Ballade von einer Kanaken Stadt von
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Ballade von einer Kanaken Stadt von
Ballade von einer Kanaken Stadt von Hermann Mensing 2007 erschienen in: Rechtsherum – wehrt euch! Geschichten vom Wegsehen und Hinsehen Ueberreuter Verlag 2001 ISBN 3-8000-2796-8 Ich weiß noch Wo die Fabriken standen Ich roch und sah Dass viel Arbeit da war Dass niemand sie wollte Hab ich nicht verstanden Dann wollten sie welche mit schwarzem Haar. Ich war zehn Und sah sie samstags im Park Sie spielten Fußball mit Feuer Sie waren schnell und ich fand sie stark Und beim Lachen so ungeheuer. Ich ging näher heran Und verstand nicht ein Wort Ihr Ball tropfte mir vor den Fuß Sie riefen, ich dachte, sie jagen mich fort Stattdessen winkte mir einer zum Gruß Also schoss ich zurück, der Ball drehte ins Tor Und der kleinste Spaghetti schrie „Deutschlande vor!“ Die Eltern sagten, geht nicht zu nah ran Diese Kerle sind sehr gefährlich Doch ich kannte Mädchen, die fassten sie an Und fanden Spaghettis herrlich. Sie heirateten sie, gingen fort von zu Haus Sie kriegten Kinder, sie bauten ein Haus Sie leben und kaum einer fragt noch, woher Dieses Kind mit den dunklen Augen wär. Wo ich herkomme Wurden Tuche gewebt Und schon immer waren da Fremde Wo ich hingeh Hab ich noch nicht gelebt Es ist wohl am anderen Ende. Ein Hörnchen Eis und schwarzes Haar war’n der Grund Dass ich von der weiten Welt träumte Ich schaute mich an Weltkarten wund Damit ich bloß nichts versäumte. Während ich im Traum das Meer überquer Kam die Welt her, um Tuche zu weben Portugiesen, Spanier, Türken und mehr Alle, alle konnten hier leben. Ich wurde groß, meine Stadt mir zu klein Ich spür noch, wie wild mein Herz schlug Als ich sie verließ, ich reiste allein Übers Meer, weit weit fort ging der Flug Doch wo ich auch hinkam, Menschen waren längst da Ich war weiß, sie war’n bunt, und wir wunderbar. Eine Weile vergaß ich die kleine Stadt An der Grenze und all ihre Wunden Eine Stadt, die sich geschunden hat Denn ich hab sie verändert gefunden. Erst dröhnten die Werkshallen nicht mehr so laut Dann bevorzugte man wieder weiße Haut Und als den Fabriken der Atem ausging Gab's für niemand kaum mehr als 'nen Pfifferling. Und alle hielten den Atem an Und jeder schaut auf den Nebenmann Und jeder glaubt, dass er’s schaffen kann Und so fängt es von vorn wieder an. Ich bin fünfzig Und seh die veränderte Stadt Aus aller Welt sind sie dort Gäbe jeder, was er zu geben hat Niemand müsste je wieder fort. Aber es ist, wie es ist, und wie ich es nicht will Die Dummen sind laut und die Klugen sind still es ist, wie es ist, doch ich glaube daran Das alles noch gut werden kann. Wo ich herkomme Wurden Tuche gewebt Und schon immer waren da Fremde Wo ich hingeh Hab ich noch nicht gelebt Es ist wohl am anderen Ende.