Die Heilpraktikerüberprüfung aus rechtlicher Sicht

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Die Heilpraktikerüberprüfung aus rechtlicher Sicht
Die Heilpraktikerüberprüfung aus rechtlicher Sicht
Nach der gesetzlichen Regelung ist eine Überprüfung der Kenntnisse und Fähigkeiten des
Heilpraktikeranwärters vorzunehmen. Diese dient ausschließlich dem Zweck, festzustellen, ob die
Ausübung der Heilkunde durch den Betreffenden eine Gefahr für die Volksgesundheit bedeuten
würde. Sie fragt keinen bestimmten Ausbildungsstand ab, sondern dient der Abwehr von
Gefahren für die Volksgesundheit im konkreten Einzelfall. Sie soll ergeben, ob mit der Ausübung
der
Heilkunde
durch
den
Betreffenden,
das
heißt
mit
der
konkret
beabsichtigten
Heilkundetätigkeit, eine Gefahr für den Patienten verbunden wäre. Im Rahmen der
Heilpraktikerüberprüfung muss kein Nachweis einer allgemeinen Fachqualifikation erbracht
werden. Die Heilpraktikerüberprüfung ist eine Unbedenklichkeitsprüfung ohne Notenskala und
keine Fachprüfung. Sie ist deshalb frei wiederholbar.
Das erforderliche Wissen für die Heilpraktiker-Überprüfung
Die einzelnen Bundesländer haben in Runderlässen die Inhalte der Heilpraktiker-Überprüfung
näher ausgestaltet. Nach dem gegenwärtigen Runderlass des Ministeriums für Frauen, Jugend,
Familie
und
Gesundheit
NRW
sind
beispielsweise
folgende
Inhalte
für
die
Heilpraktikerüberprüfung vorgegeben:
• Berufs- und Gesetzeskunde, insbesondere rechtliche Grenzen sowie Grenzen und Gefahren
diagnostischer und therapeutischer Methoden bei der nichtärztlichen Ausübung der Heilkunde.
• Grundlegende Kenntnisse der Anatomie und Physiologie, einschließlich der pathologischen
Anatomie und Pathophysiologie.
• Grundkenntnisse in der allgemeinen Krankheitslehre, Erkennung und Unterscheidung von
häufigen
Krankheiten,
insbesondere
der
Stoffwechselkrankheiten,
der
Herz-Kreislauf-
Krankheiten, der degenerativen und übertragbaren Krankheiten, der bösartigen Neubildungen
sowie seelischer Erkrankungen.
• Erkennung und Erstversorgung akuter Notfälle und lebensbedrohender Zustände.
•
Praxishygiene,
Desinfektionen
und
Sterilisationsmaßnahmen,
Pflichten
nach
der
Medizinproduktebetreiberverordnung.
• Technik der Anamneseerhebung, Methoden der unmittelbaren Krankenuntersuchung
(Inspektion, Palpation, Perkussion, Auskultation, Reflexprüfung, Puls- und Blutdruckmessung).
• Bewertung grundlegender Laborwerte.
•Injektions- und Punktionstechniken.
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Rechtsanwalt Dr. René Sasse, Chemnitzer Straße 126, 44139 Dortmund
Telefon: 0231 / 1309033; Telefax: 0231 / 7992315
E-Mail: [email protected]; Weitere Infos unter: www.sasse-heilpraktikerrecht.de
Keine Gewähr für die Vollständigkeit, Aktualität oder Richtigkeit der Ausführungen.
Jeder Heilpraktikeranwärter muss diejenigen fachlichen Grundlagenkenntnisse der Medizin
besitzen, ohne deren Beherrschung heilkundliche Tätigkeiten mit Gefahren für die menschliche
Gesundheit verbunden sein können. Ferner soll durch die Überprüfung festgestellt werden, ob
die antragstellende Person die Grenzen ihrer Fähigkeiten und der Handlungskompetenz des
Heilpraktikers klar erkennt, sich der Gefahren bei einer Überschreitung dieser Grenzen bewusst
und bereit ist, ihr Handeln entsprechend einzurichten.
