Artikel Fit altern mit James Bond im SGFK-Bulletin

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Artikel Fit altern mit James Bond im SGFK-Bulletin
Geschüttelt, nicht gerührt – Fit altern mit James Bond
Psychologisches Geschwafel über James Bond 007: Skyfall (2012)
Von Marc Stoll in SGFK-Bulletin, 2012
Im neuesten Abenteuer Skyfall , ab November 2012 im Kino, bekommt James Bond es mit einem Gegner
zu tun, der direkt im Machtzentrum des britischen Geheimdienstes wütet. Unter der Regie von Sam Mendes
liefern sich Daniel Craig und der diabolische Bösewicht Javier Bardem Dialoge der psychoanalytischen
Art. James Bond auf der Couch mit Mutterkomplex?
Dabei feiert der berühmteste und rüstigste Geheimagent der Welt doch seinen 50. Geburtstag. Happy
Birthday James! Wir Männer sind fasziniert, wie du trotz trockener Martinis und steter Reisetätigkeit fürs
Unternehmen immer noch so schlank und rank im Anzug daherkommst und auch in der Badehose eine gute
Figur machst.
Allerdings ist mir aufgefallen, dass du in den letzten Filmen etwas schwächelst und die Zeichen der Zeit
nicht spurlos an dir vorüber gegangen sind. Das üppige Brusthaar alter Tage ist weg, dafür ist dein Gesicht
unrasiert und von tiefen Furchen durchzogen. Ein bindungsunfähiger Killer warst du zwar schon seit „Dr.
No“, aber damals hast du Ursula Andres noch ein Ständchen am Strand gesungen bevor du sie verführt hast.
Heute ist das mit den Frauen komplizierter geworden als bei Sean Connery, Roger Moore und Pierce
Brosnan. Bei Skyfall kommt das Gefühl auf, dass dich der blondierte Bösewicht Silva (Javier Bardem)
sexuell mehr anzieht als das brünette Bond-Girl. Klinische Psychologen und Forensiker wie Frank
Urbaniok haben ja schon lange vermutet, dass hinter deinem manipulativen Machogetue entweder eine
Psychopathie-Diagnose oder eine latente Homosexualität schlummert. Auf jeden Fall ist das mit der Liebe
schon dubios, wenn gerade M, die Übermutter des Geheimdienstes zur Frau, respektive zum „Bondwomen“
wird.
Aber was kümmert dich all dieser ganze Psychokram. Schliesslich setzt du dich beim Entschärfen einer
Atombombe fürs Gesamtwohl der Menschheit ein.
Was uns aber wirklich interessiert ist, wie du nach 50 Jahren im Dienste ihrer Majestät es schaffst, immer
wieder am Puls der Zeit zu bleiben. Das Geheimnis liegt, wie wir im Film mitbekommen, an deinem
Hobby, der „Wiederauferstehung“. Du bleibst am Ball, auch wenn dich alle abschreiben und in Rente
schicken wollen. Auch im Lifestyle bist du dir über all die Jahre auf hohem Niveau treu geblieben. Fährst in
Skyfall den zeitlos schicken Aston Martin, bindest dir eine Fliege um und gehst unbeirrt als Gentleman
deinen Weg. Andrerseits bist du „der“ Trendsetter schlechthin, bekommst von Q die neuesten Gadgets, bist
loyal zu deiner Chefin und lässt seit Casino Royal auch Einblick in dein Seelenleben zu. Gerade bei
Männern deines Schlages kann ein runder Geburtstag zum Selbsterfahrungskatalysator werden, der einen
zurück in die Vergangenheit führt. Wie sonst ist es erklärbar, dass zum 50. Geburtstag der Showdown auf
dem schottischen Landgut deiner verstorbenen Eltern stattfindet. Was viele nicht wissen; deine Mutter war
Schweizerin. Monique Delacroix wird vom Bond Erfinder Ian Fleming als sportliche Version einer AlpenCoco Chanel beschrieben, die selbstbewusst, witzig und auch etwas frivol sich einen Schotten geangelt hat.
Das erklärt auch, wieso du als Brite Skifahren kannst wie Didier Cuche und flirten wie Gigi von Arosa.
Dein grösster Pluspunkt liegt aber im beherzten Handeln. Du bist und bleibst ein Mann der Tat. Hier
unterschiedest du dich von deinen Gegenspielern. Und von vielen Psychologen. Beide Berufsgruppen,
Schurken wie Psychologen, haben die Angewohnheit, mehr zu schwatzen als zu handeln. Statt dich zu
Liquidieren ereifert sich jeder Bösewicht in grössenwahnsinnigen Monologen und lässt dich
davonkommen. Nach 50 Jahren James Bond müsste sich dieser Kapitalfehler doch langsam in der
Unterweltschule herumgesprochen haben. Aber nein, das gleiche Spiel passiert immer aufs Neue. Wie bei
Täglich grüsst das Murmeltier.
Aufmerksame Kinobesucher hätten diese Lektion bereits 1966, zur Zeit des ersten Bond-Films, lernen
können. Im italienischen Western 2 glorreiche Halunken von Sergio Leone wird die Wichtigkeit beherzten
Handelns exemplarisch in der Badewannenszene auf den Punkt gebracht. Tuco, ein guter Ganove, wird von
einem bösen Ganoven nackt in der Badewanne überrascht. Obwohl das mit Gut und Böse bei Western so
eine Sache ist. Für den Zuschauer ist auf jeden Fall klar, dass Tucos letztes Stündlein geschlagen hat. Statt
abzudrücken gibt der Schurke aber Geschichten zum Besten und wedelt selbstverliebt mit der Pistole
herum. Dann hört man ein Klicken und Tuco gibt in der Badewanne einen Schuss ab. Zwei Dinge können
wir daraus lernen. Erstens war es zur Zeit des Wilden Westens salutogenetisch klüger, eine Pistole statt eine
Seife mit in die Wanne zu nehmen. Zweitens darf man Reden nicht mit beherztem Handeln verwechseln.
Diese Botschaft überliefert Tuco dem Toten gleich mit indem er zu ihm sagt: „Wer schiessen will soll
schiessen und nicht quatschen“. Ich gebe zu, das ist triviale James-Bond-Küchenpsychologie. Doch wie oft
ertappen wir Klienten und uns selber dabei, dass wir Impulse haben, diese aber nicht zu Ende führen. Somit
lege ich allen Lesern den Gang ins Kino wärmstens ans Herz. Gute Filme bringen den Körper in
Schwingung, machen klüger, schöner, jünger und vor allem gesünder. In diesem Sinne, wünschen wir
James Bond für die zweite Lebenshälfte alles Gute.