Marktanteile TV

Transcription

Marktanteile TV
Neuvermessung
der TV-Welt
Marktanteile TV
2007
2012
2013
13,3
15,7
17,5
22,1
Wackelriesen, Cash-Maschinen fürs Nachbarland, ­pinke Public-Value-Ambitionen,
Hyperlokalität, ­Heimatliebe und Trash – die österreichische TV-­Landschaft ist
­alteingesessen, jung, divers – und in B
­ ewegung. Versuch einer Typologie zwischen
­unüberbrückbaren Differenzen und großer Einigkeit. Text von Birgit Schaller
Quelle: AGTT/GfK Teletest;
Evogenius Reporting, MediaCom
Sender
70
ProSieben
RTL
Sat.1
VOX
ATV
PULS 4 RTL II
kabel
eins
0,2
0,4
0,4
0,6
0,5
0
0,4
0,7
0
0,4
0,7
0,8
0,5
1,0
Super Servus sixx Nicke- ATV2
RTL
TV Austria lodeon/
Comedy
Central
Austria
Viva
Café
Puls
0,2
0,1
0,1
ORF 2
1,1
Pay-Sender
Pay-Sender
ORF
eins
0
1,2
1,3
0
0,2
1,9
1,7
2,7
3,6
3,6
3,4
3,8
3,4
3,5
3,7
3,9
4,6
4,6
3,7
5,4
4,9
4,7
6,5
5,3
5,3
6,5
7,2
7,2
8,4
10,0
10,1
11,3
11,4
Erwachsene, 12 bis 49
MTV
gotv
Bestseller 7|8 2013
g
ORF
Riese auf Selbstfindungstrip
lassedesignen/Fotolia, ORF (3), karl michalski, atv (2)
Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist und bleibt auch heuer mit Abstand Markt­
führer mit kumulierten 15,7 Prozent Marktanteil auf ORF eins für das erste
Halbjahr und 11,4 Prozent für ORF 2. „2013 wird ein gutes Jahr. Wir liegen beim
Fernsehen über dem Vorjahr, online liegen wir auf Kurs“, informiert Oliver Böhm,
seit Mitte März Chef der Enterprise und ihrer rund 100 Mitarbeiter, tätig zwischen
Verkauf, Research, Event und ORF nachlese. Mit täglich 42 möglichen klassischen
TV-Werbeminuten plus Radio (211 Millionen Euro, im Vorjahr ein Drittel davon
TV), Sonderwerbeformen (42 Millionen) und Online (9,7 Millionen) ergab das
262 Millionen Euro an Werbegeld. Das sind 27 Prozent der Umsätze, ein schwindender Anteil, 2006 kamen noch 34 Prozent des ORF-Einkommens aus der
­Werbung. Mehr als die Hälfte steuern inzwischen die Gebühren bei, deren stetige
Erhöhung ein ewiger Zankapfel ist. Der ORF verliert seit 2000 an Umsatz und
Quote an die Privatsender. Kein Wunder also, dass man sich am Küniglberg
über die Erlaubnis zur kürzlich verkündeten, wenn auch eingeschränkten,
TVthek-Vermarktung freut, seien es auch „nur“ die kolportierten 800.000 Euro.
Stehen ORF und Private, geeint als VÖP, einander in der Vermarktung in zwei
Fronten gegenüber, ist man sich einig, dass die Gattung TV zu wenig am Markt
vertreten ist, die Preise für Fernsehen angehoben werden sollten und unrechtmäßige Nutzung von Content von Google und Co. streng reguliert werden sollte.
Böhm will vermehrt das gesamte Portfolio ausspielen: „Die Enterprise vermarktet
nicht nur ORF eins und ORF 2. Wir forcieren unsere gesamte Produktpalette, im
TV mit ORF III, Sport plus, orf.at, Teletext. Als trimedialer Vermarkter erreichen
wir in Österreich täglich mehr als sechs Millionen Menschen. Dass der ORF bisweilen am Gängelband der Politik vorgeführt wird und bei wichtigen Entscheidungen auf Zweidrittelmehrheiten seiner politisch besetzten 35 Stiftungsräte
­angewiesen ist, spürt die Enterprise indirekt. Böhm jedenfalls lobt die Qualität
seiner Mitarbeiter und sieht sich auch in die Programmplanung miteingebunden:
„Unsere Unit für Special Advertising vernetzt Verkäufer und Redaktionen, und
­natürlich beobachten wir, auf welches Programm die Unternehmen anspringen“,
meint er, der 85 Prozent seiner Umsätze über Mediaagenturen generiert und in
der Enterprise Spezialisten aufbauen möchte.
