TDF-Geschäftsbericht 2007/2008
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TDF-Geschäftsbericht 2007/2008
TERRE DES FEMMES Menschenrechte für die Frau e.V. Geschäftsbericht 2007/2008 TERRE DES FEMMES Menschenrechte für die Frau e.V. Inhalt 1. Einführung ................................................................................................................................................ 3 2. Öffentlichkeits- und Lobbyarbeit ....................................................................................................... 3 2.1. Themenübergreifende Öffentlichkeits- und Lobbyarbeit..................................................... 3 2.2. Öffentlichkeitsarbeit zu Schwerpunktthemen ........................................................................ 7 2.2.1. Kampagne 2006-2008 „FRAUEN SCHLÄGT MANN NICHT – NEIN ZU HÄUSLICHER GEWALT“ ............................................................................................................... 7 2.2.2. Arbeit gegen weibliche Genitalverstümmelung (FGM).................................................. 9 2.2.3. Arbeit gegen Ehrverbrechen .............................................................................................11 2.2.5. Frauenhandel .........................................................................................................................13 2.2.6. Weitere Themen .................................................................................................................13 3. Förderprojekte ....................................................................................................................................15 4. Finanzen und Fundraising...................................................................................................................16 4.1. Finanzen .........................................................................................................................................16 4.2. Fundraising.....................................................................................................................................16 5. Organisationsentwicklung .................................................................................................................19 5.1. Bundesgeschäftsstelle .................................................................................................................19 5.2. Ehrenamtliche ...............................................................................................................................21 5.3. Stiftung ............................................................................................................................................21 6. Fazit .........................................................................................................................................................22 2 TERRE DES FEMMES Menschenrechte für die Frau e.V. 1. Einführung Seit 1981 setzt sich TERRE DES FEMMES für ein selbstbestimmtes und freies Leben von Mädchen und Frauen ein. Das gesellschaftliche Bewusstsein für Menschenrechtsverletzungen an Frauen ist stark gestiegen und dazu hat TERRE DES FEMMES maßgeblich beigetragen, hat Begriffe wie „Ehrverbrechen“, „Zwangsheirat“ und „Weibliche Genitalverstümmelung“ in die öffentliche Diskussion eingebracht und hat nie nachgelassen, Missstände anzuprangern. Wir erreichen verschiedenste Bevölkerungsschichten und erhalten beachtliche Resonanz aus Politik, Wirtschaft, Medien und breiter Öffentlichkeit. Seit 1990 gibt es in Tübingen hauptamtliche Kräfte, deren Zahl beständig Christa Stolle Geschäftsführerin anwächst, um zunehmenden Anfragen und Anforderungen gerecht zu werden. Mit der Umsetzung der Vereinsrichtlinien und aktueller Beschlüsse und auch einem umfangreichen Tagesgeschäft sind in der Bundesgeschäftsstelle die Geschäftsführung, die inhaltlichen Referentinnen, die Verwaltungsfrauen, die Archivarin sowie die Redakteurinnen von Zeitschrift und Kalender befasst. Für bestimmte Aufgaben werden FreiberuflerInnen engagiert, v.a. in den Bereichen Grafik, EDV und Texte. Auch das jährliche Frauenfilmfest wird in freier Mitarbeit organisiert. Unsere inhaltlichen Arbeitsschwerpunkte liegen bei den Bereichen Genitalverstümmelung, Gewalt im Namen der Ehre, Frauenhandel und Migration, Häusliche Gewalt, Einzelfallbetreuung sowie Ausbeutung von Textilarbeiterinnen. 2007 wurde die im Vorjahr gestartete zweijährige Kampagne „FRAUEN SCHLÄGT MANN NICHT – NEIN ZU HÄUSLICHER GEWALT“ fortgeführt. Über unsere Arbeit zu diesen und vielen weiteren Themen sowie über die Entwicklung von TERRE DES FEMMES insgesamt möchte ich Ihnen auf den folgenden Seiten berichten. 2. Öffentlichkeits- und Lobbyarbeit 2.1. Themenübergreifende Öffentlichkeits- und Lobbyarbeit Zum 8. März 2007 stellten wir mit prominenten BotschafterInnen (Nina Hoss, Sibel Kekilli, Jochen Senf, Roger Willemsen) die von der Agentur Heymann Schnell konzipierte Dachkampagne „Gewalt gegen Frauen ist Alltag“ der Öffentlichkeit vor. Diese wurde weitergeführt, unter anderem mit einer Plakataktion auf Großwänden im Dezember in Berlin und einer viertelseitigen Anzeige in der FAZ vom 3 TERRE DES FEMMES Menschenrechte für die Frau e.V. 28. November. Dadurch konnten viele Menschen erreicht werden und es ist uns gelungen, Gewalt an Frauen ein Gesicht zu geben. Themen in den Blickpunkt der Öffentlichkeit rücken wir auch mit unseren Pressemitteilungen, z. B. zu dem Urteil einer deutschen Amtsrichterin, die sich auf den Koran beruft, zur Gesetzgebung zu Zwangsheirat, zu „Ehren“morden. 2007 haben wir 45 Pressemitteilungen über unseren umfangreichen E-Mail-Verteiler versendet (Vorjahr: 27). Zumeist ist die Resonanz groß und wir werden um Interviews und genauere Auskünfte gebeten. Oft werden wir auch von JournalistInnen um Stellungnahme zu tagesaktuellen Themen gebeten. Im TERRE DES FEMMES-Archiv wurden seit April vergangenen Jahres 483 Artikel (Vorjahr: 534) aus der überregionalen und lokalen Print und Online Presse erfasst, in denen TDF bzw. die Vereinsaktivitäten erwähnt werden. Hinzu kommen Fernseh- und Radiosendungen. Das heißt, im Schnitt wird TERRE DES FEMMES zweimal täglich in den Medien erwähnt. Wir nutzen viele weitere Möglichkeiten, um die Öffentlichkeit und Politik auf unsere Anliegen aufmerksam zu machen. TERRE DES FEMMES ist ein gefragter Gast bei Fachgesprächen, Konferenzen, Empfängen, Lesungen und Seminaren. Es ist kaum noch möglich, alle Vorträge, Workshops und Infotische, die ehren- und hauptamtliche AktivistInnen durchführen, zu dokumentieren. Die Veranstaltungen umfassen ein breites Spektrum, von „Die Rechte des Mannes im Islam“ bis zu „Kinder und Jugendliche gegen Häusliche Gewalt“. Immer häufiger können wir auch junge Menschen über die Menschenrechtsverletzungen an Frauen aufklären, z. B. im Rahmen von Weiterbildungstagen des Freiwilligen Sozialen Jahres (FSJ-Tage) oder bei Schulveranstaltungen. Bei der Firmenkontaktmesse „Dialoga“ an der Universität Tübingen weckte unsere Vorstellung reges Interesse. Sehr positiv war auch die Resonanz auf den TERRE DES FEMMES-Stand beim „Markt der Möglichkeiten“ während des evangelischen Kirchentages in Köln. Bei feierlichen Anlässen wie Preisverleihungen von Unifem, der „Goldene Bild der Frau“ oder der „Frau Europas“ an TERRE DES FEMMESMitglied Inge Bell, sind wir eingeladen und können wichtige Kontakte knüpfen. Seit einiger Zeit ist auch bei der Europäischen Union unser Fachwissen gefragt: So gab es Gesprächstermine mit TDF-Referentinnen in Straßburg und Redebeiträge von TERRE DES FEMMES im EU Parlament in Brüssel. Am Weltfrauentag 2007 war TERRE DES FEMMES mit einem Beitrag zur Verbesserung der Rechte von Migrantinnen in Europa im EU Parlament vertreten. Wie in den Vorjahren produzierten wir über 100.000 kostenlose Info-Broschüren – von der Jahresmitteilung über Projektflyer bis hin zum Faltblatt „Wer entscheidet, wen Du heiratest?