Die DIN VDE 0100-718 in der Praxis
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Die DIN VDE 0100-718 in der Praxis
Elektroinstallation Die DIN VDE 0100-718 in der Praxis Errichtung elektrischer Anlagen in baulichen Anlagen für Menschenansammlungen – Neuerungen zum 1.10.2005 E. Schott, D. Rosenwirth Zum 1.10.2005 wurde die seit über 15 Jahren gültige VDE-Bestimmung für Quelle: Tüv Industrie Service GmbH Tüv Süd Gruppe Starkstromanlagen und Sicherheitsstromversorgung in baulichen Anlagen für Menschenansammlungen ersetzt und als VDE 0100-718 in die Systematik der Errichternormen der Reihe DIN VDE 0100 eingegliedert. Die DIN VDE 0100-718 (VDE 0100718):2005-10 enthält nur noch die Anforderungen, die bei der Errichtung von baulichen Anlagen für Menschenansammlungen zusätzlich berücksichtigt werden müssen. A lle anderen Anforderungen enthalten die Reihe DIN VDE 0100 bzw. die entsprechenden Produktnormen. Aussagen zu baurechtlichen Anforderungen sind aus formellen Gründen entfallen und ausschließlich dem Bauordnungsrecht zu entnehmen. Eine Aktualisierung der VDE-Bestimmung war dringend nötig. Viele Anforderungen waren nicht mehr aktuell oder wurden bereits in nationalen und europäischen Normen berücksichtigt. Zudem hat sich das Baurecht weiterentwickelt und durch neuere Gesetze, Vorschriften und Richtlinien verändert. Nach intensiven Diskussionen im DKE UK 221.3 »Bauliche Anlagen für Menschenansammlungen«, in der Fachöffentlichkeit und in den Einspruchsberatungen ist mit DIN VDE 0100-718 (VDE 0100-718):2005-10 ein Werk entstanden, das dem aktuellen Stand der Technik Rechnung trägt. Bei der Formulierung der neuen Bestimmung wurden notwendigerweise KomEberhard Schott, Karstadt Warenhaus AG, Technisches Facility Management, Obmann DKE UK 221.3 »Bauliche Anlagen für Menschenansammlungen«; Dieter Rosenwirth, TÜV Industrie Service GmbH, TÜV Süd Gruppe 34 Bild 1: Die neue DIN VDE 0100-718 (VDE 0100-718):2005-10 ergänzt die Normen der Reihe 0100 um spezifische Anforderungen bei der Planung und Errichtung von Starkstromanlagen und Sicherheitsstromversorgung in baulichen Anlagen für Menschenansammlungen promisse gefunden, die eine Weiterführung des Gedankengutes der bisherigen Reihe DIN VDE 0108 (VDE 0108) ermöglichen (Bild 1). Die neue DIN VDE 0100-718 (VDE 0100-718):2005-10 ist eine Norm, die sich mit ihren besonderen Anforderungen für Niederspannungsanlagen von Gebäuden für Menschenansammlungen in die Struktur der grundlegenden Normenreihe für das Errichten von Niederspannungsanlagen – Reihe DIN VDE 0100 (VDE 0100) – als deren Teil 718 einpasst. Darauf weist der Anwendungsbereich der DIN VDE 0100-718 (VDE 0100-718):2005-10 hin: »Diese Norm gilt nicht für Einrichtungen für Sicherheitszwecke, für die eigene Normen existieren.« Dieser Hinweis war vor allem deshalb notwendig, weil durch europäische Normen inzwischen eigenständige Regelungen für spezielle Einrichtungen für Sicherheitszwecke wie Sicherheitsbeleuchtungsanlagen existieren. Die nationale Norm DIN VDE 0100-718 (VDE 0100-718) durfte genauso wenig wie die Vorgänger-Normenreihe DIN VDE 0108 (VDE 0108) Anforderungen enthalten, die den europäischen Normen entgegenstehen (Bild 2). Anforderungen aus dem Baurecht In der »alten« DIN VDE 0108 (VDE 0108) kennzeichneten Randbalken die baurechtlichen Anforderungen insbesondere zum Funktionserhalt. Diese Anforderungen waren in Zusammenhang mit den entsprechenden bauaufsichtlichen Forderungen zu stellen oder durch anders lautende bauaufsichtliche Regelungen zu ersetzen. Die bauaufsichtlichen Regelungen unterliegen in