Toni-Areal - Kanton Zürich

Transcription

Toni-Areal - Kanton Zürich
Kanton Zürich
Baudirektion
Hochbauamt
Toni-Areal
Einweihung
Hochschulcampus
12. September 2014
Toni‑Areal
Einweihung
Hochschulcampus
Inhalt
4
Wandlungsfähigkeit im Dienste der Qualität
Regierungsrat Markus Kägi, Baudirektor
6
Ein Campus für Höhenflüge
Regierungspräsidentin Regine Aeppli, Bildungsdirektorin
8
Von der Vision zur gebauten Realität
Dr. Matthias Haag, Kantonsbaumeister
Bruno Schulthess, Gesamtprojektleiter Hochbauamt
10
Die ZHdK ist bereit für die Zukunft
Prof. Dr. Thomas D. Meier, Rektor Zürcher Hochschule der Künste ZHdK
12
Neuer Campus auch für die ZHAW
Prof. Dr. Jean‑Marc Piveteau, Rektor ZHAW Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften
14
Das Haus als Stadt, die Stadt als Haus
Mathias Müller und Daniel Niggli, EM2N
16
Pläne
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Chronologie
28
Am Bau Beteiligte
Situation 1:20 000
0
1:15000
150
300
750
S
Regierungsrat Markus Kägi
Baudirektor
Wandlungsfähigkeit im Dienste
der Qualität
Von 1977 bis 1999 wurde hier Joghurt produziert, 22 Jahre lang, was für eine
so riesige Industrieanlage eine sehr kurze Betriebszeit ist. Sie dauerte aber
doch lang genug, um einen Markennamen zu prägen, der dem ganzen Kom‑
plex auch heute noch seinen Namen gibt: Toni‑Areal. Mit Milchprodukten hat
sein neuer Verwendungszweck nichts mehr zu tun. Umso reizvoller ist es,
trotzdem Analogien aufzuspüren und sozusagen den Genius Loci aus dem
Busch zu klopfen. Man muss nicht lange suchen: Von jeher war das ein Ort
der Verwandlung. Aus Milch wurde Toni‑Joghurt, dank einem unscheinbaren
Bakterium namens Streptococcus thermophilus. Es war es, das die eigentli‑
che Arbeit leistete. Die gigantischen Apparaturen dienten nur dazu, es dabei
zu unterstützen und die logistischen Abläufe sicherzustellen, die nötig sind,
um täglich eine Million Liter Milch heranzuführen, der Fermentation zuzulei‑
ten und das Endprodukt schliesslich zu verpacken und abzutransportieren.
Es geschieht nichts anderes, als mit einfachsten Mitteln schon im Labor und
Reagenzglas funktioniert, aber eben in einem ganz anderen Massstab.
Ist es vor diesem Hintergrund überraschend, dass hier nun eine Bildungsinsti‑
tution entstanden ist? Jugend und Bildung mit Gärung in Verbindung zu brin‑
gen, ist weder weit hergeholt noch ein besonders neuer Gedanke. Wobei es
sich in diesem Fall keineswegs um Prozesse handelt, die im kleinen und gros‑
sen Massstab gleichermassen gut funktionieren. Gerade die Ausbildung zu
einem künstlerischen Beruf kann im Reagenzglas nicht gelingen. Hier kommt
es darauf an, dass kreative Menschen in genügend hoher Anzahl an einem Ort
versammelt werden und zusammenarbeiten. Und noch besser ist es, wenn da‑
bei möglichst verschiedene künstlerische Disziplinen vertreten sind. Das setzt
allerdings einen Rahmen von grossem Umfang und struktureller Vielseitigkeit
voraus. Beides kann das Toni‑Areal bieten. Was früher nur eine hohe Quantität
ermöglichte, wird jetzt der Qualität dienlich sein.
Aus Quantität Qualität zu machen, ist nun ein Ansatz, der uns auf der Baudi‑
rektion in einem sehr viel weiteren Zusammenhang beschäftigt. Es geht um
Fragen der Raumplanung und des Umgangs mit unserer vorhandenen Bau‑
substanz. Die viel besprochene innere Verdichtung des Siedlungsgebiets ist
ein Gebot der Stunde. Brach liegende Industrieareale können wir uns schon
deswegen nicht leisten. Allerdings wäre es keine gute Idee, nur den quantitati‑
ven Aspekt zu berücksichtigen und z.B. möglichst viele Wohnungen auf einem
gegebenen Gebiet zu erstellen, um das Bevölkerungswachstum aufzufangen.