“, die gut nachhgefragt werden. Weiterhin treten wir mit Mailings per Brief an rund 30.000 Haushalte im Frühjahr, Herbst und zu Weihnachten an die Öffentlichkeit. Dazwischen gibt es immer wieder zielgruppenspezifische kleinere Aussendungen. Verstärkt machen wir mit gezielten E-Mailings auf Veranstaltungen aufmerksam. 4 TERRE DES FEMMES Menschenrechte für die Frau e.V. Seit 2008 kooperiert TERRE DES FEMMES mit dem österreichischen Verein Frauensolidarität und verschickt dessen gleichnamige Zeitschrift vierteljährlich an die Mitglieder und AbonnentInnen. In der „Frauensolidarität“ werden bis zu vier Seiten im redaktionellen Teil von TERRE DES FEMMES bestritten. Zusätzlich wird in der gesamten Auflage der farbige Einleger „glasklar“ zur Arbeit von TERRE DES FEMMES beigeheftet. Diese binationale Zusammenarbeit gibt uns personelle Kapazitäten um die Erstellung eines bebilderten elektronischen Newsletters zu ermöglichen, der seit März 2008 (voraussichtlich sechsmal pro Jahr) verschickt wird. Die Zeitschrift „Menschenrechte für die Frau“, die viele Jahre lang Vereinsorgan war, gibt es nun nicht mehr. Dass die Bedeutung digitaler Medien weiter steigt, zeigt sich auch an unserer Homepage. Sie hatte im 2007 620.307 BesucherInnen, das sind 200.000 mehr als im Jahr zuvor (428.635). Dabei sind Januar, Februar und April die besucherschwächsten Monate, Spitzenmonat war Juni mit 59.815 BesucherInnen. Die Anzahl der Seitenaufrufe betrug knapp 2 Millionen (2006: knapp 1,5 Millionen), die meisten (204.717) im November. Die Zahlen klettern seit Anfang 2008 weiter, was uns darin bestärkt, die Homepage als zentrale Informationsquelle über unsere Arbeit weiter auszubauen und zu verbessern. Für 2008 ist ein Relaunch geplant. TERRE DES FEMMES ist von zahlreichen Organisationen und Einzelpersonen verlinkt und in vielen Datenbanken und Internet-Portalen gelistet. Auch wir selber pflegen eine umfangreiche Linkliste mit interessanten Webseiten zu Frauen-/ Menschenrechten. Der Recherche und Information dient auch das TERRE DES FEMMES-Archiv mit 7000 verschlagworteten Titeln (Vorjahr: 6.530), ca. 94.250 Zeitungsartikeln und unzähligen digitalen Dateien. Im nach Themen sortierten, digitalen Fotoarchiv sind derzeit 850 Fotos verfügbar. Obwohl die digitalen Medien zunehmen, wird vieles in Papierform archiviert. Der Umfang des Materials bringt uns mittlerweile an räumliche Grenzen. Unser Archiv hat das Siegel der Zeitschriftendatenbank der Staatsbibliothek aus Berlin, seit 2004 ist TDF Mitglied bei ida, dem Dachverband deutschsprachiger Frauen-/Lesbenarchive. Täglich gehen Anfragen von SchülerInnen, StudentInnen, JournalistInnen und NROs zu diversen frauenrechtsrelevanten Themen ein. FRAUENFILMFEST Zum siebten Mal fand Ende November 2007 in Tübingen das TERRE DES FEMMES-Filmfest „einBlicke in FrauenWelten“ statt. Gezeigt wurden 35 Spiel- und Dokumentarfilme aus 30 Ländern zu den Themengebieten Frauen in aller Welt, Menschenrechtsverletzungen, Entwicklungspolitik und Emanzipation. Schwerpunkt war der Bereich Menschenrechte von Frauen und globalisierte Weltwirtschaft. Es wurden RegisseurInnen, SchauspielerInnen und ReferentInnen, sowie Aktionsgruppen zu Gesprächen und Diskussionen eingeladen, außerdem mit Schulen zusammengearbeitet. Das Filmfest arbeitete in Bielefeld, Konstanz, Stuttgart und Leipzig mit den dortigen TERRE DES FEMMES-Städtegruppen und Programmkinos zusammen, in denen unser Programm teilweise reproduziert wurde. Außerdem wurde das Schwesterfestival „FrauenWelten“ von ProFrau in Wien durchgeführt. 5 TERRE DES FEMMES Menschenrechte für die Frau e.V. Ehrengäste waren die Schauspielerin Nina Hoss, TERRE DES FEMMES-Kampagnenbotschafterin gegen Genitalverstümmelung, mit dem Film „Yella“ und die feministische Ökonomin und Umweltaktivistin Marilyn Waring aus Neuseeland („Who´s counting“). Viele SchülerInnen wurden durch den Besuch der Hauptdarstellerin aus „Esmas Geheimnis“, Luna Mijovic aus Bosnien aufgerüttelt, die über die Situation der Kinder von im Krieg vergewaltigten Müttern berichtete. Mit 3500 ZuschauerInnen kamen fast 1000 Menschen mehr als im Vorjahr. In den anderen Städten kamen über 2500 BesucherInnen. Das Programm und die Durchführung wurden außerordentlich gelobt. FAHNENAKTION Auch 2007 zeigte der mehrseitige Veranstaltungskalender zur Fahnenaktion auf unserer Homepage, dass der 25. November ein bedeutender Aktionstag für Frauenrechte und die TERRE DES FEMMES-Fahne mit Frauenfigur und der Aufschrift „frei leben – ohne Gewalt“ fester Bestandteil desselben geworden ist. Erstmals haben wir begonnen, mit einer Google-Map alle uns bekannten Veranstaltungen mit dazugehörigen Bildern und Videos darzustellen. Hier wird deutlich, dass die Fahnen inzwischen nicht mehr nur im deutschsprachigen Raum gehisst werden. Nachdem das Frauenbüro der Stadt Mainz im letzten Jahr die Produktion von fremdsprachigen Fahnen angeregt und ihren Partnerstädten englisch- und französischsprachige Fahnen geschenkt hatte, zeigten diese nun zum 25. November Flagge. Auch in Italien, im Kongo und in Kenia beteiligten sich AktivistInnen an der Fahnenaktion. Bei der Ausgestaltung des Gedenktages zeigten sich alle TeilnehmerInnen sehr kreativ – von Lesung bis Lichtermeer, von Bäckertüten bis Gesichtsbemalung gab es zahlreiche Aktionsformen. Ein Aktionsbündnis in Berlin mit den Bezirksämtern Neukölln und Pankow sowie BIG Hotline und TERRE DES FEMMES verteilte Postkarten, Plakate, Maßbänder, Heizkörperentlüftungsschlüssel mit dem Logo "Für ein Zuhause ohne Gewalt". Die Forderung nach einem gewaltfreien Leben wurde parteiübergreifend unterstützt, z. B. beteiligten sich die SPÖ in Wien und Bündnis 90/ Die Grünen, die am 25.11. ihren Parteitag in Nürnberg durchführten und den "Aktionstag gegen Gewalt an Frauen" zum Schwerpunktthema machten. Juliane von Krause, Vertreterin von TERRE DES FEMMES, bedankte sich in ihrem Grußwort für die Unterstützung unserer Arbeit. "Wir müssen dabei helfen, dass Frauen ihre Talente frei entfalten und ohne Gewalt leben können", rief sie die Delegierten dazu auf, sich auf politischer Ebene weiter für die Rechte von Frauen einzusetzen. NETZWERKE Eine wichtige Möglichkeit Kräfte zu bündeln und Einfluss zu nehmen, ist das Netzwerken. So sind wir v.a. durch engagierte Ehrenamtliche in verschiedenen Zusammenschlüssen vertreten, z.B. - im KOK (Koordinierungskreis gegen Frauenhandel und Gewalt an Frauen im Migrationsprozess), - im Forum Menschenrechte und dessen Arbeitsgruppen - in der CCC (Clean Clothes Campaign/Kampagne für ‚saubere‘ Kleidung), - im Regionalbündnis Baden-Württemberg gegen Zwangsprostitution und Frauenhandel 6 TERRE DES FEMMES Menschenrechte für die Frau e.V. - Auch in den Referaten Genitalverstümmelung, Häusliche Gewalt und Ehrverbrechen findet viel Vernetzungsarbeit statt. Ulrike Mann und Christa Stolle sind Initiatorinnen eines Netzwerks „Führungsfrauen in NGOs“, welches seit der Gründung im Mai 2005 einmal pro Jahr zusammentrifft. 