Weitere Herausforderung für den ORF unter der Ägide von Generaldirektor
­Alexander Wrabetz: Erfüllung des öffentlich-rechtlichen Auftrags – hier kommt
nicht nur von der Konkurrenz immer wieder lautstarke Kritik. Wenn ATV und
Puls 4 an der Nachrichtenfront die Säbel wetzen oder ServusTV hohe Qualität
bringt, steht der ORF unter Zugzwang, mehr zu bieten als US-Serien-Erstausstrahlungen. Der Langzeitmonopolist, erst Ende der 90er hielt in Österreich
­Privatfernsehen Einzug, kann sich bei aller Kraft und Stärke eben auch nicht
mehr gemütlich zurücklehnen und den vielfältigen Flimmerwelten zusehen.
Das Spektrum der
­ORF-Flotte ist breit: von
„Die große Chance“ im
jungen ORF eins über
„Österreich I“ mit Hugo
Portisch auf ORF III bis
„Schule bewegt“ mit
Mirna Jukic auf ORF
Sport plus.
Seit Mitte März lenkt
­Oliver Böhm die Geschicke der ORF-Enterprise,
seine Message: „2013
wird ein gutes Jahr.“
ATV
Doch mehr als Trash
ATV ist der älteste bundesweite Privatsender des Landes und seit Mitte 2003 als
Nachfolger von Wien 1, das seit 1997 im Wiener Kabelnetz präsent war, on air.
Der Sender, der oft mit trashigen Formaten und Doku-Soaps von sich reden
macht, ist auch in der Nachrichtensparte – seit Anfang August greift ATV die
„ZiB 20“ mit erweitertem „ATV Aktuell“ an –, mit Heimatbezug – „Bauer sucht
Frau“, Staffel, die zehnte – und im Sport aktiv. Mit wechselndem Erfolg, jedenfalls aber mit herausragenden Quotenerfolgen.
ATV-Chef Martin
­Gastinger sieht in ­
Service-TV im Dokustil
noch viel P
­ otenzial.
Quote macht ATV
weiterhin mit „Bauer
sucht Frau“ oder mancher Erstausstrahlung –
so kommt im Herbst
„Anger Management“
mit Charlie Sheen als
Free-TV-Premiere.
Mit 1. Mai Neo-Senderchef und seit Jahren Programmchef Martin Gastinger, auch
Erfinder der in der jungen Zielgruppe starken Scripted-Reality-Sendung „Saturday
Night Fever“, hat Pläne: „Gut ist, was dem Zuseher gefällt“, so die pragmatische
Einstellung des Programmgestalters, der als aktuelle Trends weiterhin Scripted
Reality und Casting-Shows sieht und Service-TV mehr Raum geben möchte. So
steht „Der große Österreich-Test“ am Start, in dem von Reifen bis Ärzte Diverses
auf den Prüfstand kommt. Auch Scripted Reality mit Social-Media-­Einbindung
nach deutschem Vorbild soll als „Wien – Tag & Nacht“ ab 2014 ­anlaufen. ATV2,
mit dem die Gruppe seit Ende 2011 ihre Gesamtmarktanteile zu erhöhen sucht,
soll weg von Zweitausstrahlungen und mit Qualitätskino und guten Serien
­bestückt werden – „der Marktanteil hat sich verdoppelt, der ­Umsatz ebenso, und
der TKP ist günstig“, preist Simone Ratasich, Leiterin ­Kundenberatung, den ­Kanal
und die Kombi ATV/ATV2 an. ATV profitiert hier von Eigentümer und WahlMünchner Herbert Kloiber, der mit dem Verkauf von Filmen und Serien sein
Haupteinkommen bestreitet und durchaus Hochwertiges zur ­Verfügung stellt.
ATV ist trotz regelmäßiger Ankündigungen noch nicht in der Gewinnzone. Puls 4
sitzt ATV mit wachsenden Marktanteilen insbesondere in der jungen Zielgruppe
im Nacken, „in der Primetime liegen wir sehr weit vorne“, kontert Gastinger. Im
Juli hatte die Gruppe 5,8 Prozent Marktanteil. Das Match läuft weiter.
