Band: Balladen, Schwankballaden, Moritaten, historische Lieder, ältere Soldatenlieder, Ständelieder, Bauern und Knechte, Kassel u. a. 1968, S. 155f.
19.„Die liebe Feyerstunde schlägt“, Der Tagelöhner, politisch intendiertes Abendlied, in manchen Fassungen mit einer sozialkritischen Strophe, um 1786, Text u. Mel.: möglicherweise Johann Friedrich Schlez
(1759–1839) oder Anton Golzham[m]er (gest. 1786), Druck: Wiener Musenalmanach 1786, S. 27, hs.
auch bei Christian Blattl um 1830 (laut Leopold Schmidt: Volksgesang und Volkslied. Proben und Probleme, Berlin 1970, S. 246). Auf Tirol bezogene Umdichtungen m. anderen Mel.: Gioachino Rossini:
At Close of Day, Tyrolien duetto […] Arranged and adapted by Henry R. Bishop, London 1840 [British
Library, Music Collections G.809.cc.(2.)]; Felicia Hemans / Augusta Browne: Tyrolese Evening Hymn,
London, um 1839 (Johns Hopkins University, Baltimore, Levy Sheet Music Collection, Box 043, Item
162). – Siehe Kapitel 10 in diesem Band.
20.„Die Trommel wirbelt! auf, ins Feld!“, Kriegslied der boznerischen tyrolischen Landes-VertheidigungsTruppen, Kriegslied, 1796, Text u. Mel: Franz Bühler (auch Bihler, 1760–1824), Druck m. Mel.: TLMF,
Dip. 582/VIII, Nr. 3 (Graz 1796). – Siehe Kapitel 4 in diesem Band.
21.„Ei, das Leben ist so schön“, Tiroler Schützenlied aus den vierziger Jahren, Schützenlied, um 1848, Text
u. Mel.: Christian Blattl (1805–1865), Druck m. Mel.: Josef Pommer (Hg.): Blattl-Lieder. Nach Wort
und Weise verfaßt von dem Tiroler Bauerndichter Christian Blattl, Saalfelden 1910, S. 29–31. – Siehe
Kapitel 13 in diesem Band.
22.„Ein Falke blickt zürnend“, Öst’reichs Falke 1810, Andreas-Hofer-Lied, um 1875, Text: Wenzel Wenhart (1834–1912), Mel.: Carl Maria von Weber (1786–1826): Lützow’s wilde, verwegene Jagd (1814),
Druck m. Mel.: Adalbert Proschko / Franz Pammer (Hg.): Liederquelle. Ausgewählte Lieder für öster­
reichische allgemeine Volksschulen. 4. Heft: Lieder für das 7. und 8. Schuljahr, Linz 1885, S. 73.
23.„Es ist schon wiedrum ein Jahr vorbei“, Kriegslied, um 1799, Text u. Mel.: anon., Druck m. Mel.:
Alfred Quellmalz (Hg.): Südtiroler Volkslieder. 1. Band: Balladen, Schwankballaden, Moritaten, historische Lieder, ältere Soldatenlieder, Ständelieder, Bauern und Knechte, Kassel u. a. 1968, S. 153.
24.„Es werfen die Berge all’“, Schützenfrühlingslied. Gedichtet von St – auf die Arie des vom Sänger Ludwig Rainer aus Amerika mitgebrachten Matrosenliedes, um 1847, Nationalsängerlied, Schützenlied, Text:
anon., in: Tiroler Schützen-Zeitung, Nr. 15, 15. April 1847, S. 113–115. Mel.: angeblich nach einem
amerikanischen Matrosenlied; ältester bekannter Melodiebeleg (der wohl nichts mit dem amerikanischen
Matrosen­lied zu tun hat) in: Anon. (Hg.): Sammlung der beliebtesten Tiroler Alpenlieder für eine Singstimme
mit Begleitung des Pianoforte oder der Guitarre, 6. Band, Innsbruck [ca. 1890], S. 22 (BStB, 4 Mus.pr.
47033-1/6); siehe auch DVA, Gr. II, Tirol-Bayern 1809, A 188411. – Siehe Kapitel 14 in diesem Band.
25.„Feinde ringsum“, Studentenlied, 1792, Text: Carl Gottlob Cramer (1758–1817), Mel.: Carl Ludwig
Traugott Gläser (1747–1797); hs. mit Mel. in: Johann Baptist Gänsbacher (1778–1844): Denkwürdigkeiten aus meinem Leben (hs.) (TLMF, FB 15546), Druck m. Mel.: Carl Gottlob Cramer: Hermann von
Nordenschild, 2. Teil, Weißenfels 1792, S. 146. – Siehe Kapitel 4 in diesem Band.
26.„Freut euch, ihr Wiener Bürger“, Friedenslied von Prinz Karl. An die Wiener Freiwilligen über des
Französ. General Bonaparte Einfall in Italien, Tyrol und Steyermark, als die Franzosen nach Wien vorrücken
wollten, nebst einem Lied von einem Tyroler Scharfschützen an seine tapfern Tyroler. Friede von Campo Formio, 17. Oktb. 1797 Das Erste. Im Ton: Ich Mädchen bin aus Schwaben, Lied gegen Napoleon, Siegeslied,
350
Liedindex
1797, Text: anon., Mel.: Christian Friedrich Daniel Schubart (1739–1791): „Ich Mädchen bin aus
Schwaben“ (Schwabenmädchen), Druck: Franz Wilhelm von Ditfurth (Hg.): Historische Volkslieder der
Zeit von 1756 bis 1871. 1. Band, 2. Heft: Die historischen Volkslieder vom Ende des siebenjährigen Krieges,
1763, bis zum Brande von Moskau, 1812, Berlin 1872, S. 224–228.
27.„Für den guten Vater Loudon“, Lied bei der Abreise der Frau Graefinn von Fünfkirchen Gemahlin des
Herrn General-Major Freyherrn von Loudon Gesungen zu Oberbotzen in der Sommerfrist den 27. August
1797 in Musik gesetzt von H.n Abbate F. Bühler, Loblied auf Laudon, 1797, Text: anon., Mel.: Franz
Bühler (auch Bihler, 1760–1824), Druck m. Mel.: Südtiroler Landesarchiv, Bestand des Palais Toggenburg, A/I.49.
28.„Grüaß Gott, euch Herrn und Frauen all“, Andreas-Hofer-Lied, 2. Hälfte 19. Jh., Text u. Mel.:
anon., hs. überliefert im TLMF, FB 2103/52, Druck m. Mel.: Alfred Quellmalz (Hg.): Südtiroler Volkslieder. 1. Band: Balladen, Schwankballaden, Moritaten, historische Lieder, ältere Soldatenlieder, Stände­
lieder, Bauern und Knechte, Kassel u. a. 1968, S. 159. – Siehe Kapitel 16 in diesem Band.
29.„Heil dem Tag, der aus den Wonneauen Welschlands uns den Vater wiederbringt“, Lied an den
König, Loblied auf den bayerischen König, 1808, Text: Wilhelm Lechleitner (?), Mel.: Wilhelm Lechleitner (1779–1827), hs. in BStB, Mus. Ms. 161, Druck: Hildegard Herrmann-Schneider: „Andreas
Hofer und die Tiroler Freiheitskämpfe als musikalisches Sujet. Ereignisse – Heldentum – Erinnerung“,
in: Der Schlern 83 (2009), Heft 7: Juli, S. 52. – Siehe Kapitel 6 in diesem Band.
30.„Heil unserm König! Ewiger“, Loblied auf den bayerischen König, 1806, Text: Waldhauser („Professor“), Mel.: Abbé Georg Joseph Vogler (1749–1814), vertont ebenso von Wilhelm Lechleitner (1779–
1827) (hs. Partitur im Musikarchiv des Stiftes Neustift bei Brixen, Sign. W. L. Mx. 6), Text überliefert
in: Innsbrucker Wochenblatt 8 (1806), 3. Februar 1806, S. 1f.; Allgemeine musikalische Zeitung VIII
(1806), 12. Februar 1806, S. 320. – Siehe Kapitel 6 in diesem Band.
31.„He, Wirth, schenk uns die Flasche voll!“, Zuruf eines gedienten königl. baierischen Grenadiers an
seine neugeworbenen Tyroler-Kameraden, Soldatenlied, Text: anon., Mel.: „Auf, auf ihr Brüder und seid
stark“ (Kaplied) von Christian Friedrich Daniel Schubart (1739–1791), Druck: Robert Franz Arnold /
Karl Wagner (Hg.): Achtzehnhundertneun. Die politische Lyrik des Kriegsjahres, Wien 1909 (Schriften des
Literarischen Vereins in Wien XI), S. 422–424. – Siehe Kapitel 4 in diesem Band.
32.„Heut kommet unser Kaiser Franz, der liebe gute Mann“, Huldigungslied auf die Vorbeyreise Seiner
K. K. Majestät unsers Durchlauchtigsten Kaisers Franz / Innichen den 23. März 1816, Loblied, 1816, Text
u. Mel.: anon., Beleg: Sonnleithner Sammlung, Archiv der Gesellschaft für Musikfreunde, Wien, Tirol
/ Kreis Pustertal, XI/2.
33.„Hui auf! Hui auf! Der Feind ruckt ins Land“, Der Tyroler Landsturm, Kriegslied, Nationalsängerlied,
um 1825, Text u. Mel. (?): Max Johann Seidel, Druck dt. und engl. m. Mel.: „What ho! What ho! The
cry wakes the land“ / „Hui auf ! hui auf ! schreit man durch’s Land“, in: Ignaz Moscheles (Hg.): The
Tyrolese Melodies Arranged for one or Four Voices with an Accompaniment for the Piano Forte, London
1827, S. 46–52. Siehe Sandra Hupfauf: „Der Tyroler Landsturm: Ein Nationalsängerlied und seine
Reise durch die amerikanische Popularmusik des 19. Jahrhunderts“, in: Thomas Nußbaumer (Hg.):
Volksmusik in den Alpen – Standortbestimmungen. Festschrift für Josef Sulz zum 80. Geburtstag, Innsbruck
2011 (Schriften zur musikalischen Ethnologie 1), S. 255–279.
34.„I bin a blåaß löbfrischar Bua“, Napoleon-Lied, um 1809 (?), Text u. Mel.: anon., Druck m. Mel.:
Franz Friedrich Kohl / Josef Reiter (Hg.): Echte Tiroler-Lieder, Große Neuausgabe, 1. Band, Leipzig –
Zürich 1913, S. 162f.
35.„Ietz ist er gar der Kirchtatanz“, A Siegslied am heil. sant Isidoritag Anno 1797, Siegeslied, 1797, Text:
Johann Friedrich Primisser (1757–1812), Mel.: „Den Stutzen hear, beym Soggara“ (siehe Liedindex,
Nr. 17), Druck: Flugblatt, TLMF, FB 535/11; Franz Wilhelm von Ditfurth (Hg.): Historische Volks­lieder
der Zeit von 1756 bis 1871. 1. Band, 2. Heft: Die historischen Volkslieder vom Ende des siebenjährigen
Krieges, 1763, bis zum Brande von Moskau, 1812, Berlin 1872, S. 229–231.
