Die Zivilgerichtsklausur im Assessorexamen " Band I: Technik

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Die Zivilgerichtsklausur im Assessorexamen " Band I: Technik
Assessorexamen - Lernbücher für die Praxisausbildung
Die Zivilgerichtsklausur im Assessorexamen • Band I: Technik, Taktik,
Formulierungshilfen
von
Horst Kaiser, Jan Kaiser, Torsten Kaiser
4., neu bearbeitete Auflage
Die Zivilgerichtsklausur im Assessorexamen • Band I: Technik, Taktik, Formulierungshilfen – Kaiser / Kaiser / Kaiser
schnell und portofrei erhältlich bei beck-shop.de DIE FACHBUCHHANDLUNG
Thematische Gliederung:
Gesamtdarstellungen – Zivil- und Zivilverfahrensrecht allgemein – Zivilrecht – Assessorexamen
Verlag Franz Vahlen München 2010
Verlag Franz Vahlen im Internet:
www.vahlen.de
ISBN 978 3 8006 4058 4
Inhaltsverzeichnis: Die Zivilgerichtsklausur im Assessorexamen • Band I: Technik, Taktik, Formulierungshilfen –
Kaiser / Kaiser / Kaiser
{luchterh_neu}20100006_Kaiser_Zivilgerichtsklausur/Kap02.3D 20.01.2010 S. 67
II. Aufbau der Entscheidungsgrnde bei voll zusprechenden Urteilen
C. Aufbau der Entscheidungsgrnde
I. Grundstzliches
Die Entscheidungsgrnde beginnen im Normalfall mit dem Voranstellen des Ergebnisses. Sie 232
mssen in diesem Satz das Gesamtergebnis anfhren, wozu ggf. auch die Entscheidung ber
eine Widerklage gehçrt. Achten Sie ferner darauf, dass sich Ihr Einleitungssatz, mit dem Sie
das Ergebnis zusammenfassen, mit Ihrem Tenor deckt. So ist z.B. selbst bei minimalen Abweisungen der Zinsforderung die Klage nicht »begrndet«, was voll begrndet bedeutet, sondern
»bis auf einen geringen Teil der Zinsforderung begrndet.«
Nach dem Voranstellen des Ergebnisses folgen ggf. erforderliche Ausfhrungen zur Auslegung
des Antrages, zur Zulssigkeit und zur Begrndetheit der Klage einschließlich der Nebenforderungen. Den Schluss bilden die prozessualen Nebenentscheidungen ber die Kostentragungspflicht und die vorlufige Vollstreckbarkeit. Diese brauchen grds. nur durch die Angabe der
Norm, auf der sie beruhen, begrndet zu werden, also z.B.: »Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 I 1, 709 S. 1 ZPO.«
Bei einfacher Streitgenossenschaft auf Beklagtenseite sollten Sie im Zweifel die Entscheidungsgrnde fr jeden Beklagten getrennt darstellen, schon um sicher zu gehen, dass Sie ggf. auftauchende Unterschiede in der rechtlichen Bewertung nicht bersehen. Auf Teile der Begrndung,
die identisch sind, kçnnen Sie dann verweisen. Nur wenn Sie ganz sicher sind, dass die rechtliche
Bewertung allen einfachen Streitgenossen gegenber gleich ist, kçnnen Sie sie gemeinsam abhandeln.
Es ist außer bei kumulativen Klagenhufungen und Punktesachen, z.B. bei einem Streit um mehrere Mngel in einem Werkvertragsprozess, nicht blich, die einzelnen Teile oder gar smtliche
angesprochenen Aspekte der Entscheidungsgrnde zu nummerieren oder mit berschriften zu
versehen. Gegen die berschriebene Unterteilung
I. Zulssigkeit
II. Begrndetheit
III. Prozessuale Nebenentscheidungen
ist hingegen nichts einzuwenden. Bei mehreren Antrgen kçnnen Sie die Ausfhrungen zur Begrndetheit auch noch weiter unterteilen in II 1., II 2. usw. entsprechend der Nummerierung in
Ihrem Tatbestand. Eine weitere Detailgliederung wie bei Hausarbeiten wirkt bertrieben und
soll i.d.R. nur eine nicht vorhandene Ordnung vortuschen.