Gerade ein verdichtetes Siedlungsgebiet muss eine hohe Lebensqualität bie‑
ten, sonst bleibt die Akzeptanz auf der Strecke. Es geht also darum, nicht nur
quantitatives Wachstum anzustreben, sondern auch qualitatives Wachstum.
Was den Umgang mit der vorhandenen Bausubstanz angeht, so ist auch hier
wegleitend, dass am Ende Qualität erzielt wird, sei es architektonische, ener‑
getische, wirtschaftliche oder wiederum Lebensqualität. Wenn man es nicht
gerade mit einem Baudenkmal zu tun hat, kann das durchaus bedeuten, dass
ein Ersatzneubau die bessere Lösung ist als ein Umbau. Im Fall des Toni‑Areals
war das aber nur eine theoretische Option. Der Umbau war weitaus attraktiver.
Mit seinen massigen Strukturen und hohen Traglasten war das Gebäude buch‑
stäblich ein harter Brocken, der aber nicht nur bezwungen werden musste. Die
Auseinandersetzung mit ihm machte etwas nie Gesehenes und andernorts nie
Realisiertes möglich. Wir konnten an diesem Objekt unseren Sinn dafür schär‑
fen, dass unsere bauliche Umwelt fähig zur Verwandlung ist. Im Gegebenen
sehen wir das Mögliche – das qualitätsvolle Mögliche.
Ein Gebiet, ein Gebäude nicht nur unter dem Aspekt seiner ursprünglichen Ge‑
stalt und Bestimmung zu betrachten, sondern unter dem Aspekt seiner Wand‑
lungsfähigkeit, setzt ein Denken voraus, das in einer gewissen Spannung zu
historisierenden Sichtweisen steht – es sei denn, man erfasst die Geschichte
selbst als Wandlungsprozess und nicht als Zeitraum, in dem lauter Endgültiges
produziert wurde. Das Toni‑Areal, nie schöner, nie spannender, nie pionierhaf‑
ter als in seinem heutigen Zustand, lässt uns zuversichtlich in eine Zukunft
blicken, in der sehr viel darauf ankommt, wie wir mit unserem bereits bebauten
Siedlungsgebiet umgehen. Die Vision ist klar: Der Kanton Zürich soll für Be‑
völkerung und Wirtschaft ein nachhaltig attraktiver Standort sein und bleiben.
4
Regierungspräsidentin Regine Aeppli
Bildungsdirektorin
Ein Campus für
Höhenflüge
Wo heute der Hochschulcampus Toni‑Areal steht, befand sich einst das Fuss‑
ballstadion Förrlibuck. Es brachte der Schweizer Nationalmannschaft viel
Glück. Hier gewann sie das Auftaktspiel zur Sommerolympiade 1924, an der
sie es bis in den Final schaffte und ihr bisher bestes Ergebnis an internationa‑
len Fussball‑Turnieren erzielte. Auch die Erfolgsgeschichte des Toni‑Joghurts
zu Beginn der 8oer Jahre nahm hier ihren Anfang. Dieser Flecken Erde hat es
offenbar in sich. Für den neuen Campus ist das ein gutes Omen, um im neuen
Jahrtausend an diese Höhenflüge anzuknüpfen.
Die Rahmenbedingungen dazu sind gut: Mit dem Herbstsemesterbeginn 2014
werden rund 5000 Studierende, Dozierende und Mitarbeitende der Zürcher
Hochschule für Künste (ZHdK) und der Zürcher Hochschule für Angewand‑
te Wissenschaften (ZHAW) den Campus und Zürich West mit Leben füllen.
Mehr als 35 Standorte der Departemente Design, Kunst, Film, Musik, Tanz
und Art education der ZHdK und der beiden Departemente Soziale Arbeit und
angewandte Psychologie der ZHAW wurden dafür im neuen Campus zusam‑
mengezogen. Die Konzentration an einem Ort stellt einen enormen Vorteil und
einen Schritt in eine noch besser koordinierte Zukunft der Hochschulen am
Bildungsstandort Zürich dar.