2.2. Öffentlichkeitsarbeit zu Schwerpunktthemen Nachfolgend sind einige Aktionen und Besonderheiten aus unserer inhaltlichen Arbeit dargestellt. Wir gelten als kompetente Ansprechpartnerinnen in unseren Arbeitsgebieten, was als Erfolg unseres nachhaltigen und kontinuierlichen Arbeitens zu werten ist. 2.2.1. Kampagne 2006-2008 „FRAUEN SCHLÄGT MANN NICHT – NEIN ZU HÄUSLICHER GEWALT“ Seit dem 25. November 2006 läuft die Kampagne „FRAUEN SCHLÄGT MANN NICHT! “. Die Kampagne rückt durch Veranstaltungen und Aktionen das Thema Häusliche Gewalt1 stärker in den Blickpunkt der Öffentlichkeit. Als Kampagnenbotschafter unterstützt uns der Schauspieler Jochen Senf. Finanziell wird die Kampagne weiterhin von The Body Shop gefördert. FACHGESPRÄCH Am 8. März 2007 veranstalteten wir in Kooperation mit der Staatsministerin für Migration, Flüchtlinge und Integration Frau Prof. Dr. Maria Böhmer ein Fachgespräch mit dem Titel „Wege aus der Gewalt - Wie lassen sich von Gewalt betroffene Migrantinnen erreichen und welche Hilfsstruktur braucht diese Zielgruppe?“. Zu der Veranstaltung im Bundespresseamt kamen 150 TeilnehmerInnen. In den zahlreichen Diskussionsrunden wurde besonders die Forderung nach einer rigoroseren Anwendung der Härtfallregelung in der Praxis deutlich. Denn die bisherige Auslegungserfahrung zeigt auf, dass von Häuslicher Gewalt betroffenen Migrantinnen nur unzureichend Schutz geboten wird. Aufgrund des großen Interesses ist die Dokumentation mit den Vorträgen der ExpertInnen auf unserer Homepage eingestellt. WORKPLACE POLICY Als Auftakt zum Thema "Workplace Policy" lud TERRE DES FEMMES in Kooperation mit der Friedrich-Ebert-Stiftung zu der Veranstaltung "Business gegen Häusliche Gewalt" am 23. November 2007 in Berlin ein. Weit mehr als 150 TeilnehmerInnen verfolgten die Vorträge zur so genannten Workplace Policy - einer Selbstverpflichtung von Unternehmen gegen Häusliche Gewalt. Das Augenmerk der Veranstaltung wurde auf die Akzeptanz und Umsetzbarkeit der innovativen Idee aus der angelsächsischen Personalpolitik in Deutschland gerichtet. Neben interessierten Vertreter/innen aus Unternehmen wie zum Beispiel die Deutsche Telekom, dm Drogeriemarkt GmbH, Rösch GmbH und The Body Shop, haben politisch Verant1 Der Begriff wird von uns groß geschrieben, um zu verdeutlichen, dass es sich um einen Fachbegriff handelt, der allgemein als Kurzversion für „Gewalt im sozialen Nahbereich“ verwendet wird. 7 TERRE DES FEMMES Menschenrechte für die Frau e.V. wortliche, Engagierte aus öffentlicher Verwaltung (vor allem von der Polizei), NGOs, Medien und der Öffentlichkeit an der Veranstaltung teilgenommen. Die große Mehrheit der TeilnehmerInnen war der festen Überzeugung, dass ein betriebliches Klima geschaffen werden kann, in dem Häusliche Gewalt nicht toleriert wird, wenn alle Bereiche eines Unternehmens, von der Betriebsleitung bis zum Betriebsrat, sich an der Ausgestaltung der Workplace Policy beteiligen. Weiterhin wurde von vielen TeilnehmerInnen der Wunsch geäußert, dass die Workplace Policy ein Teil der Zertifizierungsmaßnahmen "Vereinbarkeit von Beruf und Familie" wird und der Kampf gegen Häusliche Gewalt gestärkt sowie die Unterstützung für betroffene Frauen verbessert wird. Die Tagung war ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einer Allianz von Unternehmen gegen Häusliche Gewalt: Nach The Body Shop nimmt nun auch die Rösch GmbH, mit deren VertreterInnen wir in engem Gespräch sind, eine entsprechende Workplace Policy in ihre Audits zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf auf. Dank dieser freiwilligen Selbstverpflichtung der Rösch GmbH sind betriebliche Maßnahmen zum Umgang mit Häuslicher Gewalt zum ersten Mal ein Kriterium bei der Zertifizierung durch die Hertie-Stiftung. TERRE DES FEMMES hat als erste Organisation die Idee der Workplace Policy in Deutschland lanciert und nimmt somit als erste die Wirtschaft als gesellschaftlichen Akteur in die Pflicht, sich gegen Häusliche Gewalt zu positionieren und zu engagieren. Die Medienresonanz zur Idee der Workplace Policy war immens. TERRE DES FEMMES bleibt an dieser wichtigen Forderung dran! Geplant sind Manuals plus CD-Roms für Unternehmen in Deutschland, damit die Workplace Policy in ihren Betrieben umgesetzt werden kann. Weiterhin ist ein Pilotprojekt mit Hilfe des Familienministeriums angedacht. „DU BIST UNSCHLAGBAR!“ Das Musiktheaterstück mit dem Titel „Du bist unschlagbar!“ wurde extra für unsere Kampagne und in unserem Auftrag vom Spielwerk Theater Augsburg entwickelt. Es richtet sich an Kinder und Jugendliche ab 13 Jahren sowie Erwachsene und ist besonders als Präventionsangebot für Schulen sehr interessant. Darum hat TERRE DES FEMMES einen Finanzierungsantrag bei einer Stiftung gestellt, durch den es ermöglicht werden soll, das Stück an 21 Schulen, die nach Bewerbung ausgewählt werden, kostenlos aufzuführen und ein Gespräch mit einer Expertin anzuschließen. Das Projekt soll über drei Jahre laufen mit jeweils einer Evaluation am Jahresende, um entsprechend Verbesserungen vorzunehmen. MORD AM STUTTGARTER FLUGHAFEN Am 31. März 2007 wurde die 25jährige Suzana L. von ihrem Ex-Ehemann in aller Öffentlichkeit auf dem Stuttgarter Flughafen erschossen. Mit einer Gedenkveranstaltung und Kundgebung protestierten wir zusammen mit dem Frauenhaus Hohenlohekreis aus Anlass dieses angekündigten Mordes am Stuttgarter Flughafen für einen besseren Opferschutz. Opfer von Häuslicher Gewalt werden häufig nicht ernst genommen und unzureichend geschützt. Hierauf haben wir massiv 8 TERRE DES FEMMES Menschenrechte für die Frau e.V. hingewiesen und aufgrund des schockierenden Ereignisses bundesweite Medienaufmerksamkeit erhalten. Darüber hinaus beobachtete TERRE DES FEMMES die Gerichtsverhandlung. Trotz der Verurteilung von Suzanas Ex-Ehemann und großer Anteilnahme der Medien (z. B. eine Reportage in der „Brigitte“) ist es bisher noch nicht gelungen, die von ihm in den Kosovo verschleppten gemeinsamen Kinder wieder nach Deutschland zu bringen. Wir setzen uns weiterhin dafür ein und haben dazu mit mehreren Behörden und Ministerien Kontakt aufgenommen. Zusätzlich wollen wir ein CEDAW Beschwerdeverfahren zu dem unzureichenden Schutz von Migrantinnen bei Gewalt einreichen. Weiterhin war die Kampagnenleiterin Serap Altinisik für die AG Frauenrechte vom Forum für Menschenrechte an Lobbyaktionen gegen Häusliche Gewalt beteiligt, wozu mehr auf der Homepage nachgelesen werden kann. 2.2.2. Arbeit gegen weibliche Genitalverstümmelung (FGM) Wie auf der letzten Mitgliederversammlung beschlossen, wird FGM Schwerpunktthema der nächsten zweijährigen Kampagne von November 2008 bis November 2010 sein. Die Vorbereitungen hierzu laufen auf Hochtouren. Unter anderem wurde die Wanderausstellung „Sie versprachen mir ein herrliches Fest“ entwickelt. Die auf 25 Fahnen gedruckte Schau informiert mit Bildern und Fakten über diese in ihren Ausmaßen immer noch unterschätzte Menschenrechtsverletzung an Mädchen und Frauen. Diese sollen nicht als Opfer, sondern als Überlebende dargestellt werden. Die Portraits engagierter AktivistInnnen sollen die BesucherInnen der Ausstellung motivieren, selbst aktiv zu werden. Die