36.„Im Garten zu Schönbronnen“, Napoleon-Lied, um 1830, Text u. Mel.: anon., Druck m. Mel.: ­Alfred
Quellmalz (Hg.): Südtiroler Volkslieder. 1. Band: Balladen, Schwankballaden, Moritaten, historische Lieder, ältere Soldatenlieder, Ständelieder, Bauern und Knechte, Kassel u. a. 1968, S. 166.
Liedindex
351
37.„In Wien macht man den Frieden“, Napoleon-Lied, um 1812, Text u. Mel.: anon., Beleg: DVA,
A 187968.
38.„Ist es denn schon wirklich war“, Napoleon-Lied, um 1812, Text u. Mel.: anon., Druck m. Mel.:
­Alfred Quellmalz (Hg.): Südtiroler Volkslieder. 1. Band: Balladen, Schwankballaden, Moritaten, historische Lieder, ältere Soldatenlieder, Ständelieder, Bauern und Knechte, Kassel u. a. 1968, S. 160–164.
39.„Jatz soll i oans singa, jå wenn i na mecht“, Boarlied, Lied gegen die Bayern, um 1809 (?), Text u.
Mel.: anon., Druck m. Mel.: Franz Friedrich Kohl (Hg.): Echte Tiroler-Lieder, Wien 1899, S. 251f.;
TVA, A 3381 (siehe auch „Jetzt hat si des Blattl auf oamal gewendt“, Liedindex, Nr. 41).
40.„Jauchzet singet frohe Lieder“, Freiheitslied, Nationalsängerlied, um 1815 (?), Text u. Mel.: anon.,
Druck dt. und engl. m. Mel.: Das freie Land / The free country, in: Ignaz Moscheles (Hg.): Tyrolese Melodies Sung by the Tyrolese Family Rainer with the original German Words and an English Translation By T.
H. Bayly Esq.re Arranged for two or four Voices, with Symphonies and Accompaniments for the Piano Forte,
Vol. 3, London 1829, S. 17–23, ohne Mel. hs. bei Christian Blattl, um 1830 (laut Leopold Schmidt:
Volks­gesang und Volkslied. Proben und Probleme, Berlin 1970, S. 254). – Siehe Kapitel 14 in diesem Band.
41.„Jetzt hat si des Blattl auf oamal gewendt“, Tirolergesang vom Jahr 1809 / Boarlied / Der boarische
(auch: baierische) Einbruch / Unterinnthalisches Volkslied 1809 (unterschiedliche Liedanfänge über­
liefert), siehe auch „Jatz soll i oans singa“ (Liedindex, Nr. 39), Protestlied gegen die Bayern, 1809 (oder
später), Text: anon., Mel.: siehe TVA, A 5408, Druck: Anton Peternader: Tirols Landes-Vertheidigung
nebst interessanten Biografien und Skizzen merkwürdiger Tiroler Landesvertheidiger, 2. Teil, Innsbruck
1853, S. 54–56 (Incipit: „Jetzt sing’ ich noch eins, wenn ich gar nimmer möcht’“). – Siehe Kapitel 9 in
diesem Band.
42.„Jetzt hört meine Bayern was ich euch will sing!“, Lied über die Vorfälle im August im Ober-Innthale,
erzählendes Kriegslied, Zeitungslied, 1809, Text: anon., Mel.: Sterzingermooslied (siehe Ludwig von
Hörmann: Tiroler Volksleben. Ein Beitrag zur deutschen Volks- und Sittenkunde, Stuttgart 1909, S. 21);
TVA, A 8324, Druck: Jakob Levi Salomo Bartholdy: Der Krieg der Tyroler Landleute im Jahre 1809,
Berlin 1814, S. 237. – Siehe Kapitel 9 in diesem Band.
43.„Jez wöll’n mår gien n’ Franzosen zu gög’n gien“, Spingeser Schlachtlied / Kriegslied eines Tyrolers
im Landsturm An. 1797, Kriegslied, um 1797, Text: vermutlich von Franz Karl Zoller (1748–1829?),
Druck: Flugblatt, TLMF, Dip. 134/5 (= ident. m. Dip. 134/30), Mel.: „Iatz wöll ma ge n heilig’n Geist
singa wean ku“ (Heiliggeistlied; siehe Karl von Lutterotti, Gedichte im Tiroler Dialecte, Innsbruck 1854,
S. 26–29; Druck m. Mel.: Karl Komzak / Josef Leiter (Bearb.): Das Spingeser Schlachtlied am 2. April
1797. Dem tiroler Landsturm gewidmet, Czichna: Innsbruck o. J. [1878] (ÖNB, MS27985-4.1 Mus). –
Siehe Kapitel 5 in diesem Band.
44.„Juhe! Tiroler wäxe Schützn“, Die Tiroler Schützen in canone perpetuo, Kanon, Kriegslied, 1800, Text:
Rogerius Schranzhofer (1746–1816), Mel.: Wolfgang Amadeus Mozart (1756–1791): „Oh du eselhafter Martin“ (KV 560b) (1788), hs. m. Mel. in der Musiksammlung des Zisterzienserstiftes Stams ohne
Signatur, Druck: Walter Senn: „Mozartiana aus Tirol“, in: Hans Zingerle (Hg.): Festschrift Wilhelm
Fischer. Zum 70. Geburtstag überreicht im Mozartjahr 1956, Innsbruck 1956 (Innsbrucker Beiträge zur
Kulturwissenschaft, Sonderheft 3), S. 53. – Siehe Kapitel 4 in diesem Band.
45.„König! Seit wir Dich gesehen“, Empfindungen der Tyroler beym ersten Anblick ihres Königs und Seiner
durchlauchtigsten Familie, Loblied auf den bayerischen König, 1808, Text: Benitius Mayr (1760–1826)
(?), Mel.: Pfarrorganist „Abbé Falk“ (?), Druck m. Mel.: Flugblatt, TLMF, Zeughaus, Sammlung für
Drucke und Graphiken, o. Sign. – Siehe Kapitel 6 in diesem Band.
46.„La La La La La Laudon rückt an“, Gesungen von den Stadtmusikkanten [sic], als der Herr GeneralFeldwachtmeister Freyherr v. Loudon am 4ten April 1797 siegreich in Botzen einzog. Nach der Melodie des
alten Liedes auf den Grafen Gideon v. Laudon / Nach dem siebenjährigen Preussenkriege, Loblied auf Laudon, 1797, Text: anon., Mel: „Nach der Melodie des alten Liedes auf den Grafen Gideon v. Laudon“,
Soldatenlied, Druck: TLMF, Dip. 582/8 (= ident. m. Dip. 582/11); Wilhelm Edler von Janko (Hg.):
Laudon im Gedicht und Liede seiner Zeitgenossen, Wien 1881, S. 137 (Druck m. Mel.); Joseph Emanuel
Bauer (Hg.): Tiroler Kriegslieder aus den Jahren 1796 und 1797. Gesammelt und zur Jahrhundertfeier
herausgegeben, Innsbruck 1896, S. 112f. – Siehe Kapitel 4 in diesem Band.
352
Liedindex
47.„Liebe Leute neigt mir ein geneigtes Ohr“, Tiroler und Österreicher, Tiroler Lied, Nationalsängerlied,
um 1845 (?), Text u. Mel.: Christian Blattl (1805–1865), Druck m. Mel.: Josef Pommer (Hg.): BlattlLieder. Nach Wort und Weise verfaßt von dem Tiroler Bauerndichter Christian Blattl, Saalfelden 1910,
S. 45–47. – Siehe Kapitel 13 in diesem Band.
48.„Lustig wir Tiroler, wir ziehen auf das Feld“, Soldatenlied, 1. Hälfte 19. Jh., Text: anon., Druck mit
Mel.: Alfred Quellmalz (Hg.): Südtiroler Volkslieder. 1. Band: Balladen, Schwankballaden, Moritaten,
historische Lieder, ältere Soldatenlieder, Ständelieder, Bauern und Knechte, Kassel u. a. 1968, S. 155; DVA,
A 188213. – Siehe Kapitel 9 in diesem Band.
49.„Net zum Spiel, nåh zum Kåmpf “, Kriegslied, 1809 oder später, Text u. Mel.: anon., Druck m. Mel.:
Alfred Quellmalz (Hg.): Südtiroler Volkslieder. 1. Band: Balladen, Schwankballaden, Moritaten, historische Lieder, ältere Soldatenlieder, Ständelieder, Bauern und Knechte, Kassel u. a. 1968, S. 154. – Siehe
Kapitel 9 in diesem Band.
50.„Nun hört uns, ihr Bayern! wir wolln euch was sagn“, Versöhnungslied der Tiroler, 1809 oder später,
Text u. Mel.: anon., Druck m. Mel.: August Hartmann / Hyacinth Abele (Hg.): Historische Volkslieder
und Zeitgedichte vom sechzehnten bis neunzehnten Jahrhundert. 3. Band: Von 1756 bis 1879, München
1913, S. 114–116. – Siehe Kapitel 9 in diesem Band.
51.„O edler Greis, o Wundermann!“, Vater Radetzky, Loblied auf den Feldherrn Graf Joseph von Radetzky,
1848, Text u. Mel.: wahrscheinlich von Christian Blattl (1805–1865), Druck: Franz Joseph Adolf Schneidawind (Hg.): Radetzky-Lieder. Ein Album zu Ehren des Feldherrn, seiner Paladine und seiner Tapfern, Leipzig –
Wien 1854, S. 38, Druck mit Mel.: Josef Pommer (Hg.): Blattl-Lieder. Nach Wort und Weise verfaßt von
dem Tiroler Bauerndichter Christian Blattl, Saalfelden 1910, S. 24–26. – Siehe Kapitel 13 in diesem Band.
52.„Oes Buben stellt’s enk her, wißt’s wohl“, Die Liebe der Tyroler zu ihrem Kaiser, Loblied auf den Kaiser, Nationalsängerlied, o. J., Text: anon., Druck: Anon. (Hg.): Tiroler Nationalgesänge. Gesungen von
den Gebrüdern Franzl, Balthasar und Anton Leo, genannt das Kleeblatt aus dem Zyllerthale, Zell am Ziller
1829, S. 3f. (Stadtbibliothek Lübeck, Bl. 10602), Druck mit Mel.: Johann Fuchs (Hg.): Sammlung
ächter Tiroler National-Lieder für vierstimmigen Männerchor, 1. Heft, München 1862, S. 1–3 (BStB,
Mus.pr. 96-1, 6#1_00010. 9). – Siehe Kapitel 15 in diesem Band.
53.„’s Diandel håt gwoañt und sågt: Bua, wo gehst hin?“, Der åchtundvierz’ger Schütz, Abschiedslied, Soldatenlied, 1848, Text u. Mel.: Christian Blattl (1805–1865), Druck m. Mel.: Josef Pommer (Hg.): Blattl-Lieder. Nach Wort und Weise verfaßt von dem Tiroler Bauerndichter Christian Blattl, Saalfelden 1910, S. 26–29. –
Siehe Kapitel 13 in diesem Band.
