Waschmittel, Waschgeräte und Waschplätze vom Mittelalter

Transcription

Waschmittel, Waschgeräte und Waschplätze vom Mittelalter
Waschmittel, Waschgeräte und Waschplätze vom Mittelalter bis zum 19. Jahrhundert
In früheren Zeiten war das Wäschewaschen sowohl aufgrund der „Waschmittel“ als auch der
Waschmethoden eine derartig anstrengende und auch zeitraubende Beschäftigung, dass
nicht täglich, zumeist nicht einmal wöchentlich gewaschen werden konnte. Z. Z. der Buchenholzasche als Waschmittel musste das Waschgut je nach Beschaffenheit der „Waschlauge“
und Verschmutzungsgrad der Wäsche stunden-, teilweise auch tagelang in der Lauge ziehen. Diese Methode, die als besonders gewebeschonend galt, wurde in ländlichen Gegenden zum Teil noch in den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts praktiziert, so z. B. bei den großen Herbst- und Frühjahrswäschen in Westfalen. Dies waren jedoch nicht die einzigen Termine der „großen Wäsche“:
Das Bleichen der Wäsche, verbunden mit dem Waschen, war eine Saisonarbeit, die vom
Frühjahr bis zum Herbst durchgeführt wurde. In Warendorf, dem alten westfälischen
Bleichzentrum, wurde neues Leinen viermal in der Saison gebleicht und gebückt (= gewaschen). Für das Leinen des Haushalts muss man das Bleichen der Wäsche verbunden mit
dem Waschen von Leinen, also der Tisch- und Bettwäsche, mind. dieselben Zeitintervalle
annehmen.
Abb. 1: Wäschebleiche in Holland
Abb. 2: Wäschebleicherinnen in Frankreich
Aus den unterschiedlichsten Berichten geht hervor, dass offensichtlich auch die Weißwäsche
häufiger gewaschen wurde:
• Gudrun wurde in der Sage von Königin Gerlind gezwungen, nicht nur die Leibwäsche des gesamten Hofes, sondern auch die „Grobwäsche“ zu waschen. Dazu musste
sie Sommer wie Winter täglich barfuss an den Strand.
• In den mittelalterlichen Klöstern waren neben dem „lavendarius“ noch Waschfrauen fest angestellt. Wäre nur selten gewaschen worden, hätte man die Waschfrauen auch
als „Zeitarbeiter“ einstellen können.
• Außer den „Wäsche-Mägden“ (s. u.) verzeichnet das Fuggersche Haushaltsbuch aus dem 16. Jahrhundert noch
fünf „regelmäßig“ (was immer das bedeuten mag) ins
Haus kommende Waschfrauen..
• Offenbar noch häufiger konnte die große Wäsche durchgeführt werden, als man die Wäsche in Seifenlauge aufkochte und somit die Einwirkzeit auf wenige Stunden verkürzte. Dies ist seit dem 18. Jahrhundert bis zur Mittel des
Abb. 3: Wäschemagd
20. Jahrhunderts die verbreitetste Behandlung der Weißwäsche in Mitteleuropa.
Die Leibwäsche dagegen wurde viel häufiger gewechselt und gewaschen, wenn auch nicht wie heute üblich - annähernd täglich. So sind im Haushaltsbuch der Fugger zu Beginn des
16. Jahrhunderts
„Wäsche-Mägde, jüngere ledige Dirnen, so die eingeschwärzte Wäsche wöchentlich von
denen Studenten und anderen Stuben zusammentragen, selbige waschen und wieder zu
überbringen pflegen“
aufgeführt.
Parallel zum Beruf der
Waschfrau entwickelte sich
etwa ab dem 16. Jahrhundert
geradezu eine WäschereiIndustrie: Speziell für die
„städtischen“
Großbürger
und Adligen, die aus Mangel
an Wäscheplätzen keine
Lohnwaschfrauen anstellen
konnten oder wollten, haben
sich in verschiedenen Dörfern Wäschereien so entwickelt, dass man direkt von
Wäscherei-Dörfern sprechen
kann, z. B. Ziegelhausen in
Baden, Potsdam bei Berlin
und Beuel bei Bonn. Interessanterweise ließ das französische Königshaus nicht
im Wäschereidorf St. Cloud
bei Paris, sondern in Holland
in der Nähe von Amsterdam
waschen.