Ausstellung wird am 24. November 2008 bei der Auftaktveranstaltung zur Kampagne in Berlin feierlich eröffnet. Neben den zahlreichen täglichen Anfragen zum Thema Genitalverstümmelung, darunter viele von SchülerInnen, gab es im Referat FGM folgende Hauptaktivitäten: ANHÖRUNG ZU FGM IM BUNDESTAG Im September 2007 fand im Familienausschuss des Bundestags eine Anhörung zum Thema Genitalverstümmelung statt. TERRE DES FEMMES-Referentin Franziska Gruber machte deutlich, dass in Deutschland für die betroffenen Frauen und die gefährdeten Mädchen endlich mehr getan werden muss. Unsere wichtigsten Forderungen: • Mehr Beratungsangebote für Betroffene • Sensibilisierung von medizinischem Personal in Aus- und Weiterbildung • Verpflichtende Vorsorgeuntersuchung für alle Kinder, unabhängig von Geschlecht und Herkunft • Aufnahme des Themas in die Aus- und Weiterbildung von ErzieherInnen, LehrerInnen, SozialarbeiterInnen, MitarbeiterInnen in Behörden, sowie bei Polizei und Justiz • Lobbyarbeit für die Schaffung eines nationalen Referenzzentrums mit Datenbank, in der Beratungsangebote und Informationsmaterialien, sowie wichtige Kontakte zum Thema ge9 TERRE DES FEMMES Menschenrechte für die Frau e.V. • • • • bündelt werden. Die Datenbank soll Betroffenen helfen, geeignete Beratungsangebote zu finden und es VertreterInnen verschiedener Berufsgruppen ermöglichen, sich untereinander zum Thema zu vernetzen. Flächendeckende Verteilung von Aufklärungsmaterial in verschiedenen Sprachen, z.B. die Präventionsbroschüre „Wir schützen unsere Töchter“ FGM als eigener Straftatbestand als Voraussetzung, um auch im Ausland begangene Genitalverstümmelungen ahnden zu können Verlängerung der Verjährungsfrist von FGM Einführung einer Meldepflicht für ÄrztInnen an das Jugendamt, wenn ein Mädchen bereits verstümmelt ist. KONFERENZ „MENSCHENRECHTSSCHUTZ FÜR FRAUEN“ Zusammen mit dem Unesco-Lehrstuhl für Menschenrechte der Universität Magdeburg und der Friedrich-Ebert-Stiftung beteiligt sich TERRE DES FEMMES als Kooperationspartner an der internationalen Konferenz am 10. und 11. Dezember 2007 in Magdeburg. Ein Schwerpunkt der Konferenz war weibliche Genitalverstümmelung. Franziska Gruber stellte dort die TERRE DES FEMMES-Arbeit gegen FGM in Deutschland sowie das Netzwerk Integra vor und Erika Korn von der Städtegruppe Konstanz betreute einen Infotisch. DANKESMAILING ZU FGM Mit einem Dankesbrief bedanken wir uns bei den SpenderInnen, die 2006 und insbesondere 2007 unsere Arbeit gegen weibliche Genitalverstümmelung unterstützt haben. BÜCHERAKTION ZUM 6. FEBRUAR Zum 6. Februar, dem internationalen Tag „Null Toleranz gegenüber weiblicher Genitalverstümmelung“ „klopften“ TERRE DES FEMMES-Städtegruppen bei Buchhandlungen und Büchereien an. Es gab wieder zahlreiche Schaufenster und Tische mit Büchern zum Thema Genitalverstümmelung. Wir freuen uns, dass sich jedes Jahr mehr Engagierte an der Aktion beteiligen und so auf das Thema Genitalverstümmelung aufmerksam machen. Dieses Jahr waren TERRE DES FEMMES-Frauen in Bremen, Garching, Hamburg, Jena, Konstanz, Tübingen und Wasserburg/Inn aktiv. FILMRUNDREISE MAIMOUNA Zum 6. Februar, dem internationalen Tag „Null Toleranz gegenüber weiblicher Genitalverstümmelung“ luden wir mit zwei anderen Organisationen die Leiterin des von TERRE DES FEMMES unterstützten Aufklärungsprojekts „Bangr Nooma“ in Burkina Faso ein. Zusammen mit ihrer Mitarbeiterin Maimouna Ouédraogo reiste Rakiéta Poyga bis 8. März durch Deutschland und stellte ihre Arbeit vor. Begleitet wurden die beiden Aktivistinnen von der Filmemacherin Ulrike Sülzle. Sie hatte Maimouna bei der Aufklärungsarbeit in Burkina Faso mit der Kamera begleitet. In insgesamt 14 Städten wurde der Film „Maimouna – la vie devant moi“ unter Anwesenheit der Gäste gezeigt. Die Veranstaltungen stießen auf großes Interesse und waren zum Großteil von TERRE 10 TERRE DES FEMMES Menschenrechte für die Frau e.V. DES FEMMES-Städtegruppen organisiert, wie z.B. in Frankfurt, München, Köln, Hamburg, Berlin, Rostock und Stuttgart. NACHLASS HERTA HAAS Im Mai 2007 verstarb die langjährige TERRE DES FEMMES-Aktivistin und –Mitbegründerin Herta Haas im Alter von 99 Jahren. Mit bewundernswerter Beharrlichkeit wurde sie nicht müde, auf das Unrecht der weiblichen Genitalverstümmelung hinzuweisen. Ein bedeutendes Zeugnis ihres Engagements stellt ihre umfangreiche Informations- und Korrespondenzsammlung dar, die sie TERRE DES FEMMES vermacht hat. In unserem Archiv wurde der Nachlass sortiert und steht allen Interessierten zur Einsicht zur Verfügung. EU-ANTRAG FÜR EUROPAWEITE ONLINEDATENBANK ZU GENITALVERSTÜMMELUNG TERRE DES FEMMES bewirbt sich bei der Europäischen Kommission für die Unterstützung einer europaweiten Online-Datenbank zu FGM. Zusammen mit fünf weiteren Partnerorganisationen aus EU-Ländern möchte TERRE DES FEMMES eine Internetseite mit Datenbank erstellen. Sie soll die Kontaktdaten zu medizinischen Einrichtungen, Beratungsstellen, Organisationen, ÜbersetzerInnen und AnwältInnen, die zu FGM arbeiten, enthalten. Damit möchten wir erreichen, dass Betroffene über das Internet schnell Hilfe finden und sich MultiplikatorInnen im In- und Ausland untereinander austauschen können. Eine enge Vernetzung verschiedener Stellen ist Voraussetzung dafür, dass es gelingt, gefährdete Mädchen endlich wirksamer zu schützen. 2.2.3. Arbeit gegen Ehrverbrechen Im Referat gegen Gewalt im Namen der Ehre, welches bis zum 1. Juli 2008 von Sibylle Schreiber und Rahel Volz geleitet wird, gab es eine große Bandbreite an Aktivitäten: UNTERSCHRIFTENAKTION TERRE DES FEMMES rief für einen verbesserten Opferschutz im Zuge der Reform des Zuwanderungsgesetzes im Juni 2007 auf. Über 3.000 Menschen unterstützen diese Forderung mit ihrer Unterschrift. Einige unserer Forderungen wurden leider nicht berücksichtigt. Das Gesetz wird aber inzwischen vom Bundesverfassungsgericht geprüft. Wir werden uns auch weiterhin mit Nachdruck für Gesetzesänderungen zum Schutz der Betroffenen von Zwangsheirat und Gewalt im Namen der Ehre einsetzen. „EHREN“MORDPROZESS Im Sommer 2007 wurde das Verfahren im Fall der Ermordung von Hatun Sürücü geprüft. Innerhalb des damaligen Gerichtsverfahrens wurde nur ihr jüngster Bruder Ayhan zu einer Haftstrafe verurteilt, zwei andere, verdächtigte Brüder wurden damals frei gesprochen. Innerhalb der Revisionsverhandlung wurden die beiden Freisprüche aufgehoben. Wir beobachteten den Prozess und verfolgen die weiteren Entwicklungen. 11 TERRE DES FEMMES Menschenrechte für die Frau e.V. ANGEBOTE ZUR UNTERSTÜTZUNG FÜR BETROFFENE UND FACHLEUTE Neben dem bereits entwickelten Nothilfeflyer bei Zwangsheirat und Heiratsverschleppung sowie den Jugendpostkarten zu Gewalt im Namen der Ehre werden wir in diesem Jahr einen ähnlichen Flyer für das Land Baden-Württemberg herausbringen. Darüber hinaus kooperieren wir mit dem Bundesland Hessen bei der Erstellung einer Homepage für Betroffene. Derzeit arbeiten wir an einem Konzept für ein Online-Netzwerk für die von Zwangsheirat Betroffenen. Damit soll ihnen auch nach der Flucht aus einer Zwangsheirat die Möglichkeit gegeben werden sich gegenseitig zu unterstützen. SPENDENMAILING ZUM THEMA „EHREN“MORD Gemeinsam mit der „Tatort“-Darstellerin Ulrike Folkerts alias Lena Odenthal rufen wir unsere SpenderInnen zur Unterstützung unserer Arbeit gegen Ehrverbrechen auf. WANDERAUSSTELLUNG Die Wanderausstellung „Tatmotiv Ehre“ war im Jahr 2007 in 12 Städten in Deutschland und in der Schweiz zu sehen. Für eine Aktualisierung stellt uns das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit 12 000 Euro zur Verfügung. Im Sommer dieses Jahres wird die Ausstellung von der Referentin Rahel Volz überarbeitet. 