Deutschland dem jeweiligen Landesbaurecht der Bundesländer. Zur Vermeidung von Missverständnissen haben die DKE und die Argebau vereinbart, dass in der »neuen« DIN VDE 0100-718 (VDE 0100-718):2005-10 die Regelungen aus dem Landesbaurecht komplett entfallen und die entsprechenden Festlegungen ausschließlich der jeweiligen Landesbauordnung zu entnehmen sind (Bild 3). Wichtige Aussagen finden sich z. B. in folgenden baurechtlichen Vorschriften – und zwar in der jeweiligen Umsetzung der Bundesländer: • Die Muster-Leitungsanlagen-Richtlinie 3/2000 (MLAR) enthält Aussagen zu Leitungsanlagen in Flucht- und Rettungswegen, Führung von Leitungen durch bestimmte Wände und Decken de 1-2/2006 Elektroinstallation Struktureller Aufbau der Norm Die Struktur und Nummerierung entspricht nun der Systematik der Reihe 0100. Wo erforderlich wurden zu den entsprechenden Normen der VDE 0100 Ergänzungen vorgenommen. Anhand der Nummerierung kann man erkennen, welcher Teil der Reihe 0100 ergänzt wird. Der Nummerierung steht die Zahl 718 (für VDE 0100-718) voran. Im Folgenden sind einige Beispiele aufgeführt: 718.4 – Schutzmaßnahmen Zusätzlich zu den Schutzmaßnahmen nach DIN VDE 0100 Gruppe 400 wird für die Stromkreise der Sicherheitsstromversorgung gefordert, dass im Falle eines Kurzschlusses die dem Fehlerort unmittelbar vorgeschaltete Schutzeinrichtung den Fehler sicher abschaltet. Nachfolgende Schutzeinrichtungen dürfen nicht auslösen (Selektivität). Diese Forderung gilt auch, wenn an die Sicherheitsstromversorgung nicht sicherheitsrelevante Stromkreise angeschlossen werden. 718.482 – Brandschutz bei besonderen Risiken und Gefahren Augrund der Übernahme der Gliederung aus der Reihe 0100 enthält dieser Abschnitt einige Anforderungen aus der »alten« DIN VDE 0108 (VDE 0108), z. B. • Der Einbau von Neutralleitertrennklemmen in Verteilungen. • Überlastschutz bei automatisch oder fernbedient gesteuerten Motoren (bei Motoren mit Stern-Dreieck-Anlauf ist auch die Sternstufe gegen zu hohe de 1-2/2006 Erwärmung zu schützen; ausgenommen davon sind blockierungsfreie Motoren und Motoren unter 500W in Arbeitsstätten). • Bereichsschalter für elektrischen Anlagen von Sozialräumen, Kantinen, Werkstätten, Umkleideräume für Darsteller, Lagerräume, Verkaufsräume und Ausstellungsräume (Ausnahmen: Beleuchtung, Kühlschränke, EDVAnlagen und Kommunikationsanlagen und die Anwendung in baulichen Anlagen, die ausschließlich als Arbeitsstätten genutzt werden). • Separate Räume für Verteiler oder entsprechender mechanischer Schutz sowie Schutz vor dem Zugriff unbefugter Personen. Diese Anforderungen gelten unabhängig davon, ob »Räume oder Orte mit besonderem Brandrisiko« oder »Räume oder Orte mit unersetzbaren Gütern von hohem Wert« nach DIN VDE 0100-482 (VDE 0100-482):Juni 2003 vorliegen. 718.528 – Nähe zu anderen technischen Anlagen Neu aufgenommen wurde die Anforderung, dass Steuerungen und Bussysteme der elektrischen Anlagen für Sicherheitszwecke unabhängig von Steuerungen und Bussystemen der Gebäudeleittechnik sein müssen. Dies kann erreicht werden durch die Verwendung von Schnittstellen mit sicherer Trennung nach DIN EN 61140 (VDE 0140-1):2003-08, 5.3.2). Außerdem muss sichergestellt sein, dass die bestimmungsgemäße Funktion der Anlage für Sicherheitszwecke durch die Kopplung nicht außer Kraft gesetzt werden kann (Rückwirkungsfreiheit). Tritt ein Fehler im Steuerungs- und Bussystem der Gebäudeleittechnik auf, so darf dieser nicht die ordnungsgemäße Funktion der elektrischen Anlagen für Sicherheitszwecke beeinflussen. Tritt ein Fehler im Steuerungs- und