71
ServusTV
Servus im Dreiländerprogramm
Die ganze Gruppe zählt
Jung, dynamisch, Puls 4 – das sind drei Begriffe, die
die ProSiebenSat.1-Puls 4-Gruppe beschreiben und
die auch Senderchef Markus Breitenecker sowie
­Michael Stix, in der Geschäftsführung für alle Um­
sätze verantwortlich, gerne verwenden. Trotzdem
­betont Stix: „Für uns ist das Wachstum der gesamten
Sendergruppe relevant.“ Zu dieser zählt seit 1998
ProSieben Austria, es folgten kabel eins austria, Sat.1
Österreich, Café Puls. Das vierte österreichische Vollprogramm Puls 4 ist seit 2007/08 Teil des Portfolios
und sixx Austria seit 2012. Mit diesen Sendern
­erreichte die Gruppe im Juli in der werberelevanten
Zielgruppe 12 bis 49 gesamt 22 Prozent Marktanteil,
in jüngeren Zielgruppen mehr. Stix dazu: „Für uns ist
wichtig, dass TV als Gattung zulegt, denn Österreich
liegt im internationalen Vergleich mit nur einem
Mit Sender-Testimonial und ­Viertel Anteil am Share of Advertising laut Focus
Champions-League-Zugpferd deutlich zurück. Es findet derzeit ein Shift statt – mit
David Alaba fällt die Gruppe viel Luft nach oben“, ist er überzeugt.
auf. Schwerpunkte auf Puls 4:
Nachrichten, die Wahlbericht- An werblichen Angeboten wird fleißig gefeilt – neben
erstattung mit Moderatorentrio klassischen Spots, die immer noch zwischen 80 und
Peter Rabl, Corinna Milborn, 90 Prozent des Income ausmachen, bietet die Gruppe
Thomas Mohr. ProSieben erreicht vor allem Junge mit Sonderwerbeformen und über die Ad Factory zuge­Serien wie „Appartment 23“. schnittene Besonderheiten wie Branded Content,
zum Beispiel eine „Kocharena“ by Hutchison oder
­einen Champions-League-Wuzzeltisch by UniCredit
Bank. Bewegtbildwerbung, für die rund zehn Millionen Video Views zur
­Verfügung stehen, hat Display überholt, Mobile sei „the next big thing“ und die
Vermarktung der Axel-Springer-, Spiegel-, Burda- und mehr Plattformen trage
ebenso zu einem guten Ergebnis bei.
Die große Wertschöpfungskette über die deutschen Sendermarken dient mit­
unter als „Bodyguard“ des Senders in Pink mit knapp vier Prozent Marktanteil.
Puls 4 steht laut Stix bereits auf eigenen Beinen. Nicht leicht zu glauben bei den
Investitionen in Champions-League-Rechte, die mehrere Millionen kosten,
„Austria’s next Topmodel“, einer ambitionierten „Guten Abend Österreich“Nachrichtensendung plus intensiver Wahlberichterstattung, die mit ORF und
ATV konkurriert, sowie Eventmovies – „Die verbotene Frau“ läuft im Oktober.
Dazu starten im Winter das Musikformat „Herz von Österreich“ und eine Startup-Show, die einen weiteren neuen Erlöskanal anstoßen soll – Investition in
vielversprechende Start-up-Konzepte. „Unser Ziel ist es, beim Umsatz zu diversifizieren und unseren Kunden maßgeschneiderte Produkte anzubieten“, so Stix.
Von der kommenden Saison erwartet er sich einen Push für Sat.1 und wieder
ProSieben – „hier gibt es 2014 eine echte Programmoffensive der Deutschen“,
verrät er im Vorfeld. Man darf gespannt sein.
Michael Stix, in der ­Geschäftsführung der
ProSiebenSat.1-Puls 4-Gruppe für alle Um­
sätze verantwortlich, betont: „Für uns ist vor
allem wichtig, dass TV als G
­ attung zulegt.“
72
ServusTV etabliert sich mit
Pubilc-Value-Formaten wie
„Die Entführung aus dem
­Serail“ im Hangar-7, Erstausstrahlungen von S­ erien wie
„New Tricks“ oder „The Paradise“ oder der „Hockey Night“.