54.„Singet, frohlocket, und jubelt laut“, Bey der Zurückkunft I. K. H. der Erzherzogin Maria Elisabeth,
von Max. Anton Pontifeser, nach der Melodie: Freut euch des Lebens. Innsbruck 1797, Huldigungslied,
1797, Text: Max Anton Pontifeser („Kaiserl. Königl. Gubernial-Sekretär“) (?), Mel.: nach dem Lied
„Freut Euch des Lebens“ (1793) [Text: Johann Martin Usteri (1763–1827), Mel.: Isaac Hirzel (1756–
1833)], Druck: Flugblatt, TLMF, Dip. 1037/13. – Siehe Kapitel 4 in diesem Band.
55.„Singt fröhliche Lieder, ihr Schützen, juchhe!“, Heimkehr. Bei der Zurückkunft der Jenbacher Schützen-Kompagnie am 25. Juni 1848, Siegeslied, Schützenlied, 1848, Text: Hans Obrist (1798–1882),
Bauer aus Stans, Mel.: „Tiroler san lustig“, Druck m. Mel.: Vinzenz Goller (Hg.): Alte und neue Schützenlieder. Für Männergesang, Innsbruck, 1910, S. 85.
56.„So ist’s mit mir halt aus“, Andreas-Hofer-Lied, 2. Hälfte 19. Jh., Text: anon., Mel.: evt. nach „Ach
Himmel, es ist verspielt“ (siehe Liedindex, Nr. 1), hs. im TLMF, FB 2103/52, Druck: Emil Karl Blümml:
„Andreas Hofer-Lieder“, in: Die Kultur Wien 10 (1909), S. 93. – Siehe Kapitel 16 in diesem Band.
57.„Tief in Tirol drein wia von Gott bewacht“, Der Wirth vom Sand, Andreas-Hofer-Lied, Ende 19. Jh.,
Text u. Mel.: Josef Blumlacher (1827–1907), Druck m. Mel.: Anon. (Hg.): Sammlung der beliebtesten
Tiroler Alpenlieder für eine Singstimme mit Begleitung des Pianoforte oder der Guitarre, 5. Band, Innsbruck
[ca. 1890], Nr. 54, S. 23f. – Siehe Kapitel 5 in diesem Band.
58.„Tirol, du edles, biedres Landel“, Das biedere Tirolerlandl, patriotisches Lied, 1848, Text u. Mel.:
Christian Blattl (1805–1865), Druck m. Mel.: Josef Pommer (Hg.): Blattl-Lieder. Nach Wort und Weise
verfaßt von dem Tiroler Bauerndichter Christian Blattl, Saalfelden 1910, S. 38–41. – Siehe Kapitel 13 in
diesem Band.
Liedindex
353
59.„Tiroler, laßt uns streiten“, Sandwirth Hofers Leiblied, Kriegslied, Andreas-Hofer-Lied, 1809 (?), Text
u. Mel.: anon., Druck m. Mel.: August Heinrich Hoffmann von Fallersleben (Hg.): Deutsches Volks­
gesangbuch, Leipzig 1848, S. 140f. – Siehe Kapitel 8 in diesem Band.
60.„Tirolesi, Tirolesi! Presto all’armi: ecco i Francesi“, Canzonetta Patriotica al Bravi e Fedeli Tirolesi,
Kriegslied, 1796/1797, Text: anon., Mel.: „Non sempre ride la moglie del Ladro“, Druck: Anton
Emmert (Hg.): Almanach für Geschichte, Kunst und Literatur von Tirol und Vorarlberg, 1. Jahrgang,
Innsbruck 1836, S. 152f.
61.„Und wir sitzen so fröhlich beisammen“, Napoleon-Lied, um 1812, Text u. Mel.: anon., Druck m.
Mel.: ­Alfred Quellmalz (Hg.): Südtiroler Volkslieder. 1. Band: Balladen, Schwankballaden, Moritaten,
historische Lieder, ältere Soldatenlieder, Ständelieder, Bauern und Knechte, Kassel u. a. 1968, S. 163f.
62.„Versammelt euch im frohbelebten Kreise“, Volks-Lied, am Tage der Fahnenweihe des Bürgermilitairs
von Innsbruck gesungen im königl. Nationaltheater, nach der bekannten Melodie: Am Rhein, am Rhein,
da wachsen unsre Reben, etc. Innsbruck am 10ten November 1808, patriotisches Lied auf die bayerische
Regierung, 1808, Text: anon., Mel.: „Am Rhein, am Rhein, da wachsen unsre Reben“, Druck: Flugblatt, TLMF, FB 2523/IV. – Siehe Kapitel 6 in diesem Band.
63.„‚Vielgeliebte‘ nennen mit Entzücken Bayerns Söhne, unsre Brüder, dich“, Lied an die Königin,
Loblied auf bayerische Königin, 1808, Text u. Mel.: Wilhelm Lechleitner (1779–1827), hs. in BStB,
Mus. Ms. 161, Druck: Hildegard Herrmann-Schneider: „Andreas Hofer und die Tiroler Freiheitskämpfe als musikalisches Sujet. Ereignisse – Heldentum – Erinnerung“, in: Der Schlern 83 (2009),
Heft 7: Juli, S. 52f. – Siehe Kapitel 6 in diesem Band.
64.„Von meinem Berge muß ich scheiden“, Abschiedslied, Nationalsängerlied (?), nach 1850 (?), Text u.
Mel.: anon., Beleg: TVA, A 938.
65.„Wann i in der Früh aufsteh“, Tiroler Lied, Nationalsängerlied, um 1785, Text: anon., Mel.: möglicherweise von František Xaver Tost (1754–1829), Librettist des Singspiels Der Lügner, 1785 in Pressburg aufgeführt. – Engl. Versionen: „Merrily ev’ry bosom boundeth“, Tyrolese Song of Liberty, Tiroler
Lied, um 1813, Text: Thomas Moore (1779–1852); „When the matin bell is ringing“, 1827, Tiroler
Lied, Nationalsängerlied, Druck dt. u. engl. m. Mel.: „Wann i in der Früh aufsteh“ / „When the Matin
Bell is ringing“, in: Ignaz Moscheles (Hg.): The Tyrolese Melodies Arranged for One or Four Voices with an
Accompaniment for the Piano Forte, London 1827, S. 53–61; Mel.: überliefert durch die Nationalsängerfamilie Rainer aus Fügen im Zillertal. – Siehe Kapitel 11 in diesem Band.
66.„Wer die alte deutsche Treu und Redlichkeit“, Die deutsche Treu und Redlichkeit, patriotisches
Lied, um 1840, Text: Christian Blattl (1805–1865), Mel.: anon. (nach Volksliedern wie „Wann der
Schnee von der Alma weggageht“), Druck m. Mel.: Josef Pommer (Hg.): Blattl-Lieder. Nach Wort und
Weise verfaßt von dem Tiroler Bauerndichter Christian Blattl, Saalfelden 1910, S. 36–38. – Siehe Kapitel
13 in diesem Band.
67.„Wie ich den Erwählten liebe, bis zum Tode warm und treu“, Huldigungsjodler v. J. 1838, Loblied
auf den österreichischen Kaiser, 1838, Text u. Mel.: anon., Druck m. Mel.: Johann Fuchs (Hg.): Sammlung ächter Tiroler National-Lieder für vierstimmigen Männerchor, 1. Heft, München 1862, S. 9–12
(BStB, Mus.pr. 96-1, 6#1_00010. 9). – Siehe Kapitel 5 in diesem Band.
68.„Zu Mantua in Banden“, Sandwirth Hofer, Andreas-Hofer-Lied, deutsches Studentenlied, Nationalsängerlied, Text: Julius Mosen (1803–1867), 1831, Mel.: Leopold Knebelsberger (1814–1869), um
1844, Druck: Julius Mosen: Sandwirth Hofer, in: Adalbert von Chamisso / Gustav Schwab (Hg.):
Deutscher Musenalmanach für das Jahr 1833, Leipzig 1833, S. 130f., Druck mit Mel.: Friedrich Silcher
/ Friedrich Erk (Hg.): Allgemeines Deutsches Kommersbuch, Lahr 1858, S. 124f. – Siehe Kapitel 17 in
diesem Band.
69.„Zum Kampf ‘, ihr Helden!“, Aufruf an die treuen vaterländischen Krieger, bei ihrem Kampfe gegen
die Rebellen in Tirol und Vorarlberg, geschrieben am Begräbnißtage des auf dem Felde der Ehre gefallenen
Helden: Königl. Obersten und Brigadiers Maximilian Grafen von Arco, Donnerstags, den 17ten August
1809, bayerisches Kriegslied, 1809, Text: anon., Mel: „Auf, auf ihr Brüder und seid stark“ (Kaplied) von
Christian Friedrich Daniel Schubart (1739–1791), Druck: Flugblatt, TLMF, FB 1383/92.
354
Liedindex
b) Lieder, deren Melodien nicht überliefert
bzw. nicht auffindbar sind (Nr. 70–141)
In diese Rubrik fallen alle Lieder, von denen wir Hinweise besitzen, dass sie gesungen wurden, zu denen aber
keine Melodien ausfindig gemacht werden konnten.
70.„Ach, ihr Christen, zählt die Zeiten“, Ein anderes Bußlied aus Franzosenszeit, religiöses Lied, historisches Lied, undat., Text: anon., Mel.: nicht überliefert / nicht auffindbar, Druck: Lorenz Leitgeb: Mei
Hoamat. Ein Beitrag zur Kulturgeschichte Tirols, Innsbruck 1909, S. 207.
71.„Aft heunt wohl a Liedl recht saggarisch doll“, Lied auf die Zurückkunft der zweyten Schützen-Compagnie von Schwatz, unter Anführung des Titl. Herrn Pet. Niklas Lergetporer. Vom Pet. P. Staudacher, Chorregent, Schwatz den 9. Mai 1797, Siegeslied, 1797, Text: Peter Paul Staudacher (1757–1806), Mel.: nicht
überliefert / nicht auffindbar, Druck: Flugblatt, TLMF, FB 416/9; Franz Wilhelm von Ditfurth (Hg.):
Historische Volkslieder der Zeit von 1756 bis 1871. 1. Band, 2. Heft: Die historischen Volkslieder vom Ende
des siebenjährigen Krieges, 1763, bis zum Brande von Moskau 1812, Berlin 1872, S. 231–233. – Siehe
Kapitel 2 in diesem Band.
72.„Als Cäsar Dich auf seinem Throne“, Anmerkung: „Gesungen vor der Abreise Seiner Excellenz
des K. K. Hof-Commissärs Grafen von und zu Lehrbach“, Siegeslied, 1797, Text: evt. Johann Friedrich Primisser (1757–1812), Mel.: nicht überliefert / nicht auffindbar, Druck: Flugblatt, TLMF, Dip.
1037/11.