Abb. 4: Wäscherinnen (Santons – Provenzalische Krippenfiguren)
Diese Beispiele zeigen, dass in früheren Zeiten zwar weniger gewaschen wurde als heute,
aber bei weitem nicht so selten, wie häufig angenommen wird. Die Weißwäsche- als Stolz
der Hausfrau - war sicher nicht länger in Benutzung als heute, so dass die Mengen an zu
waschender Weißwäsche vergleichbar sind. Während sich früher die Wäschemengen auf
nur einige Waschtage im Jahr konzentrierte, wird diese Menge heute gleichmäßig über das
Jahr verteilt gewaschen. Ähnliches gilt auch für die Leibwäsche: Sie wurde früher zwar länger getragen als heute, dafür aber war sie auch entsprechend verschmutzter. Dies kann man
heute noch feststellen:
Wenn man die auswechselbaren Manschetten, Krägen und Vorsatzhemden aus der Zeit
der Jahrhundertwende (19./20. Jht.) betrachtet, stellt man fest, dass bei diesen Stücken,
wenn sie gebraucht und gewaschen waren, sich feste Schmutzränder angesetzt hatten,
die auch mit modernen Waschmitteln nicht bei der heute üblichen und wirksamen Behandlung entfernen lassen.
Wie schon erwähnt, war Seife schon in vorrömischer Zeit bei den Ägyptern bekannt. Wahrscheinlich kam die Kunst der Seifenproduktion über Nordafrika mit den Phöniziern und Karthagern in den europäischen Mittelmeerraum. Plinius beschreibt, dass die Gallier Seife aus
Ziegen- bzw. Schaffett und Buchenasche zubereiteten. Allerdings benutzten auch die Gallier
Seife als kosmetisches Mittel zur Haarverschönerung. Zu Reinigungszwecken wurde Seife in
Gallien erst in spät- bzw. nachrömischer Zeit verwendet. Vermutlich erhielt die Seifensiederei
in Südfrankreich einen Aufschwung durch die häufig einfallenden sarazenischen bzw. mauri-
schen Piraten, die zeitweise hier siedelten, wie noch
heute geographische Namen erkennen lassen, wie z.
B. „Massive des Maures“ (Gebirge der Mauren bei
Marseille) oder der Ortsname „Mouriès“, der sich
ebenfalls von „Mauren“ ableiten soll. Etwa seit dieser
Zeit (2./3. Jahrhundert n. Chr.), spätestens aber seit
der Invasion der Mauren in Spanien und teilweise in
Südfrankreich (7. Jahrhundert) wurde die Seife optimiert, indem statt tierischem Fett Olivenöl verwendet
wurde. Die beinahe industrielle Seifenproduktion
begann unter Karl dem Großen, der im „Capitulare de
villis vel curtis imperii“ verlangte, dass auf jedem der
Meierhöfe ein Seifensieder angestellt ist (Kapitularien
sind, wie der Name sagt, in Kapitel gegliederte Erlasse und Verordnungen von gesetzgeberischem,
administrativem oder religiösem Charakter). Im Lauf
der Zeit wurde die Asche durch Alkali ersetzt, wodurch die Seifenqualität noch mehr verbessert wurde.
Allerdings stellte man auch fest, dass Holzasche allein auch eine gute Waschwirkung hatte. Man kann
also davon ausgehen, dass sich in der Zeit nach der Urin- und Kotwäscherei zwei Waschmittelrichtungen entwickelten, die dann bis ins 20. Jahrhundert nebeneinander existierten,
und zwar Seife auf der einen Seite, Waschlauge aus Pflanzenasche auf der anderen.