2.2.3. Einzelfallhilfe/Eilaktionen/Protestaktionen HILFSLEITFADEN Die Referatsleiterin Myria Böhmecke hat im vergangenen Jahr einen Hilfsleitfaden zur Unterstützung von Behörden und Menschen erarbeitet, die mit Betroffenen von Zwangsheirat und Gewalt im Namen der Ehre arbeiten. Damit wurde eine wichtige Informationslücke im Bereich Opferschutz geschlossen. Er ist als interaktive Datei online frei verfügbar. EINZELFÄLLE Die Zahl der Mädchen und Frauen, die sich hilfesuchend an uns wenden, steigt weiter. Im Jahr 2007 gab es 414 neue Einzelfälle, hiervon waren 161 Betroffene von Zwangsheirat bzw. Gewalt im Namen der Ehre. In anderen Fällen haben wir z. B. Frauen geholfen, die von Häuslicher Gewalt oder von Abschiebung bedroht waren, obwohl ihnen in ihrem Herkunftsland z. B. weibliche Genitalverstümmelung oder „Ehrenmord“ drohte. Häufig wenden sich die Mädchen und Frauen mehrfach an uns, einigen helfen wir über Wochen und Monate hinweg. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn ein Mädchen ins Ausland verschleppt wurde und wir sie wieder nach Deutschland zurückholen. Den Mädchen und Frauen helfen wir, indem wir sie ausführlich beraten und ihnen ihre Möglichkeiten aufzeigen, der Gewaltsituation zu entkommen. Außerdem vermitteln wir ihnen Zufluchtstätten im In- und Ausland, arbeiten teils eng mit Polizei, RechtsanwältInnen und anderen Behörden zusammen und unterstützen sie z. B. im Asylverfahren. 12 TERRE DES FEMMES Menschenrechte für die Frau e.V. Unser Engagement geht, wenn nötig, auch über Geschlechtergrenzen hinaus: So konnten wir einen von Zwangsheirat bedrohten jungen Mann vor dem Selbstmord bewahren. ANTRAG FÜR BUNDESWEITE BERATUNGS- UND KOORDINATIONSSTELLE Beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (europäischer Migrationsfond) haben wir Mittel für eine bundesweite Beratungs- und Koordinierungsstelle zum Thema Zwangsheirat/ Gewalt im Namen der Ehre als dreijähriges Projekt beantragt. EILAKTIONEN Der Eilaktionsverteiler wurde Anfang des Jahres komplett überarbeitet. Derzeit sind 2052 Personen für die Beteiligung an Eilaktionen registriert. 2.2.5. Frauenhandel WANDERAUSSTELLUNG Bereits im dritten Jahr koordinierten wir die Wege der beiden Ausstellungen „Ohne Glanz und Glamour – Prostitution und Frauenhandel im Zeitalter der Globalisierung“, die 2007 deutschlandweit an 27 Orten gezeigt wurden. Die Nachfrage ist weiterhin groß. FILM „TRADE“ Im Herbst 2007 kooperierten wir mit der Filmfirma 20th Century Fox und weiteren Menschenrechtsorganisationen zur Unterstützung des Filmes „TRADE – Willkommen in Amerika“. Der von Roland Emmerich produzierte Film zeigt die Grausamkeit des Menschenhandels und hat viele Menschen aufgerüttelt. Bei der Premiere in Berlin bot die TERRE DES FEMMES-Ausstellung zum Thema Frauenhandel weitere Informationen. Auf der Homepage zum Film sowie in einem Unterrichtsheft wurde auf die Hintergründe des Themas eingegangen sowie die Arbeit der Partnerorganisationen vorgestellt. 123 interessierte ZuschauerInnen forderten Material bei uns an. EU-PROJEKTANTRAG FRAUENHANDEL Innerhalb des EU Aktionsprogramms Daphne III wird ein Projekt zur Unterstützung von Betroffenen von Frauenhandel und zur Prävention in den Herkunftsländern von Sibylle Schreiber erarbeitet und beantragt. 2.2.6. Weitere Themen Neben den Schwerpunktthemen gibt es viele weitere Frauenrechtsverletzungen, die wir entdecken oder auf die wir aufmerksam gemacht werden. Wenn es möglich ist, schalten wir uns ein. So werden wir des Öfteren gegen sexistische Werbung aktiv, verteilen die Broschüre „Sexism sells“ und protestieren bei den Verantwortlichen. Nach wie vor setzen wir uns für die sozialen Rechte von Textilarbeiterinnen ein. Ehrenamtlich ist TERRE DES FEMMES durch Gisela Burckhardt in der „Kampagne für Saubere Kleidung“ vertre13 TERRE DES FEMMES Menschenrechte für die Frau e.V. ten. Wir sind Mitherausgeberin einer Broschüre über die Herstellungsbedingungen der Textilien, die bei den Discountern KiK und Lidl vertrieben werden. Zum Tchibo-Konzern, der im Fokus einer Kampagne 2006 stand, besteht weiterhin Kontakt, ebenso zu den Partnern in Bangladesch. Im Zusammenhang mit dem Film „Señorita Extraviada“ über die Frauenmorde in Mexiko und Mittelamerika und der Kooperation mit Menschenrechtsaktivistin Judith Galarza von FEDEFAM, gab es 2007 intensive Aktivitäten. Zusammen mit der Stadt Esslingen bereiteten wir im Juli 2007 die Übergabe des Menschenrechtspreises „Theodor Häcker“ an Judith Galarza vor, und warben im Umfeld der Preisvergabe intensiv bei BürgerInnen, Presse und PolitikerInnen um Unterstützung für eine Resolution im Europäischen Parlament, die zu dem Zeitpunkt gerade in der (ziemlich heißen) Diskussion stand. Dabei handelt es sich um einen Bericht zu den Frauenmorden, der die Einforderung der Menschenrechtsklausel in allen Beziehungen der EU mit Mexiko und Mittelamerika zur zentralen Forderung macht. Diese Resolution wurde von verschiedenen parlamentarischen Kräften stark bekämpft. Deswegen machte sich TERRE DES FEMMES-Mitarbeiterin Irene Jung mit Judith Galarza auf den Weg nach Straßburg und leistete Überzeugungsarbeit bei verschiedenen ParlamentarierInnen. Mit knapper Mehrheit wurde dann die Resolution im Frauen- und Gleichberechtigungsaussschuss angenommen und zu unserer Freude stimmte im Plenum im September eine große Mehrheit dafür. Dieses bedeutet nicht das Ende des Mordens, aber ist ein Riesenschritt zur Bewältigung des Problems. Die Aktivitäten gegen die Frauenmorde werden nicht nur in Esslingen fortgeführt. Während des TDF-Filmfestes, ausgerechnet am Gedenktag „NEIN zu Gewalt an Frauen“, trat in Tübingen der fundamentalistische Islamprediger Pierre Vogel, ein konvertierter Ex-Boxer, in einer öffentlichen Halle auf. Wir hatten sehr kurzfristig zu Protest gegen den Verfechter eines radikalen deutschen Islams aufgerufen. Bei der Veranstaltung mussten Frauen einen getrennten Eingang benutzen und unter sich im hinteren Teil der Halle sitzen. Außerdem wurde Fotografen der örtlichen Presse der Zutritt verwehrt. Dass hiermit gegen Grundrechte verstoßen wurde, sah im Nachgang auch der Gemeinderat so. TERRE DES FEMMES hat nachdrücklich darauf aufmerksam gemacht. Zur Erarbeitung des „Nationalen Integrationsplans“ der Bundesregierung wurden nach dem Integrationsgipfel im Sommer 2006 sechs Arbeitsgruppen gebildet. TERRE DES FEMMES wirkte bei der Unterarbeitsgruppe AG4, UAG 1 und deren Abschlussdokument zum Thema Frauenrechte mit. TERRE DES FEMMES wird auch dieses Mal bei dem Schattenbericht von Nichtregierungsorganisationen zum sechsten Staatenbericht der Regierung zum Übereinkommen der Vereinten Nationen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau (CEDAW) mitwirken. Zwei Ehrenamtliche verfassen die Beiträge zu „Gewalt gegen Frauen“ und zu „Sexismus“. 