73.„Auf, auf, ihr Tiroler!“, Passeirer Landsturm, Kriegslied, 1809, Text: Juliana Menjegerin (?, laut StAM,
MA 7022/1,51), Mel.: nicht überliefert / nicht auffindbar; hs. Version von Claudia Heslingerin 1811
(StAM, MA 7022/1, 51), Druck: Beda Weber: Das Thal Passeier und seine Bewohner. Mit besonderer
Rücksicht auf Andreas Hofer und das Jahr 1809, Innsbruck 1852, S. 305–310 (hier unter dem Titel
Sandwirthslied). – Siehe Kapitel 8 und 12 in diesem Band.
74.„Auf auf Tiroler Schützen und ladet eure Büchsen“, Schützenlied, 1859 oder später, Text: anon.,
Mel.: nicht überliefert / nicht auffindbar, Beleg: DVA, A 91.
75.„Auf ! Auf ! wir Tiroler wir müssen ins Feld“, Kriegslied, 1796 oder 1809 (?), Text: anon., Mel.: nicht
überliefert / nicht auffindbar, Druck: August Hartmann / Hyacinth Abele (Hg.): Historische Volkslieder
und Zeitgedichte vom sechzehnten bis neunzehnten Jahrhundert. 3. Band: Von 1756 bis 1879, München
1913, S. 84f.; weiterer Beleg: DVA, A 73972. Laut Hartmann/Abele (S. 85) mündlich überliefert aus
Hallstadt, ferner als hs. Beilage zum Manuskript von Maria Vinzenz Süß: Salzburgische Volks-Lieder mit
ihren Singweisen, Salzburg 1865 (Salzburg Museum, Hs 4055/1–3).
76.„Auf brave Tyrola, erhebet die Stimm“, Tyroler Liedel von P. P. Staudacher, Chorregent zu Schwatz.
Abgesungen den neunten April 1797 zu Ehren des Generals Baron Loudon, Siegeslied, Loblied auf Laudon, 1797, Text: Peter Paul Staudacher (1757–1806), Mel.: nicht überliefert / nicht auffindbar, Druck:
Flugblatt, TLMF, FB 416/11; Joseph Emanuel Bauer (Hg.): Tiroler Kriegslieder aus den Jahren 1796 und
1797. Gesammelt und zur Jahrhundertfeier herausgegeben, Innsbruck 1896, S. 113–115.
77.„Auf den Bergen Spingens, wird gar lustig gemäht“, Der Sensenschmied von Volders, Heldenlied,
Kriegslied, um 1797, Text: anon., Mel.: nicht überliefert / nicht auffindbar, Beleg: DVA, A188249.
78.„Auf, du schläfriges Tirol“, Schützen-Lied, Kriegslied, 1809 (?), Text: anon., Mel.: nicht überliefert /
nicht auffindbar, Druck: Anton Peternader: Tirols Landes-Vertheidigung nebst interessanten Biografien
und Skizzen merkwürdiger Tiroler Landesvertheidiger, 3 Teile in einem Band, Innsbruck 1853, S. 173f. –
Siehe Kapitel 8 in diesem Band.
79.„Auf ! Frische Tyroler! Auf spannt eure Bichs!“, An die frischen Tyroler bey Gelegenheit des Franzosen
Krieges. Verfaßt und abgesungen mit Begleitung der türkischen Musik vom P. P. Staudacher, Chorregent,
den 3. Julius 1796, auf der Schießstatt zu Schwaz, Kriegslied, 1796, Text: Peter Paul Staudacher (1757–
1806), Mel.: nicht überliefert / nicht auffindbar, Druck: Flugblatt, TLMF, FB 245/29; Anton Emmert
(Hg.): Almanach für Geschichte, Kunst und Literatur von Tirol und Vorarlberg, 1. Jahrgang, Innsbruck
1836, S. 156f.
Liedindex
355
80.„Auf im Berge! auf im Thale!“, Kriegslied, 1809, Text: Graf Johann von Stachelburg (1778–1809),
Mel.: nicht überliefert / nicht auffindbar, Druck: Robert Franz Arnold / Karl Wagner (Hg.): Achtzehnhundertneun. Die politische Lyrik des Kriegsjahres, Wien 1909 (Schriften des Literarischen Vereins in Wien
XI), S. 254–256. – Siehe Kapitel 8 in diesem Band.
81.„Auf Tiroler auf zum Streit“, Tiroler Schützenmarsch 1848, Kriegslied, Nationalsängerlied, Innsbruck,
1857, Text: anon., Mel.: nicht überliefert / nicht auffindbar, Beleg: TLMF, FB 43411/13c.
82.„Avanti, avanti, o Galli“, Canzonetta nuova die bersaglieri ai Francesi l’anno 1796, Kriegslied, 1796,
Text: anon., Mel.: nicht überliefert / nicht auffindbar, Druck: Lorenzo Dalponte: Uomini e genti trentine
durante le invasioni Napoleoniche 1796–1810, Trento 1984, S. 31.
83.„Bei Weiters der Aufgang der Sonnen“, Kriegslied, vor 1830 (?), Text: anon., Mel.: nicht überliefert /
nicht auffindbar, hs. in der Handschrift C von Christian Blattl (1805–1865) (laut Leopold Schmidt:
Volksgesang und Volkslied. Proben und Probleme, Berlin 1970, S. 245).
84.„Bonaparte, e Bavari uniti“, Canzoneta contro Bonaparte e Bavaresi dell’Anno 1809, Kriegslied, 1809,
Text: anon., Mel.: nicht überliefert / nicht auffindbar, Druck: Lorenzo Dalponte: Uomini e genti trentine
durante le invasioni Napoleoniche 1796–1810, Trento 1984, S. 33f.
85.„Brüder, alle lustig auf “, Schützenlied der Kufsteiner Sturmmannschaft, Kriegslied, undat., Text: Simon
Dagn (?), Mel.: nicht überliefert / nicht auffindbar, Druck: Robert Franz Arnold / Karl Wagner (Hg.):
Achtzehnhundertneun. Die politische Lyrik des Kriegsjahres, Wien 1909 (Schriften des Literarischen Vereins
in Wien XI), S. 242f. – Siehe Kapitel 8 in diesem Band.
86.„Dankbarkeit ist höchste Pflicht“, Gesang bey dem Seelenamte, religiöses Lied, 1797, Text: anon.,
Mel.: nicht überliefert / nicht auffindbar, Druck: Joseph Emanuel Bauer (Hg.): Tiroler Kriegslieder aus
den Jahren 1796 und 1797. Gesammelt und zur Jahrhundertfeier herausgegeben, Innsbruck 1896, S. 116f.
(Gesänge für die im Kriege umgekommenen Landesvertheidiger. Gehalten in Gegenwart einer zahlreichen
löbl. Scharfschützen-Kompagnie in der Pfarre Axams den 1. May 1797, erstes Lied).
87.„Dem Adler reicht die Hand“, Auf ! auf ! nur auf ! Tyroler auf !, Kriegslied, um 1809 (?), Text: Josef
Abenthung (1779–1860), Mel.: nicht überliefert / nicht auffindbar, hs. im TLMF, Musiksammlung,
M 9228/1. – Siehe Kapitel 13 in diesem Band.
88.„Dem Himmel o sey Dank“, Gesang bey dem Lobamte, religiöses Lied, 1797, Text: anon., Mel.: nicht
überliefert / nicht auffindbar, Druck: Joseph Emanuel Bauer (Hg.): Tiroler Kriegslieder aus den Jahren 1796 und 1797. Gesammelt und zur Jahrhundertfeier herausgegeben, Innsbruck 1896, S. 117–120
(Gesänge für die im Kriege umgekommenen Landesvertheidiger. Gehalten in Gegenwart einer zahlreichen
löbl. Scharfschützen-Kompagnie in der Pfarre Axams den 1. May 1797, zweites Lied).
89.„Der Künig kümt aus Wälischland“, Der Tiroler Bauer an seinen König. Ein Lied in der Volkssprache
auf die höchst erfreuliche Zurückkunft Ihrer königlichen Majestäten und Sr. königl. Hoheit des Kronprinzen
aus Italien, Loblied auf den bayerischen König, 1808, Text: Franz Karl Zoller (1748–1829?), Mel.: nicht
überliefert / nicht auffindbar, Druck: Josef Feichtinger (Hg.): Tirol 1809 in der Literatur. Eine Textsammlung, Bozen 1984 (Literarische Zeugnisse aus Tirol 4), S. 11–14. – Siehe Kapitel 6 in diesem Band.
90.„Der Länges ist umer, der Summer ist do“, Tiroler Schützenlied auf das große Königliche Freyschießen
zu Innsbruck, den 27. May im Jahre 1808, Loblied auf die bayerische Regierung, 1808, Text: Franz Karl
Zoller (1748–1829?), Mel.: nicht überliefert / nicht auffindbar, Druck: Flugblatt, TLMF FB 2523/V. –
Siehe Kapitel 6 in diesem Band.
91.„Der sakrische Oberst und der ist tot!“, Erste Befreiung Innsbrucks, Kriegslied, Siegeslied, 1809, Text:
anon., Mel.: nicht überliefert / nicht auffindbar, Druck: Franz Wilhelm von Ditfurth (Hg.): Historische
Volkslieder des österreichischen Heeres von 1638–1849, o. O. 1849, S. 82f. – Siehe Kapitel 8 in diesem
Band.
92.„Dich grüßen wir, o liebvolla Kaisa“, Der Abschiedsstrauß an den Kaiser, Loblied auf den österreichischen Kaiser, 1838, Text: Christian Blattl d. Ä. (1776–1856), Mel.: nicht überliefert / nicht auffindbar,
Druck: Anton Peternader: Tirols Landes-Vertheidigung nebst interessanten Biografien und Skizzen merkwürdiger Tiroler Landesvertheidiger, 3 Teile in einem Band, Innsbruck 1853, S. 15.
356
Liedindex
93. „Erhört, Tyrol, ist deine Bitte“, Lied auf die Allerhöchste Anwesenheit Sr. k. k. apostol. Majestät Franz I.
zu Innsbruck im October 1815, Loblied, 1815, Text: anon., Mel.: nicht überliefert / nicht auffindbar,
Druck.: Flugblatt, TLMF, FB 535/38.
94. „Es tönte weit und breit“, Andreas-Hofer-Marsch, Andreas-Hofer-Lied, 2. Hälfte 19. Jh., Text:
anon., Mel.: nicht überliefert / nicht auffindbar, Beleg: TVA, A 8941 (Liederbuch des H. Hinter­
walder, o. J.).
95. „Frisch auf, frisch auf Tirolerbue“, Lied auf Speckbacher (in einer anderen Version ein Lied auf
Andreas Hofer), erzählendes Lied, Loblied auf Josef Speckbacher (1767–1820), 1809 (?), Text: anon.,
Mel.: nicht überliefert / nicht auffindbar, Druck: Robert Franz Arnold / Karl Wagner (Hg.): Achtzehnhundertneun. Die politische Lyrik des Kriegsjahres, Wien 1909 (Schriften des Literarischen Vereins in Wien
XI), S. 269f. – Siehe Kapitel 9 in diesem Band.
