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Bei der Urteilsklausur erhalten die Bearbeiter ein Aktenstück, das im
Wesentlichen aus Anklageschrift und Sitzungsprotokoll besteht. Ein
Gutachten braucht üblicherweise nicht angefertigt zu werden. Die
Bearbeiter müssen dafür Urteilstenor und Urteilsgründe ausformulieren, einschließlich einfacher Erwägungen zur Strafzumessung.
Die Revisionsklausur ist die strafrechtliche „Königsdisziplin“. Hier
sollen die Bearbeiter – in der Regel aus der anwaltlichen Perspektive – alle verfahrensrechtlichen und materiell-rechtlichen Fehler
aufspüren, die sich aus dem Strafurteil in Verbindung mit dem Sitzungsprotokoll ergeben. Zumeist ist in einem Gutachten zu erörtern, ob die Revision zulässig ist und die aufgefundenen Mängel
die Aufhebung des Urteils begründen. Abschließend ist ein entsprechender Revisionsantrag zu formulieren.
Das vorliegende Buch bringt Ihnen alles bei, was Sie zur erfolgreichen Bewältigung dieser Klausuraufgaben benötigen. Im ersten
Teil zeigen wir Ihnen, wie Sie gedanklich an die Urteilsklausur herangehen und welche Formalien Sie bei den verschiedenen Urteilsformen beachten müssen. Das erforderliche Know-How zur Strafzumessung liefern wir mit. Der zweite Teil zur Revision beinhaltet
schwerpunktmäßig Strafverfahrensrecht, und zwar umfassend dasjenige, das Sie zum Erkennen und zur Begutachtung von Verfahrensrügen und Sachrügen brauchen.
Wie im ersten Band zur StA-Klausur folgt das Buch streng der Denklogik der Fallbearbeitung. Die Probleme werden also dort erörtert,
wo sie auch auftauchen, wenn Sie in der Prüfung sitzen. Ferner
erhalten Sie Tipps aus Sicht des erfahrenen Korrektors zur Vermeidung typischer Fehler – und natürlich: Musterformulierungen.
Rechtsprechung und Literatur sind bis September 2012 berücksichtigt.
Strafurteil und Revisionsrecht in der Assesorklausur
In den Bundesländern mit einer zweiten Strafrechtsklausur im Assessorexamen sind das Strafurteil als Richterklausur und/oder die
Revision als Anwaltsklausur die gängigen Aufgabentypen.
ALPMANN SCHMIDT
Kock/Neumann
Strafurteil und
Revisionsrecht in der
Assessorklausur
Gerichtliche und anwaltliche
Aufgabenstellungen
ISBN: 978-3-86752-325-7
€ 19,90
2013
7. Auflage 2013
Deckblatt.fm Seite 1 Montag, 29. Oktober 2012 9:13 09
STRAFURTEIL UND
REVISIONSRECHT IN DER
ASSESSORKLAUSUR
Gerichtliche und anwaltliche Aufgabenstellungen
2013
Rainer Kock
Staatsanwalt
Dr. André Neumann
Fachanwalt für Strafrecht
ALPMANN UND SCHMIDT Juristische Lehrgänge Verlagsges. mbH & Co. KG
48149 Münster, Annette-Allee 35, 48001 Postfach 1169, Telefon (0251) 98109-33
AS-Online: www.alpmann-schmidt.de
Deckblatt.fm Seite 2 Montag, 29. Oktober 2012 9:13 09
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Ihr AS-Autorenteam
Kock, Rainer
Dr. Neumann, André
Strafurteil und Revisionsrecht in der Assessorklausur
Gerichtliche und anwaltliche Aufgabenstellungen
7., völlig neu konzipierte Auflage 2013
ISBN: 978-3-86752-325-7
Verlag Alpmann und Schmidt Juristische Lehrgänge
Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG, Münster
Die Vervielfältigung, insbesondere das Fotokopieren der Skripten,
ist nicht gestattet (§§ 53, 54 UrhG) und strafbar (§ 106 UrhG).
Im Fall der Zuwiderhandlung wird Strafantrag gestellt.
Buch StrafurteilIVZ.fm Seite I Montag, 29. Oktober 2012 9:17 09
Inhalt
INHALTSVERZEICHNIS
1. Teil: Das Strafurteil als Aufgabe der richterlichen Assessorklausur ..............1
1. Abschnitt: Gutachtliche Vorüberlegungen ........................................................1
A. Prüfung der verfahrens- und materiell-rechtlichen Fragen ............................1
I.
Prozessvoraussetzungen ............................................................................1
II. Wegen welcher Straftaten hat ein Schuldspruch zu erfolgen? ................2
1. Verfahrensgegenstand ...........................................................................2
a) Die prozessuale Tat ..........................................................................2
b) Änderungen .......................................................................................2
2. Strafbarkeit .............................................................................................3
2. Abschnitt: Konsequenzen für die Urteilsfassung ..............................................4
A. Die Entscheidungen in der Hauptsache, Nebenentscheidungen ...................4
I.
Entscheidung in der Hauptsache ..............................................................4
II. Nebenentscheidungen ................................................................................5
1. Nebenentscheidungen im Urteil ..........................................................5
2. Nebenentscheidungen in einem getrennten Beschluss .......................5
III. Varianten für Haupt- und Nebenentscheidungen ...................................6
1. Nach Anklage und Eröffnungsbeschluss nur ein Delikt ...................6
a) Es besteht ein Verfahrenshindernis oder eine Prozessvoraussetzung fehlt ...........................................................................6
b) Aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen keine
Strafbarkeit oder die Tat ist nicht nachweisbar ..............................8
c) Das angeklagte Delikt liegt zur Überzeugung des
Gerichts vor .......................................................................................8
2. Nach Anklage und Eröffnungsbeschluss mehrere Delikte ..............10
a) Die Delikte liegen nach der Überzeugung des Gerichts vor ......10
b) Nach dem Ergebnis der Hauptverhandlung liegt kein Delikt
zur Überzeugung des Gerichts vor oder ist nachweisbar ...........10
c) Gemischte Hauptsacheentscheidungen ........................................11
IV. Rechtsfolgen bei einem Schuldspruch ....................................................13
1. Überblick über die möglichen Rechtsfolgen .....................................13
2. Prüfungsaufbau zur Ermittlung der Hauptstrafe .............................14
a) Die vom Gesetzgeber für das einzelne Delikt bestimmte
Hauptstrafe mit dem dafür vorgesehenen Strafrahmen ..............14
b) Strafrahmenverschiebungen und Sonderstrafrahmen ..................14
aa) Tatbestandliche Strafänderungen ...........................................14
bb) Besonders schwere und minder schwere Fälle i.V.m.
allgemeinen und vertypten Strafmilderungsgründen ...........15
(1) Besonders schwere Fälle ................................................15
I
Buch StrafurteilIVZ.fm Seite II Montag, 29. Oktober 2012 9:17 09
Inhalt
(2) Minder schwere Fälle .................................................... 16
(3) Allgemeine Strafmilderungsgründe ............................. 16
(4) Vertypte Strafmilderungsgründe .................................. 17
(5) Zusammentreffen mehrerer Milderungsgründe ......... 17
c) Strafzumessungserwägungen ........................................................ 18
aa) Strafzumessungsschuld als Bezugspunkt .............................. 18
bb) Faktoren der Strafzumessungsschuld .................................... 19
(1) Erfolgs- und Handlungsunwert ................................... 19
(2) Vorleben des Täters, dessen Beweggründe und
Ziele ................................................................................ 20
(3) Nachtatumstände ........................................................... 21
(4) Spezialpräventive Faktoren: „Wirkungen der
Strafe auf den Täter“ i.S.v. § 46 Abs. 1 S. 2 StGB ....... 21
(5) Generalpräventive Faktoren: „Verteidigung der
Rechtsordnung“ i.S.d. §§ 47 Abs. 1, 56 Abs. 3,
59 Abs. 1 Nr. 3 StGB .................................................... 21
(6) Typische Fehler bei der Strafzumessung ..................... 22
d) Konkrete Rechtsfolge .................................................................... 22
aa) Verfahrenseinstellung ............................................................. 22
bb) Straffrei-Erklärung .................................................................. 23
cc) Verwarnung mit Strafvorbehalt ............................................. 23
dd) Geldstrafe ................................................................................. 23
ee) Freiheitsstrafe .......................................................................... 24
ff) Strafaussetzung zur Bewährung ............................................ 25
gg) Geldstrafe neben Freiheitsstrafe ............................................ 26
hh) Besonderheiten beim Schuldspruch wegen mehrerer
Straftaten .................................................................................. 27
(1) Tateinheitlich verwirklichte Delikte ............................ 27
(2) Tatmehrheitlich verwirklichte Delikte ........................ 27
3. Nebenstrafen und Nebenfolgen ........................................................ 30
a) Fahrverbot ...................................................................................... 30
b) Nebenfolgen ................................................................................... 30
c) Maßnahmen mit strafähnlichem Charakter ................................. 31
aa) Einziehung nach §§ 74 ff. StGB ............................................. 31
bb) Verfall, §§ 73–73 e StGB ......................................................... 31
cc) Unbrauchbarmachung, § 74 d StGB ..................................... 31
d) Nicht freiheitsentziehende Maßregeln der Besserung und
Sicherung ......................................................................................... 31
aa) Entziehung der Fahrerlaubnis, §§ 69–69 b StGB ................. 31
II
Buch StrafurteilIVZ.fm Seite III Montag, 29. Oktober 2012 9:17 09
Inhalt
bb) Berufsverbot, §§ 70–70 b StGB ..............................................32
cc) Führungsaufsicht, §§ 68–68 g StGB .......................................33
e) Freiheitsentziehende Maßregeln der Besserung und
Sicherung .........................................................................................33
aa) Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus,
§§ 63, 62 StGB ..........................................................................33
bb) Unterbringung in einer Entziehungsanstalt,
§§ 64, 62 StGB ..........................................................................33
cc) Unterbringung in der Sicherungsverwahrung,
§§ 66, 62 StGB ..........................................................................34
V. Besonderheiten im Jugendstrafrecht .......................................................34
1. Persönlicher und sachlicher Anwendungsbereich des
Jugendstrafrechts .................................................................................34
2. Verfahrensrechtliche Abweichungen .................................................35
3. Die Rechtsfolgen der Jugendstraftat ..................................................35
a) Erziehungsmaßregeln .....................................................................35
b) Zuchtmittel ......................................................................................36
c) Die Jugendstrafe .............................................................................36
d) Kombination von unterschiedlichen Rechtsfolgen, § 8 JGG .....37
e) Mehrere Straftaten eines Jugendlichen .........................................37
f) Nebenstrafen, -folgen und Maßregeln der Besserung und
Sicherung .........................................................................................38
g) Besonderheiten bei Heranwachsenden .........................................39
h) Mehrere Straftaten in verschiedenen Altersstufen, § 32 JGG .....39
3. Abschnitt: Inhalt und Form des Strafurteils ....................................................40
A. Urteilskopf und Eingang .................................................................................40
B. Die Urteilsformel .............................................................................................42
I.