14 TERRE DES FEMMES Menschenrechte für die Frau e.V. Seit Oktober 2006 ist in Nicaragua der Schwangerschaftsabbruch aus medizinischer Indikation (aborto terapéutico) verboten. Das bedeutet, dass sowohl Frauen, deren Leben aufgrund von Schwangerschaftskomplikationen in Gefahr ist, als auch Frauen, die vergewaltigt worden sind, keine Abtreibung vornehmen dürfen. TERRE DES FEMMES hat die Kampagne "Yo decido mi vida- Ich entscheide über mein Leben" des Nicaragua-Verein e.V. unterstützt und u.a. Protestbriefe an die Verantwortlichen verfasst. Die Kampagne wurde im November beendet, leider konnte jedoch das Hauptziel, die Rücknahme des Verbotes durch das nicaraguanische Parlament, nicht erreicht werden. Gegen eine Plakatkampagne in Valencia, Hauptstadt des Bundeslandes Carabobo, legten wir im Sommer bei der venezolanischen Regierung Protest ein. Ex-General Acosta Carlez macht darin die Frauen mit ihren „Reizen“ für die hohe Zahl von Vergewaltigungen verantwortlich. Erschreckende Nachrichten über Massen- und Mehrfachvergewaltigungen v.a. von Frauen, Mädchen und Kleinkindern als systematisch von Milizenchefs und Armeeoffizieren angewendete Attacken auf die Zivilbevölkerung erreichten uns im Jahr 2007 immer wieder. Wir haben v.a. im Zusammenhang mit dem Film „Im Schatten des Bösen – Der Krieg gegen die Frauen im Kongo“ auf die Grausamkeiten aufmerksam gemacht, außerdem die Aktivitäten von amnesty international und medica mondiale unterstützt. Wie auf der letzten MV beschlossen wurde, gibt es am 7./ 8. Juni ein Treffen, auf dem TERRE DES FEMMES-Aktive eine Vereinsposition zum Thema Prostitution erarbeiten werden. 3. Förderprojekte TERRE DES FEMMES ist keine Entwicklungshilfeorganisation. Dennoch fördern wir ausgewählte Frauenprojekte, die von ehrenamtlichen Projektkoordinatorinnen vorgeschlagen und betreut werden. Es gibt keinen fixen Projektetat, sondern die für die Projekte bestimmten Spenden werden von uns weitergeleitet. Im Jahr 2007 waren dies 38.683,59 €, die in die Projekte nach Kenia, Afghanistan, Burkina Faso, Tansania, Weissrussland, Israel, Algerien und Indien flossen. In der TERRE DES FEMMES-Zeitschrift, auf Mitfrauenversammlungen und bei AG-Treffen wird über die Aktivitäten in den Projekten berichtet. Besonders interessant wird es, wenn Mitarbeiterinnen aus dem Projektland persönlich erzählen. Dieses war in letzter Zeit zweimal der Fall: So reisten auf Einladung von TERRE DES FEMMES im Oktober zwei afghanische Frauenrechtlerinnen zwei Wochen lang durch Deutschland und berichteten in Abendveranstaltungen, in Fachgesprächen und an Schulen von ihrer Arbeit in dem von uns geförderten Frauenbildungszentrum Shahrak im Westen Afghanistans. Auch im direkten Gespräch mit Bundestagsabgeordneten berichteten die beiden Frauen anschaulich von den schwierigen Lebensbedingungen der Frauen. Neben Alphabetisierung gibt es für die rund 200 TeilnehmerInnen Kurse zu Frauenrechten, Gesundheitsversorgung und Bildung. Computer- und Englischkenntnisse werden vermittelt, die 15 TERRE DES FEMMES Menschenrechte für die Frau e.V. Frauen lernen nähen und malen. Im Februar 2008 waren zwei Frauen von dem Verein Bangr Nooma („Es gibt nichts außer Wissen“) aus Burkina Faso zu Gast in Deutschland (s. Punkt 2.2.2). 4. Finanzen und Fundraising 4.1. Finanzen Die Gesamteinnahmen stiegen in 2007 auf 1.095.308 € (Vorjahr: 983.777 €). Die Mehreinnahmen, die unsere Erwartungen leicht überstiegen, wurden zum Großteil wieder investiert, v. a. in neue Personalstellen und Infrastruktur (Geräte und Mobiliar). Die Einnahmen durch Spenden, Mitgliedsbeiträge und Verkaufserlöse entsprachen denen des Vorjahres, gestiegen sind die Einnahmen in den Bereichen FremdzuschüsAus dem Bericht der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft se, Bußgelder und Stiftungszuwendungen. Curacon über die Prüfung des Jahresabschlusses zum Das Beantragen von Zuschüssen erfor31.12.2007 dert wie auch die Akquise von BußgelBelegwesen Die Belegfunktion ist erfüllt. Der Buchungsstoff ist kontendern viel Zeit. Noch aufwändiger ist zum mäßig klar und übersichtlich geordnet. Die Geschäftsvorfälle Teil die Betreuung von Nachlässen. So sind vollständig und fortlaufend erfasst. Die Buchführung ist erweist sich z. B. der Verkauf einer geerb- beweiskräftig. ten Immobilie in ungünstiger Lage als sehr Das Belegwesen ist geordnet. Die Nachprüfbarkeit der Geschäftsvorfälle anhand des Belegwesens im Zusammenhang schwierig. mit den geführten Büchern und den sonstigen Unterlagen Die Finanzanträge, die wir stellen, wie ist gewährleistet. auch die Entwicklungen auf dem SpenOrdnungsmäßigkeit der Buchführung denmarkt erfordern es, dass wir nun Die Buchführung und die weiteren geprüften Unterlagen einschließlich des Belegwesens entsprechen damit nach untrotz der recht hohen Kosten jährlich seren Feststellungen den gesetzlichen Vorschriften und den eine Wirtschaftsprüfung durchführen. Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung. Dies erfolgt zusätzlich zu den Prüfungen Feststellung zur Gesamtaussage des Jahresabschlusses durch das Finanzamt und die VereinsNach unserer auftragsgemäßen Prüfung stellen wir fest, dass Kassenprüferinnen. der Jahresabschluss insgesamt, d.h. im Zusammenwirken von Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung, den Grundsätzen Der erwirtschaftete Überschuss in 2007 ordnungsmäßiger Buchführung und Rechnungslegung entdient den zu erwartenden Ausgaben in spricht. 2008, die mit der Eröffnung eines TERRE Schlussbemerkung DES FEMMES-Büros in Berlin und den (...) Unsere Prüfung hat zu keinen Einwendungen geführt. damit verbundenen technischen Erweite- Nach unserer Beurteilung aufgrund der bei der Prüfung gewonnenen Erkenntnisse entspricht der Jahresabschluss rungen entstehen werden. den gesetzlichen Vorschriften. 4.2. Fundraising Alle Mitarbeiterinnen in der Geschäftsstelle beteiligen sich am Fundraising, wozu auch das Schreiben von Anträgen und die Durchführung von Mailings gehören. Einige Frauen beraten in einem eigenen Gremium über die besten Fundraisingstrategien und neue Ideen. Viel Zeit investiert 16 TERRE DES FEMMES Menschenrechte für die Frau e.V. auch die Geschäftsführerin, die zu zahlreichen GroßspenderInnen und StifterInnen persönlichen Kontakt unterhält. Neben Spenden und Mitgliedsbeiträgen bestreiten wir unsere Ausgaben mit Projektzuschüssen, die wir jeweils beantragen. Mit Hilfe einer Agentur bemühen wir uns derzeit um EUFördermittel. FIRMENSPONSORING Wenn uns Firmen mit größeren Summen oder einer dauerhaften Zusammenarbeit unterstützen, freut uns dies sehr. Von diesem „Social Sponsoring“ können beide Seiten profitieren. Als Menschenrechtsorganisation unterliegen wir einer besonderen Verpflichtung bei Kooperationen auf die unzweifelhafte Herkunft der Produkte des Partners zu achten. Verstärkt kommen interessierte Firmen auf uns zu und möchten uns unterstützen. HEYMANN SCHNELL Die Berliner Werbeagentur hat für uns die Kampagne „Gewalt gegen Frauen in Alltag“ mit verschiedenen Bausteinen (Imagebroschüre, Anzeigen- und Plakatmotive, Free-Cards, AmbientMedia-Ideen wie Bodenkleber und Aschenbecher) entwickelt und zusammen mit der PRAgentur Stilblüte eine große Pressekonferenz im Berliner Abgeordnetenhaus zum Auftakt am 6. März 2007 organisiert. Der Kampagnenwert liegt bei ca. 100.000 €. Die Resonanz ist gut, speziell das Element „Ticker“ von der Homepage wird häufig nachgefragt. Heymann Schnell stellte den Kontakt zur Firma Ströer her, die großzügig eine Plakatierung im Dezember in Berlin ermöglichte. MC CANN ERICKSON Die Werbeagentur McCann Erickson unterstützte