Snatam Kaur: Den Frieden feiern

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Snatam Kaur: Den Frieden feiern
Snatam Kaur: Den Frieden feiern
Ein Interview von Jennifer Joe und Steve Hays
Snatam Kaur’s Konzerte sind eine Freude. Ich kann sie wirklich nicht besser schildern als in dieser Weise.
Ich weiß einfach, dass ich mich danach immer sehr gut fühle und viel lächle. Ihre Tour ist der Inspiration aller
Menschen gewidmet, den Frieden zu feiern, der uns allen innewohnt, und von diesem Ort der Kraft aus nach
draußen zu gehen – zu anderen Menschen, als Nachbarn und Nationen im Geist des Friedens.
- Steve Hays.
Steve: Die Tour, auf der Du Dich befindest, heißt „Celebrate Peace “, und wir befinden uns in einer Welt,
die sehr chaotisch und unfriedlich erscheint. Wie kamst Du dazu, die Tour „Celebrate Peace “ zu nennen,
und wie förderst Du diesen Frieden?
Snatam Kaur: Was ich auf meinen Reisen herausgefunden habe, ist, dass es sogar eine ganze Menge Leute gibt,
die unterschiedliche kreative Lebensgewohnheiten haben. Es gibt so viel Unverständins in den Medien. Ich
glaube schon, dass es überall Krieg gibt und natürlich auch Kontroversen und Aufruhr. Aber manchmahl fühle
ich, dass wenn wir unseren Blick nur auf all jene Menschen richten würden, die am Frieden arbeiten – wenn wir
dies nur spüren und verstehen würden – würde uns das so viel mehr Hoffnung geben. Und in dieser Hinsicht
nennen wir es „Celebrate Peace“, weil wir sagen, dass Frieden beständig in jedem Menschen und in jedem
Herzen wohnt. Es kommt darauf an, es wahrzunehmen, und dann zu feiern, und auf diese Weise aktiv für den
Frieden zu werden.
Steve: Wie definierst Du Frieden?
Snatam Kaur: Ich fühle dass Frieden erst dann wirklich im Leben der Menschen definiert wird, wenn sie durch
ihre größten Schwierigkeiten und Herausforderungen gehen. Frieden ist die Fähigkeit, ehrlich zu Dir selbst zu
bleiben, in jeder Situation – finde das Licht, oder finde einen Weg zu wachsen und dich selbst in dieser
Situation zu transformieren, währen du dich selbst und andere dabei inspirierst. In unserem Land haben wir das
Glück, alles zu haben was wir brauchen. Wir haben so viel Frieden in unserem Land, und auf der anderen Seite
so vieles, über das wir uns richtig ärgern oder Sorgen machen können. Ich spüre, dass innerer Frieden wirklich
wichtig ist, weil dieser innere Frieden einen direkten Einfluss auf unsere Aussenwelt hat – er hat einen Effekt
auf die gesamte Menschheit. Selbst in den USA haben wir so vieles, für das wir dankbar sein können, aber nicht
notwendigerweise auch inneren Frieden. Innerer Frieden ist das Wichtigste.
Steve: Was ist Dein spiritueller Hintergrund?
Ich bin ein Sikh, und auch als Sikh geboren worden. Meine Eltern entschieden sich für ein Leben als Sikhs kurz
bevor ich geboren wurde. Meine Großeltern sind jüdischen Glaubens, und mein Name „Snatam“ heißt übersetzt
„universell“. So kommt es, dass ich, obwohl ich in den Sikh-Traditionen aufgewachsen bin, eine Liebe und
Akzeptanz für viele Glaubensrichtungen habe. Tatsächlich glauben wir, dass das Licht Gottes in jedem
Menschen wohnt, und für jeden Menschen da ist. Als Sikhs tragen wir unseren Turban und unsere Kleidung. Wir
haben eine tägliche spirituelle Praxis mit Yoga und Meditation. Die Musik ist ein intregraler Bestandteil, weil
unsere Hauptpraxis aus der Hingabe durch Musik besteht. Der Sikh-Weg ist mit Sicherheit das Herz meines Seins
und meiner Erfahrungen. Er hat mich befähigt, andere Menschen und Kulturen, andere Glaubensrichtungen und
Traditionen zu erreichen – und war dabei immer mein Anker.