Die Infrastruktur des Toni‑Areals entspricht dabei dem State of the Art – im
wahr­sten Sinne – einer zeitgemässen Kunst- und Designausbildung. Sie elaubt
es den Schulen, ihren Bildungsauftrag angemessen wahrzunehmen, ihre Aus‑
bildungsqualität und internationale Wettbewerbsfähigkeit auf lange Sicht
abzusichern. Zentrale Voraussetzung dafür ist, dass die Institute räumlich so
zusammengefasst sind, dass der Forschungsdiskurs über Disziplinen hinweg
beflügelt wird. Dies erhöht die Chance, dass überraschende Erkenntnisse, in‑
novative Ideen und Produkte von hier aus den Weg in die Welt finden – wie
die Fussballkunst der Finalhelden von 1924 und das Joghurt im rezyklierba‑
ren Glas am fin de siècle. Und ich bin mir sicher, dass die beeindruckende
Innengestaltung des Hochschulcampus das Übrige zu einer produktiven und
vielversprechenden Atmosphäre beiträgt.
Das Toni‑Areal ist weit mehr als eine Hochschule – mit rund 600 öffentlichen
Veranstaltungen pro Jahr wie Konzerten und Ausstellungen entsteht im dyna‑
mischen Stadtteil Zürich‑West ein hervorragend erschlossener Treffpunkt für
Kunst, Kultur und Design. Belebt wird damit auch die Kreativwirtschaft, die
hier ein Boomquartier vorfindet. Ein Viertel der Schweizer Arbeitsplätze in der
Kreativbranche befindet sich in Zürich. Der in den letzten Jahren verstärkte
Austausch zwischen Hochschule und Wirtschaft gewährleistet, dass die Ab‑
solventinnen und Absolventen optimal für das Erwerbsleben vorbereitet sind.
Ich freue mich sehr und bin stolz: Die Eröffnung des Campus ist ein zent‑
raler Meilenstein in der Umsetzung der Fachhochschulstrategie der Zürcher
Fachhochschule, die der Regierungsrat im Jahr 2005 beschlossen hat. Er legte
damals fest, die Zürcher Fachhochschule an den drei Standorten Winterthur,
Zürich und Wädenswil zu verdichten. Der Hochschulcampus Toni‑Areal ist
nach der Pädagogischen Hochschule nun der zweite neue Campus als Folge
dieser Strategie. Der dritte Streich wird in Winterthur vorbereitet – auf dem
ehemaligen Sulzerareal. Zusammen mit der Universität und der Eidgenössi‑
schen Technischen Hochschule wird damit die Basis für Spitzenleistungen in
Bildung und Forschung geschaffen – eine wichtige Voraussetzung für die na‑
tionale und internationale Ausstrahlung unseres Bildungsstandortes und des
Kantons Zürich insgesamt.
Die Neugestaltung eines Hochschulcampus ist ein rares Privileg, dessen Um‑
setzung eine hochkomplexe Angelegenheit ist und hohe Anforderungen an alle
Beteiligten stellt. Ich möchte deshalb allen danken, die sich für dieses einzig‑
artige Bauwerk an diesem Erfolg versprechenden Ort eingesetzt haben: den
Hochschulverantwortlichen, der Allreal AG, dem Architekturbüro EM2N, der
Baudirektion mit dem federführenden Hochbauamt sowie allen engagierten
Fachpersonen aus den verschiedensten Bereichen – und nicht zuletzt allen,
die das Projekt mitgetragen haben und den Campus nun mit «good spirits»
und kreativen Ideen füllen werden.
6
Dr. Matthias Haag, Kantonsbaumeister
Bruno Schulthess, Gesamtprojektleiter Hochbauamt
Von der Vision zur gebauten
Realität
Am Anfang war die Vision: Im Jahr 2003 besichtigten der ehemalige Rektor der
Hochschule für Soziale Arbeit und der Finanzchef der Bildungsdirektion auf
der Suche nach zusätzlichem Raum für die Hochschulen erstmals das ToniAreal. Die stillgelegte Molkerei wurde damals für kulturelle und kommerzielle
Zwischennutzungen vermietet und stand grösstenteils leer. Sie erkannten das
Potential der riesigen Immobilie für schulische Nutzungen und initiierten damit
die Vision des Toni‑Areals als Hochschulstandort.
Aufgrund einer vom Kanton Zürich in Auftrag gegebenen Machbarkeitsstudie
wurde entschieden, dass das Toni‑Areal zum zentralen Standort der Zürcher
Hochschule der Künste und der beiden zur Zürcher Hochschule für Ange‑
wandte Wissenschaften gehörenden Departemente Angewandte Psychologie
und Soziale Arbeit umgebaut werden sollte. Neben der Standortqualität über‑
zeugte der gute bauliche Zustand des Industriegebäudes, die grosszügigen
Raumdimensionen und die hohen Nutzlasten der Tragstruktur, so dass ein Ab‑
bruch weder ökonomisch noch ökologisch sinnvoll war.