uns mit Bildmotiven zum Thema „Häusliche Gewalt“. Es wurden ordentliche, „normal“ aussehender Häuser gezeigt – erst auf den zweiten Blick ist das Warnschild zusehen: „Vorsicht! Gewalttätiger Ehemann“. Ende Dezember wurden die Motive als City-Light-Poster in Frankfurt und Stuttgart verbreitet. THE BODY SHOP Die Kooperation mit THE BODY SHOP gegen „Häusliche Gewalt“ wird fortgesetzt. Wie in den Vorjahren wurde weiter für TERRE DES FEMMES gesammelt. Mit den Einnahmen wird die Referentinnenstelle gegen „Häusliche Gewalt“ finanziert. TNT Die Versandfirma TNT hat auf Weihnachtsgeschenke an ihre KundInnen verzichtet und stattdessen fünf Organisationen unterstützt. Wir erhielten eine Spende von 3000 €. HANDYTÜTEN Seit über einem Jahr läuft unsere Handytütenaktion. Wer die Arbeit von TERRE DES FEMMES unterstützen und etwas für die Umwelt tun möchte, kann alte Handys in die vorbereiteten Tü17 TERRE DES FEMMES Menschenrechte für die Frau e.V. ten stecken und in den nächsten Briefkasten werfen. Die Handys gehen dann bei TalkGreener ein, die die Handys recyclen. Kann das Handy wiederverkauft werden, geht der Großteil des Verkaufserlöses an TERRE DES FEMMES. Vor Weihnachten hat der Otto-Versand seinen Päckchen 500.000 unserer Handytüten beigelegt. Es wurden über 10.000 Handys für uns gespendet, v. a. im Dezember. In der Geschäftsstelle können jederzeit Handytüten bestellt werden. Auch dieses Jahr verlosen wir unter den eingehenden Rücksendungen wieder eine Reise zum TERRE DES FEMMES-Filmfest Ende Oktober in Tübingen. PROMINENTE UNTERSTÜTZER/INNEN Es freut uns sehr, dass sich zahlreiche bekannte Persönlichkeiten für TERRE DES FEMMES einsetzen und helfen, unsere Themen in die breite Öffentlichkeit zu transportieren. Die Unterstützung ist sehr vielfältig und reicht von Benefizlesungen (Hellmuth Karasek, Peter Prange, Inge Jens, Jürgen Wertheimer, Hermann Bausinger, Thomas Vogel, Eva-Maria Zeller, Lilian Noetzel, Vera Zingsem) über Erwähnung in Interviews (Sibel Kekilli, Nina Hoss) bis zu Mailing-Briefen in ihrem Namen (Ursela Monn, Ulrike Folkerts). Besonders dankbar sind wir auch den KampagnenBotschafterInnen Jochen Senf, Nina Hoss, Sibel Kekilli und Roger Willemsen. Neu ist die Homepage-Rubrik „Prominente für TERRE DES FEMMES“, wo unsere FürsprecherInnen in berührenden Worten formulieren, warum sie unsere Arbeit wichtig finden. Diese Seite wird laufend ergänzt. VERLAGSKOOPERATIONEN Die Zusammenarbeit mit dem Rowohlt-Verlag bei dem Buch „Mein Schmerz trägt deinen Namen“ läuft weiter, in den Niederlanden kam es zum fünften Nachdruck. Für die Neuauflage der Serap Cileli-Autobiographie „Wir sind eure Töchter, nicht eure Ehre“ beim Blanvalet-Verlag verfassen wir das Nachwort, wie auch bei anderen thematisch passenden Publikationen des Verlages („Ayse – mich hat keiner gefragt“, „Souad – Bei lebendigem Leib“, „Ausgeliefert – Wie ich die Hölle meiner Kindheit überlebte“, „Ich, Safiya – Verurteilt zum Tod durch Steinigung“). Gemeinsam mit dem Christel Göttert-Verlag bereiten wir die Vermarktung der Autobiographie einer Afghanin „Mein Kabul – mein Deutschland“ vor, die ihren mühsamen Weg zu einem selbstbestimmtem Leben beschreibt. Auch hier stammt das Nachwort von uns. VERMÄCHTNISSE Mit unserem Weihnachtsmailing im November 2007 haben wir einen Flyer zur Bewerbung unserer Testamentsbroschüre verschickt. Über 30 Personen haben unsere Nachlassbroschüre daraufhin angefordert. Schon einige Male wurde TERRE DES FEMMES in Testamenten bedacht. Manche dieser Erbschaften erfordern oft noch viel Korrespondenz mit JuristInnen und anderen Erben. Als sehr schwierig gestaltet sich der Verkauf eines baubiologischen Hauses im oberbergischen Kreis bei Köln. 18 TERRE DES FEMMES Menschenrechte für die Frau e.V. 5. Organisationsentwicklung Die Abbildung zeigt den strukturellen Aufbau von TERRE DES FEMMES. Die Mitgliederversammlung, zu der alle 2800 stimmberechtigten Mitglieder geladen sind, wählt als höchstes Gremium den Vorstand, der mehrmals jährlich zusammentrifft. Zahlreiche Aufgaben werden von diesem an die Bundesgeschäftsstelle und entsprechende hauptamtliche Mitarbeiterinnen delegiert. Daneben sind viele ehrenamtliche Gruppen und einzelne Aktive im Sinne des Vereins tätig. 5.1. Bundesgeschäftsstelle Die letzte Mitgliederversammlung von Mai 2007 traf einige richtungsweisende Entscheidungen für die Zukunft von TERRE DES FEMMES. Deutlich hatte sich in der Zeit zuvor gezeigt, dass vor allem die Vereinssatzung aus den Anfangszeiten an die gewachsene Struktur grundlegend angepasst werden musste. Eine von der Mitgliederversammlung zuvor gewählte sechsköpfige Satzungskommission hatte Änderungen ausgearbeitet, die von JuristInnen sowie dem Vereinsregister überprüft worden waren. Ein Kernpunkt war die Aufnahme der Geschäftsführung in den Vorstand qua Amt, so dass es nun eine nicht gewählte, geschäftsführende Vorstandsfrau gibt, die für größere Kontinuität sorgt. Ein weiterer Beschluss war nach intensiver Diskussion der Umzug der Bundesgeschäftsstelle nach Berlin. Bereits im Sommer 2008 werden zwei Referentinnen-Arbeitsplätze in die Bundeshauptstadt verlagert, wo verstärkte Lobby- und Vernetzungsarbeit stattfinden wird. Die räumlichen Kapazitäten in Tübingen sind ausgeschöpft. Geplant ist, dass die weiteren Mitarbeiterinnen im Lauf der nächsten Jahre nach Berlin nachkommen. Der komplette Umzug soll 2012 abgeschlossen sein. Dann endet auch unser Mietvertrag in Tübingen. 19 TERRE DES FEMMES Menschenrechte für die Frau e.V. Derzeit sind in der Bundesgeschäftsstelle acht Frauen in Vollzeit (35 bis 40 Stunden) beschäftigt, sieben in Teilzeit mit 20 bis 30 Stunden und drei weitere in Teilzeit unter 16 Wochenstunden. Ehrenamtlich wirkt Collin Schubert in verschiedenen Bereichen mit. Dazu unterstützen uns momentan acht Praktikantinnen. Insgesamt haben 2007 gesamt 32 Frauen bei TDF ein Praktikum absolviert. Durch den Anstoß einer sehr aktiven Praktikantin konnten wir 2006 ein Netzwerk in Form einer Mailgroup für ehemalige Praktikantinnen ins Leben rufen. Im Juni 2007 folgten rund 20 ehemalige Praktikantinnen unserer Einladung zu einem Praktikantinnentreffen in Tübingen, über das auch in der Lokalpresse unter der Überschrift „Prägende Praktika für Frauenrechte“ berichet wurde. Mit einer Fotokollage dokumentierten wir Werdegänge von Praktikantinnen. Die Bundesgeschäftsstelle ist als Ansprechpartnerin für Mitglieder, SpenderInnen, StifterInnen, JournalistInnen und andere Menschen, die um Informationen oder Hilfe bitten eine Kommunikationszentrale, die stets um einen schnellstmöglichen und entgegenkommenden Service bemüht ist. Hierbei behilflich sind uns moderne Technologien, wie die umfangreiche Datenbank „TOPIX“, das digitale Fotoarchiv und ein Server mit einem Umfang von über 2000 Gigabyte. Für den Berlin-Umzug müssen die technischen Möglichkeiten erweitert werden. Damit bürointerne Abläufe reibungslos funktionieren, ist der Informationsfluss entsprechend organisiert. Hierzu dienen die monatliche Bürositzung und die 14-tägige Referentinnensitzung, von denen Protokolle erstellt werden. Mindestens einmal monatlich hat der Betriebsrat eine Unterredung mit der Geschäftsführung. Das insgesamt herzliche und gute Miteinander im Büro wird auch von Praktikantinnen und Außenstehenden gelobt. Einzelne Mitarbeiterinnen sind in bürointernen Teams zu speziellen Bereichen