Verurteilung ..............................................................................................42
1. Angabe der Personalien ......................................................................42
2. Der Schuldspruch ................................................................................43
a) Rechtliche Bezeichnung der Einzeltat ..........................................43
b) Weitere Modalitäten, die in die Urteilsformel aufzunehmen
sind ...................................................................................................44
c) Tateinheit (§ 52 StGB) ....................................................................45
d) Tatmehrheit (§ 53 StGB) ................................................................46
e) Gesetzeskonkurrenz .......................................................................46
3. Rechtsfolgenausspruch .......................................................................46
a) Absehen von Strafe und Straffrei-Erklärung
(z.B. nach §§ 60, 199 StGB) ...........................................................46
III
Buch StrafurteilIVZ.fm Seite IV Montag, 29. Oktober 2012 9:17 09
Inhalt
b) Verwarnung mit Strafvorbehalt (§ 59 StGB) ............................... 46
c) Hauptstrafe ..................................................................................... 47
aa) Geldstrafe (§ 40 StGB) ............................................................ 47
bb) Freiheitsstrafe (§§ 38, 39 StGB) ............................................. 47
cc) Gesamtstrafe (§ 54 StGB) ....................................................... 47
d) Nebenstrafe ..................................................................................... 48
e) Maßregeln der Besserung und Sicherung ..................................... 49
aa) Entziehung der Fahrerlaubnis (§§ 69, 69 a StGB) ................ 49
bb) Zusammentreffen mehrerer Maßregeln der Besserung
und Sicherung .......................................................................... 49
cc) Einziehung (§§ 74 ff. StGB) ................................................... 49
dd) Verfall (§§ 73 ff. StGB) ........................................................... 49
4. Kosten und Auslagen (§§ 464 ff. StPO) ............................................ 49
a) Regelfall des § 465 Abs. 1 StPO bei Verurteilung ....................... 49
b) Bei erfolgreicher Nebenklage, §§ 465 Abs. 1, 467 Abs. 1
StPO ................................................................................................ 49
5. Entscheidung über Adhäsionsantrag des Verletzten,
§ 406 Abs. 1–3 StPO ........................................................................... 50
II. Freispruch und Teilfreispruch ................................................................ 50
1. Freispruch ............................................................................................ 50
2. Teilfreispruch ...................................................................................... 50
3. Kosten und Auslagen .......................................................................... 50
a) Bei Freispruch ................................................................................ 50
b) Bei Teilfreispruch ........................................................................... 51
4. Entschädigungsentscheidung ............................................................. 51
III. Einstellung und Teileinstellung .............................................................. 52
1. Einstellung ........................................................................................... 52
2. Teileinstellung ..................................................................................... 52
3. Kosten- und Auslagen ........................................................................ 52
a) Einstellung ...................................................................................... 52
b) Teileinstellung ................................................................................ 53
4. Entschädigungsentscheidung ............................................................. 53
IV. Besonderheiten bei den Urteilen in Jugendsachen ................................ 53
1. Schuldspruch ....................................................................................... 53
2. Einbeziehung einer rechtskräftigen Entscheidung
(§ 31 Abs. 2 JGG) ................................................................................ 54
3. Kosten- und Auslagenentscheidung .................................................. 54
C. Die Bezeichnung der angewendeten Vorschriften........................................ 54
IV
Buch StrafurteilIVZ.fm Seite V Montag, 29. Oktober 2012 9:17 09
Inhalt
D. Die Urteilsgründe............................................................................................55
I.
Verurteilung ..............................................................................................55
1. Lebenslauf ............................................................................................55
2. Feststellungen zum Sachverhalt .........................................................56
3. Beweiswürdigung ................................................................................58
4. Rechtliche Begründung .......................................................................60
5. Strafzumessung ....................................................................................60
6. Nebenentscheidungen .........................................................................62
II. Freispruch, § 267 Abs. 5 S. 1 StPO .........................................................62
III. Verfahrenseinstellung ...............................................................................62
E. Unterschriften...................................................................................................63
F. Form und Inhalt des Berufungsurteils ...........................................................63
I.
Urteilskopf ................................................................................................63
II. Urteilsformel .............................................................................................63
1. Unzulässigkeit der Berufung ..............................................................63
2. Einstellung wegen eines Verfahrenshindernisses oder Fehlens
einer Prozessvoraussetzung ................................................................63
3. Verwerfung der zulässigen Berufung ................................................63
4. Teilerfolg der Berufung .......................................................................63
5. Erfolgreiche Berufung .........................................................................64
6. Berufung mehrerer Angeklagter ........................................................64
III. Bezeichnung der angewendeten Vorschriften .......................................64
IV. Urteilsgründe ............................................................................................64
V. Unterschriften ...........................................................................................64
2. Teil: Die Revision als Aufgabe der Assessorklausur ........................................65
1. Abschnitt: Aufgabenstellung .............................................................................65
2. Abschnitt: Erfassen der Aufgabe .......................................................................65
A. Aktenvollständigkeit ........................................................................................65
B. Bearbeitervermerk ............................................................................................66
C. Lückenlose Aktenkenntnis..............................................................................66
I.
Anklageschrift ...........................................................................................66
II. Protokoll ...................................................................................................67
III. Urteil .........................................................................................................67
3. Abschnitt: Das Revisionsgutachten .................................................................67
A. Zulässigkeit der Revision.................................................................................67
I.
Statthaftigkeit ............................................................................................68
1. Urteil .....................................................................................................68
V
Buch StrafurteilIVZ.fm Seite VI Montag, 29. Oktober 2012 9:17 09
Inhalt
2. Spruchkörper AG, LG oder OLG .................................................... 69
II. Revisionsberechtigung ............................................................................. 70
1. Persönliche Rechtsmittelberechtigung .............................................. 70
2. Keine Rechtsmittelrücknahme und kein Rechtsmittelverzicht ...... 72
a) Rechtsmittelrücknahme ................................................................. 72
b) Rechtsmittelverzicht ...................................................................... 73
III. Beschwer des Revisionsführers ............................................................... 76
1. Beschwer des Angeklagten ................................................................. 76
2. Beschwer anderer Verfahrensbeteiligter ........................................... 77
IV. Frist- und formgerechte Einlegung der Revision .................................. 77
1. Fristgerechte Einlegung ...................................................................... 77
2. Formgerechte Einlegung .................................................................... 82
V. Wirksame Revisionsbeschränkung ......................................................... 83
VI. Die Revisionsbegründung ....................................................................... 84
1. Revisionsbegründungsfrist ................................................................. 85
a) Fristbeginn ...................................................................................... 85
b) Fristende ......................................................................................... 87
c) Wiedereinsetzung ........................................................................... 87
d) Verfahren bei Fristversäumung ..................................................... 87
2. Form ..................................................................................................... 88
3. Adressat ............................................................................................... 88
4. Inhaltliche Anforderungen an die Revisionsbegründung ............... 89
a) Antrag ............................................................................................. 89
b) Begründung .................................................................................... 89
aa) Verfahrensrüge ........................................................................ 90
bb) Sachrüge ................................................................................... 91
B. Die Begründetheit der Revision allgemein .................................................... 91
I.
Gesetzesverletzung .................................................................................. 92
II. Beruhen ..................................................................................................... 92
1. Verfahrensfehler .................................................................................. 92
2. Sachlich-rechtliche Fehler .................................................................. 92
3. Kriterien für das Beruhen ................................................................... 93
4. Prüfung von Amts wegen ................................................................... 93
III. Beweis des Rechtsfehlers ......................................................................... 94
1. Verfahrensvoraussetzungen und -hindernisse .................................. 94
2. Verfahrensfehler .................................................................................. 94
3. Sachlich-rechtliche Fehler .................................................................. 96
VI
Buch StrafurteilIVZ.fm Seite VII Montag, 29. Oktober 2012 9:17 09
Inhalt
IV. Revisibilität ...............................................................................................97
1. Präklusionsvorschriften ......................................................................97
2. Fehlende Normbeschwer ....................................................................98
V. Die einzelnen Rechtsfehler ......................................................................99
1. Verfahrensvoraussetzungen und Verfahrenshindernisse .................99
2. Rügebedürftige Verfahrensfehler .....................................................102
a) Die absoluten Revisionsgründe ...................................................102
aa) § 338 Nr. 1 StPO ...................................................................103
bb) § 338 Nr. 2 StPO ...................................................................106
cc) § 338 Nr. 3 StPO ...................................................................108
dd) § 338 Nr. 4 StPO ...................................................................111
ee) § 338 Nr. 5 StPO ...................................................................112
ff) § 338 Nr. 6 StPO ...................................................................116
gg) § 338 Nr. 7 StPO ...................................................................119
hh) § 338 Nr. 8 StPO ...................................................................120
b) Die relativen Revisionsgründe .....................................................122
aa) Fehlerhafte Verfahrenshandlungen vor der Hauptverhandlung ............................................................................122
bb) Fehlerhafte Verfahrenshandlungen in der Hauptverhandlung ............................................................................123
(1) Abweichungen im vorgeschriebenen Verfahrensablauf .............................................................................123
(2) Verkennung des richtigen Beweismittels ...................124
(3) Fehler beim Zeugenbeweis ..........................................125
(4) Fehler beim Sachverständigenbeweis .........................128
(5) Fehler beim richterlichen Augenschein .....................128
(6) Fehler beim Urkundsbeweis .......................................128
(7) Fehler bei der Hinzuziehung eines Dolmetschers ....131
(8) Verletzung der Amtsaufklärungspflicht ....................131
(9) Verletzung des Beweisantragsrechts ..........................133
(10) Verletzung der §§ 261, 337 StPO ................................142
(11) Nichtaussetzung oder Nichtunterbrechung der
Verhandlung .................................................................144
(12) Fehler bei Unterbrechung und Aussetzung .............145
(13) Verletzung der Fürsorgepflicht und der
Verfahrensfairness ........................................................145
(14) Verletzung von Mitwirkungsrechten ........................146
(15) Fehler bei der Urteilsverkündung ..............................148
VII
Buch StrafurteilIVZ.fm Seite VIII Montag, 29. Oktober 2012 9:17 09
Inhalt
3. Sachliche Fehler ................................................................................. 148
a) Fehlerhafter Urteilsausspruch ..................................................... 149
b) Fehlerhafte Feststellungen ........................................................... 149
c) Fehlerhafte Beweiswürdigung .................................................... 151
d) Fehlerhafte Anwendung des sachlichen Rechts ........................ 153
e) Fehlerhafte Strafzumessung ........................................................ 154
f) Fehlende Unterschrift .................................................................. 157
C. Der Revisionsantrag ...................................................................................... 158
I.
Die Entscheidungsmöglichkeiten des Tatgerichts .............................. 158
1. Verwerfung der Revision ................................................................. 158
2. Abgabe der Revision ......................................................................... 159
II. Die Entscheidungsmöglichkeiten des Revisionsgerichtes .................. 159
1. Entscheidung durch Urteil ............................................................... 159
a) Aufhebung des angefochtenen Urteils ....................................... 159
b) Nichtaufhebung des angefochtenen Urteils .............................. 160
2. Entscheidung durch Beschluss ......................................................... 160
3. Rechtsfolgen der Entscheidung des Revisionsgerichts .................. 161
4. Formulierung des Antrags ............................................................... 161
D. Zweckmäßigkeitserwägungen....................................................................... 161
Stichwortverzeichnis ............................................................................................... 163
VIII
StrafR Asskl2.fm Seite 1 Montag, 29. Oktober 2012 9:43 09
1. Teil
Das Strafurteil als Aufgabe der richterlichen Assessorklausur
1. Teil: Das Strafurteil als Aufgabe der richterlichen Assessorklausur
Schwerpunkt der richterlichen Aufgaben ist es, die Entscheidung des Gerichts aufgrund einer Hauptverhandlung – im Regelfall ein Strafurteil (Tenor und Gründe) –
zu entwerfen. Ein ausführliches Gutachten und eine detaillierte Strafzumessung
sind nach dem Bearbeitervermerk regelmäßig entbehrlich. In den Urteilsgründen
ist jedoch darzulegen, ob eine Geld- oder Freiheitsstrafe für angemessen erachtet
wird, welche Strafzumessungserwägungen angestellt worden sind und welche
Rechtsgrundlagen dem zugrunde liegen, ob bei einer Freiheitsstrafe eine Strafaussetzung zur Bewährung in Betracht kommt und welche rechtlichen Grundlagen
diese Erwägungen tragen.
