Conon the Athenian 2016-2-134 Asmonti, Luca: Conon - H-Soz-Kult

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Conon the Athenian 2016-2-134 Asmonti, Luca: Conon - H-Soz-Kult
L. Asmonti: Conon the Athenian
Asmonti, Luca: Conon the Athenian. Warfare
and Politics in the Aegean, 414–386 B.C. Stuttgart: Franz Steiner Verlag 2015. ISBN: 978-3515-10901-7; 200 S.
Rezensiert von: Daniel Pauling, Institut für
Evangelische Theologie, Technische Universität Dresden
Luca Asmonti verspricht mit dem gut gewählten Titel „Conon the Athenian“ eine anregende biographische Lektüre über den aus
Athen stammenden Flottenadmiral, der nach
mehreren Einsätzen in der letzten Dekade des
Peloponnesischen Krieges zunächst ins zyprische Exil nach Salamis floh und in den 390erJahren in die Dienste der persischen „barbaroi “ trat, um der spartanischen Vorherrschaft
in der Ägäis in der Schlacht von Knidos 394
v.Chr. einen herben Dämpfer zu versetzen.
Vor allem dieser Erfolg verhalf ihm zu überaus großem Ansehen in Athen. Asmonti geht
es vor allem darum, jenes Bild eines strategisch überragenden und extrem patriotischen
Konon zu hinterfragen, welches die athenischen Quellen des vierten und späterer Jahrhunderte uns überliefert haben (S. 18–22) und
das die althistorische Forschung nach wie vor
dominiert (S. 23).
Daher und aufgrund der Quellenlage, welche das Leben Konons jenseits seiner militärischen Engagements weitgehend im Dunkel lässt, wird aus der Biographie eine Folge nicht minder spannender Analysen der
politischen und militärischen Verhältnisse in
der Ägäis zwischen dem ersten überlieferten
Einsatz Konons als mutmaßlicher Stratege in
Naupaktos 414/13 und dem sogenannten Königsfrieden 386 v.Chr. Asmonti geht bei dieser Analyse in den fünf Hauptteilkapiteln, abgesehen von einigen, politische Hintergründe erhellenden Rückblenden, streng chronologisch vor. Er entwickelt aus dem biographischen Blickwinkel Konons heraus originäre Interpretationen und eine überzeugende, stringente Darstellung der Entwicklungen
dieser turbulenten drei Jahrzehnte.
Nach einer einleitenden Zusammenfassung der wichtigsten Ereignisse des Untersuchungszeitraums sowie der wichtigsten Ergebnisse, die den Leser erwarten, (S. 28–37)
widmet sich Asmonti im ersten Kapitel der
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Frage, warum die Athener nach der Niederlage bei Notion anstelle des verrufenen Alkibiades ausgerechnet Konon 407/6 zum mutmaßlichen strategos autokrator mit umfassenden Befugnissen wählten (S. 39–65). Im
zweiten Kapitel (S. 67–94) wird Konons Einsatz in Samos und seine Rolle am Ende des peloponnesischen Krieges erörtert. Seine Flucht
vor spartanischer Vergeltung nach der athenischen Niederlage zum salamischen König
Euagoras auf Zypern und die Anheuerung
Konons als Admiral der persischen Flotte
durch den phrygischen Satrapen Pharnabazos stehen im Zentrum des dritten Kapitels (S. 95–129). Dieser Übertritt in persische
Dienste bildet den entscheidenden Angelpunkt in Asmontis Argumentation, der Konons Erfolge als Flottenkommandant und die
spartanische Niederlage gegen die persische
Flotte bei Knidos ab dem vierten Kapitel vor
allem aus der strategischen Perspektive Persiens beleuchtet (S. 131–154). Das fünfte Kapitel (S. 155–178) widmet sich den Folgen dieser
Niederlage für die zwischenstaatlichen Verhältnisse in der Ägäis, Konons Rückkehr nach
Athen und mysteriösen Tod im Zuge einer
Gesandtschaft nach Persien. Es bietet, zusammen mit der Konklusion (S. 179–183), einen
Ausblick auf die allgemeinen Friedensschlüsse (koinai eirenai ) und die persische Autonomiepropaganda der Folgezeit, die Konon zumindest initial mitbeeinflusst habe.
Im Folgenden soll vor allem Asmotis innovative Perspektive auf die diplomatischen
und militärischen Entwicklungen in der Ägäis hervorgehoben und näher beleuchtet werden: Ab S. 96 konzentriert sich der Autor
intensiv auf die bisher oft vernachlässigten
strategischen Ziele der Perser. Die Anheuerung Konons als alleinigen Admiral der persischen Flotte gegen die spartanische Kontrolle der Ägäis im Jahr 398/7 erklärt er mit
der überzeugenden Hypothese eines Wechsels der persischen „grand strategy“: Der
Satrap Pharnabazos habe gemeinsam mit Konon den Plan entwickelt und den Großkönig
Artaxerxes von dessen Durchführung überzeugt, die Spartaner sowohl zur See, als auch
durch finanzielle Unterstützung der griechischen Poleis in einen Zweifrontenkrieg zu
verwickeln (S. 134–141). Für den Seekrieg habe Pharnabazos auf die neuen Methoden ge-
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setzt, welche während des peloponnesischen
Krieges entstanden, und dafür mit Konon einen in der Kontrolle von Flottenbasen und
im Kampf gegen Sparta erfahrenen Admiral
für sich gewonnen (S. 120–129, 146f.). Diese
neue Strategie sei auf die Erfüllung der politischen Zielvorgabe Artaxerxes‘ ausgerichtet gewesen, die persische Kontrolle über die
kleinasiatischen Griechenstädte dauerhaft zu
stabilisieren (S. 126f. und 153). „The Greek
problem harmed Persian interests, not owing
to its present intensity [. . . ], but because of
its chronic nature.“ (S. 142) Asmonti sieht
deshalb auch die Adaption der griechischen
Autonomieparole durch die Perser als Ausdruck dieser Strategie, auf die Konon maßgeblich eingewirkt habe (S. 181). Er betont
jedoch immer wieder zu Recht, dass diese „new grand strategy“ nicht vom Großkönig ausging, sondern zugleich ein Kampfmittel in der institutionalisierten Konkurrenz
zwischen den Satrapen, vor allem zwischen
Pharnabazos und Tissaphernes in ihrem Bemühen um die Gunst des Großkönigs gewesen sei (S. 101–103, 120f., 169–174, 181f.).