Bussystem der elektrischen Anlage für Sicherheitszwecke auf, so sind die Sicherheitsfunktionen der elektrischen Anlage für Sicherheitszwecke auszuführen und die Fehler an eine ständig besetzte Stelle zu melden. Seit Jahren zeigt sich der Trend, dass baurechtlich geforderte Sicherheitsanlagen in ein gebäudeleittechnisches Gesamtkonzept eingebettet werden oder ein Teil des gebäudeleittechnischen Gesamtkonzeptes sind. Hier muss gewährleistet sein, dass die Verfügbarkeit der baurechtlich geforderten, früher als autarke Einrichtungen konzipierten Sicherheitsanlagen durch diesen Trend in keiner Weise beeinträchtigt wird. Sicherheitsbeleuchtungsanlagen Für Sicherheitsbeleuchtungsanlagen existiert die DIN EN 50172 (VDE 0108100):2005-01. Deshalb wurden alle bisherigen normativen Festlegungen zur Sicherheitsbeleuchtung nicht in die Norm DIN VDE 0100-718 (VDE 0100718) überführt. Die im Einspruchsverfahren als wünschenswert eingestuften Anforderungen für die Sicherheitsbeleuchtungsanlagen, welche die DIN EN 50172 (VDE 0108100):2005-01 nicht enthält, wurden deshalb als Ergänzungen zur existierenden Norm DIN EN 50172 (VDE 0108100):2005-01 zusammengestellt. Veröffentlicht sind diese zusätzlichen Anforderungen als integraler Bestandteil zur DIN EN 50172 (VDE 0108100):2005-01 in dem Entwurf DIN Quelle: Karstadt Warenhaus AG – TFM und zum Funktionserhalt von elektrischen Leitungsanlagen im Brandfall. • Die Musterrichtlinie über brandschutztechnische Anforderungen an Hohlraumestriche und Doppelböden 12/1998. • Die Verordnung über den Bau von Betriebsräumen für elektrische Anlagen (EltBauVO). • Sonderbauverordnungen wie z.B. Muster-Versammlungsstättenverordnung oder Muster-Beherbergungsstättenverordnung können u.a. Regelungen zur Sicherheitsstromversorgung und Sicherheitsbeleuchtung wie z.B. Mindestbeleuchtungsstärke, Umschaltzeit, Versorgungsdauer, etc. enthalten. Diese bauaufsichtlichen Regelungen haben grundsätzlich Vorrang vor normativen Aussagen. Bild 2: Mittelspannungs-Trafostation für die Energieversorgung in einem Warenhaus 35 Quelle: Karstadt Warenhaus AG – TFM Elektroinstallation Bild 3: Die Regelungen aus dem Landesbaurecht sind in der DIN VDE 0100-718 komplett entfallen VDE 0108-100 (VDE 0108-100):200510 als so genannte »konsolidierte Fassung«. Die Beratungsergebnisse aus der Einspruchsberatung zum Vorläufer sind im Entwurf DIN VDE 0108-100 (VDE 0108-100):2005-10 grau schattiert dargestellt. Das DKE UK 221.3 empfiehlt die sofortige Anwendung des Entwurfs DIN VDE 0108-100 (VDE 0108100):2005-10 bereits vor seinem Inkrafttreten als Norm. Das in Deutschland für EN 50172 zuständige UK 221.3 wird die im Entwurf DIN VDE 0108-100 (VDE 0108100):2005-10 vorgestellten Ergänzungen der EN 50172 in einen Änderungsantrag zur Überarbeitung der EN 50172 (Sicherheitsbeleuchtung) bei CENELEC (für Europa) einreichen. Wenn der Entwurf DIN VDE 0108100 (VDE 0108-100):2005-10 für ein Bauvorhaben nicht vereinbart wird, muss man wesentliche Anforderungen an die Sicherheitsbeleuchtungsanlage indirekt aus anderen Normen entnehmen. In diesem Fall gilt es zu beachten, dass das Regelungsniveau im Gegensatz zur »alten« DIN VDE 0108 und zur Empfehlung des DKE UK 221.3 deutlich niedriger liegt. Hierzu einige Beispiele: • Die DIN EN 1838:Juli 1999 schreibt vor, dass die Sicherheitsbeleuchtung für Rettungswege und die Antipanikbeleuchtung mindestens für eine Nennbetriebsdauer von 1 h auszulegen ist. Für Arbeitsplätze mit besonderer Gefährdung muss die Nennbetriebsdauer der Sicherheitsbeleuchtung entsprechend der Dauer der Gefährdung für die Menschen