ServusTV-Geschäftsführer
Martin Blank findet: „Unsere
Ausrichtung ist ein Glücksfall, denn das Leben spielt
sich genau zwischen den
­Dimensionen High Speed
und E
­ ntschleunigung ab.“
Öffentlich-rechtliche Inhalte, wohin das Auge blickt. Höchste Reichweiten bringt
regelmäßig die „(Ice) Hockey Night“. Der Spagat in die Actionwelt von Red Bull
gelingt – Highlight und weltweites Role Model Stratos brachte 30 Prozent Marktanteil für TV und online eine Million Views. Im Moment scheint keine neue Verrücktheit geplant. Die Formel 1, die dank Mateschitz nach Spielfeld zurückkehrt,
werde auch nicht bei Servus Gas geben: „Teure Sportrechte für drei Länder zu
kaufen scheint mir nicht realistisch“, so Blank. „Unsere Ausrichtung ist ein
Glücksfall, denn das Leben spielt sich zwischen den Dimensionen High Speed
und Entschleunigung ab“, glaubt der gebürtige Bayer an eine starke Zukunft des
Positiv-Senders.
Bestseller 7|8 2013
puls4 (4), servustv, ServusTV/Andreas Kolarik, gepapictures
ProSiebenSat.1 Puls 4 Group
Ein finanzkräftiges Unternehmen im Rücken haben alle TV-Marktteilnehmer,
wenn auch nicht eines, das jährlich Energy Drinks mit einem Umsatz von knapp
fünf Milliarden Euro verkauft und einen thailändischen und einen österreichischen Eigentümer hat. Dietrich Mateschitz nur als Mäzen zu bezeichnen, wäre
zu kurz gegriffen, schließlich soll auch ServusTV mit aktuell 170 Mitarbeitern
und bescheidenen 2,4 Millionen Euro Umsatz 2011 möglichst gut wirtschaften.
Trotzdem gilt die Devise: Qualität zuerst. „Wir sprechen ein Publikum an, das
hochwertiges Fernsehen schätzt und sich mehr erwartet als stumpfe Berieselung – wir machen authentisches und ehrliches Programm für den Servus-Raum
in Österreich, Bayern, der Schweiz und Südtirol“, sagt Programmchef und ExZDF-Serienchef Klaus Bassiner, der seit Mitte 2012 am Ruder ist – Servus fischt
seine Mitarbeiter gerne bei deutschen Qualitätssendern. „So differenzieren wir
uns vom Mitbewerb“, ist auch Geschäftsführer Martin Blank überzeugt und
­bestätigt, dass bereits 80 Prozent der deutschen Haushalte ServusTV empfangen.
Fokus bleiben die etablierten Programme „Bergwelten“, „Terra Mater“ oder
„Talk im Hangar-7“. Im Architekturjuwel am Salzburger Flughafen wird auch die
Liebe zur Kultur greifbar: „Die Entführung aus dem Serail“ wurde im August
vom Salzburger „Festspielsender“ übertragen. BBC-Reportagen, internationale
Spielfilme und Serienerstausstrahlungen wie „Der junge Montalbano“ oder
„New Tricks“ spiegeln das Qualitätsbewusstsein des Senders wider.
Die IP Österreich hat fünf Sender mit
­einem breiten Programmportfolio:
­Scripted Reality „Berlin – Tag & Nacht“
auf RTL II, Casting mit „Das Super­
talent“ auf RTL, „Shopping Queen“ auf
VOX oder „Talk und Tore“ auf Sky.
W24 – und die Lokalen
Regional und unique
„Hyperlokalität ist ein Riesentrend“, bringt Marcin Kotlowski, Geschäftsführer
von W24, den USP lokaler TV-Sender auf den Punkt. Tattoo Convention in Wels,
Porträt des Rodelvereins Bludenz, Schwimmbadfest in Mautern, es sind Themen
aus der unmittelbaren Nachbarschaft, die interessieren. Oft im Rad von einer
Stunde und mehr wird auf mehr als 20 Sendern in Österreich Lokalkolorit
­verbreitet. Die Regionalen sind schnell live vor Ort, was vor 20 Jahren nur mit
Monsterwagen voll Equipment möglich war, kann heute mit einem „kleinen
Rucksack voll Technik“ günstig und einfach realisiert werden.
Als Konkurrenten sieht Kotlowski mit seinen täglich rund 50.000 Zusehern
­weniger den ORF: „Er sendet nur eine halbe Stunde Lokalnachrichten, und wir
haben uns mit der Sendezeit unseres Nachrichtenformats ‚Guten Abend Wien’
an die ‚ZiB‘ angepasst. Aber die Privatsender – insbesondere die SevenOne-­
Gruppe bringt auf Puls 4 ein Konzept mit Lokalschwerpunkt und spielt mit
­‚Guten Abend Österreich‘ in der gleichen Zeitschiene. Das ist unbequem.“
Klassische Werbevermarktung in Form von Werbeblöcken gibt es lokal kaum.