Bei auslegungsbedrftigen Antrgen beginnen Sie die Entscheidungsgrnde mit der Auslegung
des klgerischen Begehrens analog §§ 133, 157 BGB, gefolgt von dem Satz zum Gesamtergebnis:
»Die Klage mit dem in diesem Sinne zu verstehenden Antrag des Klgers ist zulssig und . . .«
Auslegungsbedrftige Zinsantrge (5% statt 5%-Punkte, siehe Rn. 170) sollten Sie erst im Rahmen der Begrndung der Nebenforderungen richtig stellen.
II. Aufbau der Entscheidungsgrnde bei voll zusprechenden Urteilen
Das Schema lautet:
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Pauschales Voranstellen des Ergebnisses
Ausfhrungen zur Zulssigkeit der Klage
Ausfhrungen zur Begrndetheit der Klage aus einer Anspruchsgrundlage je Antrag
Ausfhrungen zu Nebenforderungen wie Zinsen oder vorprozessualen Mahnkosten
Prozessuale Nebenentscheidungen: Kosten und vorlufige Vollstreckbarkeit
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C. Aufbau der Entscheidungsgrnde
234 Zur Zulssigkeit der Klage sollten Sie grds. nur dann Ausfhrungen machen, wenn die Parteien
ber Zulssigkeitsaspekte streiten oder einer der in Kapitel F dargestellten Flle vorliegt. Wenn
sonst nichts zur Zulssigkeit zu sagen ist, kçnnen Sie kurz die çrtliche und sachliche Zustndigkeit ansprechen. Es ist aber nicht ratsam, Selbstverstndlichkeiten auszubreiten (s. Rn. 303 ff.).
235 Zur Begrndetheit einer Klage, die in vollem Umfang Erfolg hat, drfen Sie in den Entschei-
dungsgrnden nur darlegen, dass eine Anspruchsgrundlage je Antrag greift.
Merke: Es ist ein Verstoß gegen § 313 III ZPO, bei voll zusprechenden Urteilen mehr als eine Anspruchsgrundlage
darzulegen, weil das Urteil nicht darauf beruht!
Wenn mehrere Anspruchsgrundlagen greifen und nebeneinander anwendbar sind, mssen Sie
sich eine aussuchen. Ihre Auswahl kann von dem Ihnen genehmeren Aufbau der Anspruchsgrundlage, dem vermeintlich einfacheren Weg zum Ziel oder von der Lçsung mit den am besten
darzustellenden Problemen bestimmt sein. Gleich fr welchen Weg Sie sich auch entscheiden,
der Satz am Ende der Darstellung, »Im brigen steht dem Klger der Anspruch auch aus § . . .
zu«, ist ein Verstoß gegen § 313 III ZPO, weil das Urteil nicht darauf beruht. Er gefhrdet zudem,
falls er inhaltlich unrichtig sein sollte, auch noch das bislang Erreichte.
Die Darstellung und Formulierung der Entscheidungsgrnde ist unter Rn. 271 ff. dargestellt.
236 Das Grundschema des Aufbaus der Ausfhrungen zur Begrndetheit lautet:
Gesamtergebnis mit Norm
Definition der Norm
Zwischenergebnis
Subsumtion
237 Bei der Darlegung der Anspruchsgrundlage sollten Sie sich an die Reihenfolge halten:
entstanden
nicht erloschen
durchsetzbar
Ausfhrungen zu den letzten beiden Aspekten sind aber nur angebracht, wenn der Sachverhalt
dazu Anlass gibt. Stze wie »Der Anspruch ist auch nicht erloschen und durchsetzbar.«, ohne
dass z.B. Erfllung oder Einreden berhaupt in Betracht kommen, sollten Sie weglassen. Es
wirkt hilflos.
238 Nach einseitigen Teilerledigungserklrungen sollten Sie mit dem aufrechterhaltenen Zahlungs-
anspruch beginnen, weil sich die Begrndetheit des fr erledigt erklrten Teils in der Regel
zwanglos aus den Ausfhrungen zum verbliebenen Anspruch ergibt, vgl. Rn. 213. Zum Aufbau
der Entscheidungsgrnde bei vollstndigen einseitigen Erledigungserklrungen s. Rn. 431.
239 Nach den Ausfhrungen zu dem Hauptanspruch folgen Ausfhrungen zu den Nebenforderun-
gen, die aus vorprozessualen Kosten wie der anwaltlichen Geschftsgebhr (vgl. Rn. 169), Inkasso- oder Mahnkosten und Zinsen bestehen kçnnen. Wenn Sie die Nebenforderungen nicht voll
zuerkennen, ndert sich am obigen Schema nichts. Sie stellen lediglich klar, dass dem Klger der
geltend gemachte Anspruch nicht in der verlangten Hçhe und/oder nicht ab dem beantragten
Zeitpunkt zusteht. Denken Sie in diesem Zusammenhang an § 187 I BGB, der auf den Verzugsbeginn und auf die Rechtshngigkeit analog angewandt wird.