Aus dem von Kanton und Stadt Zürich begleiteten Studienauftrag, den die Zür‑
cher Kantonalbank als Grundeigentümerin 2005 durchführte, ging das Projekt
des Zürcher Architekturbüros EM2N von Mathias Müller und Daniel Niggli als
Sieger hervor. Eine weitsichtige Entscheidung des Beurteilungsgremiums, wie
der Projektverlauf zeigen sollte. Diese aussergewöhnliche Bauaufgabe hat ihre
kongenialen Architekten gefunden, deren Konzepte und Herangehensweisen
sich während des jahrelangen Planungs- und Bauprozesses als tragfähig und
flexibel für die sich wandelnden Anforderungen erwiesen.
Im Anschluss an den Wettbewerb galt es, das Raumprogramm zu detaillieren
und in enger Zusammenarbeit mit den Nutzern die spezifischen Anforderun‑
gen der Departemente an ihre Räumlichkeiten abzuklären. In einem iterativen
Prozess konnten dank der konstruktiven Zusammenarbeit aller Projektbetei‑
ligten die Ansprüche der Nutzer an den Mieterausbau und die Ausstattung
mit den finanziellen und räumlichen Rahmenbedingungen in Einklang gebracht
werden. Das Hochbauamt übernahm hierbei im Auftrag der Bildungsdi­rektion
die Bauherren- und Bestellervertretung und pflegte eine während Jahren an‑
dauernde konstruktive Zusammenarbeit mit Nutzern, Auftraggebenden und
Planern. Den diversen Schnittstellen und den wechselnden Rollen der Beteilig‑
ten innerhalb des Projekts wurde man mit Hilfe verschiedener Instrumente wie
gemeinsamen Werkstatt‑Sitzungen und Besichtigungen, einer Sitzungsstruk‑
tur mit abgestuften Themen und Kompetenzen und einem komplexen Orga‑
nigramm, das die Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten abbildet, gerecht.
Die Eigentumsübertragung an die Allreal Toni AG erfolgte Ende 2008 kurz vor
Baubeginn. Mit Allreal erhielt der Kanton Zürich einen starken Partner, der so‑
wohl Eigentümer und Bauherr des Mieterausbaus als auch Totalunternehmer
ist. Die schiere Grösse und die Komplexität des Projekts zwangen alle Diszi‑
plinen die Grenzen des Planbaren auszuloten. Das grosse gemeinsame Inte‑
resse an einer erfolgreichen Abwicklung des Bauprojekts war die Basis, um
auch den Umwegsamkeiten in der ereignisreichen Bauphase mit konstrukti‑
ven Lösungen zu begegnen. Dass die Erwartungen, die an das Projekt gestellt
worden waren, in der Umsetzung erfüllt werden konnten, ist das Resultat der
engagierten Zusammenarbeit aller Beteiligten über eine lange Vorbereitungs‑,
Planungs- und Realisierungszeit. Mit hohem Fachwissen und unablässigem
Einsatz haben alle am Bau Beteiligten zum Erfolg beigetragen. Ihnen gebührt
unser Respekt und ein herzliches Dankeschön.
8
Prof. Dr. Thomas D. Meier
Rektor Zürcher Hochschule der Künste ZHdK
Die ZHdK ist bereit
für die Zukunft
1933 wurde in Zürich letztmals ein Gebäude eigens für Ausbildungen im Be‑
reich der Gestaltung eröffnet. Das Toni‑Areal geht darüber hinaus. Es wird den
Künsten und dem Design insgesamt dienen. Die «Gewerbeschule I» der Ar‑
chitekten Steger & Egender lassen wir ebenso hinter uns wie das ehemalige
Konservatorium für Musik. Hochschularchitektur sieht heute anders aus. Die
Schulhausdidaktik des Gebäudes an der Ausstellungsstrasse und der reprä‑
sentative Charakter des Prunkbaus an der Florhofgasse werden im Toni‑Areal
durch ein zeitgemässes Konzept der Durchlässigkeit abgelöst. Die Architekten
von EM2N haben dafür die Metapher der Stadt mit ihren Quartieren, Begeg‑
nungsorten und Plätzen gesetzt. Die Komponistin Isabel Mundry sieht ihren
neuen Wirkungsort wie folgt: «Ich finde die Idee, anhand der Räumlichkeiten
die Differenzen zwischen den Künsten einerseits zu würdigen, sie andererseits
jedoch gegenseitig einsichtig und transparent zu machen und vor allem zwi‑
schen ihnen Leerräume für Umschichtungen oder Neudeutungen zu lassen,
intelligent und grandios umgesetzt.»