Ausgestaltung der Überprüfungen
Als Maßnahme der Gefahrenabwehr dient die Überprüfung dem Schutz der Gesundheit der
Bevölkerung. Sie muss deshalb nach Art und Umfang geeignet, erforderlich und verhältnismäßig
sein, um die Feststellung tragen zu können, ob die Ausübung der Heilkunde durch den
Erlaubnisbewerber die Volksgesundheit gefährden würde. Es kommt hierbei nicht allein auf die
Beantwortung einzelner Fragen an. Entscheidend ist, ob eine Gesamtwürdigung des Ergebnisses
der Überprüfung den Verdacht einer Gefahr für die Volksgesundheit begründet.
Unzulässig ist es, die Entscheidung über die Zulassung auf die Beantwortung von Fragen zu
stützen, die über den Zweck der Überprüfung (reine Gefahrenabwehr) hinausgehen. Dies kann
beispielsweise der Fall sein, sofern ein spezialisiertes medizinisches Fachwissen verlangt wird
(einschließlich der entsprechenden Fachterminologie).
Bei
sektoralen
Heilpraktikerüberprüfungen
(Physiotherapie
/
Psychotherapie)
ist
zu
berücksichtigen, dass Kenntnisse die in keinem Zusammenhang mit der beabsichtigten Tätigkeit
stehen,
nicht
Gegenstand
der
Überprüfung
sein
dürfen.
Im
Rahmen
einer
Heilpraktikerüberprüfung für Psychotherapie wird teilweise bereits das Beherrschen eines
konkreten psychotherapeutischen Verfahrens vorausgesetzt. Aus rechtlicher Sicht ist dies
angreifbar, da diese Anforderung über eine reine Unbedenklichkeitsbescheinigung hinausreicht.
Aus
praktischen
Erwägungen
dürfte
es
sich
jedoch
empfehlen,
ein
spezifisches
Therapieverfahren während der Vorbereitung zu erlernen.
Die Prüfungsfragen müssen klar, verständlich und ohne Fallstricke formuliert sein. Unklare,
mehrdeutige oder sonst missverständliche Fragen dürfen nicht Grundlage, der Begutachtung
durch das Gesundheitsamt sein. Der eigentliche Sinngehalt der Frage muss verständlich sein.
Ein Heilpraktikeranwärter muss beim Verstehen und Beantworten der gestellten Fragen unter
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Berücksichtigung des Wortlauts der Frage und vom objektiven Empfängerhorizont her vom
Normal- bzw. Regelfall des in der Aufgabe dargestellten Sachverhalts ausgehen können und
keine Bedingungen hinzudenken müssen, unter denen die richtige Antwort (erst) nachvollziehbar
ist.
Grundsätzlich unzulässig sind schriftliche Verknüpfungen von zwei Einzelfragen zu einer
Gesamtfrage durch eine kausale Verknüpfung. Dies wird dem Erfordernis der Klarheit und
Verständlichkeit nicht gerecht, da hier verschiedene an sich selbständige Fragen durch das
Hinzutreten einer Kausalverknüpfung zu einer einzelnen Frage verbunden werden. Hierdurch
wird der beschränkte Fragenkatalog unzulässig erweitert. Eine solche Fragestellung verletzt
angesichts der kurzen zur Beantwortung zur Verfügung stehenden Zeit das Gebot der Fairness,
da eine nicht mit dieser Art der Fragestellung vertraute Person schon zur Erfassung der
Gesamtfrage in allen ihren Teilen mehr Zeit benötigt als vom Fragesteller hierfür vorgesehen.
Der Heilpraktiker muss in der Regel keine fachärztliche Terminologie beherrschen; es sei denn,
es besteht ein Bezug zur Volksgesundheit. Die Verwendung von lateinischen oder griechischen
Begriffen ist demnach problematisch. Es dürfte ausreichen, dass der Heilpraktikeranwärter die
deutschsprachige Bezeichnung kennt.
Insbesondere
bei
der
schriftlichen
Überprüfung
muss
die
Fragestellung
bzw.
der
Bearbeitervermerk verständlich und frei von Widersprüchen sein. Problematisch sind
insbesondere Negativ-Formulierungen. Diese sind schlecht erfassbar und können in Anbetracht
der Stressbelastung der Prüflinge eine unzumutbaren Anforderungen darstellen.