240 Das Urteil endet mit der Auflistung der Normen, auf denen die prozessualen Nebenentschei-
dungen ber die Kosten des Rechtsstreits und die vorlufige Vollstreckbarkeit beruhen. blich
sind Formulierungen wie: »Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 I 1, 709
S. 1 ZPO.« oder »Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 I 1 ZPO, die Entscheidung ber die
vorlufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.«
Neben der reinen Kostenvorschriften der §§ 91 ff. ZPO sind ggf. noch §§ 269, 281, 344 ZPO oder
§ 45 GKG – jeweils mit dem genauen Absatz/Satz/Halbsatz/Alternative – anzufhren.
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III. Aufbau der Entscheidungsgrnde bei voll abweisenden Urteilen
Denken Sie daran, dass Sie ggf. einen Teil der Kostenentscheidung begrnden mssen. Dies ist
bei bereinstimmenden Teilerledigungserklrungen, teilweisen Klagercknahmen oder Teilanerkenntnissen der Fall (siehe Rn. 211 ff.).
Achten Sie darauf, ob von Ihnen auch ein Streitwertbeschluss verlangt wird. Dies ist jedenfalls 241
immer dann der Fall, wenn Sie laut Bearbeiterhinweis »die Entscheidungen des Gerichts« entwerfen sollen. Es ist ohnehin ratsam, grds. einen Streitwertbeschluss zu machen, es sei denn,
das Gericht hat ausweislich Ihrer Vorlage bereits darber entschieden. Sie sollten den Streitwertbeschluss stets in der korrekten Form als gesonderten Beschluss abfassen und ihn nicht im Urteil
zwischen den prozessualen Nebenentscheidungen und den Unterschriften der Richter verstecken. Nach den Unterschriften der erkennenden Richter schreiben Sie:
»Beschluss in pp. (volles Rubrum)
Der Streitwert wird gem. § . . . ZPO auf . . . 1 festgesetzt.
Unterschriften der erkennenden Richter«
Denken Sie an § 45 GKG bei der Streitwertberechnung in Fllen mit Hilfsaufrechnungen, Widerklagen oder Haupt- und Hilfsantrgen. Sie entscheiden nmlich ber den Gebhrenstreitwert (Rn. 176).
Exkurs: Aufbau der Entscheidungsgrnde eines Urteils nach einem Einspruch gegen ein 242
Versumnisurteil oder einen Vollstreckungsbescheid
Voranstellen des Ergebnisses
Zulssigkeit des Einspruchs
– Statthaftigkeit
– Zustndigkeit
– Form und Frist
Evtl. Sonderprobleme, z.B.
– Auslegung eines Widerspruchs gegen einen Mahnbescheid als Einspruch gegen Vollstreckungsbescheid (Rn. 461)
– Zeitlich unterschiedliche Zustellung eines Versumnisurteils im schriftlichen Vorverfahren
(Rn. 464)
– Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach Versumung der Einspruchsfrist (Rn. 464)
Erfolg des Einspruchs in der Sache
– Zulssigkeit der Klage
– Begrndetheit der Klage
Der weitere Aufbau ist vom Ergebnis (z.B. Teilerfolg) bzw. den im Folgenden dargestellten Konstellationen wie Haupt- und Hilfsantrge oder Klage und Widerklage abhngig.
III. Aufbau der Entscheidungsgrnde bei voll abweisenden Urteilen
Das Schema lautet hier:
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Pauschales Voranstellen des Ergebnisses
Ausfhrungen zur Zulssigkeit der Klage
Ausfhrungen zur Unbegrndetheit der Klage aus allen in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen
Ggf. Ausfhrungen dazu, dass dem Klger auch kein »Minus« i.S.v. § 308 ZPO zusteht.