96. „Frisch auf ihr Schorffschützen“, Passeirer Landsturmlied 1797, Kriegslied, 1797, Text: anon., Mel.:
nicht überliefert / nicht auffindbar, Druck: Beda Weber: Das Thal Passeier und seine Bewohner. Mit
besonderer Rücksicht auf Andreas Hofer und das Jahr 1809, Innsbruck 1852, S. 301.
97. „Für brave Kameraden“, Der Soldat auf der Wacht, Soldatenlied, Nationalsängerlied, undat., Text
u. Mel.: Leopold Knebelsberger (?) [laut Anderluh, Gerda (Hg.): Anton Kollitsch: Forschungen und
Beiträge zu Lied und Musik in Kärnten. Im Einvernehmen mit dem Kärntner Volksliedwerk, Klagenfurt
2005 (Archiv für vaterländische Geschichte und Topographie 92), S. 69], Mel.: nicht überliefert / nicht
auffindbar, Druck (o. Mel.): Anon. (Hg.): 40 National-Gesänge der Pusterthaler Sänger-Gesellschaft
Schöpfer, Bruneck [ca. 1878], S. 8.
98. „Für Gott Regent u. Vaterland“, Kriegslied, um 1809 (?), Text: Josef Abenthung (1779–1860), Mel.:
nicht überliefert / nicht auffindbar, hs. im TLMF, Musiksammlung, M 9229. – Siehe Kapitel 13 in
diesem Band.
99. „Ha lustig ihr Herrn und Schützen“, Aufmunterung an die tirolischen Scharfschützen und Landes­
ver­theidiger zum Ausmarsch gegen die welschen Freischaaren 1848, Kriegslied, 1848, Text: anon., Mel.:
nicht überliefert / nicht auffindbar, Beleg: TVA, A 2149.
100.„Heil und Dank dem Sieger“, Empfindungen des Dankes der Stadt Botzen, als der k. k. GeneralFeldwachtmeister, Alexander Freyherr v. Loudon, nach Vertreibung der Franken am 4ten April 1797 in die
Stadt einzog, Siegeslied, 1797, Text: anon., Mel.: nicht überliefert / nicht auffindbar, Druck: Joseph
Emanuel Bauer (Hg.): Tiroler Kriegslieder aus den Jahren 1796 und 1797. Gesammelt und zur Jahrhundertfeier herausgegeben, Innsbruck 1896, S. 110f.
101.„He, lustig, ihr Herrn und Schützen!“, Aufmunterung an die Tyrolischen Scharfschützen und Landesvertheidiger, vom Peter Paul Staudacher, Chorregent zu Schwatz bey dem Ausmarsch der Scharfschützen
unter Commando des Herrn Hauptmanns Harb, den 11. Hornung 1797, Kriegslied, 1797, Text: Peter
Paul Staudacher (1757–1806), Mel.: nicht überliefert / nicht auffindbar, Druck: Flugblatt, TLMF, FB
535/15; Joseph Emanuel Bauer (Hg.): Tiroler Kriegslieder aus den Jahren 1796 und 1797. Gesammelt
und zur Jahrhundertfeier herausgegeben, Innsbruck 1896, S. 87–92.
102.„He Nochba Lenz beym Soggara“, Volkslied in Tyrol über die Regierung Bayerns, Protestlied gegen die
bayerische Regierung, 1808, Text: wahrscheinlich Franz Karl Zoller (1748–1829?), Mel.: nicht überliefert / nicht auffindbar, Druck: Flugblatt, TLMF, FB 535/25; Josef Feichtinger (Hg.): Tirol 1809 in
der Literatur. Eine Textsammlung, Bozen 1984 (Literarische Zeugnisse aus Tirol 4), S. 16f.
103.„Heut hab’n ma Poradi, heunt is ja recht doll!“, Lied zu Ehren des Kaiserl. Königl. Hof-Commissärs
Herrn Grafen von und zu Lehrbach, und Herrn Gouverneur Grafen von Bissingen. Vom Pet. P. Staudacher,
Chorregent in Schwatz. Abgesungen den 2. Juni 1797 bey Dero Anwesenheit in Schwatz, Loblied, Text:
Peter Paul Staudacher (1757–1806), Mel.: nicht überliefert / nicht auffindbar, Druck: Joseph Emanuel
Bauer (Hg.): Tiroler Kriegslieder aus den Jahren 1796 und 1797. Gesammelt und zur Jahrhundertfeier
herausgegeben, Innsbruck 1896, S. 134–136.
104.„Holt Gelt, Bonapartl“, Spottlied auf Napoleon, um 1812, Text: anon., Mel.: nicht überliefert / nicht
auffindbar, Beleg: TVA, A 7079 (mitgeteilt von Maria Ganner aus Wildermieming, aufgezeichnet von
Josephus Weber, ca. 1910). – Siehe Kapitel 14 in diesem Band.
Liedindex
357
105.„Hört Freunde last uns singen“, Der Hofer, der Sandwirth, Andreas-Hofer-Lied, Ende 19. Jh., Text:
anon., Mel.: nicht überliefert / nicht auffindbar, hs. Version in einem Gesangbuch aus St. Johann in
Tirol, 1852 (TLMF, FB 35387/3). – Siehe Kapitel 16 in diesem Band.
106.„Ihr deutschen Brüder seid gegrüßt“, Gruß an Deutschland, Nationalsängerlied, Text: anon., Mel.:
nicht überliefert / nicht auffindbar, Druck: Anon. (Hg.): 40 National-Gesänge der Pusterthaler SängerGesellschaft Schöpfer, Bruneck [ca. 1878], S. 29.
107.„Ja wir stehen hier wie Eichen“, Lied der wackeren Etschländer die zur Vertheidigung des Vaterlandes
auf den Gränzen stehen, gesungen vom Landsmann J. P. v. Unterrichter, Kriegslied, 1796, Text: Johann
Peter von Unterrichter (?), Mel.: nicht überliefert / nicht auffindbar, Druck: Flugblatt, TLMF, Dip.
193; Joseph Emanuel Bauer (Hg.): Tiroler Kriegslieder aus den Jahren 1796 und 1797. Gesammelt und
zur Jahrhundertfeier herausgegeben, Innsbruck 1896, S. 57–60.
108.„Jetzt kommt die längst gewünschte Stunde“, Napoleon-Lied, um 1812, Text: anon., Mel.: nicht
überliefert / nicht auffindbar, Druck (nur Text): Alfred Quellmalz (Hg.): Südtiroler Volkslieder.
1. Band: Balladen, Schwankballaden, Moritaten, historische Lieder, ältere Soldatenlieder, Ständelieder,
Bauern und Knechte, Kassel u. a. 1968, S. 165f.
109.„Juchhe! Juchhe! / Jetzt geht’s schon g’recht!“, Jubelruf eines Tirolers bei der Siegesnachricht von Varna’s
Eroberung, Siegeslied (Russisch-Türkischer Krieg 1828–1829), Nationalsängerlied, 1829, Text: anon.,
Mel.: nicht überliefert / nicht auffindbar, Druck: Anon. (Hg.): Tiroler Nationalgesänge. Gesungen von
den Gebrüdern Franzl, Balthasar und Anton Leo, genannt das Kleeblatt aus dem Zyllerthale, Zell am Ziller
1829, S. 5f. – Siehe Kapitel 15 in diesem Band.
110.„Juheisa, sa Schüzen, seyts alle wohl auf “, Danksagung von den Gemeinden Thierburg und Vollandsegg, bey hoher Anwesenheit Sr. Excellenz des Herrn Grafen von und zu Lehrbach, k. k. Hof-Commissär etc.
etc. Wie auch Sr. Hochgräfl. Excellenz Herrn Grafen von Bissingen Gubernaer im Lande Tirol. Von Peter
Paul Staudacher. Abgesungen den 14ten September 1797, Siegeslied, 1797, Text: Peter Paul Staudacher
(1757–1806), Mel.: nicht überliefert / nicht auffindbar, Druck: Flugblatt, TLMF, FB 416/7, Druck:
Joseph Emanuel Bauer (Hg.): Tiroler Kriegslieder aus den Jahren 1796 und 1797. Gesammelt und zur
Jahrhundertfeier herausgegeben, Innsbruck 1896, S. 141–144.
111.„Kaiser Franz wie steht es dir“, Lied der Tyroler Insurgenten, 1809, den 13. April d. d. [sic] Zell in
Zillerthal, Kriegslied, 1809, Text: anon., Mel.: nicht überliefert / nicht auffindbar, hs. überliefert (in
einer Abschrift aus dem frühen 20. Jh.) im ÖstA, OeStA/KA FA AFA HR Akten 1394-I-50Ad. – Siehe
Kapitel 8 in diesem Band.
112.„Kaiserlich! Kaiserlich!“, Schnaderhüpfel aus dem Kriegsjahre 1848, 1848, Text: Hans Obrist (1798–
1882), Bauer in Stans, Mel.: originale Melodie nicht überliefert / nicht auffindbar, Vertonung von Vinzenz Goller (1873–1953) in: Vinzenz Goller (Hg.): Alte und neue Schützenlieder. Für Männergesang,
Innsbruck, 1910, S. 16.
113.„König Max Du graußigs Mandl“, urspr. Titel: Huldigung, Spottlied auf den bayerischen König,
undat., Text: anon., Mel.: nicht überliefert / nicht auffindbar, Druck: Beilage der Innsbrucker Nachrichten 22 (1875), Nr. 180, 21. August 1875, S. 131, Beilage. – Siehe Kapitel 7 in diesem Band.
114.„Ladet eure Röhre scharf und flink“, Für die Tyroler Scharfschützen-Regimenter den 27n Mai 1796,
Kriegslied, 1796, Text: Johann Baptist Primisser (1739–1815), Mel.: nicht überliefert / nicht auffindbar, Druck: Anton Emmert (Hg.): Almanach für Geschichte, Kunst und Literatur von Tirol und
Vorarlberg, 1. Jahrgang, Innsbruck 1836, S. 143–145.
115.„Laßt uns zum Altar hin tretten“, Lied zur Todesfeyr für die im Jahr 1809 aus der Gemeinde Götzens
8 Gefallenen Landes-Vertheidiger verfaßt von Josef Abentung [sic], Landesschützen Hauptmann, Kriegslied, 1809, Text: Josef Abenthung (1779–1860), Mel.: nicht überliefert / nicht auffindbar, hs. im
TLMF, Musiksammlung, M 9227. – Siehe Kapitel 13 in diesem Band.
116.„Laudon, o Laudon, du tapferer Held“, Heldenlied, um 1800, Text: anon., Mel.: nicht überliefert /
nicht auffindbar, Druck: M. (?) Gsangl: Tiroler Heimatblätter 12 (1934), Heft 5/6: Mai/Juni, S. 256
(Anmerkung: „nach den Tiroler Freiheitskämpfen vielgesungenes Lied“). – Siehe Kapitel 4 in diesem
Band.
