Ulrich=Plenzdorf: Die neuen Leiden des jungen W.
Transcription
Ulrich=Plenzdorf: Die neuen Leiden des jungen W.
Ulrich=Plenzdorf: Die neuen Leiden des jungen W. Klausurfragen: 1) Beschreibe Edgars Verhältnis zur Arbeit 2) Beschreibe Edgar Wibeaus Beziehung zur Kunst und Literatur. 3) Beschreibe Edgar Wibeaus Beziehungen zu den Frauen. 4) Erkläre Edgar Wibeaus Tod und stelle die Unterschiede zu Werthers Tod heraus. 5) Beschreibe eine der Wirkungen von Plenzdorfs ‚Die neuen Leiden des jungen W.’ und versuche diese Wirkung zu erklären. Nimm dir Zeit bei der Beantwortung dieser Fragen. Ich rechne mit ungefähr 21/2 Seiten! Personen: Edgar Wibeau, 17 Jahre alt, ... • flieht aus einem Leben vorgegebener Normen, • will Natürlichkeit leben, • isoliert sich dabei von der Gemeinschaft und • ist am eigenen Tod schuld. Der Vater von Edgar, 36 Jahre alt, ... • ist ein verkrachter Maler der sein Brot als Statiker verdient, • hat seine Familie früh verlassen, • versucht das Schicksal seines Sohnes zu erfahren wobei er ... • die dramaturgische Funktion des ‚Boten aus der Fremde’ hat. Die Mutter, Else Wibeau, 45 Jahre alt, ... • ist Betriebsleiterin, • versucht Edgar an die/ihre Normen des Lebens heranzuführen und ... • treibt ihn so zur Flucht, weil sie seine Individualität einschränkt. Charlotte (Charlie) Schmidt, über 20, ... • ist Kindergärtnerin und Edgars erste große Liebe, • wird von Edgar nach Werthers Charlotte ‚Charlie’ genannt und ... • versucht auf ihn einzuwirken; • sie heiratet Dieter. Willi Lindner, wie Edgar ca. 17 Jahre, ... • ist Edgars Freund, • verhilft ihm zur Laube und wird, übers Tonband, dessen Ansprechpartner für die Liebesgeschichte mit Charlie. Dieter Schmidt, 25 Jahre alt, ... • kehrt nach seinem freiwilligen Dienst in der NVA zurück und nimmt sein Studium auf; • er versucht Edgar an die Alltäglichkeit und ihre Verpflichtungen, aber auch an die Gesetze der Kunst heranzuführen; • Dieter heiratet Charlie. Zaremba, bereits über 70 Jahre alt, ... • ist der personifizierte Fortschrittsglaube, Arbeitswillen und Gemeinschaftssinn; • er ist Edgars Vorbild, Spanienkämpfer und Kommunist. Addi Berliner ... • war Edgars Brigadeleiter und sein ‚bester Feind’; • Edgars Erfindung lässt ihn nicht los. Inhalt: Der 17-jährige Edgar Wibeau, der bei einem selbstverschuldeten Umfall ums Leben gekommen ist, verfolgt, kommentierend aus dem jenseits, die Nachforschungen seines Vaters. Die letzten Wochen in Edgars Leben wurden durch seinen Ausbruch aus der kleinbürgerlichen Umgebung in der Provinz bestimmt. In Berlin hat die Kindergärtnerin Charlie eine große Rolle gespielt: Die Beziehung zu ihr hat er seinem Freund Willi mit Hilfe von auf Tonband gesprochenen Werther-Zitaten geschildert, denn ihm war durch Zufall eine Ausgabe von Goethes Roman in die Hand gefallen. Er kennt den Autor allerdings nicht merkt jedoch, dass die Sprache, obwohl alt und aufgeblasen, genau seine Gefühle auszudrücken vermag. Er projiziert Werthers Liebe und Leiden auf sich und Charlie und