Prozessuale Nebenentscheidungen
Der grundlegende Unterschied beim Abfassen der Entscheidungsgrnde zwischen begrndeten
und unbegrndeten Klagen ist, dass Sie bei begrndeten Klagen nur eine Anspruchsgrundlage
erçrtern drfen, diese jedoch mit allen Anspruchsvoraussetzungen, bei unbegrndeten hingegen
alle in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen abhandeln mssen, dabei jedoch nur die jeweils fehlende Anspruchsvoraussetzung ansprechen drfen! Das klageabweisende Urteil beruht
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C. Aufbau der Entscheidungsgrnde
darauf, dass dem Klger der Anspruch gar nicht, also aus keiner der denkbaren Anspruchsgrundlagen, zusteht.
Wenn allerdings Ihrer Ansicht nach eine Anspruchsgrundlage an mehreren Stellen scheitert, ist es
ratsam, alle diese »Schwachstellen« aufzuzeigen, um sicher zu gehen, zumindest auch den Aspekt
angesprochen zu haben, der in der Lçsungsskizze steht. Dies gilt umso mehr, wenn Sie sich nicht
ganz sicher sind, ob die eine Voraussetzung, an der Sie den Anspruch scheitern lassen wollen,
wirklich nicht erfllt ist. Hier ein Formulierungsbeispiel:
»Der Anspruch des Klgers scheitert daran, dass . . . Selbst wenn man dieser Auffassung nicht folgen sollte, ist das
Erfordernis der . . . nicht erfllt.«
Entsprechendes gilt natrlich auch fr Einreden, Einwendungen und Aufrechnungserklrungen
des Beklagten, die scheitern.
244 Wenn vertragliche und gesetzliche Anspruchsgrundlagen zu erçrtern sind, empfiehlt sich die
Darstellung in der bekannten Reihenfolge des analytischen Vorgehens bei der Lçsung des Falles,
d.h. Ansprche aus
Vertrag, Vertrauen und Gesetz.
245–246 Eine Ausnahme von dieser grds. Vorgehensweise bei Klageabweisungen, d.h. dem Eingehen auf
alle in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen der Reihe nach, sollten Sie machen, wenn
die konkrete Anwendbarkeit problematisch ist,
letztlich aber alle Anspruchsgrundlagen aus demselben Grund scheitern.
Wenn die Darstellung oder Abgrenzung der in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen
mhsam ist und im Ergebnis alle an demselben Punkt scheitern, ist es ein Verstoß gegen § 313
III ZPO, auf mehreren Seiten eine im Ergebnis doch nicht greifende Anspruchsgrundlage gegenber anderen herauszuarbeiten. Ein Musterbeispiel ist der unter Rn. 90 vorgestellte Fall »Der gefllige Freund«. Wer hier mhevoll eine der mçglichen vertraglichen Anspruchsgrundlagen herausarbeitet, obwohl alle am fehlenden Rechtsbindungswillen scheitern, vergeudet Zeit und ggf.
auch Punkte (s. Rn. 300).
Hten Sie sich daher davor, zunchst zeitraubende Erçrterungen zu letztlich doch nicht greifenden Anspruchsgrundlagen anzustellen und dann noch zu schreiben:
»Dies kann aber dahinstehen, denn alle anderen Anspruchsgrundlagen scheitern ebenfalls daran,
dass . . .« Das heißt nichts anderes, als dass das Erarbeiten der Anspruchsgrundlage, die wie
alle anderen auch nicht greift, rein akademischer Natur und damit fr die Begrndung Ihres
Urteils berflssig war.
Sie sollten aber zur Sicherheit in dem einleitenden Satz »Es kann dahinstehen, ob . . .« die in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen anfhren, damit der Prfer sieht, dass Sie alle erkannt
haben (s. Rn. 300).
247 Der erste Satz der Entscheidungsgrnde eines voll abweisenden Urteils muss lauten:
Die zulssige Klage ist unbegrndet oder
Die Klage ist zulssig, aber unbegrndet.
»Die Klage ist zulssig, aber . . .« signalisiert, dass Sie zu den beiden angesprochenen Aspekten
»Zulssigkeit« und »Begrndetheit« etwas zu sagen haben. Deshalb sollten Sie diese Einleitung
nur whlen, wenn Sie auch Ausfhrungen zur Zulssigkeit machen.
Andernfalls whlen Sie die Formulierung »Die zulssige Klage ist . . .« Dadurch machen Sie bereits deutlich, dass die Zulssigkeit Ihrer Ansicht nach vçllig unproblematisch ist und von Ihnen
nicht weiter angesprochen wird.
248 Der zweite Satz hngt davon ab, ob eine oder mehrere Anspruchsgrundlagen in Betracht kom-
men.
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