1
Der übliche Bearbeitervermerk lautet:
Vermerk für die Bearbeitung:
I.
Die Entscheidung des Gerichts ist zu entwerfen.
§ 267 Abs. 4 bzw. Abs. 5 Satz 2 StPO ist nicht anzuwenden.
Im Falle einer Verurteilung ist keine bestimmte Strafe zur Höhe auszusprechen. In den Gründen ist jedoch darzulegen:
n
von welchem Strafrahmen auszugehen ist,
n
ob eine Geld- oder Freiheitsstrafe für angemessen erachtet wird,
n
welche zugunsten und zulasten des Angeklagten sprechenden Strafzumessungserwägungen angestellt worden sind und welche Rechtsgrundlage dem zugrunde liegt.
Wird ein rechtlicher Hinweis für erforderlich gehalten, so ist zu unterstellen, dass dieser ordnungsgemäß erfolgt ist. Eine solche Vorgehensweise ist in einer Fußnote kenntlich zu machen.
Werden eine richterliche Aufklärung oder eine Beweiserhebung für erforderlich gehalten, so
ist zu unterstellen, dass diese ordnungsgemäß erfolgt und ohne Ergebnis geblieben sind. Eine
solche Vorgehensweise ist in einer Fußnote kenntlich zu machen.
Ordnungswidrigkeiten und Straftaten außerhalb des StGB sind nicht zu prüfen.
1. Abschnitt: Gutachtliche Vorüberlegungen
Als Vorüberlegungen zu dem anzufertigenden Urteilsentwurf sind zunächst die verfahrens- und materiell-rechtlichen Punkte zu untersuchen, gefolgt von der Prüfung,
welche die Konsequenzen daraus für die Urteilsfassung gezogen werden können.
2
Auch wenn der Bearbeitervermerk ein Gutachten nicht ausdrücklich verlangt,
ist es unverzichtbar, die gutachtliche Prüfung auf einem Beiblatt zu skizzieren,
bevor der Urteilsentwurf abgefasst wird. Nur wer den Klausursachverhalt bereits materiell und prozessual durchdrungen hat, ist in der Lage, einen richtigen
Tenor sowie die Urteilsbegründung in der erforderlichen Gewichtung – unter
Berücksichtigung der zu beachtenden Form und Formalien – korrekt und revisionssicher niederzuschreiben.
A. Prüfung der verfahrens- und materiell-rechtlichen Fragen
Bestimmend ist auch hier der prozessuale Aufbau.
I. Prozessvoraussetzungen
Es müssen zunächst die Prozessvoraussetzungen für das Verfahren als solches gegeben sein, also deutsche Gerichtsbarkeit, Zuständigkeit, anderweitige Rechtshän-
3
1
StrafR Asskl2.fm Seite 2 Montag, 29. Oktober 2012 9:43 09
Das Strafurteil als Aufgabe der richterlichen Assessorklausur
1. Teil
gigkeit, entgegenstehende Rechtskraft, wirksame Anklage und wirksamer Eröffnungsbeschluss.
Die Prozessvoraussetzungen sind regelmäßig unproblematisch und nur zu prüfen, sofern Zweifelsfragen vorliegen.
II. Wegen welcher Straftaten hat ein Schuldspruch zu erfolgen?
Sodann wendet man sich der Kernfrage zu, nämlich ob und wegen welcher Straftaten der/die Angeklagte(n) schuldig zu sprechen ist/sind.
1. Verfahrensgegenstand
a) Die prozessuale Tat
4
Gegenstand der Urteilsfindung und damit der gutachterlichen Vorüberlegung ist
gemäß § 264 StPO die in der Anklage bezeichnete Tat, wie sie sich nach dem Ergebnis der Hauptverhandlung darstellt.
Das Tatgericht muss die zugelassene Anklage erschöpfen, d.h. im tatrichterlichen
Urteil hat das Gericht über alle dem Gericht unterbreiteten selbstständigen prozessualen Taten zu entscheiden. Aus der Anklage und dem Eröffnungsbeschluss ergibt
sich, welche Delikte den Gegenstand der Untersuchung bilden und zur Entscheidung stehen. Nicht vom Eröffnungsbeschluss erfasste Delikte können nicht unmittelbar Gegenstand der Prüfung sein.
b) Änderungen
Aufgrund der Hauptverhandlung kann es aber zu Änderungen des Verfahrensgegenstandes oder der dem Täter zur Last gelegten rechtlichen Vorwürfe gekommen
sein:
5
aa) Einschränkungen sind dadurch möglich, dass einzelne unwesentliche Taten
oder Tatteile durch Beschluss aus der weiteren Strafverfolgung ausgeklammert
worden sind, §§ 154 Abs. 2, 154 a Abs. 2 StPO.
Lesen Sie das Hauptverhandlungsprotokoll deshalb genau. Aus dem Protokoll
ergibt sich, welche Delikte noch Grundlage der Urteilsfindung sein können.
6
bb) Erweiterungen auf andere prozessuale Taten können durch Nachtragsanklage
und Einbeziehungsbeschluss gemäß § 266 StPO wirksam geworden sein.
7
cc) Neue oder andere als die angeklagten Straftaten derselben prozessualen Tat
können nach Hinweis auf Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes gemäß
§ 265 StPO Urteilsgrundlage werden.
Der Hinweis nach § 265 StPO wird grundsätzlich im Bearbeitervermerk als erteilt unterstellt. Es wird aber nicht angegeben, welchen Inhalt der Hinweis hatte,
um die Lösung des Falles nicht zu verraten. Wenn Sie ein Delikt prüfen, das noch
nicht oder abweichend in der Anklageschrift bezeichnet ist, müssen Sie also zunächst feststellen, dass diesbezüglich ein Hinweis nach § 265 StPO zu erfolgen
hat und dass dieser nach dem Bearbeitervermerk erfolgt ist. Die Erteilung des
rechtlichen Hinweises wird dann in der Klausur in einer Fußnote festgestellt.
2
StrafR Asskl2.fm Seite 3 Montag, 29. Oktober 2012 9:43 09
Gutachtliche Vorüberlegungen
1. Abschnitt
2. Strafbarkeit
a) Die Prüfung der Strafbarkeit folgt dem System, wie es aus den schon im Zusammenhang mit dem Ermittlungsverfahren dargestellten Praktiker-Gutachten bekannt ist.1
8
Ein Unterschied liegt aber darin, dass sich das urteilende Gericht nicht mit der
Feststellung bzw. Überprüfung eines (hinreichenden) Tatverdachts begnügen darf.
Prüfungsmaßstab für die zu untersuchenden Straftatbestände ist keine (gesteigerte)
Verdachtsstufe, sondern die richterliche Überzeugung von der Täterschaft des
Angeklagten i.S.d. § 261 StPO.
Die richterliche Überzeugung ist die (subjektive) Gewissheit über das Vorhandensein objektiver und subjektiver entscheidungserheblicher Umstände, die die
Strafbarkeit begründen und denen gegenüber vernünftige Zweifel nicht aufkommen.
Dabei muss diese Gewissheit auf einer tragfähigen Beweisgrundlage aufbauen, die
die objektiv hohe Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit des Beweisergebnisses ergibt.2
b) Fragen der Beweiswürdigung und Beweisverwertungsverbote spielen deshalb
beim Urteilsgutachten eine besondere Rolle.3
9
Im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung können auch nicht angeklagte oder
ausgeklammerte Taten wieder Bedeutung erlangen:
aa) So können aus verjährten Taten Indizien für den Schuldspruch hergeleitet
werden.
bb) Das Beweismittel- und -verwertungsverbot des § 51 Abs. 1 BZRG für getilgte
oder tilgungsreife Vorstrafen setzt der Berücksichtigung in der Beweiswürdigung
(und auch bei der Strafzumessung) keine Grenze, weil die eng auszulegende Vorschrift nach ihrem klaren Wortlaut eine Verurteilung voraussetzt.4
cc) Auch nach §§ 154, 154 a StPO ausgeschiedene Tatteile oder Nebentaten können – sofern ein entsprechender Hinweis erteilt worden ist – bei der Beweiswürdigung Verwendung finden.5
c) Am Ende der Prüfung stehen die Konkurrenzen, und zwar nur der Delikte,
aus denen tatsächlich schuldig gesprochen wird.
10
Das gilt auch bei Verfahren gegen Jugendliche. § 31 JGG bestimmt zwar, dass bei
mehreren Straftaten eines Jugendlichen nur eine einheitliche Rechtsfolge auszusprechen ist. Die Delikte und deren Konkurrenzverhältnis sind jedoch im Urteilsspruch festzustellen.
11
1
Die staatsanwaltliche Assessorklausur (2013), Rdnr. 32.
2
BVerfG, Beschl. v. 30.04.2003 – 2 BvR 2045/02 juris.
3
Die staatsanwaltliche Assessorklausur (2013), Rdnr. 40 ff.
4
BGH, Beschl. v. 08.03.2005 – 4 StR 569/04 juris; BGHSt 25, 64, 65 f.
5
Meyer-Goßner § 154 Rdnr. 25 u. § 154 a Rdnr. 2.
3
StrafR Asskl2.fm Seite 4 Montag, 29. Oktober 2012 9:43 09
Das Strafurteil als Aufgabe der richterlichen Assessorklausur
1. Teil
Wie in allen Strafrechtsklausuren ist bei der Prüfung der Strafbarkeit das materielle Recht ein Schwerpunkt der Klausur.
Die Probleme des Allgemeinen Teils des Strafrechts spielen bei den Urteilsklausuren nur eine beschränkte Rolle. Beliebt sind vor allem Versuchs- und Rücktrittskonstellationen sowie Abgrenzungsprobleme bei Täterschaft und Teilnahme. Auch Fragen der Rechtfertigung – vor allem nach § 32 StGB und § 127 StPO
– sowie praxisnahe Schuldprobleme, meist wegen Alkoholisierung des Angeklagten (§§ 20, 21 StGB), können intensiver abzuhandeln sein. Dagegen besitzen
die theorielastigen Probleme des Allgemeinen Teils (z.B. Irrtümer, Zurechenbarkeit etc.) kaum Examensrelevanz.
Besonders häufig sind Delikte des Besonderen Teils des StGB gegen Leib und
Leben (§§ 211 ff., 223 ff. StGB), gegen Vermögen und Eigentum i.e.S. (§§ 242,
263 StGB) sowie gegen die Willens- und Fortbewegungsfreiheit (§§ 239, 240
StGB) Gegenstand der Urteilsklausur, nicht selten auch in ihren Kombinationsund Qualifikationsnormen (z.B. nach den §§ 239 a, 239 b, 249, 250, 252, 255, 316
a StGB).
Besonderes Gewicht bei der Benotung wird der richtigen – mithin praxisnahen
– Schwerpunktsetzung beigemessen. Sie müssen daher denjenigen Straftatbeständen, die das oder ein Hauptproblem der Klausur sind, auch bei der Abfassung Ihres Urteilsentwurfs die entsprechende Aufmerksamkeit zukommen lassen. Randdelikte, die schon ganz offensichtlich mit verwirklicht sind (häufig z.B.