Somit sei es weniger dem militärischen Genius Konons und seinem patriotischen Einsatz für Athen zu verdanken, dass die spartanische Kontrolle der Ägäis 394 gebrochen
wurde. Hinter diesem heroischen Bild Konons, welches unsere Quellen zeichnen, konnte Asmonti vielmehr die politischen Zielsetzungen des persischen Großkönigs als entscheidende Triebfedern entlarven. Zugleich
kommt er durch seine Betonung der Satrapenkonkurrenz zu dem bisher selten gezogenen,
doch durchaus überzeugenden Schluss, dass
sich in diesen diplomatischen und militärischen Wechselfällen bereits die institutionelle
Schwäche Persiens gezeigt habe, die das Riesenreich später unter dem Angriff Alexanders
zusammenbrechen ließ (S. 181–183).1 Umso
dankenswerter ist es, dass Asmonti der strategischen Perspektive des Großreichs in seiner
Darstellung so viel Raum gegeben hat, denn
er hat damit das Bild Persiens als eines monolithischen Machtapparats relativiert, welcher
die griechischen Geschicke nach Belieben beeinflussen konnte.
Asmonti ist mit seinem Werk zudem der
Spagat zwischen Fachpublikation und einer
auch für Nichtfachleute gut lesbaren Darstel-
lung gelungen. Seine Schilderung der politischen Verhältnisse und Entwicklungen in der
Ägäis des späten fünften und frühen vierten Jahrhunderts v.Chr. ist regelrecht spannend zu lesen und macht damit dem Buchtitel alle Ehre. Das Konzept einer Biographie
eines in den Quellen eher unterrepräsentierten Admirals vor dem erhellenden Hintergrund der politischen Geschichte seiner Lebenszeit bietet eine erfrischend neue Perspektive auf diesen Abschnitt der griechischen Geschichte. Vor allem überzeugt, dass Asmonti dabei immer sehr quellennah und quellenintensiv argumentiert. Das zeigt unter vielen
Beispielen sein klarer Blick auf die Diskussion über das vermeintliche Treffen zwischen
Pharnabazos und Konon, in dessen Folge letzterer ab 398/7 – nach der von Asmonti verteidigten Darstellung Diodors – zum Oberkommandierenden der persischen Flotte ernannt
wurde (S. 121–124).
Angesichts dessen wäre ein Quellenstellenregister vielleicht angebracht gewesen; am
Ende des Buches ist aber lediglich ein Namensregister zu finden. In Bezug auf die umfangreiche Liste an Sekundärliteratur, die Asmonti zu dieser turbulenten Zeit der griechischen Geschichte anführt, würde man
sich stellenweise eine intensivere Diskussion der verschiedenen Forschungspositionen
wünschen.2 Dies bleibt wohl der Kürze des
Werkes geschuldet und schafft auf den knapp
über 180 Seiten Raum für eine beeindruckende Prägnanz der Darstellung.
Insgesamt ist es Luca Asmonti hervorragend gelungen, diese verworrene und auch
für den Forscher oft verwirrende Epoche
der griechischen (und persischen) Geschichte durch den Fokus auf den historisch wich1 Vgl. vor Asmonti v.a. Michael Zahrnt, Hellas unter per-
sischem Druck? Die griechisch-persischen Beziehungen in der Zeit vom Abschluß des Königsfriedens bis
zur Gründung des Korinthischen Bundes, in: Archiv
für Kulturgeschichte 65 (1983), S. 249–306, der die anderen Satrapien und die Zeit nach dem Königsfrieden
einbezieht und dabei zu demselben Schluss kommt.
2 Bspw. wäre eine Abgrenzung Asmontis eigener Position (S. 109, und S. 156) gegenüber der von Peter Funke, Homónoia und Arché. Athen und die griechische
Staatenwelt vom Ende des Peloponnesischen Krieges
bis zum Königsfrieden (404/3–387/6 v.Chr.), Wiesbaden 1980, S. 122, vertretenen Position wünschenswert
gewesen, dass Konon im Dienste Pharnabazos‘ kaum
politischen Einfluss in Athen habe ausüben können.
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L. Asmonti: Conon the Athenian
tigen Akteur Konon und die persische Strategie in einer knappen Darstellung stringent
und überzeugend nachzuzeichnen.
HistLit 2016-2-134 / Daniel Pauling über Asmonti, Luca: Conon the Athenian. Warfare and
Politics in the Aegean, 414–386 B.C. Stuttgart
2015, in: H-Soz-Kult 30.05.2016.
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