erkennt Parallelen zum eigenen Leben. Nach seinem Tod sieht er seine Fehler ein. Bei dem Versuch, für die Malerbrigade, für die er gejobbt hat, selbstständig ein nebelloses Farbspritzgerät zu bauen, hat er versehentlich einen tödlichen Stromschlag erhalten. Chronologie und Schauplätze: ‚Die neuen Leiden des jungen W.’ spielen in der DDR um 1970, zuerst in der fiktiven Kleinstadt Mittenberg, später in Ost-Berlin. Sie umfassen die letzten drei Monate des Protagonisten (Ende September bis 24. Dezember). Aufbau: Der Text verwendet verschiedene literarische Strukturen (Anzeige, Dialog, Rollenprosa, Briefroman usw.): Er erscheint als Roman (1972 in der Zeitschrift Sinn und Form, 2. Heft und 1973 als Buch in der erweiterten Prosafassung) und als Theaterstück (1972 Uraufführung in Halle), wobei die formalen Kriterien der literarischen Form, wie bei einem Bewusstseinsstrom, hinter Edgars Kommentar zurücktreten. Dafür wird Goethes Briefroman zum Material, das Edgar für die Beschreibung seiner Situation nutzt. Der Text ähnelt in seinem Aufbau einem analytischen Drama. Stil und Sprache: Plenzdorf verwendet eine raffinierte Mischung unterschiedlicher sprachlicher Mittel: • Edgar spricht die (fiktive) Jugendsprache der DDR um 1970, die ... • ergänzt wird durch die literarische Sprache aus Goethes ‚Die Leiden des jungen Werthers’ (1774) und J.D. Salingers ‚The Catcher in the Rye’ (1951); ... • beides wird kontrastiert mit der Fäkalsprache Edgars, der Umgangssprache in den Dialogen des Vaters und Dieters und der formelhaften Funktionärssprache in Addis Dialogen und reden als Brigadeleiter. Interpretationsansätze: • Arbeit ist die wesentliche Vorraussetzung der Menschwerdung des Menschen – dies ist eine späte Erkenntnis Edgars. • Edgars Tod ist zufällig (Stromschlag) – Werthers Tod ist tragisch (Selbstmord): Parallelität und Unterschiede beider Biografien. Die Kommentierung des eigenen Todes ist ein genialer, bis dahin noch nie dagewesener Einfall, ähnlich genial wie der des Selbstmordes aus Liebe im ‚Werther’. • Es vollzieht sich ein Ablösungsprozess von natur zur urbanen Gestaltung, vom Alten zum Neuen. • Parallel zu diesem Ablösungsprozess stehen sich Idylle und soziale Gemeinschaft gegenüber. Rezeptionsgeschichte: • Die Wirkung war in beiden deutschen Staaten groß. • Die Diskussion in der DDR erfasste alle gesellschaftlichen Bereiche. • Es gab unterschiedliche Beurteilungen in der Literaturgeschichte. • Das Werk hat bis heute anhaltende Aktualität. Dramaturgischer Aufbau des Stückes: Tod Edgars als analytischer Gegenstand ⇑ 42.-52. ⇑ Charlie ⇑ ⇑ ⇑ Höhepunkt und Peripherie ⇑ ⇑ 28.-37. 53.-55. ⇑ Arbeit auf dem Bau Arbeit in der Laube ⇑ ⇑ ⇑ ⇑ ⇑ ⇑ ⇑ ⇑ ⇑ 2. 3.-4. 5. 6.-8. 9.-27. 38./55. Mutter Lehrling Kunsthochschule Laube Charlie/Dieter Tod ⇑→→→→→→→→→→→→→→→→→→→→→→→→→→→→→ Vom Vater besuchte Stationen des Stücks ⇑ 1. 38./55. ⇑Tod Edgars als Sachverhalt Tod Edgars als Ereignis ⇒⇒⇒⇒⇒⇒⇒⇒⇒⇒⇒⇒⇒⇒⇒⇒⇒39.-41. ⇒⇒⇒⇒⇒⇒⇒⇒⇒⇒⇒⇒⇒⇒⇒⇒⇒ Edgars Besuch beim Vater (retardierendes Moment)