§§ 123, 185 StGB), bzw. solche, bei denen Nichtverwirklichung nach dem Aktenauszug auf der Hand liegt, sind allenfalls ganz knapp zu behandeln.
Das AS-Skript speziell zum materiellen Strafrecht in der Assessorklausur zeigt,
welche Streitstände Sie kennen müssen und gibt Ihnen Formulierungsvorschläge
dazu.
2. Abschnitt: Konsequenzen für die Urteilsfassung
A. Die Entscheidungen in der Hauptsache, Nebenentscheidungen
I. Entscheidung in der Hauptsache
12
Abhängig von dem Ergebnis der verfahrens- und materiell-rechtlichen Prüfung hat
in der Hauptsache eine Einstellung (Prozessurteil), ein Schuldspruch (Sachurteil)
oder ein Freispruch (Sachurteil) zu erfolgen.
Entscheidung in der Hauptsache
n
Einstellung (Prozessurteil)
n
Schuldspruch (Sachurteil)
n
Freispruch (Sachurteil)
Bei der zugelassenen Anklage mehrerer Delikte kann es auch zu einer Kombination
der voranstehenden Entscheidungen kommen, z.B. Schuldspruch wegen nur einer
der angeklagten Taten verbunden mit einem Teilfreispruch oder einer Teileinstellung im Übrigen.
4
StrafR Asskl2.fm Seite 5 Montag, 29. Oktober 2012 9:43 09
Konsequenzen für die Urteilsfassung
2. Abschnitt
II. Nebenentscheidungen
Die Entscheidung in der Hauptsache weist regelmäßig auch den Weg für die erforderlichen Nebenentscheidungen, die entweder als notwendige Bestandteile des
Urteils tenoriert und begründet werden müssen, oder aber einem gesonderten Beschluss vorbehalten sind, der mit dem Urteil zu verkünden ist.
13
1. Nebenentscheidungen im Urteil
Nebenentscheidungen im Urteil
n
Kosten des Verfahrens und notwendige Auslagen
n
Entschädigung des Angeklagten für Strafverfolgungsmaßnahmen
n
zivilrechtliche Entschädigung des Verletzten
n
im zusätzlichen Adhäsionsverfahren
a) Die Kosten des Verfahrens (vgl. § 464 Abs. 1 StPO) und die notwendigen Auslagen der Verfahrensbeteiligten (vgl. § 464 Abs. 2 StPO).
14
Während die Nebenentscheidung über die Kosten des Verfahrens in jedem Urteil
zwingend zu treffen ist, bedarf es einer Entscheidung über die notwendigen Auslagen nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse verpflichtet ist, einem anderen seine Auslagen zu erstatten, weil allein in diesen Fällen von dem Grundsatz
abgewichen wird, dass jeder seine (nicht nur notwendigen!) Auslagen selbst zu tragen hat.6
b) Die Entschädigung des Angeklagten für Strafverfolgungsmaßnahmen (vgl.
§ 8 StrEG).
15
Auch die Entscheidung über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen
ist nicht zwingender Bestandteil des Urteils. Bei einer Verurteilung ist sie regelmäßig nicht erforderlich (Ausnahme: § 4 StrEG), bei einem Freispruch oder einer Einstellung ist sie nur dann zu treffen, wenn tatsächlich – theoretisch entschädigungspflichtige – Strafverfolgungsmaßnahmen i.S.d. § 2 StrEG vollzogen worden waren.
c) Die zivilrechtliche Entschädigung des Verletzten im zusätzlichen Adhäsionsverfahren gemäß §§ 403 ff. StPO (vgl. 406 Abs. 1 StPO).
16
Ein Ausspruch über den Adhäsionsantrag des Verletzten erfolgt nur dann im Urteil, wenn der Antrag zulässig und ganz oder teilweise begründet ist und sich zudem für die Erledigung im Strafverfahren eignet; anderenfalls sieht das Gericht in
einem gesonderten Beschluss von einer Entscheidung über den Antrag ab, vgl.
§ 406 Abs. 1, Abs. 5 StPO.7 Diese Nebenentscheidungen werden im Urteil jeweils
nur dem Grunde nach getroffen!8 Lediglich der positive Ausspruch über einen
Adhäsionsantrag kann (vgl. § 406 Abs. 1 S. 2 StPO) die konkrete Höhe der Entschädigungssumme beziffern.
2. Nebenentscheidungen in einem getrennten Beschluss
Die nachfolgenden Nebenentscheidungen trifft das Gericht dagegen jeweils in einem vom Urteil getrennten Beschluss, der aber mit diesem zusammen zu verkünden ist:
6
Meyer-Goßner, § 464 Rdnr. 10.
7
Hanseatisches OLG Hamburg NStZ-RR 2006, 347 ff.
8
Meyer-Goßner, § 464 Rdnr. a.a.O.
5
StrafR Asskl2.fm Seite 6 Montag, 29. Oktober 2012 9:43 09
Das Strafurteil als Aufgabe der richterlichen Assessorklausur
1. Teil
17
a) die Entscheidung über Fortdauer der Untersuchungshaft oder der einstweiligen Unterbringung, bzw. die Aufhebung des Haft- oder Unterbringungsbefehls
gemäß § 268 b StPO.
Diese Entscheidung hat immer zu ergehen, wenn zum Zeitpunkt der Urteilsfällung
noch ein Haft- oder Unterbringungsbefehl gegen den Angeklagten besteht, auch
wenn dessen Vollzug nach § 116 StPO ausgesetzt ist.9
Bei einem Freispruch oder einer nicht nur vorläufigen Verfahrenseinstellung ist der
Haftbefehl gemäß § 120 Abs. 1 S. 2 StPO zwingend aufzuheben, auch wenn das Urteil noch mit Rechtsmitteln von der StA oder dem Nebenkläger angefochten werden kann.
Im Fall der Anordnung einer Haftfortdauer bedarf es regelmäßig keiner gesonderten Begründung (vgl. § 34 StPO) des dringenden Tatverdachts, wenn dieser durch
das Urteil hinreichend belegt ist.10 Darzulegen ist allerdings eine Änderung der
einschlägigen Haftgründe; insbesondere dürfte nach einer durchgeführten Hauptverhandlung der Haftgrund der Verdunkelungsgefahr zumeist in den Hintergrund
und die Fluchtgefahr in den Vordergrund treten.11
18
b) Die zwingende Aufhebung der vorläufigen Fahrerlaubnisentziehung gemäß
§ 111 a Abs. 2 StPO, sofern dem Angeklagten durch das Urteil nicht die Fahrerlaubnis nach §§ 69, 69 a StGB entzogen wird.
c) Die Entscheidung nach § 268 a StPO (Beschluss bei Strafaussetzung) über die
näheren Modalitäten der Bewährungszeit, -auflagen, -weisungen und -hilfe, sofern das Gericht die Vollstreckung der gegen den Angeklagten verhängten Freiheitsstrafe in dem Urteil zur Bewährung ausgesetzt (§ 56 StGB) oder den Angeklagten mit Strafvorbehalt verwarnt hat (§ 59 StGB).
19
d) Die Entscheidung gemäß § 111 i Abs. 3 S. 1 StPO über die Aufrechterhaltung
einer Beschlagnahme bzw. eines dinglichen Arrestes zur Sicherung des staatlichen (Vermögens-)Auffangrechtserwerbes, wenn dem Verfall § 73 Abs. 1 S. 2
StGB entgegensteht.
In der Examensklausur wird zusätzlich zu dem Urteil lediglich der Beschluss
nach § 268 b StPO (Haftprüfung bei Verurteilung) erwartet; Beschlüsse i.S.d.
§§ 111 a Abs. 2, 268 a, 111 i Abs. 3 S. 1 StPO werden in der Klausur regelmäßig
nicht verlangt.
III. Varianten für Haupt- und Nebenentscheidungen
1. Nach Anklage und Eröffnungsbeschluss nur ein Delikt
a) Es besteht ein Verfahrenshindernis oder eine Prozessvoraussetzung
fehlt
Hauptentscheidung: Nur ein Delikt angeklagt – nicht verfolgbar
9
n
Einstellung durch Urteil gemäß § 260 Abs. 3 StPO
n
Die Kosten und notwendigen Auslagen werden der Staatskasse auferlegt,
§ 467 StPO
So die h.M., vgl. LR-Gollwitzer § 268 b Rdnr. 2 m.w.N.
10 BGH NStZ 2004, 276.
11 LR-Gollwitzer § 268 b Rdnr. 4.
6
StrafR Asskl2.fm Seite 7 Montag, 29. Oktober 2012 9:43 09
Konsequenzen für die Urteilsfassung
2. Abschnitt
aa) Fehlen Prozessvoraussetzungen (z.B. wirksame Anklage, Eröffnungsbeschluss,
deutsche Gerichtsbarkeit, örtliche Zuständigkeit, sofern noch nach § 16 StPO zu
beachten) oder bestehen Verfahrenshindernisse (z.B. erforderlicher Strafantrag
nicht oder nicht wirksam gestellt, Strafantrag wieder zurückgenommen, Verfolgungsverjährung, anderweitige Rechtshängigkeit oder entgegenstehende Rechtskraft bezüglich der prozessualen Tat), ist gemäß § 260 Abs. 3 StPO eine Einstellung durch Urteil auszusprechen. Das Einstellungsurteil ist ein Prozessurteil.
20
Eine Sachentscheidung ergeht nur ausnahmsweise, und zwar dann, wenn die Sache
entscheidungsreif ist und – ohne Berücksichtigung des Verfahrenshindernisses –
ein Freispruch erfolgen müsste.12 Dann gilt: Vorrang des Freispruchs!
21
Diese von der Rspr. statuierte Verpflichtung, die sich nicht dem ausdrücklichen Gesetzeswortlaut des § 260 Abs. 3 StPO entnehmen lässt, wirkt sich für den Angeklagten nicht nur psychologisch günstiger aus. Freisprechende und einstellende
Urteile unterscheiden sich nämlich auch dadurch, dass allein die erstgenannten materielle Rechtskraft erzeugen, deren wichtigste Ausprägung der Verbrauch der
Strafklage gemäß Art. 103 Abs. 3 GG ist. Demgegenüber kann nach einem einstellenden Prozessurteil erneut Anklage gegen den Beschuldigten erhoben werden, sofern das Prozesshindernis behebbar ist und behoben wurde (z.B. durch neue wirksame Anklage oder die nachträgliche Stellung eines noch fristgemäßen Strafantrags).13
Vorrang eines Freispruchs vor einer Einstellung besteht allerdings nach einer im
Vordringen befindlichen Ansicht nicht, wenn das Verfahrenshindernis bzw. die
fehlende Prozessvoraussetzung für das Gericht zu einem „Befassungsverbot“
führt, es mithin dem Gericht untersagt ist, sich überhaupt sachlich mit dem erhobenen Vorwurf auseinanderzusetzen.14
22
Zu diesen „Befassungsverboten“ wird das Fehlen der nachfolgenden Prozessvoraussetzungen gezählt: Wirksame Anklage, wirksamer Eröffnungsbeschluss, deutsche Gerichtsbarkeit, örtliche und sachliche Zuständigkeit des Gerichts, Leben des
Beschuldigten, Strafmündigkeit, keine Immunität, keine entgegenstehende Rechtskraft oder Rechtshängigkeit.