Abb. 5: Seifensiederin
Abb. 6: Seifenherstellung in Frankreich (Savon de Marseille): Oben links: Olivenernte, oben rechts: Ölmühle,
Mitte: Sodaherstellung, unten links: Seifenmanufaktur, unten rechts: Waschen mit Seife
Holzasche fiel in den Haushalten als Abfallprodukt an, sie entstand sowohl bei der Speisenzubereitung als auch der Heizung des Hauses. Ein Vergleich zwischen Aschenproduktion
und Waschmittelverbrauch wird später noch beispielhaft gezeigt. Die Asche, die zu einer
Waschlauge mit Wasser vermischt wird, enthält enthärtende Substanzen wie Phosphat und
als reinigende Stoffe basische Alkali- und Erdalkaliverbindungen, die selbst schon als
„Bleichsoda“, erhitzt mit Fett aus der Wäsche (Schweiß, Körperfett, Wollfett u. ä.) sogar seifenartig wirken. Vermischt man 1 kg Asche mit 10 l Wasser, enthält die daraus entstehende
Waschlauge:
Inhaltsstoff
P2O5
K2CO3
CaO
CaO
Anteil [%]
0,95 - 8,65
50 - 80
20 - 48
Mittelwert [%]
5
65
34
Menge [g]/10 l
50
65
34
3
Herkunft
Asche
Asche
Asche
Wasser (30° dH)
In 10 l Waschlauge sind also enthalten:
5 Mol K2CO3
6 Mol CaO
bzw. 6 Mol Ca(OH)2
0,3 Mol P2O5
bzw. 0,6 Mol H3PO4
Hier gehen folgende Reaktionen vonstatten:
• 6 Mol Ca(OH)2 + 0,6 Mol H3PO4 → 0,45 Mol Ca3PO4 + 5,55 Mol Ca(OH)2
• 5,55 Mol Ca(OH)2 + 5 Mol K2CO3 → 5 Mol CaCO3 + 10 Mol KOH + 0,55 Mol
Ca(OH)2
Calciumcarbonat und Calciumphosphat sind schwerlöslich und fallen aus. Calciumhydroxyd
und Kaliumhydroxyd werden als Waschlaugeninhaltsstoffe in die Wäsche eingebracht.
Deutlich wirksamer als reine Holzasche war die Asche verschiedener halophiler (salzliebender) Strandpflanzen insbesondere im Mittelmeerraum. Von besonderem Interesse war Salicornia ssp. (Abb. 160 a) und Salsola kali (Abb. 160 b), das Kalisalzkraut. Die Asche dieser
Pflanze ist - wie schon aus dem Namen hervorgeht - sehr kaliumreich und bildet somit ohne
weitere Zusätze eine sehr wirksame alkalische Waschlauge. Da die Strandpflanzenasche
allerdings nur in unmittelbarer Meeresnähe angewendet werden konnte, setzte sich ihre
Verwendung auch in der Provence nicht durch. Eine weitere Verbesserung war die Verwendung des schäumenden Wurzelaufgusses von Saponaria officinalis (Seifenkraut, Abb. 216
c). Außer der reinigenden Alkaliwirkung hatte der Aufguss
aufgrund der Schaumbildung
eine ähnliche Wirkung wie die
modernen Tenside:
• Herabsetzung der Oberflächenspannung des Wassers
• Umhüllung der abgelösten
Schmutzpartikel
mit
Schaum zur Entfernung
vom Gewebe.
a
b
c
Obgleich Saponaria in der ProAbb. 7: Waschmittelpflanzen: a. Salicornia sp., b. Salsola kali,
vence heimisch ist, setzte sich
c. Saponaria officinalis
auch dieses Waschmittel nicht
durch. Verwendet man den o. g. Wurzelaufguss, hat man zwar ein sehr gutes Waschmittel,
die Anwendung an öffentlichen Waschplätzen war jedoch aus technischen Gründen kaum
möglich, da der vorbereitete Wurzelaufguss in größeren Volumina zum Waschplatz transportiert werden musste und dann aufgrund des Wasserflusses in den Waschbassins nur in
einem separaten Waschbecken mit stehendem Wasser hätte verwendet werden können, d.