ausgelegt werden. • 50 % der geforderten Beleuchtungsstärke (mindestens 1 lx für Rettungswege, 0,5 lx für die Antipanikbeleuchtung und 10 % des Wartungswertes 36 der Beleuchtungsstärke, aber mindestens 15 lx für Arbeitsplätze mit besonderer Gefährdung) müssen innerhalb von 5 s und die geforderte Beleuchtungsstärke innerhalb von 60 s nach DIN EN 1838:Juli 1999 erreicht werden. Somit liegt auch die Umschaltzeit implizit fest. Diese Festlegungen gelten auch für Sicherheitszeichen. • Ohne Anwendung des Entwurfs DIN VDE 0108-100 (VDE 0108100):2005-10 werden z. B. keine speziellen Anforderungen an die Aufteilung der Stromkreise, die getrennte Leitungsverlegung und Absicherung der Stromkreise für Sicherheitsbeleuchtungsanlagen gestellt. Einige Grundanforderungen kann man jedoch aus der DIN VDE 0100-560 (VDE 0100-560):Juli 1995 ableiten. Einige der aufgeführten Beispiele können bauaufsichtlich oder im Arbeitsrecht geregelt sein. Fazit Die DIN VDE 0100-718 (VDE 0100718):2005-10 ist ein Spiegel der europäischen Normung (Aufteilung in Produkt- und Errichternormen) im Zusammenspiel mit dem landesspezifischen Baurecht in Deutschland. Nur auf den ersten Blick stellt die DIN VDE 0100-718 (VDE 0100718):2005-10 eine deutliche Verkomplizierung für Planer und Errichter dar. Bei genauerer Analyse erkennt man jedoch, dass die vermeintliche Klarheit der »alten« DIN VDE 0108 (VDE 0108) nicht mehr gegeben war. Aktuelle bauaufsichtliche Regelungen haben grundlegende Aussagen der »alten« DIN VDE 0108 (VDE 0108) relativiert bzw. ergänzt. Anforderungen an Sicherheitsanlagen, für die Produktnormen existieren, waren bereits ungül- tig (Beispiel: Sicherheitsbeleuchtungsanlagen). Grundlegende Festlegungen für Starkstromanlagen und Sicherheitsstromversorgung in baulichen Anlagen für Menschenansammlungen sind dem Landesbaurecht zu entnehmen. Die Anforderungen an die eingesetzten Geräte und Anlagen regeln die jeweiligen Produktnormen. DIN VDE 0100718 (VDE 0100-718):2005-10 ergänzt die Normen der Reihe 0100 um spezifische Anforderungen bei der Planung und Errichtung von Starkstromanlagen und Sicherheitsstromversorgung in baulichen Anlagen für Menschenansammlungen. ■ SEMINARE ZUM THEMA Wenn es um die Errichtung von elektrischen Anlagen in Gebäuden wie Sportstadien, Theatern, Bahnhöfen Hochhäusern, Flughäfen oder auch Parkhäusern geht, kommt nicht allein die neue VDE 0100-718 zum Tragen. Welche Vorschriften sind noch zu berücksichtigen? Und was bedeutet die Neustrukturierung für die tägliche Praxis? Damit muss man sich schon heute auseinander setzen – auch wenn die Übergangsfristen bis ins Jahr 2007 reichen. Die Referenten der TÜV Akademie gehen ausführlich auf die Änderungen ein, zeigen geltende Standards zum Beispiel für Kabel- und Leitungsanlagen und entsprechende Schutzmaßnahmen auf. Außerdem auf dem Stundenplan: Sicherheitsbeleuchtungs-Anlagen unter dem Blickwinkel des Entwurfs der VDE 0108-100. Weitere Informationen und Anmeldung zu den Seminaren gibt es unter: www.tuev-sued.de. Die Termine: • München: 23.3. und 14.7.2006 • Mannheim: 24.1. und 19.6.2006 • Nürnberg: 31.1. und 20.6.2006 • Augsburg: 1.2. und 18.9.2006 • Stuttgart: 15.2. und 31.7.2006 • Regensburg: 16.3. und 23.5.2006 • Hannover: 2.2.2006 • Karlsruhe: 27.3. und 27.10.2006 • Hamburg: 21.3.2006 • Düsseldorf: 18.1. und 11.8.2006 • Köln: 11.1. und 11.8.2006 • Frankfurt: 3.2. und 28.6.2006 • Freiburg: 23.2. und 25.7.2006 • Gießen: 23.1. und 6.7.2006 • Kassel: 27.1. und 22.8.2006 • Dresden: 24.1. und 2206.2006 • Leipzig: 31.1. und 1306.2006 • Berlin: 10.2. und 30.6.2006 de 1-2/2006