aktiv. Hier gibt es die Büroteams Fundraising und Interne Kommunikation. Letztere bereitet derzeit den zweiten Informations- und Austauschtag vor, zu dem in die Bundesgeschäftsstelle geladen wird. Weiterhin ist sie verantwortlich für das Praktikantinnennetzwerk, das Kommunikationskonzept, die internen Mitfrauenseiten auf der Homepage. Zusätzlich zur Jahresplanung, die jede Mitarbeiterin anfertigt, gab es im Februar 2007 ein Strategietreffen zusammen mit dem Vorstand. Immer wieder zeigt sich, dass die Nachfrage nach unserer Arbeit nicht mit steigenden Einnahmen korrespondiert. So befinden wir uns personell und finanziell immer am Rande der Möglichkeiten. Alle Bereiche, die keinem Referat angehören, werden von der Geschäftsführung mit 1,5 Stellen und Hilfe von zwei Praktikantinnen bearbeitet. Dies umfasst v. a. die allgemeine Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, die Kontakte mit Prominenten, die Betreuung der Stiftung und von Vermächtnissen, die Vorbereitung der MV, das Thema Soziale Rechte sowie zahlreiche Einzelprojekte, die zu wichtig sind, als dass sie mangels Personal nicht durchgeführt werden. Auch die Zusammenarbeit TERRE DES FEMMES Schweiz und der dortigen Geschäftsstelle in Bern wird von der Geschäftsführung zusammen mit dem Vorstand betreut. Zu einem Treffen im Herbst in Tübingen reisten zwei Frauen des Schweizer Vorstandes an und es wurde ein Kooperationsvertrag erarbeitet. 20 TERRE DES FEMMES Menschenrechte für die Frau e.V. 5.2. Ehrenamtliche In 26 Städtegruppen von Lübeck bis München, von Köln bis Chemnitz, und in drei Arbeitsgemeinschaften sind zahlreiche Frauen und Männer ehrenamtlich bei TERRE DES FEMMES engagiert. Dazu kommen viele einzelne Aktive, die den Verein in Netzwerken, bei Vorträgen, bei Repräsentationsterminen und vielen weiteren Gelegenheiten vertreten. Viele Städtegruppen bestehen schon lange Zeit, andere gründen sich neu wie z. B. Stralsund. Die Arbeitsgemeinschaften Frauenrechte in islamischen Gesellschaften, Frauenhandel/ Migration und Genitalverstümmelung werden ehrenamtlich koordiniert und kommen zweimal jährlich zusammen. Ihre inhaltliche Arbeit ist für viele Positionen und Aktionen grundlegend. Ein besonderes Highlight war im Sommer 2007 ein zweiwöchiges Workcamp in der Bundesgeschäftsstelle. Bis aus Magdeburg und Berlin kamen die sechs Teilnehmerinnen im Alter von 20 bis 57 Jahren. Zwei Wochen lang unterstützten sie TERRE DES FEMMES ehrenamtlich bei der Adresspflege. Rund 3500 Datensätze wurden bei der Arbeit mit Telefon und Computer "behandelt". Die Frauen sind nachhaltig von TERRE DES FEMMES und den Einblicken, die sie erhielten, begeistert. Die Zusammenarbeit zwischen den ehrenamtlich und hauptamtlich Tätigen ist meistens sehr harmonisch und motivierend. So freut es uns sehr, wenn von einer langjährigen Mitstreiterin Zeilen wie diese in der Bundesgeschäftsstelle eintreffen: „Und immer präsent sein, Sand ins Getriebe streuen. Manchmal scheuert es ganz ordentlich. Frauen, es gibt so viel zu tun und unerschöpfliche Möglichkeiten, in die Öffentlichkeit zu gehen. Hoffentlich sind wir irgendwann überflüssig.“ Es gibt auf der Vereinshomepage einen Mitgliederbereich mit einem Forum. Der Bereich soll weiter ausgebaut werden und langfristig einem regen Austausch zwischen Ehrenamtlichen dienlich sein. Für den 13.9.08 wird derzeit wieder eine Info- und Austauschtag für ehrenamtlich Aktive und solche, die es werden wollen in Tübingen vorbereitet. Dieser fand erstmals im September 2006 statt und war ein großer Erfolg. 5.3. Stiftung Mittlerweile gibt es 18 StifterInnen und ein Stiftungskapital von 249.000 €, welches einen jährlichen Ertrag von rund 8000 € erbringt. Im Jahr 2007 sind 10.000 € neu dazugestiftet worden, in 2008 bisher ebenso. Die Zinserträge des Stiftungsvermögens sollen neben Einnahmen aus Spenden und Mitgliedsbeiträgen langfristig eine wichtige finanzielle Basis für unsere Arbeit bilden. Wir sind Mitglied im Bundesverband Deutscher Stiftungen geworden und waren bei dem größten deutschen Netzwerktreffen für Stiftungen, beim Deutschen Stiftungstag in Lübeck dabei, wo es auch ein Round Table-Treffen verschiedener Frauenstiftungen gab. Im November fand ein Vernetzungstreffen verschiedener Stiftungen statt, die sich für gesellschaftlichen Wandel einsetzen. Es wurde ein gemeinsamer Stiftungstag beschlossen und vorbereitet, der Mitte April stattgefunden hat. Schon Tradition hat unser StifterInnentreffen im Herbst in Tübingen, bei dem es neben Bericht und Austausch auch um Möglichkeiten für die Gewinnung weiterer Stifterinnen ging. 21 TERRE DES FEMMES Menschenrechte für die Frau e.V. Im Jahr 2007 gab es 24 Anfragen von InteressentInnen. Im Sommer 2007 rief eine Mitarbeiterin InteressentInnen der letzten Zeit an. Hierdurch konnte jedoch kein/e weitere/r StifterIn gewonnen werden. Die Spenden an die Stiftung betrugen 2007 50.650 €. Diese Gelder dienten nicht der Anlage zum Stiftungsvermögen, sondern flossen direkt der Vereinsarbeit zu. 6. Fazit Im zurückliegenden Jahr wurden viele richtungsweisende Entscheidungen für die weitere Entwicklung des Vereins getroffen: Die größte hiervon ist sicher die, mit der Bundesgeschäftsstelle nach Berlin umzuziehen und bereits Mitte 2008 dort ein Büro zu eröffnen; aber auch die Beschlüsse zur Fusionierung der TERRE DES FEMMES-Zeitschrift mit der „Frauensolidarität“ und zur Installierung einer geschäftsführenden Vorstandsfrau sind fundamental. Die Zeichen weisen hiermit weiter in Richtung verstärkte Professionalisierung und Expansion. Wir versprechen uns von diesen Neuerungen zunehmende Einflussmöglichkeiten in der Lobby- und Öffentlichkeitsarbeit, die weiter zu Verbesserungen der Lebenssituation von Frauen und Mädchen führen sollen. Es ist sehr erfreulich, dass uns hierbei mehr und mehr Einzelpersonen, auch prominente, und Firmen unterstützen und fördern. Die große Resonanz auf unsere Themen zeigt, dass es uns gelungen ist, die Thematik Frauenrechte mit großer Hartnäckigkeit nachhaltig auf die öffentliche Agenda gebracht zu haben, andererseits aber auch, dass es oft mehr betroffene Frauen und Mädchen gibt, die der Hilfe bedürfen, als angenommen. Wir versuchen darum neue Konzepte zu entwickeln, die der Schulung der entsprechenden Bezugspersonen von Betroffenen dienen. Wie gut diese angenommen werden, zeigt z. B. die große Nachfrage nach dem Online-Hilfsleitfaden „Im Namen der Ehre“. Als erfolgreich erweisen sich aber auch die direkten Angebote an Betroffene und die Vernetzungsarbeit. Deutlich zeigen sich die Gefahren von so genannten „Parallelgesellschaften“ und auch von fundamentalistischen Strömungen. Hier sind wir immer wieder gefordert, Stellung zu beziehen, sowie Demokratie und Grundrechte zu verteidigen. In Integrationsdebatten bringen wir unsere Erfahrungen und Forderungen ein. Den zahlreichen Menschen, die an dem erfolgreichen Wirken unserer Organisation durch ihren aktiven oder finanziellen Einsatz beteiligt waren, möchte ich herzlich danken. Ohne sie wäre vieles nicht möglich. Dass der Einsatz auf vielen verschiedenen Ebene Früchte trägt, dass es neben Rückschlägen und neuen Einsatzfeldern auch viele Schritte zur Verbesserung der Situation von Frauen und Mädchen gibt, freut und bestärkt uns in unserem Weg, uns weiter mit Nachdruck für die grundsätzliche Gleichheit von Frauen und Männern in dieser Welt einzusetzen. 22