Einnahmequellen der Sender, die bis zu 1,5 Millionen jährlich umsetzen, sind
Kooperationen und lokale PR-Sendungen. W24 setzt vermehrt auf Content-­
IP Österreich
Cash-Bringer für die RTL Group
Walter Zinggl, Geschäftsführer
IP Österreich, und Florian Skala,
Verkaufsleitung TV und Online,
sehen die Erhöhung der Marktanteile als allererstes Ziel.
74
W24-Geschäftsführer
Marcin Kotlowski
­engagiert sich für ein
Vermarktermodell der
östereichischen Regionalsender à la RMS Austria.
Mit dem Format „Guten
Abend Wien“ sieht sich
W24 von Puls 4 ein wenig
kopiert, mit der Lebenssendung „Mehr vom Leben mit Mel Merio“ und
anderen Formaten geht
W24 tief in die Region.
Produktion. So läuft alles rund um die neue Volvo-Dependence im TV, online
und wird als professioneller TV-Inhalt für Homepage oder Social Media an Volvo
verkauft. „Das funktioniert wie Google AdWords für KMU“, so Kotlowski.
­„Keiner der Regionalen lebt in Saus und Braus“, macht er klar. Doch manche
profitieren von einem Naheverhältnis zu regionalen Medienhäusern, W24 ist
Teil der Wien Holding. Um auch am nationalen Werbemarkt nicht ausgesperrt
zu sein, ziehen nun alle Regionalsender des Landes an einem Strang und
­versuchen sich an einem Vermarktermodell mit gemeinsamen Werbeflächen,
das von Kobza Media, LT1 OÖ und Wien Holding Media gelenkt werden soll.
Realistischer Zeithorizont für das Projekt: bis zu drei Jahre.
Bestseller 7|8 2013
rtl ii, RTL/Stefan Gregorowius, VOX/Robert Ascroft, karl michalski, stadtsender w24 (3)
Die IP Österreich begründete ihr Dasein im Land 1996 mit dem ersten Werbefenster auf RTL. RTL II, Super RTL und VOX kamen bis 2004 dazu, wie auch der
Pay-Sender Sky Sport Österreich, und knabberten durchaus erfolgreich am ORFMarktanteil. 170 Millionen Euro Umsatz (brutto!) hatte die Gruppe laut Focus
Media Research 2012, „heuer sind wir definitiv über Vorjahr, und zwar dort, wo
es darauf ankommt: in der Kassa“, so Walter Zinggl, der die Geschicke der
Gruppe mit 30 Mitarbeitern seit März lenkt und acht Jahre Erfahrung bei der
ORF-Enterprise mitbringt. Aktuelle Pläne: „Für uns zählt die Performance der
Sendergruppe und damit zu allererst eine Erhöhung der Marktanteile“, sagt
Zinggl und ergänzt um eine dezente Kampfansage: „Mit den Quoten von RTL
Anfang des Jahres waren wir nicht zufrieden, und die SevenOne-Gruppe liegt in
der Addition aller Zusehermarktanteile vor uns – das sind wir nicht gewohnt als
RTL-Group.“ Die IP-Sender sind Cash-Bringer der RTL Group Deutschland und
bieten bis heute kein eigenes Österreich-Programm: „Wir prüfen Optionen, aber
die SOM und wir sind zum Großteil von den Marktanteilen des deutschen
­Programminhalts abhängig, der Erfolg eines zehnminütigen Programmfensters
bringt da nichts, ein guter TKP zählt bei den Kunden mehr“, stellt Verkaufsleiter
Florian Skala nüchtern fest. Er will sich vom Erfolg von Puls 4 mit seinen knapp
vier Prozent Marktanteil nicht blenden lassen. Auch zu den Werbemöglichkeiten
auf der TVthek durch den ORF hat Skala eine Meinung: „Das halte ich für den
Kardinalfehler, denn in spätestens drei Jahren sind alle Restriktionen vom Tisch
und die festgelegten Bestimmungen werden aufgeweicht und dann erst kommt
das Aha – aber dann handelt es sich um ein paar Millionen und nicht mehr um
800.000 Euro.“
Und Zinggl sieht alle Sender auf Selbstfindungstrip, weil „die Erfolgsformate der
90er bis 2000er, die da hießen Doku-Soap mit ihrem Nachfolger Scripted Reality,
Casting-Show und US-Serien, zwar nach wie vor ganz oben stehen, die Zuschauer­
zahlen aber weniger werden. Formate kommen, werden Straßenfeger und dann
bauen sie ab – und der nächste große Trend wurde noch nicht entdeckt.“