358
Liedindex
117.„Mein Vater Karl! Noch bist du hier!“, Lied eines alten Grenadiers. Bey der Abreise Sr. königl. Hoheit
des Erzherzogs Karls von der Armee, Loblied, 1800, Text: Alois Weissenbach (?), Mel.: nicht überliefert /
nicht auffindbar, Druck: Flugblatt, TLMF, FB 535/22.
118.„Mir ist halt so lustig im Tyroler Land d’rin“, Das Gebet für den Kaiser, Loblied auf das Kaiserpaar,
Text: anon., Mel.: nicht überliefert / nicht auffindbar, Druck: Anon. (Hg.): Tyroler National-Gesänge.
Gesungen von der Gesellschaft Leo: Balthasar, Sebastian, Anton, Matthies und Crescentia, aus dem Ziller­
thale in Tirol, 2. Heft, Aarhuus 1837, S. 7. – Siehe Kapitel 15 in diesem Band.
119.„Nichts freiers könnt’s bald in der Welt nimmer geben“, Neues Tiroler-Schützen-Lied, Schützenlied,
Lob des Schützenbrauchtums, 1847, Text: angeblich Christian Blattl (1805–1865), Mel.: nicht überliefert / nicht auffindbar, Druck: Anton Peternader: Tirols Landes-Vertheidigung nebst interessanten Biografien
und Skizzen merkwürdiger Tiroler Landesvertheidiger, 3 Teile in einem Band, Innsbruck 1853, S. 52–54.
120.„Nicht verzagt in dieser Not!“, Ein Bußlied vom Jahre 1809, Bußlied, 1809, Text: anon., Mel.: nicht
überliefert / nicht auffindbar, Druck: Lorenz Leitgeb: Mei Hoamat. Ein Beitrag zur Kulturgeschichte
Tirols, Innsbruck 1909, S. 108.
121.„Nun Dank! Und Lob! Jehofa dir“, Auf die dreymalige Befreiung Tyrols, Danklied an Gott über den
Sieg, Siegeslied, 1809, Text: Josef Abenthung (1779–1860), Mel.: nicht überliefert / nicht auffindbar,
hs. in TLMF, Musiksammlung, M 9228/2. – Siehe Kapitel 13 in diesem Band.
122.„O Freudentag voll Seligkeiten“, Lied d. K. Zöglinge im Kassians-Haus zu Brixen bey Gelegenheit der
Rückkehr der Allerhöchsten Königl. Bayerischen Majestäten aus Italien, Loblied auf die bayerische Regierung, 1808, Text: anon. (Wilhelm Lechleitner?), Mel.: nicht überliefert / nicht auffindbar, Druck:
Flugblatt, TLMF, FB 4011/4. – Siehe Kapitel 6 in diesem Band.
123.„O Jammer, o Elend und Schricken“, Mittenwalder Volkslied vom Jahre 1805, Kriegslied, 1805, Mel.:
nicht überliefert / nicht auffindbar, aufgezeichnet in einem hs. Liederbuch aus Kärnten (DVA, Gr. II.
Tirol-Bayern 1809, B. 35531), Druck: Tiroler Heimatblätter 7 (1929), S. 172.
124.„O weh! O weh! / Die bayrische Armee“, Grabinschrift auf die Bayern. Vom Tiroler Volke Ende April
1809 gesungen, Siegeslied, 1809, Mel.: nicht überliefert / nicht auffindbar, Druck: Jakob Levi Salomo
Bartholdy: Der Krieg der Tyroler Landleute im Jahre 1809, Berlin 1814, S. 87. – Siehe Kapitel 8 in
diesem Band.
125.„Preis und Liebe Dir O Kaiser“, Lied, abgesungen in der musikalischen Akademie, welche von den Professoren des kaiserl. Königl. Lyceums zu Innsbruck zur Feyer der glücklichen Wiedervereinigung Tyrols mit
dem Erlauchten Kaiserhause Oesterreich, den 29. July gegeben wurde, Loblied auf den österreichischen
Kaiser, 1814, Text: angeblich Benitius Mayr (1760–1826), Mel.: nicht überliefert / nicht auffindbar,
Druck: Flugblatt, TLMF, FB 2523/VII.
126.„Putz’ mir das Seiteng’wehr“, Abschied eines Landstürmers 1848, Schützenlied, Abschiedslied, 1848,
Text: Hans Obrist (1798–1882), Bauer in Stans, originale Mel.: nicht überliefert / nicht auffindbar,
vertont von Vinzenz Goller in: Vinzenz Goller (Hg.): Alte und neue Schützenlieder. Für Männergesang,
Innsbruck, 1910, S. 64f.
127.„Schauts losts krad iatzunda, was i enk wül sagn“, Über das Abschaffen der Feiertage in unserm
benachbarten Bayern, Protestlied gegen die Bayern, 1816, Mel.: nicht überliefert / nicht auffindbar,
Druck: Leopold Schmidt (Hg.): Historische Volkslieder aus Österreich vom 15. bis zum 19. Jahrhundert,
Wien 1971 (Wiener Neudrucke. Neuausgaben und Erstdrucke deutscher Literaturwerke 1), S. 133–136.
128.„Schreits, Bauan, enk hoasa!“, Loblied auf den österreichischen Kaiser, 1848, Text: anon., oder
Christian Blattl (1805–1865), Mel.: nicht überliefert / nicht auffindbar, Druck: August Hartmann /
Hyacinth Abele (Hg.): Historische Volkslieder und Zeitgedichte vom sechzehnten bis neunzehnten Jahrhundert. 3. Band: Von 1756 bis 1879, München 1913, S. 184–186; laut Hartmann/Abele aus einer hs.
Liedersammlung in Oberndorf (Tirol).
129.„Schützen auf es ruft der Kaiser“, Schützenlied. Gesungen zu Innsbruck bey den großen Freyschießen
und Huldigung unsers geliebten Kaisers Ferdinand, um 1830 (?), Loblied auf Kaiser Ferdinand, Schützenlied, Text: anon., Mel.: nicht überliefert / nicht auffindbar, hs. in der Handschrift C von Christian
Liedindex
359
Blattl (1805–1865), Druck: Leopold Schmidt: Volksgesang und Volkslied. Proben und Probleme, Berlin
1970, S. 264.
130.„Schützen auf ! Es ruft der Kaiser“ (gleicher Liedincipit wie Nr. 129), Feldlied der Tiroler-Schützen
1848 gewiedmet der ersten Brunecker-Schützen-Kompagnie unter dem Hauptmanne Eduard von Grebmer
bei ihrem Ausmarsche am 21. April 1848, Text: anon., Mel. („Arie nach dem bekannten Oberinnthaler
Schützenliede vom Jahre 1838“; siehe Liedindex, Nr. 129): anon. und nicht überliefert / nicht auffindbar, Druck: Flugblatt, TLMF, W 5385/87.
131.„Sei gegrüßt zu tausendmalen“, religiöses Kampflied, zwischen 1796 und 1809, Text: anon., Mel.:
nicht überliefert / nicht auffindbar, Druck: August Hartmann / Hyacinth Abele (Hg.): Historische
Volkslieder und Zeitgedichte vom sechzehnten bis neunzehnten Jahrhundert, mit Melodien. 3. Band: Von
1756 bis 1879, München 1913, S. 81f.
132.„Seyd’s uns recht willkomma Herr Kronprinz in Tyrol“, Tyrola-Liedl, welches, als Ihre Königl. Hoheiten der Kronprinz und die Kronprinzessin von Baiern einer Bauernhochzeit in Kematen königl. Landgerichts Innsbruck am 30sten October 1810 beywohnten, abgesungen wurde von F. v. Eisank, Loblied, 1810,
Text: Franz Salesius von Eisank (?), Mel.: nicht überliefert / nicht auffindbar, Druck: Flugblatt, TLMF,
FB 535/28; August Hartmann / Hyacinth Abele (Hg.): Historische Volkslieder und Zeitgedichte vom
sechzehnten bis neunzehnten Jahrhundert. 3. Band: Von 1756 bis 1879, München 1913, S. 116–118. –
Siehe Kapitel 12 in diesem Band.
133.„Tief im Tal drin, wie von Gott bewacht“, Der Wirt vom Sand, Trauerlied über Andreas Hofer,
2. Hälfte 19. Jh., Text: anon., Mel.: nicht überliefert / nicht auffindbar, Beleg: TVA, A 8172 (Liederheft des Josef Kienzl, 1881, gesammelt in Sarnthein von Klara Pölt-Nordheim).
134.„Tiroler Adler, flieg auf vom Nest!“, Andreas-Hofer-Lied, 2. Hälfte 19. Jh., Text: anon., Mel.: anon.,
Beleg: TVA, A 8323 (Aufzeichnung von Josephus Weber, Schwaz, 9. November 1916, mitgeteilt von
Therese Lechner). – Siehe Kapitel 16 in diesem Band.
135.„Und ös, meine Boarn, derfts nöt triumphieren“, Protestlied gegen die Bayern, 1809 oder später
(?), Text: anon., Mel.: nicht überliefert / nicht auffindbar, Druck: TLMF, FB 1649/132; August Hartmann / Hyacinth Abele (Hg.): Historische Volkslieder und Zeitgedichte vom sechzehnten bis neunzehnten
Jahrhundert, mit Melodien. 3. Band: Von 1756 bis 1879, München 1913, S. 84f. – Siehe Kapitel 8 in
diesem Band.
136.„Vaterland du schönster Stern“, Andreas Hofer Lied, nach 1850 (?), Text: anon., Mel.: nicht über­
liefert / nicht auffindbar, Beleg: DVA, A 188433.
137.„Wax auf, beym Schlaggarar“, Duxer-Lied an die Tyrolischen Landesvertheidiger von P. P. Staudacher,
Chorregent zu Schwatz 1797, Kriegslied, 1797, Text: Peter Paul Staudacher (1757–1806), Mel.: nicht
überliefert / nicht auffindbar, Druck: Flugblatt, TLMF, FB 416/8; Friedrich Leonard von Soltau (Hg.):
Ein Hundert Deutsche Historische Volkslieder, Leipzig 1836, S. 570–574. – Siehe Kapitel 1 in diesem
Band.
138.„Weit entfernt von dir in den Regionen“, politisches Lied, undat., Text: anon., Mel.: nicht überliefert / nicht auffindbar, in der Handschrift B von Christian Blattl (1805–1865) (laut Leopold Schmidt:
Volksgesang und Volkslied. Proben und Probleme, Berlin 1970, S. 268f.).
139.„Wie schnell bist du verschwunden“, Kriegslied, 1809, Text: Josef Abenthung (1779–1860), Mel.:
nicht überliefert / nicht auffindbar, hs. im TLMF, Musiksammlung, M 9230. – Siehe Kapitel 13 in
diesem Band.
140.„Willkumm, lieber Kaiser, willkumm in Tirol“, Loblied auf den österreichischen Kaiser Franz I.,
1816, Text: anon., Mel.: nicht überliefert / nicht auffindbar, Druck: Flugblatt, TLMF, FB 2037. –
Siehe Kapitel 12 in diesem Band.
