Wedgwood - Christian-Albrechts
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Wedgwood - Christian-Albrechts
Please take notice of: (c)Beneke. Don't quote without permission. Klaus Beneke Institut für Anorganische Chemie der Christian-Albrechts-Universität der Universität D-24098 Kiel [email protected] Josiah Wedgwood (12.07.1730 Burslem (Staffordshire) 03.01.1795 Etruria bei Burslem) und seine Wedgwood Töpferware Auszug und ergänzter Artikel (Dezember 2004): Klaus Beneke Biographien und wissenschaftliche Lebensläufe von Kolloidwissenschaftlern, deren Lebensdaten mit 1995 in Verbindung stehen. Beiträge zur Geschichte der Kolloidwissenschaften, VII Mitteilungen der Kolloid-Gesellschaft, 1998, Seite 9-11 Verlag Reinhard Knof, Nehmten ISBN 3-9804010-X 9 Wedgwood, Josiah (12.07.1730 Burslem (Staffordshire) - 03.01.1795 Etruria bei Burslem) Josiah Wedgwood wurde als 12. und jüngster Sohn des Töpfers Thomas Wedgwood (1685 - 1739) und Mary Wedgwood, geb. Stringer geboren. Die Wedgwoods waren Töpfer seit dem 16. Jahrhundert. Da sein Vater starb, als er neun Jahre alt war, wurde er aus der Schule genommen und erlernte bei seinem älteren Bruder Thomas (1716 - 1773) den Töpferberuf. Mit 12 Jahren bekam er die Blattern, was ihm einen mehrmonatigen Aufenthalt im Bett einbrachte. Josiah Wedgwood nutzte die Zeit und las Bücher. Die schwere Krankheit hinterließ bei ihm ein gebrechliches Knie und er konnte das Fußpedal der Drehscheibe nicht mehr betätigen. (Josiah Wedgwoods Knie machte ständig Schwierigkeiten was schließlich in Josiah Wedgwood späteren Jahren (um 1770) zur Amputation des rechten Beines führte, eine Operation die ohne Narkose durchgeführt wurde). So gezwungen verbesserte Josiah Wedgwood während der nächsten Jahre seine handwerkliche Geschicklichkeit, entwickelte neue Töpferwaren und hatte Partnerschaften mit anderen Töpfern. Von 1754 bis 1758 arbeitete er mit Thomas Whieldon (09.1719 Penkhull - 03.1795), dem führenden Töpfer seiner Zeit, zusammen. 1759 eröffnete er einen eigenen Betrieb in Burslem. Zur Verbesserung der Qualität seiner Fayencen und Steinzeugwaren erwarb er Kenntnisse in praktischer Chemie. Mit unermüdlicher experimenteller Anstrengung verbesserte Wedgwood seine Produkte. Er stellte bereits 1759 weißes Steingut her. Das verbesserte Produkt trug dann erstmals den Namen Wedgwood. Durch Anwendung von Bariumcarbonat und -sulfat sowie Mangandioxid verbesserte er Farbe und Glanz des Steinguts, welches er als cremefarbene, rote und schwarze Ware anbot (Queen´s Ware; 1765). Königin Charlotte Sophia (19.05.1744 Strelitz - 17.11.1818 London), die Frau von König Georg III. (04.06.1738 London - 29.01.1820 Schloß Windsor; König von England 1760 - 1820), war die Patronin dieser cremefarbenen Irdenware. Von dieser Queen´s Ware lieferte 10 Wedgwood 1774 ein Service von 952 Teilen an die russische Zarin Katherina die Große (02.05.1729 Stettin - 17.11.1796 Zarskoje Selo; Zarin 1762 - 1796). Königin Charlotte Sophia von England Thomas Bentley König Georg III. von England Bei einem Besuch in Liverpool, um den Export seines Steinguts zu organisieren, traf Josiah Wedgwood 1762 den Kaufmann Thomas Bentley (1730 - 1780). Dieser wurde 1768 sein Teilhaber und regte Wedgwood an, unglasierte Steinware in verschiedenen Farben mit Motiven des Neoklassizismus herzustellen. Dazu gehörte auch schwarze Steinware Black Basalt genannt. Mit dieser feinen Steinware war es möglich Kopien Etruskischer Vasen u. a. herzustellen. Dazu kam die besonders beliebte farbige und mit Textureffekten verzierte, Jasper Ware ab 1768 und die ab 1776 hergestellte weiße Queen´s Ware [1,2]. 11 Nach 1760 vergrößerte Wedgwood seine Töpferei und baute 1771 für seine Arbeiter eine Stadt, die er Etruria nannte. 1764 heiratete er eine entfernte Cousine, Sarah Wedgwood (1734 - 1815). Sie hatten sieben Kinder (vier Töchter, drei Söhne). Jaspar Ware Black Basalt Die Herstellung weißen Porzellans war möglich geworden, nachdem 1746 der Pharmazeut William Cookworthy (12.04. 