Das Toni‑Areal macht die ZHdK nicht grösser, als sie heute ist. Durch den Zu‑
sammenzug von 35 Standorten, inklusive Sammlungen des Museums für Ge‑
staltung, wird diese Grösse jedoch sichtbar. Es wird unmittelbar klar, welche
Bedeutung die schweizweit grösste Hochschule der Künste und des Designs
für den Hochschulstandort Zürich, die Schweiz insgesamt und über deren
Grenzen hinaus hat. Das ist ein starkes hochschulpolitisches Signal. Sichtbar‑
keit wird auch gegen innen hergestellt. Die neue Nähe der Disziplinen macht
Nachbarschaften deutlich und fördert den Austausch. So kann unbehindert
entstehen, was aus Sicht von Lehre und Forschung Sinn macht, die Disziplinen
vorantreibt, relevante Lösungen hervorbringt und neue Lehr- und Lernformen
begünstigt. Damit wird die ZHdK insgesamt attraktiver. Betriebliche Synergien,
die bessere Auslastung der Infrastruktur und die Öffnung des Hochschulcam‑
pus für eine breite Bevölkerung vervollständigen das Bild.
Die Fusion der beiden Vorgängerinstitutionen – Hochschule Musik und Theater
und Hochschule für Gestaltung und Kunst Zürich – zur ZHdK im Jahr 2007
wird jetzt abgeschlossen. Die ZHdK ist bereit für die Zukunft.
10
Prof. Dr. Jean‑Marc Piveteau
Rektor ZHAW Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften
Neuer Campus auch für
die ZHAW
Mit dem Toni‑Areal entsteht ein neues Bildungs- und Kulturzentrum mit natio‑
naler und internationaler Ausstrahlung. Wir freuen uns, dass wir mit zwei De‑
partementen, den Departementen Soziale Arbeit und Angewandte Psycholo‑
gie inklusive IAP Institut für Angewandte Psychologie, an diesem aufregenden,
neuen Campus in Zürich präsent sein werden. Es wird spannend sein, Themen
und Forschungsgebiete zu entdecken, an denen die ZHdK und die ZHAW ge‑
meinsam arbeiten können.
Eine Zusammenarbeit zwischen den beiden Hochschulen wird durch die räum‑
liche Nähe gefördert werden. Dafür braucht es die nötige Zeit, um sich gegen‑
seitig kennenzulernen und das Potenzial für künftige Kooperationen zu eruie‑
ren. Heute schon gibt es Angebote wie z.B. den CAS (Certificate of Advanced
Studies) Soziokultur, den das Departement Soziale Arbeit mit der ZHdK als Ko‑
operationspartner anbietet. Diese Partnerschaft ist bereits langjährig und sehr
bereichernd. Die Sozialwissenschaften werden auch in anderen Bereichen zur
Befruchtung der Künste beitragen und umgekehrt. Die medienpsychologische
Forschung des Departements Angewandte Psychologie arbeitet seit 2011 im
Rahmen eines Nationalfondsprojektes und eines Kompetenznetzwerkes zum
Thema «Bilder verstehen – Visual Literacy» mit der ZHdK zusammen. Seit kur‑
zem laufen Vorarbeiten zu einem Forschungsprojekt zu Piktogrammen auf Me‑
dikamenten, wo Wahrnehmungspsychologie und Gestaltung verknüpft wer‑
den. Im Studiengang Angewandte Psychologie wurde eine Lehrveranstaltung
zu «Theater und klinische Psychologie» mit der ZHdK realisiert. Denkbar wäre
in Zukunft zum Beispiel auch eine Zusammenarbeit in den Bereichen Fotogra‑
fie, Film, Games und Medienkompetenz.
Der Campus Toni‑Areal wird in der Schweiz eine einmalige Stellung einneh‑
men und dadurch Studierende, Praxispartner, Weiterbildungsteilnehmende,
Dienstleistungskunden, Tagungsteilnehmende und potenzielle Mitarbeitende
aus dem In- und Ausland anziehen. Darauf freuen wir uns sehr!