Der Vorrang der freisprechenden Sachentscheidung vor dem Einstellungsurteil betrifft danach nur die Gruppe der sog. „Bestrafungsverbote“, die nicht der Durchführung des Verfahrens gegen den Angeklagten, sondern ausschließlich seiner Bestrafung entgegenstehen. Hierzu zählen z.B. fehlender Strafantrag, Verjährung,
Amnestie, auslieferungsrechtliche Beschränkungen und Verhandlungsunfähigkeit.
bb) Die Kosten des Verfahrens werden bei einem einstellenden Prozessurteil gemäß § 467 Abs. 1 StPO der Staatskasse auferlegt.
23
cc) Die notwendigen Auslagen des Angeklagten hat in der Regel ebenfalls die
Staatskasse gemäß § 467 Abs. 1 StPO zu tragen.
24
Allerdings kann das Gericht in Ausnahmekonstellationen15 von der Erstattung der
notwendigen Auslagen gemäß § 467 Abs. 1, Abs. 3 S. 2 Nr. 2 StPO absehen, z.B.
wenn der Angeklagte den ihm möglichen Hinweis auf ein wegen derselben prozessualen Tat bereits ergangenes Urteil unterlassen hat.16
12 BGHSt 20, 333, 335.
13 Meyer-Goßner § 260 Rdnr. 47 f.
14 BGHSt 46, 130; Meyer-Goßner § 260 Rdnr. 45 u. Einl. Rdnr. 143 ff. m.w.N.
15 BVerfG, Beschl. v. 21.05.2004 – 2 BvR 1226/03 juris.
16 Meyer-Goßner § 467 Rdnr. 18.
7
StrafR Asskl2.fm Seite 8 Montag, 29. Oktober 2012 9:43 09
Das Strafurteil als Aufgabe der richterlichen Assessorklausur
1. Teil
Ein etwaiger Nebenkläger trägt bei der Einstellung seine Auslagen selbst, ohne dass
es dazu eines Ausspruchs in der Urteilsformel bedarf, vgl. § 472 Abs. 1 StPO.
Muss das Verfahren wegen Zurücknahme eines Strafantrags eingestellt werden, so
hat der Antragsteller die Kosten sowie die dem Angeklagten erwachsenen notwendigen Auslagen zu tragen, § 470 S. 1 StPO.
25
dd) Haben entschädigungspflichtige Strafverfolgungsmaßnahmen stattgefunden, muss das Gericht über eine nach §§ 2 ff. StrEG mögliche Entschädigung entscheiden. Sie kann dann versagt werden, wenn der Angeklagte die Strafverfolgung
selbst veranlasst hat, vgl. § 6 StrEG, und ist zu versagen, wenn die Ausschließungsgründe des § 5 StrEG gegeben sind.
ee) Ein etwa noch bestehender Haftbefehl ist wegen § 120 Abs. 1 S. 2 StPO zwingend durch gesonderten Beschluss gemäß § 268 b StPO aufzuheben.
b) Aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen keine Strafbarkeit oder
die Tat ist nicht nachweisbar
Hauptentscheidung: Nur ein Delikt angeklagt – nicht strafbar
n
Freispruch
n
Die Kosten und notwendigen Auslagen werden der Staatskasse auferlegt,
§ 467 StPO
26
aa) Es hat ein Freispruch zu erfolgen.
27
bb) Gemäß § 467 StPO fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen
Auslagen des Angeklagten der Staatskasse zur Last.
Ein etwaiger Nebenkläger trägt seine Auslagen selbst, vgl. § 472 Abs. 1 StPO.
28
cc) Erforderlichenfalls ist auch eine Grundentscheidung über die Entschädigung
für erlittene Strafverfolgungsmaßnahmen zu treffen, vgl. §§ 2, 5, 6, 8 StrEG.
29
dd) Ein noch bestehender Haftbefehl ist zwingend durch einen mit dem Urteil zu
verkündenden Beschluss aufzuheben, vgl. §§ 268 b, 120 Abs. 1 S. 2 StPO.
c) Das angeklagte Delikt liegt zur Überzeugung des Gerichts vor
Hauptentscheidung: Nur ein Delikt angeklagt – strafbar
8
n
Schuldspruch mit Rechtsfolgenausspruch
n
Der Angeklagte hat die Kosten des Verfahrens gemäß § 465 StPO zu tragen
30
aa) Es hat ein Schuldspruch zu erfolgen.
31
bb) Des Weiteren müssen die Rechtsfolgen für die Tat bestimmt werden. Kommen
ein Absehen von Strafe und Straffrei-Erklärung (z.B. § 60 StGB) oder eine Verwarnung mit Strafvorbehalt (§ 59 StGB) nicht in Betracht, ist eine Hauptstrafe
(Geld-, Freiheits- oder Gesamtstrafe) zu bilden. Anschließend ist zu klären, ob und
in welchem Umfang eine Nebenstrafe, -folge oder Maßnahmen (vgl. § 11 Abs. 1
Nr. 8 StGB) verhängt werden müssen.
32
cc) Im Fall der Verurteilung hat der Angeklagte die Kosten des Verfahrens gemäß
§ 465 StPO insoweit zu tragen, als sie durch das Verfahren wegen einer Tat entstanden sind, wegen derer er verurteilt oder eine Maßregel der Besserung und Siche-
StrafR Asskl2.fm Seite 9 Montag, 29. Oktober 2012 9:43 09
Konsequenzen für die Urteilsfassung
2. Abschnitt
rung gegen ihn angeordnet wird. Dies gilt gemäß § 465 Abs. 1 S. 2 StPO auch dann,
wenn der Angeklagte mit Strafvorbehalt verwarnt wird oder das Gericht von Strafe
absieht.
dd) Seine eigenen Auslagen trägt der Verurteilte selbst, ohne dass es dazu eines besonderen Ausspruchs in der Urteilsformel bedarf.
33
Bei der Verurteilung wegen einer nebenklagefähigen Tat werden ihm zudem die
notwendigen Auslagen des befugten Nebenklägers auferlegt, vgl. § 472 Abs. 1
StPO.17
Bei einem Schuldspruch gegen einen Jugendlichen oder einen Heranwachsenden,
gegen den materielles Jugendstrafrecht gemäß § 105 JGG angewandt wird, kann gemäß §§ 74, 109 Abs. 2 JGG von der Auferlegung der Verfahrenskosten und der
Auslagen anderer Beteiligter ganz oder teilweise abgesehen werden.18 Von seinen
eigenen (notwendigen) Auslagen kann der verurteilte Jugendliche bzw. Heranwachsende aber nicht entlastet werden.19
ee) Ein zusätzlicher Ausspruch über eine Entschädigung des Angeklagten für erlittene Strafverfolgungsmaßnahmen ist bei einem Schuldspruch nur ausnahmsweise zu treffen, vgl. die Voraussetzungen der sog. Billigkeitsentschädigung in § 4
StrEG.
34
ff) Hat der Verletzte einen zulässigen und begründeten Entschädigungsanspruch gemäß §§ 403 ff. StPO – im zusätzlichen Adhäsionsverfahren – gestellt,
und eignet sich dieser Antrag auch zur Erledigung im Strafverfahren, dann muss
das Gericht im Urteil über diesen Anspruch entscheiden, vgl. § 406 Abs. 1 StPO:
35
Das Gericht ist dabei an den Antrag des Verletzten entsprechend § 308 ZPO gebunden und spricht den Anspruch, soweit er begründet ist – ganz oder teilweise –, zu,
vgl. § 406 Abs. 1 StPO. In den überwiegenden Fällen wird hierbei ein beziffertes
oder unbeziffertes Leistungsurteil, bei künftig zu erwartenden Schäden ausnahmsweise auch ein Feststellungsurteil in Betracht kommen. Möglich sind aber auch
Grund- und Teilurteile gemäß § 406 Abs. 3 StPO i.V.m. §§ 304 Abs. 2, 318 ZPO
sowie Anerkenntnisurteile nach § 406 Abs. 2 StPO i.V.m. § 307 ZPO. Bei einer nur
teilweisen Stattgabe des Antrags ist im Hinblick auf § 406 Abs. 3 S. 3 StPO auch das
teilweise Absehen von der Entscheidung zu tenorieren.20
gg) In einem gesonderten Beschluss ist über die Fortdauer der Untersuchungshaft bzw. die Aufhebung des Haftbefehls unter Angabe der Gründe zu entscheiden, vgl. § 268 b StPO.
36
hh) Hat das Gericht den Angeklagten zu einer Freiheitsstrafe verurteilt und die
Vollstreckung der Strafe zur Bewährung ausgesetzt oder den Angeklagten mit
Strafvorbehalt verwarnt, so trifft es gemäß § 268 a StPO die in den §§ 56 a bis 56 d
und 59 a des StGB bezeichneten Entscheidungen ebenfalls durch einen gesonderten Beschluss, der mit dem Urteil zu verkünden ist.
37
In der Examensklausur ist es selten, dass lediglich ein Delikt angeklagt und zur
Verurteilung gelangt. Zumeist mehrere Delikte zu entscheiden.
17 Meyer-Goßner § 472 Rdnr. 4 ff.
18 Meyer-Goßner § 465 Rdnr. 1.
19 BGHSt 36, 27.
20 BGH, Urt. v. 13.05.2003 – 1 StR 529/02, NStZ 2003, 565.
9
StrafR Asskl2.fm Seite 65 Montag, 29. Oktober 2012 9:43 09
Die Revision als Aufgabe der Assessorklausur
2. Teil
2. Teil: Die Revision als Aufgabe der Assessorklausur
1. Abschnitt: Aufgabenstellung
In einer strafrechtlichen Revisionsklausur ist regelmäßig ein Gutachten aus der
Sicht des mit der Sache befassten Rechtspflegeorgans zu erstellen. In den meisten
Fällen ist dies der Verteidiger. Manchmal ist auch die Revision der Staatsanwaltschaft zu prüfen
196
Danach ist ein Revisionsantrag oder das sonst geforderte Ergebnis auszuformulieren und Sie sollten kurz zu dessen Zweckmäßigkeit Stellung nehmen.
Die einzelnen Revisionsrügen brauchen in der Regel nicht ausformuliert zu werden.
Prüfungsfolge bei einem Revisionsgutachten
n
Zulässigkeit der Revision
n
Begründetheit der Revision
n
Zweckmäßigkeitserwägungen
2. Abschnitt: Erfassen der Aufgabe
Jede Revisionsklausur ist anders. Wenn Sie aber bestimmte Handlungsschritte befolgen, lassen sich alle Klausuren gut bewältigen. Ein strukturiertes Vorgehen bei
der Bearbeitung verschafft Ihnen zudem die notwendige Sicherheit bei der Bewältigung der Probleme.
197
A. Aktenvollständigkeit
Das Aktenstück besteht in der Regel aus der Anklageschrift, dem Sitzungsprotokoll, dem Urteil und bereits erfolgter Rechtsmitteleinlegung. Dem Hauptverhandlungsprotokoll lässt sich dabei zusätzlich entnehmen, dass die Anklage mit einem datierten Eröffnungsbeschluss unverändert zur Hauptverhandlung zugelassen
worden ist. Weitere Aktenbestandteile runden den Sachverhalt häufig ab, etwa
durch den Aktenvermerk des Verteidigers, der mit der gutachterlichen Prüfung beauftragt wird.
198
Achten Sie auf Aktenvollständigkeit nach der Seitennummerierung. Lesen Sie sich
dann das Aktenstück einmal langsam und sorgfältig, schon unter gedanklicher Berücksichtigung des Bearbeitervermerkes, durch.
