Wissend Wandern, Wandernd Lernen vom 6. bis 9. Mai 2010 in den

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Wissend Wandern, Wandernd Lernen vom 6. bis 9. Mai 2010 in den
Wissend Wandern, Wandernd Lernen vom 6. bis 9. Mai 2010 in den Niederlanden in Westerbork mitten in der Provinz Drenthe. Am 6. Mai 2010 sind alle Teilnehmer mit Auto oder Zug um circa 13 Uhr in Westerbork angekommen. Wir übernachten in dem Hotel „Abdij de Westerburcht“. Nach einem in den Niederlanden üblichen Mittagessen, Brot oder Brötchen mit Käse oder Aufschnitt, steht die erste Wanderung auf dem Programm. In einer Stunde wandern wir durch Felder, Wiesen, Wald und Heide nach Orvelte. Orvelte ist ein kleines Museumsdorf, in dem heute noch Bauern wohnen. Altes Kopfsteinpflaster, Strohdachhäuser, ein Löschwasserteich, alte Handwerksbetriebe, ein Kolonialwarenladen und eine Schafherde lassen frühere Zeiten wieder aufleben. Nun ist es allerdings so, dass wir uns alle noch an vieles aus unserer Kindheit erinnern können. Sind wir darum vielleicht auch museumsreif? Es ist Tradition, dass wir am ersten Abend über neue und interessante Entwicklungen an den verschiedenen Universitäten berichten, aber genauso traditionell und vielleicht noch wichtiger ist der Programmpunkt: Gemütliches Beisammensein. In Westerbork kommt ein weiterer Programmpunkt dazu: Aussuchen eines geeigneten Fahrrades für den nächsten Tag. Das richtige Fahrrad zum Schlüssel suchen, Reifen eventuell aufpumpen, Sättel höher oder niedriger stellen und eine Proberunde drehen. Danach kann der gemütliche Teil des Abends beginnen.
1 Die Fahrräder stehen bereit für eine Radtour durch die Drentse Landschaft zum ehemaligen Lager Westerbork, aber es is kalt, es weht ein ziemlich starker Wind und es beginnt zu regnen. Das ist für viele doch eine zu unangenehme Situation. Vier Deutsche und die drei Einheimischen schwingen sich aber aufs Rad, die anderen ziehen das warme, trockene Auto vor. Erster Treffpunkt ist das Informationszentrum, in dem seit 1989 die Geschichte des Durchgangslagers Westerbork dargestellt wird.
2 Am Eingang des Geländes, auf dem das Durchgangslager gestanden hatte, werden wir von einer deutschen Studentin begrüßt, die hier ein freiwilliges Jahr im Rahmen der „Aktion Sühnezeichen“ absolviert. Es ist ihre erste Führung, und sie macht das sehr gut. Kurz vor dem Zweiten Weltkrieg wurde das „Zentrale Flüchtlingslager Westerbork“ von der niederländischen Verwaltung in der Provinz Drenthe gegründet, um die große Zahl der Flüchtlinge, insbesondere von Juden aus Deutschland und Österreich außerhalb der niederländischen Städte und Dörfer aufzufangen. Die damalige niederländische Regierung hatte, vorgeblich um die Freundschaft zu Deutschland zu bewahren, die Grenzen am 15. Dezember 1938 für Flüchtlinge geschlossen und stempelte sie so zu unerwünschten Ausländern, die keinesfalls integriert werden sollten. Die Flüchtlinge sollten in einem Lager, dessen Errichtung im Februar 1939 beschlossen wurde, zentral aufgefangen werden. Nach dem Einmarsch der deutschen Wehrmacht am 10. Mai 1940 wurde Kamp Westerbork im Rahmen der Besatzungspolitik weiter genutzt. Soweit sie sich meldeten oder festgenommen wurden, kamen alle in die Niederlande geflohenen jüdischen Deutschen und Österreicher hierher in Haft. Erst am 1. Juli 1942 wurde aus dem „Zentralen Flüchtlingslager Westerbork“ offiziell das „polizeiliche Judendurchgangslager Kamp Westerbork“ unter direkter deutscher Verwaltung. Dies stand im zeitlichen Zusammenhang mit dem Beginn der Deportationen am 15. Juni in die Vernichtungslager. Das Durchgangslager Westerbork war der Ort an dem von der SS fast alle Transporte zusammengestellt wurden. Am 14. Juli begannen die Transporte aus den Niederlanden ins Durchgangslager. Neben den überwiegend