12
Mathias Müller und Daniel Niggli
EM2N
Das Haus als Stadt, die Stadt
als Haus
Im Umbau der ehemaligen Grossmolkerei auf dem Toni‑Areal zu einem Stand‑
ort für Bildung, Kultur und Wohnen verschränken sich zwei aktuelle Entwick‑
lungen. Einerseits entsteht ein neuer Bildungsschwerpunkt innerhalb der
in den letzten Jahren massiv umgestalteten Fachhochschullandschaft der
Schweiz. Andererseits ist im äusseren Kreis 5 seit längerem ein städtebau‑
licher Transformationsprozess von einem monofunktionalen Industriequartier
zu einem gemischten Stadtteil im Gang, welcher den Charakter der ganzen
Stadt mit verändert und prägt. Im Studienauftrag galt es, ein Konzept für ein
Haus zu finden, das fast die Grösse eines Stadtgevierts aufweist. Es ging um
das produktive Miteinander der vielfältigen Nutzungen im Inneren und das
Schaffen von positiven Impulsen für den angrenzenden Stadtraum. Wir gingen
daher davon aus, dass es sich bei der Aufgabe nicht primär um ein architek‑
tonisches, sondern in erster Linie um ein städtebauliches und programmati‑
sches Problem handelt. Unser Entwurf schlug vor, der Grösse des Projekts mit
einer Art innerem Urbanismus zu begegnen. Die bestehende Rampenanlage
wurde dabei neu als vertikaler Boulevard interpretiert und zu einer Haupter‑
schliessung umfunktioniert. An die Schnittstelle von Hoch- und Flachbau leg‑
ten wir als Gegenstück dazu eine grosse, als öffentlicher Raum konzipierte
Eingangshalle. Verbunden durch eine Abfolge von Hallen, Plätzen, Lufträumen
und kaskadenartigen Treppenanlagen entstand eine identitätsstiftende innere
Raumfigur, die die vielen unterschiedlichen Nutzungen wie Häuser in der Stadt
verortet und als räumlicher Katalysator den internen Austausch ermöglicht.
Gleichzeitig strahlt das Haus mit seiner Nutzungsvielfalt nach aussen aus, es
wird zum zentralen öffentlichen Ort des neuen Stadtquartiers. Mit dem gross‑
zügigen Dachgarten wird dem Quartier und dem Campus zudem ein Stück
Aussenraum zurückgegeben.
Neben städtebaulichen Herausforderungen stellten sich auch auf der architek‑
tonischen Ebene vielfältige Fragen, beispielsweise nach dem gestalterischen
Umgang mit den extrem divergierenden Massstabsebenen, mit dem Problem
der grossen Zahl von sehr spezifischen Nutzungen oder der übergeordneten
atmosphärischen Stimmung des hochverdichteten Komplexes. Der produktive
Widerstand des bestehenden Industriebauwerks diente uns dabei als stän‑
diger Sparringpartner. Seine performativen und räumlichen Qualitäten leben
im neuen Haus direkt oder indirekt weiter, angefangen bei der skulpturalen
Gebäudeform mit der gewellten Streckmetallfassade – einer Interpretation der
ursprünglichen Trapezblechfassade – über den Betonsockel, der die Topogra‑
fie der ehemaligen Anlieferungsinfrastrukturen weiterentwickelt, bis hin zu den
prägenden horizontalen, vertikalen und diagonalen Raumsequenzen innerhalb
des Hauses. Die industriell geprägte innere Erscheinung mit sichtbar belasse‑
nen Installationen speist sich dabei aus der Bildwelt der einstigen Molkerei.
Die rohe und direkte Materialisierung der Innenräume ist jedoch kein ästheti‑
scher Selbstzweck, sondern schafft für Studenten und Dozenten einen offenen
Handlungsrahmen. Das Toni‑Areal soll ein Gebäude zum Anfassen sein, das
pragmatisch mit dem konstanten Veränderungsdruck umgehen kann, den ein
vitaler Universitätscampus auf seine Räume ausübt. Aneignung, Veränderung
und Austausch sind ausdrücklich erwünscht. Um Vielfalt und Abwechslung zu
erzeugen, arbeitet die Architektur mit lokal unterschiedlichen Verfeinerungs‑
graden: meistens roh, ab und zu auch veredelt, mal über-, oft unterdetermi‑
niert. Es entsteht ein breites Angebot an äusserst unterschiedlichen Räumen,
von nutzbaren öffentlichen Hallen und Erschliessungsräumen hin zu intimen
Übungskammern, von der multifunktionellen Werkstatt bis hin zum hochspezi‑
alisierten Tonstudio: Das Haus als Stadt, die Stadt als Haus.