65
StrafR Asskl2.fm Seite 66 Montag, 29. Oktober 2012 9:43 09
2. Teil
199
Die Revision als Aufgabe der Assessorklausur
B. Bearbeitervermerk
Vermerk für die Bearbeitung
Die Erfolgsaussichten der Revision sind zu begutachten. Begutachtungszeitpunkt ist der 9. Juli 2012. Eine Sachverhaltsdarstellung ist nicht erforderlich.
Etwaige Revisionsanträge sind auszuformulieren. Kommt ein Bearbeiter zur
Unzulässigkeit der Revision, so ist zur Begründetheit in einem Hilfsgutachten
Stellung zu nehmen.
Die Formalien (Ladungen, Zustellungen, Unterschriften, Vollmachten) sind in
Ordnung, soweit sich aus dem mitgeteilten Akteninhalt nichts anderes ergibt.
Nicht abgedruckte Aktenteile sind für die Erfolgsaussichten der Revision ohne
weitere Bedeutung.
Die Staatsanwaltschaft hat kein Rechtsmittel gegen das Urteil eingelegt.
Hinweis: Das von Ihnen benutzte Exemplar des Aufgabentextes wird nicht zu
Ihren Prüfungsunterlagen genommen.
So oder ähnlich sieht der übliche Vermerk für die Bearbeitung von Revisionsklausuren aus. Manchmal finden sich noch Ergänzungen, die dann meist den Sachverhalt betreffen und für die gutachterliche Prüfung von Bedeutung sind. Der Bearbeitervermerk muss immer der Ausgangspunkt Ihrer Überlegungen sein.
Lesen Sie vor der Begutachtung den Vermerk für die Bearbeitung genau durch, weil
sich manche vermeintliche Probleme bei der Klausurlösung dann vielleicht gar
nicht erst stellen.
So ist insbesondere wichtig, welche Prüfungsanweisungen gegeben werden, also
aus wessen Sicht das Gutachten zu fertigen ist und ob bzw. inwieweit auch die Beweiswürdigung oder Strafzumessung zu begutachten sind.
Achten Sie darüber hinaus in besonderer Weise auf Fiktionen im Bearbeitervermerk, vor allem für Zustellungsdaten und sonstige Formalien.
C. Lückenlose Aktenkenntnis
200
Fertigen Sie sich, wie wir es in unserem Klausurenkurs empfehlen, eine Zeittafel,
aus der sich Datum und Ereignis ergeben. Dies erleichtert Ihre gutachterliche Prüfung enorm.
Generell gilt, dass Sie beim Lesen Ungewöhnliches markieren sollten, ohne dies
zunächst weiter zu durchdenken. Nicht gewöhnlich ist alles, was von dem üblichen
Verfahrensablauf in der Hauptverhandlung (§ 243 StPO) abweicht sowie gestellte
Anträge und dergleichen. Sie können davon ausgehen, dass entsprechende Auffälligkeiten für die Klausur nicht ohne Bedeutung sind.
Die einzelnen Aktenbestandteile erlangen im Verlauf der Prüfung ihre besondere
Bedeutung:
I. Anklageschrift
201
66
Achten Sie beim Lesen der Anklageschrift insbesondere auf vorhandene Mängel.
In Revisionsklausuren wird es dabei immer um solche Fehler in der Anklageschrift
gehen, welche ihre Umgrenzungsfunktion (ggf. Verfahrenshindernis) betreffen.
Maßstab ist hierbei § 200 Abs. 1 S. 1 StPO. Achten Sie also darauf, ob die Person
StrafR Asskl2.fm Seite 67 Montag, 29. Oktober 2012 9:43 09
Das Revisionsgutachten
3. Abschnitt
des Angeklagten, Tatzeit und Tatort genügend identifizierbar sind. Notieren Sie
sich zudem die angegebenen Paragraphen der angewendeten Vorschriften.
II. Protokoll
Das Hauptverhandlungsprotokoll ist die entscheidende Quelle für die Auffindung
von Verfahrensfehlern (s. unten Rdnr. 350)
202
III. Urteil
Aus dem Urteil ergeben sich Hinweise auf eine Missachtung von Prozesshindernissen, und hier ist der Fundort für alle sachlich-rechtlichen Fehler (s. unten
Rdnr. 356).
203
3. Abschnitt: Das Revisionsgutachten
Ihre Zeit ist in der Klausursituation sehr begrenzt und Ihnen wird kein Besinnungsaufsatz abverlangt. Der Grundsatz der Arbeitsökonomie muss für Sie deshalb Priorität haben. Deshalb gilt generell:
204
Wählen Sie im Zweifel den Lösungsweg, der eine geringe Zeitinvestition verlangt.
Können Sie ein Problem gedanklich nicht in angemessener Zeit durchdringen,
sollten Sie die lösbaren Problemstellungen vorziehen und erst am Ende auf die
Schwierigkeit zurückkommen.
Es empfiehlt sich, im Zweifel der Rechtsprechung zu folgen, auch wenn dies
nicht Ihre persönliche Ansicht widerspiegeln mag. Dies wird im Allgemeinen
der Erwartungshaltung der Prüfer sowie der Kommentierung entsprechen.
Eine Revision hat, wie jedes Rechtsmittel, Erfolg, wenn sie zulässig und begründet
ist. Im Rahmen einer Klausur müssen Sie daher regelmäßig die Voraussetzungen
der Zulässigkeit und die Begründetheit der Revision prüfen.
A. Zulässigkeit der Revision
Zulässigkeit der Revision
n
Statthaftigkeit
n
Revisionsberechtigung
n
Beschwer
n
Frist- und formgerechte Einlegung
n
Wirksame Revisionsbeschränkung
n
Revisionsbegründung
Dabei gibt es Zulässigkeitsvoraussetzungen, die für sämtliche Rechtsmittel in gleicher Weise erfüllt sein müssen und deshalb als allgemeine Vorschriften (§§ 296 bis
303 StPO) den besonderen Regelungen über die einzelnen Rechtsmittel vorangestellt sind.
205
In den Bestimmungen zur Revision (§§ 333 bis 358 StPO) finden sich dann noch
deren spezifische Zulässigkeitsvoraussetzungen. Zulässig ist die Revision demnach, wenn dieses Rechtsmittel statthaft, der Rechtsmittelführer zur Revision be-
67
StrafR Asskl2.fm Seite 68 Montag, 29. Oktober 2012 9:43 09
2. Teil
Die Revision als Aufgabe der Assessorklausur
rechtigt sowie beschwert ist und diese ordnungsgemäß eingelegt hat oder noch einlegen kann.
Unproblematische Zulässigkeitsvoraussetzungen sind in der Klausur auch so zu
behandeln, also lediglich im Urteilsstil positiv festzustellen. So sparen Sie nicht
nur wertvolle Zeit, sondern zeigen den Prüfern auch Ihre Vertrautheit mit der
Materie.
I. Statthaftigkeit
206
Mit dem Rechtsmittel der Revision können ausschließlich Urteile bestimmter
Spruchkörper einer rechtlichen Nachprüfung unterzogen werden (§§ 333, 335
StPO).
Statthaftigkeit der Revision
n
Urteil
n
Spruchkörper AG, LG oder OLG
1. Urteil
207
Urteile sind verkündete Entscheidungen, die aufgrund einer Hauptverhandlung
ergehen und gegenüber dem Betroffenen auf Freisprechung, Verurteilung, Anordnung einer Maßregel der Besserung oder Sicherung, Verwarnung mit Strafvorbehalt, Absehen von Strafe oder Einstellung des Verfahrens lauten.108 Auf die von
dem Gericht im Einzelfall gewählte Bezeichnung für seine getroffene Entscheidung
kommt es dabei nicht an, sondern allein auf deren Inhalt und ihre Einordnung in
die konkrete Verfahrenslage.109
208
a) Verkündet das Gericht in der Hauptverhandlung also etwa die Einstellung des
Verfahrens wegen eines Verfahrenshindernisses, ist dies sachlich ein Urteil (§ 260
Abs. 3 StPO), auch wenn diese Einstellungsentscheidung von dem erkennenden
Spruchkörper fälschlich als Beschluss bezeichnet wird. Ein Strafverfahren kann allerdings auch in der Hauptverhandlung durch Beschluss beendet werden (siehe
etwa §§ 153, 153a StPO).
209
b) Andererseits sind lediglich verfahrensfördernde und außerhalb der Hauptverhandlung ergangene Entscheidungen als Beschlüsse oder Verfügungen (allenfalls)
mit der Beschwerde anfechtbar, selbst wenn sie als Urteile bezeichnet werden.
210
c) Betroffen von einem strafrechtlichen Erkenntnis ist grundsätzlich nur diejenige
Person, gegen die Anklage erhoben wurde und die tatsächlich vor Gericht stand,
auch wenn die angegebenen Personalien unrichtig waren. Die Rechtswirksamkeit
eines Strafurteils ist deshalb nicht berührt, wenn der richtige Angeklagte unter einem falschen Namen an der Hauptverhandlung teilgenommen hat. Liegt ein solcher Fall vor, ist allein zur Berichtigung des Anscheins, wegen einer Straftat verurteilt worden zu sein, kein Rechtsmittel zulässig. Denn sonst könnte der wahre Namensträger ein Urteil zu Fall bringen, welches inhaltlich gegen den vor Gericht Erschienenen zutreffend und der Rechtskraft fähig ist. Diese Folge darf er als in
Wahrheit nicht Angeklagter aber nicht auslösen. Er bedarf dieses Schutzes auch
nicht. Denn der wahre Namensträger kann den falschen Rechtsschein ohne Ein108 § 260 Abs. 2–4 StPO.
109 BGHSt 25, 242, 243; BGH, Beschl. v. 17.02.2010 – 2 StR 524/09, NStZ 2010, 344, 345.
68
StrafR Asskl2.fm Seite 69 Montag, 29. Oktober 2012 9:43 09
Das Revisionsgutachten
3. Abschnitt
griff in die Rechtskraft bereits durch eine Berichtigung der Personalien des Verurteilten im Rubrum des Strafurteils erreichen.110
2. Spruchkörper AG, LG oder OLG
Weiterhin muss die angegriffene Entscheidung von einem AG, LG oder OLG als
Spruchkörper erlassen worden sein.
a) Die Revision kann sich also zum einen gegen in erster Tatsacheninstanz ergangene Urteile richten. Dies sind dann die des Amtsgerichtes (Strafrichter und Schöffengericht bzw. Jugendrichter und Jugendschöffengericht) sowie des Landgerichtes (große Strafkammer bzw. Jugendkammer) oder Oberlandesgerichtes. Gegen die
erstinstanzlichen Urteile des Landgerichtes und des Oberlandesgerichts ist die Revision zugleich das einzige statthafte Rechtsmittel (siehe § 312 StPO).
211
Legt der Revisionsführer gegen ein Urteil des Amtsgerichtes unmittelbar Revision
ein, umgeht also die auch mögliche Berufung, wird das als Sprungrevision oder
Wahlrevision bezeichnet (§ 335 StPO).