1705 Kingsbridge (Devon) - 17.10.1780) Kaolin (China Clay) in Cornwall gefunden hatte und damit experimentierte, um helle Porzellanware herzustellen, welche mit der importierten chinesischen Ware vergleichbar Queen´s Ware sein sollte. Das Wort Kaolin kommt vom chinesischen Gaoling („Hoher Berg“) aus Jingde (eine Stadt in der Provinz Jiangxi in China). Dort wird die Herstellung von chinesischem Porzellan seit über 1 700 Jahren betrieben. Das Mineral Kaolinit, ein Schichtsilicat, ist bis zu 30% in Kaolin enthalten. Heute werden ca. 80% der Weltproduktion des Kaolinits in der Papierindustrie eingesetzt. Noch heute werden in Cornwall große Mengen Kaolin abgebaut [3,4]. 12 Kaolin Willam Cookworthy Wedgwoods Interesse an Chemie führte zu chemischen Forschungen mit Porzellan. 1775 stellte Wedgwood in seinem Betrieb einen Chemiker ein, der außerdem seinen Söhnen Chemie beibrachte. Er selbst hatte größtes Interesse an experimenteller Forschung und entwickelte ein Pyrometer, mit dem er im Unterschied zum Quecksilberthermometer welches auf dänischen Astronomen Ole Rømer (25.09.1644 Århus - 19.09.1710 Kopenhagen) 1702/03 und den Physiker und Instrumentenbauer Daniel Gabriel Fahrenheit (24.05.1686 Danzig - 16.09.1736 Den Haag) Ole Römer 1714 zurückgeht - hohe Temperaturen messen und damit beim Brennprozeß die Temperatur bestimmen konnte [1,2,5]. Die Messung der Temperatur glühender Schmelzen oder glühender fester Körper mit dem Pyrometer beruht auf der von diesen Körpern ausgesandten Strahlen. Außer den Pyrometern im engeren Sinne (optische oder Strahlungs-Pyrometer) wurden gelegentlich alle Instrumente zur Messung hoher Temperaturen als Pyrometer bezeichnet, so auch die von Wedgwood beschriebenen Pyrometer [6,7,8]. F. Fischer schrieb 1877 darüber [9]: 13 „Bereits im Jahre 1782 setzte Wedgwood Thon in Kugel-, Cylinder- oder Würfelform der zu messenden Hitze aus und berechnete die Temperatur aus dem Schwinden desselben. Sein Nullpunkt war bei 1000 °F (538 °C), die höchste von ihm erreichte Temperatur 160° seines Pyrometers, angeblich 20 848 °F oder 11 562 °C. Man machte jedoch, als andere Pyrometer bekannt wurden, bald die Beobachtung, daß diese Temperaturbestimmungen völlig unzuverlässig sind“. Im Prinzip handelte es sich bei dem Pyrometer von Wedgwood um ein ähnliches Verfahren, wie die später von August Hermann Seger (26.12.1839 Posen - 30.10.1893) eingeführte Messung mit Kegeln. Im Unterschied zu Wedgwood kannte Seger die Schmelzpunkte seiner Kegel. Seger hatte die Zusammensetzung seiner Kegel aus Mischungen von Kaolin, Sand, Feldspat und Marmormehl so unterschiedlich gewählt, daß sie je nach Zusammensetzung in einem bestimmten Temperaturintervall schmolzen. Dazu setzte er drei Kegel mit ansteigendem Schmelzpunkt in den Ofen. War der erste Kegel mit dem niedrigsten Schmelzpunkt geschmolzen und stand der Kegel mit dem nächst höheren Schmelzpunkt noch, so war die Temperatur des zweiten Kegels erreicht. Die Seger-Kegel wurden z. B. in der ZementHermann Seeger industrie bis in die fünfziger Jahre beim Brennprozeß des Zements eingesetzt. Durch Einführung riesiger Drehöfen mußten andere Temperaturmeßmethoden gewählt werden [10]. 1783 wurde Josiah Wedgwood Mitglied der Royal Society. Bereits vorher war er Mitglied der Lunar Society (Mondgesellschaft) in Birmingham geworden, welche 1766 von dem Ingenieur Matthew Boulton (03.09.1728 Birmingham - 18.08.1809 Birmingham), dem Physiker William Small (1734 - 1775), dem Arzt und Dichter Erasmus Darwin (12.12.1731 Elton (Nottinghamshire) - 18.04.1802 Breadsall Priory (bei Derby)), dem Fabrikanten Samuel John Galton jr. (1753 Birmingham - 1832), dem Chemiker, Geologen und Industriellen James Keir (1735 - 1820), gegründet worden war. Die Lunar Society, Gesellschaft zur Förderung der Künste und Wissenschaften, verdankt ihren 14 Namen der Gewohnheit, die monatlichen Sitzungen jeweils am Montagabend während der Vollmondzeit abzuhalten, so daß die Mitglieder ihren Heimweg im Mondschein antraten. Sie wurden als „Lunatics“ (Verrückte) bezeichnet. Matthew Boulton William Small Erasmus Darwin Samuel John Galton jr. 15 James Kerr James Watt William Murdoch Joseph Priestley 16 Benjamin