14
Pläne
Ebene 01
0
10
20
50
Ebene 1
1:1000
A
A
Ebene 03
0
1:1000
Längsschnitt A
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20
50
Ebene 3
0
10
20 m
Ebene 05
0
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20
50
1:1000
Ebene 5
B
B
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0
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Längsschnitt B
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Ebene 6 + 7
0
10
20 m
Ebene 08
C
D
0
10
20
50
Ebene 8
1:1000
Ebene 09
C
D
0
1:1000
Querschnitt C
Querschnitt D
18
10
20
50
Ebene 9
Vielfalt und Abwechslung
erzeugt die einzigartige
Gestaltung der für die
Öffentlichkeit zugänglichen
Sonderräume
– die sogenannten Perlen.
20
Den flächenmässig grössten Teil
des Toni‑Areals nehmen für den
Unterricht notwendige Räume
mit spezifischer Infrastruktur und
einfachem Ausbaustandard ein.
22
Im neuen Zürich West
präsentiert sich das um die
Wohnungen aufgestockte
Toni‑Areal noch mehr als
früher als städtebaulicher
Meilenstein an der Einfallachse
Pfingstweidstrasse.
24
Chronologie
1964
Die Verbandsmolkerei Zürich erwirbt das Areal von der Stadt Zürich
September 1972
Baubeginn der Toni‑Molkerei
Mai 1977
offizielle Eröffnung der Toni‑Molkerei
1982
Einführung des «Toni‑Glases»
1999
Ende der Milchverarbeitung in der Toni‑Molkerei
2000 – 2008
Kulturelle und kommerzielle Zwischennutzungen im Toni‑Areal
2003
Ein privater Gestaltungsplan wird vom Zürcher Gemeinderat
genehmigt und legt die Grundlage für die zukünftig möglichen
Nutzungen
2005
Die Zürcher Kantonalbank (ZKB) erwirbt die Toni‑Molkerei aus
der Konkursmasse der Swiss Dairy Food
Mai 2005
Der Regierungsrat veröffentlicht die Standortstrategie
für die Zürcher Hochschulen
2005
Machbarkeitsstudie für eine Nutzung durch die Hochschulen
2005 – 2006
Projektwettbewerb unter sieben Generalplanern.
Das Beurteilungsgremium empfiehlt das Projekt
von EM2N Architekten, Zürich, zur Weiterbearbeitung.
Herbst 2007
Der Gestaltungsplan wird vom Gemeinderat genehmigt
und rechtskräftig
September 2007
Eingabe Baugesuch
Januar 2008
Der Regierungsrat bewilligt die Kredite für die
Mieterausstattung (89.5 Mio Franken) und den Mietvertrag
in der Höhe von jährlich 15.2 Mio Franken
Juni 2008
Baubewilligung liegt vor
September 2008
Der Kantonsrat bewilligt den Kredit für den Mieterausbau
(insgesamt 138.75 Mio. Franken, jährlich 6.9 Mio Franken
über 20 Jahre)
Ende 2008
Kauf des Areals durch die Allreal Toni AG
Januar 2009
Baubeginn
Februar 2011
Mietvertrag für die Sammlungen im Toni‑Areal
(Design, Plakat, Kunstgewerbe, Grafik)
April 2012
Mietvertrag für Museum für Gestaltung im Toni‑Areal
Mai 2014
Beginn Übernahme der Mietflächen
September 2014
Einweihungsfeier
26
Am Bau
Beteiligte
Baudirektion Kanton Zürich
Hochbauamt
Dr. Matthias Haag, Kantonsbaumeister
Werner Arnold, Abteilungsleiter Baubereich 2
Dr. Beat Wüthrich, Abteilungsleiter Stab
Bruno Schulthess, Ressortleiter, Gesamtprojektleiter
Albert Bamert, Projektleiter Mieterausstattung
Silvia Beyer, Projektleiterin Museum, Sammlungen, Gastro
Michael Kunz, Fachprojektleiter
Peter Fugazza, Fachprojektleiter
Bruno Juen, Fachprojektleiter
Immobilienamt
Thomas Maurer, Amtschef
Peter Sibold, Adjunkt
Giorgio Engeli, Abteilungsleiter
Alain Siegenthaler, Portfolio Manager
Bildungsdirektion Kanton Zürich
Generalsekretariat
Wolfgang Annighöfer, Chef Finanzen & Bauten
Kurt Janser, Fachperson Immobilienprojekte