212
Umstritten und klausurrelevant ist, ob eine Sprungrevision im Fall der Annahmeberufung stets möglich ist, selbst der Annahme bedarf oder erst nach vorheriger
Berufungseinlegung und Annahmebeschluss gemäß § 322 a StPO zulässig ist.111
Die herrschende Rechtsprechung geht aber von der Zulässigkeit der Sprungrevision
auch bei einer solchen Sachlage aus, weil der Begriff der Zulässigkeit in § 335 StPO
nur die allgemeine gesetzlich eingeräumte Anfechtungsmöglichkeit (Statthaftigkeit) meine und nicht um die weitere Zulässigkeitsvoraussetzung des § 313 Abs. 2
StPO erweitert werden solle.112
213
Sie sollten in der Prüfungssituation deshalb immer zur Statthaftigkeit der
Sprungrevision gelangen und den Streit allenfalls kurz darstellen.
b) Darüber hinaus ist die Revision statthaft gegen Berufungsurteile, also Urteile
des Landgerichtes (kleine Strafkammer bzw. Jugendkammer).
214
Im Jugendstrafverfahren kann der Berufungsführer nach § 59 Abs. 2 JGG allerdings keine Revision mehr gegen das Berufungsurteil einlegen.
215
c) Hat ein Rechtsmittelführer Revision und ein anderer Berufung eingelegt, ist
diese nach dem Gesetz das vorrangige Rechtsmittel, sodass die Revision zunächst
als Berufung behandelt wird, aber als Revision aufschiebend bedingt bestehen
bleibt (§ 335 Abs. 3 StPO). Der Vorrang der Berufung gilt aber nur, soweit das als
Berufung eingelegte Rechtsmittel nicht zurückgenommen oder als unzulässig verworfen ist. In diesen Fällen lebt die Revision wieder auf, vorausgesetzt, sie genügt
zu diesem Zeitpunkt den revisionsrechtlichen Anforderungen. Das gilt auch dann,
wenn die als Berufung behandelte Revision vom Berufungsgericht wegen offensichtlicher Unbegründetheit gemäß § 313 Abs. 2 StPO vor Ablauf der Revisionsbegründungsfrist als unzulässig verworfen wird.113
216
Probleme in der Klausur sind hier selten. Ersparen Sie sich dann langatmige Ausführungen.
110 KG, Beschl. v. 23.03.2004 – 5 Ws 100/04, NStZ-RR 2004, 244 ff.
111 KK-Paul § 313 Rdnr. 4; Meyer-Goßner § 335 Rdnr. 21.
112 OLG Karlsruhe NStZ 1995, 562; OLG Hamm, Beschl. v. 06.05.2010 – 2 Ss 220/09, NStZ 2010, 42, 43.
113 Vgl. OLG Stuttgart, Beschl. v. 26.06.2002 – 5 Ss 209/02, NJW 2002, 3487 f.
69
StrafR Asskl2.fm Seite 70 Montag, 29. Oktober 2012 9:43 09
2. Teil
217
Die Revision als Aufgabe der Assessorklausur
Formulierungsvorschlag für die Revision gegen ein landgerichtliches Urteil:
Gegen das Urteil des Landgerichtes Münster ist die Revision statthaft (§ 333 StPO).
218
Formulierungsvorschlag für die Revision gegen ein Urteil der kleinen Strafkammer:
Gegen das Urteil des Landgerichtes Münster -kleine Strafkammer- ist die Revision statthaft (§ 333 StPO).
219
Formulierungsvorschlag für die Revision gegen ein amtsgerichtliches Urteil:
Gegen das Urteil des Amtsgerichtes Münster kann Revision (als sogenannte
Sprungrevision) eingelegt werden (§§ 312, 335 Abs. 1 StPO).
II. Revisionsberechtigung
220
Die Zulässigkeit der Revision setzt weiterhin die allgemeine Berechtigung des
Rechtsmittelführers zur Einlegung und Durchführung dieses Rechtsmittels voraus.
Diese Berechtigung bestimmt sich nach den allgemeinen Vorschriften über Rechtsmittel (§§ 296–298 StPO) sowie Einzelbestimmungen des Jugendstrafverfahrens,
zur Nebenklage, Privatklage sowie Einziehungsbeteiligung und ist hiernach in persönlicher und sachlicher Hinsicht begrenzt.
Revisionsberechtigung
n
Persönliche Rechtmittelberechtigung
n
Keine Rechtsmittelrücknahme und kein Rechtsmittelverzicht
1. Persönliche Rechtsmittelberechtigung
221
In persönlicher Hinsicht können der Angeklagte selbst (§§ 296 Abs. 1 StPO, 55
JGG) und für ihn und mit dessen Willen der bisher im Verfahren tätig gewesene
oder ein neu gewählter oder bestellter Verteidiger (§ 297 StPO) Revision einlegen.
Grundsätzlich zur Revisionseinlegung berechtigt sind ferner der gesetzliche Vertreter des Angeklagten (§ 298 Abs. 1 StPO), im Jugendstrafverfahren auch der
sonst Erziehungsberechtigte (§ 55 JGG), die Staatsanwaltschaft (§ 296 Abs. 1
StPO), der Privatkläger (§ 390 StPO), der Nebenkläger (§§ 400, 401 StPO) und
der Einziehungs- oder Verfallsbeteiligte (§§ 433, 437 StPO).
222
a) Der Angeklagte ist auch als Jugendlicher oder Geschäftsunfähiger, sofern er jedenfalls verhandlungsfähig ist, zu seinen Gunsten rechtsmittelberechtigt. Wird gegen einen Privatkläger Widerklage (§ 388 StPO) erhoben, stehen ihm gleichfalls die
Rechtsmittelmöglichkeiten eines Angeklagten zu.114
223
b) Der Verteidiger handelt grundsätzlich aus eigenem Recht und im eigenen Namen, soweit er für den Angeklagten Rechtsmittel einlegt. Er darf dieses Recht
schon nach dem Gesetzeswortlaut aber nicht gegen den ausdrücklichen Willen des
Angeklagten ausüben.115 Bei Zusammentreffen verschiedenartiger Anfechtung
durch den Angeklagten und seinen Verteidiger ist deshalb der Wille des Angeklagten vorrangig und insoweit maßgebend.116
114 Meyer-Goßner § 390 Rdnr. 2.
115 Meyer-Goßner § 297 Rdnr. 3.
116 Meyer-Goßner § 297 Rdnr. 3.
70
StrafR Asskl2.fm Seite 71 Montag, 29. Oktober 2012 9:43 09
Das Revisionsgutachten
3. Abschnitt
Voraussetzung dafür, dass ein Verteidiger für den Angeklagten Revision einlegen
kann, ist allerdings eine wirksame Bevollmächtigung. Für den bisher im Verfahren tätigen Wahl- oder Pflichtverteidiger begründet § 297 StPO die Rechtsvermutung, dass der Verteidiger mit Vollmacht und aufgrund eines entsprechenden Auftrages des Angeklagten handelt.117 Ein später gewählter Verteidiger muss vor der
Rechtsmitteleinlegung hierzu bevollmächtigt worden sein. Dabei reicht es aus,
wenn die rechtzeitige Bevollmächtigung erst im Nachhinein nachgewiesen wird.
Allein eine spätere Genehmigung des Angeklagten zur Einlegung des Rechtsmittels
durch den Verteidiger genügt aber nicht.118
Entgegen einer weit verbreiteten Auffassung in der Praxis ist eine schriftliche Verteidigervollmacht zur Rechtsmitteleinlegung nicht erforderlich. Denn der StPO
lässt sich keine Vorschrift entnehmen, wonach ein Verteidiger nur dann für den Beschuldigten tätig werden darf, wenn er seine Bevollmächtigung schriftlich zu den
Akten gereicht hat. Dies gilt jedenfalls dann, wenn keine Zweifel an der Vollmacht
des Verteidigers bestehen. Erforderlich ist eine solche schriftliche Bevollmächtigung dagegen nach Maßgabe des § 145 a StPO.
c) Der gesetzliche Vertreter des Angeklagten und sein sonst Erziehungsberechtigter (§ 67 Abs. 3 JGG) können aus eigenem Recht und so ggf. auch gegen den Willen
des Angeklagten Rechtsmittel zu seinen Gunsten einlegen.
224
d) Die Anfechtungsmöglichkeit der Staatsanwaltschaft besteht immer. Auch kann
sie ausschließlich zugunsten des Angeklagten Rechtsmittelmöglichkeiten ergreifen
(§ 296 Abs. 2 StPO). Dies ergibt sich aus der Stellung der Staatsanwaltschaft im
Strafverfahren, wonach sie nicht Partei ist, sondern allgemein Aufgaben der staatlichen Rechtspflege erfüllt. Die Staatsanwaltschaft bleibt also auch dann zur Revisionseinlegung zuungunsten des Angeklagten berechtigt, wenn der Staatsanwalt in
seinem Schlussvortrag beantragt hatte, den Angeklagten freizusprechen.119 Ob sie
von der ihr zustehenden Revisionsbefugnis Gebrauch machen will, steht dabei in
ihrem pflichtgemäßen Ermessen.120 Maßgebend ist insoweit auch Nr. 147 RiStBV,
wonach Rechtsmittel nur zurückhaltend eingelegt werden sollen. Entsprechend ihrer neutralen Aufgabenstellung hat dabei jedes von der Staatsanwaltschaft eingelegte Rechtsmittel die Wirkung, dass die angefochtene Entscheidung auch zugunsten
des Angeklagten abgeändert oder aufgehoben werden kann (§ 301 StPO).
225
e) Dem Privatkläger und den nach § 375 Abs. 2 StPO dem Verfahren Beigetretenen stehen die Rechtsmittel zu, welche auch der Staatsanwaltschaft zukommen
(§ 390 Abs. 1 StPO), sodass sie gleichfalls grundsätzlich zur Revisionseinlegung berechtigt sind.
226
f) Der Nebenkläger kann unabhängig von der Staatsanwaltschaft Rechtsmittel einlegen (§ 401 Abs. 1 S. 1 StPO).
227
g) Die Befugnis der Einziehungs- und Verfallsbeteiligten Rechtsmittel aus eigenem Recht einlegen zu dürfen, folgt aus § 433 Abs. 1 S. 1 StPO. Weitergehende Beschränkungen ergeben sich aber aus § 437 StPO.
228
In der Klausur legt meist der Verteidiger oder der Angeklagte selbst Revision
ein. Hier genügt dann zur Bejahung der Zulässigkeit ein kurzer Hinweis auf die
gesetzlichen Vorschriften im Urteilsstil.
117 Meyer-Goßner § 297 Rdnr. 2.
118 Meyer-Goßner § 297 Rdnr. 2.
119 Meyer-Goßner vor §§ 296 ff. Rdnr. 16.
120 Meyer-Goßner vor §§ 296 ff. Rdnr. 16.
71
Buch StrafurteilSIX.fm Seite 163 Montag, 29. Oktober 2012 9:19 09
Stichworte
Stichwortverzeichnis
Die Zahlen verweisen auf die Randnummern.
Absehen von Strafe ..................................... 31
Absolute Revisionsgründe ...................377 ff.