141.„Wir zieh’n an unsre Gränzen hin“, Neues Lied der Sterzinger Scharfschützen. Gesungen bey dem Auszuge wider die Franzosen. 1796, Kriegslied, 1796, Text: anon., Mel.: nicht überliefert / nicht auffindbar,
Druck: Flugblatt, TLMF, FB 535/3; Anton Emmert (Hg.): Almanach für Geschichte, Kunst und Literatur
von Tirol und Vorarlberg, 1. Jahrgang, Innsbruck 1836, S. 141–143. – Siehe Kapitel 2 in diesem Band.
360
Liedindex
c) (Lied-)Texte, die möglicherweise musikalisch
realisiert wurden (Nr. 142–172)
Nachfolgend sind die Incipits jener Texte aufgelistet, von denen anzunehmen ist, dass sie tatsächlich gesungen wurden bzw. dass ihre gesangliche Realisierung intendiert war, von denen wir aber keine Informationen
über die Melodie und Hinweise auf Aufführungen besitzen. Deshalb ist die Möglichkeit, dass es sich hier
auch um nicht gesungene Gedichte handeln könnte, nicht völlig auszuschließen.
142.„Auf ! Auf ! mein lieb’s Tirol, du Pflanzstadt wahrer Treu“, Aufmunterung des getreuen Tyrolers zum
Vaterlands-Schutze; Verfasst von einem getreuen Patrioten zu Innsbruck 1796, Kampflied/-gedicht, 1796,
Text: anon., Mel.: ?, Druck: Anton Emmert (Hg.): Almanach für Geschichte, Kunst und Literatur von
Tirol und Vorarlberg, 1. Jahrgang, Innsbruck 1836, S. 123f. – Siehe Kapitel 3 in diesem Band.
143.„Auf! Mavors gebeut zur Fahne“, Erfahrung für gegenwärtige Lage den Bürgern Innsbrucks geweiht. Von
einem patriotischen Freunde M. E. M. Den 12ten Juni. 1796, Kriegslied/-gedicht, 1796, Text: M. E. (?)
Ment, Mel.: ?, Druck: Flugblatt, TLMF, FB 535/2; Anton Emmert (Hg.): Almanach für Geschichte,
Kunst und Literatur von Tirol und Vorarlberg, 1. Jahrgang, Innsbruck 1836, S. 132–134.
144.„Auf tapferes Tirol! du Mutter selt’ner Schützen“, Empfindungen eines getreuen Patrioten bei Vertheidigung des Vaterlandes (1796), Kriegslied/-gedicht, 1796, Text: anon., Mel.: ?, Druck: Anton Emmert
(Hg.): Almanach für Geschichte, Kunst und Literatur von Tirol und Vorarlberg, 1. Jahrgang, Innsbruck
1836, S. 163.
145.„Auf Bürger zu gerechten Waffen!“, Wahrheiten für gegenwärtigen Zeitpunct. An alle Tyroler und
Freunde des Fürsten, Kriegslied/-gedicht, 1796, Text: Riedl (?), Mel.: ?, Druck: Flugblatt, TLMF, FB
245/28, Druck: Anton Emmert (Hg.): Almanach für Geschichte, Kunst und Literatur von Tirol und
Vorarlberg, 1. Jahrgang, Innsbruck 1836, S. 126–130.
146.„Das Vaterland ist in Gefahr!“, Volkslied den tapfern Tyroler-Schützen und Landleuten, welche im
Begriffe stehen, ihr Vaterland wider die alleszerstörende Frankreicher muthig zu vertheidigen, Kriegslied/
-gedicht, 1796, Text: Joseph Freiherr von Hormayr zu Hortenburg (1782–1848), Mel.: ?, Druck:
Anton Emmert (Hg.): Almanach für Geschichte, Kunst und Literatur von Tirol und Vorarlberg, 1. Jahrgang, Innsbruck 1836, S. 154–156.
147.„Die halbe Welt spricht von dem Helden“, Ehrenlied dem Tyroler Helden Andreas Hofer Oberkommandanten. Von Georg Hofer bey der zweyten Meraner Kompagnie. Im Herbstjahre 1809, Loblied/
-gedicht auf Andreas Hofer, 1809, Text: Georg Hofer, Mel.: ?, Druck: Flugblatt, TLMF, FB 245/107
und FB 2518/VIII. Siehe Kapitel 9 in diesem Band.
148.„Die Kriegstrompette rufet euch“, Das höchste Geburtsfest Sr. Majestät des Kaisers Franz des Zweyten, Kriegslied/-gedicht, 1797, Text: anon., Mel.: evt. nach „Gott erhalte Franz den Kaiser“ (Joseph
Haydn), Druck: Flugblatt, TLMF, FB 535/9; Franz Wilhelm von Ditfurth (Hg.): Historische Volks­
lieder der Zeit von 1756 bis 1871. 1. Band, 2. Heft: Die historischen Volkslieder vom Ende des siebenjährigen Krieges, 1763, bis zum Brande von Moskau, 1812, Berlin 1872, S. 218f. (hier unter dem Titel
Aufruf der Tyroler).
149.„Die Muttererde weinet“, Trauer und Trost des Vaterlandes, Trauerlied/-gedicht, 1809, Text: anon.,
Mel.: ?, Druck: Robert Franz Arnold / Karl Wagner (Hg.): Achtzehnhundertneun. Die politische Lyrik
des Kriegsjahres, Wien 1909 (Schriften des Literarischen Vereins in Wien XI), S. 245f.
150.„Die Trommel wirbelt auf ins Feld!“, Kriegslied beym Abmarsche der Tyroler Scharfschützen im May
1796, Kriegslied/-gedicht, 1796, Text: Anton von Remich (?), Mel.: ?, Druck: Anton Emmert (Hg.):
Almanach für Geschichte, Kunst und Literatur von Tirol und Vorarlberg, 1. Jahrgang, Innsbruck 1836,
S. 137.
151.„Du kömmst – und unsre Hoffnung steigt“, An seine Excellenz dem Herrn Feldmarschall Grafen von
Wurmser bey dessen Durchreise durch Botzen im Tyrol zur Uebernahme des Commando der k. k. Armee in
Italien. 1796, Loblied/-gedicht, 1796, Text: Anton von Remich (?), Mel.: ?, Druck: Flugblatt, TLMF,
FB 627/1; Joseph Emanuel Bauer (Hg.): Tiroler Kriegslieder aus den Jahren 1796 und 1797. Gesammelt
und zur Jahrhundertfeier herausgegeben, Innsbruck 1896, S. 12f.
Liedindex
361
152.„Fra le stragi superbo e la rapina“, Al Generale Barone di Loudon Liberatore del Tirolo. Sonetto Dell’
Ab. Carlo Tacchi, Siegeslied/-gedicht, Loblied/-gedicht auf Laudon, 1797, Text: Carlo Tacchi (?), Mel.:
?, Druck: Joseph Emanuel Bauer (Hg.): Tiroler Kriegslieder aus den Jahren 1796 und 1797. Gesammelt
und zur Jahrhundertfeier herausgegeben, Innsbruck 1896, S. 115f.
153.„Fröhlich auf ihr liebe Brüder!“, Lied verfaßt von einem der zu Linz auf Transport gewesenen freiwilligen Vertheidigungs-Compagnie aus Tyrol, Siegeslied/-gedicht, 1797, Text: anon., Mel.: ?, Druck:
Joseph Emanuel Bauer (Hg.): Tiroler Kriegslieder aus den Jahren 1796 und 1797. Gesammelt und zur
Jahrhundertfeier herausgegeben, Innsbruck 1896, S. 67–71.
154.„Früh im Rosenschein des Morgens“, Die Erscheinung, Loblied/-gedicht, 1821, Text: anon., Mel.: ?,
Druck: Flugblatt, TLMF, FB 627/41 (Lieder zur Geburts-Feyer Seiner Excellenz des Herrn Landes­
gouverneurs Grafen von Chotek gedichtet von zwey Akademikern, erstes Lied).
155.„Gott, der du an Erbarmniß reich“, Aufmunterung zum Gebet mit Vertrauen um Rettung des Vaterlandes 1796, (religiöses) Kriegslied/-gedicht, 1796, Text: anon., Mel.: ?, Druck: Anton Emmert (Hg.):
Almanach für Geschichte, Kunst und Literatur von Tirol und Vorarlberg, 1. Jahrgang, Innsbruck 1836,
S. 117f.
156.„Ho! Vater Max! Viel tausendmal willkumm“, Loblied/-gedicht auf den bayerischen König, undat.,
Text: Johann Friedrich Primisser (1757–1812), Mel.: ?, hs. im TLMF, Dip. 1037/28. – Siehe Kapitel
6 in diesem Band.
157.„Ihr! Haller! Bürger! Und Schützen!“, Lied bey dem Abzuge der Haller Schützen, Kriegslied, Schützenlied, 1796/1797, Text: anon., Mel.: ?, Druck: Anton Emmert (Hg.): Almanach für Geschichte, Kunst
und Literatur von Tirol und Vorarlberg, 1. Jahrgang, Innsbruck 1836, S. 139–141.
158.„Ihr Töchter des Landes vom Kummer gedrückt“, Waffen für die Töchter Tyrols oder Bethen ist
auch gestritten. Gemacht von einem Patrioten. 1796, Kriegslied/-gedicht, 1796, Text: Pater Valentin
­Laubacher, Stams (?), Mel.: ?, Druck: Flugblatt, TLMF, FB 535/4; Anton Emmert (Hg.): Almanach
für Geschichte, Kunst und Literatur von Tirol und Vorarlberg, 1. Jahrgang, Innsbruck 1836, S. 119f.
159.„Impugna furibanda“, Ode, Loblied/-gedicht, 1821, Text: anon., Mel.: ?, Druck: Flugblatt, TLMF,
FB 627/41 (Lieder zur Geburts-Feyer Seiner Excellenz des Herrn Landesgouverneurs Grafen von Chotek
gedichtet von zwey Akademikern, zweites Lied).
160.„Ins Tirol samma groast“, bayerisches Spottlied/-gedicht auf Tirol, Text: anon., Mel.: ?, Druck: Uli
Otto / Eginhard König: „Ich hatt’ einen Kameraden …“. Militär und Kriege in deutschen historischpolitischen Liedern in den Jahren von 1740 bis 1914, Regensburg 1999, S. 253. – Siehe Kapitel 8 in
diesem Band.
161.„Nein Freyheit! Du bists nicht im Stande“, Aneiferung der an der Gränze stehenden Tyroler Scharfschützen zur Tapferkeit, Kriegslied/-gedicht, 1796/1797, Text: F. K. (?), Mel.: ?, Druck: Anton Emmert
(Hg.): Almanach für Geschichte, Kunst und Literatur von Tirol und Vorarlberg, 1. Jahrgang, Innsbruck
1836, S. 147–149. – Siehe Kapitel 2 in diesem Band.