Franklin Josiah Wedgwood Die Lunar Society spielte in der Geschichte der industriellen Revolution in England eine besondere Rolle. Außer Josiah Wedgwood gehörte ihr der Arzt und Chemiker John Roebuck (1718 Sheffield - 17.07.1794) an, der mit einem anderen Mitglied, Samuel Garbett, die erste Schwefelsäurefabrik gründete. Weitere Mitglieder waren James Watt (19.01.1736 Greenock - 19.08.1819 Heathfield bei Birmingham), der die erste universell einsetzbare Dampfmaschine mit kontinuierlicher Drehbewegung und ökonomisch tragbarem Wirkungsgrad entwickelte, Joseph Priestley (13.03.1733 Fieldhead (Yorkshire) - 06.02.1804 Northumberland (Pa.)), Naturwissenschaftler, Philosoph und Theologe, William Withering (28.03.1741 Thomas Wedgwood Wellington (Shropshire) - 06.10.1799 Birmingham), der digitalis purpurea (roter Fingerhut) für die Behandlung von Herzkrankheiten 17 einführte, William Murdoch (21.08.1754 - 15.11.1839), der die Gasbeleuchtung entwickelte, John Wilkinson (1728 - 1808), der leistungsfähige Zylinderbohrmaschinen erfand, und schließlich Benjamin Franklin (17.01.1706 Boston (Mass.) - 17.04.1790 Philadelphia (Pa.)) als korrespondierendes Mitglied. Josiah Wedgwoods jüngster Sohn Thomas Wedgwood (14.05.1771 Etruria 11.07.1805) führte die Töpfertradition seines Vaters und Großvaters fort. Er studierte außerdem Chemie an der Universität Edinburgh. Er stellte aus weißem Ton durch Zusatz von Silbernitrat und -chlorid dunkle Töpferware her. 1802 beschrieb er eine Methode, Profile auf Papier und Leder abzubilden, indem er mit Silbersalzen unter Glas kopierte [11]. Wohnhaus von Josiah Wedgwood in Etruria Die Firma Wedgwood produzierte bis 1940 ihre Produkte in Etruria. Danach wurde die Fabrikation nach Barlaston nahe Stoke-on-Trent verlegt. Wedgwoods Wohnhaus in Etruria wurde ein Hotel. Noch heute nach über 200 Jahren kann man Wedgwood Steingut kaufen. Die Wedgwood Society of Great Britain, eine Gesellschaft für Wissenschaftler und Sammler der Wedgwood Töpferware, hat ihren Sitz in London. 18 Literatur [1] Dorn H (1976) Wedgwood, Josiah. In: Gillespie CC (Hrsg), Dictionary of Scientific Biography, American Council of Learned Societies 14: 213-214; Charles Scribner´s Sons, New York [2] Müller W (1989) Wedgwood, Josiah. In: Pötsch WR (Hrsg), Lexikon bedeutender Chemiker, Verlag Harri Deutsch, Thun, Frankfurt/Main: 447 [3] Robertson RHS (1989) History of clay research in Great Britain. The Mineralogical Society: 18-19 [4] Bergaya F, Beneke K, Lagaly G (2001) History and Perpective of Clay Science. ECGA (European Clay Group Association) Newsletter No. 4: 5-41 URL: http://www.uni-kiel.de/anorg/lagaly/ECGA/history.htm (18.11.2004) [5] Meyer K (1937) Fahrenheits Thermometer - Ole Rømers Thermometer. Naturwissenschaften 25: 237-238 [6] Wedgwood J (1782) An attempt to make a thermometer for measuring the higher degrees of heat. From a red heat up to the strongest that vessels made of clay can support. Philosophical Transactions of the Royal Society [London] 72: 305-326 [7] Wedgwood J (1784) An attempt to compare and connect the thermometer for strong fire. Described in Vol. 72 of the Philosophical Transactions. With the common Mercurial ones. Philosophical Transactions of the Royal Society [London] 74: 358-384 [8] Wedgwood J (1786) Additional observations on making a thermometer for measuring the higher degrees of heat. Philosophical Transactions of the Royal Society [London] 76: 390-408 [9] Fischer F (1877) Über Thermometer und Pyrometer. Dinglers Polytechnisches Journal 225: 272-278; 463-469 [10] Lange P (1989) August Hermann Seger (1839-1893). In: G. Buchheim, R. Sonnemann (Hrsg), Lebensbilder von Ingenieurwissenschaftlern. Birkhäuser Verlag, Berlin: 95-105 [11] Beneke K (1999) Thomas Wedgwood (1771 - 1805). In: Biographien und wissenschaftliche Lebensläufe von Kolloidwissenschaftlern, deren Lebensdaten mit 1996 in Verbindung stehen. Beiträge zur Geschichte der Kolloidwissenschaften, VIII. Mitteilungen der Kolloid-Gesellschaft. Verlag R. Knof: 60-69 URL: http://www.uni-kiel.de/anorg/lagaly/group/klausSchiver/Wedgwood.pdf (18.11.2004)