Absolute Strafunmündigkeit ................... 368
Absorptionsprinzip .................................... 82
Abwesenheit des Angeklagten ................. 410
Abwesenheit eines Vertreters der
Staatsanwaltschaft ................................. 406
Adhäsionsverfahren .................................... 16
Allgemeine Strafmilderungsgründe ........... 57
Amnestie .................................................... 368
Amtliche Vernehmung ............................. 454
Anderweitige Rechtshängigkeit ............... 368
Anderweitige Rechtskraft ........................ 368
Angabe der Personalien ............................ 122
Angaben des Zeugen ................................ 454
Anklageschrift ................................... 200, 372
Annahmeberufung .................................... 213
Antragsschrift ............................................ 368
Anwesenheitspflicht ................................. 404
Asperationsprinzip ..................................... 82
Aufhebung des Haftbefehls ....................... 36
Auflagen .............................................. 80, 107
Augenschein .............................................. 458
Auskunftsverweigerungsrecht ................. 448
Ausländereigenschaft ................................ 552
Auslandszeuge .......................................... 497
Aussage gegen Aussage ............................ 535
Aussetzung der Verhängung einer
Jugendstrafe ............................................. 52
Befassungsverbote ...................................... 22
Behinderung der Verteidigung ................ 442
Bekanntmachungsbefugnis ........................ 52
Benannte minder schwere Fälle ................. 57
Berichtigungsbeschluss ............................ 306
Berufsverbot ................................................ 96
Berufung .................................................... 185
Verwerfung ............................................ 188
Berufungsurteil ......................................... 185
Beruhen ...................................................... 337
Beschluss bei Strafaussetzung .................... 18
Beschwer ............................................ 204, 246
Beschwer anderer Verfahrensbeteiligter ............................................... 249
Beschwer des Angeklagten ...................... 247
Besonders schwere Fälle ............................ 55
Bestrafungsverbote ..................................... 22
Bewährung .................................................. 18
Beweiserhebungsverbote .......................... 436
Beweiskraft des Sitzungsprotokolls ...................................... 354, 441
Beweisverwertungsverbot ................ 444, 466
Beweiswürdigung ................................. 9, 174
Bezeichnung der angewendeten
Vorschriften ................................... 120, 169
Billigkeitsentschädigung ............................ 34
Dauerarrest ................................................ 107
Dolmetscher .............................................. 408
Doppelverwertungsverbot .........................71
Durchführung des Verfahrens .................367
Echte Wahlfeststellung .............................130
Einbeziehungsbeschluss .......................6, 368
Einheitliche Rechtsfolgenentscheidung ....41
Einheitsprinzip ..........................................114
Einlassungsverweigerung .........................551
Einsatzstrafe .................................................85
Einstellung .....................................12, 20, 160
Einstweilige Unterbringung .......................17
Einzelstrafe ..................................................85
Einziehung .............................................52, 92
Einziehungsbeteiligte ................................221
Entbindung von der Schweigepflicht ..............................................445, 535
Entschädigung des Angeklagten für
Strafverfolgungsmaßnahmen ..................15
Entschädigungsentscheidung ...................159
Entscheidungen in der Hauptsache ...........11
Entscheidungsgründe ................................422
Entziehung der Fahrerlaubnis ..............95, 96
Entzug des Fragerechts .............................517
Erfahrungssätze .........................................535
Erfolgsunwert ..............................................65
Erkennendes Gericht ................................120
Erklärungsrecht .........................................516
Eröffnungsbeschluss .................................368
Erwartungsklausel .......................................80
Erziehungsmaßregeln .................................52
Exterritorialität des Beschuldigten ..........368
Fahrverbot ...................................................89
Fehlen der deutschen Gerichtsbarkeit .....368
Feststellungen zum Sachverhalt ...............172
Formgerechte Einlegung ..........................204
Förmlichkeiten des Verfahrens ................462
Fortdauer der Untersuchungshaft .......17, 36
Freibeweisverfahren ..................................425
Freiheitsentziehende Maßregeln der
Besserung und Sicherung ........................98
Freiheitsstrafe ..............................................52
Freispruch ......................................12, 26, 153
Freizeitarrest ..............................................107
Fristgerechte Einlegung ............................204
Führungsaufsicht .........................................98
Geldstrafe .....................................................52
Generalprävention .......................................65
Gesamtstrafe ..........................................39, 84
Gesamtstrafenbildung .........................85, 542
Gesetzeskonkurrenz .................................133
Gesetzesverletzung ...................................337
Gesperrter Zeuge .......................................471
Glaubhaftmachung ....................................272
Grundsatz der Öffentlichkeit ...................414
Haftbefehl ....................................................29
Handlungsunwert .......................................65
163
Buch StrafurteilSIX.fm Seite 164 Montag, 29. Oktober 2012 9:19 09
Stichworte
Härteausgleich ............................................ 87
Heranwachsende ....................................... 102
Hilfsbeweisantrag ..................................... 176
Identifizierungsfehler ............................... 438
Immunität des Beschuldigten .................. 368
in dubio pro reo .......................................... 65
iudex a quo ................................................ 316
Jugendarrest ...................................... 107, 541
Jugendliche ................................................ 102
Jugendstrafe ......................................... 52, 541
Jugendstrafrecht ................................ 101, 546
Jugendverfehlung ...................................... 102
Kombinationsprinzip ................................. 83
Kommissarische Vernehmung ................. 435
Kosten des Verfahrens ......................... 14, 23
Kurzarrest ................................................. 107
Lebenslauf ................................................. 171
Mängel im Zustellungsverfahren ............. 302
Maßregeln .................................... 52, 147, 543
Minder schwere Fälle ................................. 56
Mitwirkungsrecht ..................................... 515
Nachtatumstände ........................................ 68
Nachträgliche Bildung einer Gesamtstrafe ......................................................... 85
Nachträgliches Beschlussverfahren........... 86
Nachtragsanklage ................................. 6, 368
Nachweis der Fälschung .......................... 354
Naturgesetze ............................................. 535
Nebenentscheidungen ................................ 11
Nebenfolgen ................................................ 88
Nebenklage ....................................... 151, 435
Nebenkläger .............................................. 221
Nebenstrafen ............................................... 88
Negativtatsache ......................................... 326
Nicht freiheitsentziehende Maßregeln
der Besserung und Sicherung ................. 94
Normbeschwer ......................................... 361
Notwendige Auslagen ................................ 14
Notwendige Verteidigung ....................... 407
Öffentliche Zustellung ............................. 298
Öffentlichkeitsbeschränkung .................. 416
Ordnungsvorschrift .................................. 450
Personalbeweis .......................................... 464
Persönliche Rechtsmittelberechtigung .......................................... 220
Pflichtverteidigerbestellung ..................... 435
Postpendenz .............................................. 131
Präklusion ......................................... 357, 384
Präventionszwecke ..................................... 65
Privatkläger ............................................... 221
Protokoll ................................................... 202
Protokoll der Geschäftsstelle ................... 312
Protokollberichtigung .............................. 353
Prozessuale Tat ............................................. 3
Rechtliche Begründung ............................ 177
Rechtliche Bezeichnung der Tat .............. 123
164
Rechtsfolgenausspruch ............................. 134
Rechtskreistheorie .............................365, 447
Rechtsmittelrücknahme ............................228
Rechtsmittelverzicht .........................228, 233
Regelbeispielstechnik ..................................56
Relative Revisionsgründe .................... 434 ff.
Revisibilität .......................357, 398, 402, 413,
................................................. 421, 426, 432
Revision
Beschränkung ........................................ 284
Form ....................................................... 277
Frist .........................................................255
Zustellung ......................................... 299 ff.
Revisionsantrag .........................................317
Revisionsbegründung .......................204, 317
Revisionsbegründungsfrist .......................304
Revisionsberechtigung ..............................219
Revisionsbeschränkung ............................284
Revisionsgericht ........................................ 283
Richterliche Überzeugung ...........................8
Rügepräklusion .................................357, 384
Rügeverkümmerung ................................. 353
Rügeverlust ................................................359
Sachlich-rechtliche Fehler ........................ 339
Sachrüge .............................................330, 532
Sachverständiger ........................................ 494
Schädliche Neigungen ............................... 108
Schuldspruch .................................12, 29, 123
Schwere der Schuld ...........................108, 547
Selbstleseverfahren .................................... 460
Sitzungsniederschrift ................................329
Sitzungsprotokoll ........299, 389, 397, 412, 420, 431
Sonderstrafrahmen ...................................... 53
Spezialitätsgrundsatz ................................368
Spezialprävention ........................................ 65
Spielraumtheorie .........................................65
Sprungrevision ...........................................212
Stimmvergleich ..................................438, 535
Strafaussetzung zur Bewährung ..............543
Straffrei-Erklärung ...................................... 31
Strafmilderungsgrund ............................... 545
Strafrahmen ..................................................52
Strafrahmenverschiebungen .......................53
Strafverfolgungsermächtigung ................. 368
Strafverfolgungsinteresse .......................... 368
Strafverfolgungsverjährung ...................... 368
Strafverlangen ............................................ 368
Strafzumessung .......................................... 178
Strafzumessungserwägungen .....................64
Strafzumessungsschuld ............................... 64
Tagessätze ....................................................52
Tatbestandliche Strafänderungen ............... 53
Tateinheit ............................................... 41, 81
Tatmehrheit ........................................... 39, 84
Teileinstellung .....................................45, 160
Teilfreispruch ......................................45, 154
Tenor .......................................................... 122
Tod des Beschuldigten ..............................368
Unbenannte minder schwere Fälle ............57
Unbrauchbarmachung ................................93
Unechte Wahlfeststellung .........................131
Buch StrafurteilSIX.fm Seite 165 Montag, 29. Oktober 2012 9:19 09
Stichworte
Unterbringung in der Sicherungsverwahrung ............................................ 100
Unterbringung in einem psychiatrischen
Krankenhaus ............................................ 98
Unterbringung in einer Entziehungsanstalt ....................................................... 99
Unterschriften ................................... 120, 183
Unzuständigkeit des Gerichts ................. 371
Urteil .......................................................... 203
Urteilsformel ............................................. 120
Urteilsgründe .................................... 120, 169
Urteilskopf und Eingang .......................... 120
Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes ....................................................... 7
Verbot der Schlechterstellung .................. 368
Verbot der Verlesung ............................... 466
Vereidigung des Sachverständigen .......... 457
Verfahrensabsprache ................................ 415
Verfahrensbedingungen ........................... 367
Verfahrenseinstellung ................................. 72
Verfahrensfehler ........................................ 338
Verfahrenshindernisse .............................. 348
Verfahrensrüge .......................................... 323
Verfahrensvoraussetzungen ..................... 348
Verfall .................................................... 52, 92
Verfallsbeteiligte ....................................... 221
Verhandlungsunfähigkeit des
Angeklagten ........................................... 368
Verlesung des Anklagesatzes ................... 440
Verletzung des Beweisantragsrechtes ..... 473
Verlust der Amtsfähigkeit .......................... 91
Verlust der Wählbarkeit ............................. 91
Verlust des Stimmrechts .............................91
Vernehmung ..............................................454
Vernehmung des Angeklagten .................441
Verständigung ............................................240
Verteidigungsbeschränkung .....................428
Vertypte Strafmilderungsgründe ...............58
Verurteilung............................................... 122
Verwarnung ...............................................107
Verwarnung mit Strafvorbehalt .................31
Verwerfung der zulässigen Berufung ......188
Verwertungsverbot ............175, 453, 455, 466
Vorbewährung ...........................................110
Wahlgegenüberstellung .....................438, 535
Wahlrevision.............................................. 212
Warnschussarrest .......................................113
Weisungen ....................................................80
Widerspruchslösung .................................437
Wiedereinsetzung in den vorigen
Stand ............................................... 266, 284
Wirksame Revisionsbeschränkung ..........284
Wissenschaftliche Erkenntnisse ...............535
Zeitablauf ...................................................545
Zeugen vom Hörensagen ..........................535
Zeugenbelehrung .......................................444
Zeugenbeweis ............................................443
Zuchtmittel ..................................................52
Zustellungsmängel .....................................302
Zustellungsverfahren .................................302
165