Jennifer: Ich erinnere mich daran, wie wir bei einem Konzert letztes Jahr Worte chanteten, die ich nicht
einmal verstehen konnte. Trotzdem fühlte ich einen Wandel in der Energie. Was wird durch Deine Musik
vermittelt?
Wir stimmen uns am Anfang jedes Konzertes ersteinmal ein. Wir stimmen uns ein in den Geist, der ein Teil von
allem und in jedem ist. Im Konzert geht es tatsächlich um eine spirituelle Erfahrung, und die heiligen Worte
öffnen im metaphorischen Sinne die Tür. Sie finden die richtige Kombination zum Öffnen der Herzenstür, und
funktionieren wie ein Uhrwerk. Diese heiligen Chants funktionieren exakt so. Grundsätzlich muss ich wirklich
präsent sein, und in einem Zustand des Dienens. When ich in diesem Zustand bin, kann die Energie wirklich
fließen. Es ist wirklich unbeschreiblich, diese heiligen Worte zu singen und mit anderen Menschen zu teilen.
Jennifer: Beschreibe Deine Musik – wofür ist sie gut?
Wenn wir aufnehmen, oder ich in einem Konzert singe, entspringt die Musik aus der Erfahrung meiner Seele mit
der Verbindung mit Gott. In diesem Prozess dient die Musik vielen anderen Menschen, aus verschiedenen
Richtungen, mit ganz verschiedenen familiären Hintergründen. Es ist wirklich erstaunlich. Ich glaube, dass die
Musik jeden erreicht, wenn die Erfahrung aus dem Herzen kommt, mit tiefer Empfindung und Demut.
Jennifer: Was verstehst Du unter „Göttlichem Klangstrom“ ?
Der göttliche Klangstrom ist eigentlich genau das, worüber wir zuvor gesprochen haben. Es ist eine
Kombination aus den heiligen Worten und der Absicht unseres Herzens, in diesem Zustand des Dienens zu sein.
Dann kommt aus dem Chanten ein wundervoller göttlicher Fluß hervor. Es ist schwer zu beschreiben, aber was
ich sagen kann, ist, dass er die Türen zum Himmel öffnet. Es ist eine Möglichkeit, sich mit den Herzen der
Menschen zu verbinden. Wenn Du in diesen Fluß hineingehst, kommt es nicht so sehr darauf an, was Du singst.
Manche Menschen mögen die Worte, die wir singen, nicht verstehen, da sie in der Sprache der Sikhs gesungen
werden. Wegen des göttlichen Klangstroms ist es den Menschen aber nicht wichtig, was die Worte bedeuten.
Sie fühlen sich wirklich wundervoll in ihren Herzen, und so erleben wir es auch.
Jeden Abend haben wir eine einzigartige Erfahrung und reisen zu unterschiedlichen Orten. Und eigentlich sind
meine Gründe für das touren ein bisschen eigennützig: ich genieße einfach diese Erfahrung, wenn das göttliche
Selbst zum Vorschein kommt. Und natürlich auch, mich mit so vielen Menschen auf diesem Planeten zu
verbinden.
Steve: Du warst kürzlich in Europa, wie wurdest Du dort aufgenommen?
Es war überwältigend! Die Menschen kamen wirklich aus sich heraus, um uns zu unterstützen. Wir hatten fast
900 Besucher in einer wundervollen Kathedrale in Spanien. Es war eine der magischsten Erfahrungen meines
Lebens wegen der Akusitk in der Kirche, und vor allem wegen der puren Liebe der Spanier. Es war unglaublich –
durch das Dach hindurch! Wir hatten einen fantastischen Abend, der immer in unserer Erinnerung bleiben wird.
Wir hatten eine großartige Zeit in Europa.
Steve: Würdest Du uns mitteilen, was für Dich die Definition einer erfolgreichen Tour ist, sowie die
Erfahrungen, die Du bei der Tour gemacht hast?
Meine Definition einer erfolgreichen Tour ist, wenn wir uns mit den Menschen verbinden konnten, und wenn
etwas von dieser Erfahrung sie in ihrem Leben inspiriert. Wir sind auch als Band zusammen gewachsen, so wie
jeder einzelne gewachsen ist. Für mich bedeutet Erfolg, dass du deinen Weg mit dem Wissen gegangen bist,
noch tiefer gegangen zu sein, um die Wahrheit des Selbst zu finden.