h. mit diesem Waschmittel konnte eigentlich nur im heimischen Hof in einem Zuber gewa-
schen werden, aber selbst dort setzte sich die reine Aschenwäsche oder das Waschen mit
Seife durch (s. u.), da zur Herstellung eines Wurzelaufgusses ganze Pflanzen gerodet werden mussten. Dies hätte oder hat sogar vermutlich den Bestand dieser Pflanze gefährdet, da
sie nie als Kulturpflanze angebaut wurde. Die Verwendung der krautigen Teile von
Saponaria wäre ohne Schädigung des Bestandes möglich gewesen; da auch diese Teile
reichlich Saponin, d. h. das „Naturtensid“ enthalten, andrerseits aber auch das Chlorophyll in
großer Menge im Aufguß vorhanden wäre und
somit „Grasflecken“ in der frisch gewaschenen
Wäsche vorprogrammiert wären. Bei einer Veraschung der krautigen Teile wäre die Wirkung
des Saponins weitgehend verloren gegangen,
so dass gegenüber normaler Holzasche kaum
ein Vorteil vorhanden gewesen wäre. Aus diesen Gründen setzte sich das Waschen mit
Pflanzenaufgüssen oder –asche nicht durch.
Das Waschen mit Holzasche dagegen hielt sich
lange Zeit, teilweise noch bis ins 20. Jahrhundert. Allerdings wurde dieses Waschmittel überwiegend in den Bugadiers verwendet, da eine
gute Wirkung nur mit heißem Wasser und bei
längerer Einwirkzeit gewährleistet war.
Abb. 8: Waschen in Schottland (I. Cruikshenk
1756 – 1810)
Die römische Waschmethode des Stampfens
der Wäsche mit den Füssen hielt sich teilweise
noch sehr lange, wie die Darstellung der Wäscherei in Schottland Ende des 18. Jahrhunderts
zeigt. Andrerseits wurden aber die Waschmethoden optimiert, indem man mit „fließendem“
Wasser wusch.
Die Verwendung der bisher angesprochenen Waschmittel war beim Waschen in fließenden
Gewässern aus technischen Gründen nicht möglich, da neben anderen Gründen auch die
Einwirkzeit zu lange ist. Da in nachrömischer Zeit die römischen Wäschereien nicht mehr in
Gebrauch waren, die Bugadiers aber erst seit dem 16. Jahrhundert verwendet wurden und
zudem – nach heutigen Erkenntnissen - überwiegend in Schäfereien anzutreffen waren,
musste es zwangsläufig andere Einrichtungen gegeben haben, wo die Wäsche gewaschen
wurde.
Man kann davon ausgehen, dass ursprünglich am offenen Fluss oder Wassergraben gewaschen wurde. Teilweise wurde diese Methode bis ins 20. Jahrhundert angewendet, wie das
Beispiel der französischen Soldaten im 1. Weltkrieg bzw. der bretonischen Wäscherinnen
1913 zeigt. Eine Verbesserung waren die offenen Waschplätze, die offenbar sehr beliebt
waren, da das Waschen dort ein „gesellschaftliches Ereignis“ war, die Hausfrauen konnten in
Ruhe miteinander reden, wie ein altes provenzalisches Sprichwort zeigt: Lou lavadou es lou
tubet dei femo (Die Wascheinrichtung [-haus/-platz] ist die Kneipe der Frauen). Der Waschplatz von Mouriès war zwar etwa 6 Kilometer vom Dorf entfernt, erfreute sich aber bis in die
30er Jahre des 20. Jahrhunderts großer Beliebtheit. Am Waschtag zogen die Frauen am
frühen Morgen dorthin, wobei sie die Wäsche entweder im Kinderwagen transportierten oder
sie von den Männern per Schubkarre hinfahren ließen.