Fazit: Die im Rahmen der Heilpraktiker-Überprüfung gestellte Aufgaben müssen im Rahmen des
zulässigen Überprüfungsumfanges (Gefahrenabwehr) liegen. Ferner muss die jeweilige
Aufgabenstellung den Grundsätzen einer fairen Überprüfung entsprechen.
Reaktionsmöglichkeiten im Falle des Nicht-Bestehens
Die weit überwiegende Mehrzahl der Heilpraktiker-Überprüfungen liegt im Rahmen dieser
Anforderungen und ist rechtlich nicht zu beanstanden. Die Handhabung der HeilpraktikerÜberprüfungen wurde in den letzten Jahren durch eine stärkere Zentralisierung stark verbessert.
Jedoch berichten Heilpraktiker-Anwärter teilweise auch über erhebliche Missstände, welche
oftmals konkrete Gesundheitsämter betreffen. Deshalb möchte ich Ihnen folgende Ratschläge
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Rechtsanwalt Dr. René Sasse, Chemnitzer Straße 126, 44139 Dortmund
Telefon: 0231 / 1309033; Telefax: 0231 / 7992315
E-Mail: [email protected]; Weitere Infos unter: www.sasse-heilpraktikerrecht.de
Keine Gewähr für die Vollständigkeit, Aktualität oder Richtigkeit der Ausführungen.
„für den Ernstfall“ mit auf den Weg geben:
Sofern Sie Ihre Heilpraktikerüberprüfung nicht bestanden haben, sei es nach dem mündlichen
oder schriftlichen Teil, sollten Sie Ihre Vorgehensweise sorgfältig abwägen. Die Möglichkeiten
reichen vom kostenpflichtigen Wiederholen der Überprüfung bis zur Klage gegen die
Entscheidung der Behörde auf Erteilung der Heilpraktikererlaubnis oder auf Zulassung zur
mündlichen Prüfung.
Mein Tipp: Nehmen Sie Ihren Antrag nicht voreilig - ohne sorgfältige Abwägung - auf Drängen
der Behörde zurück. Wahren Sie nach Zugang des Ablehnungsbescheids Ihre Rechte: Legen Sie
innerhalb eines Monats ab Bekanntgabe des Bescheids schriftlich Widerspruch ein. Eine
Begründung können Sie nachreichen. Dokumentieren Sie den fristgerechten Zugang des
Widerspruchs durch Versand per Einschreiben. Sie veranlassen die Behörde so, die
Rechtmäßigkeit der Entscheidung nachzuprüfen. Ist über das Widerspruchsrecht nicht oder nicht
richtig belehrt worden, bleibt der Verwaltungsakt ein Jahr lang anfechtbar.
Beantragen Sie Akteneinsicht. Sofern ein Tonbandmitschnitt der mündlichen Überprüfung
existiert, fertigen Sie eine Abschrift an. Mit diesen Informationen können Sie eine
Widerspruchsbegründung anfertigen, bzw. mit anwaltlicher Unterstützung verfassen lassen.
Weigert sich die Behörde, Ihnen Einsicht zu gewähren, sollten Sie sich anwaltlichen Rat
einholen.
Sollten Sie auf Grundlage der Akteneinsicht zu dem Schluss gelangen, dass die Ablehnung
begründet war, können Sie Ihren Widerspruch anschließend zurücknehmen. Andernfalls können
Sie nach einem erfolglosen Widerspruchsverfahren Klage erheben. Im Einzelfall ist in Erwägung
zu ziehen, sich vorsorglich zur nächst möglichen Heilpraktiker-Überprüfung anzumelden.
Sollten Sie weitere Fragen zur Heilpraktikerüberprüfung haben, stehe ich Ihnen gern für ein
telefonisches Beratungsgespräch zur Verfügung. Weitere Informationen zum Heilpraktikerrecht
finden Sie zudem auf meiner Internetpräsenz: www.sasse-heilpraktikerrecht.de
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