Zürcher Hochschule der Künste
Departemente Darstellende Künste und Film, Design,
Kulturanalysen und Vermittlung, Kunst und Medien, Musik
Prof. Dr. Thomas D. Meier, Rektor
Matthias Schwarz, Verwaltungsdirektor
Alessandra Zanotelli, Leiterin FM, Nutzervertreterin
Marco Castellano, Leiter Raum Bau, Nutzervertreter
Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften
Departemente Soziale Arbeit und Angewandte Psychologie
Prof. Dr. Jean‑Marc Piveteau, Rektor
Reto Schnellmann, Verwaltungsdirektor
Bruno Doswald, Standortleiter FM Zürich, Nutzervertreter
Support
Sandra Mischke, Ernst Basler + Partner
Hans‑Rudolf Grolimund, Vialia AG Baumanagement
Spezialisten
Hans‑Jörg Huber Planungsbüro für Theater- & Lichttechnik
Chevalier Françoise Planungsbüro; Bibliotheksberaterin
Marquart Elektroplanung + Beratung AG
tpc–Technology and Production Center AG; AV‑Planung
Ergoconcept Engineering GmbH; AV‑Planung
Creative Gastro Concept & Design AG
Annette Douglas Textiles AG
Hemmi Fayet Architekten AG; Spezialausstattung Sammlungen
bölsterli hitz GmbH; Design Spezialausstattung
Andreas Saxer Designwork; Design Spezialausstattung
Kistler & Spehar GmbH; Design Spezialausstattung
pom + Consulting AG; FM‑Planer Nutzer
artTransport GmbH; Umzugsplanung
Qualitätssicherung
Conarenco AG, Adrian Humbel; QS‑Leitung
Marquart AG; Elektro, Beleuchtung, Sicherheit
PGMM Schweiz AG / Denkgebäude AG; HLKS
boxler consult; Gebäudeautomation
applied acoustics GmbH; Akustik
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Eigentümer, Vermieter
Allreal Toni AG
Bruno Bettoni, Vorsitzender der Gruppenleitung Allreal
Alain Paratte, Leiter Immobilien
Totalunternehmer
Allreal Generalunternehmung AG, Zürich
Hans Ulrich Dambach, Gesamtprojektleiter Toni‑Areal
Tossan Souchon, Leitung Realisation
Daniel Dorrhauer, Projektleiter Qualitätsmanagement
Pascal Petschen, Projektleiter Planung
Josef Kaps, Projektleiter Planung
Architektur und Gesamtleitung
EM2N | MATHIAS MÜLLER | DANIEL NIGGLI
ARCHITEKTEN AG | ETH | SIA | BSA
Christof Zollinger, Gesamtprojektleiter
Björn Rimner, Stv. Gesamtprojektleiter
Enis Basartangil, Projektleiter Rohbau, Museum, Gastro
Jochen Kremer, Projektleiter Fassade
Nils Heffungs, Projektleiter Ausbau
Fachplaner
Portmann Planung GmbH und Büro 349 GmbH; HLKK‑Planer
GRP‑Ingenieure; Sanitärplaner
Bürgin & Keller AG; Elektro- und Beleuchtungsplaner
Walt + Galmarini AG; Bauingenieur
Wichser Akustik & Bauphysik AG
gkp fassadentechnik ag
Studio Vulkan Landschaftsarchitektur GmbH
applied acoustics GmbH; Akustik Spezialräume
Bringolf Irion Vögeli GmbH und HI; Signaletikplaner
Gruner AG; Brandschutzplaner
ISP und Partner AG; Gebäudeautomationsplaner
Dr. Heinrich Jäckli AG; Geologe
realities:united; Licht‑Medien‑Informationskonzept
Vogt & Partner; Lichtgestaltende Ingenieure
RESO Partners AG; FM‑Planer Eigentümer
Impressum
Inhalt:
Bruno Schulthess
Baudirektion Kanton Zürich, Hochbauamt
Baubereich 2
Redaktion:
Markus Pfanner / Léa Zürcher
Baudirektion Kanton Zürich, Kommunikation
Fotografie:
Roger Frei, Zürich
Fotos auf folgenden Seiten: 5, 7, 11, 13, 19, 23, 25
Simon Menges, Berlin
Fotos auf folgenden Seiten: Umschlag, 9, 15, 21, 27
Gestaltung, Layout:
Sascha Schurtenberger
Baudirektion Kanton Zürich, Hochbauamt
Prepress / Druck:
Alinéa AG, Wetzikon
Auflage:
700 Exemplare
Herausgeberin:
© 2014 Baudirektion Kanton Zürich, Hochbauamt