Abb. 9: Französische Soldaten (etwa 1915) und bretonische Wäscherinnen (1913) beim Waschen am Bach
Abb. 10: Offener Waschplatz bei Mouriès: Anfang des
20. Jht. in Benutzung und heutiger Zustand
Eine deutliche Verbesserung der Waschanlagen war in Südfrankreich die Entwicklung der
Waschhäuser. Auch die Waschhäuser waren ein Ort „sozialer Kontakte“, deshalb wurden sie
bis in die 50er Jahre des 20. Jahrhunderts regelmäßig benutzt, einige sind auch heute noch
in Benutzung. In Maussane des Alpilles gibt es heute noch zwei Waschhäuser, ein kleines
sehr altes und ein moderneres, das zur Zeit Napoleon III, also zwischen 1850 und 1870 erbaut wurde. Die Damen des Dorfes benutzten nie das „moderne“, da man im alten Waschhaus sich regelmäßig traf und
die neuesten Informationen
austauschen konnte. Altere
Maussanerinnen trauern dieser
Zeit heute noch nach. Das modernste Waschhaus in der
Provence wurde 1936 erbaut,
leider ist es heute abgerissen
und musste einer Bank weichen. Wie alle Tätigkeiten, die
aus dem vorrevolutionären
Frankreich stammen, ist auch
das Waschen mit Heiligen verbunden. Der Heilige Rochus
als geheilter Aussätziger ist
der Schutzpatron der Wäsche(hygiene), in La Penne sur
Huveaune bei Marseille gibt es
eine „Notre Dame des Lavoirs“
(Unsere liebe Frau der Wascha
b
häuser), eine sehr schöne baAbb. 11: Wäscherei-Heilige. a. Notre-Dame-du-Lavoir, b. Saint Roche
rocke Statue. Beide Schutzpat-
rone werden auch im laizistischen Frankreich heute noch verehrt.
Je nach örtlicher Situation wurden die Waschhäuser so an den Fluss gebaut, dass man direkt darin waschen konnte. Andere Waschhäuser waren so angelegt, dass ein Teil des Baches durch das Waschhaus geleitet wurde. In einigen Fällen wurden die Waschhäuser an
Quellen oder Brunnen angelegt. In allen Fällen war das Waschhaus so angelegt, dass das
Spülbecken mit Frischwasser versorgt wurde, während das Waschbecken mit dem Spülwasser gespeist wurde, wie das Schema zeigt.
1
Waschrichtung
3
Ablauf
Zulauf
Fließrichtung
Waschen
5
6
4
2
Spülen
Abb. 12: Waschhausschema. 1.Zulauf, 2. Abfluss, 3.
Spülen, 4. Waschen, 5. Querwand, 6. Beckenrand
Ein großer Vorteil der Waschhäuser war der sehr breite Rand des Waschbeckens aus einer
abgeschrägte Steinplatte, auf der die Wäsche zur mechanischen Behandlung geschlagen
oder mit dem Pleuel (oder Bleuel) behandelt werden konnte. Eine Art Pleuel war schon den
alten Ägyptern bekannt, wie aus dem Wandbild um 600 v.C. hervorgeht. In Europa findet
man die älteste schriftliche Erwähnung des Pleuels in einer deutschen Handschrift aus dem
10. Jahrhundert wird der Bleuel unter dem Namen „ Vascuipluil“ (vascui = Wäsche und pluil
= Pleuel oder Bleuel). Es gibt Bleuel unterschiedlicher Form und Größe. Wenn der Rand des
Beckens nicht hoch genug war, um im Stehen zu arbeiten, mussten die Wäscherinnen im
Knien waschen. In diesem Fall benutzten sie „caisses“ (Kisten). Die Waschbretter dagegen
waren eine Erfindung des 19. Jahrhunderts.
Das wichtigste und gebräuchlichste Waschmittel an den öffentlichen sowie privaten Waschplätzen war die Seife. Zur beliebtesten Seife zum Waschen wurden die würfelförmigen Hartseifen, die aus großen Seifenblöcken geschnitten wurden. Bei der Herstellung auf dem Hof
war die Seife nicht ganz so hart, so dass sie mit Drahtschlaufen geschnitten werden konnte.
Nach der französischen Revolution nahm die Heimproduktion stetig ab und die Seifen wurden von den Manufakturen gekauft. Diese Seifen kamen deutlich härter aus der Produktion.
Die Blöcke wurden als erstes auf die Höhe, die einem Seifenstück entspricht, gepresst und
geschnitten. In einem weiteren Schritt wurden sie mit einer Drahtvorrichtung in entsprechende Stücke zerlegt, die dann nochmals durch Pressen entwässert wurden.
Zum Waschen wurden die Seifenstücke entweder vor dem Gang zum Waschhaus zu Hause
oder direkt am Waschhaus geraspelt. Zumeist wurde eine geraspelte Menge mitgenommen,
die so bemessen war, dass sie für die gesamte Wäsche ausreichte.