Die Tour und die Reisen haben mir geholfen, die Menschen mehr als das zu sehen, was sie wirklich sind, und auf
einer realen Ebene mit Worten eine Beziehung mit ihnen einzugehen. So wurde mir z.B. klar, dass es eben
nicht darum geht, eine Perfomance abzuliefern und die Leute zu beindrucken. Es war eine Gelegenheit für
mich, für das Publikum zu beten, für jedes Kind in unserem Yogaprogramm zu beten, und diese positive Energie
zurück zu geben. Ich begann zu verstehen, dass es mehr darum ging, Menschen auf eine wahrhaftige Weise
miteinander zu verbinden.
Jennifer: Ich habe bemerkt, dass Du mit Kindern gearbeitet hast, mit Yoga und Musik, sogar in
Gefängnissen. Kannst Du uns ein bisschen mehr darüber erzählen, sowie über Deine Motivation und Deine
Visionen?
In unserer Gesellschaft haben wir eine große Anzahl von Kindern, die in Heimen oder in Pflegefamilien leben.
Es ist sehr leicht, diese Kinder zu vergessen oder zu ignorieren, aber es ist tatsächlich eines der dringlichsten
Probleme unserer Gesellschaft. Diese Kinder laufen potentiell Gefahr, in einen negativen Zyklus zu geraten.
Wir sind Partnerschaften mit Organisationen eingegangen, die in Heime und Pflegefamilien gehen, wie z.B.
White Shield in Portland, Oregon, oder Yoga for Youth ausserhalb von Los Angeles. Wir arbeiten mit ihren
Lehrern zusammen und gehen in Heimunterkünfte, um dort unsere Musik in Verbindung mit Yoga-Klassen mit
ihnen zu teilen. Dies hat einen richtig positiven Effekt, da Yoga eine sehr guter Weg ist, mit den inneren
Vorgängen in Kontakt zu kommen. Es hilft ihnen, Selbstbewußtsein zu entwickeln, was viele dieser Kinder
vermissen. Viele von ihnen haben überhaupt kein Selbstbewußtsein. Es ist teilweise sehr schwierig. Es hat mir
geholfen, zu dem zurück zu finden, was real und wichtig ist. Es war ein Atemzug frischer Luft für diese Kinder,
an einer Yogaklasse teilzunehmen. Sie freuen sich jetzt richtig darauf.
Jennifer: Gibt es andere Methoden oder Praktiken, welche Du Menschen empfehlen würdest, die ein
tieferes Gefühl von Frieden in ihrem Leben kultivieren möchten? Selbst mehr, als Yoga zu praktizieren?
Ich fühle einfach, dass es wichtig ist, sich jeden Tag Zeit zu nehmen, sich mit seiner Seele zu verbinden, egal
welchen Glauben man hat. Für manche Leute mag das ihr tägliches Jogging sein, und dann spielen sie
anschliessend Piano. Dies ist eine wundervolle Praxis. Ich schätze, ich würde den Menschen einfach empfehlen,
ihre eigene Praxis zu entwicklen, und das nicht nur für sich selbst, sondern auch, dass sie Gebete der Heilung
in die Welt und für die Menschheit aussenden. Die Kraft des Gebetes kann wirklich Heilung auf diesem Planeten
bewirken. Also, anstatt einfach dafür zu beten, was du in diesem Leben bewältigen möchtest, möchte ich dazu
anregen, dein Gebet für andere auf diesem Planeten zu beten, und für die Menschheit, ihrer menschlichen
Aufgabe gerecht zu werden.
Jennifer: ich weiß, dass Du seit Deiner High School Zeit sehr dienstbereit warst, und sehr eingebunden in
sozialen Wandel, soziale Aktion und soziales Bewusstsein. Was ist Deiner Meinung nach die kraftfvollste
Arbeit, die wir auf diesem Planeten verrichten können?