jüdischen Lagerinsassen wurden auch Sinti und Roma und Widerstandskämpfer im Lager festgehalten. Fast alle wurden mit dem Zug abtransportiert. Jeden Dienstag fuhr ein Güterzug aus Westerbork eine große Gruppe Häftlinge über Assen, Groningen und den Grenzbahnhof Nieuweschans nach „Osten“, überwiegend in die Vernichtungslager Auschwitz­Birkenau und Sobibór. Die jeweils von der deutschen Reichsbahn organisierte Fahrt dauerte ungefähr drei Tage. Der Zug wurde bis Nieuweschans von niederländischem Bahnpersonal betrieben und dort von deutschem Personal übernommen. Insgesamt wurden von 1942 bis 1944 mehr als 107.000 Juden aus Westerbork per Zug deportiert. Nur etwa 5.000 von ihnen überlebten und konnten zurückkehren. Das Durchgangslager Westerbork war Ausgangspunkt für etwa 101.000 der 107.000 aus den Niederlanden ins Deutsche Reich Deportierten. Die Züge hatten folgende Zielorte: Auschwitz (57.800; 65 Züge), Sobibor (34.313; 19 Züge), Bergen­Belsen (3.724; 8 Züge) und Theresienstadt (4.466; 6 Züge). Anne Frank war zwischen dem 7. August 1944 und dem 3. September 1944 in der Strafbaracke des Lagers interniert. Sie wurde über Auschwitz Ende Oktober 1944 in das KZ Bergen­Belsen gebracht, wo sie im März 1945 kurz vor der Befreiung des Konzentrationslagers an Typhus starb. Der letzte Zug fuhr am 3. September 1944 ab. Am 12. April 1945 wurde Westerbork von kanadischen Soldaten befreit. Zu diesem Zeitpunkt waren noch zirka 900 jüdische Häftlinge im Lager. Das Lager kam danach unter niederländische Verwaltung. Die ehemaligen Häftlinge mussten noch wochenlang im Lager bleiben, bevor ihnen die Heimkehr genehmigt wurde. (Wikipedia)
3 Vom Erinnerungszentrum führt ein Milchstraßenweg zum eigentlichen Geländes des Durchgangslagers vorbei an den 14 Parabolantennen, die Signale aus dem Weltall auffangen. Es kann sehr interessant sein, aber wenn es kalt und regnerisch ist, dann kann man ein Picknick im Freien, auch wenn man unter einem Dach sitzt, nicht sehr würdigen.
4 Der Abend macht das schlechte Wetter wieder gut. Ein Sjoel (sprich Schul – hat aber nichts mit Schule zu tun) Wettkampf steht auf dem Programm und zeigt, daß wir auch im Alter noch ehrgeizig sind und gewinnen wollen. Zwei Teilnehmerinnen möchten am liebsten eine „sjoelbak“ mit nach Hause nehmen, aber die Dinger sind doch sehr groß und sperrig. Der 8. Mai ist dann ein richtiger Wandertag. Mit einem „pannenkoekenbuffet“ als Unterbrechung gehen wir von Meppen über Aalden und Zweeloo wieder zurück nach Meppen. Drenthe lässt sich von seiner vielfältigsten Seite sehen. Wir erwandern Wiesen, Wälder, Felder, Heidegebiete, Wacholderhaine und alte ehrwürdige Bauerndörfer. In Zweeloo steht eine Kirche, die Vincent van Gogh noch gemalt hat. Van Gogh heute
5 In Drenthe gibt es nicht so viele Kulturdenkmäler wie zum Beispiel in Quedlinburg, Lemgo oder Celle, aber die Bewohner sind doch sehr kulturbeflissen. Das zeigen Anja van Berkum, Dineke Kelder, Anneke de Boer und Toos Vedder von der Seniorenakademie Groningen uns am Abend. Im Rahmen eines Europäischen Projectes (VECU – Virtuelles Europäisches Kulturzentrum) stellen sie uns fünf Niederländische Bücher vor, die sie für alle Europäer interessant finden. Das VECU­Projekt wird unter vecu.efos­europa.eu beschrieben. Ferdinand Bordewijk, Character W.F. Hermans,Nie wieder schlafen Harry Mulisch, Zwei Frauen Tommy Wieringa, Joe Speedboat Hella S. Haasse, Oeroeg Nach einer halbtägigen Wanderung über das Heidefeld Mantingerzand heisst es schon wieder Abschied nehmen. Noch ein kleines Mittagessen mit echten Niederländischen Kroketten, die allerdings nicht jedermanns Sache sind, fahren wir alle wieder nach Hause und freuen uns auf das nächste Treffen in der Nähe von Osnabrück vom 3. bis 5. Dezember.
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