Neben der Waschhaus- oder Waschplatzkultur wurde üblicherweise auch auf dem Hof
neben dem hauseigenen Brunnen gewaschen. Zumeist wuschen dort die älteren Frauen,
denen der Weg zu Waschhaus bzw. –platz zu beschwerlich war, die sog. kleine Wäsche.
Aufgrund der Witterungsverhältnisse in Südfrankreich konnte man annähernd das ganze
Jahr im Freien waschen.
a
d
b
Abb. 13: Seifenherstellung. a. Rohseife, b.
Blockpresse, c. Stückeschneider, d. Stückpresse
und Seifenstücke im Hintergrund (Pfeil)
c
Abb. 14: Kleine Wäsche im Hof um 1920
In Villeneuve, einer Ansiedlung von wenigen Häusern in der Camargue existierte nie
ein öffentliches Waschhaus. In einer Bergerie (Schafzucht, heute Restaurant) wurde
die Wasserversorgung für Haus und Hof
über einen Ziehbrunnen geregelt. Normalerweise dient die Tränke zur Versorgung der
Schafe. Am Waschtag allerdings wurde aus
der Tränke ein Waschbassin mit einem
Wasch- und einem Spülbecken. Becken mit
dieser Doppelfunktion werden im Provenzalischen als „abéuradou“ bezeichnet, das
nicht direkt übersetzbar ist und auf französisch mit dem Ausdruck „abreuvoir“
(Schwemme) umschrieben wird. Ursprünglich war die heute auf der Seite liegende
Tränke auf steinerne Böcke gestellt, so
dass sie optimale Trinkhöhe für Schafe
hatte und damit auch beim Waschen nicht
allzu unbequem war. Dazu wurde das Becken am Oberende eimerweise aus dem Brunnen
mit Wasser gefüllt (Spülteil), bis auch der Waschteil (rechts) über die Überlaufkerbe gefüllt
war. Am Ende des Beckens ist ein Ablauf in Bodennähe der während der Nutzung durch ein
Holzstück verschlossen war. Da die Tränke allerdings keinen abgeschrägten Rand zur Wäschebearbeitung hatte, wurde die Wäsche während des Waschvorgangs üblicherweise auf
einem Stein oder einer Steinbank bearbeitet. Anschließend wurde die Wäsche auf der
Hauswiese getrocknet und gebleicht.
Abb. 15: Villeneuve: Brunnen und Tränke, die
wechselweise zum Waschen und als Viehtränke diente
Während sich in Südfrankreich die Waschhauskultur entwickelte, entstanden in den nördlicheren Teilen Europas die Wäscheschiffe oder Wäschepontons auf den Flüssen, die zum
Teil noch im 20. Jahrhundert in Benutzung waren. Obwohl hier immer fließendes Wasser zur
Verfügung stand, wurde – vergleichbar zu den Waschhäusern – flussaufwärts gespült und
flussabwärts mit Waschmittel, in der Regel ebenfalls Seife, gewaschen. Die gewaschene
Wäsche wurde bis zum Ende des Waschens über die Reling gehängt. An den Wäscheschiffen konnte naturgemäß nur mit kaltem Wasser gewaschen werden, so dass auch hier die
mechanische Behandlung im Vordergrund stand.
Im Laufe der Industrialisierung,
besonders ab etwa der wilhelminischen Gründerzeit änderte
sich das Waschverhalten ausgehend von den Städten. Es
wurden Waschküchen eingerichtet, die bis in die 60 er Jahre
des 20. Jahrhunderts in Betrieb
waren. Es kamen auch neue
Waschmittel auf den Markt. Dies
war aber überwiegend eine
Entwicklung des 20. Jahrhunderts.
Abb. 16: Wäscheschiff, frühes 20. Jahrhundert
c
a
d
e
Abb. 17: Pleuel
......................................................................(Bleuel):
a. ägyptisch (600 v.C.)
b. spätmittelalterliche
Spielkarte
c. barock, Ruhrgebiet
b
d. 19. Jht., Provence
e. 18./19. Jht
f. Pleuel mit „caisse“ (Waschkiste), 19. Jht.
g. Waschbrett, Seife aus Marseille, Pleuel, 19./20. Jht.
f
g