Ich glaube, die kraftvollste Aufgabe ist immer die, die gerade direkt vor Dir liegt. Oft schauen wir weit über
unsere Verhältnisse und weit über unsere Möglichkeiten hinaus, und sind dann frustriert. Es geht um die Dinge,
die jeder tun kann – nicht nur um die Entscheidung für die richtige Wahl, oder was wir im Großen für den
Planeten tun können. Es gibt so viele potentielle Möglichkeiten für unsere Umwelt, die jeder nutzen kann.
Leute im Yoga und in spirituellen Gemeinschaften haben eine große Verantwortung, sehr bewusst zu leben.
Dies beinhaltet Recycling, Kompostieren und Bäume zu pflanzen.
Jennifer: Denkst du, dass langanhaltender Frieden erreicht werden kann?
Ja, aber wir müssen hart dafür arbeiten, damit unsere Umwelt gesünder wird, und wir müssen eine bessere
Verbindung zu jenen Leuten aufbauen, die einen großen Teil der Arbeit mit schwerwiegende Entscheidungen
für unsere Gesellschaft leisten. Glaube ich, dass dies möglich ist – ich tu’s, und warum auch nicht?
Jennifer: Als ich das erste Mal über Dich gelesen habe, war ich sehr neugierig zu erfahren, warum Du
glaubst, dass diese heiligen Chants, und die heiligen Chants anderer Richtungen, ein wichtiger Ausdruck
für heilsamen Frieden und sozialen Wandel sind. Ich war neugierig, wie sie uns in unseren täglichen
Problemen helfen können. Zum Beispiel – wie kann ich sie anderes als in einem Konzert anwenden?
Mit der Situation im Nahen Osten z.B. können wir in unseren Konzerten und heiligen Chants füreinander beten.
Wir können durch die heiligen Worte unserer Traditionen füreinander beten. Ich glaube, dass es sehr kraftvoll
ist, unsere verschiedenen Glaubensrichtungen zu feiern, sie zu umarmen, und sie zu erfahren. Es gibt kraftvolle
Dinge, die Leute in ihrem Gemeinden tun können. Sie können z.B. interkulturelle Feste veranstalten, die dem
Frieden dienen. Also, lerne deinen Nachbarn kennen. Deine Nachbarn können einen anderen Glauben haben,
und das ist gut so. Es ist ja nicht so, dass wir in den USA keine Stimme hätten. Es ist nicht so, dass wir durch
unseren Glauben nicht miteinander verbunden wären. Es ist viel eher so, dass wir als Individuen nicht
miteinander verbunden sind. Dies ist etwas, für das ich sehr stark fühle. Hier in den USA können wir einen
Dialog initiieren, und die Türen für Kommunikation öffnen.
Jennifer: Gibt es etwas von Deiner Tour, das Du als besonders herausragendes Beispiel von Mitgefühl
oder Glauben in Aktion bezeichnen würdest?
Schau mal auf meiner Website in den „Blog“, und du wirst ein Bild von einem Mädchen namens Stefania sehen.
Sie erholt sich gerade von Krebs. Ich traf sie in einem Krankenhaus in Edmonton, Kanada. Ihre Mutter erzählte
mir, dass „Stefania jede Nacht zu Gott spricht“. Ich dachte, dass sie wohl aufgrund ihrer schwierigen Situation
jede Nacht zu Gott betete. Ihre Mutter jedoch sagte: „nein, jede Nacht dankt sie Gott für alle Segnungen, die
sie in ihrem Leben erfahren darf“. Dies ist wie sie zu Gott spricht. Es ist bewundernswert wie dieses
sechsjährige Mädchen im Krankenhaus vor einer riesengroßen Herausforderung steht, inklusive Chemotherapie,
und jeden Tag Gott für seine Segnungen dankt. Das hat mich wirklich inspiriert.
Steve: Was kommt als nächstes für Dich?
Wir haben jetzt unser neues Album „Anand“ fertig, und ich habe vor kurzem geheiratet. Das Album ist eine
Reflektion meiner Erlebnisse und Erfahrungen, diese innere Freude zu spüren, das Geschenk von jemandem,
der dich wirklich liebt, und zu dem zurück zu geben, den du wirklich liebst. Das ist eine wahre Feier für mich.
Wir haben vor, die Tour noch auszuweiten. Auch möchten wir uns gerne mehr auf die Kinder konzentrieren.
Wir hoffen, dass wir diese Arbeit noch auf vielfältige Weise werden fortsetzen können.
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