162.„O weh, was ist mit uns geschehen“, Lamentation eines Tyrolers unter der königlich bayerischen Regierung. Anno 1809, Protestlied gegen die bayerische Regierung, 1809, Text: D. Kerer (?), Mel.: ?, hs. im
TLMF, FB 2103/70, Druck: Robert Franz Arnold / Karl Wagner (Hg.): Achtzehnhundertneun. Die politische Lyrik des Kriegsjahres, Wien 1909 (Schriften des Literarischen Vereins in Wien XI), S. 230–233. –
Siehe Kapitel 7 in diesem Band.
163.„O, wie glorreich, groß und bieder“, Jubel der in Etsch-Innkreis und Illyrien verstückelten Alpen, da
sie nunmehr als ein ganzes Land an das kaiserliche Erzhaus Oesterreich übergeben worden und wieder
mit ihrem vollständigen Rahmen Tyrol benannt sind. Von Ignaz Schmidt, Jur. Lic. Jubilirten Lehrer der
Hauptnormalschule in Innsbruck, Innsbruck, im Juni 1814, Loblied/-gedicht auf die österreichische
Regierung, 1814, Text: Ignaz Schmidt (?), Mel.: ?, Druck: Flugblatt, TLMF, FB 2518/VI.
164.„Rhätier! Helden auf !“, Aufgebot der Tyroler zur Rettung des Vaterlandes, Kriegslied/-gedicht, 1796,
Text: J. (?) Mayr („Mediziner“), Mel.: ?, Druck: Anton Emmert (Hg.): Almanach für Geschichte, Kunst
und Literatur von Tirol und Vorarlberg, 1. Jahrgang, Innsbruck 1836, S. 124–126.
362
Liedindex
165.„Sandwirthsbart, o welche Ehre“, Sandwirthsbart, satirisches Lied/Gedicht auf Andreas Hofer, 1848,
Text: Johann Obrist (1798–1882), Bauer aus Stans, Mel.: ?, Druck: Ludwig August Frankl (Hg):
­Andreas Hofer im Liede, Innsbruck 1884, S. 17–19.
166.„Schon ferne erblick ich den muthigen Feind“, Kriegslied der Tyroler. Von einem eifrigen Patrioten
B. G. G., Kriegslied/-gedicht, 1796/1797, Text: Josef Baron von Giovanelli (1750–1812), Mel.: ?,
Druck: Anton Emmert (Hg.): Almanach für Geschichte, Kunst und Literatur von Tirol und Vorarlberg,
1. Jahrgang, Innsbruck 1836, S. 151f. – Siehe Kapitel 3 in diesem Band.
167.„Stolz auf so manch erschlich’nen Sieg“, Landes-Defensions-Zug und Abschied der Tiroler, Kriegslied/
-gedicht, 1796/1797, Text: A. A. (?) von Feldhofer, Mel.: ?, Druck: Anton Emmert (Hg.): Almanach
für Geschichte, Kunst und Literatur von Tirol und Vorarlberg, 1. Jahrgang, Innsbruck 1836, S. 134–137.
168.„Unser der Sieg!“, Auf die Rettung Tyrols. Von Johann Bapt. Primisser. Den 19ten November 1796,
Siegeslied/-gedicht, 1797, Text: Johann Baptist Primisser (1739–1815), Mel.: ?, Druck: Anton
Emmert (Hg.): Almanach für Geschichte, Kunst und Literatur von Tirol und Vorarlberg, 1. Jahrgang,
Innsbruck 1836, S. 167f.
169.„Was? Ins Land ist wieder der Franzos gedrungen?“, Lied für die tyrolischen Landesvertheidiger beym
zweyten Einbruche der Franzosen. 1797, Kriegslied/-gedicht, 1797, Text: anon., Mel.: ?, Druck: Flugblatt, TLMF, FB 535/10; Joseph Emanuel Bauer (Hg.): Tiroler Kriegslieder aus den Jahren 1796 und
1797. Gesammelt und zur Jahrhundertfeier herausgegeben, Innsbruck 1896, S. 83–87.
170.„Wenn uns die krachenden Donner von hohen“, Auf Wurmsers Siege in Italien. […] 1796,
Siegeslied/-gedicht, 1797, Text: anon., Mel.: ?, Druck: Flugblatt, TLMF, FB 535/5; Anton Emmert
(Hg.): Almanach für Geschichte, Kunst und Literatur von Tirol und Vorarlberg, 1. Jahrgang, Innsbruck
1836, S. 149–151.
171.„Wie allverderbend wälzt sich die Höllenfluth“, An die Tyroler, Kriegslied/-gedicht, 1796/1797,
Text: Johann Baptist Rinna (1764–1846), Mel.: ?, Druck: Anton Emmert (Hg.): Almanach für
Geschichte, Kunst und Literatur von Tirol und Vorarlberg, 1. Jahrgang, Innsbruck 1836, S. 121f. – Siehe
Kapitel 3 in diesem Band.
172.„Wir greifen muthvoll zu den Waffen“, Beym Abzuge der löbl. Bürgerlichen Schützen-Compagnie zu
Innsbruck, Kriegslied/-gedicht, 1796/1797, Text: anon., Mel.: ?, Druck: Anton Emmert (Hg.): Almanach für Geschichte, Kunst und Literatur von Tirol und Vorarlberg, 1. Jahrgang, Innsbruck 1836, S. 138f. –
Siehe Kapitel 2 in diesem Band.
Literatur und Quellen
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2008 – 4. Januar 2009 im Kulturhistorischen Museum Magdeburg], Darmstadt 2008, S. 15–20.
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der Kronprinzessin von Baiern, in Tirol und Innsbruck. In einer vollständigen Sammlung aller Gesänge,
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lichen Einzuge des hohen Fürstenpaares in Innsbruck stattgefunden haben. In Briefen aus München an einen
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Literatur und Quellen
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des Gauleiters und Reichsstatthalters Franz Hofer, Potsdam 1942.
Pommer, Josef (Hg.): Blattl-Lieder. Nach Wort und Weise verfaßt von dem Tiroler Bauerndichter Christian
Blattl, Saalfelden 1910.
Proschko, Adalbert / Pommer, Franz (Hg.): Liederquelle. Ausgewählte Lieder für Österreichischs Volks- und
Bürgerschulen. 4. Heft: Lieder für das 7. und 8. Schuljahr, Linz 1885.
Quellmalz, Alfred (Hg.): Südtiroler Volkslieder. 1. Band: Balladen, Schwankballaden, Moritaten, historische
Lieder, ältere Soldatenlieder, Ständelieder, Bauern und Knechte, Kassel u. a. 1968.
Quellmalz, Alfred (Hg.): Südtiroler Volkslieder. 2. Band: Jager und Wildschützen, Almleben, Heimatlieder,
Allgemeine Scherzlieder, Ketten- und ähnliche Lieder, Trachtenlieder, Kartenspiellied, Trink- und Reiselieder,
Geistliche Parodien, Volkläufige Lieder aus Latsch, Besinnliche Lieder, Liebeslieder, Der Fenstergang (Kiltlieder), Kassel u. a. 1972.
Rainer, Ludwig: Liederalbum, handschriftl., während seines Aufenthaltes in England 1852. 75 Blatt und
7 lose Halbbogen, 23,5 x 29 cm (Tiroler Volkskunstmuseum, Innsbruck, 26570).
Schmidt, Leopold (Hg.): Historische Volkslieder aus Österreich vom 15. bis zum 19. Jahrhundert, Wien 1971
(Wiener Neudrucke. Neuausgaben und Erstdrucke deutscher Literaturwerke 1).
Schneidawind, Franz Joseph Adolf (Hg.): Radetzky-Lieder. Ein Album zu Ehren des Feldherrn, seiner Paladine
und seiner Tapfern, Leipzig – Wien 1854.
Silcher, Friedrich / Erk, Friedrich (Hg.): Allgemeines Deutsches Kommersbuch, Lahr 1858.
Silcher, Friedrich / Erk, Friedrich (Hg.): Schauenburgs allgemeines Deutsches Kommersbuch, Lahr 311888.
Soltau, Friedrich Leonard von (Hg.): Ein Hundert Deutsche Historische Volkslieder, Leipzig 1836 (21845).
Thoma, Rudolf (Hg.): Die Volksharfe. Sammlung der beliebtesten Lieder, 8. Heft, o. O. 1868.
Tiroler Volksmusikverein / Südtiroler Volksmusikkreis (Hg.): Echte Tiroler Lieder. Ergänzte und kommentierte Neuausgabe der Tiroler Liedersammlungen von Franz Friedrich Kohl, 3 Bände, Innsbruck – Wien
1999.
Wallner, Norbert (Hg.): Eiserne Lieder. Tiroler Kampflieder aus etlichen Jahrhunderten, Potsdam 1938.
Wyss, Johann Rudolf / Meissner, Friedrich (Hg.): Sammlung von Schweizer-Kühreihen und alten Volksliedern,
Bern 1812.
c) Tonträger
Institut für Volkskultur und Kulturentwicklung (Innsbruck) / Institut für Musikerziehung in deutscher
und ladinischer Sprache (Bozen) / Institut für Geschichte und Europäische Ethnologie der Universität Innsbruck (Hg.); Sandra Hupfauf / Bernhard Sieberer (Zusammenstellung): Lieder der „Freiheit“
(1796–1848). „Treue Tyroler reckn’s Prazl nit“, CD, mit einem Booklet von Sandra Hupfauf und Silvia
Maria Erber, Innsbruck 2008, Pro Cultura und RCR, CD Nr. 0875.
Matter, Max im Auftrag des Deutschen Volksliedarchives (Freiburg i. Br.) (Hg.): 1848. „… weil jetzt
die Freiheit blüht“. Lieder aus der Revolution von 1848/49, CD, mit einem Booklet von Jürgen Dittmar (Red.), Barbara Boock und Waltraud Linder-Beroud (Liedkommentare), Südwest Records, CD
Nr. 104-98, Bad Krozingen 1998.
Pressler, Gertraud im Auftrag des Wiener Volksliedwerkes (Hg.): Der Staat ist in Gefahr! Lieder zur Wiener
Revolution 1848, CD, Extraplatte, CD Nr. EX-SP 004-2, Wien [1998].
Volksmusik
in den Alpen
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Festschrift für Josef Sulz
zum 80. Geburtstag
Herausgegeben von Thomas Nußbaumer
Schriften zur musikalischen Ethnologie, Band 1
2011. 320 S. mit zahlr. Farb- und Schwarzweißabb.
DVD-Beilage mit 45 Ton- und 9 Videobeispielen.
ISBN 978-3-7030-0492-6, € 42,–
„Schriften zur musikalischen Ethnologie“ heißt die neue Publikationsreihe des
Abteilungsbereichs Musikalische Volkskunde an der Abteilung für Musikwissenschaft der Universität Mozarteum Salzburg. Sie beschäftigt sich mit der musikalischen Praxis und den Strukturen der Musik und interpretiert sie als soziale
Interaktion und als Identitätssymbol gesellschaftlicher Gruppen.
Die beiden großen Themenbereiche des ersten Band